Ausgabe 2/2013 - Ghorfa

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13.11.2013 Aufrufe

Geschäftspraxis Branchen SOUQ Unternehmen, die etwas von dem Kuchen abbekommen wollen, sind daher gut beraten, das Ausschreibungsgeschehen aufmerksam zu beobachten. Außerhalb der Golfregion gelten derzeit vor allem Ägypten und Algerien als Märkte mit hohem Potenzial. In Ägypten ist zum Beispiel das Bevölkerungswachstum von etwa zwei Prozent der Treiber der Wohnungsnachfrage. Jedes Jahr nimmt die Zahl der Einwohner um 1,5 bis zwei Mio. Menschen zu. Jaber Al Ahmed Al Sabah Hospital Wohnungen. Die Regierung hat sich daher das Ziel gesteckt, den Wohnungsbestand von 4,6 Mio. Einheiten (2010) binnen zehn Jahren auf etwa sieben Mio. Wohnungen auszuweiten. Im Frühjahr 2011 wurde ein Programm („Saudi Housing Project“) gestartet, das den Bau von 500.000 Wohnungen vorsieht und mit einem Gesamtbudget von umgerechnet 67 Mrd. US-Dollar ausgestattet ist. In der gegenwärtig laufenden ersten Projektphase sollen 100.000 Wohnungen entstehen. Das saudische Wohnungsbauministerium beauftragte im Oktober 2011 die US-Architektur- und Ingenieurfirma Parsons damit, elf Projekte mit insgesamt 25.000 bis 30.000 Wohnungen zu planen und die Bauarbeiten zu überwachen. Bis März 2013 ist aber keines der geplanten Teilprojekte vergeben worden. Das heißt: Der erwartete Boom im Wohnungsbau steht noch bevor. Im saudischen Bürosektor werden derzeit zahlreiche Bauvorhaben realisiert. Allerdings wächst laut GTAI die Nachfrage nach Büroraum langsamer als das Angebot, so dass das Potenzial hier mittelfristig geringer ist als im Wohnungsbau. Groß ist der Bedarf an zusätzlichen Kapazitäten dagegen im saudischen Hotelsektor. Die großen internationalen Hotelketten wie Hilton, Marriott und Hyatt International planen daher in dem Königreich zahlreiche Hotelprojekte. Besonders groß ist der Nachholbedarf wegen des wachsenden Pilgerstroms in die heilige Stadt Mekka. Auch im saudischen Gesundheitswesen und im Bildungssektor werden in den kommenden Jahren weitere Bauprojekte umgesetzt. In Katar hat der Bausektor ebenfalls jüngst deutlich an Dynamik gewonnen. Im Jahr 2011 legte die Branche real um 9,9 Prozent zu. In den ersten drei Quartalen 2012 belief sich das Wachstum auf real 8,5 Prozent. In diesem Jahr und darüber hinaus wird der Bausektor mit einiger Wahrscheinlichkeit noch deutlicher expandieren. Denn bis zur Fußball-WM im Jahr 2022 müssen Projekte mit einem Volumen von rund 200 Mrd. US- Dollar realisiert werden. Für ein Land mit nur 1,8 Mio. Einwohnern stellt dies einen Kraftakt dar. Für ausländische Baufirmen eröffnen sich lukrative geschäftliche Chancen. Investiert wird in allen möglichen Bereichen: in den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, in städtebauliche Großvorhaben, in Hotels und Sportstätten und anderes mehr. Größtes Einzelprojekt ist die geplante Lusail City. Diese 45 Mrd. US-Dollar teure Stadt entsteht auf einer bisher kaum bebauten und rund 38 Quadratkilometer großen Wüstenfläche im Nordosten der Hauptstadt Doha. In den 19 Stadtbezirken sollen einmal 200.000 Menschen leben und 170.000 Menschen arbeiten. Mit der Überwachung von zwölf großen Teilprojekten der Lusail wurde die Offenbacher Dorsch Gruppe beauftragt. Auch in den anderen Staaten des Golfkooperationsrates (GCC) – also in Bahrain, Kuwait und im Sultanat Oman – werden immer wieder interessante Bauprojekte ausgeschrieben. Laut GTAI geht der Trend in Richtung erschwinglicher Wohnraum für die Mittelschicht. Dieses Segment sei groß und weise Nachholbedarf auf. Beispielsweise plant die ägyptische Housing und Development Bank (HDB) Wohnungsprojekte für mittlere Einkommensbezieher in der südlich von Kairo gelegenen Stadt Helwan. Dort sollen 2000 Wohnungen entstehen. Die Investitionskosten werden auf eine Mrd. ägyptische Pfund (etwa 112 Mio. Euro) veranschlagt. Ein weiterer Wachstumsbereich im Land am Nil ist der Ausbau der sozialen Infrastruktur, vor allem im Gesundheitswesen und im Bildungssektor. An Investitionen geht hier kein Weg vorbei, wobei häufig internationale Finanzierungen Projekte ermöglichen. Im öl- und gasreichen Algerien sieht der Infrastrukturplan der Regierung für die Jahre 2010 bis 2014 massive Investitionen in den Transportsektor (Straßen, Schienennetz, Flug- und Seehäfen) und in andere Bauprojekte vor. Unter anderem sollten den ursprünglichen Planungen zufolge zwei Mio. Wohnungen gebaut werden. Inzwischen wurde die Zahl der geplanten Wohnungen laut GTAI von zwei auf 2,45 Mio. Einheiten (bis 2015) aufgestockt. Davon wurden 491.000 Wohnungen fertiggestellt, während sich derzeit 790.000 im Bau befinden. Die Regierung räumt dem Wohnungsbau wegen des chronischen und großen Mangels an Wohnraum höchste Priorität ein und sucht nach Wegen, die Bautätigkeit zu beschleunigen. Beispielsweise beschloss das Parlament einen Aktionsplan zur Partnerschaft mit ausländischen Baufirmen. Von internationalen Kooperationen erhofft man sich nicht nur die Beschleunigung der Bauaktivitäten, sondern auch den Aufbau einer modernen Industrie für Fertigbauteile. Foto: PERI GmbH SOUQ / 2/2013 42

