SCHRIFTEN DES VORARLBERGER LANDESMUSEUMS
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Grundriss bis zur Höhe des Sockels gediehen war,<br />
die Bauhandwerker. 96 Der Grund könnte darin<br />
bestanden haben, dass ihm für die Einwölbung der<br />
Säle keine anderen Fachleute zur Verfügung standen<br />
als die bereits an anderen Orten bewährten,<br />
armenischen Gewölbebauer. Es ist sogar denkbar,<br />
dass diese den vorgegebenen, arabischen Grundriss<br />
der Säle auch verändert haben, und zwar so, dass er<br />
mit einer bewährten Gewölbekonstruktion zuverlässig<br />
eingewölbt werden konnte. 97 Diese und<br />
etwaige andere Vermutungen über eine andere<br />
Aufteilung der Säle im arabischen Entwurf müssen<br />
jedoch Spekulation bleiben.<br />
Steinmetzzeichen hat W. Schirmer offenbar nicht<br />
gefunden. Entweder waren solche nie vorhanden,<br />
vielleicht, weil dies an einem so persönlichen Bauwerk<br />
des Kaisers nicht zugelassen worden war,<br />
oder sie sind im Laufe der Zeit bei den häufigen<br />
Reparaturen der Außenseiten verloren gegangen.<br />
Für die Interpretation der am Bau Beteiligten<br />
müssen daher andere Argumente herbeigezogen<br />
werden.<br />
Über diese Beteiligten liegen bekanntlich keine<br />
Quellen vor. Dies gilt zunächst für den entwerfenden<br />
Baumeister. Nimmt man als Entwurfsverfasser<br />
einen Araber an, ist die Frage nach seiner Herkunft<br />
erlaubt. Die Anwendung der Schwarzen Elle<br />
schließt dabei einen der z. T. namentlich bekannten,<br />
ägyptischen und syrischen Berater (Hofphilosophen)<br />
Kaiser Friedrichs aus, da in ihren Herkunftsländern<br />
seit .Sal - ah ad-D - ın bei Staatsbauten<br />
die Schwarze Elle durch die ägyptische Bauelle<br />
ersetzt worden war. 98 Nordafrika, insbesondere das<br />
Emirat von Tunis, zu dem der Kaiser engere Beziehungen<br />
unterhielt, und wo die Schwarze Elle<br />
weiterhin in Gebrauch war, kommt als Herkunft<br />
des Baumeisters vermutlich ebenfalls nicht in Frage,<br />
weil es dort nach heutigem Wissen keine achteckigen<br />
Bauten gab, deren Kenntnis eine Voraussetzung<br />
für die souveräne Anwendung dieser Bauform<br />
im Castel del Monte gewesen sein dürfte.<br />
Dagegen treffen beide Voraussetzungen für die<br />
Qualifikation des Baumeisters zusammen, wenn<br />
man annimmt, dass er aus Andalusien stammte.<br />
Hier war die Schwarze Elle unter der Bezeichnung<br />
a - d- - dir - a’ ar-raˇsˇs - aˇs - ıa ebenfalls noch in Gebrauch,<br />
und hier gab es zahlreiche, achteckige Türme<br />
gleicher Größe und Funktion an vorspringenden<br />
Ecken von Stadtmauern und Festungsmauern.<br />
Vielfach waren diese auch vor die Mauer vorgeschoben<br />
und mit dieser durch eine Zungenmauer<br />
65<br />
verbunden (torres albaranas). Der bekannteste dieser<br />
Türme ist, wenn auch zwölfseitig, wiederum<br />
die Torre del Oro in Sevilla. Es ist denkbar, dass der<br />
arabische Entwurfsverfasser infolge der Vertreibung<br />
der arabischen Oberschicht im Zuge der<br />
reconquista Ferdinands III., des Heiligen, seit 1235<br />
das Land verlassen hatte und nach Süditalien<br />
gekommen war. 99<br />
Die Tätigkeit armenischer Bauhandwerker kann<br />
für Castel del Monte zwar namentlich ebenfalls<br />
nicht belegt werden, ist aber in Süditalien im Allgemeinen<br />
seit längerem bezeugt. Die damit zusammenhängenden<br />
Fragen sollen in dem Schlusskapitel<br />
zusammenfassend angesprochen werden.<br />
7. Ehemalige Zisterzienserabtei-Kirche St.<br />
Maria, St. Johannes Ev. und St. Nikolaus in<br />
Ebrach bei Bamberg<br />
Die jetzige Kirche der ehemaligen Zisterzienserabtei<br />
Ebrach 100 wurde 1200 begonnen und 1285<br />
geweiht. Sie ist eine kreuzförmige, kreuzgewölbte<br />
96 Es ist denkbar, dass sich ein – der einzige bisher bekannte –<br />
Erlass Kaiser Friedrichs II. auf diesen Neuanfang bezieht (LEI-<br />
STIKOW, aber ohne diese Interpretation): Die schriftliche Anweisung<br />
vom 29. Januar 1240 an den Justitiar der Capitanata,<br />
also eines an sich nicht zuständigen Beamten aus dem Nachbardistrikt,<br />
die »Beschaffung« (actractus), von Kalk und Steinen<br />
(»in« (?) calce … et lapidibus) zum Bau des geplanten (d.h. vielleicht<br />
schon abgesteckten) castrums zu veranlassen.<br />
97 Im Gegensatz zu der eher altertümlichen Gewölbekonstruktion<br />
bestand in den bereits angesprochenen, arabischen Bauten<br />
Andalusiens die technisch und statisch hochentwickelte Ausgestaltung<br />
derartiger umlaufender Gewölbe aus einer Abfolge<br />
von abwechselnd quadratischen und dreieckigen Kreuzgewölben.<br />
Die technischen Gründe dafür können hier nicht besprochen<br />
werden.<br />
98 s.o., I, 2.1, Abs. 5, und Anm. 26.<br />
99 Es ist nach Auffassung des Verfassers nicht anzunehmen, dass<br />
die Vorbilder des Entwurfs im isl - amischen Nordafrika oder im<br />
Orient zu suchen seien (D. Sack in SCHIRMER, S. 74 ff.). Das<br />
unmittelbare Vorbild für die Zentralanlage mit engem Innenhof<br />
des Castel del Monte dürfte das nur wenig ältere Kastell<br />
Lucera nördlich von Foggia gebildet haben, dessen Hof in den<br />
beiden unteren Geschossen zwar quadratisch war, im obersten<br />
aber in ein Achteck überführt worden war (Abbildung der bekannten<br />
Skizzen von Jean L. Desprez, 1778, in: HAHN, S. 38).<br />
100 Beschreibung in WIEMER I und DEHIO I, S. 236 ff.