Die komplette Ausgabe 10/2008 der Fachzeitschrift KOMMUNAL
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2 Kommunal: Europa<br />
Europa: Kommunales Reizthema „Gemeindezusammenlegung“<br />
Größer ist nicht gleich besser –<br />
vor allem bei Gemeinden<br />
In Österreich können Gemeindezusammenlegungen nur auf freiwilliger<br />
Basis erfolgen, deshalb gibt auch keine landesweite Debatte über (Gemeinde-)-Gebietsreformen.<br />
Nicht so in an<strong>der</strong>en EU-Län<strong>der</strong>n. <strong>Die</strong> unterschiedlichen<br />
Sichtweisen und Ansätze waren kürzlich Thema eines<br />
RGRE-Seminars in Brüssel.<br />
Mag. Danila Fraiss<br />
In Skandinavien wird bereits<br />
seit Jahrzehnten über Gemeindezusammenlegungen<br />
diskutiert,<br />
Dänemark ging nach gut<br />
20 Jahre dauernden Diskussion<br />
im Jahr 2007 voran, Finnland<br />
steckt mitten im Reformprozess<br />
und in Schweden überlegt man<br />
weiter. An<strong>der</strong>e Län<strong>der</strong> gehen<br />
den umgekehrten Weg, das<br />
heißt, früher zusammengeführte<br />
Gemeinden gehen wie<strong>der</strong> getrennte<br />
Wege, so zum Beispiel in<br />
Litauen.<br />
Manche Län<strong>der</strong> gehen bereits den umgekehrten<br />
Weg, das heißt, früher zusammengeführte<br />
Gemeinden gehen wie<strong>der</strong> getrennte<br />
Wege, so zum Beispiel in Litauen.<br />
Mag. Daniela Fraiss<br />
ist Leiterin des<br />
Brüsseler Büros des<br />
Österreichischen<br />
Gemeindebundes<br />
All diese Entwicklungen standen<br />
im Zentrum eines eintägigen Seminars<br />
des europäischen Dachverbandes<br />
RGRE (Rat <strong>der</strong> Gemeinden<br />
und Regionen Europas),<br />
bei dem unterschiedliche<br />
Ansätze und Sichtweisen vorgestellt<br />
und verglichen wurden.<br />
Aus österreichischer Sicht ist<br />
festzustellen, dass Gemeindezusammenlegungen<br />
nicht verallgemeinernd<br />
als <strong>der</strong> Weisheit letzter<br />
Schluss dargestellt werden<br />
können. Meist sind es die umfassenden<br />
kommunalen Kompetenzkataloge,<br />
die Effizienzerwägungen<br />
in den Vor<strong>der</strong>grund treten<br />
lassen. Mit <strong>der</strong> wirtschaftlichen<br />
Effizienz geht aber oft ein<br />
Identitätsdefizit einher, das sich<br />
unter an<strong>der</strong>em in einem geringeren<br />
Interesse für Freiwilligenarbeit<br />
manifestiert, wodurch<br />
wie<strong>der</strong>um großes Potenzial in<br />
den Gemeinden verloren geht.<br />
Dexia hat die unterschiedlichen<br />
Systeme sub-nationaler Gebietskörperschaften<br />
in Europa unter<br />
die Lupe genommen und in einem<br />
Buch verarbeitet, das einen<br />
detaillierten Überblick über Organisation,<br />
Aufgaben und Finanzierung<br />
<strong>der</strong> europäischen Kommunen<br />
bietet.<br />
(www.dexia-editions.com)<br />
Extrembeispiel Dänemark<br />
Dänemark zählt mit seiner umfassenden,<br />
Anfang 2007 in Kraft<br />
getretenen, Gebietsreform zu<br />
den Extrembeispielen. Dort wurde<br />
eine völlig neue Landkarte<br />
gezeichnet, aus zuvor 271 Gemeinden<br />
wurden 98, die ehemals<br />
14 Bezirke wurden in fünf<br />
Regionen zusammen gefasst.<br />
Für die Gemeinden bedeutet das<br />
einen Anstieg <strong>der</strong> Bevölkerungszahl<br />
auf durchschnittlich 55.000<br />
Einwohner pro Kommune, im<br />
Vergleich zu durchschnittlich<br />
16.000 vor <strong>der</strong> Reform.<br />
Grundsätzlich wird die Reform<br />
auch im dänischen Gemeindebund<br />
befürwortet, da aufgrund<br />
<strong>der</strong> zahlreichen Aufgaben die<br />
auf kommunaler Ebene zu erledigen<br />
sind, größere Einheiten<br />
für sinnvoll erachtet werden. In<br />
Dänemark ist die kommunale<br />
Ebene für die Finanzierung, Erbringung<br />
und Kontrolle sozialer<br />
<strong>Die</strong>nstleistungen ausschließlich<br />
verantwortlich. Darunter fallen<br />
etwa Kin<strong>der</strong>betreuung, Grundschul-<br />
und Son<strong>der</strong>schulwesen,<br />
Altenbetreuung und Pflege, Teile<br />
des Gesundheitswesens, Integrationsmaßnahmen<br />
wie zum<br />
Beispiel Sprachkurse, lokale<br />
Wirtschafts- und Tourismusför<strong>der</strong>ung,<br />
lokales Straßennetz etc.<br />
<strong>Die</strong> Regionen sind hauptsächlich<br />
für das Gesundheitswesen, die<br />
regionale Raumplanung, Bodenschutz<br />
und den öffentlichen<br />
Nahverkehr, an dem sich die Gemeinden<br />
jedoch wie<strong>der</strong>um zu<br />
beteiligen haben, zuständig.<br />
Bereits in den 1990er Jahren<br />
setzte eine Diskussion ein, wie<br />
die Gemeinden die immer anspruchsvolleren<br />
Aufgaben zufriedenstellend<br />
erbringen können<br />
und Studien, die Misswirtschaft<br />
in einigen Gemeinden zutage<br />
för<strong>der</strong>ten, erhöhten den<br />
Druck seitens <strong>der</strong> Regierung.<br />
Überhaupt kritisierte <strong>der</strong> Generalsekretär<br />
des dänischen Verbandes<br />
die Einstellung <strong>der</strong> Regierung,<br />
die sämtliche Reformen<br />
auf lokaler Ebene ansetzt und<br />
den Druck, <strong>Die</strong>nste noch effizienter<br />
und besser zu erbringen,<br />
ständig erhöht. Selbst nimmt<br />
sich die zentrale Ebene jedoch<br />
von Reformvorhaben aus, obwohl<br />
<strong>der</strong> ursprüngliche Ausgangspunkt<br />
keine Gebietsreform,<br />
son<strong>der</strong>n eine Reform aller<br />
öffentlichen Gebietskörperschaften<br />
war.<br />
<strong>Die</strong> Finanzierung <strong>der</strong> kommunalen<br />
Aufgaben erfolgt in Dänemark<br />
einerseits über das eigene<br />
Steueraufkommen (zum Beispiel<br />
Einkommens- und Grundsteuer),<br />
Gebühren, staatliche<br />
Beiträge (zum Beispiel für soziale<br />
<strong>Die</strong>nste) und Mittel aus dem<br />
Finanzausgleich. <strong>Die</strong>ser wird in<br />
Dänemark jährlich verhandelt<br />
und ist vor allem für die Regio-