Download - Gießener Allgemeine
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10 Der Verlag<br />
Firmengeschichte /Was in der Region geschah<br />
1977 –1982<br />
1. Januar 1977<br />
Zusammenlegung der Städte Gießen und<br />
Wetzlar sowie von 15 Dorfgemeinden zur<br />
»Lahnstadt«. Nach nur 31Monaten wurde<br />
diese am31. Juli 1979 wieder aufgelöst<br />
2. Mai 1977<br />
Dr. Christian Rempel wird, gemeinsam mit<br />
Dr. Hans Rempel, Chefredakteur<br />
15. Dezember 1977<br />
Dr. Christian Rempel wird zum alleinvertretungsberechtigten<br />
Geschäftsführer bestellt<br />
1977<br />
Der Pachtvertrag für die Stadtgeschäftsstelle<br />
Südanlage läuft aus. Die MDV übernimmt 31<br />
Prozent der Anteile ander »Mittelhessischen<br />
Anzeigen-Zeitung« (MAZ). Es erfolgt die<br />
Anschaffung einer Kleinoffsetmaschine GTO,<br />
eines Fotosatzsystems Linotype System 5<br />
und einer gebrauchten Offset-Rotation<br />
Lithoman<br />
1978<br />
Auf dem Gelände Marburger Straße 10und<br />
12 in Gießen wird ein Neubau für den<br />
Akzidenzbereich, die Akzidenzverwaltung und<br />
den Vertrieb errichtet<br />
Juli 1978<br />
Einweihung der erweiterten und modernisierten<br />
Betriebsanlage »Gießen Druck«. Die<br />
Satztechnik der Zeitungsfertigung wird von<br />
Blei- auf Fotosatz umgestellt<br />
1978<br />
Einführung des Redaktionssystems Linotype<br />
System 4/6/8<br />
18. September 1979<br />
Dr. Hans Rempel erhält das Große Verdienstkreuz<br />
der Bundesrepublik Deutschland durch<br />
Ministerpräsident Holger Börner. Außerdem<br />
erfolgt die Verleihung der silbernen Ehrenmedaille<br />
der Stadt Gießen anihn durch Oberbürgermeister<br />
Hans Görnert<br />
November 1979<br />
Einweihung der neuen AZ-Geschäftsstelle am<br />
Marktplatz 7inGießen<br />
1. Januar 1980<br />
Dr. Christian Rempel wird zum alleinigen<br />
Chefredakteur bestellt<br />
1980<br />
Modernisierung von Rotation und Packraum<br />
1981<br />
Beteiligung an der »Mittelhessen Presse«<br />
(MHP). Wegfall von Telekopierer und Fernschreiber<br />
durch das neue Redaktionssystem.<br />
Der zweite Teil des Fotosatzsystems 4von<br />
Linotype wird installiert. Eine neue Lagerhalle<br />
wird errichtet<br />
Februar 1982<br />
Die erste Ferag-Einsteckanlage zum Bestücken<br />
der Zeitung mit Beilagen wird inBetrieb<br />
genommen<br />
»Lahn« und weitere Zäsuren<br />
Stadt und Kreis Gießen: Vom Wiederaufbau bis zu Problemen der Gegenwart<br />
<strong>Gießener</strong> Innenstadt<br />
etabliert sich als<br />
Einzelhandelszentrum<br />
Die Gründung der »<strong>Gießener</strong> Freien<br />
Presse« fällt zusammen mit der Wiederaufbauphase<br />
einer Stadt, die<br />
schwer vom Zweiten Weltkrieg getroffen<br />
worden war und ihren historischen<br />
Stadtkern weitgehend verloren<br />
hatte. Geprägt wardiese Zeit vorallem<br />
vom Bemühen, schnell viel Wohnraum<br />
als Ersatz für zerstörte Gebäude<br />
und für die rasch wachsende Bevölkerung<br />
zu schaffen. So konnte in den<br />
Fünfziger- und Sechzigerjahren regelmäßig<br />
berichtet werden über die Planung<br />
