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SCHRIFTEN DES VORARLBERGER LANDESMUSEUMS

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a) Ostturm<br />

Der elfseitige Ostturm wurde offenbar unter Verwendung<br />

eines älteren, rechteckigen Turmes errichtet,<br />

der damit seinen Kern bildete. Erhalten<br />

sind das verschüttete Erdgeschoss und vom 1.<br />

Obergeschoss ein kurzes Stück der Außenmauer<br />

sowie im Turmkern ein Zwischentor, das aus dem<br />

Inneren der Zitadelle in die Verteidigungszone des<br />

Turms und der anschließenden Nordostkurtine<br />

führte (Abb. 9, Taf. 34). An den Turm schließen<br />

sich im Nordosten und Südwesten in der zweiten<br />

Linie mehrere, hintereinander angeordnete Räume<br />

an, die vermutlich Mannschaftsräume waren. 71<br />

Die erkennbaren Gewölbe des Turms und der<br />

anstoßenden Kurtinengalerien und Räume in der<br />

zweiten Linie vertreten den armenischen Typ der<br />

zweiteiligen Tonnengewölbe, deren unterer Teil<br />

aus dem gleichen Werksteinmauerwerk wie die<br />

Wände und der obere aus Hausteinmauerwerk<br />

oder in Ringschichten gemauertem Ziegelmauerwerk<br />

bestanden (s. o., I, 2.3 b, Abs.2). Die Ritzzeichnung<br />

eines armenischen Kreuzes und des<br />

armenischen Buchstabens k. ’ - e (= Christus) auf<br />

einem Torgewände weist ebenfalls auf eine armeni -<br />

sche Tätigkeit hin. Steinmetzzeichen sind nicht<br />

vor handen. Das Erdgeschoss ist mit der aiy - ubidischen<br />

Bauelle angelegt worden, das Innere des<br />

1. Obergeschosses dagegen mit dem 0,3206 m<br />

langen, armenischen Fuß.<br />

Die Außenseiten des Turms sind, entsprechend dem Verhältnis von<br />

Seite zu Radius im regelmäßigen Elfeck von 40 zu 71, 80 Handbreiten<br />

(i. M. ca. 7,68 m) lang. Der Tordurchgang im 1. Obergeschoss<br />

ist 60 Unzen (= 5 Fuß; 1,61 m), seine äußere Tornische 76<br />

Unzen (2,04 m) und seine innere 100 Unzen (2,67 m) breit.<br />

b) Südturm<br />

Der an der Stelle des elfseitigen Südturms anzunehmende,<br />

ältere Eckturm ist offenbar vor der<br />

Errichtung des heutigen Turms abgebrochen worden.<br />

Von diesem sind der elfseitige Kernbau mit<br />

zwei Geschossen und vom Umgang und den<br />

Außenwänden die Fundamentplatte erhalten,<br />

außerdem die Erdgeschosse der im Nordosten und<br />

Südwesten anstoßenden Kurtinengalerien und<br />

Räume in der zweiten und dritten Linie (Abb. 10,<br />

Taf. 35). Die beiden Geschosse des Kernbaus sind<br />

mit elfteiligen Klostergewölben aus Hausteinmauerwerk<br />

eingewölbt, die oben in eine Rundkuppel<br />

übergehen (s. o., I, 2.3 b, Abs. 1).<br />

46<br />

Die Gewölbe der Umgänge sind nicht erhalten.<br />

Nach den Ansätzen am Turmkern zu schließen,<br />

waren sie zweiteilig. Die Gewölbe der Kurtinengalerien<br />

vertreten die armenischen Typen des einteiligen<br />

Tonnengewölbes aus Werksteinmauerwerk<br />

oder Hausteinmauerwerk, jeweils mit elliptisch<br />

einschneidenden Seitennischen für die<br />

Schießscharten und Durchgänge in der beschriebenen<br />

Form (s. o., I, 2.3 g, Taf. 13). Ein besonderes<br />

Merkmal der Hausteingewölbe sind dabei in<br />

der Gewölbefläche bündig angeordnete, seitlich<br />

verzahnte Gurtbögen (Taf. 36). Der Turm scheint<br />

ganz in armenischen Fuß angelegt worden zu sein.<br />

Die Innenseiten des Kernbaus sind – bis auf eine überlange Seite<br />

– jeweils 100 Unzen (ca. 2,67 m) lang, die Abstände der konzent -<br />

risch angeordneten Elfecke der Innen- und Außenfluchten der<br />

Mauern betragen von innen nach außen 15 Fuß minus 10 Unzen<br />

(4,54 m), 5 Fuß plus 5 Unzen (1,73-1,74 m), 10 Fuß plus 5 Unzen<br />

(ca. 3,34 m) und 15 Fuß (ca. 4,80 m). Die Summe der Abstände<br />

beträgt 45 Fuß.<br />

Das beim Ostturm zu beobachtende Prinzip des<br />

Verhältnisses von Seite zu Radius von 40 : 71 ist<br />

beim Südturm nicht angewendet worden, vielleicht<br />

weil es nicht der armenischen Bautradition<br />

entsprach.<br />

Steinmetzzeichen wurden nicht gefunden.<br />

22 : 7 als Verhältnis von Kreisumfang zum Durchmesser – sich<br />

eine Seite zum Radius des umbeschriebenen Kreises verhält wie<br />

9 : 16 oder genauer wie 40 : 71. Vorbilder für diese Türme, vor<br />

allem in der vorliegenden, monumentalen Form, gibt es weder<br />

im isl - amischen noch in einem anderen Kulturbereich. Dies<br />

gilt mit der Einschränkung, dass im Inneren der Zitadelle<br />

von .Harr - an von der Höhe der Untergeschossebene des Palastes<br />

an ein Teil der Außenwände eines kleinen, elfseitigen, mindestens<br />

dreigeschossigen Turms, vermutlich aus früh isl - amischer<br />

Zeit, erhalten ist, der durch eine Verstärkungsmauer in den<br />

Palast-Komplex einbezogen worden ist. Dieser Turm könnte<br />

Bestandteil des antiken Mondtempels gewesen sein, der erst<br />

1033 geschlossen und zerstört wurde. Die Form dieses Turmes<br />

dürfte die Form der großen aiy - ubidischen Ecktürme bestimmt<br />

haben; s. HANISCH VII, S. 67, S. 76 ff., HANISCH IX und<br />

HANISCH X.<br />

71 HANISCH VII, S. 72 f., S. 74 ff., HANISCH IX und<br />

HANISCH X.

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