Contura – Herbst/Winter 2013/14
Das Magazin der Rhätischen Bahn
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Stabil steht er da, auf seinen zwei Kufen, von A bis Z aus hochwertigem<br />
Eschenholz und frisch geölt: der Schanfigger Schlitten<br />
<strong>–</strong> handgefertigt in der Kavi Schreinerei in Peist. Für die Rettung<br />
der alten Schweizer Handwerkskunst setzt sich «Kavi» persönlich<br />
ein: Kavithas Jeyabalan, der 1984 als tamilischer Flüchtling in die<br />
Schweiz kam. Ein wahres Märchen.<br />
Wie um Himmels willen ist er bloss hier gelandet? Diese Frage stellt sich<br />
unweigerlich auf der Zugfahrt von Chur nach Peist, wo der einstige tamilische<br />
Flüchtling Kavithas Jeyabalan seit bald 30 Jahren zu Hause ist. Berge<br />
und tiefe Schluchten wohin man schaut, ab und zu ein kleines Dorf. Nicht<br />
mehr als 200 Einwohner, wie in Peist, eine halbe Stunde von Arosa entfernt.<br />
Wunderschöne Natur, schweizerische Idylle, wie sie im Buche steht<br />
<strong>–</strong> aber scheinbar am Ende der Welt.<br />
Es ist die RhB, die ihn schliesslich hier hinauf gebracht hat: «Ich war<br />
gwundrig, wo dieser rote Zug wohl hinfährt», erzählt Kavi, wie er sich allen<br />
vorstellt. Und so stieg er eines Tages in Chur, wo er im Asylheim wohnte, in<br />
diese kleine rote Bahn und fuhr rauf, bis nach Arosa.<br />
«Die Schweizer schätzen In einer Schreinerei fragte er nach Arbeit <strong>–</strong> und blieb<br />
eine hohe Qualität. statt der geplanten zwei Monate ganze zehn Jahre.<br />
Wenn sie etwas kaufen,<br />
In der Werkstatt aufgewachsen<br />
soll es einfach halten.» Heute führt Kavi in Peist sein eigenes Schreinergeschäft<br />
mit sieben Angestellten. Was als Ein-Mann-<br />
Kavithas Jeyabalan<br />
Betrieb in einem Schuppen begann, ist inzwischen<br />
ein florierendes Unternehmen auf drei Stockwerken <strong>–</strong> was Kavi allerdings<br />
nicht den berühmten Schlitten verdankt, die er mit seinem Team hier oben<br />
fertigt: «Viel Geld lässt sich mit den Schlitten nicht verdienen <strong>–</strong> damit<br />
könnte ich nicht einmal einen meiner Angestellten bezahlen», lacht er.<br />
Mindestens acht Handwerksstunden und Materialkosten von bis zu 300<br />
Franken stecken in einem Schlitten <strong>–</strong> da bleiben bei einem Stückpreis von<br />
400 bis 500 Franken nicht viel mehr als 20 Franken pro Schlitten übrig.<br />
Doch die Schlitten, die sind für Kavi sowieso mehr Hobby und Leiden-<br />
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www.rhb.ch/contura