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SCHRIFTEN DES VORARLBERGER LANDESMUSEUMS

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Die Kirche wurde kürzlich von Rolf Rottländer<br />

im Rahmen einer Untersuchung romanischer Kirchen<br />

in Köln untersucht. 118 Er wollte mit Hilfe der<br />

verwendeten Maßart klären, ob und gegebenenfalls<br />

inwieweit die Kirche aus einem römischen<br />

Bauwerk hervorgegangen sei, und ob von diesem<br />

und vor allem von der angenommenen römischen<br />

Maßart wesentliche Dispositionen für den Grundriss<br />

ausgegangen wären. Er stellte zunächst fest,<br />

dass dies nicht der Fall war, entwickelte dann aber<br />

weitergehende Vorstellungen, die in der Anmerkung<br />

119 kurz erörtert werden.<br />

Zur Überprüfung seiner Angaben hat der Verfasser<br />

ein neues, nahezu vollständiges Aufmaß erstellt.<br />

Dies hat zunächst die von R. Rottländer festgestellten,<br />

auffälligen Abweichungen von vermutlich<br />

gleichlang intendierten Sollmaßen bestätigt, dann<br />

aber gezeigt, dass Rottländers postulierte Maßarten<br />

und schließlich seine umfangreichen Schlüsse<br />

daraus nicht zutreffen. 119 Da einige Meßergebnisse<br />

des Verfassers aber Grenzwerte bestimmter Mittelwerte<br />

zu sein schienen und im Einzelnen auch als<br />

konk re te Maße vorkommen, ergab die Analyse,<br />

dass der Gründungsbau des 11. Jhs. mit dem<br />

0,3054 m langen, armenischen Fuß und die Einwölbung<br />

des 12. Jhs. mit dem 0,3206 m langen,<br />

armenischen Fuß ausgeführt worden sind. Im<br />

Westbau wurde als weitere Maßart der 0,3332 m<br />

lange, drusianische Fuß festgestellt, der häufig auch<br />

als der »karolingische« Fuß bezeichnet wird. Der<br />

Westchor wird hier nicht weiter behandelt.<br />

Das Mittelschiff des annonischen Baus ist demnach zwischen den<br />

Sockelplatten der Säulen 25 Fuß breit (i. M. 7,635 m), die Sockelplatten<br />

sind im Quadrat 2 1 /2 Fuß groß (i. M. und mehrfach genau<br />

0,765 m), die Seitenschiffe sind ohne die zu der späteren Einwölbung<br />

gehörenden Wandsockel 12 Fuß breit (i. M. und mehrfach<br />

genau 3,665 m). Der Soll- und Mittelwert der inneren Breite<br />

beträgt demnach 54 Fuß (16,493 m). 120 Die Interkolumnien zwischen<br />

den Sockelplatten sind etwas mehr als 8 Fuß weit (i. M. 8,10<br />

Fuß, 2,473 m). Die Länge des Mittelschiffs beträgt zwischen Triumphbogen<br />

und Westwand 53 Fuß (16,16 m). Die Vierung ist<br />

geringfügig weniger als 25 Fuß (gemessen 24,38 Fuß) breit und<br />

etwas mehr als 25 Fuß (gemessen 25,28 Fuß) lang. Das Chorquadrat<br />

ist zwischen den Rundbogenfriesen im oberen Teil der Seitenwände<br />

23 Fuß (7,03 m) breit und 25 Fuß (7,63 m) lang. Die<br />

Querschnitts arme wurden nicht gemessen, da sie 1877 rekonstruiert<br />

worden sind. Auch die Mauerstärke der Außenwände des<br />

Langhauses wurde nicht gemessen, da diese nach der Kriegszerstörung<br />

