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Phys. Dirk Burghardt

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1<br />

Automatisierung der kartographischen Verdrängung<br />

mittels Energieminimierung<br />

Der Fakultät für Forst-, Geo- und Hydrowissenschaften<br />

der Technischen Universität Dresden<br />

zur Erlangung des akademischen Grades<br />

Doktor-Ingenieur (Dr.-Ing.)<br />

vorgelegte Dissertation<br />

von<br />

Dipl.-<strong>Phys</strong>. <strong>Dirk</strong> <strong>Burghardt</strong><br />

aus Dresden


2<br />

Für Cornelia & Annabella<br />

Tag der Einreichung: 19. 05. 2000<br />

Tag der Verteidigung: 07. 12. 2000<br />

Gutachter: Prof. Dr. S. Meier (TU Dresden)<br />

Prof. Dr. R. Weibel (Universität Zürich-Irchel)<br />

Dr. G. Zeppenfeld (vormals Maptech AG Horw-Luzern)


3<br />

Zusammenfassung<br />

Mit Hilfe hochqualifizierter Graphik-Software ist es möglich geworden, topographische Karten<br />

aus digitalen Daten rechnergestützt herzustellen. Allerdings weisen die Rohausdrucke zufolge der<br />

per Konvention vorgegebenen Signaturgröße diverse graphische Konflikte auf, die gegenwärtig<br />

noch manuell recht aufwendig beseitigt werden müssen. Die Nacharbeiten beanspruchen den<br />

größten Anteil am Gesamtaufwand. Eine Automatisierung der verschiedenen Generalisierungsoperationen<br />

ist wünschenswert und sollte bei heutigen Stand der Informationstechnologie auch<br />

möglich sein.<br />

Für die automatisierte kartographische Verdrängung von Vektordaten kann eine Bearbeitung<br />

von Punkt-, Linien- und Flächenobjekten unterschieden werden. Zentrale Stellung nimmt die Beschreibung<br />

der Linienobjekte ein, da das menschliche Auge hier besonders empfindlich gegenüber<br />

Formänderungen infolge Verdrängung ist. Splines sind ein in vielen Anwendungen verbreitetes<br />

Modell zur Beschreibung von Linien. Speziell die energieminimierenden Splines (Snakes)<br />

berücksichtigen Verformungen unter Einwirkung äußerer Kräfte. Bei geeigneter Wahl der inneren<br />

Energie kann einer Gestaltsänderung infolge notwendiger Verdrängungen entgegengewirkt<br />

werden. Die innere Energie erfaßt Längen- und Krümmungsänderungen des Splines bezüglich<br />

des ursprünglichen Zustandes, die sich in Änderungen der approximierten ersten und zweiten<br />

Ableitung der Linie nach der Bogenlänge zeigen. In der kartographischen Verdrängung müssen<br />

Mindestabstände zwischen benachbarten Kartenobjekten eingehalten werden. Die äußere Energie<br />

wird verwendet, um die Ursache der Verdrängung zu beschreiben.<br />

Die Methode der Energieminimierung ermöglicht die sonderfallunabhängige Lösung vorgestellter<br />

Aspekte der Konfliktbeseitigung bei gleichzeitiger Formerhaltung als Optimierungsaufgabe. Die<br />

Variation des sich aus innerer und äußerer Energie zusammensetzenden Energie-Integrals liefert<br />

als äquivalente Formulierung die Euler-Gleichungen. Für die numerische Lösung werden diese<br />

diskretisiert und iterativ durch Anwendung der Cholesky-Zerlegung gelöst. Die Parametrisierung<br />

der energieminimierenden Splines mittels Tangentenwinkelfunktion (Tafus) liefert anstelle<br />

von zwei Euler-Gleichungen 4. Ordnung eine Gleichung 2. Ordnung. Die Vereinfachung des<br />

Gleichungssystems erfordert allerdings zusätzliche Berechnungen für die Transformationen der<br />

resultierenden Richtungsänderungen in kartesische Koordinaten. Der Nachweis der angestrebten<br />

Konvergenzbeschleunigung steht noch aus. Eine alternative Methode zur Energieminimierung<br />

mittels Variationsverfahren ist der Greedy-Algorithmus. Dieser minimiert bei der Verdrängung<br />

von Linienobjekten die Energie jeder einzelnen Stützstelle durch kleine Verschiebungen. Im<br />

Gegensatz zum Variationsverfahren ist die Wirkungsweise daher eher lokal. Vorteilhafte Anwendungen<br />

ergeben sich in der Verdrängung von Gebäudegrundrissen oder in der Plazierung von<br />

Schriftboxen.<br />

Die Integration des vorgestellten Verdrängungsansatzes in ein kartographisches Produktionssystem<br />

liefert den Nachweis der praktischen Anwendbarkeit. Die Zusammenarbeit mit einem<br />

Praxispartner erschließt zusätzliche Anwendungsfelder; z.B. wurde die automatisierte Randbearbeitung<br />

zur Ableitung topographischer Karten aus blattschnittfreien Daten entwickelt. Der<br />

Umfang an wissenschaftlicher Forschung für die Entwicklung neuer Produkte wird entsprechend<br />

der gemachten Erfahrung mit 30 bis 50 Prozent des Gesamtaufwandes veranschlagt.


4<br />

Abstract<br />

With the help of highly advanced cartographic software programs it is possible to produce<br />

topographic maps from digital data. In some cases, however, there exist graphical conflicts,<br />

because symbol widths require more space than their real-size equivalents. Generalization of<br />

such objects by manual editing is rather time-consuming. Therefore, automation of generalization<br />

operations is desirable and should be possible in the age of information technology.<br />

Automated cartographic displacement of vector data distinguishes between point, line and area<br />

objects subject to processing. Modeling of line objects assumes a central position, because the<br />

human eye is extremely sensitive to shape alterations caused by displacement. In many applications<br />

splines are well-known tool for describing lines. It is especially the energy-minimizing<br />

spline also called snakes model shape deformation as a result of external forces. The internal<br />

energy is used to maintain the line shape which has been displaced due to conflicts. First and<br />

second derivatives of the line coordinates with respect to the arc length are used as quality<br />

measures. In cartographic displacement a minimal distance between adjacent objects should be<br />

maintained. The external energy is used to describe the conflict situation if objects are too close<br />

to each other.<br />

To solve the graphic conflicts while maintaining the shape of the objects, the method of energy<br />

minimization is employed. Minimizing the energy functional of internal and external energy<br />

leads to two independent Euler equations. These are discretized by means of finite differences.<br />

The equations can be solved iteratively using the Cholesky factorization. Parametrization of the<br />

energy-minimizing splines by means of the tangent angle function (tafus) replaces the two eulerian<br />

equations of the 4 th order with one equation of the 2 nd order. Simplification of the equation<br />

system requires an additional amount of calculation for transforming the resulting changes of<br />

line direction to attain cartesian coordinates. Verification of a desirably faster convergence has<br />

yet to be achieved. The Greedy Algorithm is an alternative procedure to accomplish energy<br />

minimization using the Variational Calculus. With the aid of this algorithm the energy of each<br />

individual support point is minimized by way of minor displacements. As opposed to the Variational<br />

Calculus the effects are more local. Therefore, the Greedy Algorithm is advantageous<br />

used for the displacement of buildings or for the positioning of label boxes.<br />

The integration of this displacement approach in a cartographic program provides evidence of<br />

the fact that it can be used in practical applications. Cooperation with a software producer<br />

will help to find additional fields of application, a case in point being the automated map edge<br />

work which allows displacement and suppression of text and symbols at the map boundaries.<br />

Experience has shown that the research effort required for developing new software tools is<br />

estimated to amount to between 30 and 50 percent of the total effort.


Inhaltsverzeichnis 5<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Verzeichnis der Tabellen 7<br />

Verzeichnis der Abbildungen 7<br />

1 Einleitung 9<br />

1.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />

1.2 Übersicht der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />

2 Theoretische und praktische Grundlagen 13<br />

2.1 Grundlagen der Generalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

2.1.1 Begriffsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

2.1.2 Qualität der Kartendarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

2.1.3 Generalisierungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

2.1.4 Elementare Generalisierungsvorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

2.2 Grundlagen der automatisierten Generalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

2.2.1 Modellierung von Geometrie, Topologie und Semantik . . . . . . . . . . . 18<br />

2.2.2 Wissensakquisition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />

2.2.3 Wissensbasierte Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />

2.3 Bisherige Verdrängungslösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

2.3.1 Geometrische Ansätze für Vektordaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

2.3.2 Konfliktmodellierung mittels Rasterdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

2.3.3 Verdrängung als Optimierungsproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

3 Verdrängung von Linienobjekten 31<br />

3.1 Splines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />

3.1.1 Interpolierende und approximierende Splines . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />

3.1.2 Energieminimierende Splines (Snakes) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />

3.2 Linienverdrängung mit Snakes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />

3.2.1 Prinzip der Energieminimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />

3.2.2 Innere und äußere Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34<br />

3.2.3 Variationsverfahren und Eulergleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />

3.2.4 Tangent Angle Function Snakes (TAFUS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />

3.3 Diskretisierung und numerische Realisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />

3.3.1 Finite Differenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />

3.3.2 Finite Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />

3.3.3 Numerische Stabilität, Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />

3.3.4 Alternatives Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43<br />

4 Verdrängung von Punkt- und Flächenobjekten 47<br />

4.1 Verdrängung von Punktobjekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47<br />

4.1.1 MkQ und Simplexverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47<br />

4.1.2 Energieminimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49<br />

4.2 Verdrängung von Flächenobjekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50<br />

4.2.1 Verdrängung von Flächenobjekten mit festem Rand . . . . . . . . . . . . 50<br />

4.2.2 Verdrängung von Flächenobjekten mit beweglichem Rand . . . . . . . . . 52


6 Inhaltsverzeichnis<br />

5 Praktische Anwendungen 54<br />

5.1 Amtliches Topographisch-Kartographisches Informationssystem (ATKIS) . . . . . 54<br />

5.1.1 Datenmodelle und -strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54<br />

5.1.2 Maßstabsabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56<br />

5.1.3 Verdrängungsbeispiel mit ATKIS-Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57<br />

5.1.4 Behandlung von Kreuzungen und Einmündungen . . . . . . . . . . . . . . 61<br />

5.2 Automatisierte Verdrängung im Maptech-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61<br />

5.2.1 Einordnung im Programmsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61<br />

5.2.2 Parameter zur Steuerung der Verdrängung . . . . . . . . . . . . . . . . . 62<br />

5.2.3 Ergebnisse und Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64<br />

5.2.4 Automatisierte Randbearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70<br />

6 Zusammenfassung und Ausblick 78<br />

Literatur 81<br />

Anhang 88<br />

A Analyse von Verdrängungssituationen in topographischen Karten 88<br />

B Herleitung des Abstandes a i in Formel (3.2-4) 93<br />

C Rekursive Herleitung der Koordinatenfunktion B 2,j (t) 94<br />

D Vergrößerung und Verkleinerung von Flächen 95


Verzeichnis der Tabellen 7<br />

Verzeichnis der Tabellen<br />

2.1-1 Genauigkeitsmaße für Objekte in der Ebene (nach Bethge, 1997) . . . . . . . . . 15<br />

2.2-1 Arten geographischer Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

2.2-2 Anwendung der Graphentheorie in der Generalisierung . . . . . . . . . . . . . . . 21<br />

2.2-3 Vergleich möglicher Datenbanktypen (nach Weisgerber, 1998) . . . . . . . . . . 23<br />

2.2-4 Verschiedene Arten von kartographischem Wissen (nach Uthe, 1996) . . . . . . 23<br />

5.1-1 Platzbedarf von Straßen in Karten verschiedener Maßstäbe . . . . . . . . . . . . 57<br />

5.1-2 Anteil dargestellter Gebäude . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57<br />

5.1-3 Parameter und Steuergrößen für Beispiel Garbsen (siehe Abbildungen 5.1-3, 5.1-4) 58<br />

A-1 Verdrängungsanalyse für Bahnobjekte der TK25 (bezogen auf TK10) . . . . . . . 89<br />

A-2 Verdrängungsanalyse für Bahnobjekte der TK50 (bezogen auf TK10) . . . . . . . 89<br />

A-3 Verdrängungsanalyse für Bahnobjekte der TK100 (bezogen auf TK10) . . . . . . 89<br />

A-4 Fehlerabschätzung für Bahnobjekte aus TK10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90<br />

A-5 Fehlerabschätzung für Bahnobjekte aus TK25 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90<br />

A-6 Fehlerabschätzung für Bahnobjekte aus TK50 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90<br />

A-7 Fehlerabschätzung für Bahnobjekte aus TK100 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90<br />

A-8 Verdrängungsanalyse für Gewässer-, Straßen- und Bahnobjekte der TK25, TK50<br />

und TK100 (bezogen auf TK10) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92<br />

Verzeichnis der Abbildungen<br />

2.1-1 Erzeugung und Interpretation kartographischer Informationen auf verschiedenen<br />

Abstraktionsebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15<br />

2.1-2 Genauigkeitsmaße zur Steuerung von Parametern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

2.1-3 Arten der Generalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

2.1-4 Elementarvorgänge der Generalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

2.2-1 Beispiel für die explizite Speicherung topologischer Informationen . . . . . . . . . 20<br />

2.2-2 Relation nach Euler-Poincare zur Konsistenzprüfung in planaren Graphen . . 21<br />

2.2-3 Detektion topologischer Konflikte mittels Triangulation . . . . . . . . . . . . . . 22<br />

2.2-4 Prozeß der Wissensakquisition mit direkten, indirekten und automatischen Verfahren 24<br />

2.2-5 Grundlegender Aufbau eines wissensbasierten Systems . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />

2.3-1 Verdrängung einer Höhenlinie durch eine Straße (nach Töpfer, 1974) . . . . . . 28<br />

2.3-2 Verdrängungsgebirge (nach Jäger, 1990) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

2.3-3 Federkraftmodell (nach Bobrich, 1996) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

3.2-1 Analogie zwischen Konturerkennung und Linienverdrängung . . . . . . . . . . . . 33<br />

3.2-2 Schema zur Linienverdrängung mittels Energieminimierung . . . . . . . . . . . . 34<br />

3.2-3 Beispiel zur Bestimmung des Verdrängungspotentials (im Punkt P i der Linie L I<br />

bezüglich der Linie L J ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35<br />

3.2-4 Beispiel eines erzeugenden Verdrängungsgebirges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />

3.3-1 Berechnung der externen Energie für TAFUS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />

3.3-2 Lineare und quadratische B-Splines zuzüglich erster und zweiter Ableitung . . . . 41<br />

3.3-3 Konditionszahl als Funktion der Dimension n und für feste α = β = γ = 1 . . . . 43<br />

3.3-4 Schema zur Verdrängung mit dem Greedy-Algorithmus . . . . . . . . . . . . . . . 44<br />

3.3-5 Beispiel zur Verdrängung mit Variationsverfahren und Greedy-Algorithmus . . . . 45<br />

3.3-6 Vergleich der Verschiebungsbeträge δv über der Bogenlänge s . . . . . . . . . . . 46<br />

4.1-1 Hardcore-Abstand P i P k . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47


8 Verzeichnis der Abbildungen<br />

4.1-2 Punktverdrängung mit Hilfe von linearer und quadratischer Optimierung . . . . 48<br />

4.1-3 Nachbarschaftsrelationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49<br />

4.1-4 Punktverdrängung mittels Energieminimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50<br />

4.2-1 Verdrängung von Flächen mit festem Rand mittels Greedy-Algorithmus . . . . . . 51<br />

4.2-2 Gebäudeverdrängung mittels Greedy-Algorithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . 52<br />

5.1-1 ATKIS - Datenmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54<br />

5.1-2 Signaturbreite lt. Musterblatt und natürliche Breite im Kartenmaß als Funktion<br />

der Maßstabszahl und des Maßstabes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56<br />

5.1-3 Ablauf der Linienverdrängung mittels Variationsverfahren . . . . . . . . . . . . . 59<br />

5.1-4 Beispiel zur Linienverdrängung mittels Variationsverfahren . . . . . . . . . . . . 60<br />

5.2-1 Benutzer-Menü für verschiedene Generalisierungsfunktionen . . . . . . . . . . . . 63<br />

5.2-2 Objektabhängige Parameter für Linien- und Flächenverdrängung . . . . . . . . . 63<br />

5.2-3 Beispiel zur Generalisierung von Linienobjekten, Maßstab 1:250 000 . . . . . . . . 65<br />

5.2-4 Joblisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66<br />

5.2-5 Beispiel zur Gebäudeverdrängung, Maßstab 1:10 000 . . . . . . . . . . . . . . . . . 67<br />

5.2-6 Beispiel zur Generalisierung von Linien- und Flächenobjekten, Maßstab 1:25 000 . 68<br />

5.2-7 Flächenrandobjekt für die automatisierte Randbearbeitung . . . . . . . . . . . . 71<br />

5.2-8 Objektspezifische Parameter bei der Randbearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . 71<br />

5.2-9 Benutzer-Menü für die automatisierte Randbearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . 73<br />

5.2-10 Beispiel zur Randbearbeitung eines Stadtplanes, Maßstab 1:15 000 . . . . . . . . . 75<br />

5.2-11 Beispiel zur Randbearbeitung einer Übersichtskarte, Maßstab 1:250 000 . . . . . . 76<br />

5.2-12 Vergleich von manueller und automatisierten Randbearbeitung, Maßstab 1:250 000 77<br />

A-1 Fläche zwischen einem Linienobjekt im Grundmaßstab und im Folgemaßstab als<br />

Verdrängungsmaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88<br />

A-2 Digitalisierte Kartenobjekte in verschiedenen Maßstäben . . . . . . . . . . . . . . 91


9<br />

1 Einleitung<br />

1.1 Motivation<br />

Die Forderung nach aktuellen Karten, kostengünstiger Herstellung und Fortführung sowie der<br />

Wunsch, Geoinformationen zu visualisieren, sind Gründe für den Übergang von der klassischen<br />

(analogen) Kartographie zur Digitalkartographie. Dieser Wandel vollzieht sich sowohl in der Herstellung<br />

als auch in der Kartenpräsentation mit der Erschließung neuer Anwendungsfelder. Der<br />

Begriff Karte kann heute weiter gefaßt werden. So bezeichnet er nicht mehr nur die traditionellen<br />

gedruckten Karten (z.B. topographische Karte, Straßenkarte, Wanderkarte), sondern auch Bildschirmkarten,<br />

wie sie in der Fahrzeugnavigation, im Internet oder in Geoinformationssystemen<br />

zur Anwendung kommen.<br />

Im Zeitalter moderner Kommunikations- und Informationstechnologien haben sich die Methoden<br />

zur Gewinnung von räumlichen Daten rasant entwickelt. So liefern die unterschiedlichsten<br />

Verfahren (z.B. Satelliten- und Luftbildauswertung, GPS, Laserscanning etc.) in kurzer Zeit<br />

hochgenaue Daten. Ebenso hat sich das Anwendungsgebiet dieser Daten erweitert, z.B. in der<br />

Umweltanalyse, in Navigationssystemen und der Standortplanung. Die Datenaufbereitung und<br />

Visualisierung ist dabei wichtiges Bindeglied, deren Qualität, aber auch Aktualität über die<br />

Eignung für die verschiedenen Anwendungen entscheidet.<br />

Topographische Karten, als Beispiel für die Darstellung räumlicher Daten, erfüllen traditionell<br />

hohe Qualitätsansprüche hinsichtlich Genauigkeit, Wiedererkennbarkeit und Gestaltung.<br />

Erkauft wird dies durch zeitaufwendige manuelle Generalisierung, welche auf jahrzehntelangen<br />

Erfahrungen beruht. Um in kürzeren Zeiträumen aktuelle Karten erzeugen zu können,<br />

müssen rechnergestützte Generalisierungslösungen entwickelt werden. Damit eröffnet sich ein<br />

weites Tätigkeitsfeld für den Kartographen. Einerseits ist sein Wissen während der Softwareentwicklung<br />

von Generalisierungswerkzeugen gefragt. Andererseits obliegt ihm die Anwendung und<br />

interaktive Steuerung mittels Parameter im Prozeß der Kartenherstellung. Schließlich beurteilt<br />

der Kartograph die Eignung der angebotenen Generalisierungslösungen unter dem Gesichtspunkt<br />

unterschiedlicher Nutzeranforderungen.<br />

Der Generalisierungsprozeß setzt sich aus unterschiedlichen elementaren Generalisierungsvorgängen<br />

zusammen, die einander bedingen. In der Regel unterscheidet man Auswählen, Zusammenfassen,<br />

Vereinfachen, Vergrößern, Verdrängen, Klassifizieren und Bewerten. Kartensignaturen<br />

werden so gewählt, daß eine optische Wahrnehmung in den verschiedenen Maßstäben<br />

gewährleistet ist. Damit beanspruchen die Objekte in der Karte, relativ gesehen, mehr Fläche<br />

als in der realen Welt. Die Folge sind Verluste an Freiflächen und auftretende Überlagerungen benachbarter<br />

Signaturen. Die Verdrängung von Signaturen in Bereiche geringerer Kartenbelastung<br />

ist eine Möglichkeit, die Lesbarkeit kartographischer Darstellungen zu erhöhen.<br />

Die vorliegende Arbeit behandelt die Entwicklung von Algorithmen für eine automatisierte Verdrängung<br />

bis zur Anwendung in einem kartographischen Produktionssystem. Dabei wird untersucht,<br />

wie die Verdrängung von punkt- und linienförmigen sowie flächenhaften Objekten in<br />

einem einheitlichen Konzept, jenem der Energieminimierung, automatisiert durchgeführt werden<br />

kann.<br />

1.2 Übersicht der Arbeit<br />

Kapitel 2: Zu Beginn erfolgt eine begriffliche Abgrenzung der Generalisierung“ und es wird<br />

”<br />

deren Abhängigkeit von Maßstab, Anwendungszweck und Wiedergabemedium diskutiert. Anschließend<br />

werden Qualitätskriterien näher erläutert, nach denen Kartendarstellungen beurteilt


10 Kapitel 1. Einleitung<br />

werden können. Dazu wird zwischen quantitativer und qualitativer Bewertung unterschieden.<br />

Die zugehörigen Meßgrößen bilden die Vorraussetzung für eine automatisierte Steuerung von<br />

Generalisierungsalgorithmen. Die Verdrängung wird als Elementarvorgang der kartographischen<br />

Generalisierung eingeordnet.<br />

Eine der grundlegenden Fragestellungen, die sich bei der Einführung von automatisierten Prozessen<br />

stellt, ist die Suche nach Möglichkeiten, vorhandenes Wissen in die Welt der Computer<br />

zu übertragen. Für die rechnergestützte Kartenherstellung ist zu ermitteln, was von den<br />

langjährigen Erfahrungen in der traditionellen Kartographie verwendet werden kann. Wo sind<br />

Gemeinsamkeiten in manuellen und automatisierten Abläufen ? Inwieweit können Regeln formuliert<br />

werden, die unabhängig von Spezialfällen anzuwenden sind ? Wodurch sind Ausnahmen<br />

gekennzeichnet ? Mit verschiedenen Möglichkeiten zur Erfassung des vorhandenen Wissens<br />

beschäftigt sich die Theorie der Wissensakquisition. Am anspruchsvollsten ist dabei die Formalisierung,<br />

d.h. die Umsetzung vorhandener Erkenntnisse in programmierbare Regeln oder<br />

mathematische Formeln.<br />

Am Ende des Kapitels sind vorhandene Arbeiten auf dem Gebiet der automatisierten Verdrängung<br />

übersichtsweise dargestellt. Dabei kann zwischen vektor- und rasterbasierten Ansätzen<br />

unterschieden werden. Während in den Veröffentlichungen der siebziger Jahre hauptsächlich<br />

geometrische Verfahren zur Lösung des Verdrängungsproblems entwickelt wurden, führte die<br />

Anwendung kommerzieller Rastersysteme Mitte der achtziger Jahre zur Entwicklung von Algorithmen<br />

auf der Basis von Rasterdaten. Aktuelle Arbeiten versuchen Gestaltsänderungen infolge<br />

Verdrängung zu erfassen und möglichst klein zu halten. Die Verdrängung unter Beibehaltung<br />

der charakteristischen Objektgestalt kann als Optimierungsproblem formuliert werden.<br />

Kapitel 3: Die Behandlung von Linien ist das Kernproblem der automatisierten Verdrängung,<br />

da schon kleine Änderungen in der Objektgestalt augenscheinlich sind und deshalb möglichst<br />

minimal gehalten werden müssen. Flächenobjekte sind durch ihren Rand festgelegt, so daß hier<br />

gleiche Modelle zur Anwendung kommen können. Als geeignetes Modell werden energieminimierende<br />

Splines eingeführt, die in der Bildverarbeitung zur Objektextraktion und Mustererkennung<br />

entwickelt wurden.<br />

Für die Anwendung in der Generalisierung, speziell der Linienverdrängung, werden die Terme<br />

der inneren und äußeren Energie konstruiert und zur Zielfunktion im Energie-Integral zusammengefaßt.<br />

Die äußere Energie modelliert Konflikte, die eine Verdrängung erfordern. Die innere<br />

Energie erfaßt die damit verbundenen Änderungen in der Liniengestalt. Da die Energieanteile<br />

einander entgegenwirken, stellt sich die Verdrängung als Optimierungsaufgabe dar. Die minimale<br />

Gesamtenergie findet man nach Variation des Energie-Integrals und Lösung der resultierenden<br />

Euler-Gleichungen. Zur Diskretisierung der Euler-Gleichungen können Differenzenverfahren oder<br />

finite Elemente verwendet werden. Beide Approximationen ermöglichen die Lösung der Euler-<br />

Gleichungen mittels Cholesky-Zerlegung.<br />

Neben den Untersuchungen zur Diskretisierung und Parametrisierung wird am Ende des Kapitels<br />

das Greedy-Verfahren als alternative Methode der Energieminimierung vorgestellt. Ein Vergleich<br />

mit dem Variationsverfahren zeigt Vor- und Nachteile beider Ansätze.<br />

Kapitel 4: Am Beispiel der Punktverdrängung wird die Anwendbarkeit unterschiedlicher Verfahren<br />

der linearen und quadratischen Optimierung untersucht. Mit der Methode der kleinsten<br />

Quadrate als Verfahren der quadratischen Optimierung wird die gewichtete Quadratsumme der<br />

Punktverschiebungen minimiert. Das Simplexverfahren als Standardmethode der linearen Optimierung<br />

minimiert die gewichteten Verschiebungsbeträge. Beide Ansätze zeigen vergleichbare<br />

Resultate. Anwendungen sind zum Beispiel in der thematischen Kartographie vorstellbar.


1.2. Übersicht der Arbeit 11<br />

Die Punktverdrängung mittels Energieminimierung kann analog zur Linienverdrängung mit dem<br />

Greedy-Verfahren realisiert werden. Da Punkte keine Struktur besitzen, kann für Einzelobjekte<br />

zunächst keine innere Energie festgelegt werden. Andererseits stehen Punktobjekte in enger<br />

Beziehung zu ihrer Nachbarschaft. Diese wird durch die Einführung sog. Cluster festgelegt.<br />

Weitere Möglichkeiten zur Modellierung der relativen Lage bietet die Delaunay-Triangulation.<br />

Bei der Flächenverdrängung wird zwischen Flächen mit festem oder beweglichem Rand unterschieden.<br />

Erstere sind als starre Objekte zu betrachten, die als Ganzes verschoben werden.<br />

Flächen mit beweglichem Rand können ihre Form ändern und sind daher mit Modellen der Linienverdrängung<br />

zu bearbeiten. Die Einteilung erfolgt in der Regel anhand des Zeichenschlüssels<br />

auf der Ebene der Objektklassen. Eine dem individuellen Objekt angepaßte Vorgehensweise<br />

besteht darin, geeignete Form- und Größenparameter zu verwenden.<br />

Eine wesentliche Anwendung für die Verdrängung von Flächen mit festem Rand ist die Gebäudeverdrängung.<br />

Da die digitalen Landschaftsmodelle der Landesvermessungsämter keine Gebäudedaten<br />

beinhalten, muß bei der Ableitung topographischer Karten für größere Maßstäbe auf<br />

zusätzliche Datenquellen zurückgegriffen werden. Sinnvoll ist hier z.B die Verwendung von digitalen<br />

Daten des Amtlichen Liegenschaftskatasters. Bei der Anpassung der Daten ist eine Verdrängung<br />

von Gebäuden unerläßlich, um Überlagerungen mit anderen Kartensignaturen zu vermeiden.<br />

Kapitel 5: Die Untersuchungen zur praktischen Anwendbarkeit des vorgestellten Verdrängungsansatzes<br />

werden in zwei Abschnitten behandelt. Zunächst wird die Funktionalität bei der<br />

Visualisierung eines ATKIS-Datensatzes (DLM25/1) nachgewiesen. Anschließend werden die<br />

Entwicklungen beschrieben, die für die Integration des Algorithmus in einem kartographischen<br />

Produktionssystem notwendig sind.<br />

Der Aufbau des Amtlichen Topographisch-Kartographischen Informationssystems trägt den aktuellen<br />

Entwicklungen auf dem Gebiet der Informationstechnolgie Rechnung. Nachdem die Daten<br />

in digitaler Form vorliegen, ist eine daraus abgeleitete kartographische Darstellung wünschenswert.<br />

Die dafür notwendigen Generalisierungsoperationen sollten weitgehend automatisch ablaufen,<br />

um Aktualität zu gewährleisten und die parallele Fortführung digitaler Kartenpräsentationen<br />

zu vermeiden.<br />

Für die Visualisierung eines Basis-Datensatzes ist als erstes festzulegen, in welchem Maßstab<br />

die Darstellung erfolgen soll. Daraus ergeben sich die verwendeten Signaturen und deren Ausdehnung,<br />

mit entscheidendem Einfluß auf den Grad der Generalisierung. Die Abhängigkeit von<br />

zunehmender Generalisierung bei Verwendung kleinerer Maßstäbe wird am Beispiel von Straßen<br />

und Gebäuden dargestellt. Anschließend erfolgt die Visualisierung des Beispieldatensatzes mit<br />

Beseitigung auftretender Überlagerungskonflikte. Eine Sonderbehandlung von Kreuzungen und<br />

Einmündungen erweist sich als erforderlich.<br />

Um die Praxisrelevanz des Verdrängungsalgorithmus nachzuweisen, sind Tests an unterschiedlichen<br />

Beispielen bzw. mit realen Datensätzen notwendig. Für weiterführende Untersuchungen<br />

wurde deshalb die Kooperation mit der Firma Maptech AG, CH-Horw gesucht, deren<br />

Programme aus Sicht des Verfassers zur Standardsoftware auf dem Gebiet der Digitalkartographie<br />

gehören. Da mehrere Landesvermessungsämter mit der genannten Software arbeiten,<br />

standen Testdaten in verschiedenen Maßstäben zur Verfügung. Wesentliche Vorteile bei der<br />

Nutzung dieses Kartographiesystems ergeben sich durch die Anbindung einer Datenbank, wodurch<br />

größere Datenmengen einfach zu handhaben sind. Des weiteren erfolgt eine automatische<br />

Ableitung der Kartensignaturen auf der Basis verwendeter Signaturenkataloge (z.B. ATKIS-<br />

Signaturenkataloge beliebiger Maßstäbe).


12 Kapitel 1. Einleitung<br />

Für die Einordnung der Generalisierungroutinen im Programmsystem erfolgt zunächst ein kurze<br />

Darstellung der Softwarekomponenten. Anschließend werden die Benutzermenüs und die Steuerparameter<br />

der Verdrängung erläutert. Dazu wird zwischen objektabhängigen und objektunabhängigen<br />

Parametern unterschieden. Anhand von Beispielen werden Ergebnisse der Linienund<br />

Flächenverdrängung diskutiert. Abschließend werden die gewonnenen Erfahrungen bei der<br />

praxisreifen Umsetzung automatisierter Verdrängungslösungen zusammengefaßt.<br />

Ergänzend wird die automatisierte Randbearbeitung als alternative Anwendung der Verdrängung<br />

mittels Energieminimierung vorgestellt. Die Randbearbeitung ist bei der Ableitung beliebiger<br />

Kartenausschnitte aus blattschnittfreien Daten notwendig, um zu vermeiden, daß Texte oder<br />

Symbole in Randlagen ”<br />

abgeschnitten“ werden. Die Erläuterungen konzentrieren sich auf die<br />

Konflikterkennung, die Plazierung im Kartenausschnitt unter Berücksichtigung der Nachbarschaft<br />

und die Steuerung durch geeignete Parameter.


