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GMK Arbeitsgruppe "Bioethik und Recht" ABSCHLUSSBERICHT

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Anlage 3 zu TOP 5.7 der 81. <strong>GMK</strong><br />

<strong>GMK</strong> <strong>Arbeitsgruppe</strong> "<strong>Bioethik</strong> <strong>und</strong> Recht"<br />

<strong>ABSCHLUSSBERICHT</strong><br />

Stand: 18.04.08<br />

Anlagen: - Zwischenbericht für die 74. <strong>GMK</strong> 2001<br />

- Teilbericht Lebendspende (Aktualisierung 2008)<br />

I. Gemäß Beschluss der 80. <strong>GMK</strong> legt die <strong>Arbeitsgruppe</strong> (AG) „<strong>Bioethik</strong> <strong>und</strong> Recht“<br />

einen Abschlussbericht vor auf der Basis des von der 74. <strong>GMK</strong> zustimmend zur<br />

Kenntnis genommenen Zwischenberichts sowie der seitdem von der AG<br />

vorgelegten Teilberichte.<br />

Die 73. <strong>GMK</strong> hat am 28./29.6.2000 in Schwerin einstimmig beschlossen, eine<br />

länderoffene AG einzurichten, um vor dem Hintergr<strong>und</strong> der wissenschaftlichen<br />

Fortschritte in Bio- <strong>und</strong> Gentechnologie Eckpunkte zu ges<strong>und</strong>heitspolitischen<br />

Fragen zu erarbeiten, wie Fortpflanzungsmedizin, Stammzellforschung, Klonen,<br />

Gendiagnostik, Organspende, Biobanken.<br />

Die <strong>GMK</strong>-<strong>Arbeitsgruppe</strong> „<strong>Bioethik</strong> <strong>und</strong> Recht“ hat sich am 6. November 2000 unter<br />

Vorsitz Bayerns in München konstituiert <strong>und</strong> seitdem folgende Zwischen- <strong>und</strong><br />

Teilberichte mit Handlungsempfehlungen vorgelegt:<br />

1. Zwischenbericht für die 74. <strong>GMK</strong> am 22.06.2001<br />

Der Zwischenbericht gibt den politischen Entscheidungsträgern auf Landesebene<br />

einen Überblick über zentrale Entwicklungen der Fortpflanzungsmedizin <strong>und</strong> der<br />

Bio- <strong>und</strong> Gentechnologie im Bereich der modernen Medizin. Die AG hebt in ihrem<br />

Zwischenbericht wiederholt die Notwendigkeit eines<br />

Fortpflanzungsmedizingesetzes hervor zur Abklärung der mit der „medizinisch<br />

unterstützten Fortpflanzung“ stehenden Fragen. Zugleich verweist sie auf die<br />

bestehende Rechtsunsicherheit <strong>und</strong> den Regelungsbedarf im Rahmen der<br />

„Präimplantationsdiagnostik“ <strong>und</strong> schlägt vor, eine solche Regelung im Rahmen<br />

eines neu zu schaffenden umfassenden Fortpflanzungsmedizingesetzes zu treffen


- 2 -<br />

(gentechnische Untersuchungen an einem künstlich erzeugten Embryo; vgl. Anlage 1 S. 27, 50 u.<br />

Teilbericht Ziffer 2 S. 3).<br />

Im Hinblick auf die „embryonale Stammzellforschung“ <strong>und</strong> das „therapeutische Klonen“ lässt die<br />

AG in ihrem Zwischenbericht generell offen, ob ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht<br />

<strong>und</strong> verweist vornehmlich auf die Entwicklungschancen aus der Forschung mit adulten<br />

Stammzellen (vgl. Anlage S.51-67). Dagegen spricht sie sich im Rahmen des „Tissue Engineering“<br />

(Gewebezüchtung zur Behandlung von beschädigtem Gewebe <strong>und</strong> Organen) ausdrücklich für einen<br />

Handlungsbedarf zur Abklärung rechtlicher Voraussetzungen <strong>und</strong> zur Forschungsförderung<br />

aus (vgl. Anlage S.68-76). Im Rahmen der „Xenotransplantation“ (artüberschreitende Verpflanzung<br />

von Zellen, Geweben <strong>und</strong> Organen) wird die Schaffung von Regelungen auf nationaler sowie auf<br />

europäischer Ebene für erforderlich gehalten (vgl. Anlage S.77-89). Hinsichtlich der „Therapie mit<br />

embryonalem Gewebe“, d. h. insbesondere der Verpflanzung embryonaler Nervenzellen in das<br />

