Phys. Dirk Burghardt
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1<br />
Automatisierung der kartographischen Verdrängung<br />
mittels Energieminimierung<br />
Der Fakultät für Forst-, Geo- und Hydrowissenschaften<br />
der Technischen Universität Dresden<br />
zur Erlangung des akademischen Grades<br />
Doktor-Ingenieur (Dr.-Ing.)<br />
vorgelegte Dissertation<br />
von<br />
Dipl.-<strong>Phys</strong>. <strong>Dirk</strong> <strong>Burghardt</strong><br />
aus Dresden
2<br />
Für Cornelia & Annabella<br />
Tag der Einreichung: 19. 05. 2000<br />
Tag der Verteidigung: 07. 12. 2000<br />
Gutachter: Prof. Dr. S. Meier (TU Dresden)<br />
Prof. Dr. R. Weibel (Universität Zürich-Irchel)<br />
Dr. G. Zeppenfeld (vormals Maptech AG Horw-Luzern)
3<br />
Zusammenfassung<br />
Mit Hilfe hochqualifizierter Graphik-Software ist es möglich geworden, topographische Karten<br />
aus digitalen Daten rechnergestützt herzustellen. Allerdings weisen die Rohausdrucke zufolge der<br />
per Konvention vorgegebenen Signaturgröße diverse graphische Konflikte auf, die gegenwärtig<br />
noch manuell recht aufwendig beseitigt werden müssen. Die Nacharbeiten beanspruchen den<br />
größten Anteil am Gesamtaufwand. Eine Automatisierung der verschiedenen Generalisierungsoperationen<br />
ist wünschenswert und sollte bei heutigen Stand der Informationstechnologie auch<br />
möglich sein.<br />
Für die automatisierte kartographische Verdrängung von Vektordaten kann eine Bearbeitung<br />
von Punkt-, Linien- und Flächenobjekten unterschieden werden. Zentrale Stellung nimmt die Beschreibung<br />
der Linienobjekte ein, da das menschliche Auge hier besonders empfindlich gegenüber<br />
Formänderungen infolge Verdrängung ist. Splines sind ein in vielen Anwendungen verbreitetes<br />
Modell zur Beschreibung von Linien. Speziell die energieminimierenden Splines (Snakes)<br />
berücksichtigen Verformungen unter Einwirkung äußerer Kräfte. Bei geeigneter Wahl der inneren<br />
Energie kann einer Gestaltsänderung infolge notwendiger Verdrängungen entgegengewirkt<br />
werden. Die innere Energie erfaßt Längen- und Krümmungsänderungen des Splines bezüglich<br />
des ursprünglichen Zustandes, die sich in Änderungen der approximierten ersten und zweiten<br />
Ableitung der Linie nach der Bogenlänge zeigen. In der kartographischen Verdrängung müssen<br />
Mindestabstände zwischen benachbarten Kartenobjekten eingehalten werden. Die äußere Energie<br />
wird verwendet, um die Ursache der Verdrängung zu beschreiben.<br />
Die Methode der Energieminimierung ermöglicht die sonderfallunabhängige Lösung vorgestellter<br />
Aspekte der Konfliktbeseitigung bei gleichzeitiger Formerhaltung als Optimierungsaufgabe. Die<br />
Variation des sich aus innerer und äußerer Energie zusammensetzenden Energie-Integrals liefert<br />
als äquivalente Formulierung die Euler-Gleichungen. Für die numerische Lösung werden diese<br />
diskretisiert und iterativ durch Anwendung der Cholesky-Zerlegung gelöst. Die Parametrisierung<br />
der energieminimierenden Splines mittels Tangentenwinkelfunktion (Tafus) liefert anstelle<br />
von zwei Euler-Gleichungen 4. Ordnung eine Gleichung 2. Ordnung. Die Vereinfachung des<br />
Gleichungssystems erfordert allerdings zusätzliche Berechnungen für die Transformationen der<br />
resultierenden Richtungsänderungen in kartesische Koordinaten. Der Nachweis der angestrebten<br />
Konvergenzbeschleunigung steht noch aus. Eine alternative Methode zur Energieminimierung<br />
mittels Variationsverfahren ist der Greedy-Algorithmus. Dieser minimiert bei der Verdrängung<br />
von Linienobjekten die Energie jeder einzelnen Stützstelle durch kleine Verschiebungen. Im<br />
Gegensatz zum Variationsverfahren ist die Wirkungsweise daher eher lokal. Vorteilhafte Anwendungen<br />
ergeben sich in der Verdrängung von Gebäudegrundrissen oder in der Plazierung von<br />
Schriftboxen.<br />
Die Integration des vorgestellten Verdrängungsansatzes in ein kartographisches Produktionssystem<br />
liefert den Nachweis der praktischen Anwendbarkeit. Die Zusammenarbeit mit einem<br />
Praxispartner erschließt zusätzliche Anwendungsfelder; z.B. wurde die automatisierte Randbearbeitung<br />
zur Ableitung topographischer Karten aus blattschnittfreien Daten entwickelt. Der<br />
Umfang an wissenschaftlicher Forschung für die Entwicklung neuer Produkte wird entsprechend<br />
der gemachten Erfahrung mit 30 bis 50 Prozent des Gesamtaufwandes veranschlagt.