weitgehend neu erstellt worden sind. Sie soll nach Rottländer<br />

i. M. 0,991 m = 40 Unzen (1,018 m) betragen. Intendiert war<br />

möglicherweise 0,915 m = 3 Fuß.<br />

77<br />

Die Abfolge der intendierten Quermaße des Langhauses dürfte<br />

demnach: 3 Fuß bzw. 40 Unzen > 12 Fuß > 2 1 /2 Fuß = 30 Unzen<br />

> 25 Fuß = 300 Unzen > 2 1 /2 Fuß = 30 Unzen > 12 Fuß > 3 Fuß<br />

bzw. 40 Unzen = 60 Fuß (18,32 m) bzw. 60 Fuß plus 8 Unzen<br />

(18,52 m) betragen haben, gegenüber Rottländers Ermittlung von<br />

18,41 m.<br />

Die frühstaufischen Zwischenpfeiler fügen sich in die beschriebene<br />

Maßstruktur ein. Ihre Seiten sind der älteren Maßart angepasst<br />

und sind 2 1 /2 Fuß (0,75 m) und 3 Fuß (0,92 m) lang. Alle anderen<br />

Abmessungen sind aber eindeutig mit dem 0,3206 m langen<br />

Fuß zu messen. Die Seiten der Sockelplatten der neuen Zwischenpfeiler<br />

sind 5 Fuß (1,61 m), ca. 52 Unzen (4 3 /4 Fuß, i. M. 1,43 m),<br />

45 Unzen (3 3 /4 Fuß, 1,20 m) und 40 Unzen (1,08 m) lang. Die<br />

Innenseiten der verstärkten, östlichen Vierungspfeiler sind 50<br />

Unzen (1,35 m) lang. Die halbrunde Apsis ist 250 Unzen (6,68 m)<br />

breit, ihre zum Chorquadrat hin verlängerten Seiten sind 70 Unzen<br />

(1,86 m) lang. Die letzten Beobachtungen belegen demnach,<br />

dass die Einwölbung des Chorquadrats und die Anfügung der<br />

halbrunden Apsis Bestandteile des frühstaufischen Umbaus sein<br />

müssen.<br />

Bereits die offenkundige Verwendung der beiden<br />

Fußmaße lässt auf die Tätigkeit armenischer Bauhandwerker<br />

beim Bau der Kirche schließen. Überraschend<br />

ist, dass dies für einen Zeitraum von<br />

mindestens 90 Jahren zutrifft, was auf eine inzwischen<br />

in Köln etablierte Bautradition oder sogar<br />

auf eine inzwischen ansässig gewordene Steinmetz-Bruderschaft<br />

schließen lässt. Ein Schlaglicht<br />

auf diese Präsenz armenischer Gruppen in Köln<br />

wirft ein Ereignis von 1143 oder 1146, auf das im<br />

Schlusskapitel noch eingegangen wird.<br />

118 s. Anm. 116.<br />

119 Da ROTTLÄNDER II nicht zuvor den baulichen Befund analysiert,<br />

unterscheidet er nicht zwischen der 1. und der 2. Bauphase,<br />

sondern fasst die gemessenen oder aus der Literatur<br />

übernommenen oder aus Plänen abgegriffenen (!) Einzelmaße<br />

zusammen und errechnet mit Hilfe seines bekannten Rechnerprogramms<br />

aus diesem Mischwert 2 verschiedene Fußmaße:<br />

Für die Nordsüd-Strecken einen 0,288 m langen Fuß (»Baumaß«,<br />

Code A3) und für die Ostwest-Strecken und das Chorquadrat<br />

eine von ihm postulierte, 0,4147 m lange kleine Elle<br />

der »Nippur-Elle« (Code A1). Diese Annahme ist bereits aus<br />

der Praxis der Ausführung unrealistisch, dann aber vor allem<br />

auf Grund der Analyse der Bauphasen. Auf seine Folgerungen<br />

braucht nicht eingegangen werden.<br />

120 In KUNSTDENKMÄLER, S. 339, mit 16,47 m angegeben.

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