13<br />

2 Theoretische und praktische Grundlagen<br />

2.1 Grundlagen der Generalisierung<br />

2.1.1 Begriffsbildung<br />

Der Begriff Generalisierung ist vom lateinischen Wort ”<br />

generalis“ = allgemein abgeleitet und<br />

kann für kartographische Anwendungen etwa folgendermaßen definiert werden :<br />

Generalisierung umfaßt die Verallgemeinerungen und Abstraktionen bei der Erfassung der Umwelt<br />

im Modell bzw. ihrer kartographischen Darstellung als Funktion von Maßstab und Anwendungszweck<br />

mit dem Ziel einer optimalen Wiedergabe von Geometrie, Topologie und Semantik.<br />

Damit beinhaltet die Definition sowohl Generalisierungsschritte während der Objekterfassung<br />

und Modellierung als auch die kartographische Generalisierung (siehe 2.1.3). Bei der Interpretation<br />

interessieren vor allem die geometrischen und inhaltlichen Eigenschaften der Objekte (2.2.1).<br />

Diese werden nicht vollständig modelliert und in der Karte wiedergegeben, da für den Erkenntnisgewinn<br />

nur eine begrenzte Auswahl an Informationen hilfreich ist. Der Grad der Abstraktion<br />

wird entscheidend durch die Anwendung beeinflußt.<br />

Umgesetzt wird die Generalisierung durch verschiedene Elementarvorgänge (Vereinfachen, Zusammenfassen,<br />

Auswählen, Verdrängen etc.; siehe 2.1.4), wobei einerseits unwichtige Details<br />

weggelassen werden, aber auch Wesentliches zu betonen ist. Die Entscheidung, was Details sind,<br />

wird für verschiedene Maßstäbe unterschiedlich ausfallen.<br />

Maßstab: Der Kartenmaßstab gibt das lineare Verkleinerungsverhältnis zwischen realer Welt<br />

und Karte an. Er wird als Längenmaßstab M durch den Quotienten aus Kartenlänge l und<br />

tatsächlicher Länge L festgelegt :<br />

M = l/L . (2.1-1)<br />

Vielfach wird auch an Stelle des Maßstabes der reziproke Wert, die Maßstabszahl m = 1/M<br />

verwendet. Für das Verhältnis der Flächen zwischen realer Welt F und Fläche in der Karte f<br />

ergibt sich analog folgende Beziehung :<br />

m 2 = F/f . (2.1-2)<br />

Die Bedeutung für die Generalisierung wird besonders deutlich, wenn man sich den Platzbedarf<br />

in verschiedenen Maßstäben veranschaulicht. So steht z.B. bei einer Maßstabsverkleinerung um<br />

die Hälfte nur ein Viertel der Fläche zur Verfügung :<br />

m 1 /m 2 =<br />

(<br />

√f 2 /f 1 m 1 = 1 2 m 2 −→ f 2 = 1 )<br />

4 f 1<br />

. (2.1-3)<br />

Quantitative Untersuchungen in topographischen Karten zur Abhängigkeit des Generalisierungsgrades<br />

von der Maßstabszahl wurden u.a. von Töpfer (1979) durchgeführt. Dabei zeigte sich für<br />

verschiedene Generalisierungsmaßnahmen die Abhängigkeit von der Wurzel aus der Maßstabszahl<br />

(sog. Wurzelgesetz). Eine mögliche Anwendung bezieht sich auf die Anzahl n 2 der Objekte,<br />

die im Folgemaßstab darzustellen sind, wenn im Ausgangsmaßstab n 1 Objekte vorliegen :<br />

√<br />

n 2 = n 1 · m 1 /m 2 (Auswahlregel). (2.1-4)


14 Kapitel 2. Theoretische und praktische Grundlagen<br />

Anwendungszweck: Neben dem Maßstab bestimmen Thema und Zweck der Karte den Umfang<br />

der Generalisierung. Ist letzterer bekannt, müssen spezielle Bedingungen, die beim Kartenlesen<br />

mitbestimmend sind, berücksichtigt werden. Als Beispiel diene der Vergleich zwischen<br />

Straßenkarte und topographischer Karte. Beide geben die Landschaftsform in einem bestimmten<br />

Gebiet wieder. Da die Straßenkarte auf Fernwirkung abgestimmt ist, müssen wesentlich größere<br />

Signaturen als in der topographischen Karte verwendet werden. Andererseits können Informationen,<br />

die der Nutzer von Straßenkarten nicht benötigt, entfallen.<br />

Die Verwendung geeigneter Signaturen wird durch den Zeichenschlüssel festgelegt. Neben diesem<br />

ist auch die Farbwahl für den Grad der Generalisierung entscheidend. Blasse Farben verlangen<br />

kräftigere Linien und nicht zu kleine Farbflächen, wodurch wiederum die Signaturgröße beeinflußt<br />

wird.<br />

Wiedergabemedium: Nicht unerheblich für die Generalisierung ist die Wahl des Wiedergabemediums.<br />

So findet neben den vielfältigen Anwendungen der traditionellen Papierkarten (Wanderkarte,<br />

Straßenkarte, topographische Karte etc.) die Ausgabe am Bildschirm immer stärkere<br />

Verbreitung (Auskunftssysteme, Fahrzeugnavigation, GIS etc.). Ein Vergleich beider Medien<br />

zeigt einen deutlich höheren Generalisierungsbedarf für Bildschirmausgaben. Das liegt zum einen<br />

an der ca. zehnfach geringeren Auflösung der Graphikbildschirme gegenüber Plottern (Lutterbach,<br />

1997). Zum anderen ist die verfügbare Darstellungsfläche bei Bildschirmanwendungen<br />

wesentlich kleiner. Kompensiert werden diese Nachteile durch zusätzliche Funktionalitäten, wie<br />

Zoommöglichkeiten, Auswahl darzustellender Objekte und Informationen, Animationen etc. -<br />

Damit wird eine spezialisierte, sich stärker an den Nutzeranforderungen orientierende Darstellung<br />

möglich.<br />

2.1.2 Qualität der Kartendarstellung<br />

Die Bewertung kartographischer Darstellungen kann aus unterschiedlicher Blickrichtung vorgenommen<br />

werden. Einige Ansätze nach Wallmüller (1990) und Ehrliholzer (1995) werden<br />

im folgenden kurz skizziert. Eine erste Möglichkeit ist, die Qualität einer Karte nach dem Grad<br />

befriedigter Nutzeranforderungen festzulegen ( ”<br />

fitness for use“-Ansatz). Dabei müssen sowohl<br />

die unterschiedlichen Vorkenntnisse der Nutzer als auch die verschiedenen Anwendungszwecke<br />

berücksichtigt werden. Dieser Ansatz entspricht der Qualitätsdefinition des Deutschen Instituts<br />

für Normierung (DIN 55350, Teil 11). Darin heißt es :<br />

Qualität ist die Gesamtheit von Eigenschaften und Merkmalen eines Produkts oder einer Tätigkeit,<br />

die sich auf deren Eignung zur Erfüllung gegebener Erfordernisse<br />

”<br />

bezieht.“<br />

Für die Prüfung der Kartenqualität ist diese Definition zu allgemein. Konkreter wird hier der produktbezogene<br />

Ansatz, welcher eine Bewertung mit Hilfe von meßbaren Größen verlangt. Danach<br />

bestimmt sich die Güte einer Karte, durch die Einhaltung vorgegebener Fehlergrenzen. Dieser<br />

Ansatz erlaubt, eine Rangordnung von verschiedenen Produkten gleicher Kategorie anzugeben.<br />

Im Gegensatz dazu glauben die Vertreter des Erfahrungsansatzes, daß kartographisches Wissen<br />

nicht vollständig zu formalisieren ist und deshalb eine Bewertung durch Experten unerläßlich<br />

bleibt. Der Begriff der Qualität kann ihrer Meinung nach genauso wenig implizit definiert werden<br />

wie jener der ”<br />

Schönheit“.<br />

Mit dem Kosten-Nutzen-Ansatz wird schließlich die Qualität ins Verhältnis zum Zeitaufwand der<br />

Kartenherstellung gesetzt. Indirekt ist somit die Aktualität von Karten als weiterer Qualitätsparameter<br />

zu berücksichtigen. Die genannten Ansätze sind bezeichnend für die Vielfältigkeit der<br />

qualitativen Bewertung von Karten. Deshalb wird als Systematisierung versucht, die Prozesse der<br />

Kartengestaltung und -interpretation nach Abstraktionsgrad und Komplexität (low-level/highlevel)<br />

zu unterteilen (siehe Abbildung 2.1-1).


2.1. Grundlagen der Generalisierung 15<br />

Interpretation<br />

(Gehirn)<br />

qualitativ<br />

High-Level-<br />

Ebene<br />

inhaltlich/<br />

semantisch<br />

abstrakt<br />

Gesamtsituation<br />

(global)<br />

Erfassen/Sensor<br />

(Auge, Finger)<br />

quantitativ<br />

Low-Level-<br />

Ebene<br />

Einzelsituation<br />

(lokal)<br />

geometrisch/<br />

topologisch<br />

konkret<br />

Abbildung 2.1-1: Erzeugung und Interpretation kartographischer Informationen auf verschiedenen Abstraktionsebenen<br />

Gute Karten sind durch einfache Interpretationsmöglichkeiten und einen hohen Wiedererkennungsgrad<br />

gekennzeichnet. Voraussetzung dafür sind zunächst die Modellierung des Einzelobjektes<br />

mit seinen individuellen Merkmalen und die nachfolgende Einordnung in die Gesamtsituation<br />

(lokale und globale Nachbarschaft). Analog erfolgt die Interpretation auf unterer und oberer Informationsebene.<br />

So wird beim Lesen einer Karte gewöhnlich mit der Suche nach markanten<br />

Einzelsituationen begonnen (z.B. größerer Bahnhof, zentraler Platz), und erst anschließend orientiert<br />

sich der Anwender im Umfeld und versucht, die Gesamtsituation zu erschliessen. Die<br />

untere Informationsebene (Unterbau) ist im wesentlichen durch die Geometrie der Kartenobjekte<br />

festgelegt. Diese läßt dann auf der oberen Informationsebene inhaltliche Schlußfolgerungen<br />

zu, auch im Kontext mit der Umgebung (Überbau).<br />

Für eine qualitative Bewertung müssen den Ebenen angepaßte Meßgrößen gefunden werden.<br />

Während auf der Low-Level-Ebene vor allem quantitative Meßgrößen verwendet werden können<br />

(Länge, Abstand, Anzahl), sind im High-Level-Bereich nur mehr qualitative Aussagen möglich<br />

(Gleichheit oder Ungleichheit der Merkmalsausprägung, Zugehörigkeit zu einer Objektklasse).<br />

Eine Bewertung muß auf beiden Ebenen durchgeführt werden, da sowohl inhaltliche Schluß-<br />

Tabelle 2.1-1: Genauigkeitsmaße für Objekte in der Ebene (nach Bethge, 1997)<br />

Objektklasse untersuchtes Merkmal Genauigkeitsmaß<br />

punktförmige Objekte Lagegenauigkeit Punktlagefehler<br />

linienförmige Objekte Linienlage Lagefehler, Fehlerband<br />

Linienlänge<br />

Längenfehler<br />

Richtung<br />

Richtungsfehler<br />

Krümmung<br />

Krümmungsfehler<br />

flächenhafte Objekte Flächeninhalt Flächenfehler<br />

Randlänge<br />

Längenfehler


16 Kapitel 2. Theoretische und praktische Grundlagen<br />

folgerungen auf geometrischer Darstellung basieren als auch die Gesamtsituation aus einzelnen<br />

Objekten zusammengesetzt wird. Je besser die Modellierung ”<br />

im Kleinen“ erfolgt, um so leichter<br />

fällt die Interpretation ”<br />

im Großen“. Letztlich ist entscheidend, wie gut die kartographische<br />

Abbildung das Wiedererkennen der Umwelt unterstützt. So bietet die veränderte Darstellung<br />

der Realität (vernachlässigte Details, Größen- und Lageänderung infolge Verdrängung) z.T. einfachere<br />

Interpretationsmöglichkeiten. Damit wird erst auf High-Level-Ebene über die Güte einer<br />

Karte entschieden.<br />

Für die Beurteilung der Generalisierungsoperationen auf geometrischer Ebene existieren quantitative<br />

Meßgrößen. In Tabelle 2.1-1 sind einige wesentliche Fehlermaße genannt (siehe auch<br />

Abschnitt 2.2.1). Die Suche nach ähnlich verallgemeinerten qualitativen Meßgrößen ist Gegenstand<br />

der Forschung (Brazile, 1998). Neben der Bewertung von Algorithmen können diese<br />

Fehlerangaben auch als Steuergrößen für die Eingangsparameter dienen. Dazu sind über eine<br />

Rückkopplung die Startparameter solange zu variieren, bis vorgegebene Fehlerschranken nicht<br />

mehr überschritten werden (Abbildung 2.1-2).<br />

Rückkopplung / Steuerung<br />

Generalisierungsalgorithmen<br />

Parameter Genauigkeitsmaße /<br />

Bewertung<br />

Abbildung 2.1-2: Genauigkeitsmaße zur Steuerung von Parametern<br />

2.1.3 Generalisierungsarten<br />

Von der Abbildung der realen Welt in einem Modell bis hin zur graphischen Darstellung werden<br />

unterschiedliche Abstraktionsstufen durchlaufen. Je nach Anwendungsbereich kann eine Unterteilung<br />

in verschiedene Generalisierungsarten erfolgen. Begonnen wird mit der Erfassung der<br />

realen Welt in einem ersten Modell (z.B. digitales Landschaftsmodell; DLM). Die dafür notwendigen<br />

Beschränkungen, sowohl in der Zahl der registrierten Objekte als auch in ihrer Detailtreue,<br />

charakterisieren die Erfassungsgeneralisierung.<br />

Da der Umfang eines DLM wesentlich durch seinen Maßstab festgelegt ist, sind für kleinere<br />

Maßstäbe Folgemodelle abzuleiten. Die Vereinfachung des Datenmodells, auch als Modellgeneralisierung<br />

bezeichnet, setzt sich dabei aus einem semantischen und einem geometrischen Teil<br />

zusammen (Schürer, 1999). Im semantischen Teil erfolgt nach Klassifikation, Auswahl und<br />

Zusammenfassung von Objekten oder Objektteilen, eine Generalisierung des Sachbezuges (Attribute).<br />

Ziel ist, eine weniger detailierte Beschreibung zu erhalten. Der geometrische Teil bezieht<br />

sich auf Änderungen in der Objektgestalt (Vereinfachung, Glättung etc.) zwecks Anpassung an<br />

die Modellauflösung (Schoppmeyer und Heisser, 1995). Erfassungs- und Modellgeneralisierung<br />

werden auch unter dem Begriff der Objektgeneralisierung geführt.<br />

Um aus dem digitalen Landschaftsmodell eine graphische Darstellung zu erhalten, bedarf es<br />

der Signaturierung. Für eine bessere Lesbarkeit werden die Signaturen teilweise größer gewählt<br />

als es der wahren Ausdehnung der Objekte entsprechen würde. Mit der Forderung nach Mindestabständen<br />

zwischen Signaturen führt das zu einem erhöhten Platzbedarf. Die Folge ist, daß


Bei einer Generalisierung mit höherem Anspruch wird die Auswahl differenzierter erfolgen, so<br />

daß z.B. der Charakter eines Siedlungsgebietes erhalten bleibt. Dabei müssen sowohl die Proportionen<br />

der Objekte als auch die Kartenbelastung berücksichtigt werden. Mit zunehmender<br />

Beachtung von qualitativen Gesichtspunkten wird auch die Selektion von Objekten schwerer<br />

rechnergestützt zu realisieren sein.<br />

2.1. Grundlagen der Generalisierung 17<br />

Arten der Generalisierung<br />

Objektgeneralisierung<br />

kartographische Generalisierung<br />

Erfassungsgeneralisierung<br />

Modellgeneralisierung<br />

Erzeugung<br />

eines DLM<br />

Ableitung<br />

weiterer DLM<br />

Erzeugung<br />

eines DKM<br />

Ableitung<br />

von Folgekarten<br />

Abbildung 2.1-3: Arten der Generalisierung<br />

Objekte geringerer Priorität nicht mehr dargestellt werden oder eine Verdrängung in Bereiche<br />

geringerer Kartenbelastung erfolgt. Damit sind die Lagekoordinaten von DLM-Objekt und<br />

zugehörigem signaturiertem Objekt nicht in jedem Fall identisch.<br />

Die Ableitung eines digitalen kartographischen Modells (DKM) als Zwischenergebnis scheint<br />

notwendig und ist einer direkt auf dem DLM aufsetzenden Visualisierung vorzuziehen. Um so<br />

mehr, wenn berücksichtigt wird, daß z.B. durch Zusammenfassungen nicht nur Koordinaten<br />

und Attribute eines Objektes zu ändern sind, sondern neue Objekte gebildet werden müssen.<br />

Die Gesamtheit der Elementarvorgänge (siehe 2.1.4), welche bei der graphischen Darstellung<br />

von DLM-Objekten anzuwenden sind, werden unter dem Begriff der kartographischen Generalisierung<br />

zusammengefaßt.<br />

2.1.4 Elementare Generalisierungsvorgänge<br />

Die Generalisierung kann zunächst durch zwei Grundoperationen charakterisiert werden : Weglassen/Unterdrücken<br />

und Übertreiben/Betonen. Beide Vorgänge dienen dem Zweck, Rauminformationen<br />

in einer überschaubaren Form zu generieren. Nach Hake und Grünreich (1994)<br />

lassen sich des weiteren mehrere Elementarvorgänge der Generalisierung unterscheiden : Auswahl,<br />

Zusammenfassen, Vereinfachen, Vergrößern, Verdrängen, Klassifizieren und Bewerten.<br />

Hinsichtlich einer Automatisierung der Generalisierung können diese Elementarvorgänge noch<br />

bezüglich ihres qualitativen bzw. quantitativen Charakters unterteilt werden (siehe Abbildung 2.1-<br />

4). Letztlich sind sämtliche Problemstellungen, die rechnergestützt gelöst werden, auf einfache<br />

Rechenoperationen zurückzuführen. Damit ist einleuchtend, daß auch im Bereich der Generalisierung<br />

Elementarvorgänge mit quantitativem Charakter eher einer automatisierten Lösung<br />

zugänglich sind. Im einfachsten Fall wird bei zu hoher Kartenbelastung auf die Darstellung von<br />

Objekten unterhalb einer bestimmten Größe verzichtet.


18 Kapitel 2. Theoretische und praktische Grundlagen<br />

quantitativer Charakter<br />

qualitativer Charakter<br />

Zusammenfassen<br />

Vergrößern<br />

Auswahl<br />

Vereinfachen<br />

Verdrängen<br />

Klassifizieren<br />

Bewerten<br />

Abbildung 2.1-4: Elementarvorgänge der Generalisierung<br />

Ist die Kartenbelastung nur in Teilbereichen sehr groß, versucht man zunächst, die Konflikte<br />

lokal zu beseitigen. Dazu werden Objekte geringfügig in ihrer Lage verschoben. Der einzuhaltende<br />

Mindestabstand berücksichtigt dabei die sogenannte Perzeptionsschwelle des Menschen, die<br />

überschritten werden muß, damit Objekte getrennt voneinander wahrgenommen werden können.<br />

Die Verdrängung der Objekte erfolgt so, daß die typische Gestalt möglichst wenig geändert wird.<br />

Der topologische Zusammenhang darf ebenfalls nicht verändert werden. Bei einer automatisierten<br />

Verdrängung sind diese qualitativen Gesichtspunkte zu berücksichtigen.<br />

Ursache für Verdrängungen sind in der Regel die vergrößerte oder betonte Darstellung von wesentlichen<br />

Objekten. Zum Beispiel werden die Signaturbreiten von Straßen, ab Maßstab 1:10 000,<br />

größer gewählt als die entsprechende natürliche Breite (siehe auch 5.1.2). Dadurch kann es zur<br />

Überlagerung mit anderen Objekten kommen, z.B. Haus am Straßenrand, benachbarter Fluß.<br />

2.2 Grundlagen der automatisierten Generalisierung<br />

2.2.1 Modellierung von Geometrie, Topologie und Semantik<br />

Nach dem Abstraktionsgrad sind verschiedene Arten geographischer Informationen zu unterscheiden<br />

(siehe auch 2.1.2). Auf der untersten Stufe steht die geometrische Information über Lage<br />

und Form von Punkt-, Linien- und Flächenobjekten. Daraus können topologische Beziehungen<br />

abgeleitet werden, präsentiert durch Knoten und Kanten. Diese beschreiben die unmittelbare<br />

Umgebung oder Nachbarschaft. Werden den Objekten Attribute zugeordnet, gelangt man zu<br />

einer inhaltlichen, thematischen Beschreibung.<br />

Tabelle 2.2-1: Arten geographischer Informationen<br />

Art der<br />

Information<br />

Elemente<br />

Grad der<br />

Abstraktion<br />

Beispiel<br />

geometrisch<br />

Punktlage; Lage und Form von<br />

Linien- und Flächenobjekten<br />

low-level<br />

Linie, Fläche<br />

topologisch<br />

Nachbarschaftsrelationen,<br />

präsentiert durch Knoten und<br />

Kanten<br />

mid-level<br />

Linie kreuzt Fläche<br />

semantisch<br />

Sachdaten, Attribute,<br />

zugeordnete Bedeutung<br />

high-level<br />

Eisenbahn überquert Fluß<br />

Als erstes wird der Begriff der Metrik eingeführt. Anschließend folgen ausgewählte Definitionen<br />

zur geometrischen Beschreibung von ebenen Objekten.


2.2. Grundlagen der automatisierten Generalisierung 19<br />

Metrik: Eine Menge M von Elementen p 1 , p 2 , . . . mit einer Metrik a heißt metrischer Raum,<br />

wenn jedem Elementepaar p 1 , p 2 ∈ M eine reelle Zahl a(p 1 , p 2 ) mit folgenden Eigenschaften<br />

zugeordnet ist :<br />

1. a(p 1 , p 2 ) ≥ 0 , a(p 1 , p 2 ) = 0 genau dann, wenn p 1 = p 2 ,<br />

2. a(p 1 , p 2 ) = a(p 2 , p 1 ) (Symmetrie),<br />

3. für drei beliebige Elemente p 1 , p 2 , p 3 ∈ M gilt die Dreiecksungleichung<br />

a(p 1 , p 2 ) ≤ a(p 1 , p 3 ) + a(p 3 , p 2 ) .<br />

Man bezeichnet a(p 1 , p 2 ) auch als Abstand zwischen p 1 und p 2 . Ein Beispiel ist der zweidimensionale<br />

euklidische Raum, in dem sich der Abstand zweier Punkte p 1 = (x 1 , y 1 ) und p 2 = (x 2 , y 2 )<br />

wie folgt berechnet :<br />

d(p 1 , p 2 ) =<br />

√<br />

(x 1 − x 2 ) 2 + (y 1 − y 2 ) 2 . (2.2-1)<br />

Die Dreiecksungleichung kann für dieses Beispiel geometrisch so interpretiert werden, daß die<br />

Distanz zwischen zwei Punkten dem Minimum der Längen aller möglichen Wege zwischen diesen<br />

Punkten entspricht. Für die Bestimmung des Abstandes zwischen Punkt (p) und Linie (L) wird<br />

diese Bedingung erweitert, indem die Abstandsberechnung zwischen gegebenem Punkt und dem<br />

dazu nächstgelegenen Linienpunkt (l) erfolgt :<br />

˜d(p, L) = min(d(p, l)) (2.2-2)<br />

l∈L<br />

(Frank, 1983). Der Abstand zwischen zwei Linien ergibt sich in analoger Weise als minimale<br />

Distanz zwischen zwei Punkten aus je einer Linie. Ist die Distanz Null, so schneiden sich die<br />

Linien oder berühren sich.<br />

Die Lage von ebenen Kurven kann in unterschiedlichen Koordinaten (z.B. kartesische Koordinaten,<br />

Polarkoordinaten) und unterschiedlicher Form (explizit, implizit, in Parameterform)<br />

angegeben werden. Charakteristische Größen, welche letztere näher kennzeichnen, sind Bogenelement<br />

und Krümmung.<br />

Bogenelement: Wenn s die Länge der Kurve von einem festen Punkt A bis zum Punkt M<br />

ist, dann kann der endliche Zuwachs ∆s = ̂MN durch das Differential ds der Bogenlänge, das<br />

Bogenelement, angenähert werden. Unter Verwendung kartesischer Koordinaten in Parameterdarstellung<br />

ergibt sich :<br />

ds =<br />

√<br />

[x ′ (t)] 2 + [y ′ (t)] 2 dt . (2.2-3)<br />

In der diskreten Rechnung werden die Differentialquotienten durch Differenzenquotienten ersetzt.<br />

Damit ist:<br />

√ (∆x ) 2 ( ) ∆y 2 √<br />

∆s = + ∆t = ∆x<br />

∆t ∆t<br />

2 + ∆y 2 . (2.2-4)<br />

Krümmung: Die Krümmung k einer Kurve im Punkt M ist der Grenzwert des Verhältnisses<br />

des Winkels δ zwischen den positiven Tangentenrichtungen in den Punkten M und N zur<br />

Bogenlänge ̂MN für ̂MN → 0 :<br />

k = lim<br />

̂MN→0<br />

δ<br />

̂MN . (2.2-5)


20 Kapitel 2. Theoretische und praktische Grundlagen<br />

Die Darstellung mit kartesischen Koordinaten in Parameterdarstellung liefert<br />

k = x′ y ′′ − x ′′ y ′<br />

(x ′2 + y ′2 ) 3/2 . (2.2-6)<br />

Wird als Parameter die Bogenlänge s eingeführt und zur Parameterdarstellung v(s) := (x(s), y(s))<br />

für ebene Kurven übergegangen, ist folgende Taylorentwicklung möglich :<br />

v(s) = v(s 0 ) + (s − s 0 ) v s (s 0 ) + (s − s 0) 2<br />

v ss (s 0 ) + (s − s 0) 3<br />

v sss (s 0 ) + . . . (2.2-7)<br />

2!<br />

3!<br />

Dabei bezeichnet v s (s) die Ableitung nach der Bogenlänge. Durch Verwendung der Bogenlänge s<br />

als Parameter ist die zweite Ableitung v ss (s) ein Normalenvektor. Mit Gleichung (2.2-7) können<br />

der T angenteneinheitsvektor t := v s (s 0 ) (2.2-8)<br />

und der Normaleneinheitsvektor n := 1 k v ss(s 0 ) (2.2-9)<br />

eingeführt werden. Der Normierungsfaktor<br />

ist die Krümmung und r := 1/k der Krümmungsradius.<br />

k := |v ss (s 0 )| (2.2-10)<br />

Diese grundlegenden Beziehungen spielen eine große Rolle in der automatisierten Generalisierung<br />

(Plazanet et al., 1995), z.B. auch in der rechnergestützten Verdrängung. So sind<br />

Abstandsberechnungen für die Recherche von Konfliktsituationen notwendig (siehe Abschnitt<br />

3.2.2). Mit zunehmendem Generalisierungsgrad tritt die Einhaltung metrischer Abstände zugunsten<br />

einer leicht erfassbaren Darstellung in den Hintergrund. Dabei darf die relative Lage<br />

der Objekte zueinander nicht verändert werden, d.h. die Topologie muß erhalten bleiben.<br />

Topologie: Die Topologie beschäftigt sich mit den nichtmetrischen räumlichen und strukturellen<br />

Beziehungen beliebiger Elemente in abstrakten Räumen (Bill, 1996). Die grundlegenden<br />

topologischen Bausteine sind Knoten, Kanten und Maschen, die in den geometrischen Elementen<br />

Punkt, Linie und Fläche ihre Entsprechung haben. Ein Beispiel für die explizite Speicherung topologischer<br />

Informationen liefert die Datenstruktur der ARC/Info Datenbasis, wo topologische<br />

Beziehungen automatisch als sogenanntes codiertes Netzwerk“ (siehe Abbildung 2.2-1) erzeugt<br />

”<br />

und vorgehalten werden (Schaller, 1986).<br />

2<br />

4<br />

1<br />

I<br />

3<br />

1<br />

II<br />

3 4<br />

2<br />

6<br />

5<br />

III 7<br />

5<br />

6 V<br />

8<br />

IV 9<br />

10<br />

11<br />

7<br />

Kante 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11<br />

Rechte Masche I II II I III III III III V IV V<br />

Linke Masche 0 0 I 0 II 0 V IV IV 0 0<br />

vom Knoten 3 4 3 1 4 2 5 6 7 7 5<br />

zum Knoten 1 3 2 2 2 5 6 4 6 4 7<br />

Knoten 1 2 3 4 5 6 7<br />

x,y-Koordinaten 1,6 4,8 1,1 5,1 8,7 7,4 10,1<br />

Abbildung 2.2-1: Beispiel für die explizite Speicherung topologischer Informationen<br />

Topologische Beziehungen sind bei bekannter Geometrie herleitbar, wobei die notwendigen Berechnungen<br />

mehr Zeit beanspruchen, als die Abfrage explizit gespeicherter topologischer Relationen.<br />

Nachteil einer expliziten Speicherung ist der zusätzliche Aufwand bei der Laufendhaltung<br />

und der größere Datenumfang.


2.2. Grundlagen der automatisierten Generalisierung 21<br />

Zur Beschreibung topologischer und struktureller Eigenschaften werden die Begriffe ”<br />

Inzidenz“<br />

und ”<br />

Adjazenz“ verwendet. ”<br />

Adjazenz“ bezeichnet das Aneinandergrenzen gleichartiger Strukturelemente,<br />

z.B. zweier Kanten, die über einen Knoten verbunden sind. ”<br />

Inzidenz“ beschreibt<br />

dagegen die Verbindung unterschiedlicher Strukturelemente; so ist die von einem Knoten abgehende<br />

Kante mit diesem inzident.<br />

Hilfsmittel der Topologie ist die Graphentheorie, welche besondere Bedeutung bei der Beschreibung<br />

zweidimensionaler Strukturen besitzt. Die zugehörigen planaren Graphen können u.a. bei<br />

der Konsistenzprüfung und Fehlersuche verwendeten werden. Insbesondere die Datenfortführung<br />

muß immer wieder solche Prüfmechanismen durchlaufen. Damit können beispielsweise Doppelspeicherungen<br />

vermieden, Nachbarschaftsbeziehungen auf ihre Vollständigkeit überprüft und<br />

thematische Daten auf ihre Verknüpfungen untersucht werden. Ein Beispiel ist die Anwendung<br />

der Relation nach Euler-Poincare :<br />

V + F = E + S (2.2-11)<br />

Dabei wird für V die Zahl der Ecken (vertices) eingesetzt und für E die Zahl der Kanten (edges).<br />

F entspricht der Maschenzahl, die davon abhängt, ob die Region außerhalb des Graphen als<br />

Fläche gezählt wird oder nicht. Die Eulerzahl S liefert die numerische Ergänzung. Im Falle<br />

planarer Graphen ist S = 2, falls die äußere Fläche berücksichtigt wird. In Abbildung 2.2-2 sind<br />

einfache Beispiele für einen doppelt kodierten Knoten bzw. eine nicht erfaßte Kante dargestellt<br />

(Laurini and Thompson, 1992).<br />

• • •<br />

• •<br />

• •<br />

• • •<br />

• •<br />

• • •<br />

• •<br />

• •<br />

•<br />

V + F = 8 + 4 = 12<br />

E + S = 10 + 2 = 12<br />

• • •<br />

•<br />

V + F = 9 + 4 = 13<br />

E + S = 10 + 2 = 12<br />

•<br />

V + F = 8 + 4 = 12<br />

E + S = 9 + 2 = 11<br />

Abbildung 2.2-2: Relation nach Euler-Poincare zur Konsistenzprüfung in planaren Graphen<br />

Außerdem gab es Untersuchungen zur Anwendung der Graphentheorie für Generalisierungszwecke.<br />

In Tabelle 2.2-2 werden einige Elementarvorgänge der Generalisierung aufgeführt, die<br />

von einem graphentheoretischen Ansatz profitieren können (Mackaness and Beard, 1993).<br />

Tabelle 2.2-2: Anwendung der Graphentheorie in der Generalisierung<br />

Vereinfachung<br />

Zusammenfassung<br />

Verdrängung<br />

Auswahl<br />

Übertreibung<br />

Beseitigung von Kanten bei gleichzeitigem Erhalt von Verbindungsrelationen<br />

Identifikation von Grenzen für Objekte gleichen Typs zur Unterstützung von Verschmelzungsoperatoren<br />

Identifikation von Bereichen hoher Objektkonzentration und Konsistenzprüfung nach<br />

Verdrängungsoperationen<br />

Identifikation von Nachbarschaftsrelationen bezüglich ausgewählter Merkmale<br />

Identifikation von Merkmalen in Isolation oder mit charakteristischer Topologie, die<br />

in der kartographischen Darstellung betont werden


22 Kapitel 2. Theoretische und praktische Grundlagen<br />

Ein anderer Generalisierungsansatz mit expliziter Modellierung topologischer Beziehungen basiert<br />

auf der Anwendung der Delaunay-Triangulation (Bundy et al., 1994). Beachtliche Erfolge<br />

konnten vor allem bei der Zusammenfassung von Objekten und in der Konflikterkennung erzielt<br />

werden. In Abbildung 2.2-3 ist dargestellt, wie bei Verschiebung eines Knotens (A nach A ′ ) ein<br />

topologischer Konflikt entsteht, welcher sich in einer veränderten Orientierung einiger Kanten<br />

äußert.<br />

A •<br />

L<br />

R<br />

B<br />

•<br />

R<br />

B<br />

•<br />

A •<br />

L R<br />

R<br />

L<br />

C •<br />

R<br />

• A’<br />

Abbildung 2.2-3: Detektion topologischer Konflikte mittels Triangulation<br />

Semantik: Mit Semantik werden die inhaltlichen Aspekte von Objekten, deren Bedeutung<br />

und Funktionalität bezeichnet. Eine Zuordnung erfolgt in der Regel über Attribute. So können<br />

Objekte mit gleicher Geometrie unterschiedliche Semantik besitzen, z.B. wenn eine Straße gleichzeitig<br />

Waldgrenze ist.<br />

Neben diesen funktionellen Eigenschaften, die jedes Objekt für sich besitzt, können weitere semantische<br />

Informationen aus der Lage zu benachbarten Objekten (Kontext) gewonnen werden.<br />

So lassen sich aus der relativen Lage von Höhenlinien Schlüsse über die Steilheit des Geländes ziehen.<br />

Ebenso ergibt sich die Bedeutung der Objekte für den Kartennutzer erst aus dem Kontext.<br />

Die Darstellung des Wanderweges in felsigem Gelände besitzt z.B. größeren Informationsgehalt<br />

bezüglich Begehbarkeit als die Wegdarstellung durch eine Wiesenlandschaft.<br />

Die Berücksichtigung semantischer Informationen ist Voraussetzung für eine sinnvolle Generalisierung.<br />

Dies wird deutlich, wenn man sich den Unterschied von Luftbild und Karte vor<br />

Augen hält. Während das Luftbild lediglich ein geometrisches Abbild liefert, ist die Karte eine<br />

Abstraktion der realen Welt. Durch Weglassen und Hervorheben werden die beim Betrachter<br />

ablaufenden inhaltlichen Schlussfolgerungen unterstützt und gelenkt.<br />

Der Informationsgehalt bzw. die Bedeutung von Objekten für den Betrachter ist nur schwer zu<br />

messen. Feststellbar ist, daß sich Informationsgehalt und Wahrscheinlichkeit für das Auftreten<br />

des Objektes umgekehrt proportional verhalten. So wird der Kartennutzer ein einzeln stehendes<br />

Haus eher als Orientierungspunkt verwenden als das gleiche Objekt innerhalb einer Ortschaft.<br />

Ebenso dürfte die Orientierung an einer markanten Flußbiegung leichter fallen als an einer<br />

sonstigen Stelle des Flusses. Schließlich ist ein Weg in schwer zugänglichem Gelände selten und<br />

besitzt deshalb eine große Bedeutung für den Wanderer.<br />

Die Objekte mit ihren Attributen können in unterschiedlicher Form verwaltet werden. Es wird<br />

zwischen hierarchischen, netzartigen, relationalen und objektorientierten Datenmodellen unterschieden.<br />

Die Gesamtheit aller gespeicherten Daten, die für eine rechnergestützte Bearbeitung<br />

fachlicher Informationen erforderlich ist, wird als Datenbank bezeichnet (Hake und Grünreich,<br />

1994). In Tabelle 2.2-3 werden die unterschiedlichen Datenbanktypen beschrieben.