4<br />
Abstract<br />
With the help of highly advanced cartographic software programs it is possible to produce<br />
topographic maps from digital data. In some cases, however, there exist graphical conflicts,<br />
because symbol widths require more space than their real-size equivalents. Generalization of<br />
such objects by manual editing is rather time-consuming. Therefore, automation of generalization<br />
operations is desirable and should be possible in the age of information technology.<br />
Automated cartographic displacement of vector data distinguishes between point, line and area<br />
objects subject to processing. Modeling of line objects assumes a central position, because the<br />
human eye is extremely sensitive to shape alterations caused by displacement. In many applications<br />
splines are well-known tool for describing lines. It is especially the energy-minimizing<br />
spline also called snakes model shape deformation as a result of external forces. The internal<br />
energy is used to maintain the line shape which has been displaced due to conflicts. First and<br />
second derivatives of the line coordinates with respect to the arc length are used as quality<br />
measures. In cartographic displacement a minimal distance between adjacent objects should be<br />
maintained. The external energy is used to describe the conflict situation if objects are too close<br />
to each other.<br />
To solve the graphic conflicts while maintaining the shape of the objects, the method of energy<br />
minimization is employed. Minimizing the energy functional of internal and external energy<br />
leads to two independent Euler equations. These are discretized by means of finite differences.<br />
The equations can be solved iteratively using the Cholesky factorization. Parametrization of the<br />
energy-minimizing splines by means of the tangent angle function (tafus) replaces the two eulerian<br />
equations of the 4 th order with one equation of the 2 nd order. Simplification of the equation<br />
system requires an additional amount of calculation for transforming the resulting changes of<br />
line direction to attain cartesian coordinates. Verification of a desirably faster convergence has<br />
yet to be achieved. The Greedy Algorithm is an alternative procedure to accomplish energy<br />
minimization using the Variational Calculus. With the aid of this algorithm the energy of each<br />
individual support point is minimized by way of minor displacements. As opposed to the Variational<br />
Calculus the effects are more local. Therefore, the Greedy Algorithm is advantageous<br />
used for the displacement of buildings or for the positioning of label boxes.<br />
The integration of this displacement approach in a cartographic program provides evidence of<br />
the fact that it can be used in practical applications. Cooperation with a software producer<br />
will help to find additional fields of application, a case in point being the automated map edge<br />
work which allows displacement and suppression of text and symbols at the map boundaries.<br />
Experience has shown that the research effort required for developing new software tools is<br />
estimated to amount to between 30 and 50 percent of the total effort.
Inhaltsverzeichnis 5<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Verzeichnis der Tabellen 7<br />
Verzeichnis der Abbildungen 7<br />
1 Einleitung 9<br />
1.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />
1.2 Übersicht der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />
2 Theoretische und praktische Grundlagen 13<br />
2.1 Grundlagen der Generalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />
2.1.1 Begriffsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />
2.1.2 Qualität der Kartendarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />
2.1.3 Generalisierungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />
2.1.4 Elementare Generalisierungsvorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />
2.2 Grundlagen der automatisierten Generalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />
2.2.1 Modellierung von Geometrie, Topologie und Semantik . . . . . . . . . . . 18<br />
2.2.2 Wissensakquisition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />
2.2.3 Wissensbasierte Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />
2.3 Bisherige Verdrängungslösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />
2.3.1 Geometrische Ansätze für Vektordaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />
2.3.2 Konfliktmodellierung mittels Rasterdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />
2.3.3 Verdrängung als Optimierungsproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />
3 Verdrängung von Linienobjekten 31<br />
3.1 Splines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />
3.1.1 Interpolierende und approximierende Splines . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />
3.1.2 Energieminimierende Splines (Snakes) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />
3.2 Linienverdrängung mit Snakes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />
3.2.1 Prinzip der Energieminimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />
3.2.2 Innere und äußere Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34<br />
3.2.3 Variationsverfahren und Eulergleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />
3.2.4 Tangent Angle Function Snakes (TAFUS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />
3.3 Diskretisierung und numerische Realisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />
3.3.1 Finite Differenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />
3.3.2 Finite Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />
3.3.3 Numerische Stabilität, Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />
3.3.4 Alternatives Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43<br />
4 Verdrängung von Punkt- und Flächenobjekten 47<br />
4.1 Verdrängung von Punktobjekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47<br />
4.1.1 MkQ und Simplexverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47<br />
4.1.2 Energieminimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49<br />
4.2 Verdrängung von Flächenobjekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50<br />
4.2.1 Verdrängung von Flächenobjekten mit festem Rand . . . . . . . . . . . . 50<br />
4.2.2 Verdrängung von Flächenobjekten mit beweglichem Rand . . . . . . . . . 52
6 Inhaltsverzeichnis<br />
5 Praktische Anwendungen 54<br />
5.1 Amtliches Topographisch-Kartographisches Informationssystem (ATKIS) . . . . . 54<br />
5.1.1 Datenmodelle und -strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54<br />
5.1.2 Maßstabsabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56<br />
5.1.3 Verdrängungsbeispiel mit ATKIS-Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57<br />
5.1.4 Behandlung von Kreuzungen und Einmündungen . . . . . . . . . . . . . . 61<br />
5.2 Automatisierte Verdrängung im Maptech-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61<br />
5.2.1 Einordnung im Programmsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61<br />
5.2.2 Parameter zur Steuerung der Verdrängung . . . . . . . . . . . . . . . . . 62<br />
5.2.3 Ergebnisse und Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64<br />
5.2.4 Automatisierte Randbearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70<br />
6 Zusammenfassung und Ausblick 78<br />
Literatur 81<br />
Anhang 88<br />
A Analyse von Verdrängungssituationen in topographischen Karten 88<br />
B Herleitung des Abstandes a i in Formel (3.2-4) 93<br />
C Rekursive Herleitung der Koordinatenfunktion B 2,j (t) 94<br />
D Vergrößerung und Verkleinerung von Flächen 95
Verzeichnis der Tabellen 7<br />
Verzeichnis der Tabellen<br />
2.1-1 Genauigkeitsmaße für Objekte in der Ebene (nach Bethge, 1997) . . . . . . . . . 15<br />
2.2-1 Arten geographischer Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />
2.2-2 Anwendung der Graphentheorie in der Generalisierung . . . . . . . . . . . . . . . 21<br />
2.2-3 Vergleich möglicher Datenbanktypen (nach Weisgerber, 1998) . . . . . . . . . . 23<br />
2.2-4 Verschiedene Arten von kartographischem Wissen (nach Uthe, 1996) . . . . . . 23<br />
5.1-1 Platzbedarf von Straßen in Karten verschiedener Maßstäbe . . . . . . . . . . . . 57<br />
5.1-2 Anteil dargestellter Gebäude . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57<br />
5.1-3 Parameter und Steuergrößen für Beispiel Garbsen (siehe Abbildungen 5.1-3, 5.1-4) 58<br />
A-1 Verdrängungsanalyse für Bahnobjekte der TK25 (bezogen auf TK10) . . . . . . . 89<br />
A-2 Verdrängungsanalyse für Bahnobjekte der TK50 (bezogen auf TK10) . . . . . . . 89<br />
A-3 Verdrängungsanalyse für Bahnobjekte der TK100 (bezogen auf TK10) . . . . . . 89<br />
A-4 Fehlerabschätzung für Bahnobjekte aus TK10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90<br />
A-5 Fehlerabschätzung für Bahnobjekte aus TK25 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90<br />
A-6 Fehlerabschätzung für Bahnobjekte aus TK50 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90<br />
A-7 Fehlerabschätzung für Bahnobjekte aus TK100 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90<br />
A-8 Verdrängungsanalyse für Gewässer-, Straßen- und Bahnobjekte der TK25, TK50<br />
und TK100 (bezogen auf TK10) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92<br />
Verzeichnis der Abbildungen<br />
2.1-1 Erzeugung und Interpretation kartographischer Informationen auf verschiedenen<br />
Abstraktionsebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15<br />
2.1-2 Genauigkeitsmaße zur Steuerung von Parametern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />
2.1-3 Arten der Generalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />
2.1-4 Elementarvorgänge der Generalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />
2.2-1 Beispiel für die explizite Speicherung topologischer Informationen . . . . . . . . . 20<br />
2.2-2 Relation nach Euler-Poincare zur Konsistenzprüfung in planaren Graphen . . 21<br />
2.2-3 Detektion topologischer Konflikte mittels Triangulation . . . . . . . . . . . . . . 22<br />
2.2-4 Prozeß der Wissensakquisition mit direkten, indirekten und automatischen Verfahren 24<br />
2.2-5 Grundlegender Aufbau eines wissensbasierten Systems . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />
2.3-1 Verdrängung einer Höhenlinie durch eine Straße (nach Töpfer, 1974) . . . . . . 28<br />
2.3-2 Verdrängungsgebirge (nach Jäger, 1990) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />
2.3-3 Federkraftmodell (nach Bobrich, 1996) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />
3.2-1 Analogie zwischen Konturerkennung und Linienverdrängung . . . . . . . . . . . . 33<br />
3.2-2 Schema zur Linienverdrängung mittels Energieminimierung . . . . . . . . . . . . 34<br />
3.2-3 Beispiel zur Bestimmung des Verdrängungspotentials (im Punkt P i der Linie L I<br />
bezüglich der Linie L J ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35<br />
