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SCHRIFTEN DES VORARLBERGER LANDESMUSEUMS

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Bänder miteinander verflochten. Daneben gab es<br />

auch solche, bei denen die Bandstreifen gerade und<br />

dann kantig verflochten waren, so dass diese Bänder<br />

wie geschmiedete Ketten aussahen (Taf. 19).<br />

p) An den Außenwänden eingefügte Skulpturen.<br />

Zahlreiche Kirchen waren außen mit erhaben gearbeiteten<br />

Skulpturen geschmückt. Dargestellt wurden<br />

Christus und Maria, Engel, Stifter sowie Kreuze,<br />

aber auch Tiere aller Art. Meistens sind sie<br />

symmetrisch angeordnet und stehen damit in Beziehung<br />

zueinander. Besonders auffällig sind sie, wenn<br />

sie als Einzelfiguren angebracht sind, wodurch sie<br />

isoliert, aber zugleich besonders hervorgehoben<br />

wirken. Die Einzelformen sind im Umriss meistens<br />

archaisch einfach und durch Linien wenig<br />

durchgezeichnet, treten aber kräftig vor die Wand -<br />

fläche vor und wirken trotz ihrer geringen Größe<br />

monumental (Taf. 23). Beispiele ausgesprochen<br />

byzan tinischer Prägung bilden eine Ausnahme<br />

(Taf. 24).<br />

*<br />

Armenische Grundrissformen werden hier nicht<br />

besprochen, weil sie in den lateinischen Westen<br />

nur selten transferiert wurden und weil der römischkatholische<br />

Ritus meistens die längsorientierte<br />

Grundrissform erforderte. Wo in Europa in Einzelfällen<br />

kreuzförmige oder mit seitlichen Strebenischen<br />

ausgestattete Zentralbauten errichtet wurden,<br />

kann man als Raumfunktion jedoch meistens den<br />

Ritus einer Ostkirche, entweder den griechischorthodoxen<br />

oder auch den armenischen Ritus an -<br />

nehmen. Dies zu klären, bleibt anderen Untersuchungen<br />

vorbehalten.<br />

Die für die romanische Baukunst in Europa typische<br />

Ausstattung vieler Kirchen mit einem Westwerk<br />

oder einem Westturm oder mit einem oder<br />

mehreren Turmpaaren ist im armenischen Kirchenbau<br />

nicht vorgezeichnet. Glockentürme wurden<br />

hier, anders als in Syrien, offenbar erst seit<br />

dem 12. Jh. und dann auch meist in Verbindung<br />

mit einer westlichen Vorhalle und in niedriger<br />

Höhe errichtet. 43<br />

34<br />

II.<br />

BEISPIELE<br />

Es folgen nun Beispiele in Form kurzer Beschreibungen<br />

einzelner Bauten. Sie wurden ausgewählt,<br />

weil sie ein oder mehrere Merkmale der im ersten<br />

Kapitel beschriebenen Bauweisen aufweisen, und<br />

somit für das armenische Bauwesen charakteris tisch<br />

sind, und weil sie außerdem mit einer armenischen<br />

Maßart geplant und ausgeführt wurden. Die baulichen<br />

Merkmale werden jeweils mit den vorgenannten<br />

Bauweisen verglichen. In Einzelfällen werden<br />

auch Steinmetzzeichen zur Ergänzung dieses<br />

Nachweises analysiert. Der Weg der Analyse und die<br />

dabei gewonnenen Erkenntnisse sollen zunächst an<br />

zwei Bauten erläutert werden, die durch Inschriften<br />

als Werke armenischer Auftraggeber gesichert sind.<br />

1. Barba’ron, 44 Schlosskirche und Osthalle des<br />

Palastes<br />

Der Burgplatz von Barba’ron war wahrscheinlich seit<br />

Mitte des 12. Jhs. im Besitz der Hethumiden. 45 Die<br />

schlossartige Burg liegt auf dem Plateau eines isoliert<br />

stehenden, tafelbergförmigen, an allen Seiten senkrecht<br />

abfallenden Berges in den östlichen Vorbergen<br />

des Taurus (Taf. 25). Sie nimmt dort die Nordwest-<br />

Ecke mit freier Aussicht auf die umliegenden Täler<br />

ein. Weitgehend erhalten sind der zweigeschossige<br />

Palast mit reichem Baudekor im Inneren und in<br />

Resten eine zweigeschossige Halle an seiner Ostseite<br />

sowie die Ostseite der Schlosskirche (Taf. 26).<br />

Die ehemals dreischiffige Schlosskirche (Abb. 5)<br />

wurde nach einer heute verlorenen Bauinschrift 46<br />

43 Eine Ausnahme bildet der freistehende, achteckige Glockenturm<br />

der ehemaligen armenischen Kathedrale von Edessa,<br />

türk. ¸Sanlıurfa, an deren Stelle heute die Große Moschee steht.<br />

44 Türk. Çandır Kalesı, Prov. Mersin; Beschreibung bei HELLEN-<br />

KEMPER I, S. 238; EDWARDS II, S. 102 ff.<br />

45 Armenisches Fürstengeschlecht in Kleinarmenien, das bis zur<br />

Er hebung Hethums I. 1226 zum König des Königreichs S - ı sian<br />

(Kleinarmenien) in Konkurrenz zu dem regierenden Geschlecht<br />

der Rubeniden (s.u.) gestanden hatte.<br />

46 GOTTWALD, S. 95 f.

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