Gehirn erkrankter Menschen, gibt es bisher keine spezifischen gesetzlichen Regelungen. Für den<br />

Umgang mit fetalem Gewebe aus Schwangerschaftsabbrüchen besteht nach Ansicht der AG jedoch<br />

Regelungsbedarf (vgl. Anlage S.90-97). Die Entwicklung der „somatischen Gentherapie“<br />

(Gentherapie zur Modifizierung des Erbgutes) erfordert eine breit angelegte Forschung <strong>und</strong> eine<br />

entsprechende finanzielle Förderung sowie eine regelmäßige Bewertung aus ethischer <strong>und</strong><br />

rechtlicher Sicht (vgl. Anlage S.98-105). Die „Keimbahntherapie“ (genetische Veränderung von<br />

Keimbahnzellen, d. h. von (Vorläuferzellen der) Eizellen <strong>und</strong> Spermien, zur Behandlung von<br />

genetisch bedingten Krankheiten) ist in Deutschland nach dem Embryonenschutzgesetz verboten,<br />

während sie im Ausland, insbesondere in den USA, weiterentwickelt wird. Die Keimbahntherapie<br />

bedarf daher der internationalen Beobachtung (vgl. Anlage S.106-111). Für prädiktive genetische<br />

Testverfahren werden von der AG bereits in dem Zwischenbericht spezialgesetzliche Regelungen<br />

befürwortet, die insbesondere Aussagen über den Zweck, die Voraussetzungen <strong>und</strong> den Umfang<br />

des Einsatzes prädiktiver genetischer Testverfahren sowie über den Schutz der Rechte des<br />

Betroffenen enthalten sollten (vgl. Anlage S. 112-120 ; weitere Einzelheiten in dem nachfolgenden<br />

Teilbericht s. u. Ziffer 2). Abschließend findet sich ein Exkurs auf den Schutz biotechnologischer<br />

Erfindungen <strong>und</strong> die Umsetzung der „Biopatentrichtlinie“ in nationales Recht. Die AG hebt die<br />

Position der 73. <strong>GMK</strong> hervor, wonach „weder das menschliche Genom, Teile davon, noch Organe<br />

oder Zellen des menschlichen Körpers patentierbar sein dürfen“.<br />

Die 74. <strong>GMK</strong> hat in ihrer Konferenz den Zwischenbericht der AG zustimmend zur Kenntnis<br />

genommen. In ihrem Beschluss vom 22.06.2001 fordert die <strong>GMK</strong> die B<strong>und</strong>esregierung auf, den<br />

Sachverstand der AG frühzeitig in Gesetzgebungsvorhaben einzubeziehen, insbesondere zur<br />

Erarbeitung eines umfassenden Fortpflanzungsmedizingesetzes <strong>und</strong> evtl. Änderungen im<br />

Embryonenschutzgesetz.


- 3 -<br />

2. Teilberichte<br />

2.1 Gendiagnostikgesetz (Gentestgesetz)<br />

Prädiktive genetische Tests sind molekulargenetische Untersuchungen, mit deren Hilfe<br />

Veränderungen des Erbmaterials festgestellt werden können, die in späteren Lebensstadien<br />

zu einer Erkrankung führen können. Mit genetischen Untersuchungen werden Informationen<br />

über die untersuchte Person ebenso wie über deren Verwandte bekannt, sodass diese Tests<br />

in das verfassungsrechtlich gewährleisteten Selbstbestimmungsrechts eingreifen.<br />

Die AG schlägt daher in ihrer Stellungnahme Eckpunkte für ein Gendiagnostikgesetz<br />

(=Gentestgesetz) vor, das den Schutz der Betroffenen vor Diskriminierungen in<br />

Arbeitsverhältnissen <strong>und</strong> bei Sozial-, Kranken <strong>und</strong> Risikoversicherungen gewährleisten <strong>und</strong><br />

zu Klarstellungen im Medizinrecht führen soll. Im Einzelnen werden insbesondere folgende<br />

Regelungen gefordert:<br />

- Zweckbindung: Prädiktive genetische Tests sollen nur bei Vorliegen einer medizinischen<br />