3.2-4 Beispiel eines erzeugenden Verdrängungsgebirges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />
3.3-1 Berechnung der externen Energie für TAFUS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />
3.3-2 Lineare und quadratische B-Splines zuzüglich erster und zweiter Ableitung . . . . 41<br />
3.3-3 Konditionszahl als Funktion der Dimension n und für feste α = β = γ = 1 . . . . 43<br />
3.3-4 Schema zur Verdrängung mit dem Greedy-Algorithmus . . . . . . . . . . . . . . . 44<br />
3.3-5 Beispiel zur Verdrängung mit Variationsverfahren und Greedy-Algorithmus . . . . 45<br />
3.3-6 Vergleich der Verschiebungsbeträge δv über der Bogenlänge s . . . . . . . . . . . 46<br />
4.1-1 Hardcore-Abstand P i P k . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
8 Verzeichnis der Abbildungen<br />
4.1-2 Punktverdrängung mit Hilfe von linearer und quadratischer Optimierung . . . . 48<br />
4.1-3 Nachbarschaftsrelationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49<br />
4.1-4 Punktverdrängung mittels Energieminimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50<br />
4.2-1 Verdrängung von Flächen mit festem Rand mittels Greedy-Algorithmus . . . . . . 51<br />
4.2-2 Gebäudeverdrängung mittels Greedy-Algorithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . 52<br />
5.1-1 ATKIS - Datenmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54<br />
5.1-2 Signaturbreite lt. Musterblatt und natürliche Breite im Kartenmaß als Funktion<br />
der Maßstabszahl und des Maßstabes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56<br />
5.1-3 Ablauf der Linienverdrängung mittels Variationsverfahren . . . . . . . . . . . . . 59<br />
5.1-4 Beispiel zur Linienverdrängung mittels Variationsverfahren . . . . . . . . . . . . 60<br />
5.2-1 Benutzer-Menü für verschiedene Generalisierungsfunktionen . . . . . . . . . . . . 63<br />
5.2-2 Objektabhängige Parameter für Linien- und Flächenverdrängung . . . . . . . . . 63<br />
5.2-3 Beispiel zur Generalisierung von Linienobjekten, Maßstab 1:250 000 . . . . . . . . 65<br />
5.2-4 Joblisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66<br />
5.2-5 Beispiel zur Gebäudeverdrängung, Maßstab 1:10 000 . . . . . . . . . . . . . . . . . 67<br />
5.2-6 Beispiel zur Generalisierung von Linien- und Flächenobjekten, Maßstab 1:25 000 . 68<br />
5.2-7 Flächenrandobjekt für die automatisierte Randbearbeitung . . . . . . . . . . . . 71<br />
5.2-8 Objektspezifische Parameter bei der Randbearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . 71<br />
5.2-9 Benutzer-Menü für die automatisierte Randbearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . 73<br />
5.2-10 Beispiel zur Randbearbeitung eines Stadtplanes, Maßstab 1:15 000 . . . . . . . . . 75<br />
5.2-11 Beispiel zur Randbearbeitung einer Übersichtskarte, Maßstab 1:250 000 . . . . . . 76<br />
5.2-12 Vergleich von manueller und automatisierten Randbearbeitung, Maßstab 1:250 000 77<br />
A-1 Fläche zwischen einem Linienobjekt im Grundmaßstab und im Folgemaßstab als<br />
Verdrängungsmaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88<br />
A-2 Digitalisierte Kartenobjekte in verschiedenen Maßstäben . . . . . . . . . . . . . . 91
9<br />
1 Einleitung<br />
1.1 Motivation<br />
Die Forderung nach aktuellen Karten, kostengünstiger Herstellung und Fortführung sowie der<br />
Wunsch, Geoinformationen zu visualisieren, sind Gründe für den Übergang von der klassischen<br />
(analogen) Kartographie zur Digitalkartographie. Dieser Wandel vollzieht sich sowohl in der Herstellung<br />
als auch in der Kartenpräsentation mit der Erschließung neuer Anwendungsfelder. Der<br />
Begriff Karte kann heute weiter gefaßt werden. So bezeichnet er nicht mehr nur die traditionellen<br />
gedruckten Karten (z.B. topographische Karte, Straßenkarte, Wanderkarte), sondern auch Bildschirmkarten,<br />
wie sie in der Fahrzeugnavigation, im Internet oder in Geoinformationssystemen<br />
zur Anwendung kommen.<br />
Im Zeitalter moderner Kommunikations- und Informationstechnologien haben sich die Methoden<br />
zur Gewinnung von räumlichen Daten rasant entwickelt. So liefern die unterschiedlichsten<br />
Verfahren (z.B. Satelliten- und Luftbildauswertung, GPS, Laserscanning etc.) in kurzer Zeit<br />
hochgenaue Daten. Ebenso hat sich das Anwendungsgebiet dieser Daten erweitert, z.B. in der<br />
Umweltanalyse, in Navigationssystemen und der Standortplanung. Die Datenaufbereitung und<br />
Visualisierung ist dabei wichtiges Bindeglied, deren Qualität, aber auch Aktualität über die<br />
Eignung für die verschiedenen Anwendungen entscheidet.<br />
Topographische Karten, als Beispiel für die Darstellung räumlicher Daten, erfüllen traditionell<br />
hohe Qualitätsansprüche hinsichtlich Genauigkeit, Wiedererkennbarkeit und Gestaltung.<br />
Erkauft wird dies durch zeitaufwendige manuelle Generalisierung, welche auf jahrzehntelangen<br />
Erfahrungen beruht. Um in kürzeren Zeiträumen aktuelle Karten erzeugen zu können,<br />
müssen rechnergestützte Generalisierungslösungen entwickelt werden. Damit eröffnet sich ein<br />
weites Tätigkeitsfeld für den Kartographen. Einerseits ist sein Wissen während der Softwareentwicklung<br />
von Generalisierungswerkzeugen gefragt. Andererseits obliegt ihm die Anwendung und<br />
interaktive Steuerung mittels Parameter im Prozeß der Kartenherstellung. Schließlich beurteilt<br />
der Kartograph die Eignung der angebotenen Generalisierungslösungen unter dem Gesichtspunkt<br />
unterschiedlicher Nutzeranforderungen.<br />
Der Generalisierungsprozeß setzt sich aus unterschiedlichen elementaren Generalisierungsvorgängen<br />
