14.11.2013 Aufrufe

Artikel lesen (PDF) - Globetrotter

Artikel lesen (PDF) - Globetrotter

Artikel lesen (PDF) - Globetrotter

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Mit einem Fotografen auf entdeckungstour durch ein Land voller Kontraste<br />

text: tobias hauser und Janine böhm<br />

Fotos: tobias hauser<br />

Das asiatische Inselreich ist voller Gegensätze: traumstrände, Vulkane,<br />

artenreiche regenwälder und alte Kulturstätten. Keine der 7107 Inseln<br />

gleicht der anderen, und alle haben sie ihren ganz eigenen reiz. Viele<br />

Filipinos bekommen die schönheiten ihres Landes jedoch nie zu Gesicht.<br />

sie sind ihr Leben lang damit beschäftigt, elementarste existenzbedürfnisse<br />

zu sichern. Der Fotojournalist tobias hauser bereiste<br />

für seine neue Live-reportage die Philippinen über mehrere Jahre<br />

immer wieder und hat ein packendes Porträt des Landes entworfen.<br />

8 GLOBETROTTER-MAGAZIN herbst 2011


südostasien<br />

Traumhafte Kulisse. Strandlandschaft auf der Insel Palawan.<br />

9


Die 12-jährige Rosana, ein<br />

hübsches Mädchen mit<br />

glänzend schwarzen Haaren<br />

und einem fröhlichen<br />

Lachen, wächst in ärmlichen<br />

Verhältnissen auf,<br />

auch wenn ihr Wohnbezirk<br />

das nicht vermuten lässt. Sie lebt in Makati,<br />

dem Finanzzentrum der Philippinen. Die Stadt<br />

ist seit 1975 Teil der Metropole Manila. Makati<br />

trägt postmoderne, futuristische Züge und ist<br />

Vorreiter in Sachen Trend und Lifestyle. Prachtvolle<br />

Boulevards, riesige Shoppingmalls und<br />

Wolkenkratzer, die den Erfolg der ansässigen<br />

Geschäfts- und Finanzwelt symbolisieren, erinnern<br />

an eine amerikanische Grossstadt.<br />

Während Manager in himmelhohen Bürotürmen<br />

grosse Firmen leiten, arbeitet Rosanas Familie<br />

ganz nah an der Erde – sie bewacht die<br />

Gräber der Toten.<br />

Leben auf dem Friedhof. Mich verschlägt es<br />

bei der Suche nach Motiven und spannenden<br />

Geschichten oft in Seitenstrassen und Hinterhöfe.<br />

Auf meiner letzten Reise kam ich bei einem<br />

meiner Streifzüge durch die Stadt an einem<br />

Friedhof vorbei, auf dem ich Rosanas Familie<br />

kennenlernte. Ich sah einen alten Mann<br />

auf einem Grabstein schlafen, daneben spielten<br />

Kinder und eine Frau kochte über einem<br />

Lagerfeuer Reis. Ich sprach die Frau an und<br />

erfuhr nach und nach die Geschichte der Familie.<br />

Rosanas Vater Emilio Petroina kam mit<br />

seinen Eltern im Alter von drei Jahren nach<br />

Makati. Früher hatte er einen guten Job auf einer<br />

Baustelle, doch als die Wirtschaftskrise<br />

die Philippinen erreichte, wurde er entlassen.<br />

Seitdem schlägt er sich mit wechselnden Tätigkeiten<br />

durch und bewacht nachts den<br />

Friedhof, um zu verhindern, dass Menschen<br />

hier schlafen oder sich in einer der Gruften<br />

häuslich einrichten.<br />

Rosana ist ein sehr ehrgeiziges und intelligentes<br />

Mädchen. Das vergangene Schuljahr hat<br />

sie als Drittbeste abgeschlossen und wurde dafür<br />

ausgezeichnet. Und könnten ihre Eltern<br />

auch das College bezahlen, hätte sie später vielleicht<br />

die Chance auf einen guten Arbeitsplatz.<br />

Während Rosana im Unterricht sitzt, begleiten<br />

ihre drei kleinen Geschwister die Eltern und<br />

den 82-jährigen Grossvater auf den Friedhof<br />

und pflegen dort für ein paar Pesos Gräber.<br />

Etwa drei Franken bekommen sie im Monat<br />

pro Grab von den Hinterbliebenen und verdienen<br />

damit gerade so viel Geld, dass sie einigermassen<br />

über die Runden kommen.<br />

Die Familie war sehr aufgeschlossen und<br />

lud mich ein, sie am Abend nach Hause zu begleiten.<br />

Zuhause, das ist ein fensterloser, wenige<br />

Quadratmeter grosser Verschlag aus Blech<br />

in der Nähe des Friedhofs, den sie für knapp<br />

1500 Peso gemietet hat. Es gibt einen Ventilator,<br />

einen alten Fernseher und eine Kühlbox. Das<br />

WC teilen sie sich mit den Nachbarn. Während<br />

wir uns in Europa über den richtigen Härtegrad<br />

der Matratze Gedanken machen, stapelt sich<br />

die Familie jede Nacht auf dem blanken Boden:<br />

Rosana und ihre Eltern unten, die drei Kleinen<br />

quer darüber.<br />

Als ich sie diesmal wieder besuche, scheint<br />

zunächst alles beim Alten, bis auf den Fakt,<br />

dass die Kinder grösser geworden sind und das<br />

kleine Zimmer dadurch noch enger. Es gibt jedoch<br />

zwei bedeutende Neuerungen. Rosanas<br />

Vater Emilio hat vor Kurzem von der Stadt eine<br />

Festanstellung als Friedhofspfleger bekommen<br />

und verdient nun monatlich 5090 Peso, umgerechnet<br />

etwa 100 Franken. Die schlechte Nachricht<br />

ist, dass der Besitzer ihres kleinen «Appartements»<br />

verlauten liess, dass er es für seine<br />

Hunde nutzen will. Ein Rauswurf aus dem<br />