2.2. Grundlagen der automatisierten Generalisierung 23<br />

Tabelle 2.2-3: Vergleich möglicher Datenbanktypen (nach Weisgerber, 1998)<br />

Datenmodell<br />

hierarchisch<br />

netzartig<br />

relational<br />

objektorientiert<br />

Erläuterung<br />

streng gegliedertes Ordnungssystem mit (impliziten) Verweisen vom übergeordneten<br />

zum untergeordneten Datenelement<br />

Ordnungssystem ohne eindeutige Hierarchisierung mit ein- bis mehrfachen<br />

(impliziten) Verweisen zwischen den Datenelementen<br />

Zusammenfassung von Datenelementen (= Datenfeld) in Datensätze und<br />

diese in Tabellen. Einführung eines zusätzlichen Datenfeldes je Tabelle mit<br />

(expliziter) Verweisfunktion (= Schlüsselfeld) zur Verknüpfung mehrerer<br />

Tabellen.<br />

Zusammenfassung von Datenelementen (= Objektdaten) in Objekte. Zuordnung<br />

von objektspezifischen ”<br />

Verhaltensregeln“ (= Objektmethoden).<br />

Objekte können wiederum Unterobjekte enthalten (= impliziter Verweis).<br />

2.2.2 Wissensakquisition<br />

Um Generalisierungsvorgänge zu automatisieren, ist es notwendig, kartographische Prinzipien<br />

zu formalisieren, die oftmals nur intuitiv angewendet werden. Dazu muß das Wissen zunächst<br />

erfaßt und systematisiert werden. Anschließend erfolgt die Abstraktion und Modellbildung bzw.<br />

eine Ableitung geeigneter Parameter. Das akquirierte Wissen ist dann als Wissensbasis in einem<br />

Expertensystem anwendbar.<br />

Tabelle 2.2-4: Verschiedene Arten von kartographischem Wissen (nach Uthe, 1996)<br />

Wissensart Erklärung Beispiele<br />

theoretisch<br />

künstlerisch,<br />

graphisch<br />

wahrnehmungspsychologisch<br />

organisatorisch<br />

technologisch<br />

formal definierte graphische und geometrische<br />

Größen (z.B. im Rahmen der Generalisierung)<br />

Wissen über Gestaltung, Zeichenaufbau und<br />

Zeichenlogik<br />

Wissen über Vorgänge der Zeichenwahrnehmung<br />

und Grundlagen der Zeichenwirkung<br />

Arbeitsabläufe in den verschiedenen Bereichen der<br />

Kartenherstellung<br />

Wissen über Geräte und Systemtechniken in der<br />

Anwendung von DV-Werkzeugen<br />

Mindestabstände,<br />

Auswahlregeln<br />

Zeichenschlüssel<br />

hellere Farbtöne<br />

benötigen größere<br />

Darstellungsflächen<br />

als dunkle<br />

Kartenproduktion<br />

an den Landesvermessungsämtern<br />

Farbseparation<br />

Bei der Akquisition ist die Vielfältigkeit kartographischen Wissens zu berücksichtigen (siehe Tabelle<br />

2.2-4). Für Aufgaben der Generalisierung interessiert zunächst die Gewinnung von formaltheoretischem<br />

Wissen, z.B. die Gewinnung von Vergleichsgrößen (Referenzen) und Bewertungs-


24 Kapitel 2. Theoretische und praktische Grundlagen<br />

kriterien, die Ableitung von Qualitäts- und Steuerparametern bzw. die Suche nach allgemeinen<br />

Regeln durch Auswertung konkreter Beispiele. Die Methoden zur Wissensakquisition können<br />

entsprechend dem Abstraktionsgrad in direkte, indirekte und automatische Verfahren eingeteilt<br />

werden (Uthe, 1996).<br />

Bei den indirekten Methoden wird kartographisches Wissen extrahiert, systematisiert und verwaltet.<br />

Dies geschieht in erster Linie durch die Befragung von Experten, die Auswertung von<br />

Fragebögen oder direkte Beobachtung. Ebenso möglich ist die Recherche von Fachliteratur<br />

(Lehrbücher, Musterblätter etc.). Des weiteren kann das sogenannte ”<br />

reverse engineering“ zu<br />

den indirekten Methoden gezählt werden. Dabei werden Karten unterschiedlichen Maßstabes<br />

und Generalisierungsgrades verglichen.<br />

Zum Bereich der direkten Methoden gehören vor allem die interaktiven Verfahren. Dabei gibt der<br />

Experte sein Wissen in sogenannten Akquisitionsshells ein (McMaster and Mark, 1991). Das<br />

Wissen wird in vorgegebenen Strukturen abgespeichert, und es werden Parameter generiert.<br />

Nachteilig ist, daß mit der vorgegebenen Modellierung eventuell wichtige, aber ungenügend<br />

vorstrukturierte Aspekte des Wissens nicht erfaßt werden.<br />

Die dritte Art der Wissensakquisition ist die automatische Ableitung von Wissen, z.B. in neuronalen<br />

Netzen (Werschlein and Weibel, 1994). Damit wird eine Alternative zur Verwendung<br />

expliziter Wissensbasen vorgeschlagen. Es werden keine Regeln abgeleitet, und die schwierige<br />

Formalisierung wird durch ein Training des neuronalen Netzes ersetzt. Das Wissen ist implizit<br />

im Netz enthalten und damit einer Bewertung nicht zugänglich.<br />

indirekte Wissensakquisition<br />

Quellen<br />

(Experten, Literatur, generalisierte Karten)<br />

Experten<br />

Fachliteratur<br />

Reverse Engineering<br />

Erfassen<br />

(Sammeln, Verwalten, Auswählen, Systematisieren)<br />

direkte Wissensakquisition<br />

interaktive Verfahren<br />

Formalisieren<br />

(Festlegen von Strukturen, Modellentwurf, Parameter)<br />

automatische Verfahren<br />

neuronale Netze<br />

Wissensbasis<br />

(Modell, Implementierung, wissensbasiertes System)<br />

Anwendung<br />

Abbildung 2.2-4: Prozeß der Wissensakquisition mit direkten, indirekten und automatischen Verfahren


2.2. Grundlagen der automatisierten Generalisierung 25<br />

Reverse Engineering: Eine Möglichkeit der Formalisierung kartographischen Expertenwissens<br />

ist das Reverse Engineering“ (Grünreich, 1995a). Darunter versteht man einen Vergleich<br />

”<br />

mehrerer Darstellungen in Ausgangs- und Folgemaßstab mit dem Ziel, Gemeinsamkeiten zu extrahieren<br />

und diese in verallgemeinerter Form (z.B. als Parameter oder Regel) abzuleiten. Auf<br />

die Bedeutung des Reverse Engineering für die Generalisierung wurde unter anderem auf dem<br />

zweiten Workshop über Progress in Automated Generalization“ in Barcelona 1995 hingewiesen<br />

”<br />

(Grünreich, 1996). Im Anhang A sind die experimentellen Arbeiten des Verfassers zur Analyse<br />

von Verdrängungssituationen in topographischen Karten dargestellt. Hier ist die prizipielle Vorgehensweise<br />

skizziert, wie mittels Reverse Engineering Steuerparameter für die automatisierte<br />

Verdrängung abgeleitet werden können:<br />

• Scannen von Verdrängungsszenen in verschiedenen Maßstäben (z.B. Fluß, Straße, Eisenbahn<br />

im Durchbruchstal)<br />

• Berücksichtigung charakteristischer Punkte zwecks Identifizierung gleicher Objekte in unterschiedlichen<br />

Maßstäben<br />

• Festlegung von geeigneten Maßen zur Beschreibung der Linienverdrängung (z.B. eingeschlossene<br />

Fläche zwischen Original- und verdrängter Linie, bezogen auf die Bogenlänge,<br />

Abstandsquadrate für charakteristische Punkte im Original- bzw. Folgemaßstab)<br />

• Vergleich der Verschiebungsbeträge innerhalb der Maßstabsreihe und zwischen verschiedenen<br />

Objekten<br />

• Ableitung von Verdrängungsprioritäten und Vergleich mit den Verdrängungsprioritäten<br />

des ATKIS-Signaturenkataloges (ATKIS-SK)<br />

• Anwendung der gefundenen Verdrängungsprioritäten als Steuerparameter<br />

Schwierigkeiten ergeben sich aus der Tatsache, daß Lageänderungen nicht zwangsläufig Folge<br />

von Verdrängungsoperationen sind, sondern auch durch Vereinfachung der betreffenden Objekte<br />

entstehen. Die praktische Realisierung zeigt, daß, entgegen den Verdrängungsprioritäten nach<br />

ATKIS-SK, Gewässer stärker verdrängt werden als Straßen und die Lage von Eisenbahnen am<br />

wenigsten geändert wird. Da hier zunächst nur die prinzipielle Machbarkeit und der Aufwand<br />

untersucht wurde, bedarf es für allgemeingültige Aussagen wesentlich umfangreicherer Untersuchungen.<br />

2.2.3 Wissensbasierte Systeme<br />

Formalisierung: Der erste Schritt in der Formalisierung und Modellbildung ist die Auswahl<br />

geeigneter Repräsentationsformen. Dazu gehört das Aufstellen von Rangfolgen und Ordnungen<br />

(Taxonomien), z.B. mit Hilfe von Baumdiagrammen. Für die Ableitung von Relationen und<br />

Charakteristiken können semantische Netze verwendet werden. Sie erleichtern die Abstraktion<br />

und das Finden geeigneter Attribute zur Beschreibung typischer Eigenschaften.<br />

Im zweiten und vielleicht schwierigsten Schritt des gesamten Akquisitionsprozesses müssen Methoden<br />

und Regeln abgeleitet werden, welche die zu bearbeitenden Daten und das akquirierte<br />

Wissen miteinander verknüpfen (Leitner and Buttenfield, 1995). Sie stellen das Kernstück<br />

eines wissensbasierten Systems dar und werden mit dem Begriff des Inferenzmechanismus (Interpreter)<br />

umschrieben (Grünreich und Rappe, 1997). Textliche Beschreibungen sind hierfür<br />

weniger geeignet, da diese oft nicht präzise genug sind, um als Regel in einem wissensbasierten<br />

System verwendet zu werden. Besser lassen sich Tabellen oder statistische Untersuchungen zur<br />

Formalisierung nutzen (Laurema et al., 1991).


26 Kapitel 2. Theoretische und praktische Grundlagen<br />

Eingabe<br />

Fakten<br />

Wissensbasis<br />

Interpreter<br />

Datenbasis<br />

Regeln<br />

Ausgabe<br />

Abbildung 2.2-5: Grundlegender Aufbau eines wissensbasierten Systems<br />

Wissensbasierte Systeme: Der allgemeine Aufbau eines wissensbasierten Systems ist in<br />

Abb. 2.2-5 dargestellt. Dabei werden mittels Interpreter die Fakten und Regeln aus der Wissensbasis<br />

auf die zu bearbeitenden Daten angewendet (Grünreich und Rappe, 1997). Für die<br />

Kartographie hat ein solches System etwa folgende Aufgaben zu übernehmen :<br />

• automatisierte Datenerfassung zur Erzeugung eines digitalen Datenbestandes<br />

• maßstabsabhängige Modellgeneralisierung<br />

• automatische Zuordnung der Signaturen des gewünschten Zeichenschlüssels<br />

• automatisierte kartographische Generalisierung<br />

• Ausgabe der kartographischen Repräsentation<br />

(siehe auch Spiess, (1990a) ). Aktuelle Softwareprogramme ermöglichen :<br />

• automationsgestützte Datenerfassung zur Erzeugung maßstabsabhängiger digitaler Landschaftsmodelle<br />

(dadurch werden die ersten beiden Punkte von oben in einem Schritt realisiert,<br />

mit dem Nachteil, daß die digitalen Ausgangsdaten schon maßstabsabhängig generiert<br />

werden)<br />

• Zuordnung des gewünschten Zeichenschlüssels<br />

• interaktive Generalisierung, unter Einsatz von speziellen Generalisierungswerkzeugen (Linienglättung,<br />

Aggregation von Gebäuden, ...)<br />

• Ausgabe als Druck oder Bildschirmpräsentation<br />

Als Fazit ist festzustellen, daß Expertenwissen bezüglich der kartographischen Generalisierung<br />

erst ansatzweise in den aktuellen Programmen existiert. So ist eine interaktive Wechselwirkung,<br />

welche die Steuerung mittels Parameter ermöglicht, die Bewertung von Ergebnissen oder eine<br />

Auswahl angebotener Varianten zuläßt, nur in wenigen Fällen möglich. Vielfach wird die Generalisierung<br />

deshalb von Hand durch den Kartographen ausgeführt, wobei an die Stelle von Folie


2.3. Bisherige Verdrängungslösungen 27<br />

und Gravurnadel jetzt Mauszeiger, Tastatur und Bildschirm getreten sind. Voraussetzung für<br />

die Entwicklung wissensbasierter Systeme, welche eine automatische oder automationsgestützte<br />

Generalisierung ermöglichen, sind deshalb neben der Akquisition vor allem die Formalisierung<br />

des vorhandenen kartographischen Wissens (Bollmann, 1988).<br />

2.3 Bisherige Verdrängungslösungen<br />

2.3.1 Geometrische Ansätze für Vektordaten<br />

Erste Ansätze für eine automatisierte Verdrängung entstanden in den siebziger Jahren. Auf der<br />

Basis von Vektordaten wurden Verschiebungsvektoren berechnet, welche Richtung und Größe<br />

notwendiger Verdrängungen beschreiben. Für die Bestimmung der Verschiebungsrichtung wurde<br />

von der Annahme ausgegangen, daß eine Verdrängungswirkung im wesentlichen von linienförmigen<br />

Objekten hervorgerufen wird und senkrecht zu deren Mittelachse erfolgt (Gottschalk,<br />

1972).<br />

Zur Berechnung von Verdrängungsbeträgen sind ausführliche Untersuchungen von Töpfer (1974)<br />

durchgeführt worden. Dabei erfolgt zunächst eine Unterscheidung von einfacher und angleichender<br />

Verdrängung. Außerdem wird auf die Bedeutung einer Verdrängung unter Wahrung der<br />

relativen Lage zwischen den Kartenobjekten hingewiesen. Ähnliche Ansätze wurden später auch<br />

von Lichtner (1977) und Schittenhelm (1978) aufgegriffen.<br />

Die einfache Verdrängung berücksichtigt die Einhaltung von Mindestabständen bei der Ableitung<br />

von Folgemaßstäben. Der Objektabstand (y 0 ) ergibt sich aus den halben Signaturbreiten<br />

der beteiligten Objekte (b 1 , b 2 ) zuzüglich eines Mindestabstandes für die optische Auflösbarkeit<br />

(a):<br />

y 0 = b 1 /2 + b 2 /2 + a . (2.3-1)<br />

Die Differenz der Objektabstände in Ausgangs- und Folgemaßstab liefert die notwendige Verschiebung<br />

(v 0 ). Dabei muß der Objektabstand des Ausgangsmaßstabes noch auf den Folgemaßstab<br />

umgerechnet werden:<br />

v 0 = y 0F − y 0A · mA<br />

m F<br />

. (2.3-2)<br />

Eine Verdrängung nach obigem Schema kann zu starken Veränderungen der Objektgestalt führen<br />

und Nachbarschaftsrelationen (bzw. die Topologie) verletzen. Deshalb wird der Verdrängungsbereich<br />

um die Verdrängungstiefe w A erweitert, und es werden auch Objektpunkte, für die<br />

y A = y 0A + w A mit w A > 0 (2.3-3)<br />

gilt, in die Verdrängung einbezogen. Die Verdrängungswirkung auf diese Punkte sollte mit wachsendem<br />

Abstand abnehmen. Ein möglicher Ansatz ist<br />

v = v 0 · e −x mit x := y A − y 0A<br />

y 0F<br />

· mA<br />

m F<br />

. (2.3-4)<br />

Der Exponent x wird so gewählt, daß für y A = y 0A bzw. w A = 0 die einfache Verdrängung als<br />

Spezialfall der angleichenden Verdrängung enthalten ist. Der Objektabstand im Folgemaßstab<br />

ergibt sich aus<br />

und nach Einsetzen von (2.3-2) und (2.3-4) in (2.3-5) zu<br />

y F = y A · mA<br />

m F<br />

+ v , (2.3-5)<br />

y F = y A · mA + (y0F − y 0A · mA ) · e<br />

−(y A −y 0A )m A /(cy gF m F )<br />

. (2.3-6)


28 Kapitel 2. Theoretische und praktische Grundlagen<br />

Außerdem wird der Bereich y gF = y 0F /c , in dem die Verdrängung abklingen soll, direkt eingeführt.<br />

Der Faktor c steuert dabei das Abklingverhalten. Um Folgekonflikte zu vermeiden, muß<br />

die Verdrängungstiefe situationsabhängig festgelegt werden. Die automatisierte Steuerung des<br />

Abklingverhaltens ist bisher nicht entwickelt.<br />

Abbildung 2.3-1: Verdrängung einer Höhenlinie durch eine Straße (nach Töpfer, 1974)<br />

Eine neuere Arbeit zur Verdrängung auf elementar-geometrischer Basis beschäftigt sich mit der<br />

Generalisierung von Gebäuden (Powitz, 1993). Dabei erfolgt eine automatische Verdrängung<br />

von Objektpunkten der Gebäudekonturen durch lokale Verdrängungsvektoren innerhalb von<br />

Straßenmaschen.<br />

2.3.2 Konfliktmodellierung mittels Rasterdaten<br />

Erste Untersuchungen zur Konfliktmodellierung mittels Rasterdaten stammen von Volkert<br />

(1978) und Christ (1979). Fortgesetzt wurden deren Arbeiten von Jäger (1991). Wesentlich<br />

bei diesen Ansätzen ist die pixelweise Abspeicherung der erforderlichen Verdrängungsinformationen.<br />

Neben Verdrängungsbetrag und Verdrängungsrichtung werden auch Angaben zur Objektpriorität,<br />

Lage der Objektmittelachse, Überlappungsbereiche etc. abgespeichert. In diesem<br />

Zusammenhang ist der Begriff des Verdrängungsgebirges entstanden.<br />

Abbildung 2.3-2: Verdrängungsgebirge (nach Jäger, 1990)


2.3. Bisherige Verdrängungslösungen 29<br />

Die Höhenwerte“ entsprechen dem Platzbedarf der Kartenobjekte. Im einfachsten Fall gibt der<br />

”<br />

Höhenwert“ eines Pixels Auskunft über die Anzahl von Objekten, die sich am Ort befinden.<br />

”<br />

Werden Mindestabstände und Verdrängungstiefen berücksichtigt, ergibt sich ein Verdrängungsgebirge,<br />

welches in Abbildung 2.3-2 dargestellt ist. Allgemeinere Untersuchungen zur Anwendung<br />

von Rasteroperationen für Generalisierungszwecke wurden von Weber (1982) durchgeführt.<br />

Die bisherigen Ansätze beschränken sich auf eine Modellierung der notwendigen Verschiebungen<br />

(2.3-6), um Darstellungskonflikte zu beseitigen. Eine Berücksichtigung der Objektgestalt<br />

erfolgt dabei zunächst nicht. Da besonders an den Grenzen der Verdrängungsbereiche abrupte<br />

Gestaltsänderungen auftreten, wird bei der angleichenden Verdrängung zusätzlich mit einer<br />

Verdrängungstiefe gearbeitet. Innerhalb dieser klingt die Verdrängungswirkung gegen Null ab,<br />

d.h. die Verdrängung wird sozusagen ”<br />

aufgefangen“. Der Nachteil bei diesem Vorgehen ist die<br />

Verkürzung von Objekten in Verdrängungsrichtung.<br />

2.3.3 Verdrängung als Optimierungsproblem<br />

Endrullis (1988) schlägt nun vor, u.a. Geometrie- und Relationsinformationen bei der Konfliktlösung<br />

zu berücksichtigen und die Verdrängung als komplexes Optimierungsproblem zu behandeln.<br />

Diesem Anspruch kann Bobrich (1996) mit seinem Federkraftmodell gerecht werden<br />

und erreicht damit eine neue Qualität auf dem Gebiet der automatisierten Verdrängung. Zum ersten<br />

Mal erfolgt hier eine explizite Modellierung der Objektgestalt (speziell von Linienobjekten).<br />

Der Verdrängungsansatz basiert auf einem hybriden Datenmodell. So werden Rasterdaten für<br />

die Recherche und Modellierung von Konfliktsituationen verwendet. Das Ergebnis ist ein pixelweise<br />

abgespeichertes Verdrängungsgebirge. Die Vektordaten werden benötigt, um die Gestalt<br />

der Kartenobjekte zu erfassen. Mit Hilfe des Federkraftmodells gelingt es, anschaulich die aufgetretenen<br />

Deformationen infolge Verdrängung in Kräfte umzusetzen. Diese wirken einer Gestaltsund<br />

Lageänderung der Kartenobjekte entgegen.<br />

Entsprechend der zu beschreibenden Signaturcharakteristika werden unterschiedliche Federarten<br />

bzw. Federkräfte eingeführt, z.B. ”<br />

Signaturfedern“ (F s ), um die Stützstellenabstände der<br />

Kartenobjekte trotz Verschiebung möglichst konstant zu halten oder ”<br />

Torsionsfedern“ (F t ), um<br />

das Krümmungsverhalten zu steuern. Schließlich soll die absolute Stützstellenbeweglichkeit bestimmter<br />

Kartenobjekte eingeschränkt werden (z.B. Trigonometrische Punkte). Dies erreicht<br />

man mit Hilfe sogenannter ”<br />

Bezugssystemfedern“ (F k ) (siehe Abbildung 2.3-3).<br />

Abbildung 2.3-3: Federkraftmodell (nach Bobrich, 1996)


30 Kapitel 2. Theoretische und praktische Grundlagen<br />

Die Umsetzung dieser konträren Aspekte, d.h. Beseitigung der Darstellungskonflikte bei bestmöglicher<br />

Wahrung der Signaturcharakteristika, kann als Optimierungsaufgabe gelöst werden. In der<br />

zugehörigen Zielfunktion unterscheidet Bobrich (1996) deshalb zwischen einem Federpotential<br />

Π F edern und dem Potential des Verdrängungsgebirges Π Rastergebirge :<br />

Π ges = Π F edern + Π Rastergebirge (2.3-7)<br />

Eine weiterführende analytische Formulierung gelingt nicht. Numerisch wird die Minimierung<br />

mittels des ”<br />

Downhill-Simplex-Verfahrens“ durchgeführt. Als Steuerparameter fungieren dabei<br />

verschiedene Federhärten, deren Wahl, in Abhängigkeit von der Objektbedeutung, dem Kartographen<br />

vorbehalten bleibt.<br />

Zusammenfassend können folgende Abschnitte bei der Entwicklung automatisierter Verdrängungslösungen<br />

unterschieden werden. Zunächst wurde versucht, auf elementar-geometrischer Basis<br />

Verschiebungsvektoren zu bestimmen. Später erfolgte eine Unterteilung der Verdrängungsproblematik<br />

in Konfliktmodellierung (Verdrängungsgebirge) und Konfliktlösung (resultierende<br />

Verdrängung). Die Verdrängung wurde dabei ohne explizite Berücksichtigung der Objektgestalt<br />

durchgeführt. Lediglich die angleichende Verdrängung versucht, Gestaltsänderungen innerhalb<br />

einer vorgegebenen Verdrängungstiefe aufzufangen. Um sich ergebende Folgekonflikte zu<br />

vermeiden, müßte die Verdrängungstiefe situationsabhängig festgelegt werden. Dies führte zur<br />

Behandlung der Verdrängung als Optimierungsproblem.<br />

Die Verwendung eines Federmodells ist hier sehr anschaulich, da mechanische Federn natürlicherweise<br />

formerhaltende Kräfte besitzen. In der automatisierten Verdrängung wirken sie der<br />

Verformung von Kartenobjekten entgegen. Für eine differenziertere Beschreibung von Kurven<br />

hat sich in mathematischen Anwendungen jedoch die Modellierung mit Splines durchgesetzt.<br />

Sind zusätzlich äußere Zwangsbedingungen zu berücksichtigen, kann eine angepaßte Klasse von<br />

Splines, die sogenannten energieminimierenden Splines, verwendet werden. Im folgenden Kapitel<br />

wird deshalb die automatisierte Linienverdrängung mit energieminierenden Splines vorgestellt.


31<br />

3 Verdrängung von Linienobjekten<br />

3.1 Splines<br />

3.1.1 Interpolierende und approximierende Splines<br />

Eine gegebene Funktion f(t) kann stückweise durch Polynome beliebigen Grades approximiert<br />

werden. Vorteile bietet hier die Verwendung von Polynomen dritten Grades, auch als klassische<br />

Spline-Interpolation bezeichnet. Durch ∆ := a = t 0 < t 1 < . . . < t n = b sei eine Unterteilung<br />

des Intervalls [a, b ] gegeben.<br />

Definition :<br />

Unter einer zu ∆ gehörigen Spline-Funktion s(t) versteht man eine reelle<br />

Funktion s(t) : [a, b ] → R mit den Eigenschaften<br />

• s(t) ∈ C 2 [a, b ] : s(t) ist auf [a, b ] zweimal stetig differenzierbar.<br />

• Auf jedem Teilintervall [t i , t i+1 ], i = 0, 1, . . . , n − 1, stimmt s(t) mit einem Polynom 3.<br />

Grades überein.<br />

Eine Splinefunktion ist somit stückweise aus n kubischen Polynomen so zusammengesetzt, daß<br />

die Funktion s(t) selbst und ihre beiden ersten Ableitungen an den Stellen t i ; i = 1, . . . , n − 1,<br />

keine Sprungstellen besitzen. Neben kubischen Spline-Funktionen kann man allgemeiner Splinefunktionen<br />

s(t) vom Grad k definieren, die stückweise aus Polynomen k-ten Grades so zusammengesetzt<br />

sind, daß s(t) ∈ C k−1 [a, b ] gilt.<br />

Man spricht von einer interpolierenden Spline-Funktion, wenn Spline s(t) und Funktion f(t) in<br />

den Stützstellen übereinstimmen :<br />

s(t i ) − f(t i ) = 0 , i = 0, 1, . . . , n . (3.1-1)<br />

Im allgemeinen sind die Interpolationslösungen entsprechend der Bedingung (3.1-1) nicht eindeutig.<br />

So können zusätzliche Optimalitätskriterien erfüllt werden :<br />

E =<br />

∫ b<br />

a<br />

[ s (l+1) (t) ] 2 dt = Min l ≥ 0 . (3.1-2)<br />

Im Falle l = 1 erhält man die Bedingung minimaler Biegeenergie für kubische Splines.<br />

Um vorhandene unerwünschte Undulationen zu unterdrücken, wurde die Verwendung von Splines<br />

unter Spannung vorgeschlagen (Schweikert, 1966). Dazu ist folgendes Energie-Integral<br />

zu minimieren :<br />

∫ b<br />

∫ b<br />

E = α [ s ′ (t) ] 2 dt + [ s ′′ (t) ] 2 dt . (3.1-3)<br />

a<br />

a<br />

Der erste Term beeinflußt die ”<br />

Länge“ des Splines, der zweite die ”<br />

Krümmung“. Die Spannung<br />

wird über den Parameter α gesteuert; so führt eine Vergrößerung von α zur Elimination von<br />

Schwingungen bei gleichzeitiger Verringerung der Splinelänge.<br />

Um eine lokale Steuerung zu ermöglichen, wurde ein alternativer Ansatz mit zusammengesetzten<br />

Polynomen entwickelt, sogenannte v-Splines (Nielson, 1974). Das zu minimierende Energie-<br />

Integral nimmt dabei folgende Gestalt an :<br />

E =<br />

n∑<br />

α i [ s ′ (u i ) ] 2 +<br />

∫ b<br />

i=0<br />

a<br />

[ s ′′ (t) ] 2 dt . (3.1-4)<br />

Damit kann an jedem Interpolationspunkt der Kurve die Spannung selektiv verändert werden.


32 Kapitel 3. Verdrängung von Linienobjekten<br />

Da in der Praxis die vorgegebenen Werte f(t i ) oft Meßwerte und daher fehlerbehaftet sind, ist die<br />

Anwendung der Interpolationsforderung (3.1-1) nicht in jedem Falle sinnvoll. Vielmehr wird hier<br />

eine Extremalforderung mit Nebenbedingung angesetzt (in Form einer Lagrange-Funktion), so<br />

daß zum einen die Meßwerte und Interpolationspunkte nicht zwangsläufig zusammenfallen und<br />

andererseits die Glättungseigenschaften interpolierender Splines übernommen werden können.<br />

Diese approximierenden Splines ergeben sich nach Minimierung des Funktionals<br />

n∑<br />

[ ] s(ti ) − f(t i ) 2 ∫ b<br />

E = (1 − λ)<br />

+ λ [ s ′′ (t) ] 2 dt . (3.1-5)<br />

σ i a<br />

i=1<br />

Die Parameter σ i stellen die Standardabweichungen der Meßfehler dar, mit denen die Meßwerte<br />

f(t i ) behaftet sind. Der Glättungsparameter λ ɛ [0, 1] liefert im Spezialfall λ = 0 den kubischen<br />

Interpolations-Spline. Für größere λ erhält man eine glatte Näherungskurve und im Grenzfall<br />

λ = 1 ergibt sich die ausgleichende Gerade.<br />

Durch Konstruktion dieser Extremwertaufgabe mit Nebenbedingungen gelingt es demzufolge,<br />

die konkurrierenden Ziele, bestmögliche Approximation der Funktionswerte bei gleichzeitiger<br />

Gewährleistung eines glatten Splineverlaufs, miteinander zu verbinden. Dieser Gedanke wird im<br />

Snakes-Konzept aufgegriffen und für Anwendungen in der Bildverarbeitung fortgeführt.<br />

3.1.2 Energieminimierende Splines (Snakes)<br />

Bisher wurden Splines verwendet, um komplizierte Funktionsverläufe durch einfachere Funktionen<br />

auszudrücken oder vorgegebene Funktionswerte durch analytische Ausdrücke zu beschreiben.<br />

Zu allgemeineren Modellen führt die Anwendung energieminimierender Splines in der Bildverarbeitung;<br />

dort auch als Snakes bezeichnet. Dabei soll die Gestalt von Objekten aus Bildern<br />

extrahiert werden. Die Approximation bezieht sich damit nicht mehr auf vorgegebene Funktionswerte,<br />

sondern auf Objekte, deren Ausdehnung und Lage durch Hell-Dunkel-Unterschiede<br />

in Bildern beschrieben wird. Der Spline lagert sich dazu unter Erfüllung von Optimalitätskriterien<br />

der gesuchten Kontur an. Die wesentliche Eingangsinformation liefert hier die Bildintensität.<br />

Die erste fundamentale Arbeit stammt von Kass, Witkin und Terzopoulos (1987). In dieser<br />

wird die Zielfunktion der Gesamtenergie<br />

E ∗ snake =<br />

∫ 1<br />

0<br />

E snake ds =<br />

∫ 1<br />

0<br />

(E ext + E int ) ds (3.1-6)<br />

aus einem inneren und einem äußeren Anteil zusammengesetzt. Die interne Energie“<br />

(<br />

”<br />

E int = α(s) | v s (s) | 2 + β(s) | v ss (s) | 2) /2 (3.1-7)<br />

faßt die oben angeführten Forderungen an die Splinegestalt zusammen. Der erste Term steuert<br />

wieder die Dehnbarkeit in Längsrichtung (auch als Membranterm“ bezeichnet), der zweite beeinflußt<br />

die Krümmung bzw. Wölbung des Splines (vergleichbar den Biegeeigenschaften einer<br />

”<br />

” dünnen Metallplatte“). Die externe Energie“<br />

”<br />

E ext = −|grad I(x, y)| 2 (3.1-8)<br />

enthält die Information über die zu approximierenden Objekte in Form der Bildintensität I(x, y).<br />

Vielfach wird hier der Gradient der Bildintensität eingesetzt, da die Begrenzung eines Objektes<br />

durch große Hell-Dunkel-Unterschiede gekennzeichnet ist und so z.B. Kanten detektiert werden<br />

können.<br />

Schlußfolgernd ist anzumerken, daß es sich bei Snakes (dt. Schlangen) um verallgemeinerte<br />

Splines handelt, deren Name aus der Art und Weise resultiert, wie sich Splines während der<br />

Iteration den zu extrahierenden Objekten nähern.