zusammen, die einander bedingen. In der Regel unterscheidet man Auswählen, Zusammenfassen,<br />
Vereinfachen, Vergrößern, Verdrängen, Klassifizieren und Bewerten. Kartensignaturen<br />
werden so gewählt, daß eine optische Wahrnehmung in den verschiedenen Maßstäben<br />
gewährleistet ist. Damit beanspruchen die Objekte in der Karte, relativ gesehen, mehr Fläche<br />
als in der realen Welt. Die Folge sind Verluste an Freiflächen und auftretende Überlagerungen benachbarter<br />
Signaturen. Die Verdrängung von Signaturen in Bereiche geringerer Kartenbelastung<br />
ist eine Möglichkeit, die Lesbarkeit kartographischer Darstellungen zu erhöhen.<br />
Die vorliegende Arbeit behandelt die Entwicklung von Algorithmen für eine automatisierte Verdrängung<br />
bis zur Anwendung in einem kartographischen Produktionssystem. Dabei wird untersucht,<br />
wie die Verdrängung von punkt- und linienförmigen sowie flächenhaften Objekten in<br />
einem einheitlichen Konzept, jenem der Energieminimierung, automatisiert durchgeführt werden<br />
kann.<br />
1.2 Übersicht der Arbeit<br />
Kapitel 2: Zu Beginn erfolgt eine begriffliche Abgrenzung der Generalisierung“ und es wird<br />
”<br />
deren Abhängigkeit von Maßstab, Anwendungszweck und Wiedergabemedium diskutiert. Anschließend<br />
werden Qualitätskriterien näher erläutert, nach denen Kartendarstellungen beurteilt
10 Kapitel 1. Einleitung<br />
werden können. Dazu wird zwischen quantitativer und qualitativer Bewertung unterschieden.<br />
Die zugehörigen Meßgrößen bilden die Vorraussetzung für eine automatisierte Steuerung von<br />
Generalisierungsalgorithmen. Die Verdrängung wird als Elementarvorgang der kartographischen<br />
Generalisierung eingeordnet.<br />
Eine der grundlegenden Fragestellungen, die sich bei der Einführung von automatisierten Prozessen<br />
stellt, ist die Suche nach Möglichkeiten, vorhandenes Wissen in die Welt der Computer<br />
zu übertragen. Für die rechnergestützte Kartenherstellung ist zu ermitteln, was von den<br />
langjährigen Erfahrungen in der traditionellen Kartographie verwendet werden kann. Wo sind<br />
Gemeinsamkeiten in manuellen und automatisierten Abläufen ? Inwieweit können Regeln formuliert<br />
werden, die unabhängig von Spezialfällen anzuwenden sind ? Wodurch sind Ausnahmen<br />
gekennzeichnet ? Mit verschiedenen Möglichkeiten zur Erfassung des vorhandenen Wissens<br />
beschäftigt sich die Theorie der Wissensakquisition. Am anspruchsvollsten ist dabei die Formalisierung,<br />
d.h. die Umsetzung vorhandener Erkenntnisse in programmierbare Regeln oder<br />
mathematische Formeln.<br />
Am Ende des Kapitels sind vorhandene Arbeiten auf dem Gebiet der automatisierten Verdrängung<br />
übersichtsweise dargestellt. Dabei kann zwischen vektor- und rasterbasierten Ansätzen<br />
unterschieden werden. Während in den Veröffentlichungen der siebziger Jahre hauptsächlich<br />
geometrische Verfahren zur Lösung des Verdrängungsproblems entwickelt wurden, führte die<br />
Anwendung kommerzieller Rastersysteme Mitte der achtziger Jahre zur Entwicklung von Algorithmen<br />
auf der Basis von Rasterdaten. Aktuelle Arbeiten versuchen Gestaltsänderungen infolge<br />
Verdrängung zu erfassen und möglichst klein zu halten. Die Verdrängung unter Beibehaltung<br />
der charakteristischen Objektgestalt kann als Optimierungsproblem formuliert werden.<br />
Kapitel 3: Die Behandlung von Linien ist das Kernproblem der automatisierten Verdrängung,<br />
da schon kleine Änderungen in der Objektgestalt augenscheinlich sind und deshalb möglichst<br />
minimal gehalten werden müssen. Flächenobjekte sind durch ihren Rand festgelegt, so daß hier<br />
gleiche Modelle zur Anwendung kommen können. Als geeignetes Modell werden energieminimierende<br />
Splines eingeführt, die in der Bildverarbeitung zur Objektextraktion und Mustererkennung<br />
entwickelt wurden.<br />
Für die Anwendung in der Generalisierung, speziell der Linienverdrängung, werden die Terme<br />
der inneren und äußeren Energie konstruiert und zur Zielfunktion im Energie-Integral zusammengefaßt.<br />
Die äußere Energie modelliert Konflikte, die eine Verdrängung erfordern. Die innere<br />
Energie erfaßt die damit verbundenen Änderungen in der Liniengestalt. Da die Energieanteile<br />
einander entgegenwirken, stellt sich die Verdrängung als Optimierungsaufgabe dar. Die minimale<br />
Gesamtenergie findet man nach Variation des Energie-Integrals und Lösung der resultierenden<br />
Euler-Gleichungen. Zur Diskretisierung der Euler-Gleichungen können Differenzenverfahren oder<br />
finite Elemente verwendet werden. Beide Approximationen ermöglichen die Lösung der Euler-<br />
Gleichungen mittels Cholesky-Zerlegung.<br />
Neben den Untersuchungen zur Diskretisierung und Parametrisierung wird am Ende des Kapitels<br />
das Greedy-Verfahren als alternative Methode der Energieminimierung vorgestellt. Ein Vergleich<br />
mit dem Variationsverfahren zeigt Vor- und Nachteile beider Ansätze.<br />
Kapitel 4: Am Beispiel der Punktverdrängung wird die Anwendbarkeit unterschiedlicher Verfahren<br />
der linearen und quadratischen Optimierung untersucht. Mit der Methode der kleinsten<br />
Quadrate als Verfahren der quadratischen Optimierung wird die gewichtete Quadratsumme der<br />
Punktverschiebungen minimiert. Das Simplexverfahren als Standardmethode der linearen Optimierung<br />
minimiert die gewichteten Verschiebungsbeträge. Beide Ansätze zeigen vergleichbare<br />
Resultate. Anwendungen sind zum Beispiel in der thematischen Kartographie vorstellbar.