Branchen SOUQ Saudi-Arabien: Boomender Markt mit steuerlichen Besonderheiten Nachdem der Staatshaushalt Saudi-Arabiens bereits 2012 alle vorherigen Budgets in den Schatten stellte, liegt der Etat für 2013 noch einmal fast ein Fünftel darüber. Von den knapp 220 Mrd. US-Dollar soll etwas weniger als die Hälfte in den Ausbau der Infrastruktur fließen. Deutschland, dem drittgrößten Handelspartner des Königreichs, eröffnen diese immensen Investitionen große Chancen. Wer diese Chancen nutzen will, muss aber einige Besonderheiten beachten – auch im Steuerrecht. Von Dr. Oliver Klein Auf den ersten Blick Auf den ersten Blick erscheinen die Rahmenbedingungen für unternehmerisches Handeln in Saudi-Arabien optimal. Aufgrund derart attraktiver Rahmenbedingungen, einer boomenden Wirtschaft sowie der Vorliebe vieler Saudis für deutsche Qualitätsprodukte haben schon zahlreiche Unternehmen des deutschen Mittelstandes und deren internationale Mitbewerber ihre geschäftlichen Aktivitäten nach Saudi-Arabien ausgeweitet. Aufgrund der verheißungsvollen Verlautbarungen öffentlicher Stellen verzichten viele dieser Unternehmen vor dem Markteintritt auf eine eingehende Untersuchung der kulturellen, rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen. Im globalen „Doing Business Report“ der Weltbank erreicht das Land im Jahr 2013 dementsprechend auch Platz 22 von 185 untersuchten Volkswirtschaften. Demnach gilt das Umfeld für Unternehmen in Saudi-Arabien als besser denn in Japan (24.), der Schweiz (28.), Österreich (29.) und den Niederlanden (31.). Mit Deutschland auf dem 20. Rang ist Saudi-Arabien laut Weltbank-Ranking fast gleichauf. Auf den zweiten Blick offenbaren lokale Besonderheiten jedoch unerwartete Hindernisse beispielsweise bei der Gründung von Tochtergesellschaften bzw. Niederlassungen. Häufig weicht die tatsächliche Verfahrensdauer deutlich von den seitens der Behörden angegebenen Regelzeiten ab. Mit der erfolgreichen Gründung einer saudischen Präsenz Doing Business enden 2013 die Herausforderungen Saudi Arabia aber keineswegs. 71 Keine Steueroase PAYING TAXES Dem Ruf als Steuerparadies zum Trotz können sich ausländische Unternehmen einer Steuerbelastung von mehr als der Hälfte der Ge- What are the details? The indicators reported here for Saudi Arabia are LOCATION OF STANDARDIZED COMPANY winne based on a ausgesetzt standard set of taxes sehen. and contributions Die abweichende Beurteilung der Weltbank that would be paid by the case study company beruht used by Doing darauf, Business dass in collecting sie the sich data auf (see die City: Besteuerung Riyadh saudischer Staatsangehöriger cover). Tax practitioners bezieht are und asked die to Abgabenlast review für Ausländer außer Acht the section in this chapter on what the indicators lässt. standard financial statements as well as a standard list of transactions that the company completed during the year. Respondents are asked how much The taxes and contributions paid are listed in the Summary of tax rates and administrative burden in Saudi Arabia Indicator Saudi Arabia Middle East & North Africa average OECD high income average Payments (number per year) 3 19 12 Time (hours per year) 72 184 176 Profit tax (%) 2.1 11.9 15.2 Labor tax and contributions (%) 12.4 16.5 23.8 Other taxes (%) 0.0 3.9 3.7 Total tax rate (% profit) 14.5 32.3 42.7 Note: In cases where an economy’s regional classification is “OECD high income,” regional averages above are only displayed once. Grafik links: Weltbank – Doing Business Report 2013 Nach den Erhebungen der Weltbank ist das Steuerrecht des Königreichs sogar so attraktiv, dass es auf Platz 3 des globalen Rankings steht. Lediglich die Vereinigten Arabischen Emirate, die Platz 1 belegen und Katar auf Platz 2 bieten nach Auffassung der Weltbank ein noch attraktiveres Umfeld. Auf den zweiten Blick Tax or mandatory contribution Employer paid - Social security contributions Payments (number) Notes on payments Time (hours) Statutory tax rate 1 online filing 40 11% Zakat 1 32 3% Tax base gross salaries taxable income Total tax Notes on rate (% of total tax rate profit) Vehicle fee 1 0 0 small amount Totals 3 72 14.5 Source: Doing Business database. summary below, along with the associated number of Die in taxes Einkünfte and mandatory und contributions das Vermögen the business saudischer Unternehmen unterliegen lediglich der Zakat, einer religiösen Abgabe, welche für wohltä- payments, time and tax rate. must pay and what the process is for doing so. tige Zwecke zu verwenden ist. Der Abgabesatz beträgt nur 2,5%. Zudem ist die Bemessungsgrundlage recht eng gefasst, weil der größte Teil des Anlagevermögens von der Zakat befreit ist. 12.4 2.1 43 SOUQ / 2/2013