Indikation durchgeführt werden (Krankheitsrelevanz).<br />

- Einwilligungsvorbehalt: Prädiktive Gentests dürfen nur zum Wohle <strong>und</strong> mit schriftlicher<br />

Einwilligung der Person, die den Test in Anspruch nimmt, eingesetzt werden.<br />

- Ärztliche Aufklärung <strong>und</strong> Beratung vor Durchführung des Tests sowie vor <strong>und</strong> nach<br />

Eröffnung des Testergebnisses: Eine wirksame Einwilligung kann nur dann erteilt werden,<br />

wenn eine umfassende Aufklärung von einem Facharzt über Art, Inhalt <strong>und</strong> Ziel des Tests,<br />

Fehlerquoten, Risiken <strong>und</strong> über mögliche ges<strong>und</strong>heitliche, psychische <strong>und</strong> soziale<br />

Konsequenzen des Testergebnisses erfolgt. Vor Eröffnung des Testergebnisses ist die<br />

Person auf die Möglichkeit hinzuweisen, auf die Bekanntgabe des Testergebnisses zu<br />

verzichten.<br />

- Einwilligung nach Bedenkzeit: Erst nach angemessener Bedenkzeit - nach Aufklärung <strong>und</strong><br />

ggf. Beratung - kann in die prädiktive genetische Untersuchung eingewilligt werden.<br />

- Widerruflichkeit: Die Einwilligung in eine prädiktive genetische Untersuchung kann jederzeit<br />

formfrei widerrufen werden.<br />

- Psychosoziale Beratung: Ein psychosoziales Beratungsangebot ist sowohl vor als auch<br />

nach Eröffnung des Testergebnisses besonders wichtig.<br />

- Datenschutz: Der Datenschutz ist besonders sorgfältig zu beachten, nicht nur hinsichtlich<br />

der Personen, an denen die Untersuchungen durchgeführt werden, sondern auch der Daten<br />

von genetisch verwandten Dritten.<br />

- Arbeitsrecht: Prädiktive genetische Tests dürfen nicht zu einer Voraussetzung für den<br />

Abschluss eines Ausbildungs- oder Arbeitsvertrags gemacht werden.


- 4 -<br />

- Versicherungsrecht: Eine gesetzliche Regelung soll untersagen, dass prädiktive genetische<br />

Tests zu einer Voraussetzung für den Abschluss eines Versicherungsvertrages gemacht<br />

werden.<br />

2.2 Präimplantationsdiagnostik (PID)<br />

Unter Präimplantationsdiagnostik (PID) fallen prädiktive genetische Untersuchungen eines<br />

Embryos im Rahmen einer künstlichen Befruchtung vor Einpflanzung in den Mutterleib.<br />

Nach dem Embryonenschutzgesetz ist die PID bzw. die genetische Analyse der in-vitro<br />

befruchteten Eizelle (totipotente Zellen) verboten. Gleiches gilt nach standesrechtlichen <strong>und</strong><br />

berufsrechtlichen Regelungen. Die Deutsche Gesellschaft für Gynokologische<br />

Endokrinologie <strong>und</strong> Fortpflanzungsmedizin (DGGGEF), die Deutsche Gesellschaft für<br />

Gynäkologie <strong>und</strong> Geburtshilfe (DGGG) <strong>und</strong> die Deutsche Gesellschaft für<br />

Reproduktionsmedizin forderten dagegen bereits im April 2001 die Zulassung der PID bei<br />

einem genetischen Risiko für schwerwiegende kindliche Erkrankungen oder<br />

Entwicklungsstörungen.<br />

Für die PID sprechen insbesondere folgende Argumente:<br />

- Paare mit einer genetischen Belastung lassen häufig eine Pränataldiagnostik (s.u.)<br />

durchführen mit anschließendem Schwangerschaftsabbruch. Dieser könnte durch die PID<br />

vermieden werden.<br />

- Maßnahmen zur Verhinderung der Nidation einer befruchteten Eizelle sind zulässig.<br />

Gegen die PID werden u. a. folgende Argumente angeführt:<br />

- Es ist ein Eingriff in die Eizelle oder den frühen Embryo notwendig.<br />

- Die Methode weist eine relativ hohe Rate an Fehldiagnosen auf.<br />

Die AG sieht in jedem Fall Regelungsbedarf in einem neuen Fortpflanzungsmedizingesetz.<br />