1.2. Übersicht der Arbeit 11<br />
Die Punktverdrängung mittels Energieminimierung kann analog zur Linienverdrängung mit dem<br />
Greedy-Verfahren realisiert werden. Da Punkte keine Struktur besitzen, kann für Einzelobjekte<br />
zunächst keine innere Energie festgelegt werden. Andererseits stehen Punktobjekte in enger<br />
Beziehung zu ihrer Nachbarschaft. Diese wird durch die Einführung sog. Cluster festgelegt.<br />
Weitere Möglichkeiten zur Modellierung der relativen Lage bietet die Delaunay-Triangulation.<br />
Bei der Flächenverdrängung wird zwischen Flächen mit festem oder beweglichem Rand unterschieden.<br />
Erstere sind als starre Objekte zu betrachten, die als Ganzes verschoben werden.<br />
Flächen mit beweglichem Rand können ihre Form ändern und sind daher mit Modellen der Linienverdrängung<br />
zu bearbeiten. Die Einteilung erfolgt in der Regel anhand des Zeichenschlüssels<br />
auf der Ebene der Objektklassen. Eine dem individuellen Objekt angepaßte Vorgehensweise<br />
besteht darin, geeignete Form- und Größenparameter zu verwenden.<br />
Eine wesentliche Anwendung für die Verdrängung von Flächen mit festem Rand ist die Gebäudeverdrängung.<br />
Da die digitalen Landschaftsmodelle der Landesvermessungsämter keine Gebäudedaten<br />
beinhalten, muß bei der Ableitung topographischer Karten für größere Maßstäbe auf<br />
zusätzliche Datenquellen zurückgegriffen werden. Sinnvoll ist hier z.B die Verwendung von digitalen<br />
Daten des Amtlichen Liegenschaftskatasters. Bei der Anpassung der Daten ist eine Verdrängung<br />
von Gebäuden unerläßlich, um Überlagerungen mit anderen Kartensignaturen zu vermeiden.<br />
Kapitel 5: Die Untersuchungen zur praktischen Anwendbarkeit des vorgestellten Verdrängungsansatzes<br />
werden in zwei Abschnitten behandelt. Zunächst wird die Funktionalität bei der<br />
Visualisierung eines ATKIS-Datensatzes (DLM25/1) nachgewiesen. Anschließend werden die<br />
Entwicklungen beschrieben, die für die Integration des Algorithmus in einem kartographischen<br />
Produktionssystem notwendig sind.<br />
Der Aufbau des Amtlichen Topographisch-Kartographischen Informationssystems trägt den aktuellen<br />
Entwicklungen auf dem Gebiet der Informationstechnolgie Rechnung. Nachdem die Daten<br />
in digitaler Form vorliegen, ist eine daraus abgeleitete kartographische Darstellung wünschenswert.<br />
Die dafür notwendigen Generalisierungsoperationen sollten weitgehend automatisch ablaufen,<br />
um Aktualität zu gewährleisten und die parallele Fortführung digitaler Kartenpräsentationen<br />
zu vermeiden.<br />
Für die Visualisierung eines Basis-Datensatzes ist als erstes festzulegen, in welchem Maßstab<br />
die Darstellung erfolgen soll. Daraus ergeben sich die verwendeten Signaturen und deren Ausdehnung,<br />
mit entscheidendem Einfluß auf den Grad der Generalisierung. Die Abhängigkeit von<br />
zunehmender Generalisierung bei Verwendung kleinerer Maßstäbe wird am Beispiel von Straßen<br />
und Gebäuden dargestellt. Anschließend erfolgt die Visualisierung des Beispieldatensatzes mit<br />
Beseitigung auftretender Überlagerungskonflikte. Eine Sonderbehandlung von Kreuzungen und<br />
Einmündungen erweist sich als erforderlich.<br />
Um die Praxisrelevanz des Verdrängungsalgorithmus nachzuweisen, sind Tests an unterschiedlichen<br />
Beispielen bzw. mit realen Datensätzen notwendig. Für weiterführende Untersuchungen<br />
wurde deshalb die Kooperation mit der Firma Maptech AG, CH-Horw gesucht, deren<br />
Programme aus Sicht des Verfassers zur Standardsoftware auf dem Gebiet der Digitalkartographie<br />
gehören. Da mehrere Landesvermessungsämter mit der genannten Software arbeiten,<br />
standen Testdaten in verschiedenen Maßstäben zur Verfügung. Wesentliche Vorteile bei der<br />
Nutzung dieses Kartographiesystems ergeben sich durch die Anbindung einer Datenbank, wodurch<br />
größere Datenmengen einfach zu handhaben sind. Des weiteren erfolgt eine automatische<br />
Ableitung der Kartensignaturen auf der Basis verwendeter Signaturenkataloge (z.B. ATKIS-<br />
Signaturenkataloge beliebiger Maßstäbe).