und die Errichtung von neuen<br />
Wohnvierteln, etwa Markwaldsiedlung,<br />
Evangelische Siedlung, AnneröderSiedlung,<br />
Eichgärtenviertel,Blumen-<br />
und Südviertel. Vorläufiger Abschluss<br />
war die »neue« Weststadt.<br />
Ab den Sechzigerjahren entstanden<br />
neue Gewerbe- und Industriestandorte,<br />
imSchiffenberger Tal, ander Rödgener<br />
Straße und am Nordrand Wiesecks<br />
undzuletzt in derWeststadt.Die<br />
Innenstadt etablierte sich als Einzelhandelszentrum,wobei<br />
manchmal die<br />
ordnende städtebauliche Hand fehlte.<br />
Parallel dazu dehnte sich die Justus-<br />
Liebig-Universität ins Schiffenberger<br />
Talund an denLeihgesternerWeg aus.<br />
Später brauchteauchdie einstige Ingenieurschule<br />
(später Fachhochschule<br />
Gießen-Friedberg, heute Technische<br />
Hochschule Mittelhessen) ständig<br />
neue Gebäude. Mit knapp 30000 Studierenden<br />
ist Gießen heute einer der<br />
wichtigsten Hochschulstandorte in<br />
Deutschland.<br />
Ein Einschnitt in der Entwicklung<br />
Gießens war Anfang 1977 die Gründung<br />
der Stadt Lahn. Dieser Zusammenschluss<br />
von Gießen, Wetzlar und<br />
den Gemeinden dazwischen war unter<br />
ökonomischen und ökologischen<br />
Aspekten gut gemeint, aber ein Großteil<br />
der Bevölkerung lehnte die künstliche<br />
Großstadt emotional ab. Aus der<br />
bis dahin stets SPD-regierten Stadt<br />
wurde so plötzlich eine CDU-Hochburg.<br />
Deshalb wurde Lahn nach nur<br />
zweieinhalb Jahren wieder aufgelöst.<br />
Allerdings wurde Gießen bei dieser<br />
Reform der Gebietsreform abgestraft:<br />
Anders als bei fast allen deutschen<br />
Städten wurden die Nachbarkommunen<br />
nicht arrondiert. So entstanden in<br />
der Peripherie des mittelhessischen<br />
Zentrums etliche prosperierene Gewerbestandorte,<br />
deren Steuerzahlungen<br />
heute im Stadtsäckel fehlen.<br />
Eine Herausforderung war der Abzug<br />
der Bundeswehr und dann der US-<br />
Army ab Anfang der Neunzigerjahre,<br />
die mit dem Verlust vieler Arbeitsplätze<br />
einherging. Aber der traditionsreiche<br />
Militärstandort bewältigte die<br />
Konversion relativ glatt: Bergkaserne<br />
und Rivers Barracks wurden Gewerbestandorte,<br />
das Bundeswehrlazarett<br />
istnun Verwaltungszentrum,die amerikanischen<br />
Wohnsiedlungen wurden<br />
und werden für die deutsche Bevölkerung<br />
erschlossen. Auch die ehemalige<br />
Bergkaserne stellt sich gerade auf die<br />
Zukunft um.<br />
Aber nicht nur über die generelle Entwicklung<br />
Gießens werden die GAZ-<br />
Leser permanent und kompetent informiert:<br />
Auch unzählige kleine<br />
Geschehnisse sorgen für Schlagzeilen.<br />
Undnatürlich auch diespektakulären,<br />
die zum Stadtgespräch wurden: etwa<br />
der Abriss des Behördenhochhauses,<br />
Todesstürze bei Zeppelin-Rundflug,<br />
Hessentag, Falschgeld-Einfuhr durch<br />
<strong>Gießener</strong> Geschäftsmann, Drogenrazzia<br />
der Polizei per Güterzug, Weimar-<br />
Prozess, Großfeuer in den Hessenhallen,<br />
Mord in der Corso-Bar...<br />
Die Dörfer und Kleinstädte sind Mittelpunkte<br />