10 GLOBETROTTER-MAGAZIN herbst 2011


südostasien<br />

Hartes Grossstadtleben:<br />

In Manila leben<br />

40 Prozent<br />

der Familien<br />

in einem<br />

einzigen Raum.<br />

des 20. Jahrhunderts. Der Pinatubo explodierte<br />

derart heftig, dass seine ganze Kuppe weggesprengt<br />

wurde. Dann spuckte er Regen aus kochendem<br />

Schlamm und glühenden Steinen auf<br />

die Erde und streute eine 40 Zentimeter dicke<br />

Ascheschicht über die Kokoswälder. Trotz<br />

frühzeitiger Evakuierung kamen gegen 1000<br />

Menschen ums Leben, ganze Landschaften und<br />

Dörfer wurden verwüstet.<br />

Zu diesem Zeitpunkt arbeitete Jimmy Boyt<br />

als Kampfjetpilot der American Air Force in<br />

der Nähe des Mount Pinatubo. Heute ist er<br />

pensioniert und fliegt Touristen zu erschwinglichen<br />

Preisen zum Vulkan. Für mich ist das<br />

natürlich eine ideale Möglichkeit, um einige<br />

Bilder aus der Luft zu machen. In seiner kleinen<br />

Propellermaschine fliegen wir über das<br />

Ungewöhnlicher Lebensraum. Auf dem<br />

Friedhof inmitten von Wolkenkratzern verbringt<br />

Rosanas Familie die Tage (oben).<br />

Vortritt dem Spanferkel. Jeepneys heissen<br />

die populären Sammeltaxis (rechts oben).<br />

Ungewöhnlicher Sitzplatz. Vater und Grossvater<br />

von Rosana sitzen auf einem Grab (rechts Mitte).<br />

Enge Verhältnisse. In diesem fensterlosen<br />

Verschlag aus Wellblech schläft die ganze Familie<br />

(rechts unten).<br />

Zimmer stellt die Familie vor ein riesiges Problem:<br />

Wohin? Der anhaltende Zustrom vom<br />

Land hat zu einem erheblichen Mangel an<br />

Wohnraum in Manila geführt. Schon heute leben<br />

aus Platzmangel und Geldnot 40 Prozent<br />

der durchschnittlich fünfköpfigen Familien in<br />

einem einzigen Raum. Auf dem Friedhof selbst<br />

darf die Familie nicht schlafen, und in der Umgebung<br />

gibt es keine für sie erschwingliche<br />

Wohnung.<br />

So wie diese Familie leben viele Menschen<br />

in Manila. Mindestens 30 Prozent der Bewohner<br />

sind von Armut betroffen, haben zum Teil<br />

kein festes Dach über dem Kopf, keinen gesicherten<br />

Zugang zu Trinkwasser, keinen Strom,<br />

keine sanitären Einrichtungen. Die meisten<br />

Touristen, die auf dem Internationalen Flughafen<br />

in Manila landen, reisen entweder direkt<br />

weiter zu ihren Strandresorts oder fahren in<br />

eines der besseren Hotels am Roxas Boulevard<br />

an der Manila Bay. Nur wer mit dem Bus die<br />

Stadt quert und sie zu Fuss erkundet, wird die<br />

Widersprüche und Gegensätze sehen.<br />

In Manila sind die Kontraste nicht nur zwischen<br />

Armut und Reichtum sehr stark. Auch<br />

Orient und Okzident sowie Geschichte und<br />

Moderne prallen hier aufeinander und machen<br />

Erkundungstouren durch die Stadt sehr reizvoll.<br />

Im alten Kern der Hauptstadt, in Manila<br />

City, findet man weltberühmte historische Stätten<br />

und monumentale Bauten mit europäischer<br />

Prägung. Eine der bedeutendsten ist die Festungsstadt<br />

Intramuros, die 1571 vom spanischen<br />

Konquistador Legaspi errichtet wurde.<br />

Wer gerne über asiatische Märkte schlendert<br />

und es geniesst, von exotischen Düften und<br />

leuchtenden Farben verzaubert zu werden,<br />

kommt ebenfalls auf seine Kosten.<br />

Sinnbild des reichen Manila sind die<br />

riesigen Shoppingmalls von Makati.<br />

Diese Einkaufszentren sind Schaubühnen<br />

für Luxusgüter, Wellnessprodukte<br />

und Designermode und versprechen<br />

grenzenloses Einkaufsvergnügen. Sie<br />

bieten aber auch Anschauungsunterricht<br />

für das riesige soziale Gefälle in dieser<br />

Stadt.<br />

Das Auge des Vulkans. Nach einiger<br />

Zeit in der Grossstadt zieht es mich wieder<br />

hinaus in die Natur. Luzon, die<br />

grösste Insel des philippinischen Archipels,<br />

an deren Westküste Manila liegt,<br />

ist eine der abwechslungsreichsten Inseln des<br />

Landes. Fruchtbare Täler, Binnenseen, hohe<br />

Gebirgsketten und Vulkane prägen die Landschaft.<br />

Letztere haben schon immer eine grosse<br />

Anziehungskraft auf mich ausgeübt. Deshalb<br />

entschliesse ich mich, mit dem Bus nach<br />

Angeles City zu fahren, um einen Ausflug<br />

zum Mount Pinatubo zu unternehmen.<br />

Der 1486 Meter hohe aktive Vulkan liegt<br />

90 Kilometer nördlich der Hauptstadt. Bis zum<br />

Jahr 1991 galt er als erloschen, ruhte er doch<br />

600 Jahre lang in einem tiefen Dornröschenschlaf.<br />

Am Morgen des 15. Juni 1991 begann<br />

es jedoch in dem Berg so laut zu grollen, dass<br />

sich Angst und Schrecken breit machten. Es<br />

folgte einer der gewaltigsten Vulkanausbrüche<br />

11


gewaltige Vulkanmassiv. In dessen Mitte klafft<br />

ein gewaltiger Krater, in welchem sich ein mit<br />

Säure und Regenwasser gefüllter See befindet,<br />

