Anschreiben an DStGB Regierungsentwurf Städtebaurechtsnovelle
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Städte- und Gemeindebund NRW•Postfach 10 39 52•40030 Düsseldorf<br />
Deutscher Städte- und Gemeindebund<br />
z. H. Herrn Bernd Düsterdiek<br />
Marienstraße 6<br />
12207 Berlin<br />
Postfach 10 39 52•40030 Düsseldorf<br />
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Internet: www. kommunen-in-nrw.de<br />
Aktenzeichen: II 620-00 gr/ko<br />
Ansprechpartner: Beigeordneter Rudolf Graaff<br />
Durchwahl 0211•4587-239<br />
_<br />
27. August 2012<br />
<strong>Regierungsentwurf</strong> zur <strong>Städtebaurechtsnovelle</strong> – BauGB-Novelle Teil II<br />
Sehr geehrter Herr Düsterdiek,<br />
mit E-Mail vom 06.07.2012 haben Sie uns den vom Bundeskabinett am 04.07.2012 beschlossenen<br />
Entwurf eines „Gesetzes zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten<br />
und Gemeinden und zur weiteren Fortentwicklung des Städtebaurechts“ (BauGB-Novelle<br />
Teil II) zugeleitet. Ihrer Bitte um Stellungnahme zum <strong>Regierungsentwurf</strong> kommen wir mit<br />
diesem Schreiben gerne nach.<br />
Der <strong>Regierungsentwurf</strong> greift einen Teil der Forderungen auf, die die Bundesvereinigung<br />
kommunaler Spitzenverbände im Rahmen ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf<br />
gestellt hatte. Andererseits werden einige für die kommunale Seite wichtige Anliegen leider<br />
nicht berücksichtigt. Immerhin führt der <strong>Regierungsentwurf</strong> aber im Vergleich zum Referentenentwurf<br />
nicht zu Verschlechterungen.<br />
Nachfolgend wird zu den aus unserer Sicht wichtigsten Änderungen im Vergleich zum Referentenentwurf<br />
Stellung bezogen:<br />
<br />
<br />
Zur weiteren Stärkung der Innenentwicklung werden u.a. in § 9 BauGB die Steuerungsmöglichkeiten<br />
für die Ansiedlung von Vergnügungsstätten im unbepl<strong>an</strong>ten<br />
Innenbereich in einem neuen Abs. 2b präzisiert. Durch eine Ergänzung des § 13 Abs.<br />
1 Satz 1 BauGB wird klargestellt, dass das Instrument des „Bebauungspl<strong>an</strong>s im vereinfachten<br />
Verfahren“ genutzt werden k<strong>an</strong>n. Eine Änderung im Vergleich zum Referentenentwurf<br />
gab es nur bei den Voraussetzungen des § 9 Abs. 2b BauGB für den<br />
Erlass des einfachen Bebauungspl<strong>an</strong>s: Die zunächst in einer Nr. 3 vorgesehene<br />
„städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten“ ist nunmehr zur inhaltlichen<br />
Bestimmung der in Nr. 2 geforderten „Beeinträchtigung der … städtebaulichen<br />
Funktion des Gebietes“ geworden. Diese inhaltliche Konkretisierung des unbestimmten<br />
Rechtsbegriffs „Beeinträchtigung“ ist zu begrüßen.<br />
Abzulehnen sind demgegenüber die schon im Referentenentwurf vorgesehenen zusätzlichen<br />
kommunalen Begründungspflichten im Zusammenh<strong>an</strong>g mit der Umw<strong>an</strong>dlung<br />
l<strong>an</strong>dwirtschaftlich oder als Wald genutzter Flächen in § 1a Abs. 2 BauGB.<br />
S. 1 v. 3
S. 2 v. 3<br />
Lediglich das Erfordernis einer „nachvollziehbaren“ Begründung ist entfallen. Es<br />
stellt sich damit weiterhin die Frage, wie diese Ergänzung im Zusammenh<strong>an</strong>g mit<br />
den ohnehin bei der Erstellung des Umweltberichts bestehenden Begründungserfordernissen<br />
nach § 2 Abs. 4 Satz 1 BauGB zu sehen ist.<br />
<br />
<br />
Auch die Neufassung des Rückbaugebotes in § 179 BauGB entspricht einem Wunsch<br />
der kommunalen Spitzenverbände. Die Pl<strong>an</strong>akzessorietät soll zukünftig in den so<br />
gen<strong>an</strong>nten „Schrottimmobilienfällen“ nicht mehr Voraussetzung für die Anordnung<br />