Geschäftspraxis<br />

Branchen<br />

SOUQ<br />

Unternehmen, die etwas von dem Kuchen<br />

abbekommen wollen, sind daher gut beraten,<br />

das Ausschreibungsgeschehen aufmerksam<br />

zu beobachten.<br />

Außerhalb der Golfregion gelten derzeit vor<br />

allem Ägypten und Algerien als Märkte mit<br />

hohem Potenzial. In Ägypten ist zum Beispiel<br />

das Bevölkerungswachstum von etwa zwei<br />

Prozent der Treiber der Wohnungsnachfrage.<br />

Jedes Jahr nimmt die Zahl der Einwohner um<br />

1,5 bis zwei Mio. Menschen zu.<br />

Jaber Al Ahmed Al Sabah Hospital<br />

Wohnungen. Die Regierung hat sich daher<br />

das Ziel gesteckt, den Wohnungsbestand von<br />

4,6 Mio. Einheiten (2010) binnen zehn Jahren<br />

auf etwa sieben Mio. Wohnungen auszuweiten.<br />

Im Frühjahr 2011 wurde ein Programm<br />

(„Saudi Housing Project“) gestartet, das den<br />

Bau von 500.000 Wohnungen vorsieht und<br />

mit einem Gesamtbudget von umgerechnet<br />

67 Mrd. US-Dollar ausgestattet ist.<br />

In der gegenwärtig laufenden ersten Projektphase<br />

sollen 100.000 Wohnungen entstehen.<br />

Das saudische Wohnungsbauministerium<br />

beauftragte im Oktober 2011 die US-Architektur-<br />

und Ingenieurfirma Parsons damit,<br />

elf Projekte mit insgesamt 25.000 bis 30.000<br />

Wohnungen zu planen und die Bauarbeiten<br />

zu überwachen. Bis März <strong>2013</strong> ist aber<br />

keines der geplanten Teilprojekte vergeben<br />

worden. Das heißt: Der erwartete Boom im<br />

Wohnungsbau steht noch bevor.<br />

Im saudischen Bürosektor werden derzeit<br />

zahlreiche Bauvorhaben realisiert. Allerdings<br />

wächst laut GTAI die Nachfrage nach<br />

Büroraum langsamer als das Angebot, so<br />

dass das Potenzial hier mittelfristig geringer<br />

ist als im Wohnungsbau. Groß ist der<br />

Bedarf an zusätzlichen Kapazitäten dagegen<br />

im saudischen Hotelsektor. Die großen internationalen<br />

Hotelketten wie Hilton, Marriott<br />

und Hyatt International planen daher<br />

in dem Königreich zahlreiche Hotelprojekte.<br />

Besonders groß ist der Nachholbedarf wegen<br />

des wachsenden Pilgerstroms in die heilige<br />

Stadt Mekka. Auch im saudischen Gesundheitswesen<br />

und im Bildungssektor werden in<br />

den kommenden Jahren weitere Bauprojekte<br />

umgesetzt.<br />

In Katar hat der Bausektor ebenfalls jüngst<br />

deutlich an Dynamik gewonnen. Im Jahr<br />

2011 legte die Branche real um 9,9 Prozent<br />

zu. In den ersten drei Quartalen 2012 belief<br />

sich das Wachstum auf real 8,5 Prozent. In<br />

diesem Jahr und darüber hinaus wird der<br />

Bausektor mit einiger Wahrscheinlichkeit<br />

noch deutlicher expandieren. Denn bis zur<br />

Fußball-WM im Jahr 2022 müssen Projekte<br />

mit einem Volumen von rund 200 Mrd. US-<br />

Dollar realisiert werden. Für ein Land mit<br />

nur 1,8 Mio. Einwohnern stellt dies einen<br />

Kraftakt dar. Für ausländische Baufirmen eröffnen<br />

