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Obergericht - Gerichte - Kanton Luzern

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<strong>Obergericht</strong><br />

Abteilung:<br />

Rechtsgebiet:<br />

Justizkommission<br />

Beurkundungsrecht<br />

Entscheiddatum: 02.06.2005<br />

Fallnummer: JK 05 9.2<br />

LGVE:<br />

Betreff:<br />

Leitsatz:<br />

Rechtskraft:<br />

Beurkundung Fusionsgesetz<br />

§ 3 Abs. 2 BeurkG; Art. 18a Abs. 1 lit. f GBV; Art. 70 Abs. 2 FusG. Für die<br />

Übertragung von Grundstücken nach FusG in verschiedenen <strong>Kanton</strong>en<br />

genügt eine einzige öffentliche Urkunde, Beilagen.<br />

Diese Entscheidung ist rechtskräftig.<br />

Bemerkungen:


Entscheid:<br />

§ 3 Abs. 2 BeurkG; Art. 18a Abs. 1 lit. f GBV; Art. 70 Abs. 2 FusG. Für die Übertragung von Grundstücken<br />

nach FusG in verschiedenen <strong>Kanton</strong>en genügt eine einzige öffentliche Urkunde, Beilagen.<br />

======================================================================<br />

Am 18. November 2004 schlossen die Einzelfirma X. sen. und X. jun., unter Mitwirkung der Ehefrau von X.<br />

sen. einen Vermögensübertragungsvertrag nach Fusionsgesetz (SR 221.301) betreffend einen<br />

Landwirtschaftsbetrieb im <strong>Kanton</strong> Bern, mit zugehöriger Sömme-rungsalp im <strong>Kanton</strong> <strong>Luzern</strong>, ab. Gleichzeitig<br />

räumte X. jun. seinen Eltern in einer Wohnung des Landwirtschaftsbetriebs im <strong>Kanton</strong> Bern und im Gebäude<br />

auf der Sömmerungsalp im <strong>Kanton</strong> <strong>Luzern</strong> ein lebenslängliches Wohnrecht sowie seinen Geschwistern ein<br />

Vorkaufs-recht an den Vertragsobjekten für die Dauer von 25 Jahren, gerechnet ab Grundbuchanmel-dung<br />

des Vertrages, ein. Als Urkundsperson amtete ein Notar aus dem <strong>Kanton</strong> Bern. Mit Verfügung vom 25.<br />

Januar 2005 wies das Grundbuchamt die Anmeldung betreffend die Vermögensübertragung mit Errichtung<br />

Wohnrecht und Vormerkung Vorkaufsrecht für das Grundstück im <strong>Kanton</strong> <strong>Luzern</strong> ab. Die Justizkommission<br />

des <strong>Obergericht</strong>s wies die dagegen erhobene Beschwerde ebenfalls ab.<br />

Aus den Erwägungen:<br />

3.1. Bei Tatbeständen nach dem Fusionsgesetz wie die Vermögensübertragung (Art. 69 Abs. 1 FusG) gilt<br />

das relative Eintragungsprinzip, d.h. die Wirkung des Grundbucheintrags ist bloss deklaratorisch (vgl. ZBGR<br />

2004 S. 234). Als Nachweis des Eigentumsübergangs dient dabei im Falle der Vermögensübertragung an<br />

einen nicht im Handelsregister eingetragenen Rechtsträger ein beglaubigter Handelsregisterauszug des die<br />

Grundstücke übertragenden Rechtsträgers und ein beglaubigter Auszug aus dem öffentlich beurkundeten<br />

Teil des Über-tragungsvertrags über die übertragenen Grundstücke (Art. 18a Abs. 1 lit. f GBV). Einer weiteren<br />

Prüfung seitens des Grundbuchverwalters bedarf es nicht, da die Wirksamkeit der Vermögensübertragung<br />

abhängig ist von einem diesbezüglichen Eintrag in das Handelsregister (Art. 73 Abs. 2<br />

FusG), welcher seinerseits eine entsprechende Prüfung des in fusionsrechtli-chen Fragen<br />

sachkompetenteren Handelsregisterführers voraussetzt. Kann die erfolgte Prü-fung durch den<br />

Handelsregisterführer auf Grund eines Auszugs aus dem Handelsregister belegt werden, darf der<br />

