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SCHRIFTEN DES VORARLBERGER LANDESMUSEUMS

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angewiesen, die Thoramanian auf dieser Reise<br />

ausgewählt hatte. 13 Schließlich erlaubte die Kürze<br />

der Zeit damals wahrscheinlich auch keine längeren<br />

Untersuchungen an Ort und Stelle. Vielmehr<br />

hat er später demgegenüber mehrfach erklärt, dass<br />

er es auch nicht als seine Aufgabe angesehen habe,<br />

derartige Untersuchungen anzustellen, sondern dass<br />

diese anderen Bauforschern überlassen werden<br />

sollten. Das materielle Hauptergebnis der Reise<br />

bestand aus einer Fülle fotografischer Aufnahmen,<br />

die er in Wien, vor allem anstelle von bautechnischen<br />

Untersuchungen an den Bauwerken selbst,<br />

auswertete. Die später gegen Strzygowskis Interpretationen<br />

vorgebrachten Vorwürfe seiner Kritiker<br />

rechnen ihm dies als Mangel an, übergehen<br />

dann aber seine vorsichtige Vorgehensweise bei den<br />

Bauten, die er selbst untersucht hat. Trotz aller<br />

Kritik bekunden sie aber manchmal, dass seine<br />

Thesen und Annahmen anders ausgefallen wären,<br />

wenn er derartige Grundlagenforschungen betrieben<br />

hätte, vernachlässigen dabei aber wieder, dass<br />

es ihm auf etwas anderes angekommen war.<br />

Sein groß angelegtes Werk hat demzufolge auch<br />

nicht die monografische Untersuchung und Be -<br />

schrei bung der ausgewählten Bauwerke zum Inhalt,<br />

sondern die Typologie, die sie verkörpern, und<br />

deren Entwicklung. Sein Ziel war es, ȟber Zeitstellung<br />

und Grundformen klaren Aufschluß zu<br />

geben.« Dieser Leitgedanke zieht sich durch sein<br />

ganzes Werk, auch vom Anfang an, wo man ihn<br />

eher als Postulat auffassen müsste.<br />

Ein Schwergewicht legte er auf die konstruktiven<br />

Aspekte der untersuchten Bauten. Infolge seiner<br />

Methode, Leitlinien aufzuzeigen, ihre Ursprünge<br />

aber nicht zu den Ursachen zu verfolgen, unterschied<br />

er aber nicht zwischen anzunehmenden oder<br />

sogar erkennbaren Bauphasen mancher Bauten,<br />

sondern betrachtete diese als einheitlich und<br />

unverändert. Für die Definition der aufgeführten<br />

zahlreichen Bautypen und für die Darstellung<br />

ihrer Entwicklung hielt er die Untersuchung derartiger<br />

Detailfragen auch für unwesentlich.<br />

So sind es – neben der allgemeinen Präsentation<br />

der armenischen Baukunst – die Leitlinien der<br />

Entwicklung ihrer Bautypen und Bauformen, ihre<br />

Abgrenzung gegenüber anderen Typen und Entwicklungen<br />

und schließlich ihre Auswirkung auf<br />

die europäische Baukunst des frühen Mittelalters,<br />

die den bleibenden Wert seines Werkes ausmachen.<br />

8<br />

13 Auch die Überprüfung von 32 mit Maßangaben versehenen<br />

Grundrissplänen Thoramanians durch den Verfasser mit dem<br />

Ziel, die verwendeten Maßarten zu rekonstruieren, hat in den<br />

meisten Fällen die Zuverlässigkeit dieser Aufmaße bestätigt.<br />

Die folgenden Ergebnisse treffen mit großer Wahrscheinlichkeit<br />

zu (in Klammern die Seitenzahlen bei STRZYGOWSKI<br />

I; die Fußmaße werden noch erläutert): Verwendung des<br />

0,3054 m lange Fußes (p 3 ): Mzchet große (86) und kleine<br />

Nebenkirche (86), Bagaran, Kathedrale (106), Ereruk, Basilika<br />

(153), Mren, Kathedrale (184), Thalin, Marienkirche (161);<br />

Verwendung des 0,3206 m langen Fußes (p 5 ): Mzchet, Kreuzkirche<br />

(86), Awan, Kirche (89), Sarindsch, Kirche (101),<br />

Chtskonk, Sargiskirche (105), Alaman, Ananiaskirche (160),<br />

Thalisch, Kathedrale (191). Die Ergebnisse der Prüfung der<br />

anderen, untersuchten Kirchen sind weniger deutlich.<br />

Bei der Überprüfung der Maßangaben Thoramanians wurde<br />

jedoch erkennbar, dass bei gleichgroß intendierten Abmessungen<br />

verhältnismäßig große Tolerenzen in der Größe von 2-5<br />

cm üblich waren, was für armenische Bauten allgemein gelten<br />

dürfte. Wenn man diese »Standard«-Ungenauigkeiten akzeptiert,<br />

erweisen sich viele Abmessungen als die vermutlich tatsächlich<br />

intendierten Abmessungen.<br />

In mehreren Fällen scheint auch ein Nebeneinander zweier<br />

Maßarten vorzuliegen, was auf spätere Ergänzungen oder die<br />

Erneuerung baufällig gewordener Bauteile schließen lässt.<br />

Inwieweit Thoramanian in seinem eigenen Werk auf derartige<br />

Veränderungen eingegangen ist, ist für den Verfasser nicht<br />

nachzuvollziehen.<br />

Zusammenstellung der Maßarten der von Thoramanian untersuchten<br />

Kirchen.

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