Die komplette Ausgabe 10/2008 der Fachzeitschrift KOMMUNAL
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4<br />
Kommunal: Europa<br />
duzierung <strong>der</strong> 12 auf lediglich<br />
fünf Kreise das Bürgerengagement<br />
empfindlich treffen würde.<br />
<strong>Die</strong> zu erwartenden Effizienzsteigerungen<br />
in <strong>der</strong> Verwaltung<br />
seien dem zu erwartenden<br />
Rückgang bei <strong>der</strong> Freiwilligenarbeit<br />
und den Einschränkungen<br />
<strong>der</strong> Selbstverwaltung gegenüber<br />
zu stellen. In diesem Zusammenhang<br />
ist darauf hinzuweisen,<br />
dass die Tätigkeiten im<br />
Kreistag und seinen Ausschüssen<br />
grundsätzlich ehrenamtlich<br />
erfolgt, weshalb das Gericht die<br />
Gefahr sah, dass von <strong>der</strong> Kreisstadt<br />
weiter entfernt lebende<br />
Bürger vom politischen Leben<br />
und <strong>der</strong> Entscheidungsfindung<br />
in wichtigen Belangen des Kreises<br />
implizit ausgeschlossen würden.<br />
Mittlerweile wird ein zweiter<br />
Reformansatz diskutiert, <strong>der</strong> die<br />
Reduzierung auf sechs bis sieben<br />
Landkreise sowie zwei<br />
kreisfreie Städte vorsieht. Der<br />
Deutsche Landkreistag for<strong>der</strong>t<br />
in diesem Zusammenhang eine<br />
Verknüpfung von Kreisgebietsund<br />
Funktionalreform, das Land<br />
weigert sich jedoch konstant,<br />
die Kompetenzverlagerung<br />
durch eine ausreichende Verlagerung<br />
von Beamtenposten zu<br />
ergänzen.<br />
Frankreich: Bevölkerung<br />
wenig mit einbezogen<br />
Österreichische Gemeinden zählen im Europavergleich<br />
relativ wenige Einwohner, dennoch erfüllen sie ihre Aufgaben<br />
äußerst effizient. <strong>Die</strong>s nicht zuletzt wegen <strong>der</strong> gut<br />
etablierten Zusammenarbeit in Gemeindeverbänden<br />
und im Rahmen an<strong>der</strong>er Kooperationsformen.<br />
Mit Österreich am ehesten vergleichbar<br />
ist die Lage in Frankreich.<br />
Dort gibt es über 36.000<br />
Gemeinden, wovon rund 32.000<br />
weniger als 2000 Einwohner<br />
zählen. Städte mit über 50.000<br />
Einwohnern sind vergleichsweise<br />
rar, es gibt davon gerade einmal<br />
<strong>10</strong>3. Auch die Kompetenzlage<br />
ist ähnlich, weshalb sich ähnliche<br />
Fragen wie in Österreich<br />
stellen, nämlich wie kommunale<br />
Aufgaben effizienter und besser<br />
erbracht werden können.<br />
Bereits im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t bildeten<br />
sich ins Frankreich erste<br />
Formen <strong>der</strong> interkommunalen<br />
Zusammenarbeit heraus, welche<br />
auch heute hoch im Kurs steht.<br />
Derzeit sind rund 33.600 Gemeinden<br />
zu 2583 interkommunalen<br />
Arbeitsgemeinschaften zusammen<br />
geschlossen. Da es hier<br />
grundsätzlich zwei Organisationsformen<br />
– gänzliche Aufgabenübertragung<br />
und loser Zusammenschluss<br />
– gibt, ergeben<br />
sich mitunter Konflikte mit dem<br />
europäischen Vergaberecht. <strong>Die</strong>ses<br />
enthält bekanntlich keine generelle<br />
Ausnahme für die kommunale<br />
Zusammenarbeit, die<br />
EU-Kommission sieht lose und<br />