3.2. Linienverdrängung mit Snakes 33<br />

3.2 Linienverdrängung mit Snakes<br />

3.2.1 Prinzip der Energieminimierung<br />

Während in der Mustererkennung die aktiven Splines den unscharfen Konturen angelagert werden,<br />

erfolgt in der automatisierten Verdrängung eine Abstoßung von Linien (siehe Abbildung<br />

3.2-1). Gemeinsam ist beiden Anwendungen die Verschiebung und Verformung von Linien unter<br />

Einwirkung äußerer Zwänge.<br />

Spline<br />

Linie 3<br />

Linie 2<br />

unscharfe<br />

Kontur<br />

Linie 1<br />

Abbildung 3.2-1: Analogie zwischen Konturerkennung (Anlagerung eines Splines an eine unscharfe<br />

Kontur; links) und einseitiger oder gegenseitiger Linienverdrängung (rechts) im Konzept energieminimierender<br />

Splines (Snakes)<br />

Das Prinzip der Energieminimierung, angewendet auf die Linienverdrängung, ist in Abbildung<br />

3.2-2 veranschaulicht. Zunächst sind geeignete Energieterme für die jeweilige Aufgabe zu formulieren.<br />

Diese werden zu einer Gesamtenergie zusammengefaßt, welche die Zielfunktion des<br />

Optimierungsproblems liefert. Die Energieterme sind dabei so zu wählen, daß mit kleiner werdender<br />

Energie eine Lösung der verschiedenen Teilaspekte erfolgt.<br />

Für die Linienverdrängung existieren zwei wesentliche Gesichtspunkte. Zum einen soll eine Überlagerung<br />

durch benachbarte Signaturen beseitigt werden und eine Plazierung in einem gewissen<br />

Mindestabstand erfolgen. Zum anderen ist während der Verschiebung die Gestalt der Linien<br />

möglichst gut zu erhalten. Zur Konfliktlösung wird die Gesamtenergie minimiert. Im Falle der<br />

Linienverdrängung wird dazu das Variationsverfahren verwendet (siehe 3.2.3). Nach der Energieminimierung<br />

sind die Konflikte abgebaut und die Linienform ist weitestgehend erhalten.<br />

Analog zur Bildverarbeitung (siehe 3.1.2) setzt sich die Gesamtenergie<br />

∫ 1<br />

0<br />

E ges ds =<br />

∫ 1<br />

0<br />

(E ext + E int ) ds = Min (3.2-1)<br />

für jede Linie wieder aus einem inneren und einem äußeren Anteil zusammen. Die innere Energie<br />

wird verwendet, um die Forderungen an die Liniengestalt zu modellieren. Dabei besteht<br />

der Wunsch, das ”<br />

Typische“ der Linien möglichst zu erhalten. Im Gegensatz zur Anwendung<br />

der Snakes in der Bildverarbeitung ist man also an einer minimalen Gestaltsänderung interessiert.<br />

Diese wird zunächst hervorgerufen durch notwendige Verdrängungen in Bereichen zu<br />

hoher Objektkonzentration. Die äußere Energie beschreibt zu geringe Abstände zwischen den<br />

Linienabschnitten. Schließlich werden beide Effekte in die Energieminimierung sämtlicher Linien<br />

einbezogen. Dazu wird über die Gesamtenergie E ges , entlang jeder Linie mit der Bogenlänge<br />

s ɛ [0, 1], integriert.


34 Kapitel 3. Verdrängung von Linienobjekten<br />

Konflikt<br />

(Verdrängungsgebirge)<br />

Kartenobjekte<br />

(Gestalt bestimmt durch<br />

1. und 2. Ableitung der<br />

Linie nach der Bogenlänge)<br />

äußere Energie<br />

innere Energie<br />

Energieminimierung mittels Variationsverfahren<br />

Konflikt abgebaut<br />

Gestalt der Linien<br />

weitestgehend erhalten<br />

Abbildung 3.2-2: Schema zur Linienverdrängung mittels Energieminimierung<br />

3.2.2 Innere und äußere Energie<br />

Innere Energie<br />

Die Form der Linie ist zunächst durch den Vektor v(s) = (x(s), y(s)) ⊤ festgelegt. In Bereichen<br />

hoher Kartenbelastung müssen Objekte verdrängt, d.h. sowohl die Lage als auch die Form<br />

der Linien verändert werden. Der Umfang der Verdrängung wird dabei durch die äußere Energie<br />

bestimmt. Die innere Energie kann verwendet werden, um Änderungen der Liniengestalt<br />

entgegenzuwirken. Fordert man hier möglichst große Übereinstimmung zwischen Original und<br />

verdrängter Linie, können die charakteristischen Eigenschaften der Linie erhalten werden. Die<br />

Veränderung gegenüber dem ursprünglichen Zustand wird durch den Vektor w(s) beschrieben :<br />

w := (x − x o , y − y o ) ⊤ ,<br />

w s := (x s − x o s, y s − y o s) ⊤ ,<br />

w ss := (x ss − x o ss, y ss − y o ss) ⊤ .<br />

Während x und y die aktuellen Linienkoordinaten enthalten, kennzeichnen x o und y o die Linie<br />

im Originalzustand. Tiefgestellte Indizes bezeichnen die partiellen Ableitungen nach der<br />

Bogenlänge s. Die interne Energie nimmt damit folgende Gestalt an :<br />

E int = (α |w s | 2 + β |w ss | 2 )/2 . (3.2-2)<br />

Formal stimmt dieser Ausdruck mit der für Snakes eingeführten inneren Energie (3.1-7) überein.<br />

Ähnlich ist die physikalische Interpretation; so beschreibt die erste Ableitung das Dehnungsverhalten<br />

in Längsrichtung. Die zweite Ableitung modelliert das Biegeverhalten des Splines und<br />

wirkt demzufolge in Querrichtung.<br />

Der wesentliche Unterschied zu den Snakes der Bildverarbeitung besteht darin, daß hier nicht<br />

Splines minimaler Dehnung bzw. Krümmung gesucht sind, sondern Splines, die nur geringe Abweichungen<br />

in Länge und Krümmung bezüglich des ursprünglichen Zustandes aufweisen. Demzufolge<br />

werden während der Verdrängung die Differenzen in den ersten und zweiten Ableitungen<br />

(w s , w ss ) minimiert und damit die Gestaltsänderungen klein gehalten. Die Gewichte α und β<br />

sind in dem hier verwendeten Modell für alle Linien konstant.


3.2. Linienverdrängung mit Snakes 35<br />

Äußere Energie<br />

Die äußere oder externe Energie E ext wird verwendet, um Konfliktsituationen von Linien zu<br />

beschreiben. Sie ist null, wenn keine Verdrängungsobjekte innerhalb eines gegebenen Hardcore-<br />

Abstandes h vom Ort v i = [x i , y i ] ⊤ des Punktes P i liegen. Der Hardcore-Abstand berechnet sich<br />

aus den halben Signaturbreiten der beteiligten Linien zuzüglich eines Mindestabstandes h min<br />

für die optische Auflösbarkeit. Der Punkt P i bezeichnet hier eine beliebige Stützstelle mit Index<br />

i der Linie L I (siehe Abbildung 3.2-3).<br />

y<br />

+<br />

+<br />

L J<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

t<br />

+<br />

+<br />

+<br />

k<br />

P<br />

P<br />

j<br />

j+1<br />

a<br />

+<br />

+<br />

+<br />

P i+1<br />

P i=P(x i, y<br />

i)<br />

P h<br />

i-1<br />

i d<br />

j , j+1<br />

a i<br />

P i<br />

t<br />

k<br />

P<br />

j<br />

P<br />

j +1<br />

d<br />

d<br />

i, j +1<br />

i, j<br />

+<br />

v<br />

i<br />

+<br />

+<br />

L := { P ; i = 1, 2, ... }<br />

I<br />

i<br />

x<br />

Abbildung 3.2-3: Beispiel zur Bestimmung des Verdrängungspotentials (im Punkt P i<br />

bezüglich der Linie L J )<br />

der Linie L I<br />

Unterschreiten Linien oder andere Verdrängungsobjekte den Hardcore-Abstand, entsteht ein<br />

Verdrängungspotential E ext (v i ) > 0 im Punkt P i . Dieses wird umso größer, je länger das innerhalb<br />

des Hardcore-Abstandes verlaufende Linienstück und je geringer die Entfernung zu P i ist.<br />

Berücksichtigt werden sämtliche Sützstellen der benachbarten Linien, sowie die interpolierten<br />

Zwischenpunkte. Die Berechnung von Zwischenpunkten ist notwendig, um eine Verdrängungswirkung<br />

unabhängig vom Stützstellenabstand zu modellieren.<br />

Da nur Liniensegmente in der lokalen Umgebung einen Einfluß auf die Verdrängung der Stützstellen<br />

haben, wird in der praktischen Rechnung zunächst eine Vorauswahl zu berücksichtigender<br />

Liniensegmente getroffen. Jeder Koordinate werden dazu die Indizes benachbarter Stützstellen<br />

zugeordnet. Die Auswahl erfolgt anhand eines erweiterten Hardcore-Abstandes h e = f · h. Der<br />

Bereichsfaktor berücksichtigt maximal auftretende Verschiebungen und wird erfahrungsgemäß<br />

mit f = 3 festgelegt. Die Summation in Gleichung (3.2-3) über alle Stützstellen mit Index j<br />

sämtlicher Linien J beschränkt sich danach auf die Stützstellen in der unmittelbaren Umgebung.<br />

Der einfachste Ansatz, der den genannten Anforderungen entspricht, lautet :<br />

E ext (v i ) ∼ ∑ J≠I<br />

{<br />

∑ ∑ (1 − ai (t k )/h) : a i < h<br />

j t<br />

0 : a i ≥ h<br />

. (3.2-3)


36 Kapitel 3. Verdrängung von Linienobjekten<br />

Dabei ist a i (t k ) jeweils der Abstand vom interpolierten Zwischenpunkt des Linienelementes, welches<br />

die Verdrängung ausübt, zum Stützpunkt P i , für den das Verdrängungspotential bestimmt<br />

werden soll:<br />

√<br />

a i (t k ) = d 2 j,j+1 · t2 k + (d2 i,j+1 − d2 i,j − d2 j,j+1 ) · t k + d 2 i,j (3.2-4)<br />

mit<br />

d j,j+1 =<br />

d i,j =<br />

d i,j+1 =<br />

√<br />

(x j+1 − x j ) 2 + (y j+1 − y j ) 2 ,<br />

√<br />

(x j − x i ) 2 + (y j − y i ) 2 ,<br />

√<br />

(x j+1 − x i ) 2 + (y j+1 − y i ) 2<br />

(vgl. Anhang B). Die Berechnung der Zwischenpunkte erfolgt durch gleitende Mittelbildung.<br />

Der Parameter t k ergibt sich hier aus dem Verhältnis von Schrittweite ∆ und individuellem<br />

Stützstellenabstand:<br />

t k = k ·<br />

∆<br />

d j,j+1<br />

, k = 0, 1, ... und t k ɛ [0, 1) . (3.2-5)<br />

Die Schrittweite kann beliebig klein gewählt werden. Für ∆ → 0 entspricht dies einer approximativ<br />

kontinuierlichen Verdrängung. Zu berücksichtigen ist, daß mit kleiner werdender Schrittweite<br />

der Rechenaufwand steigt. Als Mindestanforderung für ∆ ist ein Wert zu wählen, der eine<br />

Größenordnung kleiner als der durchschnittliche Stützstellenabstand ist.<br />

Abbildung 3.2-4(a) zeigt die Stützstellen verschiedener Linienobjekte. Aus diesen diskreten Eingangskoordinaten<br />

wird durch die vorgestellte gleitende Mittelbildung der Platzbedarf der Linienobjekte<br />

berechnet, der als sogenanntes erzeugendes Verdrängungsgebirge dargestellt werden<br />

kann (siehe Abbildung 3.2-4(b)).<br />

(a) Diskrete Eingangskoordinaten<br />

(b) Erzeugendes Verdrängungsgebirge<br />

Abbildung 3.2-4: Beispiel eines erzeugenden Verdrängungsgebirges


3.2. Linienverdrängung mit Snakes 37<br />

3.2.3 Variationsverfahren und Eulergleichungen<br />

Nach Festlegung der Zielfunktion, respektive Konstruktion der Gesamtenergie, wird das Energieintegral<br />

variiert. Die Lösung der entstehenden Eulergleichung liefert die Linienkoordinaten, welche<br />

das Optimalitätskriterium, minimale Gesamtenergie, erfüllen. Heute ist die Anwendung<br />

von Extremalprinzipien überall in den Natur- und Ingenieurwissenschaften verbreitet, in der<br />

Geodäsie z.B. bei der Darstellung der geodätischen Linie in Form der Eulerschen Gleichungen<br />

(Klotz, 1991; Grafarend und You, 1995). Dabei bleibt dem Anwender die wesentliche Aufgabe,<br />

eine dem Problem angepaßte Lagrange-Funktion aufzustellen bzw. geeignete Energien zu<br />

definieren.<br />

Herleitung der Eulerschen Gleichungen:<br />

I[x(s), y(s)] =<br />

∫ 1<br />

0<br />

E ges ds =<br />

∫ 1<br />

von zwei Funktionen x(s), y(s) mit festen Randwerten<br />

0<br />

Wir betrachten ein Funktional<br />

E ges (x, x s , x ss , y, y s , y ss , s) ds (3.2-6)<br />

x(0) = x a , y(0) = y a , x(1) = x e , y(1) = y e .<br />

Gesucht sind die Funktionen x(s), y(s), für die das Funktional I[x(s), y(s)] minimal wird. Eine<br />

notwendige Bedingung ist die Stationarität von I bei Variation der gesuchten Funktionen:<br />

δI[x + δx, y] = 0 , δI[x, y + δy] = 0 . (3.2-7)<br />

Damit lassen sich die Eulerschen Gleichungen der Variationsrechnung für beide Funktionen<br />

herleiten (siehe z.B. Fliessbach (1992)):<br />

δI[x + δx, y] = I[x + δx, y] − I[x, y]<br />

=<br />

=<br />

=<br />

=<br />

=<br />

=<br />

∫ 1<br />

0<br />

∫ 1<br />

0<br />

∫ 1<br />

0<br />

∫ 1<br />

0<br />

∫ 1<br />

0<br />

∫ 1<br />

0<br />

ds (E x δx + E xs δx s + E xss δx ss )<br />

(<br />

d<br />

ds E x δx + E xs<br />

ds δx + E d 2 )<br />

x ss<br />

ds 2 δx<br />

∫ 1 ( dExs<br />

ds E x δx − ds<br />

0 ds δx + dE )<br />

x ss<br />

ds<br />

δx s + E xs δx∣ 1 ∣ + E ∣∣ 1<br />

x ss<br />

δx s<br />

0 0<br />

(<br />

ds E x − dE ) ∫ 1<br />

x s<br />

δx − ds dE x ss<br />

ds<br />

0 ds<br />

δx s<br />

(<br />

ds E x − dE )<br />

x s<br />

ds<br />

+ d2 E xss<br />

ds 2 δx − dE ∣<br />

x ss<br />

ds δx ∣∣ 1<br />

0<br />

(<br />

ds E x − dE )<br />

x s<br />

ds<br />

+ d2 E xss<br />

ds 2 δx = 0 . (3.2-8)<br />

Durch zweimalige partielle Integration wird E xss δx ss zu (d 2 E xss /ds 2 )δx. Analog erfolgt die Variation<br />

für die Funktion y(s). Aus der Beliebigkeit von δx bzw. δy resultieren zwei Differentialgleichungen<br />

4. Ordnung, die Eulerschen Gleichungen<br />

E x − dE x s<br />

ds<br />

+ d2 E xss<br />

ds 2 = 0 , E y − dE y s<br />

ds<br />

+ d2 E yss<br />

ds 2 = 0 . (3.2-9)<br />

Nach dem Einsetzen des inneren und äußeren Potentials ergeben sich die Gleichungen<br />

∂E ext<br />

∂x − α(x ss − x o ss) + β(x ssss − x o ssss) = 0 , (3.2-10)<br />

∂E ext<br />

− α(y ss − y o<br />

∂y<br />

ss) + β(y ssss − yssss) o = 0 . (3.2-11)<br />

Die Gleichungen (3.2-10) und (3.2-11) werden mit Hilfe finiter Differenzen diskretisiert und<br />

schrittweise durch Anwendung der Cholesky-Zerlegung gelöst (vgl. Abschnitt 3.3.1).


38 Kapitel 3. Verdrängung von Linienobjekten<br />

3.2.4 Tangent Angle Function Snakes (TAFUS)<br />

Neben der Parametrisierung von Snakes mittels rechtwinkliger Koordinaten, kann alternativ die<br />

Tangentenwinkelfunktion<br />

ϕ(s) := arctan ẏ(s)<br />

ẋ(s)<br />

(3.2-12)<br />

zur Beschreibung ebener Kurven verwendet werden. Die innere Energie nimmt damit analog zu<br />

Gleichung (3.2-2) folgende Gestalt an :<br />

E int = (αϕ 2 + β ˙ϕ 2 )/2 , (3.2-13)<br />

wobei der erste Term die Kurvenrichtung modelliert und die Ableitung der Tangentenwinkelfunktion<br />

nach der Bogenlänge der Krümmung entspricht:<br />

˙ϕ(s) = ẋÿ − ẏẍ (3.2-14)<br />

mit ˙ϕ = ∂ϕ/∂s, ẋ = ∂x/∂s, ẏ = ∂y/∂s, sɛ[0, 1]. Die Rückrechnung erfolgt nach<br />

x(s) = x(0) +<br />

y(s) = y(0) +<br />

∫ s<br />

0<br />

∫ s<br />

0<br />

cos ϕ(t) dt , (3.2-15)<br />

sin ϕ(t) dt . (3.2-16)<br />

Der Vorteil dieser Beschreibung liegt in der Reduktion von zwei Gleichungen 4. Ordnung auf<br />

eine Gleichung 2. Ordnung :<br />

∂E ext<br />

∂ϕ<br />

+ αϕ(s) − β ¨ϕ(s) = 0 . (3.2-17)<br />

Nachteilig ist, daß nur Richtungsänderungen δϕ i und keine Streckenänderungen δs i zwischen benachbarten<br />

Punkten deformierter Polygon-Snakes gewonnen werden. Demzufolge ist eine Rücktransformation<br />

nach (3.2-15), (3.2-16) nicht möglich. Um trotzdem kartesische Koordinaten bestimmen<br />

zu können, wird deshalb zusätzlich gefordert, daß die Polygonpunkte senkrecht zur<br />

Kurvenrichtung verschoben werden sollen (Borkowski et al., 1999).<br />

3.3 Diskretisierung und numerische Realisierung<br />

3.3.1 Finite Differenzen<br />

Snakes: Zur Lösung der Euler-Gleichungen (3.2-10) und (3.2-11) erfolgt die Diskretisierung<br />

mittels finiter Differenzen:<br />

0 = (E i x, E i y) + α [(w i − w i−1 ) − (w i+1 − w i )] + (3.3-1)<br />

β ({[(w i − w i−1 ) − (w i+1 − w i )] − [(w i+1 − w i ) − (w i+2 − w i+1 )]} −<br />

{[(w i−1 − w i−2 ) − (w i − w i−1 )] − [(w i − w i−1 ) − (w i+1 − w i )]}) .<br />

Nach Umformung und unter Verwendung der Substitutionen<br />

ergibt sich aus (3.3-1) die Gleichung<br />

a := 2α + 6β b := −α − 4β c := β (3.3-2)<br />

0 = (E i x, E i y) + cw i−2 + bw i−1 + aw i + bw i+1 + cw i+2 , (3.3-3)


3.3. Diskretisierung und numerische Realisierung 39<br />

in Matrizenform<br />

A(x t − x 0 ) + E x ext (x t , y t ) = 0 , (3.3-4)<br />

A(y t − y 0 ) + E y ext (x t , y t ) = 0 , (3.3-5)<br />

mit der pentadiagonalen Bandmatrix<br />

⎡<br />

A =<br />

⎢<br />

⎣<br />

a b c 0 0 · · ·<br />

b a b c 0<br />

c b a b c<br />

0 c b a b<br />

0 0 c b a<br />

.<br />

⎤<br />

⎥<br />

⎦<br />

. (3.3-6)<br />

Im nächsten Schritt erfolgt der Übergang zu einer iterativen Bearbeitung (Parameter t):<br />

(A + λI)(x t − x 0 ) = λ(x t−1 − x 0 ) − E x ext (x t−1 , y t−1 ) , (3.3-7)<br />

(A + λI) (y t − y 0 )<br />

} {{ } } {{ }<br />

B n<br />

= λ (y t−1 − y 0 ) − E y ext (x t−1 , y t−1 )<br />

} {{ }<br />

m<br />

. (3.3-8)<br />

Die Vektoren x t bzw. y t bezeichnen die x- bzw. y-Koordinaten der Linie im gegenwärtigen Iterationsdurchgang.<br />

Die Vektoren x 0 bzw. y 0 enthalten die x- bzw. y-Koordinaten der ursprünglichen<br />

Linie. Eine Lösung der entkoppelten Matrizengleichungen (3.3-7) und (3.3-8) erfolgt mittels<br />

Cholesky-Zerlegung. Dabei handelt es sich um eine symmetrische Version der LR-Zerlegung für<br />

positiv definite Matrizen:<br />

Bn = m<br />

R T Rn = m (3.3-9)<br />

R T u = m ⇒ Rn = u ⇒ n .<br />

TAFUS: Analog ist die Vorgehensweise zur Diskretisierung der Euler-Gleichung für die Tangentenwinkelfunktion<br />

(3.2-17). Da im Gegensatz zur Parametrisierung mit kartesischen Koordinaten<br />

die Euler-Gleichung nur von 2. Ordnung ist, besitzt die Koeffizientenmatrix tridiagonale<br />

Struktur:<br />

⎡<br />

⎤<br />

a b 0 0 0 · · ·<br />

b a b 0 0<br />

a := α + 2β<br />

A T =<br />

0 b a b 0<br />

,<br />

(3.3-10)<br />

⎢ 0 0 b a b<br />

b := −β .<br />

⎥<br />

⎣<br />

⎦<br />

.<br />

Es ist also nur ein Gleichungssystem (je Kurve) mit tridiagonaler Koeffizientenmatrix anstelle<br />

zweier mit pentadiagonaler Matrix bei den üblichen Snakes-Verfahren zu lösen. Allerdings<br />

müssen vor dem Start die Polygonseitenrichtungen<br />

ϕ i := arctan y i+1 − y i<br />

x i+1 − x i<br />

, (3.3-11)<br />

entsprechend (3.2-12) und nach jedem Iterationsschritt die Koordinaten der verschobenen Polygonpunkte<br />

neu berechnet werden.


40 Kapitel 3. Verdrängung von Linienobjekten<br />

Die externe Energie (3.2-3) in den Punkten P i und ˜P i := P (x i + dx i , y i + dy i ) einer Kurve<br />

ergibt sich aus den Abständen a und ã zu Punkten der benachbarten Kurve (Abbildung 3.3-1).<br />

Die Koordinatenunterschiede dx i , dy i resultieren aus einer (genügend kleinen) Drehung dϕ jedes<br />

Kurvenstücks der Länge s i mit s 2 i = (x i − x i−1 ) 2 + (y i − y i−1 ) 2 , näherungsweise zu berechnen<br />

aus<br />

dx i ≃ dq i cos(ϕ i + π/2) ,<br />

dy i ≃ dq i sin(ϕ i + π/2) , (3.3-12)<br />

dq i ≃ s i dϕ .<br />

Die Ableitung der externen Energie wird approximiert durch<br />

∂E ext<br />

∂ϕ<br />

∣ ≃ E ext| ˜Pi<br />

− E ext | Pi<br />

i dϕ<br />

. (3.3-13)<br />

Die aus den Richtungsänderungen δϕ i := ϕi t − ϕt−1 i folgenden Koordinatenänderungen δx i , δy i<br />

berechnet man ebenfalls (genügend genau) mit (3.3-13), wobei sign δq i = sign δϕ i .<br />

y<br />

~ ~<br />

P<br />

a<br />

a<br />

s<br />

dq<br />

ϕ + π<br />

2<br />

s P<br />

dϕ<br />

ϕ<br />

x<br />

Abbildung 3.3-1: Berechnung der externen Energie für TAFUS<br />

3.3.2 Finite Elemente<br />

Die Diskretisierung der Euler-Gleichungen mit finiten Differenzen führt auf schlecht konditionierte<br />

Matrizen (siehe 3.3.3). Damit ist eine hohe Zahl an Iterationen zur Lösung der Gleichungen<br />

(3.3-7), (3.3-8) verbunden. Nach Cohen und Cohen (1990) kann eine Konvergenzbeschleunigung<br />

duch die Verwendung finiter Elemente erreicht werden. Der Finite-Elemente-<br />

Ansatz von Højholt (1998) unterstützt die Annahme einer sinnvollen Anwendung in der Linienverdrängung.<br />

Im folgenden wird deshalb die Eignung finiter Elemente zur Diskretisierung der<br />

Euler-Gleichungen näher untersucht.<br />

Ausgangspunkt ist die zu diskretisierende Euler-Gleichung mit interner und externer Energie :<br />

−α w ′′ + β w IV + f = 0 , (3.3-14)<br />

wobei<br />

f = ∂E ext<br />

∂x<br />

Nach Multiplikation mit einer genügend glatten Funktion v(s), die auf dem Rand verschwindet<br />

und anschließender Integration folgt<br />

.<br />

∫ 1<br />

0<br />

(α w ′′ − β w IV ) v ds =<br />

∫ 1<br />

0<br />

f v ds . (3.3-15)


3.3. Diskretisierung und numerische Realisierung 41<br />

1<br />

B 1,0<br />

−Spline<br />

1.5<br />

B 2,0<br />

−Spline<br />

0.9<br />

0.8<br />

0.7<br />

1<br />

0.6<br />

0.5<br />

0.4<br />

0.3<br />

0.5<br />

0.2<br />

0.1<br />

0<br />

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 1.4 1.6 1.8 2<br />

0<br />

0 0.5 1 1.5 2 2.5 3<br />

(a) B 1,0-Spline<br />

(b) B 2,0-Spline<br />

2<br />

B’ 2,0<br />

−Spline<br />

3<br />

B’’ 2,0<br />

−Spline<br />

1.5<br />

2<br />

1<br />

1<br />

0.5<br />

0<br />

0<br />

−1<br />

−0.5<br />

−2<br />

−1<br />

−3<br />

−1.5<br />

−4<br />

−2<br />

0 0.5 1 1.5 2 2.5 3<br />

−5<br />

0 0.5 1 1.5 2 2.5 3<br />

(c) B ′ 2,0-Spline<br />

(d) B ′′<br />

2,0-Spline<br />

Abbildung 3.3-2: Lineare und quadratische B-Splines zuzüglich erster und zweiter Ableitung<br />

Partielle Integration führt zu<br />

∫ 1<br />

(−α w ′ v ′ − β w ′′ v ′′ ) ds =<br />

Mit der Ersetzung<br />

0<br />

a(w, v) = −<br />

∫ 1<br />

nimmt Gleichung (3.3-16) folgende Form an :<br />

0<br />

∫ 1<br />

(α w ′ v ′ + β w ′′ v ′′ ) ds , b(v) =<br />

0<br />

f v ds . (3.3-16)<br />

∫ 1<br />

0<br />

f v ds (3.3-17)<br />

a(w, v) = b(v) . (3.3-18)<br />

Zur Lösung kann ein Ansatz für beliebige Kurvenparameter t verwendet werden (Schwetlick<br />

und Kretzschmar, 1991):<br />

w(t) =<br />

N∑<br />

w j B 2,j (t) . (3.3-19)<br />

j=0


42 Kapitel 3. Verdrängung von Linienobjekten<br />

Die Koordinatenfunktionen B 2,j (t) werden dabei so gewählt, daß der Grad der Spline-Funktion<br />

der höchsten vorkommenden Ableitung entspricht. Da in der inneren Energie die zweite Ableitung<br />

als Maß für die Krümmung der Linie enthalten ist, verwenden wir quadratische B-Splines<br />

(Menet et al., 1991). Einsetzen des Ansatzes unter Beachtung der Randbedingungen führt zu<br />

N−1 ∑<br />

j=1<br />

a(B 2,j )w j = b(B 2,j ) mit (3.3-20)<br />

a(B 2,j ) = −<br />

b(B 2,k ) =<br />

= −<br />

∫ 1<br />

0<br />

∫ 1 (<br />

0<br />

∫ ( 1<br />

0<br />

α B ′ 2,jB ′ 2,k + β B ′′<br />

α ∂B 2,j<br />

∂t<br />

∂B 2,k<br />

∂t<br />

)<br />

2,jB 2,k<br />

′′<br />

dt , (3.3-21)<br />

+ β ∂2 B 2,j ∂ 2 )<br />

B 2,k<br />

∂t 2 ∂t 2 dt<br />

f B 2,k dt . (3.3-22)<br />

Für die Auswertung des α-Terms in (3.3-21) wird die erste Ableitung des B-Splines zweiter<br />

Ordnung benötigt (siehe Anhang C). Zur Auswertung des β-Terms wird außerdem B 2,j ′′ (t) eingesetzt<br />

:<br />

⎧<br />

t − t j : t j ≤ t < t j+1<br />

⎪⎨<br />

B 2,j(t) ′ t j+1 + t j+2 − 2t : t j+1 ≤ t < t j+2<br />

=<br />

t − t j+3 : t j+2 ≤ t < t j+3<br />

⎪⎩<br />

0 : sonst<br />

⎧<br />

⎪⎨<br />

B 2,j(t) ′′ =<br />

⎪⎩<br />

1 : t j ≤ t < t j+1<br />

−2 : t j+1 ≤ t < t j+2<br />

1 : t j+2 ≤ t < t j+3<br />

0 : sonst<br />

Damit ergibt sich folgende Approximationsgleichung für die zweiten und vierten Ableitungen :<br />

α<br />

2 (−1 3 w i+2 − 2 3 w i+1 + 2w i − 2 3 w i−1 − 1 3 w i−2) +<br />

β (w i+2 − 4w i+1 + 6w i − 4w i−1 + w i−2 ) + b(B k ) = 0 (3.3-23)<br />

Zusammenfassend wird festgestellt, daß beide Approximationen, sowohl mit finiten Differenzen<br />

als auch durch finite Elemente, äquivalente diskretisierte Euler-Gleichungen liefern. Werden bei<br />

der Approximation durch finite Elemente als Koordinatenfunktionen B-Splines 2. Ordnung verwendet,<br />

stimmt die Berechnung der 4. Ableitung in den Euler-Gleichungen identisch überein.<br />

In der Näherung der zweiten Ableitung werden im Gegensatz zu finiten Differenzen auch noch<br />

die übernächsten Nachbarn berücksichtigt, das heißt die Approximation ist von höherer Ordnung<br />

und etwas genauer. Da in den Anwendungen die Abtastung sehr fein ist, spielt die höhere<br />

