Abb. 20: Bregenz/Mehrerau, ehem. Benediktinerabteikirche St. Peter und Paul, Grundriss rekonstruiert. 82
Zusammenfassend ist erneut festzustellen, dass die angewendete Maßart armenisch ist. Sie ermöglicht sogar eine plausible Rekonstruktion fast des ganzen Grundrisses der Kirche. Auch die ungewöhnliche Verwendung von Rundfenstern an Stelle von Lang fenstern als einer typischen, armenischen Bauweise, weist darauf hin, dass die Mehrerauer Kirche in armenischer Bautradition errichtet wurde. Weitere Beweise für eine direkte Beteiligung armenischer Bauhandwerker beim Bau selbst können auf Grund der geringen Baubestandes aber nicht vorgelegt werden. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass das Münster in Konstanz, wo von dem dortigen Peterskloster die Gründung der Abtei ausging, zum großen Teil ebenfalls mit der genannten armenischen Maßart geplant und ausgeführt wurde. Es scheint, dass in Konstanz der Mittelpunkt der armenischen Bautradition im Bodenseeraum zu suchen ist, analog zu dem angenommenen Zentrum in Köln. Die Darstellung der dortigen Maßarten bleibt einer besonderen Untersuchung vorbehalten. 128 10. Ehemalige Pfalzkapelle Karls des Großen in Aachen 10.1 Allgemeines 129 Die zwischen ca. 785 und 810 errichtete Pfalzkapelle Karls des Großen in Aachen (Taf. 57 und 58) ist bekanntlich seit 160 Jahren Gegenstand kunstgeschichtlicher und baugeschichlicher Untersuchungen und Betrachtungen, darunter auch solcher über die dem Bau zu Grunde liegende Maßart. 130 Dabei nimmt eine Gruppe von Forschern an, dass diese der 0,2962 m lange, römisch-kapitolinische Fuß gewesen sei, weil Karl bei der Errichtung der Nova Roma in vielem auf römische Vorbilder zurückgegriffen habe, um damit zu dokumentieren, dass sein Imperiu m unmittelbar an das der römischen Kaiser anknüpfe, und dass er deswegen auch angeordnet habe, seine Kirche mit dem römischen Fuß zu bauen. 131 Die andere Hauptgruppe vertritt die Auffassung, dass die zu Grunde liegende Maßart der von Karl – angeblich – in seinem Reich eingeführte, 0,3328 m lange, karolingische Fuß gewesen sei, der ge wöhnlich mit dem vermutlich germanischen, in römischer Zeit an das römische Maßsystem angeglichenen, 0,3332 m langen, drusianischen Fuß 83 gleichgesetzt wird. 132 Beide Gruppen können indessen nur jeweils eine einzige Kategorie von 128 Auch die Daten weiterer Beispiele hat der Verfasser noch nicht aufgearbeitet. Diese sind in Niederösterreich die heutige Domkirche St. Mariä Himmelfahrt der ehemaligen Benediktinerabtei St. Pölten von ca. 1150, ferner wahrscheinlich die heutige Pfarrkirche St. Stephan von ca. 1168 und der Karner (Dreikönigskapelle) aus dem 13. (?) Jh. in Tulln sowie die heutige Pfarrkirche Mariä Geburt von ca. 1210 in Schöngarben; sodann im Rheingau die heutige Pfarrkirche St. Ägidius des ehemaligen Augustinerinnenklosters in Mittelheim aus dem 2. Viertel des 12. Jhs. sowie die heutige Pfarrkirche St. Johannes des Täufers des ehemaligen Benediktinerklosters Johannisberg vom Anfang des 12. Jhs., und in Mainz, von wo die Gründung beider Klöster ausging, der Dom. 129 Der folgende Abschnitt ist die etwas erweiterte und umgestaltete schriftliche Fassung eines Referats des Verfassers auf dem Kongress ORDO ET MENSURA VII, München 2001 (nicht veröffentlicht). 130 Bibliographie in: JANSEN, S. 394 ff.; kritische Stellungnahmen zu früheren Darstellungen: FLECKENSTEIN, S. 7 ff. und SIEBIGS, S. 95 ff. STRZYGOWSKI II stellte in seiner Kritik an der neubyzantinischen Ausgestaltung der Pfalzkapelle, wie nach seiner Grundeinstellung zu erwarten war, die Frage nach den verwendeten Maßarten nicht. 131 So auch ROTTLÄNDER III, S. 152 f. Er begründet seine These mit einer einzigen Abmessung, dem Abstand der verkleideten (!) Außenseiten der Oktogonwände zu einander mit 56 römischen Fuß, die gleich lang sind wie 32 Nippur-Ellen (16,56 m), und legt über den Grundriss ein quadratisches Raster aus 16 Quadraten mit der Seitenlänge von 16 Nippur- Ellen. Aus dieser Identifizierung mit der »Heiligen Elle« einerseits und der »vollkommensten Zahl« andererseits leitet er die besondere Heiligkeit des Bauwerks ab. Wie noch gezeigt wird, trifft aber bereits die metrologische Grundlage seiner Maßanalyse nicht zu. 132 Diese Auffassung geht auf Cornelius Peter Bock zurück, der in einem, im Archiv des Aachener Domkapitels aufbewahrten Manuskript von 1843 (?) die These aufgestellt hatte, der innere Umfang des Oktogons wäre 144 Fuß lang und entspräche der in Apok. 21.17, angegebenen Länge der Mauer des »Himmlischen Jerusalems«. Dieser These folgten die meisten Forscher, ohne zu berücksichtigen, dass diese 144 Ellen die Dicke der Mauer bezeichnen und nicht die Länge, die in Apok. 21.16 mit 12.000 Stadien angegeben wird. KREUSCH, S. 61 ff. setzte den so »ermittelten« Fuß mit dem von Karl d. Gr. angeblich eingeführten »karolingischen« Fuß gleich, und versuchte die 144 Fuß lange Strecke bei mehreren, achteckigen Zentralbauten nachzuweisen. Abgesehen davon, dass eine Einführung eines neuen Längenmaßes als Normgröße durch Karl
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1. Josef Strzygowski I. EINLEITUNG
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Eher spekulativ waren seine Vorstel
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im parthischen und dann ebenfalls i
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Abb. 2: Zusammenstellung der Steinm
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Abb. 4: Armenische Steinmetzzeichen
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deutet außerdem darauf hin, dass d
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Eine weitere Entwicklung stellte di
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anker (aus Holz) eingelegt waren, k
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scheinlich, weil Türen und Schieß
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über einem derartigen Sturz häufi
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