auf Vertragsrecht basierende Gemeindekooperationen<br />
mit einem<br />
kritischen Auge.<br />
Dennoch gelten die sogenannte<br />
„Intercomunalité“ in Frankreich<br />
als Erfolgsmodell, mittlerweile<br />
sind 98 Prozent des Territoriums<br />
von ihnen überzogen. Seit 1999<br />
werden Kooperationsprojekte<br />
staatlich geför<strong>der</strong>t, bei ausschließlich<br />
vertraglich basierten Kooperationen<br />
tritt <strong>der</strong> französische<br />
Staat als Vertragspartner<br />
auf. Als demokratiepolitisch problematisch<br />
gelten jedoch die<br />
Gerade in ländlichen Gemeinden Österreichs<br />
identifizieren sich die Bürger mit ihrer<br />
Gemeinde und sind deshalb bereit, auf<br />
freiwilliger Basis Beiträge zum Zusammenhalt<br />
in <strong>der</strong> Gemeinde zu leisten.<br />
mangelnde Einbeziehung <strong>der</strong><br />
Bevölkerung in die Projektplanung<br />
sowie die nur indirekte<br />
Wahl <strong>der</strong> Vorsitzenden <strong>der</strong> „Intercomunalité“<br />
durch die verbandsangehörigen<br />
Bürgermeis -<br />
ter.<br />
Kleines Litauen mit ganz<br />
großen Kommunen<br />
Aus den neuen EU-Mitgliedstaaten<br />
erweckte das Beispiel Litauen<br />
großes Interesse. Dort wurde<br />
bereits 1995 eine umfassende<br />
Gebietsreform durchgeführt,<br />
welche die Zahl <strong>der</strong> Kommunen<br />
von 581 auf 56 reduzierte. Dadurch<br />
zählen die litauischen Gemeinden<br />
mit einer durchschnittlichen<br />
Einwohnerzahl von<br />
58.000 Personen zu den größten<br />
Europas. Mittlerweile gibt es jedoch<br />
Bestrebungen zur Schaffung<br />
bürgernäherer Strukturen,<br />
im Jahr 2000 erhöhte sich die<br />
Zahl <strong>der</strong> Gemeinden wie<strong>der</strong> auf<br />
60, und die Debatte über die<br />
ideale Zahl <strong>der</strong> Gemeinden reißt<br />
seitdem nicht ab. Auch <strong>der</strong> litauische<br />
Kommunalverband<br />
geht von einer idealen Zahl von<br />
70-90 Gemeinden aus, tritt jedoch<br />
für Reformen von unten<br />
nach oben ein, d.h. die Initiative<br />
muss von den Kommunen bzw.<br />
von den Bürgern selbst ausgehen.<br />
Denn erstaunlicherweise<br />
scheiterte die Teilung mehrerer<br />
Gemeinden in kleinere Einheiten<br />
im Jahr 2007 gerade an <strong>der</strong><br />
mangelnden Unterstützung seitens<br />
<strong>der</strong> lokalen Politik und lokalen<br />
Bevölkerung.<br />
Resümee<br />
Abschließend ist zu sagen, dass<br />
die österreichischen Gemeinden<br />
im europäischen Vergleich gut<br />
dastehen. Obwohl österreichische<br />
Gemeinden im Europavergleich<br />
relativ wenige Einwohner<br />
zählen, erfüllen sie ihre Aufgaben<br />
doch äußerst effizient. <strong>Die</strong>s<br />
nicht zuletzt wegen <strong>der</strong> gut etablierten<br />
Zusammenarbeit in Gemeindeverbänden<br />
und im Rahmen<br />
an<strong>der</strong>er Kooperationsformen<br />
und weil sich gerade in<br />
ländlichen Gemeinden die Bürger<br />
mit ihrer Gemeinde identifizieren<br />
und deshalb bereit sind<br />
auf freiwilliger Basis Beiträge<br />
zum Zusammenhalt in <strong>der</strong> Gemeinde<br />
zu leisten.