der wie das Auge eines Riesen erschrocken zum<br />

Himmel blickt.<br />

Ich will mir die Region aber nicht nur aus<br />

der Luft ansehen, sondern auch zu Fuss erkunden.<br />

Am nächsten Tag fahren mein Guide Antonio<br />

und ich zunächst mit dem Jeep Richtung<br />

Vulkan. Je näher wir dem Feuerberg kommen,<br />

desto spannender wird die Strecke. Es geht auf<br />

staubigen Pisten durch einen ausgetrockneten<br />

Flusslauf. Die Einheimischen sind mit ihren<br />

Klimaanlage im Bus:<br />

Wir reisen<br />

wie verderbliche<br />

Ware in einem<br />

Kühltransporter<br />

durch die Nacht.<br />

Wasserbüffeln unterwegs. Es sind Aetas, ein<br />

indigenes Volk, das sich nach der Eroberung<br />

durch die Spanier 1565 hier in den Bergen versteckte.<br />

Ihr Lebensstil ist bescheiden, sie gehen<br />

sogar noch mit Pfeil und Bogen auf die Jagd.<br />

Unser Weg wird immer abenteuerlicher, das<br />

Flussbett schmaler und steiniger, bis es schliesslich<br />

in eine tiefe Schlucht mündet. Hier beginnt<br />

unsere Wanderung. Wir laufen eine Vulkanflanke<br />

hinauf, durch beeindruckende Laharlandschaften,<br />

die durch Schlammströme entstanden<br />

sind, und durch enge, von meterhohen<br />

Aschewänden gesäumte Schluchten. Es geht<br />

über glatte Steine und kantige Felsbrocken, wir<br />

queren schmale Bäche und kämpfen uns rissige<br />

Steilhänge empor. Nach etwa zwei Stunden erreichen<br />

wir den Kratersee. Malerisch liegt er in<br />

der Landschaft und schimmert in den schönsten<br />

Türkistönen.<br />

Über uns braut sich derweil ein Unwetter<br />

zusammen. Nur noch wenige Sonnenstrahlen<br />

durchstossen wie Schwerter den dunklen Himmel<br />

und lassen den See stellenweise aufleuchten.<br />

Wir müssen uns schleunigst auf den Rückweg<br />

machen. Die schmalen Rinnsale in den engen<br />

Tälern verwandeln sich bei einem Gewitter binnen<br />

kurzer Zeit in reissende Flussläufe und machen<br />

den Rückweg unmöglich. Wir haben<br />

Glück und erreichen rechtzeitig den Jeep.<br />

Vulkanlandschaften vermitteln eine gute<br />

Vorstellung von der titanischen Gestaltungskraft<br />

der Natur. Dass auch Menschen gewaltige<br />

Landschaftsumgestaltungen vornehmen können,<br />

kann man in den Zentralkordilleren im<br />

Norden von Luzon bestaunen. Die Region um<br />

den kleinen Ort Banaue ist bekannt<br />

für ihre Reisterrassen, eine uralte<br />

Kulturlandschaft, die von der<br />

UNESCO 1995 zum Weltkulturerbe<br />

erklärt wurde. Die «Stufen<br />

zum Himmel», wie sie von den Erbauern<br />

genannt werden, sind mein<br />

nächstes Reiseziel.<br />

Zurück in Manila buche ich ein<br />

Ticket für den Nachtbus nach Banaue.<br />

Der Bus ist verhältnismässig<br />

teuer und deshalb nicht überfüllt.<br />

Ich habe sogar einen reservierten<br />

Sitzplatz. Dennoch wird die Busfahrt<br />

kein entspanntes Vergnügen,<br />

sondern eine klimatische Heraus-<br />

12


südostasien<br />

forderung. Es gilt, zwei extreme Temperaturzonen<br />

auszuhalten: draussen tropische Hitze und<br />

drinnen polare Kälte. Das ist nicht nur in den<br />

Bussen so, sondern überall dort, wo man sich<br />

Klimaanlagen leisten kann. Kälte ist gewissermassen<br />

ein Luxusgut und soll von der Kundschaft<br />

deutlich wahrgenommen<br />

werden. Fröstelnd sitze ich am<br />

Abend, in eine extra gekaufte Decke<br />

gehüllt, im Bus. Um mich herum andere<br />

Reisende, die versuchen, ihre<br />

bemützten Köpfe zwischen den<br />

Schultern zu vergraben. Erste Passagiere,<br />

mit an Wärme gewöhnten<br />

Lungen, beginnen nach kurzer Zeit<br />

protestierend zu husten. Vergeblich.<br />

Der Busfahrer hat den Regler der<br />

Klimaanlage auf gefühlte minus 10<br />

Grad eingestellt, und da bleibt er<br />

auch. Wir reisen wie leicht verderbliche<br />

Ware in einem Kühltransporter<br />

durch die Nacht.<br />

Mount Pinatubo. Wo heute ein See in der Sonne<br />

glänzt, explodierte vor 20 Jahren der Vulkan (oben).<br />

Vulkanlandschaft. Zu Fuss vorbei an meterhohen<br />

Aschewänden (links unten).<br />

Praktisches Gefährt. Eine Familie unterwegs mit<br />

dem «Wasserbüffeltaxi» (Mitte unten).<br />

Keine Ladehemmung. Überfüllter Jeepney (u.)<br />

Stufen zum Himmel. Die geschäftige Kleinstadt<br />

Banaue liegt auf einer Höhe von etwa<br />

1200 Metern. Neben Wohnhäusern, einfachen<br />

Unterkünften und Restaurants stehen ein Museum<br />

sowie zahlreiche Souvenirläden am zentralen<br />

Marktplatz. Die Reisterrassen um den<br />

Ort zählen zu den spektakulärsten der Welt.<br />

Sie ragen hier ebenso majestätisch in das<br />

blaue Firmament wie die von Pinienwäldern<br />

und üppigen Nebelwäldern bedeckten Berge.<br />

Vor 3000 Jahren wurden sie von den wagemutigen<br />

Ifuago, einem vermutlich aus Indonesien<br />

stammendem Bergvolk, gestaltet. Als ich<br />