eines Rückbaugebots sein. Leider ist die von der Bundesvereinigung der kommunalen<br />
Spitzenverbänden geforderte Kostenbeteiligung des Eigentümers <strong>an</strong> den Rückbaumaßnahmen<br />
im <strong>Regierungsentwurf</strong> – wie schon im Referentenentwurf - nicht<br />
berücksichtigt worden. Eine entsprechende Nachbesserung im Gesetzgebungsverfahren<br />
muss unbedingt gefordert werden.<br />
Ein wichtiges Anliegen der kommunalen Spitzenverbände war die Teilendprivilegierung<br />
von gewerblichen Intensivtierhaltungs<strong>an</strong>lagen im Außenbereich. Sie hatte mit<br />
einer Modifikation des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB Eing<strong>an</strong>g in den Referentenentwurf<br />
gefunden, wonach entsprechende Anlagen nur noch d<strong>an</strong>n privilegiert sein sollen,<br />
wenn sie keiner Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung<br />
nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) unterliegen. Der<br />
<strong>Regierungsentwurf</strong> ergänzt nun die Regelung des Referentenentwurfs mit der Aufnahme<br />
des Halbsatzes „…wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines<br />
engen Zusammenh<strong>an</strong>gs diejenigen Tierhaltungs<strong>an</strong>lagen zu berücksichtigen sind,<br />
die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen<br />
oder baulichen Einrichtungen verbunden sind.“ Entgegen des ersten Eindrucks<br />
ist damit keine gesetzliche Verschlechterung im Vergleich zur bisherigen Regelung<br />
im Referentenentwurf verbunden. Ausweislich der Gesetzesbegründung auf<br />
Seite 35 ist der Einschub lediglich als Verweis auf den wortgleichen § 3 b Abs. 2 Satz<br />
2 Nr. 1 UVPG zu verstehen und soll der Klarstellung dienen, dass für die Schwellenwertberechnung<br />
ausschließlich die Tierplatzzahlen derjenigen Stall<strong>an</strong>lagen zusammen<br />
addiert werden dürfen, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen.<br />
Die zweite Alternative - § 3 b Abs. 2 Nr. 2 UVPG - betrifft sonstige in Natur und L<strong>an</strong>dschaft<br />
eingreifende Maßnahmen im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 c UVPG. Für diese Alternative<br />
gilt die Systematik, eine Auff<strong>an</strong>gkategorie für Vorhaben zu bilden, die<br />
nicht zweifelsfrei als Anlagen betrachtet werden können. Dies ist vorliegend aber<br />
nicht der Fall. Intensivtierhaltungs<strong>an</strong>lagen sind als Betriebs<strong>an</strong>lagen eindeutig konkretisierbar<br />
und fallen daher ausschließlich unter den Tatbest<strong>an</strong>d des § 3 b Abs. 2<br />
Nr. 1 UVPG. Insofern wird mit der Aufnahme des Wortlauts des § 3 b Abs. 2 Satz 2<br />
Nr. 1 UVPG der gesetzliche Tatbest<strong>an</strong>d für die Begründung eines engen Zusammenh<strong>an</strong>gs<br />
nicht eingeschränkt. Hinsichtlich des dortigen Tatbest<strong>an</strong>dsmerkmals „auf<br />
demselben Betriebs- oder Baugelände“ wird nach der Verkehrs<strong>an</strong>schauung auch das<br />
<strong>an</strong>grenzende Gelände, wie Zufahrtswege, Begrünung, Abstellflächen etc. zugerechnet.<br />
Insofern kommt es nicht auf die katastermäßige bzw. grundbuchliche Grundstücksaufteilung<br />
<strong>an</strong>, sondern auf eine Gesamtbeurteilung aller Umstände, wozu<br />
auch der Eindruck gehört, ob das betroffene Areal nach außen als zusammengehöriger<br />
Komplex in Erscheinung tritt.<br />
Da der <strong>Regierungsentwurf</strong> weiterhin uneingeschränkt <strong>an</strong> das UVPG <strong>an</strong>knüpft – dies<br />
geht aus der Gesetzesbegründung hervor, wo auf Seite 34 auf die §§ 3 a bis f UVPG<br />
verwiesen wird – k<strong>an</strong>n im Rahmen der UVP-Vorprüfung nach § 3 c UVPG eine gesamträumliche<br />
