SCHRIFTEN DES VORARLBERGER LANDESMUSEUMS
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Westwand der Kirche ist die Schwelle des Haupteingangs<br />
erhalten.<br />
In der Veröffentlichung der Untersuchungsergebnisse<br />
von 1962 war auch eine Seitenansicht der<br />
romanischen Kirche im Zustand von 1663 abgebildet,<br />
in der der Vierungsturm und die Fenster<br />
des Obergadens des Langhauses dargestellt waren.<br />
Diese waren Rundfenster (s. o. I, 2.3 n) 124 . Diese<br />
ungewöhnliche Feststellung führte, wie schon am<br />
Beispiel des Ostturms der Zitadelle von Damas kus,<br />
dazu, die Reste der romanischen Kirche hinsichtlich<br />
der verwendeten Maßart zu untersuchen. 125<br />
Zu messen waren die Sockel und Grundplatten der<br />
östlichen Vierungspfeiler, die Ecken der seitlichen<br />
Eckpfeiler, die Basen und die Durchmesser der<br />
eingestellten Säulen der Chorwände, die Ostwand<br />
der Kirche und der Mittelteil der Westwand der<br />
Kirche mit der Türschwelle.<br />
Die Auswertung ergab, dass die Kirche ebenfalls<br />
mit dem 0,3206 m langen, armenischen Fuß, vor<br />
allem in Unzen, und dann im häufigen Wechsel<br />
beider Maßeinheiten konstruiert worden war.<br />
Nach dem alle erreichbaren Einzelmaße vorlagen,<br />
ergab sich folgendes Bild: 126<br />
Bei den östlichen Vierungspfeilern sind die Kreuzarme (Abb. 19)<br />
der unteren Platten der östlichen Vierungspfeiler 4 Fuß (1,27-1,29<br />
m) breit und 11 Unzen (0,295 m) lang, ihre ganze Länge beträgt<br />
demnach 70 Unzen (1,87 m). Die Kreuzarme der oberen Platten<br />
sind 3 Fuß (0,96-0,97 m) breit und ebenfalls 11 Unzen lang, die<br />
ganze Länge beträgt 58 Unzen (1,55 m). Die Abschrägungen der<br />
oberen Platten sind 2 Unzen (ca. 5 cm) breit und vermitteln so zu<br />
den jeweils 32 Unzen (0,86 m) breiten Seiten der Pfeilervorlagen.<br />
Auch die Seiten der Sockelplatten und der Durchmesser der beiden<br />
Säulen sind 32 Unzen lang. Der Durchmesser der Säulen<br />
betrug 20 Unzen (0,53 m).<br />
Der Abstand der gegenüberliegenden Seiten der unteren Sockelplatten<br />
der östlichen Vierungspfeiler beträgt 16 Fuß plus 2 Unzen<br />
(5,19 m). Wichtiger ist jedoch derjenige der westlichen Kreuzarme<br />
mit 18 Fuß (5,77 m ). Der Abstand der östlichen Kreuzarme<br />
ist nicht zu messen, weil diese dort durch die Erhöhung der Fundamentwände<br />
überbaut sind. Der Abstand der oberen Sockelplatten<br />
der westlichen Kreuzarme beträgt 19 Fuß (6,09 m). Der<br />
Abstand der gegenüberliegenden Pfeilerseiten betrug 2 Unzen<br />
mehr (ca. 6,20 m). Der Abstand der unteren Sockelplatte zu derjenigen<br />
in der Außenwand errechnet sich mit 9 1 /2 Fuß (3,05 m),<br />
derjenige zwischen der Pfeilerseite und der Seite der Wandvorlage,<br />
die gerade noch zu erkennen ist, mit 9 Fuß (2,88 m).<br />
81<br />
Nimmt man an, dass die Kämpferplatten über den Säulenkapitellen<br />
so groß waren wie die Sockelplatten, und dass die Ausladung<br />
gegenüber den Wänden des Obergadens – etwa analog zu anderen,<br />
romanischen Beispielen – jeweils 4 Unzen (ca. 6,7 cm) betrug, so<br />
errechnet sich die Stärke der Obergadenwände mit 2 Fuß (0,64 m),<br />
ihr Abstand voneinander mit 20 Fuß (6,41 m) und der Abstand<br />
zwischen einer Obergadenwand und einer Außenwand mit 11 Fuß<br />
(3,53 m). Die Weite der Arkaden im Chorraum beträgt jeweils 8<br />
Fuß – 4 Unzen (2,45 m), ihre Gesamtbreite zwischen Vierungspfeiler<br />
und Ostwand 19 Fuß (6,09 m).<br />
Die Vierung kann mit den vorgenannten Abmessungen<br />
ohne Schwierigkeit rekonstruiert werden,<br />
ebenso das Langhaus.<br />
Nimmt man in diesem gleich große Sockel (Länge 32 Unzen),<br />
Säulenbasen (Durchmesser 2 Fuß) und Säulendurchmesser (20<br />
Unzen) an wie im Chorraum, so betragen die Abstände der Sokkelplatten<br />
der ersten und der letzten Arkade je 8 Fuß, die der vier<br />
inneren Arkaden je 100 Unzen (2,672 m) und die Grundlinien der<br />
Arkaden je 9 Fuß (2,88 m). Die Gesamtlänge von Vierung und<br />
Langhaus zwischen der Verbindungslinie der Seiten der sich gegenüberliegenden<br />
Kreuzarme der östlichen Vierungspfeiler und<br />
der Kante der westlichen Türschwelle wurde mit 21,15 m und<br />
21,16 m, d. h. mit genau 66 Fuß gemessen (Abb. 20). 127<br />
124 In MÜNSTER I, S. 8, weist P. Kolumban Spahr darauf hin,<br />
dass derartige Rundfenster auch in anderen Kirchen des Bodenseeraums<br />
überliefert seien.<br />
125 Für die bereitwillig erteilte Genehmigung dazu und für sich<br />
anschließende, intensive Gespräche dankt der Verfasser herzlich<br />
Herrn Abt Dr. Kassian Lauterer. Er dankt sodann Herrn<br />
Architekt DI Wolfgang Purrucker, der an zwei Arbeitstagen<br />
seine Zeit für das gemeinsam durchgeführte Aufmaß opferte.<br />
126 Die Interpretation der Abmessungen durch W. Metzler und E.<br />
Vonbank, die davon ausgegangen waren, dass die verwendete<br />
Maßart ein 0,33 m langer Fuß gewesen sei, und dass dieser aus<br />
den Diagonalen des Vierungsquadrats ermittelt werden kann,<br />
(MÜNSTER II, S. 16) wird hier berichtigt. Allein die Zugrundelegung<br />
der Diagonale einer rechteckigen Fläche als Maßgrundlage<br />
muss schon deshalb ausscheiden, weil sie in Bezug<br />
auf das orthogonale System von Wand- und Pfeilerfluchten<br />
eine irrationale Zahl enthält (√2), die nicht in glatten Werten<br />
irgendeiner Maßart ausgedrückt und in der Praxis nicht dargestellt<br />
werden kann. Wenn sie dagegen ganze, natürliche Zahlen<br />
enthalten würde, müssten die Seiten der Rechtecke, die ja<br />
tatsächlich abgesteckt wurden, die irrationale Zahl √2 enthalten,<br />
was sich in der Praxis ebenfalls nicht darstellen lässt.<br />
127 Die von E. Vonbank, MÜNSTER II, S. 13, angegebenen<br />
Abmessungen konnten nicht verglichen werden, da in seinem<br />
Bericht die entsprechenden Messpunkte nicht angegeben worden<br />
sind.