sie zum ersten Mal sehe, bin ich sprachlos. Sie<br />

scheinen einem Traum entsprungen zu sein.<br />

Ganz bodenständig hingegen sind die Bewohner<br />

der Region. Die Igorot, ein indigenes<br />

Bergvolk, zu denen auch die Ifuago zählen, bewirtschaften<br />

mit gebeugtem Rücken und flinken<br />

Händen die Reisterrassen. Die Arbeit ist<br />

mühsam und anstrengend. Der einheimische<br />

Reis ist nicht so ertragreich wie andere Reissorten,<br />

die ihn konkurrenzieren. Umstände, die<br />

in den letzten Jahren zu einem gravierenden<br />

Problem geführt haben: Die junge Generation<br />

wandert ab und sucht bessere Verdienstmöglichkeiten<br />

im Tourismusgewerbe. Immer mehr<br />

Felder bleiben unbestellt und sind damit vom<br />

Verfall bedroht.<br />

Am nächsten Tag mache ich eine Wanderung<br />

zu den Reisterrassen von Batad, die etwa<br />

zwölf Kilometer von Banaue entfernt liegen.<br />

Der Ausflug beginnt auf dem Dach eines Jeepneys,<br />

eine Art öffentliches Sammeltaxi mit fester<br />

Route. Die Aussicht unterwegs ist fantastisch,<br />

bis die Fahrt bei einem Pass endet, wo<br />

der Fussweg beginnt. Zunächst führt der Pfad<br />

durch Wald, schlängelt sich jedoch bald über<br />

die ersten Reisterrassen. Auch Helikonien und<br />

viel andere tropische Pflanzen wie Kaffee und<br />

Kakao säumen den Weg. Nach etwa zwei Stunden<br />

erreiche ich meine Herberge bei einer Familie,<br />

die vier einfache Zimmer an Besucher<br />

vermietet. Den ersten Tag verbringe ich mit<br />

Fotografieren. Die Szenerie ist gigantisch. Die<br />

Reisterrassen erinnern an die Sitzreihen eines<br />

riesigen Amphitheaters und reichen Hunderte<br />

von Metern die Berghänge hinauf.<br />

Am nächsten Tag will ich zum fast dreissig<br />

Meter hohen Tappiya-Wasserfall laufen. In der<br />

Herberge spricht mich Danny an,<br />

und fragt, ob ich nicht einen Guide<br />

bräuchte. Er kenne sich gut aus in<br />

der Gegend und könne mir vieles<br />

über die Arbeit auf den Feldern erzählen.<br />

Das klingt vielversprechend,<br />

also ziehen wir am nächsten Tag gemeinsam<br />

los. Wir laufen durch wunderschöne<br />

Terrassenlandschaften<br />

und später durch eine Schlucht, die<br />

hinunter zum Wasserfall führt. In<br />

dem kleinen türkisfarbenen See, der<br />

sich dort gebildet hat, kann man baden<br />

– ein wohlverdientes Vergnügen<br />

nach dem Marsch. Auf dem Rückweg<br />

erklärt mir Danny, wieso man<br />

herbst 2011 GLOBETROTTER-MAGAZIN 13


für den Reisanbau diese enorme Landschaftsumgestaltung<br />

vorgenommen hat: «Unser Reis<br />

wächst nicht überall. Die Pflanzen brauchen<br />

ebene, mit Wasser überschwemmte Felder. Und<br />

da das Klima für den Reisanbau hier perfekt ist,<br />

hat man sich dazu entschlossen, statt wie üblich<br />

die Pflanze nach dem Gelände auszuwählen,<br />

einfach das Gelände der<br />

Pflanze anzupassen. Unsere Felder bewässern<br />

wir noch wie vor 3000 Jahren.<br />

Wir leiten Quellwasser aus den Bergen<br />

durch ein ausgeklügeltes System von<br />

Bambusrohren, Kanälen und kleinen<br />

Gräben, von den obersten Feldstufen<br />

bis hinunter auf die tiefer gelegenen<br />

Terrassen.» Diese ungewöhnliche<br />

Form der Landwirtschaft hat den Reisbauern<br />

eine weitere Nahrungsquelle<br />

beschert: Auf den überschwemmten<br />

UNESCO-Weltkulturerbe. Reisterrassen<br />

von Banaue im Norden des Landes (oben).<br />

Kochen wie vor 100 Jahren. Igorot-Frau in<br />

ihrer Hütte inmitten der Reisterrassen (unten).<br />

Trauminsel Boracay. Früher ein Travellertreff<br />

für Insiders, heute eine Touristeninsel für Sonnenhungrige<br />

(rechts oben).<br />

Terrassen lassen sich problemlos Fische züchten!<br />

Eine Kombination, die, wie ich noch am<br />

gleichen Abend feststellen kann, auch auf dem<br />

Teller fabelhaft zusammenpasst.<br />

Vom Geheimtipp zur Partyinsel. Erstklassige<br />

Fischgerichte bekommt man auch auf der<br />

Insel Boracay. Doch statt auf grüne Berghänge<br />

blickt man hier beim Essen auf den Ozean.<br />

Ich will sehen, ob es auf Boracay tatsächlich<br />

so paradiesisch aussieht wie die perfekten<br />

Strandaufnahmen suggerieren. Deshalb fahre<br />

ich zurück nach Manila, von wo aus man mit<br />

dem Flugzeug in einer Stunde auf Panay ist,<br />

Boracays Nachbarinsel mit dem nächstgelegenen<br />

Flughafen.<br />

Ein kleines Auslegerboot bringt mich hinüber.<br />

Schon von Weitem sehe ich den strahlend<br />

weissen Sand des White Beach leuchten. Am<br />

14 GLOBETROTTER-MAGAZIN herbst 2011


südostasien<br />

Nachmittag erkunde ich die Insel. Die Strände<br />

sind tatsächlich einfach zu schön, um unbehelligt<br />

zu bleiben. Der Sand, wie fein gemahlene<br />

Süsswasserperlen, lässt sich von den sanften<br />

Wellen des blau und türkis schimmernden,<br />