Betrachtung der Umweltauswirkungen unter Berücksichtigung der
S. 3 v. 3<br />
Kumulierung mit <strong>an</strong>deren Vorhaben in ihrem gemeinsamen Einwirkungsbereich<br />
<strong>an</strong>gestellt werden (Anlage 2 Nr. 2 UVPG). Die UVP-Vorprüfung ist bereits bei Erreichen<br />
der niedrigeren Schwellenwerte der Anlage 1 Spalte 2 UVPG durchzuführen<br />
und k<strong>an</strong>n im Rahmen der Einzelfallprüfung zu einer behördlichen Anordnung der<br />
UVP-Pflicht führen.<br />
Wenngleich die nunmehr vorgesehene Ergänzung des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB keine<br />
Einschränkung der Anwendbarkeit des UVPG begründet, ist sie jedenfalls überflüssig<br />
und irritierend, weil sie bei der bloßen Lektüre des Gesetzestextes dahingehend<br />
missverst<strong>an</strong>den werden k<strong>an</strong>n, dass im Rahmen von § 3 c UVPG eine gesamträumliche<br />
kumulierende Betrachtung vorh<strong>an</strong>dener Vorhaben eingeschränkt sein soll. Es<br />
muss daher im weiteren Gesetzgebungsverfahren <strong>an</strong>gestrebt werden, dass der Zusatz<br />
wieder gestrichen wird.<br />
Unabhängig davon hält der StGB NRW seine bisherige Forderung aufrecht, nicht<br />
UVP-pflichtige gewerbliche Tierhaltungs<strong>an</strong>lagen von der Privilegierung auszuschließen,<br />
wenn sie nicht in einem räumlich-funktionalen Zusammenh<strong>an</strong>g zu einer<br />
bereits vorh<strong>an</strong>denen l<strong>an</strong>dwirtschaftlichen Betriebsstätte stehen oder zumindest<br />
einen Bezug zur vorh<strong>an</strong>denen Ackerfläche haben. Wenngleich der Widerst<strong>an</strong>d von<br />
Seiten der L<strong>an</strong>dwirtschaftsvertreter wenig Anlass zu der Hoffnung gibt, dass die<br />
jetzt vorgesehene Kompromiß-Regelung noch einmal wesentlich geändert wird,<br />
bitten wir, die ursprüngliche kommunale Ausg<strong>an</strong>gsforderung weiterhin zu vertreten.<br />
Aus kommunaler Sicht ist positiv hervorzuheben, dass nach einer neuen Ziffer 2 in §<br />
3 Abs. 2 BauNVO Kindertagesstätten, „die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets<br />
dienen“ zukünftig in reinen Wohngebieten allgemein zulässig sind. Zu begrüßen<br />
ist, dass es nicht mehr auf die „Anzahl von Betreuungsplätzen“ <strong>an</strong>kommt, die<br />
„nicht wesentlich über dem typischerweise zu erwartenden Bedarf dieses reinen<br />
Wohngebietes hinausgeht“ – wie es noch der Referentenentwurf forderte. Damit<br />
bleibt zwar die wohnortnahe Einrichtung für Kinder aus diesem reinen Wohngebiet<br />
Zulässigkeitsvoraussetzung, die Zahl der Betreuungsplätze ist aber nicht mehr auf<br />
Kinder aus diesem Gebiet beschränkt.<br />
<br />
Erfreulich ist auch, dass die im Referentenentwurf noch vorgesehene Aufnahme einer<br />
Definition zum Vollgeschossbegriff in die BauNVO nun wieder aufgegeben worden<br />
ist. Die dazu in § 20 Abs. 1 BauNVO vorgeschlagene Regelung, dass Geschosse,<br />
deren Deckenoberk<strong>an</strong>te im Mittel mehr als 1,4 Meter über die Geländeoberfläche<br />
hinausragt und die über zwei Drittel ihrer Grundfläche eine lichte Höhe von mindestens<br />
2,3 Metern haben, Vollgeschosse sind, hätte dazu geführt, dass in NRW der<br />
Vollgeschossbegriff im bauordnungsrechtlichen und im baupl<strong>an</strong>ungsrechtlichen<br />
Sinne ausein<strong>an</strong>der gefallen wäre.<br />
Wir wären Ihnen d<strong>an</strong>kbar, wenn Sie unsere Anregungen im Rahmen Ihrer Stellungnahme<br />
gegenüber dem federführenden Ausschuss des Bundestages berücksichtigen könnten.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
In Vertretung<br />
Rudolf Graaff