Als Handlungsoptionen für eine gesetzliche Regelung sieht sie ein ausdrückliches Verbot der<br />

PID oder die Zulassung der PID unter bestimmten Voraussetzungen.<br />

2.3 Pränataldiagnostik (PND)<br />

Alle vorgeburtlichen Untersuchungsmethoden werden unter dem Begriff der pränatalen<br />

Diagnostik subsumiert. Sie können auch dem Schutz der Schwangeren dienen. Mit Hilfe der<br />

PND sollen embryonale <strong>und</strong> fetale Fehlentwicklungen erkannt <strong>und</strong> die Befürchtungen der<br />

Schwangeren, u.U. ein behindertes oder krankes Kind zur Welt zu bringen, abbauen. Die<br />

Entscheidung der Schwangeren für oder gegen einen Abbruch der Schwangerschaft nach<br />

§ 218 a StGB soll unterstützt werden. Die PND hat sich zum größten Anwendungsfeld der


- 5 -<br />

genetischen Diagnostik <strong>und</strong> faktisch zu einem Standarduntersuchungsprogramm im Rahmen<br />

der Schwangerenvorsorge entwickelt. Gleichwohl soll nach dem Willen von<br />

Pränatalmedizinern die PND erweitert werden (bspw. soll bei der Ultraschalluntersuchung<br />

gezielt nach dem sog. Nackenödem gesucht werden). Die AG gibt zu bedenken, dass sich<br />

die PND zu einer generellen Überprüfung jedes Ungeborenen auf Fehlbildungen <strong>und</strong><br />

Fehlentwicklungen ausweiten könnte. Daher spricht sie folgende Handlungsempfehlungen<br />

aus:<br />

- Gr<strong>und</strong>sätzlich muss der Pathologisierung von Schwangerschaften <strong>und</strong> ihre zunehmende<br />

Einordnung als Risikoschwangerschaft Einhalt geboten werden. Die Untersuchungen dürfen<br />

nur mit ausreichender Qualitätssicherung stattfinden <strong>und</strong> nicht auf Indikationen ohne<br />

Aussicht auf eine Therapie ausgedehnt werden. Die Ärztekammern sollen ihre Richtlinien<br />

entsprechend überarbeiten.<br />

- Die PND (vornehmlich die Ultraschalluntersuchung) bedarf einer angemessenen ärztlichen<br />

Aufklärung <strong>und</strong> sollte nur nach Einwilligung der Schwangeren (informed consent)<br />

durchgeführt werden. Die „Mutterschafts-Richtlinien“ müssen entsprechend überarbeitet<br />

werden.<br />

- Ein von der ärztlichen Beratung unabhängiges psychosoziales Beratungsangebot, das das<br />

Leben mit einem behinderten Kind umfasst <strong>und</strong> auf entsprechende Hilfsangebote hinweist,<br />

ist vorzuhalten.<br />

- Die Vergütung der ärztlichen Leistung zur Schwangerenvorsorge sollte unabhängig von der<br />

Anzahl der durchgeführten Ultraschalluntersuchungen ermöglicht werden.<br />

- Es sollte die Errichtung eines „Entschädigungsfonds“ für die als „Kind als Schaden“<br />

bezeichneten Fälle erwogen werden, damit Ärzte nicht aus Furcht vor haftungsrechtlichen<br />

Folgen alle diagnostischen Maßnahmen zur Erkennung einer möglichen späteren<br />

Erkrankung oder Behinderung des Ungeborenen vornehmen.<br />

Die 80. <strong>GMK</strong> hat in ihrem Beschluss auf der Hauptkonferenz am 4./5.7.2007 nochmals<br />

ausdrücklich die Forderung nach einer verbesserten Information <strong>und</strong> Beratung schwangerer<br />

Frauen bei der Pränataldiagnostik <strong>und</strong> bei Spätabtreibungen gestellt. Die berufsrechtlichen<br />

Verhaltensrichtlinien für Ärzte <strong>und</strong> die Richtlinien zur Pränataldiagnostik sollen<br />

entsprechend überarbeitet werden <strong>und</strong> Hinweispflichten der Ärzte auf psychosoziale<br />