sich lukrative geschäftliche Chancen.<br />

Investiert wird in allen möglichen Bereichen:<br />

in den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, in<br />

städtebauliche Großvorhaben, in Hotels und<br />

Sportstätten und anderes mehr. Größtes Einzelprojekt<br />

ist die geplante Lusail City. Diese<br />

45 Mrd. US-Dollar teure Stadt entsteht auf<br />

einer bisher kaum bebauten und rund 38<br />

Quadratkilometer großen Wüstenfläche im<br />

Nordosten der Hauptstadt Doha. In den 19<br />

Stadtbezirken sollen einmal 200.000 Menschen<br />

leben und 170.000 Menschen arbeiten.<br />

Mit der Überwachung von zwölf großen<br />

Teilprojekten der Lusail wurde die Offenbacher<br />

Dorsch Gruppe beauftragt.<br />

Auch in den anderen Staaten des Golfkooperationsrates<br />

(GCC) – also in Bahrain, Kuwait<br />

und im Sultanat Oman – werden immer wieder<br />

interessante Bauprojekte ausgeschrieben.<br />

Laut GTAI geht der Trend in Richtung erschwinglicher<br />

Wohnraum für die Mittelschicht.<br />

Dieses Segment sei groß und weise<br />

Nachholbedarf auf. Beispielsweise plant die<br />

ägyptische Housing und Development Bank<br />

(HDB) Wohnungsprojekte für mittlere Einkommensbezieher<br />

in der südlich von Kairo<br />

gelegenen Stadt Helwan. Dort sollen 2000<br />

Wohnungen entstehen. Die Investitionskosten<br />

werden auf eine Mrd. ägyptische Pfund<br />

(etwa 112 Mio. Euro) veranschlagt.<br />

Ein weiterer Wachstumsbereich im Land am<br />

Nil ist der Ausbau der sozialen Infrastruktur,<br />

vor allem im Gesundheitswesen und im Bildungssektor.<br />

An Investitionen geht hier kein<br />

Weg vorbei, wobei häufig internationale Finanzierungen<br />

Projekte ermöglichen.<br />

Im öl- und gasreichen Algerien sieht der Infrastrukturplan<br />

der Regierung für die Jahre<br />

2010 bis 2014 massive Investitionen in den<br />

Transportsektor (Straßen, Schienennetz,<br />

Flug- und Seehäfen) und in andere Bauprojekte<br />

vor. Unter anderem sollten den ursprünglichen<br />

Planungen zufolge zwei Mio.<br />

Wohnungen gebaut werden. Inzwischen<br />

wurde die Zahl der geplanten Wohnungen<br />

laut GTAI von zwei auf 2,45 Mio. Einheiten<br />

(bis 2015) aufgestockt. Davon wurden<br />

491.000 Wohnungen fertiggestellt, während<br />

sich derzeit 790.000 im Bau befinden.<br />

Die Regierung räumt dem Wohnungsbau<br />

wegen des chronischen und großen Mangels<br />

an Wohnraum höchste Priorität ein<br />

und sucht nach Wegen, die Bautätigkeit zu<br />

beschleunigen. Beispielsweise beschloss das<br />

Parlament einen Aktionsplan zur Partnerschaft<br />

mit ausländischen Baufirmen. Von<br />

internationalen Kooperationen erhofft man<br />

sich nicht nur die Beschleunigung der Bauaktivitäten,<br />

sondern auch den Aufbau einer<br />

modernen Industrie für Fertigbauteile.<br />

Foto: PERI GmbH<br />

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