14.11.2013 Aufrufe

Download - Gießener Allgemeine

Download - Gießener Allgemeine

Download - Gießener Allgemeine

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

66 Zeitung heute und morgen<br />

Journalisten imbesonderen Einsatz<br />

(Fast) überall mittendrin<br />

Bombay, Amazonasdelta, Kapstadt, Kairo, St.<br />

Petersburg, Sahelzone, Irak, Malediven –wer an<br />

weltweit agierende Journalisten denkt, hat<br />

vielleicht zunächst die entlegendsten Gebiete<br />

oder touristisch interessantesten Städte dieser<br />

Erde als Einsatzorte imKopf, das Abenteuer,<br />

die Gefahr, möglicherweise gar den Nervenkitzel.<br />

Richtig ist: Das Netz aus Auslandskorrespondenten<br />

ist weit über den ganzen Globus<br />

gespannt, bis hinein indie Krisen­ und Kriegsgebiete<br />

–und das Risiko ist oft der einzige Arbeitskollege,<br />

der nie freihat. Die berufliche Bandbreite<br />

für die im Ausland arbeitenden Journalisten<br />

ist jedoch weiter gefasst, und für viele Kollegen<br />

sind die Hauptstädte der verschiedenen Staaten<br />

Dreh­ und Angelpunkt ihrer Arbeit, von wo<br />

aus sie ihre Aufgaben koordinieren oder kreuz<br />

und quer durchs Land reisen. Sie arbeiten fest<br />

oder als freie Korrespondenten für Nachrichtenagenturen,<br />

Sender, Magazine oder Tages­ wie<br />

Wochenzeitungen in aller Welt. Manche bleiben<br />

jahrelang fest vor Ort, andere wechseln je nach<br />

Bedarf ihres Arbeitgebers von Land zu Land,<br />

von Kontinent zuKontinent.<br />

New York, London, Washington: Von den Brennpunkten und Schaltstellen in aller Welt berichtet ein Heer von<br />

Journalisten für die Nachrichtenredaktionen der Medienhäuser –auch für uns.<br />

Zeitungen sind für mich…<br />

Der Welt den Puls fühlen<br />

»Unser Mann« inLondon und anderswo: Die Auslandskorrespondenten<br />

»...absolut unverzichtbar –und nicht nur für<br />

mich, sondern für das Funktionieren einer<br />

zivilen Gesellschaft überhaupt.«<br />

Jochen Wittmann, London<br />

»...Lebensgefühl, Unabhängigkeit und Freiheit.«<br />

Stefan Riecher, früher New York<br />

»...ein informativer Ruhepol ineiner viel zu<br />

hektisch vernetzten, internetverklickten,<br />

atemlosen Nachrichtenwelt.«<br />

Andreas Geldner, Washington<br />

In unserer Zeitung kann man nicht<br />

nur die Berichte und Reportagen von<br />

Auslandskorrespondenten der Nachrichtenagenturen<br />

lesen, die wir beziehen.<br />

Wirhaben auch einige eigene Mitarbeiter.Dreidavon<br />

habenein bisschen<br />

aus dem Nähkästchen geplaudert. Jochen<br />

Wittmann ist schon lange im Geschäft.<br />

Seit 1994 arbeitet erals freier<br />

»Verstehen. Erklären.<br />

Und dann Schreiben.<br />

Das reicht völlig«<br />

Korrespondent aus Großbritannien –<br />

für mehrere deutsche Regionalzeitungen,<br />

seit Februar 1995 auch für uns.<br />

Für die Politik- und Nachrichtenredaktion<br />

ist er »unser Mann« inLondon,<br />

und wenn es etwas Relevantes<br />

aus dem Königreich gibt, das auch LeserinDeutschland<br />

interessierenkönnte,<br />

dann werden wir von »jwi« schnell<br />

und kompetent versorgt. Unsere Fragen<br />

für diese Beilage beantwortet er<br />

gerne. Was ein Auslandskorrespondent<br />

können sollte? »Verstehen. Erklären.<br />

Schreiben«, sagt Wittmann. Das<br />

reicht.<br />

Für den Wahlbriten beginnt der Tag<br />

üblicherweise mit der morgendlichen<br />

Lektüre von mindestens zwei Tageszeitungen:<br />

»Eineist immerdie ›Times‹,<br />

dieanderewechselt.«Dazukommt die<br />

SucheimInternet. »Dannhabeich hoffentlich<br />

eine Idee für eine gute Geschichte.<br />

Bis die recherchiert und geschrieben<br />

ist, vergehen ein paar<br />

Stunden. Den Rest desTages verbringe<br />

ich damit, zu hoffen und zuschauen,<br />

dass man auch janichts verpasst hat.«<br />

Ein typischer Tag für einen Kollegen<br />

in New York sieht im Grunde ähnlich<br />

aus, mit ein paar Besonderheiten. Davon<br />

kann Stefan Riecher erzählen, der<br />

von 2007 bis 2012 als Auslandskorrespondent<br />

tätig war –nicht nur inden<br />

»Die deutsche Brille und<br />

gleichzeitig die Perspektive<br />

des Gastlandes«<br />

Vereinigten Staaten, sondern auch in<br />

Wien und als Krisenreporter in Haiti,<br />

Japan und Pakistan. Erarbeitete für<br />

die österreichische Tageszeitung »Die<br />

Presse« und zwischen 2009 und 2012<br />

auch fürdie Politikredaktion der»<strong>Gießener</strong>/<strong>Allgemeine</strong>n«<br />