Beratungs- <strong>und</strong> Informationsangebote vorsehen.<br />

2.4 Lebendspende von Organen<br />

Auf der Gr<strong>und</strong>lage des Teilberichts der AG zur Organspende vom 16.6.2005 hat die 78. <strong>GMK</strong><br />

einstimmig beschlossen, angesichts des Mangels an Spenderorganen eine Initiative zur


- 6 -<br />

Förderung der Bereitschaft zur Organspende durch Aufnahme aufklärender Informationen zu<br />

ergreifen. Die Organspende ist im Transplantationsgesetz (TPG) geregelt. Das Gesetz<br />

entstand am 5.11.1997 <strong>und</strong> wurde durch Bekanntmachung vom 4.9.2007 neugefasst. In dem<br />

von Sachsen <strong>und</strong> Sachsen-Anhalt Anfang 2008 aktualisierten Teilbericht (vgl. Anlage 2)<br />

spricht die AG weiterhin folgende Handlungsempfehlungen aus:<br />

(1) Lebendspenderegister<br />

Das BMGS sollte gebeten werden zu prüfen, ob <strong>und</strong> wie der rechtliche Rahmen für die<br />

Einführung eines b<strong>und</strong>esweiten Lebendspenderegisters, finanziert durch die<br />

Krankenkassen, ausgestaltet werden könnte.<br />

(2) Lebendspendekommission<br />

Der B<strong>und</strong>esgesetzgeber sollte mit einer Änderung des TPG die Möglichkeit schaffen, die<br />

Verfahren der Lebendspendekommissionen zu harmonisieren. Dabei sollten folgende<br />

Mindeststandards im TPG festgeschrieben werden:<br />

- Die Mitglieder dürfen nicht in einem Beschäftigungsverhältnis mit dem<br />

Transplantationszentrum stehen, in dem die Transplantation durchgeführt werden soll.<br />

- Spender <strong>und</strong> Empfänger sind zwingend persönlich anzuhören.<br />

- Es ist klarzustellen, dass die Kommission auch die besondere persönliche Verb<strong>und</strong>enheit<br />

zu prüfen hat.<br />

- Spender <strong>und</strong> Empfänger haben offenzulegen, bei welcher Kommission bereits ein Antrag<br />

gestellt wurde <strong>und</strong> zu welchem Ergebnis die Kommission gekommen ist.<br />

- In Fällen mit ausländischen Beteiligten sind geeignete Dolmetscher hinzuzuziehen.<br />

(3) Abgrenzung Versicherungsträger<br />

Die Leistungen der Krankenversicherung des Organempfängers <strong>und</strong> der gesetzlichen<br />

Unfallversicherung müssen eindeutig voneinander abgegrenzt werden. Dabei muss<br />

sichergestellt werden, dass - entsprechend der Regelung in § 43 Abs. 1 SGB I - der vom<br />

Spender zuerst in Anspruch genommene Versicherungsträger in Vorleistung geht.<br />

2.5 Biobanken<br />

Die 80. <strong>GMK</strong> hat B<strong>und</strong> <strong>und</strong> Länder aufgefordert, die von der AG „<strong>Bioethik</strong> <strong>und</strong> Recht“ im<br />

Teilbericht „Biobanken für die medizinische Forschung“ ausgesprochenen<br />

Handlungsempfehlungen aufzugreifen. Biobanken sind Einrichtungen, in denen menschliche<br />

Körpermaterialien (Blut, Zellen, Gewebe, Teile von Organen bspw. nach Operationen)<br />

gelagert werden <strong>und</strong> zu biomedizinischen Forschungszwecken mit den Daten ihrer Spender<br />

verknüpft sind. Für die Durchführung von Genanalysen zu Forschungszwecken gibt es<br />

allerdings bisher keine spezifischen Regelungen. Anwendbar sind das allgemeine


- 7 -<br />

Datenschutzrecht, das ärztliche Standesrecht, das verfassungsrechtlich geschützte<br />

Selbstbestimmungsrecht <strong>und</strong> das Straf- <strong>und</strong> Zivilrecht. Der medizinische Eingriff in den<br />

Körper des Menschen durch Entnahme von Körpermaterial stellt eine tatbestandliche<br />

Körperverletzung im Sinne von § 223 StGB, § 823 BGB dar. Diese kann nur durch die<br />

wirksame Einwilligung des Spenders gerechtfertigt sein. Um den Besonderheiten der<br />

biomedizinischen Forschung Rechnung zu tragen <strong>und</strong> Rechtssicherheit zu schaffen, erhebt<br />

die AG in ihrer Stellungnahme insbesondere folgende Forderungen:<br />

- Die derzeit bestehenden datenschutzrechtlichen Regelungen reichen nicht aus, um alle<br />

