Die komplette Ausgabe 10/2008 der Fachzeitschrift KOMMUNAL
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Kommunal: Interview 23<br />
Für die Gemeinden ist es wichtig zu wissen, was <strong>der</strong> Rettungsdienst kostet, und für das Rote Kreuz<br />
ist es wichtig zu wissen, wie viel Geld es dafür bekommt.<br />
Wenn die Kostenträger<br />
Qualitätsverschlechterungen<br />
wollen, dann müssen<br />
sie diese dann auch vor <strong>der</strong><br />
Öffentlichkeit vertreten.<br />
Fredy Mayer for<strong>der</strong>t Ehrlichkeit<br />
von den Partnern des<br />
Roten Kreuzes.<br />
Kreuzes unterschiedliche Leistungen<br />
anbieten?<br />
Ja, aber nicht beim Rettungsdienst.<br />
Es kann zwar sein, dass<br />
in einem Bundesland beispielsweise<br />
<strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Freiwilligen<br />
die in <strong>der</strong> Nacht o<strong>der</strong> an<br />
Wochenenden <strong>Die</strong>nst macht, etwas<br />
höher ist, aber im Wesentlichen<br />
gibt es beim Rettungswesen,<br />
bei den Transportdiensten<br />
und bei <strong>der</strong> Ausstattung <strong>der</strong><br />
Notarztfahrzeuge kaum Unterschiede.<br />
<strong>Die</strong> politischen Entscheidungsträger<br />
versichern uns immer,<br />
dass die Qualitätsnormen, die<br />
wir anbieten, sinnvoll sind. Aber<br />
natürlich kann man darüber diskutieren,<br />
ob alle <strong>Die</strong>nstleistungen,<br />
die wir anbieten, auch unbedingt<br />
notwendig sind. Man<br />
könnte z.B. sagen, dass ein Rettungswagen<br />
nicht innerhalb von<br />
15 Minuten an einem Unfallort<br />
sein muss, son<strong>der</strong>n in 20 Minuten.<br />
Wenn die Kostenträger eine<br />
solche Qualitätsverschlechterung<br />
wollen, dann ist das für<br />
uns kein Problem. Wir weisen<br />
natürlich darauf hin, dass es internationale<br />
Normen gibt, die<br />
sinnvoll sind. Wenn die Kostenträger<br />
solche Qualitätsverschlechterungen<br />
wollen, dann<br />
müssen sie diese dann auch vor<br />
<strong>der</strong> Öffentlichkeit vertreten.<br />
Wir sind für alle Verbesserungen des Systems<br />
offen. Was bleiben muss, ist, dass die Kostenträger,<br />
also vor allem die Gemeinden, landesweit<br />
gültige Normen definieren.<br />
... über mögliche künftige Vorgehensweisen.<br />
Es ist also nicht möglich, weiterhin<br />
die gleichen Leistungen um<br />
das gleiche Geld anzubieten?<br />
<strong>Die</strong> Tarife, die wir von den Kos -<br />
tenträgern erhalten, sind nicht<br />
kostendeckend, und wir müssen<br />
Spendengel<strong>der</strong> zuschießen. Ein<br />
Notarzteinsatz kostet beispielsweise<br />
etwa 480 Euro. Wir bekommen<br />
von den Kostenträgern<br />
aber nur rund 120 Euro. Der<br />
Rest muss durch Spendengel<strong>der</strong><br />
abgedeckt werden.<br />
Wir sind für alle Verbesserungen<br />
des Systems offen. Was bleiben<br />
muss ist, dass die Kostenträger,<br />
also vor allem die Gemeinden,<br />
landesweit gültige Normen definieren.<br />
Dann können wir sagen,<br />
was das – trotz Einbringung von<br />
Spendengel<strong>der</strong>n und Zeit unserer<br />
freiwilligen Mitarbeiter – kostet.<br />
Und das muss dann bezahlt<br />
werden. Daher wäre eben ein<br />
mittelfristiger Vertrag, etwa<br />
über fünf Jahre, sinnvoll. Dann<br />
könnten sowohl die Gemeinden<br />
als auch wir besser planen.<br />
Ist für die Gemeinden nachvollziehbar,<br />
ob alles, was sie aufgrund<br />
<strong>der</strong> Verträge zu bezahlen haben,<br />
auch <strong>der</strong> Bevölkerung in den Gemeinden<br />
zugute kommt, o<strong>der</strong> ob<br />
damit auch Overheadkosten gedeckt<br />
werden?<br />
Mit diesem Geld werden keine<br />
Overheadkosten gedeckt. Das<br />
Problem liegt darin, dass die<br />
Krankenkassen ihre <strong>Ausgabe</strong>n<br />
deckeln. Das war eines <strong>der</strong> Probleme,<br />
die im Burgenland zu<br />
Schwierigkeiten geführt haben.<br />
Ich habe Verständnis dafür, dass<br />
Kostenträger skeptisch sind, ob<br />
alles was sie bezahlen, ihnen<br />
auch zugute kommt. Dem kann<br />
man mit einer transparenten Kostenrechnung<br />
begegnen.<br />
In <strong>der</strong> Steiermark hatten wir das<br />
Problem, dass wir aus humanitären<br />
Gründen Einsätze gefahren<br />
sind, die nicht kostendeckend<br />
war. Daher musste dort<br />
<strong>der</strong> Rettungsschilling erhöht<br />
werden – und zwar gleich um<br />
gut 50 Prozent! Dass das einen<br />
Aufschrei <strong>der</strong> Politik zufolge<br />
hatte, ist verständlich.<br />
Wie grenzt man Rettungsdienst<br />
finanziell vom Krankentransport<br />
ab?<br />
Wenn man nicht die gesamte<br />
Vollausstattung eines Rettungswagens<br />
braucht und kein Arzt<br />
mitfährt, kommt ein Transport<br />
natürlich billiger. Wir haben nie<br />
dementiert, dass es hier eine<br />
Querfinanzierung gibt. Denn<br />
wenn Ressourcen frei sind, werden<br />
selbstverständlich auch Rettungsautos<br />
für Krankentransporte<br />
eingesetzt. Dadurch wird <strong>der</strong><br />
Fuhrpark besser ausgenutzt.<br />
Wenn man hier splitten würde,<br />
dann würden die Rettungstransporte<br />
teurer werden.<br />
Zur Person<br />
Der Vorarlberger Fredy Mayer<br />
(72) war 20 Jahre lang in <strong>der</strong><br />
Sparkasse Bludenz tätig und<br />
wechselte dann als Landesrat<br />
in die Vorarlberger Landesregierung.<br />
Seit 1999 ist er Präsident<br />
des Österreichischen Roten<br />
Kreuzes (ÖRK). Daneben<br />
ist Mayer auch Mitglied des<br />
Publikumsbeirates des ORF.