Approximation praktisch keine Rolle.<br />

3.3.3 Numerische Stabilität, Konvergenz<br />

Die Konditionszahl einer Matrix A,<br />

cond(A) := ||A|| ||A −1 || , (3.3-24)<br />

kann als Maß für die Stabilität der Lösung bezüglich Störungen der Eingangsdaten oder der<br />

Rundungsfehler verwendet werden. Als Matrix-Norm || · || dient die Spektralnorm, so daß<br />

cond(A) = max |λ i|<br />

min |λ i |<br />

(3.3-25)<br />

aus den Beträgen des größten und des kleinsten der Eigenwerte λ i ; i = 1, 2, . . . , n berechnet<br />

werden kann. In Abbildung 3.3-3 sind die Konditionszahlen der Matrix A und der regularisierten


3.3. Diskretisierung und numerische Realisierung 43<br />

Matrix G = A + γI in Abhängigkeit von n und konstanten Parametern α, β, γ dargestellt.<br />

Damit wird die Bedeutung des Regularisierungsterms für die Konvergenz der Lösungen deutlich<br />

(Terzopoulos, 1986).<br />

3.0*10 4<br />

22<br />

2.5*10 4<br />

20<br />

Konditionszahlen<br />

2.0*10 4<br />

1.5*10 4<br />

1.0*10 4<br />

18<br />

16<br />

14<br />

5.0*10 3<br />

12<br />

0.0*10 0<br />

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />

Dimension der Matrix<br />

Abbildung 3.3-3: Konditionszahl der Matrix A (gerissen, linke Skale) und der regularisierten Matrix<br />

A + γI (durchgezogen, rechte Skale) als Funktion der Dimension n und für feste α = β = γ = 1<br />

10<br />

Um die Konvergenz stationärer Iterationsverfahren (mit konstanter Inhomogenität) zu beurteilen,<br />

benutzt man u.a. die asymptotische Konvergenz-Rate<br />

wobei<br />

R(G −1 ) := − ln ρ(G −1 ) , (3.3-26)<br />

ρ(G −1 ) = max<br />

1≤i≤n |λ i(G −1 )| (3.3-27)<br />

der Spektralradius von G −1 ist (Varga, 1962). Im vorgestellten Verdrängungs-Algorithmus<br />

wird die Ableitung der externen Energie nach jedem Iterationsschritt neu berechnet. Daher<br />

kann die Anzahl der notwendigen Iterationsschritte a priori nicht abgeschätzt werden. Da die<br />

Berechnung der externen Energie zudem für Snakes und Tafus unterschiedlich erfolgt (vgl. Abschnitt<br />

3.3.1) und damit auch das Verhältnis von innerer zu äußerer Energie beeinflußt wird, ist<br />

ein Vergleich der Konvergenzraten nicht möglich.<br />

3.3.4 Alternatives Verfahren<br />

Greedy-Algorithmus<br />

Mit dem sog. Greedy-Algorithmus (Williams and Shah, 1990) ist auf einfache Weise eine<br />

Energieminimierung von Linien durchführbar. Dabei wird versucht, die Energie jeder einzelnen<br />

Stützstelle durch infinitesimale Verschiebungen zu verringern. Beim Variationsverfahren wird<br />

dagegen die Energie der gesamten Linie in einem Iterationsschritt minimiert. Ausgangspunkt ist<br />

in beiden Verfahren die Übersetzung der Konfliktsituationen in das Verdrängungspotential (siehe<br />

Abschnitt 3.2.2). Ähnlich wird die innere Energie berechnet. So ist beim Greedy-Algorithmus<br />

die ursprüngliche Gestalt der Linie durch explizite Berechnung von 1. und 2. Ableitung an den<br />

Stützstellenpositionen registriert:<br />

mit den Bezeichnungen<br />

E int = E dis + E curv (3.3-28)


44 Kapitel 3. Verdrängung von Linienobjekten<br />

Krümmung vor<br />

der Verdrängung<br />

Verdrängungspotential<br />

infinitesimale<br />

Verdrängung<br />

Krümmung nach<br />

der Verdrängung<br />

Krümmungspot.<br />

Verdrängungspot.<br />

Gesamtenergie<br />

neu<br />

E ges<br />

ja<br />

neu<br />

E ges<br />

<<br />

alt<br />

E ges<br />

nein<br />

neue Stützstellenneu<br />

position + E<br />

ges<br />

Stützstelle<br />

unverändert<br />

nächster Punkt der 8-Umgebung<br />

Abbildung 3.3-4: Schema zur Verdrängung mit dem Greedy-Algorithmus<br />

und<br />

E dis ∼ δ 2 0 − δ2 1 ,<br />

E curv ∼ κ 2 0 − κ2 1 ,<br />

wobei δ 0 der ursprüngliche Stützstellenabstand,<br />

δ 1 der Stützstellenabstand nach der Verdrängung,<br />

wobei κ 0 die ursprüngliche Krümmung,<br />

κ 1 die Krümmung nach der Verdrängung ist.<br />

E dis bezeichnet den Energiebeitrag, welcher sich durch Unterschiede in der 1. Ableitung zwischen<br />

zwei Iterationen ergibt. Geometrisch können diese Abweichungen als Veränderung der Stützstellenabstände<br />

gedeutet werden. Analog sind Beiträge durch Änderungen der 2. Ableitung als<br />

Krümmungsunterschiede zu interpretieren. Der normierte Abstand zwischen den Stützstellen<br />

ergibt sich durch<br />

δ = (∆x i /∆s i ) 2 + (∆y i /∆s i ) 2 , ∆s 2 i = ∆x 2 i + ∆y 2 i , (3.3-29)<br />

wobei ∆x i = x i − x i−1 bzw. ∆y i = y i − y i−1 die Koordinatendifferenzen zwischen aktueller und<br />

vorheriger Stützstelle bezeichnen. Die Krümmungsberechnung erfolgt nach<br />

κ = (∆x i /∆s i − ∆x i+1 /∆s i+1 ) 2 + (∆y i /∆s i − ∆y i+1 /∆s i+1 ) 2 . (3.3-30)<br />

Ausführliche Untersuchungen zur diskreten Krümmungsberechnung wurden von Williams and<br />

Shah (1990) durchgeführt. Im weiteren wird die Richtung bestimmt, in der die Stützstellen


3.3. Diskretisierung und numerische Realisierung 45<br />

verschoben werden müssen. Dafür kann eine 8-Umgebung mit einer Schrittweite, die klein gegen<br />

die Stützstellenabstände sein sollte, verwendet werden. Ist die Gesamtenergie der Stützstelle an<br />

einem Punkt der 8-Umgebung kleiner, werden dessen Koordinaten als neue Stützstellenkoordinaten<br />

akzeptiert (siehe Abb. 3.3-4). Da das Gestaltspotential erst durch eine Veränderung der<br />

ursprünglichen Stützstellenposition erzeugt wird und damit zunächst immer ein Energiezuwachs<br />

verbunden ist, muß dieser also durch Verringerung des Verdrängungspotentials kompensiert werden.<br />

Nacheinander sind so im ersten Durchlauf die Stützstellen aller Linien zu bearbeiten. Die<br />

Iteration wird beendet, wenn alle Stützstellen eine minimale Energie besitzen.<br />

Vergleich von Variations- und Greedy-Verfahren<br />

Im folgenden soll untersucht werden, wie Variationsverfahren (siehe 3.2.3) und Greedy-Algorithmus<br />

(siehe 3.3.4) in der Verdrängung von Linienobjekten wirken. Dazu wurden in einer generalisierten<br />

Karte mehrere Linienobjekte digitalisiert und deren Signaturbreiten vergrößert, um<br />

so Überlagerungskonflikte zu generieren. Abbildung 3.3-5(a) zeigt die Eingangssituation vor der<br />

Verdrängung. Die Lösungen aus dem Variationsverfahren (Abbildung 3.3-5(b)) und dem Greedy-<br />

Algorithmus (Abbildung 3.3-5(c)) weichen voneinander ab, besonders in der Bildmitte und im<br />

Bereich der Linienkreuzung.<br />

(a) Konfliktsituation (b) Variationsverfahren (c) Greedy-Algorithmus<br />

Abbildung 3.3-5: Beispiel zur Verdrängung mit Variationsverfahren und Greedy-Algorithmus<br />

Um die unterschiedliche Wirkungsweise zu veranschaulichen, wurden außerdem für das rechte<br />

Linienobjekt (Fluß), die Verschiebungsbeträge δv als Funktion der Bogenlänge s dargestellt<br />

(siehe Abbildung 3.3-6). Im Varitationsverfahren wird die Linie mit Hilfe fester Randwerte beidseitig<br />

eingespannt (äußerer Zwang). Daher wird im mittleren Kurvenabschnitt stärker verdrängt<br />

als beim Greedy-Algorithmus. Der Hardcore-Abstand wird zugunsten der Formerhaltung stellenweise<br />

sogar überschritten, so daß die typische (glatte) Form besser erhalten bleibt als beim


46 Kapitel 3. Verdrängung von Linienobjekten<br />

δv<br />

(a) Variationsverfahren<br />

s<br />

δv<br />

(b) Greedy-Algorithmus<br />

s<br />

Abbildung 3.3-6: Vergleich der Verschiebungsbeträge δv über der Bogenlänge s<br />

Greedy-Algorithmus. Letzterer steuert die diskreten Punkte konsequent auf Hardcore-Abstand.<br />

Unregelmäßigkeiten im Kurvenverlauf sind daher nicht immer zu vermeiden. Deshalb ist beim<br />

Verdrängen von Linien das Variationsverfahren vorzuziehen. Der Greedy-Algorithmus ist eher<br />

beim Verdrängen von isolierten Objekten, z.B. einzelnen Punktobjekten, Gebäuden, Schriftboxen<br />

etc. vorteilhaft anzuwenden.


47<br />

4 Verdrängung von Punkt- und Flächenobjekten<br />

4.1 Verdrängung von Punktobjekten<br />

4.1.1 MkQ und Simplexverfahren<br />

Punktförmige Signaturen können sich nach Maßstabsverkleinerung und beibehaltener Signaturengröße<br />

gegenseitig überlappen oder berühren. Damit je zwei benachbarte Signaturen mit<br />

Schwerpunkten P i , P k und Umkreisradien R i , R k optisch getrennt wahrgenommen werden, müssen<br />

sie auf Mindest- oder Hardcore-Abstand<br />

r HC<br />

ik := R i + R k + δ Min , δ Min = 0.2 mm (4.1-1)<br />

verdrängt werden. Um eine Konfliktlösung durch minimale Verschiebungen zu realisieren, wird<br />

sowohl ein Verfahren der linearen als auch der quadratischen Optimierung verwendet.<br />

P i<br />

P k<br />

R i<br />

δ Min<br />

R k<br />

Abbildung 4.1-1: Hardcore-Abstand P i P k<br />

Mit der Methode der kleinsten Quadrate (MkQ) als Verfahren der quadratischen Optimierung<br />

wird die gewichtete Quadratsumme der Punktverschiebungen v = [∆x, ∆y] ⊤ minimiert<br />

(Mühle, 1996):<br />

n∑<br />

p i vi 2 = Min , vi 2 := ∆x 2 i + ∆yi 2 . (4.1-2)<br />

i=1<br />

Die Gewichte p i berücksichtigen die Objektbedeutung. Diese Methode entspricht der Ausgleichung<br />

eines geodätischen Streckennetzes mit linear unabhängigen Restriktionen<br />

r ik − r HC<br />

ik = 0 , r ik<br />

2<br />

:= [(x i + ∆x i ) − (x k + ∆x k )] 2 +<br />

[(y i + ∆y i ) − (y k + ∆y k )] 2 , (4.1-3)<br />

wobei die ursprünglichen Punktabstände r ik mit<br />

r 2 ik := (x i − x k ) 2 + (y i − y k ) 2 , r ik < r HC<br />

ik (4.1-4)<br />

konsequent auf Hardcore-Abstand rik<br />

HC gebracht werden. Bei n gegenseitig zu verdrängenden<br />

Punktobjekten ist die Anzahl m der Restriktionen auf n − 1 ≤ m ≤ 2n − 3 beschränkt. Im Unterschied<br />

zum geodätischen Streckennetz sind die Verschiebungsbeträge von gleicher Größenordnung<br />

wie die Punktabstände; wegen der Linearisierungseffekte können die Restriktionen (4.1-3)<br />

nicht in einem Schritt erfüllt werden. Der gewünschte Zustand kann aber schrittweise über<br />

Pseudo-Hardcore-Abstände rp<br />

HC < r HC herbeigeführt werden.


48 Kapitel 4. Verdrängung von Punkt- und Flächenobjekten<br />

Numerische Tests haben gezeigt, daß die quadratische Optimierung die Tendenz besitzt, irreguläre<br />

Punktmuster zu regularisieren. Um diesem Effekt im Sinne der Strukturerhaltung entgegenzuwirken,<br />

erweist es sich als sinnvoll, die Punktabstände r ik nach ihrer Größe zu ordnen<br />

und die Restriktionen (4.1-3) für die m kleinsten Abstände r ik unter allen möglichen r ik < r HC<br />

anzusetzen.<br />

(a) Muster vor der Verdrängung<br />

(b) Lösung mit quadratischer Optimierung<br />

(c) Lösung mit linearer Optimierung<br />

(d) Vergleich beider Verdrängungslösungen<br />

Abbildung 4.1-2: Punktverdrängung mit Hilfe von linearer und quadratischer Optimierung<br />

Die lineare Optimierung (Ritzmann, 1996) mit der Forderung, die Summe der gewichteten<br />

Verschiebungsbeträge zu minimieren, läßt Ungleichungen zu:<br />

n∑<br />

i=1<br />

p i |v i | = Min , r ik − r HC<br />

ik ≥ 0 . (4.1-5)<br />

Indem auch Abstände r ik > rik<br />

HC möglich sind, erweist sich die lineare Optimierung flexibler als<br />

die quadratische. Das Standardproblem der linearen Optimierung (4.1-5) wird üblicherweise mit


4.1. Verdrängung von Punktobjekten 49<br />

dem Simplexverfahren gelöst. Die Lösung ist nicht in jedem Falle eindeutig. So ist man gezwungen,<br />

Zusatzbedingungen zu formulieren. Sinnvollerweise sollte mit ihrer Hilfe die Punktstruktur<br />

möglichst gut erhalten bleiben; z.B. mit<br />

n∑<br />

∆x i = 0 ,<br />

i=1<br />

n∑<br />

∆y i = 0 (4.1-6)<br />

i=1<br />

wenigstens der Schwerpunkt.<br />

Das Muster der Punktsignaturen in Abbildung 4.1-2 wurde einer thematischen Karte entnommen.<br />

Die Durchmesser der kreisförmigen Signaturen entsprechen gewissen Quantitäten. Beim<br />

Übergang in einen kleineren Maßstab, hier im Verhältnis 1 : 1.5, entstehen Konflikte. Die Lösungen<br />

mittels quadratischer und linearer Optimierung sind zulässig.<br />

4.1.2 Energieminimierung<br />

Da Punkte als Einzelobjekte keine Struktur besitzen, kann für ein individuelles Element keine<br />

innere Energie definiert werden. Andererseits stehen Punktobjekte in enger Beziehung zu ihrer<br />

Nachbarschaft, die vom Betrachter um so deutlicher registriert wird. Eine Modellierung dieser<br />

Wechselwirkungen kann auf vielfältige Weise erfolgen. Dazu sind in der lokalen Umgebung<br />

Punkte auszuwählen, welche miteinander in Beziehung stehen. Diese Gebiete werden als Cluster<br />

bezeichnet.<br />

Cluster-Definition: Unter einem Verdrängungscluster (VC) versteht man eine diskrete Punktmenge<br />

P k {k = 1, 2, . . . , p und 2 ≤ p < ∞} in einem abgeschlossenen Bereich B ⊂ R 2 . Es besitzt<br />

die Eigenschaft, daß zu jedem P i mindestens ein Nachbar P k mit s ik < rik<br />

HC existiert.<br />

Für solche Cluster kann jetzt auf unterschiedliche Weise eine innere Energie definiert werden. So<br />

wäre z.B. die Richtung von jedem Punkt zum Clusterschwerpunkt als Größe minimaler Energie<br />

verwendbar. Dies entspricht einem Vorschlag von Mackaness (1994).<br />

Eine andere Möglichkeit ist, Abstand und Winkel<br />

bezüglich der nächsten beiden Nachbarn als inneren<br />

Energieterm einzuführen. Dabei kann der Nachbar<br />

hier sowohl eine Punktsignatur sein als auch<br />

die Stützstelle eines Linien- oder Flächenobjektes.<br />

Dieses Vorgehen ist äquivalent zur Bestimmung der<br />

inneren Energie für die Linienverdrängung mittels<br />

Greedy-Algorithmus (vgl. Abschnitt 3.3.4). In Abbildung<br />

4.1-3, sind die Verbindungen zum nächsten<br />

bzw. übernächsten Nachbarn eingezeichnet.<br />

Die Berechnung der externen Energie zur Konfliktmodellierung<br />

für Punktobjekte ist identisch mit der<br />

Konfliktmodellierung für Linienobjekte (vgl. Abschnitt<br />

3.2.2).<br />

Abbildung 4.1-3: Nachbarschaftsrelationen<br />

Erfolgt die Verdrängung in reinen Punktmustern, wird die approximativ kontinuierliche Abtastung<br />

der Nachbarobjekte durch diskrete Abstandsberechnungen ersetzt. Abbildung 4.1-4 zeigt<br />

das Ergebnis der Punktverdrängung mittels Energieminimierung. Weiterführende Vergleiche mit<br />

den Verdrängungsansätzen nach Abschnitt 4.1.1 können anhand des vorgestellten Beispiels nicht<br />

getroffen werden. Hier wurde zunächst nachgewiesen, daß die Punktverdrängung durch Energieminimierung<br />

möglich ist.


50 Kapitel 4. Verdrängung von Punkt- und Flächenobjekten<br />

(a) Konfliktsituation<br />

(b) Ergebnis der Verdrängung<br />

Abbildung 4.1-4: Punktverdrängung mittels Energieminimierung<br />

Anwendungen existieren auf dem Gebiet der thematischen Kartographie. Für die Generalisierung<br />

von topographischen Karten ist neben der Linienverdrängung vor allem die Flächenverdrängung<br />

wesentlich. Dabei kann der seltene Fall der Punktverdrängung als Spezialfall der Verdrängung<br />

von Flächen mit festem Rand behandelt werden.<br />

4.2 Verdrängung von Flächenobjekten<br />

Die hier dargestellte Flächenverdrängung verwendet Vektordaten, d.h. sämtliche Flächen sind<br />

charakterisiert durch ein geschlossenes Umrandungspolygon. Je nach Größe und Form muß dabei<br />

festgelegt werden, ob das Objekt als Ganzes zu verdrängen ist, oder in seiner Form verändert<br />

werden darf. In der automatisierten Generalisierung kann diese Unterscheidung anhand des<br />

Zeichenschlüssels für verschiedene Objektklassen initialisiert werden. Eine andere Möglichkeit<br />

wäre, die Eingangsobjekte anhand von Form- und Größenparametern zu klassifizieren und somit<br />

individuell eine Einteilung der zu bearbeitenden Flächen vorzunehmen.<br />

Staufenbiel (1973), dessen Arbeit sich hauptsächlich mit der Generalisierung von Gebäudedarstellungen<br />

beschäftigt, unterscheidet zwischen Generalisierungsmaßnahmen, die auf das Gebäude<br />

in seinen Einzelheiten angewendet werden, und Vorgängen, die das Objekt in seiner Gesamtheit<br />

betreffen. Für die Verdrängung von beliebigen Flächenobjekten ist zusätzlich eine Einteilung in<br />

Flächenobjekte mit festem oder beweglichem Rand sinnvoll.<br />

4.2.1 Verdrängung von Flächenobjekten mit festem Rand<br />

Im folgenden soll die Verdrängung von Flächen, deren Form nicht verändert werden darf (z.B.<br />

Gebäudegrundrisse, Textboxen, Kartensymbole), erläutert werden. Der Hauptunterschied zur<br />

Punkt- und Linienverdrängung besteht in der Konflikterkennung. Bisher erfolgte die Konfliktmodellierung<br />

auf der Grundlage von Abstandsberechnungen zwischen den Stützstellen. Für die<br />

Flächenverdrängung wird zu einer Bestimmung störender Überlagerungsflächen übergegangen.<br />

Da die zu verdrängenden Objekte zweidimensional sind, ist diese Erweiterung der Konfliktmodellierung<br />

notwendig.


4.2. Verdrängung von Flächenobjekten 51<br />

(a) Startsituation mit Linien und Flächen<br />

(b) Stützstellen für Linien und Flächen<br />

(c) Umwandlung von Linien in Flächen<br />

(d) Abgrenzung der Nachbarschaft<br />

(e) Berechnung der Überlagerungsflächen<br />

(f) Ergebnis der Verdrängung<br />

Abbildung 4.2-1: Verdrängung von Flächen mit festem Rand mittels Greedy-Algorithmus


52 Kapitel 4. Verdrängung von Punkt- und Flächenobjekten<br />

Als erstes wird für alle Linienobjekte das Umrandungspolygon aus den gegebenen Koordinaten<br />

und den zugehörigen Signaturbreiten bestimmt (Abbildung 4.2-1(c)). Dazu kann der Algorithmus<br />

für die Vergrösserung bzw. Verkleinerung von Flächen verwendet werden (siehe Anhang D).<br />

Soll die Verdrängung so erfolgen, daß zwischen den Objekten Mindestabstände berücksichtigt<br />

werden, sind die Umrandungspolygone um diese Größe zu dehnen (Abbildung 4.2-1(d)).<br />

Die Verschneidung der Flächen liefert anschließend die Konfliktbereiche (Abbildung 4.2-1(e)).<br />

Setzt man die Überlagerungsfläche ins Verhältnis zur Gesamtfläche des betrachteten Objektes,<br />

ergibt sich ein Maß für die Größe des Konfliktes. Für die Wechselwirkung zwischen zwei Objekten<br />

bedeutet demzufolge ein Überlagerungsverhältnis von Eins eine vollständige Überdeckung bzw.<br />

von Null keine Überlagerung.<br />

Die Konfliktlösung wird mittels Greedy-Algorithmus durchgeführt. Dabei ist innerhalb einer 8-<br />

Umgebung die Richtung zu bestimmen, in der sich das Überlagerungsverhältnis am stärksten<br />

verringert. Die wiederholte Berechnung der Überlagerungsflächen ist dabei zeitintensiv und führt<br />

zu längeren Rechenzeiten bei zunehmender Anzahl zu verdrängender Objekte (konkrete Angaben<br />

erfolgen in 5.2.3).<br />

Um den Rechenaufwand zu verkürzen, wird für jedes Kartenobjekt die Anzahl möglicher Wechselwirkungspartner<br />

begrenzt. So ist anschaulich klar, daß Objekte am linken oberen Kartenrand<br />

keinen Einfluß auf Objekte haben, die sich rechts unten im Kartenausschnitt befinden. Für jedes<br />

Gebäude erfolgt deshalb eine explizite Speicherung der Nachbarschaft. Darunter fallen alle Objekte,<br />

die sich im Umkreis mit dem Radius h e = f ·max(d(Schwerpunkt, Umrandungspolygon))<br />

befinden. Der Bereichsfaktor f sollte nicht zu klein gewählt werden, um auch Kandidaten für Folgekonflikte<br />

zu berücksichtigen. Entsprechend den Erfahrungen aus Beispielrechnungen ist f = 3<br />

ein geeigneter Wert. Die angewandte Heuristik beschleunigt den Algorithmus um ein Vielfaches.<br />

(a) Konfliktsituation<br />

(b) Ergebnis der Verdrängung<br />

Abbildung 4.2-2: Gebäudeverdrängung mittels Greedy-Algorithmus<br />

4.2.2 Verdrängung von Flächenobjekten mit beweglichem Rand<br />

Überschreitet die Ausdehnung der Fläche eine bestimmte Größe, so sind Formänderungen in<br />

gewissen Grenzen zulässig. Das Objekt wird nicht mehr als Ganzes verschoben, sondern der<br />

Rand ist beweglich und kann verdrängt werden. Die Entscheidung, ob Formänderungen zulässig


4.2. Verdrängung von Flächenobjekten 53<br />

sind, wird entweder pauschal für bestimmte Objektklassen getroffen; z.B. werden Gebäudeflächen<br />

immer als Ganzes verdrängt; zum anderen kann diese Abschätzung individuell unter Verwendung<br />

verschiedener Formgrößen (z.B. Flächeninhalt, Quer- und Längsausdehnung, etc.) erfolgen.<br />

Die Verdrängung von Flächenobjekten mit beweglichem Rand entspricht der Verdrängung von<br />

Linienobjekten mit Snakes (vgl. Abschnitt 3.2.1). Als Beispiel diene die Seefläche in Abbildung<br />

5.1-4. Die Nähe zu den benachbarten Straßen und Wegen macht eine geringfügige Verformung<br />

der Umrandung notwendig. Infolge der inneren Energie (vgl. Abschnitt 3.2.2) des Umrandungspolygons<br />

bleibt jedoch die typische Gestalt des Flächenobjektes weitestgehend erhalten.


54 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />

5 Praktische Anwendungen<br />

5.1 Amtliches Topographisch-Kartographisches Informationssystem<br />

(ATKIS)<br />

Die Landesvermessungsämter der Länder der Bundesrepublik Deutschland haben den gesetzlichen<br />

Auftrag, aktuelle Informationen über die Topographie der Erdoberfläche zu erfassen, zu<br />

dokumentieren und dem Anwender zugänglich zu machen. Infolge der rasanten Entwicklungen<br />

auf dem Gebiet der Informationstechnologie in fast allen Bereichen von Wirtschaft und Verwaltung<br />

zeigt sich die Notwendigkeit, diese nicht nur als graphische Präsentation (Topographische<br />

Karten), sondern in digitaler Form anzubieten. Viele Nutzer verfügen zudem über digitale Fachdatenbestände,<br />

die erst durch den räumlichen Bezug zur Topographie der Erdoberfläche ihre<br />

eigentliche Aussagekraft erhalten. Deshalb wurde von den Landesvermessungsämtern der Bundesländer<br />

das Amtliche Topographisch-Kartographische Informationssystem ATKIS aufgebaut.<br />

5.1.1 Datenmodelle und -strukturen<br />

Die Bereitstellung der topographischen Daten erfolgt in mehreren Stufen. Zunächst wird die<br />

Topographie der Erdoberfläche durch geeignete Aufnahmemethoden in einem Digitalen Landschaftsmodell<br />

(DLM) abgebildet. Zu nennen sind hier die direkte Erfassung der Landschaft<br />

durch terrestrische Messungen oder die Auswertung von Luftbildern. Außerdem können schon<br />

vorhandene Landschaftsdaten zur Gewinnung digitaler topographischer Daten verwendet werden.<br />

Beispiele sind die Digitalisierung analoger topographischer Karten (manuell oder mittels<br />

automatisierter Vektorisierung) oder die Transformation von Daten der Katasterämter (z.B.<br />

Gebäudegrundrisse) in die DLM-Struktur. Die Grundlage für die Erfassung liefert der Objektartenkatalog<br />

(OK) durch Vorgabe qualitativer und quantitativer Erfassungskriterien, deren geometrischer<br />

Modellierungsvorschrift und die Festlegung geeigneter Attribute. Damit beinhaltet<br />

dieser erste Schritt sowohl die Erfassungsgeneralisierung als auch die Modellgeneralisierung (vgl.<br />

Abschnitt 2.1.3).<br />

Im zweiten Schritt erfolgt die Aufbereitung des Digitalen Kartographischen Modells (DKM) auf<br />

der Basis des Signaturenkatalogs (SK). Dabei kann als Zwischenstufe ein sogenanntes ”<br />

Roh“-<br />

DKM entstehen, welches die Datenstruktur des DKM besitzt, jedoch noch nicht kartographisch<br />

generalisiert ist (Vickus, 1994). Eine ähnliche Unterteilung ist bei Grünreich (1997a) mit<br />

der Gliederung der kartographischen Generalisierung in zwei Hauptabschnitte zu finden. So wird<br />

festgestellt, daß schon mit der Ausarbeitung und Anwendung des Zeichenschlüssels generalisierungswirksame<br />

Maßnahmen zum Tragen kommen. Beispiele sind die Auswahl der darzustellen-<br />

Objektgeneralisierung<br />

nach OK<br />

nach SK<br />

kartographische<br />

Generalisierung<br />

Original<br />

DLM<br />

” Roh“-DKM DKM<br />

Primärmodell<br />

Sekundärmodell<br />

Abbildung 5.1-1: ATKIS - Datenmodell


5.1. Amtliches Topographisch-Kartographisches Informationssystem (ATKIS) 55<br />

den Objektinformation, die Klassifikation der selektierten DLM-Information im Hinblick auf die<br />

kartographische Darstellung oder die Vereinfachung durch Vorgabe von Mindestdimensionen für<br />

die Wiedergabe der geometrischen Information. Diese Maßnahmen fallen zum wesentlichen Teil<br />

in den Bereich der Modellgeneralisierung.<br />

Anschließend müssen Konflikte beseitigt werden, die bei der Erzeugung der graphischen Präsentation<br />

entstehen (Übergang vom Roh-DKM zum DKM). Von Bedeutung sind hier die Verdrängung,<br />

die weitere Vereinfachung der geometrischen Information, die Klassifizierung und<br />

schließlich die graphisch bedingte Auswahl von Objekten. Die topographische Erfassung der<br />

realen Welt erfolgt im ATKIS Basis-DLM. Wesentliche Erfassungsgrundlage sind die generalisierten<br />

topographischen Karten, die in den verschiedenen Bundesländern in unterschiedlichen<br />

Maßstäben vorliegen:<br />

• alte Bundesländer - DGK5 (Maßstab 1:5 000)<br />

• neue Bundesländer - TK10 (Maßstab 1:10 000)<br />

• Bayern - TK25 (Maßstab 1:25 000)<br />

Daher ist zu prüfen, inwieweit Auswirkungen auf notwendige Generalisierungsvorgänge vorhanden<br />

sind. Folgemaßstäbe geringerer Auflösung können durch Modellgeneralisierung aus dem<br />

Basis-DLM abgeleitet werden. Da die Entwicklung entsprechender automatisierter Verfahren<br />

Gegenstand aktueller Forschungsarbeiten ist (Mayer, 1998; Schürer, 1999) und noch nicht abgeschlossen<br />

wurde, erfolgt parallel eine Erfassung der Landschaftsmodelle im Maßstab 1:250 000<br />

(DLM250) und 1:1 Mill. (DLM1000). Damit bleibt die Laufendhaltung nicht auf das Basis-<br />

DLM beschränkt, sondern alle Änderungen der Umwelt sind zusätzlich auch in den Digitalen<br />

Landschaftmodellen geringer Auflösung fortzuführen.<br />

Die Ableitung der zugehörigen kartographischen Modelle ist bisher nicht realisiert, obwohl deren<br />

Aufbau ebenfalls für den Zeitraum 1995 bis 2000 vorgesehen war. Hauptursache ist, ”<br />

daß der kartographische<br />

Modellierungsprozeß ungleich größere Problemkreise eröffnet als der topographische<br />

Erfassungsprozeß“ (Harbeck, 1997). Konkret müssen für die automatische DKM-Ableitung<br />

erst entsprechende Modellierungs- und Generalisierungsalgorithmen entwickelt werden.<br />

Als Übergangslösung werden digitale Kartenpräsentationen durch rechnergestützte Bearbeitung<br />

generalisierter analoger Karten gewonnen. Für die Herstellung der DTK50 sind konkret folgende<br />

Bearbeitungsschritte auszuführen :<br />

1. Einmalige Vorarbeiten (Zeichenschlüssel erstellen, Farbpalette festlegen)<br />

2. Gescannte Originalfolien der TK25 als Rasterbilder für den Maßstab 1:50 000 hinterlegen<br />

3. Automatische Netzgenerierung, Festlegung des Kartenrahmens<br />

4. Vektorisierung und Mustererkennung der Relief- und Gewässerfolie der TK25<br />

5. Erstellen einer redaktionellen Vorlage, welche z.B. die Darstellung ausgedehnter Objekte<br />

festlegt<br />

6. Digitalisierung der übrigen Elemente für die DTK50 bei gleichzeitiger Generalisierung<br />

(setzt umfangreiche Erfahrung des Bearbeiters voraus)<br />

7. Mehrfache Korrekturlesungen<br />

8. Druck und Archivierung


56 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />

Damit existieren für jeden Maßstab praktisch zwei Datensätze in unterschiedlichen Datenformaten,<br />

die nebeneinander fortgeführt werden. Zum einen sind das die ATKIS-Daten im Vektorformat<br />

der DLM-Struktur (EDBS) und zum anderen die digitalen Kartenpräsentationen für eine<br />

Ausgabe im Rasterdatenformat.<br />

Ziel ist es, eine Fortführung auf die DLM-Daten verschiedener Maßstäbe zu reduzieren, aus<br />

denen weitgehend automatisch topographische Karten, auch in Abhängigkeit von den Nutzeranforderungen,<br />

abgeleitet werden können. Mit zunehmender Automatisierung wird zusätzlich die<br />