Aspekte im Zusammenhang mit Biobanken zu erfassen. Es fehlt insbesondere in Bezug auf<br />

allgemeine Forschungsdatenbanken an spezifischen Regelungen. Daher sollten entweder in<br />

den Datenschutzgesetzen oder in einem zukünftigen Gendiagnostikgesetz spezifische<br />

Forschungsregelungen zu Einwilligung <strong>und</strong> Zweckbindung im Fall von Biobanken<br />

aufgenommen werden (vgl. o. Ziffer 2.1). Dies gilt insbesondere mit Blick auf die<br />

EG-Datenschutzrichtlinie, die von einer Einwilligung des Spenders im „konkreten Fall“<br />

ausgeht.<br />

- Die Datenübermittlung an Dritte ist regelmäßig nur im Fall der Einwilligung durch den<br />

Betroffenen zulässig.<br />

- Die Forschung mit Körpermaterial von einwilligungsunfähigen Personen <strong>und</strong> Minderjährigen<br />

scheidet für Biobanken als allgemeine Forschungsdatenbanken gr<strong>und</strong>sätzlich aus. Soweit<br />

Biobanken für konkrete Forschungsvorhaben genutzt werden, ist zu prüfen, ob die<br />

Forschung der Person zugute kommen <strong>und</strong> damit ausnahmsweise zulässig sein kann.<br />

- Genauso wie ein Spender von Körpermaterial das Recht hat, über Forschungsergebnisse<br />

nicht informiert zu werden (Recht auf Nichtwissen), hat er Anspruch darauf, über individuelle<br />

Forschungsergebnisse informiert zu werden (genetisches feedback).<br />

- Zum Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts werden Verfahrenssicherungen<br />

vorgesehen, d. h. die Trennung von Daten <strong>und</strong> Körpermaterial sollte gesetzlich sichergestellt<br />

<strong>und</strong> die Bestellung eines unabhängigen Datentreuhänders sowie die Beteiligung einer<br />

Ethikkommission vorgeschrieben werden.<br />

II. Fazit:<br />

Die AG „<strong>Bioethik</strong> <strong>und</strong> Recht“ hat wichtige bioethische Themen im Bereich „Fortpflanzungsmedizin,<br />

Gendiagnostik, Präimplantationsdiagnostik (PID), Pränataldiagnostik (PND), Organspende <strong>und</strong><br />

Biobanken“ eingehend geprüft <strong>und</strong> konkrete Handlungsempfehlungen vorgelegt. Diese wurden<br />

vom B<strong>und</strong> bisher leider nicht entsprechend aufgegriffen. Trotz wiederholter Aufforderung auch von<br />

Seiten der <strong>GMK</strong> hat der B<strong>und</strong> dringende anstehende Gesetzgebungsverfahren noch nicht


- 8 -<br />

eingeleitet. Die <strong>GMK</strong>-AG hat sowohl die wissenschaftliche Weiterentwicklung, die Diskussion in<br />

der Öffentlichkeit, die Stellungnahme von Fachverbänden <strong>und</strong> vom B<strong>und</strong>esrat als auch<br />

Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen der von ihr bearbeiteten Themen aufgegriffen<br />

<strong>und</strong> in ihre Überlegungen mit einbezogen. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wäre nach Auffassung der<br />

<strong>GMK</strong>-AG insbesondere eine aktuelle Ankündigung des B<strong>und</strong>es zur Vorlage des geplanten<br />

Gendiagnostikgesetzes, die Erarbeitung eines neuen umfassenden<br />

Fortpflanzungsmedizingesetzes <strong>und</strong> die Überarbeitung des bestehenden<br />

Transplantationsgesetzes zu begrüßen. Der gesetzgeberische Handlungsbedarf besteht auch im<br />

Hinblick auf aktuelle europäische Gesetzgebungsverfahren (z.B. Mitteilung der Kommission zur<br />

Organspende) <strong>und</strong> internationale Aktivitäten (gemeinsame Forscherteams bei unterschiedlicher<br />

nationaler Rechtslage z. B. im Rahmen der Stammzellforschung).

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