4. Abbilder von Bauzeichnungen von Bauteilen (2 Zeichen), darstellend einen Steinverband und eine Säulen basis, 5. Abbilder von Pflanzen und Tieren (5 Zeichen), darstellend einen Falken, einen Reiher (?) 113 und Blätter, 6. Abbilder von Bauteilen (1 Zeichen), darstellend die Radien eines spitzbogigen Ge wölbes über dessen Grundlinie, 7. Armenische Buchstaben (12 Zeichen), 8. Lateinische Buchstaben (49). 9. Geometrische Zeichen (108 Zeichen), darstellend die Figuren der Definitionen und Propositionen aus dem 1. Buch der Elemente des Euklid (vergl. Abb. 2 und 3), 10. Zeichen kryptographer Schriftarten (19 Zeichen), 11. Gotische Zeichen (8 Zeichen), 12. Unbekannte Zeichen (16 Zeichen). Die meisten Zeichen der 1. Gruppe, sowie die Zeichen der 7., 9. und 10. Gruppe können mit Sicherheit armenischen Steinmetzen zugeordnet werden. Das kryptographe Zeichen, das wie ein Doppelbogen mit nach unten verlängerter Mittellinie aussieht (Nr. 59 und 67), ist ein noch deutlicherer Beleg dafür. Es hat eine Parallele in einem Steinmetzzeichen auf einem Kapitell im staufischen Kastel von Bari (um 1240), wo es in einer Steinmetzinschrift im Namen des armenischen Steinmetzen MELIS an Stelle des lateinischen Buchstabens M verwendet ist (Taf. 51). 114 Ein weiteres kryptographes Zeichen, das wie ein um 90° gedrehter, kursiv geschriebener lateinischer Buchstabe M aussieht, wird noch einmal erwähnt. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die zahlreichen Zeichen, die armenische Symbole und Buchstaben darstellen, dann vor allem die Fülle von geometrischen Zeichen, die nach wie vor den Elementen des Euklid, und die Fülle der Zeichen, die kryptographen Schriftarten entnommen sind, erneut belegen, dass im Laufe der langen Bauzeit immer wieder zahlreiche armenische Steinmetzen arbeiteten, von denen die meisten den klassischen, armenischen Bruderschaften entstammten. 115 Diese Hauptgruppe hebt sich deutlich von den gegenständlichen Zeichen ab, die als die Zeichen einheimischer Steinmetzen angesehen werden 72 müssen. Ungeachtet der geringeren Zahl dieser Zeichen dürfte die tatsächliche Zahl der Steinmetzen größer gewesen sein. Die Vielfalt der Zeichen spiegelt dabei in ähnlicher Weise wie in den Kreuzfahrerstaaten das gleichzeitige Wirken ein- 113 In 70 Exemplaren! 114 MILIS ist die latinisierte Form des armenischen Namens Mleh; s. dazu III, Die Träger der Entwicklung. 115 An dieser Stelle muss einem Einwand vorgebeugt werden, der vermutlich bei allen europäischen Beispielen, in denen die »euklidischen« Zeichen systematisch verwendet wurden, vorgebracht werden könnte: Der Einwand, dass diese Zeichen zusammen mit dem Lehrbuch des Euklid über die Elemente entweder aus griechisch geschriebenen Werken oder aus lateinischen Übersetzungen, vor allem des Boethius, auch in Europa bestens bekannt gewesen wären, und dass die Zeichen deshalb auch von europäischen Steinmetzen stammen müssten. Der Nachweis dafür ist aber nicht zu führen. Für die Kenntnis der griechischen Urfassung der Elemente im Mittelalter in Europa scheint es bis jetzt überhaupt keine Belege zu geben. Aber auch die Kenntnis der lateinischen Übersetzung der Elemente durch Boethius dürfte gering gewesen sein, im Gegensatz zu der seiner anderen Werke. Während sein bekanntestes Werk de consolatione philosophiae in den Bibliotheks-Verzeichnissen mittelalterlicher Klöster etwa 400 mal aufgeführt wird, sind heute nur 18 Klöster bekannt, die den Text von Boethius’ Geometria II, die seinen vollständigsten Text enthielt, oder Teile davon besaßen. Abgesehen davon, dass Boethius nur die Bücher 1-4 der Elemente übersetzt hat, hat er von diesen auch nur die Definitionen, Axiome und Propositionen übersetzt, dagegen nicht die Beweise. Dadurch war dieses Buch von vornherein als mathematisches Lehrbuch nicht geeignet. Außerdem sind diese Texte teilweise fragmentarisch und stellenweise korrupt überliefert. Für die geringe Akzeptanz kommt hinzu, dass die Kopisten von der jeweiligen Vorlage immer auch deren Fehler übernahmen, was zeigt, dass sie den mathematischen Text offenbar nicht verstanden. In den überlieferten Texten finden sich auch keine Marginalien von fremder Hand, die auf einen mathematisch kundigen Bearbeiter hinweisen. Ein Musterbeispiel für einen derartigen, unkritisch weitergegebenen Text bildet die in Erlangen aufbewahrte, vollständige Fassung der Geometria II aus dem 12. Jh. Erst nach dem Vorliegen der Übersetzung der Elemente aus dem Arabischen in das Lateinische durch Adelard von Bath um 1120 und etwas später durch Hermann von Kärnten und Gerard von Cremona war es möglich, auch den überlieferten lateinischen Text des Boethius zu rekonstruieren. Ein Beispiel dafür bildet die um 1200 entstandene, sich in Lüneburg befindliche Fassung (s. Anm. 28). (Zu den vorstehenden Bemerkungen FOLKERTS, dem sie in aller Kürze entnommen sind.) Unter diesen Umständen ist es auszuschließen, dass deutsche oder andere europäische Steinmetzen bis zur Mitte des 13. Jhs. und noch darüber hinaus in einem derartigen Umfang Kenntnis von den Figuren der Elemente besaßen, dass sie im Stande waren, sie als einheitliches Kennzeichen ihrer beruflichen Zusammengehörigkeit zu verwenden.
Taf. 51: Castel Bari, Innere Eingangshalle, Adlerkapitell mit Inschrift „MILIS“. – Foto: Hanisch. Taf. 52: ehem. Stiftskirche St. Georg, Krypta, Bauinschrift auf einem Kapitell. – Foto: Hanisch, Ruth. 73
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im parthischen und dann ebenfalls i
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deutet außerdem darauf hin, dass d
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Eine weitere Entwicklung stellte di
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