Grundbuchverwalter gestützt auf diese Urkunde öffentlichen Glau-bens von einer rechtsgültigen<br />

Vermögensübertragung und damit auch von der Rechtszu-ständigkeit des neuen Rechtsträgers in Bezug auf<br />

die von der deklaratorischen Eintragung betroffenen Grundstücke ausgehen (Bettina Schegg-Deillon,<br />

Grundbuchanmeldung und Prü-fungspflicht des Grundbuchverwalters im Eintragungsverfahren, Zürich 1997,<br />

S. 132 f.).<br />

3.2. Vorbehalten bleibt dem Grundbuchverwalter indessen der Vorhalt des Rechtsmiss-brauchs, wovon er<br />

denn auch in der Abweisungsverfügung vom 25. Januar 2005 Gebrauch gemacht hat.<br />

3.2.1. Rechtsmissbräuchlich ist der Gebrauch eines Rechtsinstituts, um Ziele zu erreichen, die von der<br />

Grundidee dieses Rechtsinstituts offensichtlich nicht erfasst werden (Pra 2005 Nr. 35 S. 261 E. 2.2 in fine<br />

m.H.a. BGE 125 IV 81 E. 1b).<br />

3.2.2. Die Übertragung eines Vermögens wurde vor Inkrafttreten des Fusionsgesetzes aus-schliesslich<br />

durch Art. 181 OR als Sonderfall der Schuldübernahme (Art. 175 ff. OR) gere-gelt. Dabei ist aber nur für die<br />

mit dem Vermögen oder Geschäft verbundenen Schulden ein Übergang von Gesetzes wegen vorgesehen.


Die Aktiven müssen einzeln nach den Regeln der Singularsukzession übertragen werden (BBl 2000 V 4359).<br />

Mit der im Fusionsgesetz neu statuierten Eintragung der Vermögensübertragung in das Handelsregister<br />

werden nunmehr sämtliche Aktiven und Passiven, soweit sie in einem in den Vertrag eingeschlossenen<br />

Inven-tar aufgeführt werden, uno actu dem übernehmenden Rechtsträger übertragen, ohne dass die für die<br />

einzelnen Vermögensbestandteile geltenden Formvorschriften beachtet werden müssen (BBl 2000 V 4361).<br />

So genügt eine einzige öffentliche Urkunde auch dann, wenn Grundstücke in verschiedenen <strong>Kanton</strong>en<br />

liegen (Art. 70 Abs. 2 FusG). Diese Neuregelung erleichtert die Übertragung von Vermögen und<br />

Vermögensteilen und trägt dem Schutz- und Informationsbedürfnis der Gesellschafter und Gläubiger<br />

Rechnung. Die Vermögensübertra-gung vereinfacht stark u.a. die Liquidation einer Gesellschaft (BBl 2000 V<br />

4362).<br />

3.2.3. Der hier fragliche Landwirtschaftsbetrieb liegt in den <strong>Kanton</strong>en Bern und <strong>Luzern</strong>. Hätte der<br />

Beschwerdeführer sich nicht des Fusionsgesetzes bedient, mit anderen Worten seine Einzelfirma nicht in<br />

das Handelsregister eingetragen, hätte die Vermögensübertragung an den Sohn verschiedener, jeweiligem<br />

kantonalen Recht genügender öffentlicher Beurkundun-gen bedurft. Die Beachtung solcher spezifischer<br />

gesetzlicher Formvorschriften für jedes ein-zelne Aktivum ist sehr schwerfällig sowie zeit- und<br />

kostenaufwändig und stellt ein Hindernis für eine Vermögensübertragung dar. Das Fusionsgesetz bzw. die<br />

darin geregelte Vermö-gensübertragung tritt, wie soeben dargelegt, dieser Schwäche von Art. 181 OR<br />

entgegen (BBl 2000 V 4361). Indem der Beschwerdeführer sich - wenn auch kurzzeitig - die neue<br />

gesetzliche Regelung zu Nutze gemacht hat, handelte er also keineswegs rechtsmissbräuch-lich.<br />

3.3. Der Grundbuchanmeldung vom 21. Dezember 2004 wurden verschiedene Urkunden beigelegt. Darunter<br />

findet sich u.a. der öffentlich beurkundete Vermögensübertragungsver-trag vom 18. November 2004 als<br />