Ableitung Digitaler Landschaftsmodelle geringerer Auflösung aus Modellen höherer Auflösung<br />

möglich sein, so daß die Laufendhaltung letztlich auf das Basis-DLM beschränkt bleibt.<br />

5.1.2 Maßstabsabhängigkeit<br />

Die Objekte in der Karte müssen, damit sie deutlich wahrgenommen werden können, häufig<br />

größer dargestellt werden als es ihrer natürlichen Größe entspricht. Dies gilt zunehmend für<br />

Maßstäbe kleiner als 1:10 000. Um dies zu veranschaulichen, sind Linienobjekte mit verschiedenen<br />

Signaturbreiten als Funktion des Maßstabes abgebildet und gleichzeitig deren reale Ausdehnung<br />

in der Natur, umgerechnet auf das Kartenmaß, dargestellt (Abbildung 5.1-2). Als Beispiel<br />

werden die Breiten von Autobahnen (18 m), Bundesstraßen (10 m) und befestigten Fahrwegen<br />

(5 m) im Kartenmaß den zugehörigen Signaturbreiten lt. Musterblatt TK gegenübergestellt.<br />

2<br />

2<br />

1.8<br />

1.6<br />

ausgezogen:<br />

gerissen:<br />

natürliche Breite im Kartenmaß<br />

Signaturbreite lt. Musterblatt<br />

1.8<br />

1.6<br />

1.4<br />

1.4<br />

Breite in mm<br />

1.2<br />

1<br />

0.8<br />

Breite in mm<br />

1.2<br />

1<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.2<br />

0<br />

10 25 50 100 200<br />

Maßstabszahl in 1000<br />

0<br />

1/200 1/50 1/25 1/10<br />

1/100<br />

Maßstab in 1/1000<br />

(a) Signaturbreite als Funktion der Maßstabszahl<br />

(b) Signaturbreite als Funktion des Maßstabes<br />

Abbildung 5.1-2: Signaturbreite lt. Musterblatt und natürliche Breite im Kartenmaß als Funktion der<br />

Maßstabszahl und des Maßstabes<br />

In der Abbildung 5.1-2(a) der Signaturbreite als Funktion der Maßstabszahl zeigt sich, daß<br />

unabhängig von der Linienbreite sämtliche Kurven der signaturierten Linien wesentlich flacher<br />

verlaufen als die Kurven, welche sich aus den realen Breiten der betrachteten Objekte ergeben.<br />

Damit wird der Generalisierungbedarf veranschaulicht. Für Testzwecke ist eine lineare Interpolation<br />

der Signaturbreiten b s lt. Musterblatt als Funktion der Maßstabszahl m (gerissene<br />

Darstellung) möglich. In der Abbildung 5.1-2(b) der Signaturbreite als Funktion des Maßstabes<br />

fällt der große Unterschied in der Breitenabnahme zwischen Realität und kartographischer<br />

Darstellung vor allem im Bereich 1:10 000 bis 1:50 000 auf.<br />

Untersuchungen von Spiess (1990) zeigen ebenfalls, daß ab dem Maßstab 1:25 000 die Straßen<br />

überdimensioniert werden müssen (siehe Tabelle 5.1-1). Anders verhält es sich mit dem Platzbedarf<br />

von Gebäuden. Da nicht mehr jedes Haus dargestellt wird, sondern nur ausgewählte


5.1. Amtliches Topographisch-Kartographisches Informationssystem (ATKIS) 57<br />

(Stellvertreterprinzip), nimmt bei kleiner werdendem Maßstab die benötigte Fläche nicht in<br />

ähnlicher Weise wie bei den Straßen zu. Zählt man die Häuser in verschiedenen Karten der<br />

Schweizer Landestopographie aus, so erhält man im Mittel je nach Maßstab nur noch gewisse<br />

Prozentanteile der wirklich vorhandenen Häuser (siehe Tabelle 5.1-2 nach Spiess, 1990b).<br />

Tabelle 5.1-1: Platzbedarf von Straßen in Karten verschiedener<br />

Maßstäbe<br />

Tabelle 5.1-2: Anteil dargestellter<br />

Gebäude<br />

Straßenklasse Breite 1:25 000 1:100 000<br />

Maßstab<br />

Anteil<br />

Hauptstraßen 7m - 12m 15m -18m 60m - 70m<br />

Mehrfläche in % 150 - 200 500 - 1000<br />

Quartierstraßen 6m - 9m 12m 50m<br />

Mehrfläche in % 133 - 200 500 - 1000<br />

1:10 000 100%<br />

1:25 000 ≈ 100%<br />

1:50 000 ≈ 70%<br />

1:100 000 ≈ 30%<br />

5.1.3 Verdrängungsbeispiel mit ATKIS-Daten<br />

Nachdem der Verdrängungsalgorithmus an generierten Daten getestet wurde, soll im folgenden<br />

die Anwendung auf ATKIS-Daten (DLM25/1) gezeigt werden. Es stand ein Datensatz der Region<br />

Garbsen bei Hannover zur Verfügung (siehe Abb. 5.1-3a).<br />

Im ersten Schritt müssen mit Hilfe geeigneter Ableitungsregeln die Geometrien der entsprechenden<br />

kartographischen Objekte aus den DLM-Objekten erzeugt werden. Zum Beispiel sind im<br />

Landschaftsmodell die Gleiskörper einer zweispurigen Eisenbahn abgelegt, während die kartographische<br />

Darstellung durch ein einzelnes Linienobjekt erfolgt, dessen Koordinaten abzuleiten<br />

sind. Gleiches gilt für die Signaturierung der Autobahn, die als komplexes Objekt mit den verschiedenen<br />

Fahrbahnen im DLM erfaßt ist. Anschließend wird festgelegt, welche Objekte für die<br />

kartographische Verdrängung von Bedeutung sind. So stellt die Überlagerung von Straßen- und<br />

See-Signatur einen kartographischen Konflikt dar, während die Überdeckung der Wiesenfläche<br />

toleriert werden kann. In der Anwendung ist deshalb zwischen Vorder- und Hintergrundobjekten<br />

zu unterscheiden (siehe Abb. 5.1-3b). Die Koordinaten der Vordergrundobjekte liefern<br />

die Eingangsdaten für den Verdrängungsalgorithmus. Ändern sich die Koordinaten während<br />

der Beseitigung von Überlagerungskonflikten, müssen auch die Koordinaten der benachbarten<br />

Hintergrundobjekte modifiziert werden. Im Beispiel ist der Fluß gleichzeitig Begrenzung einer<br />

Ackerfläche, so daß nach Verdrängung durch die benachbarte Straße auch die Randkoordinaten<br />

der Ackerfläche geändert werden müssen.<br />

In Abbildung 5.1-3c ist der Flächenbedarf sämtlicher Vordergrundobjekte graphisch dargestellt.<br />

Die Berechnung ergibt sich aus Formel (3.2-3). Durch Summation über alle Kartenobjekte kann<br />

für jede Stützstelle die externe Energie E ext bestimmt werden (siehe Abb. 5.1-3d). E ext quantifiziert<br />

die Größe des Konfliktes mit Objekten aus der Nachbarschaft und wird in der Abbildung<br />

5.1-3d durch die Höhe der roten ”<br />

Balken“ veranschaulicht. Liegt E ext unter einem festgelegten<br />

Grenzwert, ist der ”<br />

Balken“ grün darstellt.<br />

Während der iterativen Konfliktlösung wird E ext schrittweise verringert. In Abbildung 5.1-3e<br />

ist die Summe der externen Energien nach jedem Iterationsschritt dargestellt (schwarze Kurve),<br />

wobei über alle Stützstellen sämtlicher Kartenobjekte summiert wurde. Die rote Kurve veranschaulicht<br />

den abnehmenden Energieverlust und ergibt sich aus der Differenz von E ext im aktu-


58 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />

ellen und im vorhergehenden Iterationsschritt. Das Ergebnis der automatisierten Verdrängung<br />

ist in Abbildung 5.1-4 dargestellt. Folgende Größen haben einen Einfluß auf die Berechnung:<br />

Tabelle 5.1-3: Parameter und Steuergrößen für Beispiel Garbsen (siehe Abbildungen 5.1-3, 5.1-4)<br />

Größe Erklärung Wert Eignung für<br />

Steuerung<br />

α Gewicht für Dehnungsterm der inneren Energie 1.0 ja<br />

β Gewicht für Krümmungsterm der inneren Energie 1.0 ja<br />

γ Gewicht der externen Energie 1.0 ja<br />

λ Faktor vor der Einheitsmatrix (Konvergenzfaktor) 1.0 nein<br />

∆<br />

Punktdichte der Zwischeninterpolation; siehe Formel<br />

3.2-5<br />

1.0 nein<br />

dx Schrittweite zur Approximation von E ext 0.1 nein<br />

b S Signaturbreite - nein<br />

h min Mindestabstand 0.2 ja<br />

E min Abbruchschranke 0.1 nein<br />

n I Zahl der Iterationen - nein<br />

Zur Steuerung der Verdrängung werden innere und äußere Energie bewichtet. Höhere innere<br />

Energie (Parameter α, β) unterstützt die Formerhaltung, höhere äußere Energie (Parameter<br />

γ) forciert die Konfliktbeseitigung. Konkrete Zahlenwerte sind maßstabsabhängig festzulegen.<br />

Der Parameter ”<br />

Mindestabstand“ h bestimmt neben der Signaturbreite b S den Konfliktbereich<br />

(siehe Abschnitt 3.2.2) und ist damit ebenfalls zur Steuerung der Verdrängung geeignet. Weitere<br />

Untersuchungen müssen sich auf die Verallgemeinerbarkeit der verwendeten Parameterwerte<br />

konzentrieren (siehe Abschnitt 5.2.2).<br />

Um Praxisrelevanz und -tauglichkeit nachzuweisen, sind Testrechnungen an einem realistischen<br />

Beispiel nicht ausreichend. Für weiterführende Arbeiten wurde deshalb die Kooperation mit<br />

einem Praxispartner gesucht. Konkrete Vorteile bei der Nutzung eines kartographischen Produktionssystems<br />

ergeben sich u.a. bei der Datenverwaltung. So sind durch die Anbindung einer<br />

Datenbank auch größere Datenmengen relativ einfach zu handhaben. Des weiteren standen<br />

Testdaten in verschiedenen Maßstäben zur Verfügung. Die Signaturierung bzw. Ableitung der<br />

Kartengeometrien erfolgte durch Systemfunktionen unter Nutzung eines vorgefertigten Zeichenschlüssels<br />

auf der Basis verschiedener Signaturenkataloge (z.B. ATKIS-SK10, -SK25).<br />

Ein zusätzlicher Aspekt ist die Suche nach ergänzenden Anwendungen für die vorgestellten Verdrängungsansätze.<br />

Der Hauptgrund für eine Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis besteht<br />

allerdings in einem Austausch von gemeinsamen und unterschiedlichen Sichtweisen bei der<br />

Lösung von Automatisierungsaufgaben. Der Hersteller von Anwendungssoftware ist zusätzlich<br />

gezwungen, Schnittstellen zu definieren, Benutzeroberflächen zu entwickeln, die Handhabung<br />

der Parameter zu vereinfachen und die qualitative Bewertung den Anwendungen anzupassen.<br />

Um das Zusammenwirken verschiedener Generalisierungsoperationen zu untersuchen, ist die<br />

Verfügbarkeit eines profesionellen Kartographiesystems unabdingbar.


5.1. Amtliches Topographisch-Kartographisches Informationssystem (ATKIS) 59<br />

a) Ausschnitt TK 50<br />

ATKIS-Datensatz<br />

DLM25/1 (Vektordaten)<br />

b) Darstellung<br />

von Vorder- und<br />

Hintergrundobjekten<br />

(Referenzierung)<br />

c) Modellierung des<br />

Flächenbedarfs der<br />

Kartenobjekte aus<br />

den Vektordaten<br />

(erzeugendes<br />

Verdrängungsgebirge)<br />

d) Abgrenzung und<br />

Recherche der<br />

Konfliktsituationen<br />

(resultierendes<br />

Verdrängungsgebirge)<br />

e) Konfliktlösung durch<br />

Energieminimierung bei<br />

gleichzeitigem Erhalt<br />

der typischen Gestalt<br />

der Linienobjekte<br />

Abbildung 5.1-3: Ablauf der Linienverdrängung mittels Variationsverfahren


60 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />

(a) Vor der Verdrängung<br />

(b) Nach der Verdrängung<br />

Abbildung 5.1-4: Beispiel zur Linienverdrängung mittels Variationsverfahren


5.2. Automatisierte Verdrängung im Maptech-System 61<br />

5.1.4 Behandlung von Kreuzungen und Einmündungen<br />

Um die Liniengestalt im Bereich von Kreuzungen bzw. Einmündungen erhalten zu können,<br />

wird das Verdrängungspotential mit einem Parameter versehen. Das Verdrängungspotential ist<br />

eine Funktion des Abstandes zwischen den Linien, so daß in Kreuzungsbereichen maximale<br />

Werte erzielt werden. Die Folge ist eine Orthogonalisierung der sich (nicht notwendig senkrecht)<br />

schneidenden Linien. Der genannte Parameter muß nun einerseits den Orthogonalisierungseffekt<br />

verhindern, andererseits darf eine Verdrängung der sich kreuzenden Linien durch dritte Objekte<br />

nicht ausgeschlossen werden. Eine Möglichkeit besteht darin, das Verdrängungspotential mit<br />

dem Faktor<br />

{<br />

1 I ≠ J<br />

Γ i (I, J) =<br />

(5.1-1)<br />

0 I = J<br />

zu multiplizieren. Der Index i bezeichnet die Stützstelle, für die das Verdrängunspotential berechnet<br />

wird. Die großen Buchstaben kennzeichnen die Nummern der Linien.<br />

Für die numerische Umsetzung erfolgt zunächst die Bestimmung der an Linienkreuzungen bzw.<br />

-einmündungen beteiligten Stützstellen. Falls die Bedingungen<br />

D 1 D 2 < 0 , D 3 D 4 < 0 mit (5.1-2)<br />

P<br />

3<br />

P<br />

2<br />

P<br />

1<br />

P<br />

4<br />

D 1 = det(P 1 , P 3 , P 4 ) ,<br />

D 2 = det(P 2 , P 3 , P 4 ) ,<br />

D 3 = det(P 3 , P 1 , P 2 ) ,<br />

D 4 = det(P 4 , P 1 , P 2 ) ,<br />

det(P k , P l , P m ) :=<br />

x k x l x m<br />

y k y l y m<br />

1 1 1<br />

,<br />

erfüllt sind, bilden die Strecken P 1 P 2 , P 3 P 4 eine Kreuzung und ihr Schnittpunkt liegt fest<br />

(Bartelme, 1995). Sämtliche Stützstellen P i der Linie I, die innerhalb einer vorgegebenen<br />

Verdrängungstiefe liegen, können nun mit der Nummer der beteiligten Linie J markiert werden.<br />

Damit ist ein Zuwachs des Verdrängungspotentials der beteiligten Stützstellen, hervorgerufen<br />

durch die kreuzende bzw. einmündende Linie, ausgeschlossen.<br />

5.2 Automatisierte Verdrängung im Maptech-System<br />

5.2.1 Einordnung im Programmsystem<br />

Nunmehr wird die Anwendung des vorgestellten Generalisierungsalgorithmus im Rahmen eines<br />

kartographischen Produktionssystems beschrieben. Als Basisprogramm wurde das Mapping-<br />

System der Firma Maptech AG, CH-Horw gewählt, welches aus Sicht des Verfassers zur Zeit die<br />

Standardsoftware auf dem Gebiet der Digitalkartographie darstellt. Zusammen mit dem Maptech-Capturing<br />

und Maptech-Geodaten-Managment ermöglicht das Programmpaket sowohl die<br />

komplette rechnergestützte Herstellung und Fortführung von traditionellen Papierkarten, z.B.<br />

topographische Karten der Landesvermessungsämter, Straßenkarten und Atlanten sowie jede<br />

Art der modernen Bildschirmdarstellung.<br />

Das Capturing-System beinhaltet die Erzeugung digitaler Geodaten auf der Grundlage einer<br />

automatisierten Vektorisierung. Dazu arbeitet das Programm mit Vektordaten, wobei zusätzlich<br />

Rasterbilder und Orthophotos hinterlegbar sind. Die Verwendung der raumbezogenen Daten ist<br />

in den verschiedensten Koordinatensystemen möglich (metrische Koordinaten, Gauss-Krüger-<br />

Koordinaten, Geographische Koordinaten etc.).<br />

Das Geodaten-Managment ermöglicht die Verwaltung blattschnittfreier Daten. Durch Integration<br />

der CITRA- und INTERLIS-Schnittstelle werden verschiedene Datenformate unterstützt


62 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />

(Intergraph, SICAD, DXF, EDBS, ...). Mittels Geodaten-Managment ist der parallele Zugriff<br />

verschiedener Bearbeiter auf gleiche Kartenausschnitte gewährleistet (Multi-User-Philosophie).<br />

Dabei sind die aktuell durch einen Benutzer bearbeiteten Elemente für alle anderen gesperrt und<br />

nicht editierbar. Zusätzlich ist die Integration von Sachdaten möglich. Hierfür hat Maptech AG<br />

einen eigenen Datenbankteil entwickelt, das Administrative und Statistische Informationssystem<br />

(ASTIS), in welchem sämtliche Zusatzdaten wie z.B. Gebäudefunktionen, Verkehrsflüsse etc. gespeichert<br />

werden können. ASTIS kann vom Benutzer individuell und beliebig konfiguriert werden<br />

und ist jederzeit erweiterbar. Die Darstellung der Objekte kann von ASTIS abhängig gemacht<br />

werden (Operation/Rules), und eine Einbindung von Textinformationen ist über Links (Queries)<br />

möglich.<br />

Bevor die Beschreibung der Benutzermenüs zur Verwendung der Verdrängungsalgorithmen erfolgt,<br />

ist zunächst eine kurze Erläuterung ausgewählter Bestandteile des Mapping-Systems notwendig.<br />

Hauptmodule sind der Mapimage-Editor, der Map-Publisher, der Zeichenschlüssel- bzw.<br />

Font-Editor und abschliessend der Separations-Editor mit einer Ausgabesteuerung.<br />

Im Map-Publisher erfolgt die Definition eines oder mehrerer Kartenbilder (Mapimages, Legende)<br />

und deren Plazierung auf einseitigen oder innerhalb mehrseitiger Publikationen. Außerdem wird<br />

hier der Darstellungsmaßstab und die Projektionsart der Daten festgelegt. Der Font-Editor dient<br />

zur Konstruktion der Kartensymbolik, dabei können Linien-, Flächen-, Symbol- und Text-Fonts<br />

konstruiert werden. Diese erstellten Basis-Fonts lassen sich im Zeichenschlüssel-Editor beliebig<br />

attributieren und skalieren. Für die Bearbeitung und Fortführung der Kartenbilder wird der<br />

Mapimage-Editor verwendet. Er umfaßt sämtliche Werkzeuge zur Datenmanipulation und ist<br />

damit Kern des Mapping-Systems. Hier werden auch die Generalisierungsroutinen eingebunden.<br />

Im Separations-Editor erfolgt abschließend die Farbseparation für den Plot, die Festlegung der<br />

Rasterweite bei der Ausgabe, sowie die Auswahl von Optionen für Freistellung, Übergriff und<br />

Überdruck.<br />

5.2.2 Parameter zur Steuerung der Verdrängung<br />

Die Integration verschiedener Generalisierungsfunktionen, speziell der Linien- und Flächenverdrängung,<br />

erfolgte im Mapimage-Editor (siehe Abschnitt 5.2.1). In der praktischen Anwendung<br />

wird vom Nutzer ein Menü geöffnet, welches die Auswahl verschiedener Elementarvorgänge<br />

ermöglicht und die Steuerung über Parameter unterstützt (Benutzer-Menü, Abb. 5.2-1).<br />

Die angezeigten Parameter variieren in Abhängigkeit vom ausgewählten Elementarvorgang im<br />

Menü ”<br />

Funktion“. Um Richtwerte (Defaultparameter) für verschiedene Maßstäbe und verwendete<br />

Zeichenschlüssel vorgeben zu können, besteht die Möglichkeit, entsprechende Parameter-Sets<br />

zu laden ( ”<br />

Laden“) oder anzulegen ( ”<br />

Sichern“).<br />

Während die Parameter im oberen Bereich unabhängig von Objekt- bzw. Feature-Gruppen sind,<br />

können im unteren Fenster objektspezifische Größen eingestellt werden, z.B. welche Objekte<br />

verdrängt werden sollen und welche Feature-Gruppen als Hintergrundobjekte zu berücksichtigen<br />

sind. Unter Feature-Gruppen werden dabei Objekte nach inhaltlichen Gesichtspunkten<br />

zusammengefaßt, z.B. Verkehrswege, Gewässer, Waldflächen. So kann eine Steuerung auf verschiedenen<br />

semantischen Ebenen (Feature-Gruppe/ Feature/ Objekt-Display-Gruppe) erfolgen<br />

und je nach Anforderung und Kenntnis allgemeiner gehalten oder speziell angepaßt werden. Jeder<br />

Objekt-Display-Gruppe kann zudem eine Text-Display-Gruppe zugeordnet werden, was für<br />

Anwendungen in der Randbearbeitung oder Textplazierung notwendig ist.<br />

Objektunabhängige Parameter: Unabhängig von den auftretenden Objektarten kann für<br />

die Linienverdrängung das Verhältnis V ext/int = E ext /E int − 1 von interner zu externer Energie<br />

im Intervall [−1, +1] angegeben werden. Der daraus resultierende Parameter g ext = 1 + V ext/int<br />

entspricht einem Gewichtsfaktor der externen Energie in den Gleichungen (3.3-4), (3.3-5).


5.2. Automatisierte Verdrängung im Maptech-System 63<br />

✡<br />

✲<br />

Abbildung 5.2-1: Benutzer-Menü für verschiedene Generalisierungsfunktionen<br />

Im Grenzfall V ext/int = −1 erfolgt keine Gestaltsänderung (E int = max). Einem ausgeglichenen<br />

Verhältnis zwischen beiden Energien entspricht die Standardeinstellung V int/ext = 0. Außerdem<br />

kann die ”<br />

erweiterte Behandlung“ von Kreuzungen und Einmündungen (siehe Abschnitt 5.1.4)<br />

unterdrückt werden.<br />

Für die Flächenverdrängung ist die Schrittweite des Greedy-Algorithmus einstellbar (siehe Abschnitt<br />

3.3.4). Zusätzlich besteht die Möglichkeit, einen maximalen Verschiebungsbetrag festzulegen.<br />

Der Bewegungsbereich von Flächenobjekten ist damit eingegrenzt.<br />

Objektabhängige Parameter: Die objektabhängigen Parameter können sowohl auf Feature-<br />

Gruppen-Ebene (z.B. Verkehrswege) als auch individuell für einzelne Objekt-Display-Gruppen<br />

(z.B. Str. Autostraße, normal) festgelegt werden. Dazu sind mit dem Button Editieren ...“ (siehe<br />

”<br />

Abbildung 5.2-1) die entsprechenden Menüs aufzurufen. Eine Modifikation des Mindestabstandes<br />

ist dann sowohl für Linien- als auch für Flächenobjekte möglich. Mittels Verdrängungswirkung“<br />

”<br />

kann angegeben werden, ob das Objekt im Verdrängungsprozeß zu berücksichtigen ist oder eine<br />

Überlagerung durch andere Objekte toleriert wird.<br />

Abbildung 5.2-2: Objektabhängige Parameter für Linien- und Flächenverdrängung


64 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />

Um die Verdrängung der Objekte entsprechend ihrer Bedeutung steuern zu können, erhält jedes<br />

Objekt ein Attribut ”<br />

Priorität“ P ɛ [0, 9]. Damit wird die Beweglichkeit der Objekte in der<br />

Karte festgelegt. Objekte hoher Bedeutung sollten nur bedingt in ihrer Lage verändert werden<br />

und besitzen daher geringe Verdrängungspriorität. Im Extremfall P = 0 kann eine Verdrängung<br />

auch unterbunden werden.<br />

Bei der praktischen Umsetzung wird die iterative Bearbeitung der Kartenobjekte ausgenutzt.<br />

Wie im Abschnitt 3.3.1 und 3.3.4 erläutert, werden Objekte jeweils nur um kleine Beträge verdrängt.<br />

Vor jedem Iterationsschritt wird jetzt anhand der Priorität P entschieden, ob das Objekt<br />

verdrängt werden muß. Die Priorität interpretiert man dazu als Häufigkeit einer möglichen Verdrängung.<br />

Nach dem Ziehen einer Zufallszahl z aus dem Prioritätsintervall [P min , P max ] = [0, 9]<br />

wird verglichen, ob diese kleiner ist als die Verdrängungspriorität P des aktuellen Objektes.<br />

Besitzt ein Objekt die Priorität P = 0, so kann die Zufallszahl nie kleiner sein und das Objekt<br />

ändert weder seine Position noch seine Form. Die Bewichtung der Kartenobjekte kann den<br />

Anwendungen beliebig angepaßt werden.<br />

Formparameter: Die innere Energie besteht aus zwei Termen mit den Gewichten α und β<br />

(siehe Abschnitt 3.2.2). Diese bewichten veränderte Stützstellenabstände bzw. Abweichungen<br />

der Linienkrümmung im Laufe der Verdrängung. In einfachen Fällen erfolgt die Steuerung für<br />

alle Linienobjekte mit den gleichen Parametern. Größere Gewichte sorgen dabei für Linien mit<br />

starker innerer Bindung.<br />

Außerdem kann man die Parameter für Linien verschiedener Bedeutung individuell festlegen. Dadurch<br />

würden die Gewichte des inneren Potentials ebenfalls zu semantischen Steuerparametern.<br />

Des weiteren können die Parameter während der Iteration geändert werden, um z.B. die Bewegungsfreiheit<br />

schrittweise zu verringern. Schließlich ist es möglich, das Krümmungsverhalten<br />

von Objektteilen einer Linie zu beeinflussen, indem die Parameter nicht als Konstante, sondern<br />

als Funktionen der Bogenlänge α = α(s) bzw. β = β(s) verwendet werden. In den praktischen<br />

Anwendungen wurde bisher mit konstanten, objektunabhängigen Formparametern gearbeitet.<br />

5.2.3 Ergebnisse und Beispiele<br />

Linienverdrängung: In Abbildung 5.2-3 ist die Linienverdrängung für einen Kartenausschnitt<br />

im Maßstab 1:25 000 dargestellt. Die Rechenzeit beträgt auf einer IBM Workstation, RISC-6000,<br />

Modell 43P/140, 200 MHz, etwa 30 sec. - Die Bearbeitung erfolgt im Batch-Betrieb.<br />

Problematisch ist die Abhängigkeit des Algorithmus vom Strukturierungsgrad der Daten. So<br />

wird erwartet, daß Anfangs- bzw. Endpunkte von Linienobjekten an Kreuzungen oder Einmündungen<br />

liegen, da bei Verwendung des Variationsverfahrens die Verschiebung der Randwerte Null<br />

ist (siehe Abschnitt 3.2.3). Erfolgte die Linienbildung nicht ausschließlich unter geometrisch -<br />

topologischen Gesichtspunkten, sondern auch unter Berücksichtigung inhaltlicher Aspekte (z.B.<br />

Änderung des Strassennamens), sollte zunächst eine Vorverarbeitung mit geeigneter Objektbildung<br />

durchgeführt werden. Im Beispiel 5.2-3 ist die Verdrängung ohne Vorverarbeitung dargestellt.<br />

Die Verdrängung von sich kreuzenden Linien durch dritte Objekte wäre möglich, solange die<br />

Kreuzung nicht gleichzeitig einen Randpunkt der Linien darstellt. Eine gegenseitige Verdrängung<br />

von Linien im Kreuzungsbereich ist ausgeschlossen (siehe Abschnitt 5.1.4). Für Einmündungen<br />

ist eine Verdrängung durch dritte Objekte nicht umsetzbar, da zumindest ein fester Anfangspunkt<br />

vorliegt. Um auch hier eine Verdrängung zu ermöglichen, müßte eine Erweiterung des<br />

Algorithmus für verkettete Snakes erfolgen (Fua, 1996).


dergersdorf<br />

chtshausen<br />

5.2. Automatisierte Verdrängung im Maptech-System 65<br />

Waldhäuser<br />

2<br />

Großopitz<br />

Tharandt<br />

Somsdorf<br />

Freital<br />

4 1<br />

1<br />

HAINSBERG<br />

COSSMANNSDOR<br />

dergersdorf<br />

chtshausen<br />

Waldhäuser<br />

2<br />

Lübau<br />

(a) Situation vor der Verdrängung<br />

Großopitz<br />

Tharandt<br />

Somsdorf<br />

Freital<br />

4 1<br />

1<br />

Spechtritz<br />

HAINSBERG<br />

COSSMANNSDOR<br />

Lübau<br />

(b) Situation nach der Verdrängung<br />

Spechtritz<br />

Abbildung 5.2-3: Beispiel zur automatisierten Generalisierung von Linienobjekten, Maßstab 1:250 000,<br />

( c○Verlag Kümmerly+Frey, 1999)


66 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />

Flächenverdrängung: In der praktischen Anwendung sollte auch hier zunächst eine Datenanalyse<br />

bzw. -aufbereitung durchgeführt werden. So ist z.B. für eine automatisierte Gebäudeverdrängung<br />

zwischen einfachen Gebäudegrundrissen und komplexen Gebäuden in Innenstadtbereichen<br />

zu unterscheiden.<br />

Nach dem derzeitigen Stand werden Gebäudegrundrisse nicht im Basis-DLM vorgehalten, d.h.<br />

man ist bei der Visualisierung von ATKIS-Daten gezwungen, zusätzliche Quellen zu verwenden.<br />

Für Gebäude kommt im wesentlichen der Datenbestand des Amtlichen Liegenschaftskatasters<br />

(ALK) in Frage. Da dieser noch nicht vollständig in digitaler Form vorliegt, werden die Kartenoriginale<br />

der TK10 gescannt. Aus diesen extrahiert man Relief und Gebäudegrundrisse mit Hilfe<br />

automatisierter Verfahren der Vektorisierung und Mustererkennung. Dazu kann das Maptech-<br />

Capturing verwendet werden. Das Ergebnis ist in Abbildung 5.2-5(a) dargestellt und entspricht<br />

der Eingangssituation für eine automatisierte Flächenverdrängung.<br />

Im Vergleich zur Linienverdrängung ist die Flächenverdrängung zeitintensiver, z.B. für mittlere<br />

Ortschaften (ca. 300 Gebäude) beträgt die Rechenzeit etwa 1,5 min. - Hauptursache ist<br />

der Unterschied in der Bestimmung der externen Energie. Während die Konfliktrecherche für<br />

Linienobjekte auf Abstandsberechnungen basiert, sind für die Flächenobjekte zeitaufwendigere<br />

Flächenberechnungen durchzuführen. In Abbildung 5.2-5 sind Screenshots des Mapimage-<br />

Editors vor und nach der Verdrängung von Gebäudegrundrissen dargestellt.<br />

Kombinierte Linien- und Flächenverdrängung:<br />

Für die Kombination von Generalisierungsfunktionen<br />

steht im Mapimage-Editor ein Benutzermenü zur Erzeugung<br />

und Verwaltung von sogenannten Joblisten zur<br />

Verfügung (siehe Abbildung 5.2-4). Dort können verschiedene<br />

Generalisierungs-Sets in Abhängigkeit von Maßstab<br />

und Kartentyp zu Joblisten zusammengefaßt werden. Jedes<br />

Generalisierungs-Set ist gekennzeichnet durch die Generalisierungsfunktion<br />

bzw. den Elementarvorgang und<br />

zugehörige Parameter.<br />

Für die sequentielle Durchführung verschiedener Generalisierungsfunktionen<br />

ist die Aufstellung bestimmter Hierarchien<br />

unerläßlich. Im Beispiel der kombinierten Verdrängung<br />

(siehe Abb. 5.2-6) erfolgte zunächst die Linienund<br />

anschließend die Flächenverdrängung.<br />

Abbildung 5.2-4: Joblisten<br />

Bevor aussagekräftige Erfahrungen über die Kombination von Generalisierungsfunktionen gesammelt<br />

werden können, sind zunächst weitere Generalisierungsalgorithmen zu implementieren.<br />

Zusammenfassung: Der vorgestellte Algorithmus zur Linien- und Flächenverdrängung nach<br />

dem Prinzip der Energieminimierung liefert zufriedenstellende Resultate. Wesentliche Ergebnisse<br />

sind:<br />

• Durch geeignete Wahl der inneren Energie wird die charakteristische Form bei der Verdrängung<br />

von Linienobjekten erhalten.<br />

• In der Flächenverdrängung kann durch Anwendung einer Heuristik, welche für jedes Objekt<br />

eine individuelle Nachbarschaft berücksichtigt, der Algorithmus um ein Vielfaches<br />

beschleunigt werden.<br />

• Die Steuerung der Verdrängung ist auf verschiedenen semantischen Stufen möglich (Objekt-<br />

Display-Gruppen-Ebene, Feature-Ebene, Feature-Gruppen-Ebene).


