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SCHRIFTEN DES VORARLBERGER LANDESMUSEUMS

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über einem derartigen Sturz häufig ein rundbogiger<br />

Entlastungsbogen angeordnet. Dies zeigt, dass<br />

der Rundbogen die einzige technische Form war,<br />

mit der man größere, vertikale Lasten über Öffnungen<br />

unbedenklich auf die Auflager und die<br />

Fundamente umleiten konnte.<br />

l) Rundfenster.<br />

In Armenien und Georgien wurden Rundfenster,<br />

vor allem in der Frühzeit, als Lichtquellen ge -<br />

wählt, wenn der Lichtbedarf klein war oder wenn<br />

er durch die Aneinanderreihung mehrerer Rundfenster<br />

gedeckt werden konnte. In der Regel wurde<br />

die in sich schon dekorative Rundform durch<br />

trichterförmige und meistens auch stufenförmige<br />

Ausbildung der Gewände und durch eine Umrahmung<br />

mit Schmuckbändern gesteigert (Taf. 16).<br />

m) Kapitelle.<br />

Die Formen armenischer Kapitelle waren zahlreich<br />

und meistens auch ungewöhnlich. Häufig<br />

wurden freie Einzelformen zu komplizierten Kompositkapitellen<br />

zusammengesetzt, deren tektonische<br />

Funktion nicht immer deutlich wird. Antikisierende<br />

Blatt- oder Volutenkapitelle waren selten.<br />

Eine ältere, dekorative, wahrscheinlich semantische<br />

Form stellen die Adlerkapitelle dar (Taf. 17).<br />

Eine eindeutig funktionelle Form hat jedoch das<br />

Würfelkapitell, das meistens in Verbindung mit<br />

in Blendnischen eingestellten Säulen verwendet<br />

wurde. Es stellt auf geometrisch einfache Weise<br />

den Übergang zwischen dem kreisrunden Säulenquerschnitt<br />

und dem rechteckigen Kämpfer oder<br />

einem ähnlichen Bauglied dar (Taf. 18). Dies wird<br />

auch daran deutlich, dass es nicht nur als Einzelkapitell<br />

verwendet wurde, sondern auf einem einzigen<br />

Stein auch paarweise oder zu dritt nebeneinander.<br />

Die geometrische Form des Würfelkapitells scheint<br />

einem allgemeinen Wesensmerkmal armenischer<br />

Bauweise zu entsprechen, die immer auf klare,<br />

geradezu prismatisch einfache Körper ausgerichtet<br />

war und ihre deutlichste Ausprägung in der prismatischen<br />

Gestalt der Bauten selbst gefunden hat.<br />

n) Säulenbasen.<br />

Säulenbasen wurden häufig ebenso fantasiereich<br />

wie heterogen gestaltet wie viele Kapitelle. Neben<br />

Basen, die wie entsprechende Kapitelle Kompositbasen<br />

waren, deren tektonische Funktion wie dort<br />

29<br />

nicht immer erkennbar ist (Taf. 19), wurden funktionell<br />

verständliche Basen in Form mehrerer,<br />

übereinander angeordneter Schichten und Rundwulste<br />

verwendet. Die klassische, attische Basis<br />

scheint jedoch selten gewesen zu sein. Häufig<br />

waren Basen, deren hauptsächlicher oder einziger,<br />

unterer Rundwulst etwas nach unten gedrückt ist<br />

(Taf. 20). Eine Besonderheit bildeten bei wulstund<br />

polsterförmigen Basen zungenförmige Eck -<br />

zieren, die in den Diagonalen eine Verbindung zu<br />

den Ecken der quadratischen Plinthe herstellten<br />

(Taf. 19).<br />

Bei Säulen mit Würfelkapitellen entspricht dem<br />

Würfelkapitell häufig auch die umgekehrte Form<br />

einer würfelförmigen Basis (Taf. 21).<br />

o) Bandornamente.<br />

Zahlreich und abwechslungsreich waren Bandornamente.<br />

Mit ihnen wurden Tür- und Fensterrahmen,<br />

Friese, Katschkare 41 und manchmal auch<br />

Wandflächen überzogen (Taf. 22). Neben rein geometrischen<br />

Mustern, die aus der Aneinanderreihung<br />

polygoner Gebilde bestehen, sind Blattornamente<br />

mit meist antikisierenden, floralen Motiven,<br />

Kissenornamente und Flechtbandornamente<br />

hervorzuheben. Blattornamente bestanden häufig<br />

aus Weinblattranken mit Weintrauben, häufig in<br />

gegenständiger Anordnung. Kissenornamente be -<br />

standen aus einer Aneinanderreihung kleiner,<br />

zusammengedrückter Polster. 42 In Flechtbandornamenten<br />

waren häufig mehr als zwei oder drei<br />

41 Katschkare waren hochrechteckige, meist freistehende, aber<br />

auch in Felswände eingearbeitete Steinplatten, die in der Mitte<br />

ein großes, erhaben gearbeitetes, »Armenisches Kreuz« enthalten.<br />

Bei diesem waren die Kreuzarme meistens in zwei<br />

Spitzen aufgespalten, die häufig floral endeten. Rahmen und<br />

Grundflächen der Kreuzsteine waren fast immer mit reichem<br />

Dekor verschiedenster Muster versehen. Katschkare waren<br />

religiöse Stiftungen aus persönlichen Anlässen der Stifter,<br />

manchmal auch Grabsteine. Sie haben im religiösen Leben der<br />

Armenier eine große Rolle gespielt.<br />

42 Das bekannteste Beispiel für dieses Ornament befindet sich an<br />

der Grabeskirche in Jerusalem auf dem Bogen des Doppelportals<br />

von ca. 1145. Dass dieses in armenischer Bautradition stehen<br />

dürfte, zumal die Armenische Kirche ein Besitzrecht an<br />

der Kirche hatte, zeigt auch ein etwas späteres, aber bescheideneres<br />

Beispiel in der Zitadelle von .Harr - an; s. dazu u.: Beispiel<br />

4: .Harr - an, c) Nordwestgalerie.

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