19.06.2012 Aufrufe

SCHRIFTEN DES VORARLBERGER LANDESMUSEUMS

SCHRIFTEN DES VORARLBERGER LANDESMUSEUMS

SCHRIFTEN DES VORARLBERGER LANDESMUSEUMS

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Zum Schluss der vorstehenden Beobachtungen, so<br />

fragmentarisch sie auch sind, muss noch auf die<br />

Pfade hingewiesen werden, auf denen die anzunehmenden<br />

armenischen Gruppen, die nicht planmäßig<br />

in den Städten als Garnisonen oder in Militärkolonien<br />

angesiedelt wurden, nach Europa<br />

gelangt sind.<br />

Die Orte, an denen sie Eurpoa betraten, dürften<br />

am Schwarzen Meer die kleinen Küstenstädte und<br />

am Mittelmeer die großen Küstenstädte Dalmatiens,<br />

Apuliens und Südfrankreichs gewesen sein.<br />

Besonders Apulien muss ein besonderer Anziehungspunkt<br />

für alle Einwanderer gewesen sein,<br />

weil seine Hafenstädte durch den Pilgerverkehr<br />

zum Heiligen Land zu hohem Wohlstand gekommen<br />

waren.<br />

Die Pfade ihrer Wanderung und damit ihres Kulturgutes<br />

dürften in Südosteuropa, auf dem Balkan<br />

und in Süddeutschland vorwiegend das Donautal<br />

gewesen sein, in Westdeutschland das Rheintal<br />

und in Frankreich das Rhonetal, außerdem die Pilgerstraßen<br />

nach Rom und nach Santiago di Compostella.<br />

203<br />

Man kann grundsätzlich annehmen, dass es bei der<br />

ständigen und unauffälligen Einwanderung auch<br />

noch weitere Schwerpunkte gegeben hat, die für<br />

die Absichten der Einwanderer besonders erfolgversprechend<br />

waren. Dies dürften in Italien die<br />

Städte Rom und Venedig und die großen Stadtrepubliken<br />

und in Frankreich Marseille und der Süden<br />

Frankreichs gewesen sein, der schon seit den<br />

Zeiten der Merowinger und nach der Abwehr der<br />

Araber in großem Wohlstand stand. Im Süden<br />

Mitteleuropas war ein besonderer Anziehungspunkt<br />

sicher die neue Stadt Wien, die für alle über<br />

die Balkanländer und über andere Länder des<br />

Ostens Kommenden die Pforte Europas bildete.<br />

Dann aber waren es vermutlich vor allem die<br />

wichtigsten Bischofsstädte des Reichs, Konstanz,<br />

Mainz und Köln, daneben Bamberg, wahrscheinlich<br />

auch Hildesheim und Speyer. Hier und in den<br />

Klöstern wurden in dieser Zeit bekanntlich gewaltige<br />

Kirchenbauten in Angriff genommen, die<br />

meisten von ihnen auch mit der Absicht, sie einzuwölben.<br />

Für derartige Einwölbungen waren die<br />

armenischen Baumeister und Steinmetzen auf<br />

Grund ihrer jahrhundertealten Tradition im Gewölbebau<br />

wahrscheinlich als einzige geeignet und<br />

wurden auch deshalb in Anspruch genommen.<br />

102<br />

Dies weiter zu untersuchen, bleibt eine Aufgabe<br />

für die Zukunft. Dafür mögen auch die zahlreichen,<br />

hier beiläufig eingefügten Hinweise auf bestimmte,<br />

historische Zusammenhänge beitragen.<br />

Für diesen Aufsatz soll es genügen, den Umriss für<br />

das historische Phänomen des Wirkens armenischer<br />

Bauhandwerker, für das Eindringen alter<br />

armenischer Bauformen nach Europa und vor<br />

allem für die fast normative Verwendung der<br />

armenischen Maßarten in Europa aufgezeigt und<br />

dies mit einigen, richtungsweisenden Belegen<br />

dokumentiert zu haben.<br />

In memoriam Josef Strzygowski<br />

203 Auf dem Jakobsweg hat der Verfasser kürzlich in Parthenay<br />

(Deux Sèvres) in der Westfassade der Kirche St. Laurent ein<br />

nachträglich eingebautes, sehr altes Relief mit zwei Figuren<br />

als ein typisch armenisches Stifterrelief festgestellt, das in überraschender<br />

Weise fast genau einem an einer ähnlichen Stelle<br />

angebrachten Relief an der Außenwand der Kathedrale von<br />

Edschmiadsin entspricht, das den Apostel Paulus und seine<br />

Schülerin Thekla darstellt, und das in das 4. Jh. (!) datiert wird<br />

(THIERRY, pl. 12).

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!