5.2. Automatisierte Verdrängung im Maptech-System 67<br />

K137<br />

(a) Situation vor der Verdrängung<br />

K137<br />

(b) Situation nach der Verdrängung<br />

Abbildung 5.2-5: Beispiel zur automatisierten Verdrängung von Gebäudegrundrissen, Maßstab<br />

1:10 000, ( c○Landesvermessungsamt Sachsen, 1999)


68 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />

S156<br />

S156<br />

BERTHELSDORF<br />

(a) Situation vor der Verdrängung<br />

S156<br />

S156<br />

BERTHELSDORF<br />

❏<br />

❏<br />

❏<br />

❏<br />

❏<br />

❏<br />

❏<br />

❏<br />

❅<br />

(b) Situation nach der Verdrängung ❅ ❏<br />

❅ ❏<br />

Abbildung 5.2-6: Beispiel zur Generalisierung von Linien- und Flächenobjekten, Maßstab 1:25 000,<br />

( c○Landesvermessungsamt Sachsen, 1999)<br />

❏❪<br />

❏<br />

❏<br />

❅❅■<br />

❅<br />

❅<br />

❏<br />

❏<br />

❏<br />

❅<br />

❅<br />

❅<br />

❅<br />

❅<br />

❅<br />


5.2. Automatisierte Verdrängung im Maptech-System 69<br />

Für die weitere Arbeit sind außerdem folgende Punkte zu berücksichtigen:<br />

• In Abhängigkeit von den Eingangsdaten ist für die Linienverdrängung unter Umständen<br />

eine Vorverarbeitung notwendig, da die Wahl der Randwerte das Ergebnis wesentlich beeinflußt.<br />

• Bei der Flächenverdrängung wird die Lage der Objekte wenig geändert, da Verdrängungen<br />

prinzipiell klein gehalten werden. Eine explizite Modellierung der relativen Lage, z.B.<br />

mittels Delaunay-Triangulation, wäre zusätzlich hilfreich.<br />

• Das Zusammenwirken mit anderen Generalisierungsoperationen ist zu entwickeln.<br />

Wie zu erwarten war, können nicht alle Überlagerungskonflikte durch Verdrängungsoperationen<br />

beseitigt werden. Offensichtlich wird dies in Abbildung 5.2-5 am größeren Gebäude in der rechten<br />

Bildhälfte. In diesen Fällen sind andere Elementarvorgänge der Generalisierung interaktiv oder<br />

automatisiert anzuwenden. Weitere Untersuchungen zeigen, daß der Energieminimierungsansatz<br />

auch in der Formvereinfachung von Gebäudegrundrissen anwendbar ist (Minks, 1999).<br />

Zusammenwirken von Forschung und Anwendung: Die praxisreife Umsetzung automatisierter<br />

Verdrängungslösungen mit Software der Firma Maptech AG läßt verschiedene Schlußfolgerungen<br />

für eine Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis zu. Da Grundlagenforschungen<br />

sehr zeitaufwendig ist, können diese nur in eingeschränktem Maße durch die Industrie geleistet<br />

und finanziert werden. Vielfach wird hier versucht, auf vorhandenen Lösungsansätzen aufzubauen.<br />

So steht in der Praxis die Anwendbarkeit im Vordergrund, während in der Wissenschaft die<br />

Suche nach neuen Ansätzen favorisiert wird. Folgende Arbeiten werden durch die Wissenschaft<br />

geleistet: Am Anfang der Forschung steht meist die Recherche vorhandener Ansätze mit der<br />

Abgrenzung von Vor- und Nachteilen. Anschließend folgt die Suche nach geeigneten Modellen<br />

zur Problembeschreibung. Letztlich werden Algorithmen zur Problemlösung entwickelt.<br />

In einer zweiten Phase überschneiden sich die Interessenbereiche von Forschung und Praxis, so<br />

daß hier im optimalen Fall eine enge Zusammenarbeit stattfindet. Während die Wissenschaftler<br />

für den Nachweis der Anwendbarkeit Tests mit realistischen Daten benötigen, ist die Industrie<br />

an der Nutzung vorhandener Forschungsergebnisse interessiert. Dazu erfolgt in der Regel<br />

die Entwicklung eines Prototyps. Wird die Forschung anwendungsorientiert durchgeführt, kann<br />

die Zusammenarbeit mit der Praxis vielfach Impulse für zukünftige wissenschaftliche Arbeiten<br />

liefern. Die Nutzung kommerzieller Systeme unterstützt weiterhin die Verwaltung realistischer<br />

Daten (Nutzung von Datenbanken) und die Präsentation der Ergebnisse. Im Beispiel der kartographischen<br />

Generalisierung ist hier die Signaturierung der vielfältigen Kartenobjekte und die<br />

Berücksichtigung verschiedener Zeichenebenen (Drawlevel) zu nennen. Der Praxispartner liefert<br />

Schnittstellen für den Datenaustausch. Dazu muß möglichst konkret spezifiziert werden, welche<br />

Informationen der Algorithmus benötigt. Die Implementierung erfordert sowohl vom Praxispartner<br />

als auch vom Entwickler größere Anpassungsleistungen. Gemeinsam erfolgt schließlich die<br />

Lösung zusätzlich aufgetretener Probleme.<br />

Die letzte Stufe umfaßt die Integration der Algorithmen im System. Dazu werden Daten und Parameter<br />

in der Datenbank umgesetzt, die Quelltexte unter Verwendung vorhandener Funktionen<br />

oder Makros angepaßt und Benutzermenüs für die Bedienung erzeugt. Vielfach ist für die Integration<br />

im System eine Erweiterung der Funktionalität notwendig bzw. die Wechselwirkung mit<br />

anderen Programmteilen zu implementieren. Im Fall der Generalisierung muß das Zusammenspiel<br />

unterschiedlicher Generalisierungsoperationen entwickelt werden. Schließlich sind umfangreiche<br />

Tests durchzuführen und die Dokumentation zu schreiben. Nicht zuletzt garantiert der<br />

Hersteller den Support der vertriebenen Software. Dazu gehören die Installation vor Ort und<br />

die Einarbeitung der Kunden mit Schulungen, die Beseitigung aufgetretener Fehler sowie die<br />

Softwarepflege und -weiterentwicklung mit der Berücksichtigung kundenspezifischer Probleme.


70 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />

Auf Grund gewonnener Erfahrungen und obiger Einteilung ist festzustellen, daß Entwicklungsarbeiten<br />

im Bereich der wissenschaftlichen Forschung herstellerneutral zu realisieren sind. Der<br />

Aufwand an der Gesamtherstellung beträgt etwa 30 bis 50%. Sowohl für die Prototypenentwicklung<br />

als auch die Integration im System ist eine enge Zusammenarbeit mit dem Praxispartner<br />

unabdingbar. Das heißt, spätestens nach der Hälfte des Entwicklungszeitraumes erfolgt die Einschränkung<br />

auf ein konkretes System. Noch ungünstiger ist das Verhältnis bei der Umsetzung<br />

von Steueralgorithmen zur Handhabung verschiedener Generalisierungsoperationen, die einander<br />

bedingen, da hier eine Simulation ohne realistische Daten und relevante Teilergebnisse nicht<br />

möglich sind.<br />

5.2.4 Automatisierte Randbearbeitung<br />

Mit Hilfe einer automatisierten Randbearbeitung ist die effektive Ableitung beliebiger Kartenausschnitte<br />

aus blattschnittfreien Daten möglich. Dafür sind Texte und Symbole, welche durch<br />

den Kartenrand abgeschnitten werden, geeignet zu modifizieren. Texte werden entsprechend der<br />

Bedeutung und Lage des zu beschriftenden Objektes entweder im Kartenausschnitt plaziert oder<br />

ausgeblendet. Die Plazierung erfolgt dabei unter Berücksichtigung der unmittelbaren Umgebung.<br />

Symbole in Randlagen werden nicht verschoben, sondern in Abhängigkeit von ihrer Bedeutung<br />

und der Anwenderkonfiguration ausgeblendet.<br />

Die automatisierte Randbearbeitung stellt eine praktische Anwendung der Verdrängung im Konzept<br />

der Energieminimierung dar. Andere Anwendungsmöglichkeiten der Energieminimierung<br />

sind die Schriftplazierung (Richter, 1997) oder die Formvereinfachung von Gebäudegrundrissen<br />

(Minks, 1999). Gemeinsam ist allen Anwendungen die Verwendung einer Gesamtenergiefunktion<br />

mit innerem und äußerem Anteil (siehe Abschnitt 3.2.1), wobei die äußere Energie<br />

zu beseitigende Konflikte beschreibt (z.B. Überlagerungen mit dem Kartenrand, Konflikte mit<br />

anderen Textobjekten, zu kurze Gebäudekanten, etc.) und die innere Energie versucht, die relative<br />

Lage (z.B. von Gebäuden, Texten) oder charakteristische Formen (z.B. Fluß, Straße) zu<br />

erhalten.<br />

Bei hoher Kartenbelastung kann nicht immer eine Plazierung der Texte im Kartenausschnitt<br />

generiert werden. In diesen Fällen wird die Identifikationsnummer des Textes in einer ”<br />

Select-<br />

From-File“-Datei (SFF-Datei) gespeichert. In solchen Dateien sind u.a. problembehaftete Objekte<br />

registriert, die später am Bildschirm hervorgehoben dargestellt werden. Zur Unterstützung<br />

der interaktiven Nachbearbeitung werden diese Texte automatisch editiert und sind anschließend<br />

einfach manuell abzuarbeiten.<br />

Die Textplazierung erfolgt in Abhängigkeit vom Geometrietyp des zu beschriftenden Objektes,<br />

wobei zunächst zwischen Beschriftung von Linien- und Flächenobjekten unterschieden wird. Des<br />

weiteren beeinflußt die relative Lage des Textes zum Objekt die Art der Plazierung. So können<br />

jeweils drei weitere Unterkategorien festgelegt werden, falls sich der Text innerhalb oder außerhalb<br />

des Objektes befindet bzw. dieses überlagert. Punktobjekte (wie z.B. Ortschaftssymbole)<br />

werden durch den Beschriftungstyp ”<br />

Flächenobjekt - Beschriftung außerhalb“ abgedeckt, da<br />

jedes sichtbare Kartenobjekt eine nicht zu vernachlässigende Ausdehnung besitzt.<br />

Konflikterkennung:<br />

Für die Konflikterkennung wird aus den Koordinaten des Kartenrandes ein Flächenobjekt erzeugt,<br />

welches den im Map-Publisher festgelegten Kartenausschnitt in Bandform begrenzt (siehe<br />

Abbildung 5.2-7). Mit Hilfe der Parameter ” Äußerer Rand“/ ”<br />

Innerer Rand“ kann der Bereich<br />

festgelegt werden, in dem keine Texte liegen dürfen. Für die Plazierung in der Karte ist u.a. zu<br />

entscheiden, ob das zu beschriftende Objekt im Ausschnitt liegt. Befindet sich das Objekt im


5.2. Automatisierte Verdrängung im Maptech-System 71<br />

Abbildung 5.2-7: Flächenrandobjekt für die automatisierte Randbearbeitung<br />

Randbereich oder außerhalb, wird der zugehörige Text ausgeblendet. Der Randbereich kann für<br />

Objekte mit dem Parameter ”<br />

Innerer Rand (Objekt)“ abweichend vom Randbereich für Texte<br />

festgelegt werden. Wird der Parameter ”<br />

Innerer Rand (Objekt)“ kleiner als der Parameter ”<br />

Innerer<br />

Rand“ gewählt oder Null gesetzt, kann z.B. eine Beschriftung von Ortschaften erfolgen, die<br />

zwar im Kartenausschnitt, aber auch im Randbereich für Texte liegen. Eine andere Möglichkeit<br />

wäre, die Plazierung in Abhängigkeit vom prozentualen Flächenanteil des Objektes im Kartenausschnitt<br />

festzulegen, z.B. so, daß eine Beschriftung erfolgt, wenn mehr als 50 % des Objektes<br />

im Ausschnitt liegt.<br />

Die Konflikterkennung für Texte und Symbole basiert analog der Flächenverdrängung auf der<br />

Berechnung von Überlagerungsflächen. Dazu erfolgt eine Verschneidung von Textbox oder Boundingbox<br />

der Symbole mit dem Flächenrandobjekt. Im Falle einer Textplazierung müssen zusätzlich<br />

die Texte, Symbole und Hintergrundobjekte der Nachbarschaft berücksichtigt werden.<br />

Unter Hintergrundobjekten werden dabei alle sonstigen, sich im Kartenausschnitt befindenden<br />

Signaturen zusammengefaßt, die bei einer Textplazierung nicht überdeckt werden dürfen. Der<br />

entsprechende Parameter kann auf Feature-Gruppen-Ebene (FG; z.B. Verkehrswege, Gewässer,<br />

...) oder individuell für jede Objekt-Display-Gruppe (ODG) festgelegt werden. Dazu wird mit<br />

dem ”<br />

Neu“-Button ein Auswahl-Menü geöffnet, in welchem die entsprechenden FG oder ODG<br />

markiert werden. Die gewählten FG/ODG erscheinen im Fenster ”<br />

Objekt-Display-Gruppen /<br />

Text-Display-Gruppen“. Nach dem Aktivieren des ”<br />

Editieren ...“- Buttons können deren objektspezifische<br />

Parameter verändert werden (siehe Abb. 5.2-8). Bei eingeschalteter ”<br />

Verdrängungswirkung“<br />

wird eine Überlagerung durch Texte verhindert.<br />

Abbildung 5.2-8: Objektspezifische Parameter bei der Randbearbeitung


72 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />

Plazierung unter Berücksichtigung der Nachbarschaft:<br />

Die Modellierung der Texte erfolgt durch Zuordnung einer Standlinie, des Bezugspunktes, sowie<br />

der Angabe von Länge und Höhe der Textbox, d.h. eine Modellierung auf Buchstabenebene findet<br />

nicht statt. Die Standlinie kann dabei explizit vorgegeben werden oder über das zu beschriftende<br />

Objekt zugeordnet sein (z.B. Mittelachse einer Straße). Damit sind die Freiheitsgrade für die<br />

Textplazierung festgelegt.<br />

So kann eine Beschriftung von Linienobjekten nur erfolgen, wenn die Standlinie über das zu<br />

beschriftende Objekt und nicht explizit vorgegeben wird. Bei der Linienbeschriftung muß des<br />

weiteren zwischen innerem und äußerem Text unterschieden werden. Beispiele für inneren Text<br />

sind die Straßennamen oder die Beschriftung breiter Gewässer, während äußerer Text bei schmalen<br />

Flüssen benutzt wird. Der Hauptunterschied besteht darin, daß sich der innere Text der<br />

Mittelachse vollständig anpaßt, während der äußere Text einer stärkeren Glättung unterliegen<br />

kann. Implementiert wurde die Beschriftung mit innerem Text.<br />

Für die Beschriftung von Flächenobjekten kann innerer, äußerer oder überlagernder Text unterschieden<br />

werden, wobei letzterer das zu beschriftende Objekt berühren darf (z.B. Beschriftung<br />

öffentlicher Gebäude). Innerer Text muß vollständig in der zu beschriftenden Fläche liegen (z.B.<br />

Bezeichnung von Seen, Landschaften) und äußerer Text sollte einen gewissen Mindestabstand<br />

einhalten (z.B. Beschriftung von Ortschaften, sonstige punktförmige Objekte). Realisiert sind<br />

bis jetzt die Beschriftung mit äußerem und überlagerndem Text.<br />

Die Konfliktlösung erfolgt in zwei Schritten. Zunächst wird eine geeignete Grobplazierung des<br />

Textes durchgeführt, anschließend erfolgt die Feinplazierung analog zur Verdrängung von Flächen<br />

mit festem Rand mittels Greedy-Algorithmus (siehe Abschnitt 3.3.4). Die Art der Grobplazierung<br />

ist abhängig vom Typ des zu beschriftenden Objektes. Für die Linienbeschriftung wird<br />

der längste Abschnitt der Standlinie im Kartenausschnitt verwendet und der Bezugspunkt so<br />

gewählt, daß der Text vollständig im Ausschnitt liegt. Zur Grobplazierung der Texte bei der<br />

Beschriftung von Flächenobjekten wird auf einem Raster um den Schwerpunkt des Objektes die<br />

bezüglich der gewichteten Überlagerungsflächen günstigste Position ausgewählt.<br />

Das verwendete Raster ist durch die Parameter ”<br />

Iterationstiefe“ und ”<br />

Schrittweite für Vorauswahl“<br />

aus dem modulspezifischen Konfigurationsfile festgelegt. Die Anzahl der Kandidaten z K<br />

ergibt sich dabei entsprechend der Iterationstiefe t aus z K = 8·∑t<br />

n=1 n. Für t = 1 entspricht dies<br />

der 8-Nachbarschaft. Die Bewichtung der Überlagerungsflächen ist in Grob- und Feinplazierung<br />

identisch.<br />

Die Feinplazierung erfolgt durch Iteration über alle Texte in Randlagen mittels Greedy-Algorithmus,<br />

wobei sich die Bewertungsfunktion aus den Gesamtenergien der einzelnen Texte zusammensetzt.<br />

Die Gesamtenergie eines Textes resultiert aus Addition der gewichteten Überlagerungsflächen<br />

zuzüglich einer Abstandsenergie. Die überdeckten Flächen werden dabei analog<br />

zur Verdrängung von Flächen mit festem Rand ins Verhältnis zur Fläche des plazierten Textes<br />

gesetzt.<br />

Am stärksten gewichtet werden Randüberlagerungen. Ebenfalls stark bewertet sind die Überlagerungen<br />

von Texten untereinander. Weniger stark gewichtet werden Überlagerungen von Hintergrundobjekten<br />

einschließlich Symbolen. Als Richtgrößen können g rand : g text : g back = 100 : 10 : 1<br />

verwendet werden. Die Abstandsenergie wird bei der Beschriftung mit äußerem Text benötigt,<br />

um die Distanz zwischen Text und Objekt möglichst klein zu halten, wobei ein gewisser Mindestabstand<br />

nicht zu unterschreiten ist.


5.2. Automatisierte Verdrängung im Maptech-System 73<br />

Steuerung und Parameter:<br />

In analoger Weise zur Verdrängung von Linien- und Flächenobjekten kann auch in der automatisierten<br />

Randbearbeitung zwischen objektunabhängigen und objektspezifischen Parametern unterschieden<br />

werden. Zu den objektunabhängigen Größen zählen die Parameter Äußerer Rand“,<br />

”<br />

” Innerer Rand“ und Innerer Rand (Objekt)“, welche den Randbereich für Texte und Symbole<br />

”<br />

einerseits bzw. zu beschriftende Objekte andererseits kennzeichnen. Der Anwender kann weiterhin<br />

entscheiden, ob eine Konfliktbeseitigung durch Verschieben“ der Texte vorgenommen<br />

”<br />

werden soll oder ob lediglich alle Texte in Randlagen auszuschalten sind. Mit dem Parameter<br />

Erweiterte Konfliktbeseitigung“ wird festgelegt, inwieweit Texte, die nicht im Randbereich liegen,<br />

trotzdem ausgeblendet werden, falls sich die zugeordneten Objekte partiell oder vollständig<br />

”<br />

im Randbereich befinden.<br />

Der ”<br />

Mindestabstand zwischen Texten“ bestimmt den Freistellungsraum eines Textes. Der ”<br />

Maximalabstand<br />

zwischen Text und Objekt“ soll einen Grenzwert für die gerade noch mögliche<br />

Zuordnung von Text und Objekt durch den Betrachter liefern. Durch Verschieben von Texten<br />

in den Kartenausschnitt kann bei Platzmangel eine Überlagerung mit anderen Texten oder<br />

Objekten auftreten. Geringfügige Überdeckungen sind unter Umständen zu tolerieren (Angabe<br />

in Prozent, 0.01 = 1%) . Der Parameter ”<br />

Tolerierte Restkonflikte“ bezieht sich aktuell nur auf<br />

Überlagerungen zwischen Texten. Restkonflikte mit Hintergrundobjekten werden akzeptiert und<br />

Überschneidungen mit dem Rand ausgeschlossen.<br />

Abbildung 5.2-9: Benutzer-Menü für die automatisierte Randbearbeitung


74 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />

Objektspezifische Parameter betreffen im wesentlichen die Festlegung, inwieweit Symbole oder<br />

sonstige Kartenobjekte bei der Textplazierung zu berücksichtigen sind oder durch Texte überlagert<br />

werden dürfen. Standardmäßig wird für Symbole und Punktobjekte mit eingeschalteter<br />

Verdrängungswirkung“ gearbeitet, während für Linien- und Flächenobjekte eine Überdeckung<br />

”<br />

zulässig ist.<br />

Der zweite objektspezifische Parameter betrifft die ”<br />

Sichtbarkeit in Randlagen“. So dürfen Punkte<br />

oder Symbole, die sich im Randbereich befinden, nicht verschoben werden. In der Regel werden<br />

sie ausgeblendet, aber in Ausnahmen auch dargestellt (z.B. Ortschaften). Texte im Randbereich<br />

werden in Abhängigkeit von der Objektlage in den Kartenausschnitt verschoben. Hier kann<br />

für untergeordnete Texte explizit festgelegt werden, daß im Falle von Randkonflikten der Text<br />

lediglich auszublenden ist, d.h. keine Plazierung im Kartenausschnitt erfolgt.<br />

Beispiele:<br />

Zur Illustration der vorgestellten automatisierten Randbearbeitung wurden zwei Kartenausschnitte<br />

in verschiedene Anwendungen und Maßstäben abgeleitet. Abbildung 5.2-10 zeigt den<br />

Ausschnitt eines Stadtplanes im Maßstab 1:15 000. Dabei müssen vor allem Straßennamen und<br />

Beschriftungen von öffentlichen Gebäuden verschoben oder ausgeblendet werden.<br />

Im zweiten Beispiel (Abbildung 5.2-11) wurde eine Übersichtskarte im Maßstab 1:250 000 bearbeitet.<br />

Die häufigsten Randkonflikte treten hier bei der Beschriftung von Ortschaften auf. Die<br />

Ergebnisse der automatischen und der manuellen Randbearbeitung sind ähnlich (siehe Abbildung<br />

5.2-12). Nicht bearbeitet werden können z.B. Kilometerangaben, welche sich im Kartenausschnitt<br />

befinden und auszublenden wären, falls sich die zugehörigen Kilometrierungskellen<br />

im Randbereich befinden. Für eine inhaltliche Zuordnung dieser Kartenobjekte sind fehlende<br />

Referenzen in den Basisdaten die Ursache.


5.2. Automatisierte Verdrängung im Maptech-System 75<br />

(a) Plazierte und ausgeblendete Texte und Symbole<br />

(b) Ergebnis der automatisierten Randbearbeitung<br />

Abbildung 5.2-10: Beispiel zur automatisierten Randbearbeitung eines Stadtplanes, Maßstab 1:15 000,<br />

( c○Vermessungsamt Sindelfingen, 1999)


76 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />

(a) Darstellung der blattschnittfreien Daten<br />

(b) Ergebnis der automatisierten Randbearbeitung<br />

Abbildung 5.2-11: Beispiel zur automatisierten Randbearbeitung einer Übersichtskarte, Maßstab<br />

1:250 000, ( c○Verlag Kümmerly+Frey, 1999)


5.2. Automatisierte Verdrängung im Maptech-System 77<br />

(a) Ergebnis der manuellen Randbearbeitung<br />

(b) Ergebnis der automatisierten Randbearbeitung<br />

Abbildung 5.2-12: Vergleich von manueller und automatisierten Randbearbeitung, Maßstab 1:250 000,<br />

( c○Verlag Kümmerly+Frey, 1999)


78 Kapitel 6. Zusammenfassung und Ausblick<br />

6 Zusammenfassung und Ausblick<br />

In vielen Bereichen ist ein Übergang von analogen zu digitalen Medien zu verzeichnen, wobei<br />

neben der fortschreitenden Entwicklung der Rechentechnik sicher die Nutzung des Internets Katalysatorfunktion<br />

hat. Auch auf dem Gebiet der Kartographie finden sich vielfältige Anwendungen<br />

digitaler Daten. Deshalb wurde anfang der neunziger Jahre das bundeseinheitliche Amtliche<br />

Topographisch-Kartographische Informationssystem aufgebaut. Mittlerweile wird an der Umsetzung<br />

der zweiten Realisierungsstufe für die digitalen Landschaftsmodelle (Basis-DLM, DLM250,<br />

DLM1000) gearbeitet. Digitale kartographische Präsentationen sind ebenfalls in verschiedenen<br />

Maßstäben verfügbar. Unbefriedigend ist der Zustand, daß neben der Fortführung der digitalen<br />

Landschaftsmodelle parallel die kartographischen Präsentationen auf der Basis analoger Karten<br />

laufendgehalten werden müssen. So können die topographischen Karten bisher nicht direkt<br />

aus den digitalen Landschaftsmodellen abgeleitet werden. Hauptgrund ist das Fehlen geeigneter<br />

Software, speziell die eingeschränkte Verfügbarkeit von Algorithmen zur rechnergestützten<br />

Generalisierung und darauf basierender Generalisierungswerkzeuge.<br />

Die Entwicklungen in der Digitalkartographie haben zur Folge, daß die Karte ihre Funktion als<br />

Datenspeicher verloren hat. Digitale Landschaftsmodelle übernehmen diese Aufgabe vollständig.<br />

Gleichzeitig gewinnt eine zweckentsprechende Visualisierung der wachsenden Datenmengen unter<br />

Berücksichtigung traditionell gewachsener Nutzergewohnheiten immer stärker an Bedeutung.<br />

Eine mögliche Lösung verbirgt sich hinter dem Stichwort ”<br />

maps on demand“ (Kartenherstellung<br />

nach Anforderung), wodurch dem Wunsch Rechnung getragen werden soll, Karten individuell<br />

und anwenderspezifisch herzustellen. Die Qualität der Karten wird dadurch zweifelsohne erhöht,<br />

da diese, wie im Abschnitt 2.1.2 dargelegt, aus der Brauchbarkeit in der Anwendung resultiert.<br />

Der Wunsch nach steigender Aktualität kartographischer Darstellungen unterstreicht schließlich<br />

die Notwendigkeit einer optimierten Herstellung. Der zeitintensivste Abschnitt bei der Ableitung<br />

topographischer Karten ist die Generalisierung. Eine Automatisierung von Teilprozessen<br />

ist deshalb wünschenswert. Vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Automatisierung des<br />

elementaren Generalisierungsvorganges der Verdrängung. Vom Ansatz bis zur Integration im<br />

kartographischen Produktionssystem wird die gesamte Entwicklung detailliert dargestellt.<br />

In der Arbeit wird die Verdrängung von punktförmigen, linienförmigen und flächenhaften Objekten<br />

unterschieden. Zentrale Stellung nimmt dabei die Linienverdrängung ein, da Linienobjekte<br />

in topographischen Karten dominieren, Flächen durch ihre Umrandung vollständig beschrieben<br />

werden können und Punkte gewissermaßen die Bausteine sind, aus denen sich Linien bei der<br />

Verwendung von Vektordaten zusammensetzen. Zur Beschreibung von Linien hat sich in vielen<br />

Bereichen die Verwendung von Splines durchgesetzt. Splines zeichnen sich durch kompakte<br />

Darstellung aus und ermöglichen die Modellierung beliebig gekrümmter Kurven. Die energieminimierenden<br />

Splines (Snakes) der Bildverarbeitung berücksichtigen zusätzlich formverändernde<br />

äußere Einflüsse. Was liegt näher, als Splines bei der Darstellung von Linienobjekten in Karten<br />

zu verwenden ?<br />

In der kartographischen Verdrängung müssen zum einen Mindestabstände der Linien gegenüber<br />

benachbarten Kartenobjekten eingehalten werden, zum anderen sind Formänderungen infolge<br />

von Verdrängungen möglichst zu vermeiden, da das menschliche Auge gegenüber Formstörungen<br />

empfindlich ist. Die Snakes sind hier das geeignete Modell, da sie den Verformungen durch<br />

äußere Einflüsse entgegenwirken. Die Integration im übergeordneten Prinzip der Energieminimierung<br />

ermöglicht die Lösung der konkurrierenden Ziele als Optimierungsaufgabe. Durch die<br />

sonderfallunabhängige Beschreibung von Verdrängungskonflikten können Zusatzkonstruktionen<br />

vermieden werden.


79<br />

Die äußere Energie wird verwendet, um die Ursache der Verdrängung zu beschreiben. Mit Hilfe<br />

interpolierter Stützpunkte und gleitender Mittelbildung erfolgt die Modellierung einer approximativ<br />

kontinuierlichen Verdrängungswirkung, unabhängig vom Stützstellenabstand. Die innere<br />

Energie erfaßt Längen- und Krümmungsänderungen des Splines bezüglich des ursprünglichen<br />

Zustandes, die sich in Änderungen der ersten und zweiten Ableitung der Koordinaten nach der<br />

Bogenlänge zeigen. Innere und äußere Energie werden im Energie-Integral zusammengefaßt. Die<br />

minimale Gesamtenergie für alle Linien bestimmt man durch Variation des Energie-Integrals.<br />

Die entstehenden Eulerschen Gleichungen werden diskretisiert und iterativ durch Anwendung<br />

der Cholesky-Zerlegung gelöst. Eine alternative Methode zur Energieminimierung mittels Variationsverfahren<br />

wird mit dem Greedy-Algorithmus vorgestellt. Dieser versucht, die Energie jeder<br />

einzelnen Stützstelle durch kleine Verschiebungen zu minimieren. Im Gegensatz zum Variationsverfahren<br />

ist die Wirkungsweise daher eher lokal. Vorteilhafte Anwendungen ergeben sich bei<br />

der Verdrängung von isolierten Objekten, z.B. von Gebäuden oder Schriftboxen.<br />

Die Verdrängung von Punkt- und Flächenobjekten im Konzept der Energieminimierung erfordert<br />

angepaßte innere und äußere Energieterme. Die Berechnung der äußeren Energie für Punktobjekte<br />

kann vergleichsweise einfach über Abstandsberechnungen analog zur Linienverdrängung<br />

erfolgen, wobei die Zwischeninterpolation und gleitende Mittelbildung entfällt. Aufwendiger ist<br />

die Bestimmung der äußeren Energie von Flächenobjekten durch die Berechnung von störenden<br />

Überlagerungsflächen. Für die Einhaltung von Mindestabständen werden die Flächenobjekte vor<br />

der Verdrängung vergrößert. Bei der Modellierung der inneren Energie für Flächenobjekte ist zu<br />

unterscheiden, ob das Objekt als Ganzes verschoben werden muß, d.h. der Rand fest bleibt oder<br />

ob Verschiebungen durch den Rand kompensiert werden können, d.h. Flächen mit beweglichem<br />

Rand vorliegen. Die Berechnung der inneren Energie für Flächenobjekte mit beweglichem Rand<br />

erfolgt analog zur Linienverdrängung, da hier die Form maßgeblich den Wiedererkennungsgrad<br />

beeinflußt. Eine innere Energie für Punktobjekte und Flächenobjekte mit festem Rand muß<br />

die relative Lage der Objekte berücksichtigen. Ein geeignetes Verfahren liefert die Delaunay-<br />

Triangulation.<br />

Zusammenfassend bleibt festzustellen, daß eine Verdrängung von Punkt-, Linien- und Flächenobjekten<br />

im Konzept der Energieminimierung möglich ist. Angepaßte Energieterme und Lösungsverfahren<br />

zur Energieminimierung berücksichtigen die unterschiedliche geometrische Struktur<br />

der Objekte. Aus der Unabhängigkeit von Maßstäben und Sonderfällen ergibt sich die Bedeutung<br />

dieses einheitlichen Grundprinzips.<br />

Ergänzende theoretische Untersuchungen wurden zur Konvergenzbeschleunigung des vorgestellten<br />

Variationsverfahrens durchgeführt. Ein Ergebnis betrifft die Parametrisierung der Splines<br />

mittels Tangentenwinkelfunktion (TAFUS). Die entstehenden Eulerschen Gleichungen können in<br />

Anzahl und auftretender Ableitung reduziert werden. So erhält man anstelle von zwei Gleichungen<br />

4. Ordnung eine Gleichung 2. Ordnung. Erkauft wird diese Vereinfachung durch zusätzliche<br />

Berechnungen bei der Transformation der Richtungsänderungen in kartesische Koordinaten. In<br />

den Anwendungen der Linienverdrängung ergaben sich bisher keine Vorteile. Weiterführende<br />

Arbeiten zur Robustifizierung der TAFUS findet man bei Borkowski und Meier (2001).<br />

Angeregt durch die Arbeit von Cohen und Cohen (1990) wurde des weiteren versucht, die<br />

Lösung der Euler-Gleichungen durch Diskretisierung mittels finiter Elemente zu beschleunigen.<br />

Entsprechend der höchsten vorkommenden Ableitung wurden als Koordinatenfunktionen<br />

B-Splines 2. Ordnung verwendet. Unterschiede zur Diskretisierung mittels finiter Differenzen<br />

betreffen nur die Approximationsgüte der zweiten Ableitungen in den diskretisierten Gleichungen.<br />

In den Beispielrechnungen hatten deshalb die unterschiedlichen Diskretisierungen keine<br />

Auswirkungen.