glasklaren Meeres kraulen. Palmen neigen ihre<br />

grünen Köpfe dem Ozean entgegen. Eine Trauminsel<br />

mit Bilderbuchstränden. Insgesamt<br />

30 Strände und Buchten säumen die Insel, und<br />

alle haben ihren ganz besonderen Reiz.<br />

Boracay ist gerade einmal zehn Quadratkilometer<br />

gross und liegt in der Visayas-Region,<br />

im Zentrum der Philippinen. Die Insel hat in<br />

den letzten 30 Jahren eine erhebliche Wandlung<br />

erfahren. In den 1970er-Jahren lebten die<br />

wenigen Einwohner vom Fischfang und dem<br />

Verkauf von Kokosnüssen, nur selten verirrte<br />

sich ein Individualtourist hierher. Das änderte<br />

sich schlagartig, als ein deutscher Reisebuchautor<br />

Ende der 70er von der ausserordentlichen<br />

Schönheit der Insel berichtete – so heisst<br />

es zumindest. Jedenfalls strömten bald aus allen<br />

Himmelsrichtungen sonnenhungrige<br />

Strandurlauber nach Boracay und machten aus<br />

einem Geheimtipp für Rucksackreisende einen<br />

Touristenmagnet mit etlichen Hotels aller Kategorien.<br />

Die Königin unter den Stränden ist zweifellos<br />

der vier Kilometer lange White Beach an<br />

der Westküste, der einen Platz auf der Liste der<br />

zehn schönsten Strände der Welt hat. Er fällt<br />

sehr flach ab, sodass auch Kinder ihren Spass<br />

haben. Neben den meisten Hotels haben sich<br />

Gigantische Szenerie:<br />

Die Reisterrassen<br />

erinnern an<br />

die Sitzreihen<br />

eines riesigen<br />

Amphitheaters.<br />

hier auch viele Restaurants und Bars etabliert.<br />

Bis etwa 16 Uhr hat man den Strand fast für<br />

sich alleine, doch danach wird es lebendiger.<br />

Von überall her strömen Menschen an die Bars,<br />

bestellen den ersten Cocktail und warten auf<br />

den Event des Tages, den Sonnenuntergang, für<br />

den es auch mal Standing Ovations gibt. Wer<br />

wie ich dem Trubel ein bisschen entgehen will,<br />

mietet sich ein Segelboot und schippert, während<br />

sich das Meer orange färbt, die Küste entlang.<br />

Kaum ist die Sonne verschwunden, beginnt<br />

die Luft über den Baumkronen zu vibrieren.<br />

Hunderte Goldkronen-Flughunde fliegen träge<br />

umher. Mit einem Gewicht von über einem<br />

Kilo und einer Flügelspannweite von fast zwei<br />

Metern gehören sie zu den grössten Fledertieren<br />

der Welt.<br />

Boracay ist ein idealer Ort, um ein bisschen<br />

abzuhängen und sich zu amüsieren. Es gibt<br />

nette Cafés und einige Discotheken. Auch für<br />

Taucher lohnt sich ein Abstecher auf die Insel.<br />

Vor der Küste erstreckt sich ein farbenprächtiger<br />

Korallengarten, dessen Ausläufer mit dem<br />

Schnorchel sogar vom Strand aus bewundert<br />

werden können. Als Fotograf hat mich die Insel<br />

vor die Herausforderung gestellt, neben Bildern<br />

von Wassersportlern und dem quirligen<br />

Nachtleben auch die ursprüngliche Schönheit<br />

einzufangen.<br />

Kobolde und Schokoladenhügel. Betreibt<br />

man Inselhopping und hüpft in südöstlicher<br />

Richtung von Boracay zurück nach Panay und<br />

weiter über Negros und Cebu, erreicht man<br />

die Insel Bohol – mein nächstes Ziel. In der<br />

Provinzhauptstadt Tagbilaran treffe ich David<br />

Hettich, einen guten Freund, Fotograf und<br />

Filmemacher, mit dem ich zusammen an einigen<br />

Reportagen für den neuen Vortrag arbeite.<br />

Wir wollen zu den Chocolate Hills, eine geheimnisvolle<br />

Hügellandschaft auf einem<br />

500 Meter hohen Plateau im Inselinnern, die<br />

Bohol in der ganzen Welt berühmt gemacht<br />

hat. Zunächst sind wir jedoch mit Carlito Pizarras<br />

verabredet – er ist Tierschützer. Wir<br />

fahren mit einem gemieteten Jeep ins «Philippine<br />

Tarsier and Wildlife Sanctuary» bei<br />

Corella, das nur wenige Kilometer hinter Tagbilaran<br />

liegt. Das 167 Hektar grosse umzäunte<br />

Waldgebiet mit Aufzuchtstation in den Bergen<br />

bietet einer Kleinaffenart, dem Philippinen-Koboldmaki,<br />

auch Tarsier genannt, einen<br />

sicheren Lebensraum. Carlito Pizarras ist ein<br />

grauhaariger, sympathisch lächelnder Mann.<br />

Er führt uns durch die Anlage, erzählt Wissenswertes<br />

über die drolligen Tiere und wie er<br />

dazu kam, sich für deren Schutz einzusetzen.<br />

15


Koboldmakis sind etwa 120 Gramm schwere<br />

und nur 12 Zentimeter grosse Primaten – den<br />

Schwanz nicht eingerechnet. Dieser ist doppelt<br />

bis dreimal so lang wie der Körper. Ihren<br />

Kopf, der Ähnlichkeit mit dem einer Eule hat,<br />

können sie um 180 Grad drehen. Das Gesicht<br />

ist flach und ihre Augen sind im Verhältnis zu<br />

ihrem Körper etwa 150-mal grösser als die<br />

des Menschen. Das ermöglicht ihnen eine extrem<br />

gute Sicht im Dunkeln, denn die Winzlinge<br />

sind nachtaktiv. Als reine Fleischfresser<br />

fangen sie nach Sonnenuntergang Insekten,<br />