und »Wetterauer<br />

Zeitung«. Ererinnert sich gut an seine<br />

Arbeit in New York: »Wegen der Zeitverschiebung<br />

fiel ich normalerweise<br />

gegen 5.30 Uhr aus dem Bett, ummit<br />

der Redaktion zu koordinieren, welche<br />

Geschichten aktuell bis spätestens<br />

11 Uhr New Yorker Zeit zu schicken<br />

sind.Der Nachmittag gehörteder Aufgabe,<br />

kreative Ideen für Reportagen<br />

oder Interviews zu entwickeln. Die<br />

Abendgestaltung: Evening news verfolgen<br />

und früh ins Bett gehen.« Und<br />

dann wieder alles von vorn.<br />

Das kann auch Andreas Geldner bestätigen,<br />

Auslandskorrespondent der<br />

»Stuttgarter Zeitung« und der angeschlossenen<br />

Pressehäuser der Verlagsgesellschaft<br />

in Süddeutschland. Unser<br />

US-Korrespondent ist der Journalist,<br />

der seit 2008 inden Vereinigten Staaten<br />

arbeitet und auch kurzfristig in<br />

Frankreich tätig war, seit Herbst letzten<br />

Jahres. Gegenwärtig ist er vollauf<br />

mit dem Präsidentschaftswahlkampf<br />

beschäftigt. Sein Berufsverständnis:<br />

»Ein Auslandskorrespondent sollte die<br />

Fähigkeit haben, gleichzeitig die deutsche<br />

Brilleaufzusetzen undsichindie<br />

Perspektive seines Gastlandes hineinzuversetzen.«<br />

Bis 10 Uhr vormittags<br />

US-Zeit brauchen manche deutschen<br />

Blätter schon das »möglichst perfekt<br />

geschriebene Stück«. Und danach?<br />

»Anrufe, Termine, Recherchen, Planungen<br />

–oft bis inden Abend.«<br />

Das hört sich nicht immer aufregend<br />

an –aber natürlich gibt es auch jede<br />

Menge spannende Begegnungen im<br />

Leben eines Auslandskorrespondenten.<br />

Jochen Wittmann erinnert sich an<br />

ein Zusammentreffen mit der Queen<br />

beieiner GartenpartyimBuckingham-<br />

Palast –»aber spannender wares, 1999<br />

(den damaligenPremier) Tony Blairzu<br />

interviewen.« Andreas Geldner (»gel«)<br />

»Das Erdbeben inHaiti –<br />

das war für mich<br />

am dramatischsten«<br />

steuert ein etwas anderes Rendezvous<br />

bei, mit einem Bison inMontana, »der<br />

sich lange überlegte, ob er mein Auto<br />

aufspießen sollte oder nicht.« Ansonsten<br />

denkt unser US-Korrespondent an<br />

Dinge wie die Spur am nächtlichen<br />

Grenzzaun in Arizona, diezeigte, dass<br />

Menschen- oder Drogenschmuggler<br />

ganz in der Nähe waren –oder auch<br />

die Dutzenden von gesprächigen,<br />

schrulligen Zufallsbekanntschaften<br />

bei Zugreisen quer über den Kontinent.<br />

Bei Stefan Riecher zählt eine Begegnung<br />

mit Mahmud Achmadinedschadzuden<br />

besonderen Momenten.<br />

Er nennt aber auch das Zusammentreffen<br />

mit Erdbebenopfern in Haiti<br />

oder mit einem Einsatzleiter nach der<br />

Atomkatastrophe von Fukushima sowiedie<br />

Lehman-Pleiteund ihreFolgen<br />

fürihn als Journalisten prägend: »Haiti<br />

– das war am dramatischsten.«<br />

Schwer zu sagen, was das bisher absolute<br />

berufliche Highlight für Wittmann<br />

war: »Richtig gefreut habe ich<br />

mich, als ich eine Reportage über den<br />

Nordirland-Konflikt schrieb und das<br />

Gefühl hatte, dasThema nichtnur verstanden,<br />

sondern auch angemessen<br />

beschriebenzuhaben.« Getreuseinem<br />

Eingangsstatement: »Verstehen. Erklären.<br />

Schreiben.« Annette Spiller

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!