des Lebens imLandkreis –<br />
und daran richtet sich die Berichterstattung<br />
aus. Damals, Ende der 40er<br />
Jahre ebenso wie heute. Zeitung machen<br />
für die Menschen, dicht dran am<br />
Geschehen, an den handelnden Akteuren.<br />
Wie klappt das inder Fläche?<br />
Neben den Redakteuren mit einem<br />
guten Netz anfreien Mitarbeitern, die<br />
ihrerseits verwurzelt sind in ihren Orten,<br />
in Vereinen, Verbänden, Kirchen.<br />
Und die Themen? Inden ersten Jahren<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg waren es<br />
Erschreckendes Ereignis: Absturz der Phantom bei Buseck.<br />
die Vertriebenen, die sich auf dem<br />
Land niederließen. Kräftigen Zuzug<br />
gibt es Ende der 80er und Anfang der<br />
90er Jahre nochmals dank der Aussiedler<br />
aus dem Osten, der Asylsuchenden<br />
und der Wiedervereinigung,<br />
die für Wanderungsbewegungen<br />
sorgt. Jetzt sind mit den Partnerschaften<br />
über Grenzen hinweg ganz neue<br />
Formen des Miteinanders entstanden.<br />
Europa istauf demDorfangekommen.<br />
In den60erund 70er Jahren wurde zugelegt;eswuchsen<br />
dieOrtschaftenum<br />
große Neubaugebiete. Heute sind es<br />
ganz andere Probleme, mit denen die<br />
Menschen zu tun haben: Viele ziehen<br />
wegaus denkleinen Orten–das bleibt<br />
Viele schöne, dramatische<br />
und tragische Ereignisse<br />
auch im Landkreis<br />
nicht folgenlos: Leere Häuser, keine<br />
Geschäfte mehr, Kindergärten schließen,<br />
Grundschulstandorte stehen womöglich<br />
zur Disposition. Was ist mit<br />
dem Vereinsleben? Was wird aus den<br />
Bürgerhäusern? Was aus der örtlichen<br />
Feuerwehr? Diese und weitere Fragen<br />
sind Themen für die Zeitung heute<br />
und morgen. Nie verwirklichte Pläne<br />
für eine Deponie bei Holzheim haben<br />
Anfang 1989/90 Wunden geschlagen<br />
und Narben hinterlassen.<br />
Beim Blick zurück sei hier angroße –<br />
schöne, aber auch tragische und gelegentlich<br />
traurig oder betroffen machende<br />
– Ereignisse im Landkreis<br />
Gießen erinnert. Nicht abschließend,<br />
dafür wären es zu viele. Sondern mit<br />
dem Mut zur Lücke bei der Auswahl –<br />
ganz so, wie es auch das tägliche Zeitungsmachen<br />
erfordert. Hochwasser<br />
suchen die Ortschaften heim; etwa<br />
Heuchelheim amunteren Bieberbach<br />
oder die Dörfer imLumdatal; Unwetter<br />
wie der Tornado über Lumda 2010<br />
sorgen für Aufregung. Zu den Katastrophen<br />
zählen auch Ereignisse wie<br />
der ins alte Wißmarer Forsthaus krachende<br />
Jet 1979 und der Phantom-Absturz<br />
inBuseck 1983 oder der Brand<br />
des Sommerlad-Möbellagers 2009. Auf<br />
der anderen Seite stehen da schöne<br />
Festewie die»Golden Oldies«oderder<br />
traditionsreiche Grünberger Gallusmarkt,<br />
aufsehenerregende Forschungen<br />
und Funde auf den Spuren von<br />
Römern und Kelten bei Waldgirmes<br />
und amDünsberg. All dies und noch<br />
viel mehr gehört in eine Zeitung, die<br />
hohen Ansprüchen gerecht wird, täglich<br />
neu gemacht in dem Wissen, es<br />
nicht jedem recht machen zukönnen.<br />
Guido Tamme/Rüdiger Soßdorf