Schokoladenhügel. Über 1200 sollen es sein –<br />

gemäss Legende versteinerte Tränen eines Riesen<br />

(oben).<br />

Tierschützer. Carlito Pizarras setzt sich für die<br />

Koboldmakis ein (links unten).<br />

Koboldmaki. Kleiner Affe mit grossen Augen<br />

(unten Mitte).<br />

Wertvoll. Goldene Perle in der Auster (rechts u.).<br />

Amphibien, kleine Vögel und Reptilien. Sie<br />

können ausgezeichnet klettern und weit<br />

springen.<br />

«In meiner Kindheit gab es auf Bohol so<br />

viele Koboldmakis, dass man sie nachts einfach<br />

von den Bäumen pflücken konnte», erinnert<br />

sich Carlito. «Und da die niedlichen Tiere das<br />

perfekte Spielzeug für kleine Kinder zu sein<br />

schienen und sich auch ausgestopft als Souvenir<br />

prima verkaufen liessen, haben wir ihnen<br />

eifrig nachgestellt.» Später wollte er mehr über<br />

die Tiere herausfinden. Wie leben und was fressen<br />

sie? Mit 15 schaffte er es, eine Gruppe Koboldmakis<br />

in Gefangenschaft am Leben zu halten.<br />

Mit 20 Jahren begann er, sich für deren<br />

Schutz einzusetzen. In Zeiten, in denen die Bezeichnung<br />

Tierschützer auf den Philippinen<br />

noch vollkommen unbekannt war, versuchte<br />

Carlito auch Nachbarn und Freunde für die<br />

bedrohten Tiere zu sensibilisieren.<br />

Heute, 35 Jahre später, ist Carlito Pizarras<br />

ein gefragter Tarsier-Spezialist. Seit 1996 wird<br />

er von der «Philippine Tarsier Foundation» unterstützt,<br />

einer Stiftung, die verhindern will,<br />

dass dieses einzigartige Wesen ausstirbt. Auch<br />

die Regierung wurde aktiv und verbot den<br />

Handel und die Haltung als Haustiere.<br />

Auf dem Weg zu den Chocolate Hills sehen<br />

wir, dass noch nicht genug getan wird, um dieses<br />

Verbot durchzusetzen. Zahlreiche Privatzoos<br />

entlang der Route halten Koboldmakis<br />

in kleinen Gehegen. Nicht wissend, welche<br />

Qualen sie den Äffchen bereiten, werden diese<br />

täglich von zahllosen Touristen angefasst, auf<br />

den Arm genommen und mit Blitzlicht fotografiert.<br />

Unter diesen stressigen Bedingungen<br />

16 GLOBETROTTER-MAGAZIN herbst 2011


schönsten Inseln der Philippinen. Sie ist ein<br />

Naturparadies, auf dem noch grosse Gebiete<br />

tropischen Tiefland- und Bergregenwaldes erhalten<br />

sind. Der Dschungel bedeckt eine majestätische<br />

Gebirgskette, die sich über die gesamte<br />

Hauptinsel erstreckt. Im Urwald sind<br />

seltene Tiere, wie das wundersame malayische<br />

Schuppentier, zu Hause. Weisse, pudersüdostasien<br />

und dem permanenten Schlafentzug sterben<br />

sie nach wenigen Monaten. Sie hören auf zu<br />

fressen und fallen vor Erschöpfung irgendwann<br />

einfach von den Bäumen.<br />

Wir setzen unsere Reise zu den Chocolate<br />

Hills fort. Nach etwa anderthalb Stunden kommen<br />

wir kurz vor Carmen an eine Abzweigung,<br />

die zum Chocolate-Hills-Komplex führt, einer<br />

grossen Anlage mit Restaurant, Hotel und mehreren<br />

Aussichtsplattformen, zu denen 214 Stufen<br />

führen. In schweisstreibender Hitze kämpfen<br />

wir uns die Stufen hinauf und werden, oben<br />

angekommen, mit einer grandiosen Aussicht<br />

Gefährdete Winzlinge:<br />

Koboldmakis<br />

sind nur<br />

120 Gramm<br />

schwer und<br />

nachts unterwegs.<br />

Infos zu den Philippinen<br />

Grösse: 299 764 km² und damit<br />

etwa siebenmal so gross wie die<br />

Schweiz.<br />

Einwohner: 90 Millionen<br />

Sprache: Filipino ist die Nationalund<br />

Amtssprache. Englisch ist zweite<br />

Amtssprache und wird an vielen<br />

Orten verstanden und gesprochen.<br />

Städte: Manila (Quezon City)<br />

2,7 Mio. Einwohner, Metro Manila<br />

(Ganze Agglomeration) 11,6 Mio.,<br />

Davao City 1,4 Mio., Cebu City<br />

0,8 Mio., Bacolod 0,5 Mio.<br />

Religion: 90% Christen, 5%<br />

Muslime (leben vor allem ganz im<br />

Süden), andere 5%<br />

Einreise: Bis 21 Tage Aufenthalt<br />

kein Visum nötig, mit Visum 59 Tage<br />

Aufenthalt möglich.<br />

Verkehrsmittel: Gute Busverbindungen<br />

für längere Strecken. Im<br />

Nahbereich fahren überall Jeepneys<br />

(öffentliche, offene Sammeltaxis).<br />

Von Manila aus werden viele Inseln<br />

mit Inlandflügen bedient. Zwischen<br />

den Inseln gibt es gute Schiffsverbindungen.<br />

Gesundheit: Keine Impfungen<br />

vorgeschrieben. Empfehlenswert sind<br />

die üblichen Vorsorgeimpfungen für<br />

die Tropen (Typhus und Hepatitis A).<br />

In den bekannten Touristenzentren ist<br />

das Malariarisiko gering. Nur in abgelegeneren Gebieten wie Ost-Mindanao, Sulu-Archipel<br />

und Palawan besteht ein erhöhtes Malariarisiko. Die Mitnahme eines Notfallmedikaments<br />

ist hier sinnvoll.<br />

Beste Reisezeit: Winterhalbjahr zwischen Dezember und März.<br />

Reiseliteratur: «Philippinen» Reisehandbuch von Jens Peters; ISBN 978-3-923821-33-4<br />