12 Kapitel 1. Einleitung<br />
Für die Einordnung der Generalisierungroutinen im Programmsystem erfolgt zunächst ein kurze<br />
Darstellung der Softwarekomponenten. Anschließend werden die Benutzermenüs und die Steuerparameter<br />
der Verdrängung erläutert. Dazu wird zwischen objektabhängigen und objektunabhängigen<br />
Parametern unterschieden. Anhand von Beispielen werden Ergebnisse der Linienund<br />
Flächenverdrängung diskutiert. Abschließend werden die gewonnenen Erfahrungen bei der<br />
praxisreifen Umsetzung automatisierter Verdrängungslösungen zusammengefaßt.<br />
Ergänzend wird die automatisierte Randbearbeitung als alternative Anwendung der Verdrängung<br />
mittels Energieminimierung vorgestellt. Die Randbearbeitung ist bei der Ableitung beliebiger<br />
Kartenausschnitte aus blattschnittfreien Daten notwendig, um zu vermeiden, daß Texte oder<br />
Symbole in Randlagen ”<br />
abgeschnitten“ werden. Die Erläuterungen konzentrieren sich auf die<br />
Konflikterkennung, die Plazierung im Kartenausschnitt unter Berücksichtigung der Nachbarschaft<br />
und die Steuerung durch geeignete Parameter.
13<br />
2 Theoretische und praktische Grundlagen<br />
2.1 Grundlagen der Generalisierung<br />
2.1.1 Begriffsbildung<br />
Der Begriff Generalisierung ist vom lateinischen Wort ”<br />
generalis“ = allgemein abgeleitet und<br />
kann für kartographische Anwendungen etwa folgendermaßen definiert werden :<br />
Generalisierung umfaßt die Verallgemeinerungen und Abstraktionen bei der Erfassung der Umwelt<br />
im Modell bzw. ihrer kartographischen Darstellung als Funktion von Maßstab und Anwendungszweck<br />
mit dem Ziel einer optimalen Wiedergabe von Geometrie, Topologie und Semantik.<br />
Damit beinhaltet die Definition sowohl Generalisierungsschritte während der Objekterfassung<br />
und Modellierung als auch die kartographische Generalisierung (siehe 2.1.3). Bei der Interpretation<br />
interessieren vor allem die geometrischen und inhaltlichen Eigenschaften der Objekte (2.2.1).<br />
Diese werden nicht vollständig modelliert und in der Karte wiedergegeben, da für den Erkenntnisgewinn<br />
nur eine begrenzte Auswahl an Informationen hilfreich ist. Der Grad der Abstraktion<br />
wird entscheidend durch die Anwendung beeinflußt.<br />
Umgesetzt wird die Generalisierung durch verschiedene Elementarvorgänge (Vereinfachen, Zusammenfassen,<br />
Auswählen, Verdrängen etc.; siehe 2.1.4), wobei einerseits unwichtige Details<br />
weggelassen werden, aber auch Wesentliches zu betonen ist. Die Entscheidung, was Details sind,<br />
wird für verschiedene Maßstäbe unterschiedlich ausfallen.<br />
Maßstab: Der Kartenmaßstab gibt das lineare Verkleinerungsverhältnis zwischen realer Welt<br />
und Karte an. Er wird als Längenmaßstab M durch den Quotienten aus Kartenlänge l und<br />
tatsächlicher Länge L festgelegt :<br />
M = l/L . (2.1-1)<br />
Vielfach wird auch an Stelle des Maßstabes der reziproke Wert, die Maßstabszahl m = 1/M<br />
verwendet. Für das Verhältnis der Flächen zwischen realer Welt F und Fläche in der Karte f<br />
ergibt sich analog folgende Beziehung :<br />
m 2 = F/f . (2.1-2)<br />
Die Bedeutung für die Generalisierung wird besonders deutlich, wenn man sich den Platzbedarf<br />
in verschiedenen Maßstäben veranschaulicht. So steht z.B. bei einer Maßstabsverkleinerung um<br />
die Hälfte nur ein Viertel der Fläche zur Verfügung :<br />
m 1 /m 2 =<br />
(<br />
√f 2 /f 1 m 1 = 1 2 m 2 −→ f 2 = 1 )<br />
4 f 1<br />
. (2.1-3)<br />
Quantitative Untersuchungen in topographischen Karten zur Abhängigkeit des Generalisierungsgrades<br />
von der Maßstabszahl wurden u.a. von Töpfer (1979) durchgeführt. Dabei zeigte sich für<br />
verschiedene Generalisierungsmaßnahmen die Abhängigkeit von der Wurzel aus der Maßstabszahl<br />
(sog. Wurzelgesetz). Eine mögliche Anwendung bezieht sich auf die Anzahl n 2 der Objekte,<br />
die im Folgemaßstab darzustellen sind, wenn im Ausgangsmaßstab n 1 Objekte vorliegen :<br />
