Die komplette Ausgabe 10/2008 der Fachzeitschrift KOMMUNAL
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34 Kommunal: Recht & Verwaltung<br />
Neue Straftatbestände zur Bekämpfung von Bestechung im öffentlichen Sektor<br />
Kampf <strong>der</strong> Korruption<br />
Mit 1. Jänner <strong>2008</strong> traten verschärfte Antikorruptionsregelungen<br />
in Kraft. <strong>Die</strong> neuen Formulierungen <strong>der</strong> Straftatbestände <strong>der</strong><br />
Geschenkannahme und <strong>der</strong> Bestechung sorgen jedoch für heftige<br />
Diskussionen. <strong>KOMMUNAL</strong> zeigt auf, ob ein Bürgermeister die<br />
Einladung eines Vorstandes zum Essen annehmen darf o<strong>der</strong> er<br />
sich damit strafbar macht.<br />
Dr. Hannes Jarolim<br />
Mag. Irena Gogl<br />
Mit Jahresbeginn wurden erstmalig<br />
Straftatbestände zur<br />
Bekämpfung von Korruption in<br />
<strong>der</strong> Privatwirtschaft eingeführt<br />
und die geltenden Anti-Korruptions-Delikte<br />
für den öffentlichen<br />
Bereich massiv verschärft<br />
(Strafrechtsän<strong>der</strong>ungsgesetz<br />
<strong>2008</strong>, BGBl I 2007/<strong>10</strong>9). <strong>Die</strong>se<br />
Neuregelung führt dazu, dass<br />
vieles von dem, was im geschäftlichen<br />
Verkehr bisher nicht<br />
unüblich war, unter gerichtliche<br />
Strafe gestellt ist. Wie weit solches<br />
Verhalten nun unter die<br />
neuen Straftatbestände subsumiert<br />
werden kann, ist heftig<br />
umstritten.<br />
Wer ist Amtsträger?<br />
Unter „Amtsträger“ wird verstanden:<br />
„je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> für Österreich,<br />
für einen an<strong>der</strong>en Staat<br />
Dr. Hannes Jarolim<br />
ist Senior-Partner<br />
in <strong>der</strong> Kanzlei<br />
Jarolim Flitsch<br />
Rechtsanwälte<br />
GmbH in Wien sowie<br />
Abgeordneter<br />
zum Nationalrat<br />
und Justizsprecher<br />
<strong>der</strong> SPÖ<br />
Mag. Irena Gogl ist<br />
Rechtsanwältin<br />
und war Mitarbeiterin<br />
in <strong>der</strong> Kanzlei<br />
Jarolim Flitsch<br />
Rechtsanwälte<br />
GmbH<br />
„Anfüttern“ mit Geschenken unter <strong>10</strong>0 Euro<br />
ist straflos, es sei denn, es besteht von<br />
vornherein die Absicht mehrere Schenkungen<br />
für die „Klimapflege“ zu machen.<br />
o<strong>der</strong> für eine internationale Organisation<br />
ein Amt in <strong>der</strong> Gesetzgebung,<br />
Verwaltung o<strong>der</strong><br />
Justiz innehat o<strong>der</strong> sonst mit öffentlichen<br />
Aufgaben, einschließlich<br />
in öffentlichen Unternehmen<br />
betraut ist, mit Ausnahme<br />
von Mitglie<strong>der</strong>n inländischer<br />
verfassungsmäßiger Vertretungskörper“.<br />
Amtsträger sind<br />
also jedenfalls natürliche Personen.<br />
Mitglie<strong>der</strong> von Kammern<br />
und gesetzlichen Interessensvertretungen<br />
sind insoweit dem Begriff<br />
„Amtsträger“ zu unterstellen,<br />
als sie mit Aufgaben <strong>der</strong><br />
Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung<br />
betraut sind<br />
(„übertragener Wirkungsbereich“),<br />
allerdings immer nur<br />
hinsichtlich Handlungen in dieser<br />
Eigenschaft.<br />
„Öffentliche Unternehmen“ sind<br />
jedenfalls all jene, welche <strong>der</strong><br />
Überprüfung durch den Rechnungshof<br />
unterliegen. Vorstände<br />
bzw. Geschäftsführer „öffentlicher<br />
Unternehmen“ fallen insoweit<br />
nicht unter den Begriff<br />
„Amtsträger“, als sie nicht mit<br />
„öffentlichen Aufgaben“ betraut<br />
sind. Für sie gelten die Bestimmungen<br />
für den „privaten Sektor“.<br />
Unter „Öffentlichen Aufgaben“<br />
wird Handeln im öffentlichen<br />
Interesse über Auftrag bzw<br />
Betrauung des Staats verstanden.<br />
Geschenkannahme durch<br />
Amtsträger<br />
Gegenstand des Son<strong>der</strong>delikts §<br />
304 StGB „Geschenkannahme<br />
durch Amtsträger o<strong>der</strong> Schiedsrichter“<br />
ist die passive Bestechung,<br />
und zwar „im Zusammenhang“<br />
(Abs 1) o<strong>der</strong> „im Hinblick“<br />
(Abs 2) auf die Amtsführung,<br />
wobei jede Geschenk -<br />
annahme per se rechtswidrig ist<br />
und keines zusätzlichen Pflichtwidrigkeitskriteriums<br />
bedarf.<br />
Strafbarkeit liegt daher auch<br />
dann vor, wenn die Geschenkannahme<br />
für rechtmäßiges(!) Handeln<br />
erfolgt. Strafbarkeit liegt<br />
weiters vor, wenn <strong>der</strong> betroffene<br />
Amtsträger außerhalb seines Zuständigkeitsbereichs<br />
handelt, eine<br />
Zurechenbarkeit seines Wirkens<br />
zur betreffenden Behörde<br />
aber möglich ist.<br />
Der Unterschied <strong>der</strong> Begriffe „im<br />
Zusammenhang“ (Abs 1) mit<br />
<strong>der</strong> und „im Hinblick auf“ (Abs<br />
2) die Amtsführung besteht darin,<br />
dass im ersten Fall ein unmittelbarer<br />
Zusammenhang zwischen<br />
dem „For<strong>der</strong>n, Annehmen<br />
o<strong>der</strong> sich Versprechenlassen eines<br />
Vorteils“ durch den Amtsträger<br />
o<strong>der</strong> Schiedsrichter mit einer<br />
konkreten Amtshandlung<br />
bzw Tätigkeit bestehen muss<br />
(ein „aktueller Fall“ liegt vor),<br />
währenddessen „im Hinblick auf<br />
die Amtsführung“ ein/e allgemeine/s<br />
„Wohlwollen/Klimapflege“<br />
ohne Anlassfall<br />
in Aussicht gestellt wird.<br />
<strong>Die</strong>ses sog „Anfütterungsverbot“<br />
soll den sukzessiven Aufbau einer<br />
„Gegenleistung“ für ein späteres<br />
„Gewogensein“ des Amtsträgers<br />
zum Inhalt haben. <strong>Die</strong><br />
Vorteilsgewährung muss ihrer<br />
Natur nach daher zukunftsgerichtet<br />
sein.<br />
Ausnahmen von <strong>der</strong><br />
Strafbarkeit<br />
Geringfügigkeit: Ausgenommen<br />
von <strong>der</strong> Strafbarkeit sind lediglich<br />
„Anfütterungsaktivitäten“<br />
(Abs 2) geringfügigen Ausmaßes<br />
(bis Euro <strong>10</strong>0,–), es darf