«Philippinen» Naturreiseführer von Maren Gaulke; ISBN 978-3-931587-39-0<br />

belohnt. Vor uns breitet sich eine Landschaft<br />

aus, deren Anblick mit nichts auf der Welt zu<br />

vergleichen ist. Wie überdimensionale Maulwurfhügel<br />

erstrecken sich Hunderte symmetrischer<br />

Kegelberge bis zum Horizont. Braunes<br />

Gras bedeckt die 30 bis 50 Meter hohen «Schokoladenhügel»<br />

in der Trockenzeit, was ihnen<br />

den Namen gab. Genau 1268 sollen es sein. Zu<br />

ihrer Entstehung gibt es verschiedene Theorien.<br />

Die wahrscheinlichste besagt, dass ihr Ursprung<br />

im Meer liegt. Das erodierte Kalkgestein<br />

in Konusform, aus dem sie bestehen,<br />

wurde demnach vor Tausenden von Jahren von<br />

Korallen und Kalkalgen gebildet. Die Legende<br />

erzählt freilich eine andere Geschichte.<br />

Danach sind die Hügel nichts anderes als<br />

versteinerte Tränen des Riesen Argo, die<br />

er vergoss, als seine Angebetete, die schöne<br />

Aloya, starb.<br />

Goldene Perlen. Auch unser nächstes<br />

Reiseziel geizt nicht mit Naturschönheiten.<br />

Ganz im Gegenteil. Wir wollen nach<br />

Palawan, eine 40 Kilometer breite und<br />

425 Kilometer lange Insel im Südwesten<br />

der Philippinen. Auf Palawan Island und<br />

den 1768 weiteren Inseln der Region leben<br />

740 000 Menschen, die Angehörige<br />

von 81 verschiedenen ethnischen Gruppen<br />

sind. Palawan ist für mich eine der<br />

PHILIPPINEN<br />

PALAWAN<br />

MALAYSIA<br />

Bugsuk Island<br />

El Nido<br />

MINDORO<br />

Puerto Princesa<br />

LUZON<br />

Mt.<br />

Pinatubo<br />

Bontoc<br />

Baguio<br />

Manila<br />

PANAY<br />

Iloilo<br />

NEGROS<br />

Boracay<br />

Bacolod<br />

Tagbilaran<br />

Cebu<br />

Chocolate<br />

Hills<br />

MINDANAO<br />

Davao<br />

BOHOL<br />

17


südostasien<br />

feine Strände, steile Kalksteinklippen<br />

und Mangrovenwälder prägen die Küsten.<br />

Einmalige Unterwassergärten, wie<br />

die Tubbataha Reefs und das El Nido Marine<br />

Reserve, machen die Region zu einem<br />

der populärsten und reizvollsten<br />

Tauchgebiete der Welt. Sogar die faszinierenden<br />

Seekühe leben in den küstennahen<br />

Gewässern. Besonders erstaunt hat<br />

mich das unglaublich klare Meereswasser.<br />

Fische und Korallen sind hier nicht im<br />

Indigoblau des Ozeans verborgen, sondern<br />

selbst in tiefem Wasser noch mühelos<br />

von der Oberfläche aus zu sehen.<br />

Wir sind jedoch nicht hierher geflogen,<br />

um Palawans Natur zu bewundern. Diesmal<br />

sind wir am Luxus interessiert – wir<br />

wollen die Wiege der seltenen goldfarbenen<br />

Palawan-Südseeperlen kennenlernen.<br />

Dazu fahren wir nach Bugsuk, einer kleinen<br />

Insel vor der Südspitze Palawans. Hier<br />

besuchen wir eine der technisch und wissenschaftlich<br />

am weitesten entwickelten<br />

Perlenfarmen der Welt. Sie gehört dem Unternehmen<br />

Jewelmer, dessen Chef und<br />

Gründer der Franzose Jacques Branellec ist.<br />

Ich hätte nie gedacht, dass die Perlenzucht<br />

ein so komplexer und aufwendiger Prozess ist.<br />

Wie genau der aussieht, erfahren wir vom Chef<br />

persönlich. Jacques Branellec begann 1979 mit<br />

der Perlenzucht und besitzt mittlerweile sechs<br />

Farmen auf den Philippinen. Seine Perlen zählen<br />

zu den schönsten und teuersten der Welt.<br />

Zehn Jahre hat er zusammen mit seinen Mitarbeitern<br />

an einem erfolgreichen Zuchtprogramm<br />

gefeilt. Bis heute wird geforscht und<br />

weiterentwickelt, mit dem Ziel, so viele perfekte<br />

Perlen wie möglich ernten zu können.<br />

Mehrere Tausend Schweizer Franken ist eine<br />

goldene Südseeperle wert, vorausgesetzt sie ist<br />

gross genug, vollkommen rund und hat<br />

eine makellose, irisierende Oberfläche.<br />

Die Perlenzucht beginnt eigentlich<br />

mit der Zucht der goldlippigen Auster<br />

«Pinctada maxima». Biologen in weissen<br />

Kitteln selektieren jene mit den besten<br />

genetischen Eigenschaften, vermehren<br />

sie künstlich im Labor und überlassen<br />

18 GLOBETROTTER-MAGAZIN herbst 2011<br />

damit von Anfang an so wenig wie möglich<br />

dem Zufall. Ihre Zöglinge gedeihen in<br />

Glasbehältern und Zuchtbecken. Nach<br />

etwa zwei bis drei Jahren sind die meisten<br />

von ihnen so gut entwickelt, dass die Operation<br />

– der schwierigste Arbeitsschritt –<br />

stattfinden kann. Dabei pflanzen hochqualifizierte<br />

Fachleute der Perlauster einen<br />

gedrechselten runden Kern aus der Schale<br />

einer amerikanischen Süsswassermuschel<br />

ein. Dies alleine würde jedoch nicht ausreichen,<br />

um die Auster zur Perlenbildung<br />

anzuregen. Neben dem Kern muss ihr<br />

auch ein Stück jenes Gewebes transplantiert<br />

werden, das sonst in der Muschel für<br />

die Bildung der Schale zuständig ist. Nur<br />

Perlenkette. Viel Arbeit bis das teure Schmuckstück<br />

vollendet ist (ganz oben).<br />

Präzisionsarbeit. Operation an der offenen<br />

Auster (Mitte).<br />

Seeschlangen. Sehr giftig aber bissfaul (unten).<br />