Ganzes. Es fehlt indessen, wie es Art. 18a Abs. 1 lit. f GBV verlangt, ein beglaubigter<br />

Handelsregisterauszug. Die eingereichte Kopie vermag diesem Erfordernis nicht zu genügen. Damit wurde<br />

der Ausweis für den Eigentumsübergang nicht erbracht. Bei gegebener Aktenlage erscheint daher die<br />

abgewiesene Eintragung der Vermö-gensübertragung im Ergebnis als rechtens (Art. 966 ZGB und Art. 24<br />

Abs. 1 GBV).<br />

4.- Was das mit Vermögensübertragungsvertrag vom 18. November 2004 gleichzeitig zu begründende<br />

Wohnrecht betrifft, so fällt dieser Akt klar nicht in den Anwendungsbereich (von Art. 70 Abs. 2) des<br />

Fusionsgesetzes. Dieses will, wie bereits gesagt (vgl. E. 3.2.2. vorne), ermöglichen, dass Aktiven und<br />

Passiven mit einer einzigen Handlung übergehen. Davon erfasst werden jedoch lediglich diejenigen Werte,<br />

welche im Inventar aufgeführt sind (Art. 73 Abs. 2 FusG; vgl. auch Art. 71 Abs. 1 lit. b FusG). Abgesehen<br />

von der Frage, ob ein Wohn-recht überhaupt Gegenstand eines Übertragungsinventars bilden kann (vgl. Art.<br />

776 Abs. 2 ZGB), hat es hier nicht Eingang in ein solches gefunden. In concreto kommt ihm vielmehr der<br />

Charakter einer Gegenleistung zu. Dass "Vermögensübertragung und Wohnrechtsvorbehalt ein kaum<br />

trennbares Ganzes mit einem ganzen Geflecht von gegenseitigen Rechten und Pflichten" darstellen, vermag<br />

zu keinem anderen Ergebnis zu führen. Nachdem das Fusions-gesetz nicht die Regelung dieses - vor allem<br />

dem Bauernstand immanenten - Umstandes bezweckt, lässt sich aus ihm diesbezüglich auch kein<br />

weitergehendes Recht ableiten. Für die Begründung des fraglichen Wohnrechts, sind demnach, in<br />

Übereinstimmung mit dem Grundbuchamt, die Vorschriften des luzernischen Beurkundungsgesetzes,<br />

namentlich § 3 Abs. 2 BeurkG, zu beachten. Die angefochtene Abweisungsverfügung vom 25. Januar 2005<br />

ist in diesem Punkt nicht zu beanstanden.<br />

5.- Hinsichtlich des (vertraglichen) Vorkaufsrechts ist in der Lehre umstritten, ob nur der be-lastete<br />

Eigentümer oder zusätzlich der Vorkaufsberechtigte den Vorkaufsvertrag unter-schreiben muss (vgl. dazu<br />

Christian Brückner in: Koller, Der Grundstückkauf, 2. Aufl., Bern 2001, S. 522 f. Fn 43 und 45). Keine<br />

Klarheit hat bis anhin auch die Rechtsprechung des Bundesgerichts gebracht. Mit Entscheid vom 9. Februar<br />

1984 hat die Justizkommission in dem Sinne geurteilt, dass der Vorkaufsberechtigte die mit dem<br />

Vorkaufsrecht verbundenen bedingten Verpflichtungen akzeptieren müsse. Eine Änderung dieser Praxis hat<br />

seitdem nicht stattgefunden. Auch heute besteht keine Veranlassung, vom eingeschlagenen Weg<br />

abzurücken, zumal - weder in der Doktrin noch in der Rechtsprechung - eine eindeutige Ver-lagerung in die<br />

andere Richtung ausgemacht werden kann. Damit hat das Grundbuchamt zu Recht der angemeldeten


Vormerkung nicht entsprochen. Im Übrigen beginnt die 25 Jahres-Frist von Art. 216a OR auf den Zeitpunkt<br />

des Vertragsabschlusses, mithin am 18. November 2004, zu laufen (vgl. ZBGR 2000 S. 299; SZW 1997 S.<br />

61).<br />

Justizkommission, 2. Juni 2005 (JK 05 9)

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