80 Kapitel 6. Zusammenfassung und Ausblick<br />

Die Entwicklung des automatisierten Verdrängungsverfahrens vom Ansatz bis zur Integration<br />

im kartographischen Produktionssystem erfolgte schrittweise. Zunächst wurde das Verfahren<br />

auf der Basis generierter Daten implementiert und getestet. Anschließend sollte die Anwendung<br />

auf ATKIS-Daten untersucht werden, da dessen Datenstruktur für die Bereitstellung topographischer<br />

Daten in Deutschland verbindlich ist. Dafür war die Ableitung von Kartengeometrien<br />

aus dem DLM25/1-Datensatz notwendig und es mußten entsprechende Kartensignaturen bereitgestellt<br />

werden. Der Verdrängungsalgorithmus lieferte in der Visualisierung der ATKIS-Daten<br />

zufriedenstellende Ergebnisse. Um die Anwendbarkeit in der Praxis nachzuweisen und Hinweise<br />

für weitere Arbeiten in der automatisierten Generalisierung zu erhalten, wurde eine Kooperation<br />

mit der Firma Maptech AG (Schweiz) gesucht. Diese entwickelt Kartographiesoftware, die<br />

u.a. an mehreren Landesvermessungsämtern in Deutschland zur rechnergestützten Herstellung<br />

topographischer Karten verwendet wird.<br />

Die Zusammenarbeit beschränkte sich dabei nicht nur auf die Tests des Verdrängungsansatzes an<br />

realistischen Daten in einem kartographischen Produktionssystem, sondern zusätzlich wurde ein<br />

Werkzeug zur automatisierten Randbearbeitung auf der Basis der vorgestellten Verdrängungsverfahren<br />

implementiert. Die Hauptarbeiten bestanden in der Entwicklung von Datenbankroutinen<br />

zur Bereitstellung notwendiger Parameter (z.B. verwendete Signaturbreiten, Unterscheidung<br />

von Vorder- und Hintergrundobjekten etc.), der Definition von Schnittstellen für den Austausch<br />

von Objektkoordinaten und der Programmierung von Benutzermenüs für die Steuerparameter.<br />

Neben der Unterscheidung von objektabhängigen und objektunabhängigen Parametern ist eine<br />

Steuerung auf verschiedenen semantischen Stufen möglich. Damit können sowohl für das individuelle<br />

kartographische Objekt (z.B. Autobahn) als auch für eine allgemeinere Objektgruppe<br />

(z.B. Verkehrswege) Parameterwerte festgelegt werden.<br />

Während der Prototypenentwicklung haben sich weitere Fragestellungen ergeben. Im Beispiel<br />

der automatisierten Linienverdrängung ist hier die Vorverarbeitung der Linienobjekte zu nennen,<br />

da eine Festlegung der Randwerte entscheidenden Einfluß auf das Ergebnis der Verdrängung hat.<br />

Für die automatisierte Verdrängung von Flächenobjekten mit festem Rand, speziell die Gebäudeverdrängung,<br />

ist die Einführung einer inneren Energie auf der Basis einer Delaunay-Triangulation<br />

wünschenswert. Schließlich stellt sich die Frage nach dem Zusammenwirken mit anderen elementaren<br />

Generalisierungsvorgängen. Im Falle unlösbarer Verdrängungskonflikte müssen weitere Generalisierungsoperationen<br />

zur Anwendung kommen, z.B. Verkleinern, Auswählen etc.<br />

Folgende Erfahrungen resultieren aus der Zusammenarbeit mit der Firma Maptech AG:<br />

Die Entwicklung neuer Produkte ist ohne Grundlagenforschung nicht möglich. Der Aufwand an<br />

wissenschaftlichen Vorarbeiten beträgt zwischen 30 und 50% des Gesamtaufwandes. Dieser Anteil<br />

beinhaltet Lösungsansätze und deren Abgrenzungen zu anderen vergleichbaren wissenschaftlichen<br />

Arbeiten. Für die Prototypenentwicklung ist eine enge Zusammenarbeit von Wissenschaft<br />

und Industrie unerläßlich. Praxisrelevante Tests zur automatisierten Verdrängung können nur<br />

im Rahmen eines kartographischen Produktionssystems durchgeführt werden.<br />

Die Nutzung der automatisierten Verdrängung als Generalisierungswerkzeug erfordert die parallele<br />

Entwicklung anderer Generalisierungsoperationen. Eine Machbarkeitsstudie zur Automatisierung<br />

der Modell- und der kartographischen Generalisierung dient dabei als Konzept für<br />

weitere Entwicklungen. Die Zusammenarbeit mit einem Praxispartner erschließt zusätzliche<br />

Anwendungsfelder; z.B. wurde die automatisierte Randbearbeitung zur Ableitung topographischer<br />

Karten aus blattschnittfreien Daten entwickelt. Weitere Anwendungsmöglichkeiten des<br />

Energieminimierungsprinzips betreffen die Schriftplazierung, sowie Gebäudevereinfachung und<br />

-zusammenfassung, wodurch die Bedeutung dieses Grundprinzips nachhaltig unterstrichen wird.


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88 Anhang A. Analyse von Verdrängungssituationen in topographischen Karten<br />

Anhang A<br />

Analyse von Verdrängungssituationen in<br />

topographischen Karten<br />

Ziel: Qualitative und quantitative Analyse der kartographischen Verdrängung von Linienobjekten<br />

in topographischen Karten (TK10, TK25, TK50 und TK100).<br />

Als Testgebiet wurde ein Kartenausschnitt des Elbsandsteingebirges zwischen Bad Schandau und<br />

Königstein gewählt, da hier im Bereich des Elbelaufes Signaturen verschiedener Linienobjekte<br />

auf engstem Raum untergebracht werden müssen. Im einzelnen wurden Linienobjekte folgender<br />

Gruppen digitalisiert:<br />

• Straße (7 Objekte mit 51 Segmenten)<br />

• Eisenbahn (4 Objekte mit 19 Segmenten)<br />

• Gewässer (6 Objekte mit 47 Segmenten)<br />

Sämtliche Segmente aller Objekte mußten dazu in den Maßstäben 1:10 000, 1:25 000, 1:50 000<br />

und 1:100 000 erfaßt werden. Zusätzlich wurde ein Objekt jeder Gruppe in allen vier Maßstäben<br />

mit dreifacher Wiederholung digitalisiert, um die Genauigkeit der Digitalisierung zu quantifizieren.<br />

Als Maße für eine Bewertung von Verdrängungsgebieten sind u. a. folgende Größen verwendbar:<br />

1. Abstand vergleichbarer Liniensegmente im Basis-Maßstab (1:10 000) und in den Folgemaßstäben<br />

als Funktion der Bogenlänge. Falls die Gesamtlängen der betrachteten Linienobjekte<br />

zu stark variieren, kann ein Korrekturfaktor aus dem Verhältnis der Gesamtlängen<br />

eingeführt werden.<br />

2. Fläche zwischen Linienobjekten im Grundmaßstab (1:10 000) und dem jeweiligen Folgemaßstab.<br />

Linienobjekt im<br />

Maßstab 1:10000<br />

Linienobjekt im<br />

Folgemaßstab<br />

Abbildung A-1: Fläche zwischen einem Linienobjekt im Grundmaßstab und im Folgemaßstab<br />

als Verdrängungsmaß<br />

Am Digitalisiertablett wurden sämtliche Linienobjekte mittels AutoCAD (DXF-Format) in<br />

Gauß-Krüger-Koordinaten erfaßt (numerische Bearbeitung: cand. ing. H. Wild). Die aus vier<br />

verschiedenen Maßstäben resultierenden Dateien konnten für jedes Objekt zu einer Masterdatei<br />

zusammengefaßt werden. Dadurch war eine qualitative Bewertung unterschiedlich starker<br />

Verdrängungszonen nach Bildschirmvisualisierung möglich (siehe Abbildung A-2).


89<br />

Tabelle A-1: Verdrängungsanalyse für Bahnobjekte der TK25 (bezogen auf TK10); Einheiten: Fläche<br />

in m 2 , Umfang in m, Grad der Verdrängung in m, alle Angaben in Meter (Naturmaß)<br />

Obj Seg Fläche Umfang V<br />

B1 1 5984,7 1000,3 5,98<br />

B1 2 5659,4 1001,1 5,65<br />

B1 3 5842,2 1005,7 5,81<br />

B1 4 5762,6 1004,4 5,70<br />

B1 5 3198,1 992,4 3,22<br />

B1 6 2877,2 988,5 2,91<br />

B1 7 2848,5 990,5 2,88<br />

B1 8 1583,1 989,1 1,60<br />

B1 9 1116,6 989,9 1,13<br />

B1 10 1234,7 986,4 1,25<br />

Obj Seg Fläche Umfang V<br />

B2 1 1309,1 1089,0 1,20<br />

B2 2 1188,8 1104,8 1,08<br />

B2 3 1873,0 1104,4 1,70<br />

B3 1 1484,7 795,7 1,87<br />

B3 2 2064,0 762,1 2,71<br />

B4 1 1694,5 1023,0 1,66<br />

B4 2 4660,8 1027,0 4,54<br />

B4 3 2843,2 1027,2 2,77<br />

B4 4 3454,5 1033,2 3,34<br />

Tabelle A-2: Verdrängungsanalyse für Bahnobjekte der TK50 (bezogen auf TK10); Einheiten: Fläche<br />

in m 2 , Umfang in m, Grad der Verdrängung in m, alle Angaben in Meter (Naturmaß)<br />

Obj Seg Fläche Umfang V<br />

B1 1 2345,6 1010,6 2,32<br />

B1 2 4263,8 1017,4 4,19<br />

B1 3 6421,7 1029,5 6,24<br />

B1 4 6710,8 1042,9 6,43<br />

B1 5 4039,3 1061,3 3,81<br />

B1 6 5731,4 1083,6 5,29<br />

B1 7 8200,5 1100,1 7,45<br />

B1 8 4509,6 1109,6 4,06<br />

B1 9 3377,3 1118,3 2,13<br />

B1 10 1966,4 1123,7 1,75<br />

Obj Seg Fläche Umfang V<br />

B2 1 8811,8 1193,9 7,38<br />

B2 2 11630,8 1153,7 10,08<br />

B2 3 11410,6 1126,5 10,13<br />

B3 1 2061,1 783,9 2,63<br />

B3 2 3692,4 780,9 4,73<br />

B4 1 2950,1 1028,2 2,87<br />

B4 2 2847,8 1041,2 2,81<br />

B4 3 2906,1 1044,0 2,78<br />

B4 4 1257,6 1057,1 1,19<br />

Tabelle A-3: Verdrängungsanalyse für Bahnobjekte der TK100 (bezogen auf TK10); Einheiten: Fläche<br />

in m 2 , Umfang in m, Grad der Verdrängung in m, alle Angaben in Meter (Naturmaß)<br />

Obj Seg Fläche Umfang V<br />

B1 1 15336,1 1070,2 14,33<br />

B1 2 15853,4 1072,4 14,78<br />

B1 3 30039,0 1109,9 27,06<br />

B1 4 36044,2 1139,7 31,63<br />

B1 5 26363,0 1152,4 22,87<br />

B1 6 18438,0 1179,0 15,64<br />

B1 7 15571,1 1187,9 13,11<br />

B1 8 9185,5 1185,7 7,75<br />

B1 9 2704,6 1185,7 2,28<br />

B1 10 11797,3 1190,1 9,91<br />

Obj Seg Fläche Umfang V<br />

B2 1 13652,7 1246,8 10,95<br />

B2 2 5311,7 1192,0 4,46<br />

B2 3 7977,7 1148,0 6,95<br />

B3 1 6968,8 892,2 7,81<br />

B3 2 4292,3 846,4 5,07<br />

B4 1 3372,7 1055,2 3,20<br />

B4 2 11807,1 1061,6 11,12<br />

B4 3 13178,9 1069,8 12,32<br />

B4 4 19260,1 1111,9 17,32


90 Anhang A. Analyse von Verdrängungssituationen in topographischen Karten<br />

Für eine quantitative Bestimmung von Verdrängungsgebieten konnte die Flächenberechnungsfunktion<br />

aus AutoCAD verwendet werden. Dazu erfolgte eine Abtastung der durch ein Linienobjekt<br />

im Grundmaßstab (1:10 000) und im jeweils betrachteten Folgemaßstab eingeschlossenen<br />

Fläche. Bezieht man die Flächeninhalte F auf den Flächenumfang U, so ergibt sich ein<br />

Maß für den Grad der Verdrängung V = F/U (z.B. Bahnobjekte, siehe Tabellen A-1,2,3). Der<br />

Flächenumfang wird dabei im wesentlichen durch die Länge des digitalisierten Liniensegmentes<br />

bestimmt.<br />

Verschiedene Faktoren beeinflussen die Genauigkeit der Digitalisierung. Neben der Auflösung des<br />

Digitalisiertablettes sind hier der Papierverzug der topographischen Karte sowie die zufälligen<br />

Fehler während der Digitalisierung maßgebend. Die Fehlerabschätzung erfolgte experimentell<br />

durch jeweils dreifache Digitalisierung eines Objektes jeder Gruppe in allen vier Maßstäben<br />

(siehe Tabellen A-4,5,6,7). Anschließend wurde analog zur oben beschriebenen Bestimmung<br />

der Verdrängungsgebiete mit Hilfe der Flächenberechnungsfunktion die Differenzfläche zweier<br />

Digitalisierungen eines Maßstabes bestimmt und durch den Umfang geteilt. Der Vergleich mit<br />

den Verdrängungswerten zeigt, daß der Digitalisierfehler im Bereich zwischen 30% und 50% liegt<br />

und deutet darauf hin, wie schwierig es ist, diese kleinen Größen korrekt zu messen.<br />

Tabelle A-4: Fehlerabschätzung für Bahnobjekte<br />

aus TK10 in Meter (Naturmaß)<br />

Seg V (L 1 , L 2 ) V (L 1 , L 3 ) V (L 2 , L 3 )<br />

1 0,67 0,55 0,24<br />

2 0,34 0,48 0,46<br />

3 0,45 0,40 0,41<br />

4 0,69 0,50 0,29<br />

5 0,21 0,12 0,06<br />

6 0,21 0,31 0,13<br />

7 0,47 0,18 0,43<br />

8 0,50 0,12 0,52<br />

9 0,57 0,17 0,67<br />

Ø 1 0,46 0,31 0,35<br />

Tabelle A-5: Fehlerabschätzung für Bahnobjekte<br />

aus TK25 in Meter (Naturmaß)<br />

Seg V (L 1 , L 2 ) V (L 1 , L 3 ) V (L 2 , L 3 )<br />

1 0,56 0,47 0,54<br />

2 0,87 1,89 1,00<br />

3 0,58 1,78 1,75<br />

4 0,73 0,89 1,11<br />

5 1,23 0,69 1,16<br />

6 0,97 0,86 0,47<br />

7 0,90 0,82 0,45<br />

8 1,03 0,64 0,37<br />

9 1,25 1,87 0,95<br />

Ø 0,90 1,10 0,87<br />

Tabelle A-6: Fehlerabschätzung für Bahnobjekte<br />

aus TK50 in Meter (Naturmaß)<br />

Seg V (L 1, L 2) V (L 1, L 3) V (L 2, L 3)<br />

1 1,84 0,85 2,33<br />

2 1,00 0,69 1,83<br />

3 2,00 1,44 2,81<br />

4 0,99 1,44 1,42<br />

5 2,87 1,19 2,11<br />

6 0,64 1,57 1,13<br />

7 2,07 1,97 2,07<br />

8 1,52 1,88 1,98<br />

9 2,43 4,02 2,89<br />

Ø 1,71 1,67 2,06<br />

Tabelle A-7: Fehlerabschätzung für Bahnobjekte<br />

aus TK100 in Meter (Naturmaß)<br />

Seg V (L 1, L 2) V (L 1, L 3) V (L 2, L 3)<br />

1 3,09 4,24 1,88<br />

2 3,36 3,02 3,67<br />

3 4,50 1,67 4,07<br />

4 4,40 6,44 4,67<br />

5 6,19 6,84 3,35<br />

6 1,18 4,09 2,65<br />

7 5,56 4,43 1,58<br />

8 5,94 5,16 4,38<br />

9 5,03 7,10 1,94<br />

Ø 4,36 4,78 3,13<br />

1 Mittelwert


91<br />

Die Verdrängungswerte für Gewässer-, Straßen- und Bahnobjekte sind nach Maßstäben getrennt<br />

in Tabelle A-8 aufgeführt. Ein Vergleich mit Abbildung A-2 zeigt, daß sich die Verdrängungsgebiete<br />

gut in den Meßwerten wiederspiegeln; siehe Tab. A-8 (z.B. Verdrängung der Eisenbahn im<br />

Maßstab 1:100 000 für den Bereich des Elbebogens zwischen Königstein und Bad Schandau, verifiziert<br />

duch die Verdrängungswerte V 100 der Segmente B1-3 bis B1-5). Ebenso ist der wachsende<br />

Verdrängungsbedarf bei kleiner werdenden Maßstäben für alle drei Objektgruppen nachweisbar.<br />

Einschränkend ist anzumerken, daß Lageänderungen nicht ausschließlich dem Elementarvorgang<br />

der Verdrängung zugeordnet werden können, sondern z.B. auch infolge von Linienvereinfachungen<br />

(Glättung) auftreten.<br />

Abbildung A-2: Digitalisierte Kartenobjekte in verschiedenen<br />

Maßstäben<br />

Für die im Beispiel digitalisierten Linien<br />

kann weiterhin festgestellt werden,<br />

daß Bahn- und Straßenobjekte weniger<br />

stark verdrängt werden als Gewässer.<br />

Eine mögliche Begründung ist, daß bei<br />

der Ableitung analoger Karten mit der<br />

Generalisierung des Grundrißlayers begonnen<br />

wurde, der alle schwarzen Kartenobjekte<br />

enthält. Dabei kann davon<br />

ausgegangen werden, daß die Lage der<br />

Ortschaften den Straßen- und Eisenbahnverlauf<br />

im wesentlichen festgelegt<br />

hat. Anschließend erfolgt die Plazierung<br />

und Verdrängung weiterer Kartenobjekte<br />

(Hydrographie, Vegetation<br />

etc.) in Bereiche geringerer Kartenbelastung.<br />

Ein Beispiel ist die Ausnutzung<br />

der unverbauten Flußmäander bei der<br />

Darstellung der Gewässer.<br />

Zusammenfassend ist festzustellen,<br />

daß für verallgemeinernde Aussagen<br />

entsprechende statistische Untersuchungen<br />

in größerem Umfang durchzuführen<br />

sind. Erleichtert werden diese<br />

in Zukunft durch die zunehmende<br />

Verfügbarkeit digitaler Daten. Hier<br />

wurde zunächst der experimentelle<br />

Ablauf zur vorgestellten Methode des<br />

Reverse Engineering dargestellt (siehe<br />

Abschnitt 2.2.2).<br />

Außerdem zeigt sich die Eignung der verwendeten Größen zur Bestimmung der Lage- und<br />

Formänderungen von Linienobjekten. Dabei ist nicht in jedem Fall eine Unterscheidung vorangegangener<br />

Verdrängungs- oder Vereinfachungsoperationen möglich, sondern teilweise eine<br />

Vermischung der Elementarvorgänge sichtbar.


92 Anhang A. Analyse von Verdrängungssituationen in topographischen Karten<br />

Tabelle A-8: Verdrängungsanalyse für Gewässer-, Straßen- und Bahnobjekte der TK25, TK50 und<br />

TK100 (bezogen auf TK10); alle Angaben in Meter (Naturmaß)<br />

Obj Seg V 25 V 50 V 100<br />

G1 1 2,92 6,52 22,36<br />

G1 2 3,80 5,97 22,62<br />

G1 3 4,49 3,16 25,52<br />

G1 4 3,81 8,38 30,84<br />

G1 5 4,49 10,10 34,62<br />

G1 6 2,65 6,66 32,46<br />

G1 7 1,40 6,20 22,89<br />

G1 8 2,38 5,48 12,26<br />

G1 9 1,88 4,46 10,51<br />

G1 10 1,24 7,09 14,86<br />

G1 11 1,58 10,71 23,44<br />

G1 12 3,28 9,24 11,33<br />

G1 13 2,01 2,80 33,43<br />

G1 14 0,58 6,52 43,03<br />

G1 15 0,57 7,00 33,69<br />

G1 16 0,71 7,74 19,27<br />

G2 1 1,67 4,15 8,50<br />

G2 2 4,02 4,23 22,29<br />

G2 3 3,17 1,99 26,94<br />

G2 4 3,38 1,93 30,05<br />

G2 5 4,25 4,56 33,44<br />

G2 6 2,11 9,73 31,08<br />

G2 7 1,19 4,04 17,30<br />

G2 8 1,95 5,64 13,51<br />

G2 9 2,70 5,57 29,33<br />

G2 10 1,16 6,93 35,14<br />

G2 11 1,72 4,84 13,66<br />

G2 12 0,62 3,25 3,77<br />

G3 1 2,13 9,67 10,31<br />

G3 2 3,02 9,17 38,71<br />

G3 3 2,25 22,33 44,94<br />

G3 4 1,74 18,96 36,35<br />

G3 5 0,81 5,42 28,37<br />

G3 6 1,02 10,15 22,37<br />

G3 7 2,08 16,58 37,72<br />

G4 1 1,39 2,60 6,71<br />

G4 2 1,26 4,52 7,04<br />

G4 3 2,72 6,07 4,69<br />

G5 1 2,10 3,34 14,55<br />

G5 2 0,97 4,36 15,95<br />

G5 3 2,71 8,11 8,98<br />

G5 4 1,40 5,56 11,60<br />

G5 5 1,55 6,54 30,84<br />

G5 6 1,61 5,91 9,37<br />

G6 1 1,77 6,66 19,04<br />

G6 2 3,59 4,88 14,19<br />

G6 3 2,10 5,42 31,60<br />

Obj Seg V 25 V 50 V 100<br />

S1 1 1,43 8,32 16,50<br />

S1 2 1,84 6,74 18,39<br />

S1 3 1,26 5,57 17,06<br />

S1 4 1,99 8,23 20,97<br />

S1 5 2,04 9,82 18,35<br />

S1 6 0,83 8,07 11,58<br />

S1 7 0,99 4,24 14,56<br />

S1 8 1,51 8,03 16,37<br />

S1 9 3,81 10,62 37,24<br />

S2 1 4,28 10,04 30,90<br />

S2 2 6,77 10,85 25,13<br />

S2 3 9,83 5,35 25,75<br />

S2 4 5,33 5,55 15,07<br />

S2 5 4,41 8,97 9,38<br />

S2 6 2,83 8,56 9,15<br />

S2 7 2,48 7,25 14,96<br />

S2 8 3,17 11,85 15,31<br />

S2 9 4,27 2,80 18,75<br />

S2 10 3,60 2,56 13,76<br />

S2 11 1,94 1,59 18,96<br />

S2 12 1,13 2,06 14,04<br />

S2 13 1,12 2,06 7,92<br />

S3 1 4,02 3,63 20,70<br />

S3 2 2,62 9,22 20,80<br />

S3 3 1,11 11,15 20,16<br />

S3 4 3,72 16,04 24,01<br />

S3 5 0,79 2,81 8,67<br />

S3 6 2,19 2,76 5,61<br />

S3 7 3,08 6,70 9,50<br />

S4 1 2,94 8,47 8,23<br />

S4 2 1,86 7,20 10,13<br />

S4 3 1,86 8,57 5,39<br />

S4 4 0,99 12,34 5,40<br />

S4 5 2,63 13.03 7,45<br />

S4 6 3,24 11,65 12,62<br />

S4 7 3,75 5,37 12,83<br />

S4 8 4,52 2,71 19,42<br />

S4 9 3,93 4,99 19,55<br />

S4 10 3,22 4,35 15,37<br />

S5 1 1,71 3,01 10,93<br />

S5 2 1,61 4,90 7,15<br />

S5 3 3,51 2,90 14,26<br />

S5 4 3,23 5,85 9,61<br />

S5 5 1,98 4,90 16,41<br />

S5 6 1,58 5,79 9,13<br />

S5 7 1,80 10,63 4,60<br />

Obj Seg V 25 V 50 V 100<br />

B1 1 5,98 2,32 14,33<br />

B1 2 5,65 4,19 14,78<br />

B1 3 5,81 6,24 27,06<br />

B1 4 5,70 6,43 31,63<br />

B1 5 3,22 3,81 22,87<br />

B1 6 2,91 5,29 15,64<br />

B1 7 2,88 7,45 13,11<br />

B1 8 1,60 4,06 7,75<br />

B1 9 1,13 2,13 2,28<br />

B1 10 1,25 1,75 9,91<br />

B2 1 1,20 7,38 10,95<br />

B2 2 1,08 10,08 4,46<br />

B2 3 1,70 10,13 6,95<br />

B3 1 1,87 2,63 7,81<br />

B3 2 2,71 4,73 5,07<br />

B4 1 1,66 2,87 3,20<br />

B4 2 4,54 2,81 11,12<br />

B4 3 2,77 2,78 12,32<br />

B4 4 3,34 1,19 17,32<br />

Ø 3,0 4,6 12,6<br />

Obj Seg V 25 V 50 V 100<br />

S6 1 2,14 2,34 7,45<br />

S6 2 0,90 7,14 8,73<br />

S6 3 2,56 2,91 14,96<br />

S7 1 1,75 8,87 6,08<br />

S7 2 2,75 9,57 9,99


93<br />

Anhang B<br />

Herleitung des Abstandes a i in Formel (3.2-4)<br />

Ausgangspunkt der Herleitung ist die Abstandsberechnung für die Punkte P 0 bzw. P i .<br />

P<br />

j +1<br />

d i , j+1<br />

a 2 i = (x 0 − x i ) 2 + (y 0 − y i ) 2<br />

P 0 wandert entlang der Strecke P j P j+1<br />

:<br />

(B.1)<br />

P<br />

d j , j+1<br />

P<br />

0<br />

j<br />

a<br />

i<br />

d i , j<br />

Einsetzen von (B.2) in (B.1) führt zu<br />

P<br />

i<br />

x 0 = x j + ∆x · t , y 0 = y j + ∆y · t , (B.2)<br />

wobei gilt<br />

∆x = x j+1 − x j , ∆y = y j+1 − y j . (B.3)<br />

a 2 i = (x j − x i + ∆x · t) 2 + (y j − y i + ∆y · t) 2 (B.4)<br />

= (x j − x i ) 2 + (∆x · t) 2 + 2(x j − x i )(∆x · t) + (B.5)<br />

(y j − y i ) 2 + (∆y · t) 2 + 2(y j − y i )(∆y · t) (B.6)<br />

= d 2 ij + d 2 jj+1t 2 + 2t [(x j − x i )∆x + (y j − y i )∆y] . (B.7)<br />

Mit der Randbedingung für t = 1 und a i = d ij+1 in Formel (B.7) folgt<br />

d 2 ij+1 = d 2 ij + d 2 jj+1 + 2 [(x j − x i )∆x + (y j − y i )∆y] . (B.8)<br />

Ersetzen der eckigen Klammer durch Substitution von (B.8) in (B.7) führt zur gesuchten Gleichung.


94 Anhang C. Rekursive Herleitung der Koordinatenfunktion B 2,j (t)<br />

Anhang C<br />

Rekursive Herleitung der Koordinatenfunktion B 2,j (t)<br />

1. Nach Schwetlick (1991 ) ist die explizite Darstellung des B-Splines vom Grad 1<br />

B 1,j (t) =<br />

⎧<br />

⎪⎨<br />

⎪⎩<br />

t−t j<br />

t j+1 −t j<br />

für t j ≤ t < t j+1<br />

t j+2 −t<br />

t j+2 −t j+1<br />

für t j+1 ≤ t < t j+2<br />

0 sonst<br />

2. Rekursive Herleitung von B 2,j (t) ist nach<br />

. (C.1)<br />

B k,j (t) = w k−1,j (t)B k−1,j (t) + [1 − w k−1,j+1 (t)]B k−1,j+1 (t)<br />

(C.2)<br />

mit w k−1,j (t) =<br />

⎧<br />

⎨<br />

⎩<br />

t−t j<br />

t j+k −t j<br />

für t j+k > t j<br />

0 für t j+k = t j<br />

möglich.<br />

3. Die Ableitung von B ′ 2,j (t) ergibt sich direkt aus B 1,j(t) nach<br />

d<br />

dt B k,j(t) =<br />

k<br />

t j+k − t j<br />

B k−1,j (t) −<br />

k<br />

t j+k+1 − t j+1<br />

B k−1,j+1 (t) . (C.3)


95<br />

Anhang D<br />

Vergrößerung und Verkleinerung von Flächen<br />

Die vorgestellte Routine berechnet für Flächenobjekte die Lagekoordinaten des Umrandungspolygons<br />

nach Dehnung oder Stauchung. Dazu werden jeweils drei aufeinanderfolgende Punkte<br />

(x 0 , y 0 ; x 1 , y 1 ; x 2 , y 2 ) der zu verändernden Fläche (in mathematischem Richtungssinn) und der<br />

Betrag v, um den verkleinert oder vergrößert werden soll, übergeben. Als Ergebnis erhält man<br />

die neuen Koordinaten des mittleren Punktes (x g , y g ).<br />

In der Routine wird ein kartesisches Koordinatensystem bestimmt, dessen Ursprung im übergebenen<br />

Punkt (x 1 , y 1 ) liegt und dessen x-Achse durch den gesuchten Punkt (x g , y g ) geht. Im<br />

Einzelnen werden folgende Berechnungen durchgeführt :<br />

• Der Koordinatenursprung wird in den Punkt (x 1 , y 1 ) verschoben (Index t : Translation) :<br />

(x 0 , y 0 ; x 1 , y 1 ; x 2 , y 2 ) −→ (x t 0 , yt 0 ; 0.0, 0.0; xt 2 , yt 2 ).<br />

• Anschließend wird die x-Achse so gedreht, daß sie durch den Punkt (x t 0 , yt 0 ) geht. Die<br />

Berechnung des Drehwinkels α zwischen dem Vektor (x t 0 , yt 0 ) und der x-Achse (1.0, 0.0)<br />

erfolgt mittels Skalarprodukt.<br />

• Zur Bestimmung des Drehsinns wird getestet, ob (x t 0 , yt 0 ) im 1. oder 2. Quadranten liegt<br />

(positiver Drehsinn). Ansonsten wird die Drehung um α in negativer Richtung ausgeführt<br />

(x t 0 , yt 0 ; 0.0, 0.0; xt 2 , yt 2 ) −→ (xtd 0 , ytd 0 ; 0.0, 0.0; xtd 2 , ytd 2 ).<br />

• Die folgende Rotation dreht die x td -Achse in den gesuchten Punkt (x g , y g ). Zunächst wird<br />

mittels Skalarprodukt der Winkel β ′ zwischen (x td<br />

0 , ytd 0 ) und (xtd 2 , ytd 2 ) berechnet. Liegt<br />

(x td<br />

2 , ytd 2 ) im 3. oder 4. Quadranten ergibt sich der Drehwinkel β nach β = (360◦ − β ′ )/2,<br />

ansonsten ist β = β ′ /2. Die Drehung erfolgt im mathematisch positiven Drehsinn.<br />

) hat im verschobenen, zweimal gedrehten Koordinaten-<br />

• Der gesuchte Punkte (x tdd<br />

g , yg<br />

tdd<br />

system die folgenden Koordinaten :<br />

x tdd<br />

g = v p ; y tdd<br />

g = 0.0 .<br />

• Die Größe von v p läßt sich am einfachsten im verschobenen, einmal gedrehten Koordinatensystem<br />

bestimmen. Hierzu wird der Vektor (0, v) auf die x td -Achse projiziert.<br />

• Die Rücktransformation von (x tdd<br />

g , yg<br />

tdd ) liefert (x g , y g ). Dafür wird zunächst das Koordinatensystem<br />

um β zurückgedreht : (x tdd<br />

g , yg<br />

tdd ) −→ (x td<br />

g , yg td ). Anschließend wird die Drehung<br />

um α rückgängig gemacht : (x td<br />

g , yg td ) −→ (x t g, yg). t Dabei ist der Drehsinn der Hintransformation<br />

zu beachten. Am Ende liefert die Translation von (x t g, yg) t −→ (x g , y g ) den<br />

gesuchten Punkt.<br />

Diese Routine ist auf alle Umrandungspunkte der zu vergrößernden oder zu verkleinernden<br />

Flächen anzuwenden. Dehnung und Stauchung unterscheiden sich dabei nur durch die Reihenfolge,<br />

in der Vorgänger und Nachfolger übergeben werden.


Dank<br />

Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit am Institut für Planetare Geodäsie<br />

der Technischen Universität Dresden. Allen meinen Kollegen danke ich für ihre rege Anteilnahme<br />

und Unterstützung bei der Bearbeitung des Themas.<br />

Mein besonderer Dank gilt Prof. Siegfried Meier, der mir eine kontinuierliche Bearbeitung des<br />

Themas ermöglichte und mich jederzeit in wissenschaftlichen Diskussionen mit wesentlichen<br />

Anregungen und Hinweisen unterstützt hat.

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