dieses spezielle Mantelgewebe, das einer dafür<br />

geopferten Spendermuschel der gleichen Art<br />

entnommen wurde, verfügt über die Fähigkeit<br />

zur Perlenbildung. Nach der Operation werden<br />

die Austern in Gitter geklemmt und an Leinen<br />

gesichert für drei Jahre dem Meer übergeben.<br />

Dort überlässt man sie jedoch nicht einfach<br />

sich selbst, sondern holt sie bis zur Ernte für<br />

eine gründliche Aussenreinigung an die<br />

200 Mal aus dem Wasser.<br />

Voranzeige<br />

Tobias Hauser wird seine Live-Reportage<br />

«Philippinen – 7107 Inseln voller Kontraste»<br />

zwischen dem 8. und 21. Februar 2012<br />

in 9 Deutschschweizer Städten zeigen.<br />

Mehr Infos unter www.explora.ch<br />

Wir fahren mit einem der Reinigungsboote<br />

hinaus aufs Meer und machen auf<br />

dem Hinweg einen kleinen Abstecher zu<br />

einer schwimmenden Station – ein kleines<br />

Haus mit Steg –, auf der Werkzeug und<br />

Material gelagert werden. Man wolle uns<br />

etwas zeigen, so die Arbeiter. Als wir anlegen,<br />

traue ich meinen Augen kaum. Es<br />

wimmelt nur so von Schlangen! Zahllose<br />

Exemplare von gestreiften Seeschlangen räkeln<br />

sich zwischen Stapeln von Klemmgittern, auf<br />

den Luftkanistern und unter den Holzdielen<br />

des Steges. Das Gift dieser Nattern, ein Neurotoxin,<br />

ist eines der stärksten der Welt und führt<br />

bei ausreichender Menge zum Atemstillstand.<br />

Glücklicherweise sind sie ausgesprochen bissfaul<br />

und flüchten lieber. Dennoch kommt es<br />

immer wieder zu tödlichen Unfällen, meist<br />

wenn Fischer versuchen, die Tiere zu fangen.<br />

Nicht nur die Schlangen sind hier eine Gefahr<br />

für die Arbeiter, sondern auch Leistenkrokodile,<br />

die grössten Krokodile der Erde, die<br />

sowohl im Süss- als auch im Salzwasser leben.<br />

Unsere Fahrt geht weiter zu den Leinen. Wir<br />

sehen zu, wie nach und nach die Gitter aus dem<br />

Wasser gezogen und dann in<br />

eine Art Spülmaschine geschoben<br />

werden, in der die Austernschale<br />

mit Wasserdruck<br />

von Algen befreit wird.<br />

Nach so langer Zeit der<br />

Pflege und Fürsorge ist die<br />

Ernte der Perlen ein magischer<br />

Moment. Die Austern können<br />

ihrem Operateur zugeordnet<br />

werden, und so erntet normalerweise<br />

jener die Perle, der<br />

den Kern eingesetzt hat. Die<br />

Ausbeute an makellos schönen,<br />

in warmen Goldtönen schimmernden<br />

Perlen ist trotz aller<br />

Anstrengungen relativ klein.<br />

10 000 Austern bringen nur<br />

50 Perlen der höchsten Qualitätsstufe hervor.<br />

Das reicht gerade für eine Perlenkette – entsprechend<br />

hoch ist ihr Preis.<br />

Am Ende dieser Reise habe ich den Fuss in<br />

eine Welt gesetzt, die von den Armensiedlungen<br />

Manilas nicht weiter entfernt sein könnte.<br />

Nicht immer sind die Kontraste so stark wie in<br />

diesem Fall. Einmal mehr waren es aber vor<br />

allem die Menschen, die diese Phlippinenreise<br />

so interessant und reizvoll machten. Ihre grosse<br />

Gastfreundschaft und Herzlichkeit, ihre tiefe<br />

Verbundenheit mit alten Riten, ihre gelebte Religiosität<br />

und ihre Lebensfreude haben mich<br />

erneut beeindruckt. Es bleibt zu wünschen,<br />

dass es den Filipinos gelingt, einen sanften,<br />

ökologisch verträglichen Tourismus zu<br />

fördern, der den Artenreichtum schützt,<br />

die Bevölkerung integriert und auf dem<br />

Land eine nachhaltige Entwicklung ermöglicht.<br />

So, dass alle etwas davon haben.<br />

www.tobias-hauser.de<br />

ja.boehm@gmx.de<br />

© <strong>Globetrotter</strong> Club, Bern


Weitere exklusive<br />

Reise reportagen <strong>lesen</strong>?<br />

Für 30 Franken pro Kalenderjahr liegt das <strong>Globetrotter</strong>-Magazin alle 3 Monate im Briefkasten. Mit spannenden Reisegeschichten,<br />

Interviews, Essays, News, Tipps, Infos und einer Vielzahl von Privatannoncen (z.B. Reisepartnersuche,<br />

Auslandjobs etc.). Dazu gibts gratis die <strong>Globetrotter</strong>-Card mit attraktiven Rabatten aus der Welt des Reisens.<br />

Inklusive <strong>Globetrotter</strong>-Card<br />

<strong>Globetrotter</strong>-Card 2012<br />

★ Jahres-Abo <strong>Globetrotter</strong>-Magazin ★ Gratis-Privatannoncen<br />

★ Büchergutschein CHF 25.– einlösbar bei Reisebuchung bei <strong>Globetrotter</strong><br />

★ 10%-Rabattgutschein für Reiseausrüstung bei TRANSA (1 Einkauf)<br />

★ CHF 50.– Rabatt auf Camper/Motorhome-Buchungen bei <strong>Globetrotter</strong><br />

★ Ermässigter Eintritt bei explora-Diavorträgen/Live-Reportagen<br />

★ CHF 100.– Rabatt auf Gruppenreisen (ab CHF 2500.–/Person)<br />

der <strong>Globetrotter</strong> Tours AG und der bike adventure tours AG<br />

(nicht kumulierbar/nicht übertragbar/bei der Buchung anzugeben)<br />

Transa-Gutschein 2012<br />

1 x 10% Rabatt<br />

einlösbar bis<br />

31.12.12<br />

02-1380 <strong>Globetrotter</strong>-Card_12.indd 1 07.09.11 15:54<br />

Informieren und Abo abschliessen:<br />

www.globetrottermagazin.ch

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!