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SCHRIFTEN DES VORARLBERGER LANDESMUSEUMS

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Im Rahmen der Rekonstruktion ergeben eine<br />

Okto gonseite (ca. 20 Fuß) und die Verbindungslinien<br />

ihrer Eckpunkte mit dem Mittelpunkt des<br />

Oktogons (die Radien des dem Oktogon umbeschriebenen<br />

Kreises, ca. 26 Fuß) das bereits er -<br />

wähnte, spitzwinklige Dreieck, 143 die halbe Oktogonseite<br />

(10 Fuß), ihr Abstand vom Mittelpunkt<br />

des Oktogons (24 Fuß) und der Radius (26 Fuß)<br />

das erwähnte, pythagoräische Dreieck, im vorliegenden<br />

Fall um den Faktor 2 vergrößert.<br />

Überraschenderweise ist weiterhin das Dreieck,<br />

das im Sechzehneck aus dem Abstand der Seite<br />

zum Mittelpunkt des Oktogons, der halben Seite<br />

des Sechzehnecks, die gleich lang ist wie die des<br />

Achtecks, und dem Radius des dem Sechzehneck<br />

umbeschriebenen Kreises gebildet wird, in größter<br />

Annäherung ein pythagoräisches Dreieck mit<br />

den Seiten 10 Fuß, 50 Fuß und 51 Fuß (genau<br />

9,9396 Fuß, 50 Fuß und 50,998 Fuß).<br />

Die Dicke der Abarbeitung auf die Fluchten der<br />

schließlich ausgeführten Pfeiler errechnen sich i. Ü.<br />

an der Innenseite der Pfeiler mit 0,105 m, an der<br />

Rückseite der aufgehenden Wände mit 0,011 m,<br />

an der Pfeilerseite der Durchgänge mit 0,086 m<br />

und an den entsprechenden Außenwandpfeilern mit<br />

0,181 m.<br />

Die angenommenen, ursprünglichen Pfeilerfluchten,<br />

Abstände und Radien sind in Abb. 23 dargestellt.<br />

Die geometrische Figur des gesamten Grundrisses<br />

bildet demnach ein Achteck, an dessen Seiten<br />

sich acht Rechtecke mit der Breite einer Achteckseite<br />

und der Länge des Radius des Achtecks<br />

anschließen. Dieses Entwurfsmuster erinnert sehr<br />

an die Entwurfsmuster spätantiker Mausoleen und<br />

anderer römischer Zentralbauten, aber auch an das<br />

armenischer Kirchen. 144<br />

Die oben angenommenen Abmessungen in römischen<br />

Fuß und ihre geometrische Darstellung erscheinen<br />

so plausibel, dass man in Verbindung mit<br />

dem baulichen Befund der Abarbeitung der unteren<br />

Schichten der Pfeiler davon ausgehen kann,<br />

dass der Bau im Ganzen tatsächlich zunächst mit<br />

dem römischen Fuß bemessen worden ist. Offenkundig<br />

ist der Bau dann aber nicht in dieser Weise<br />

weitergebaut worden.<br />

Für diesen Wechsel der Bauausführung muss es<br />

triftige Gründe gegeben haben. Diese könnten<br />

mit der Forderung des Bauherrn zusammen<br />

91<br />

gehangen haben, die Kirche mit einem Steingewölbe<br />

einwölben zu lassen. 145<br />

Dazu muss kurz auf die Bauweise der Gewölbe<br />

eingegangen werden.<br />

Zuvor sollte jedoch die Verwendung des kürzeren,<br />

0,3054 m langen, armenischen Fußes bei der Festlegung<br />

der lichten Gesamthöhe des Oktogons<br />

erklärt werden. Vermutlich sollte diese, wie die Gesamtbreite<br />

des Bauwerks, 100 römische Fuß, d. h.<br />

29,62 m betragen. Durch den Wechsel der Maßart<br />

vom römischen Fuß zu dem 0,3206 m langen, armenischen<br />

Fuß konnte diese Proportion von 1 zu<br />

1 dann nicht eingehalten werden. Sie hätte etwa 1<br />

zu 1,08 betragen. Deshalb wurde für die Festlegung<br />

der Gesamthöhe des Oktogons der kürzere,<br />

armenische Fuß benutzt, wodurch eine Proportion<br />

von 1 zu 1,03 zustande kam, die der angenommenen,<br />

ursprünglichen Planung nahe kam. Die Differenzen,<br />

die sich aus der Inkompatibilität der beiden<br />

armenischen Fußmaße ergeben, wurden offenbar<br />

in den aufgehenden Wandabschnitten berücksichtigt.<br />

e) Bauweise der Gewölbe<br />

Die Bauweise der Gewölbe ist heute wegen der beschriebenen<br />

Verkleidung aller Innenflächen nicht<br />

mehr zu sehen, wohl aber auf Fotos, die unmittelbar<br />

vor Beginn der damaligen Arbeiten angefertigt<br />

wurden. Das Kuppelgewölbe des Oktogons<br />

ist bekanntlich ein achtteiliges Klostergewölbe<br />

aus Hausteinmauerwerk. Die untersten Schichten<br />

sind als Kragschichten ausgebildet, die oberen als<br />

Radialschichten. Diese Bauweise ist auch die<br />

Regelbauweise armenischer Kuppelgewölbe (s. o.<br />

I, 2.3 c, Abs. 3).<br />

143 s.o., Beispiel 6, Castel del Monte.<br />

144 KREUSCH I, S. 62 f., und NOVELLO, S. 206 f.<br />

145 Hier sei daran erinnert, dass in dieser Zeit in Deutschland keine<br />

Großbauten vorhanden oder im Bau waren, die, mit Ausnahme<br />

der Apsiden und einiger Stollenkrypten, eingewölbt waren<br />

oder eingewölbt werden sollten.

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