√<br />
n 2 = n 1 · m 1 /m 2 (Auswahlregel). (2.1-4)
14 Kapitel 2. Theoretische und praktische Grundlagen<br />
Anwendungszweck: Neben dem Maßstab bestimmen Thema und Zweck der Karte den Umfang<br />
der Generalisierung. Ist letzterer bekannt, müssen spezielle Bedingungen, die beim Kartenlesen<br />
mitbestimmend sind, berücksichtigt werden. Als Beispiel diene der Vergleich zwischen<br />
Straßenkarte und topographischer Karte. Beide geben die Landschaftsform in einem bestimmten<br />
Gebiet wieder. Da die Straßenkarte auf Fernwirkung abgestimmt ist, müssen wesentlich größere<br />
Signaturen als in der topographischen Karte verwendet werden. Andererseits können Informationen,<br />
die der Nutzer von Straßenkarten nicht benötigt, entfallen.<br />
Die Verwendung geeigneter Signaturen wird durch den Zeichenschlüssel festgelegt. Neben diesem<br />
ist auch die Farbwahl für den Grad der Generalisierung entscheidend. Blasse Farben verlangen<br />
kräftigere Linien und nicht zu kleine Farbflächen, wodurch wiederum die Signaturgröße beeinflußt<br />
wird.<br />
Wiedergabemedium: Nicht unerheblich für die Generalisierung ist die Wahl des Wiedergabemediums.<br />
So findet neben den vielfältigen Anwendungen der traditionellen Papierkarten (Wanderkarte,<br />
Straßenkarte, topographische Karte etc.) die Ausgabe am Bildschirm immer stärkere<br />
Verbreitung (Auskunftssysteme, Fahrzeugnavigation, GIS etc.). Ein Vergleich beider Medien<br />
zeigt einen deutlich höheren Generalisierungsbedarf für Bildschirmausgaben. Das liegt zum einen<br />
an der ca. zehnfach geringeren Auflösung der Graphikbildschirme gegenüber Plottern (Lutterbach,<br />
1997). Zum anderen ist die verfügbare Darstellungsfläche bei Bildschirmanwendungen<br />
wesentlich kleiner. Kompensiert werden diese Nachteile durch zusätzliche Funktionalitäten, wie<br />
Zoommöglichkeiten, Auswahl darzustellender Objekte und Informationen, Animationen etc. -<br />
Damit wird eine spezialisierte, sich stärker an den Nutzeranforderungen orientierende Darstellung<br />
möglich.<br />
2.1.2 Qualität der Kartendarstellung<br />
Die Bewertung kartographischer Darstellungen kann aus unterschiedlicher Blickrichtung vorgenommen<br />
werden. Einige Ansätze nach Wallmüller (1990) und Ehrliholzer (1995) werden<br />
im folgenden kurz skizziert. Eine erste Möglichkeit ist, die Qualität einer Karte nach dem Grad<br />
befriedigter Nutzeranforderungen festzulegen ( ”<br />
fitness for use“-Ansatz). Dabei müssen sowohl<br />
die unterschiedlichen Vorkenntnisse der Nutzer als auch die verschiedenen Anwendungszwecke<br />
berücksichtigt werden. Dieser Ansatz entspricht der Qualitätsdefinition des Deutschen Instituts<br />
für Normierung (DIN 55350, Teil 11). Darin heißt es :<br />
Qualität ist die Gesamtheit von Eigenschaften und Merkmalen eines Produkts oder einer Tätigkeit,<br />
die sich auf deren Eignung zur Erfüllung gegebener Erfordernisse<br />
”<br />
bezieht.“<br />
Für die Prüfung der Kartenqualität ist diese Definition zu allgemein. Konkreter wird hier der produktbezogene<br />
Ansatz, welcher eine Bewertung mit Hilfe von meßbaren Größen verlangt. Danach<br />
bestimmt sich die Güte einer Karte, durch die Einhaltung vorgegebener Fehlergrenzen. Dieser<br />
Ansatz erlaubt, eine Rangordnung von verschiedenen Produkten gleicher Kategorie anzugeben.<br />
Im Gegensatz dazu glauben die Vertreter des Erfahrungsansatzes, daß kartographisches Wissen<br />
nicht vollständig zu formalisieren ist und deshalb eine Bewertung durch Experten unerläßlich<br />
bleibt. Der Begriff der Qualität kann ihrer Meinung nach genauso wenig implizit definiert werden<br />
wie jener der ”<br />
Schönheit“.<br />
Mit dem Kosten-Nutzen-Ansatz wird schließlich die Qualität ins Verhältnis zum Zeitaufwand der<br />
Kartenherstellung gesetzt. Indirekt ist somit die Aktualität von Karten als weiterer Qualitätsparameter<br />
zu berücksichtigen. Die genannten Ansätze sind bezeichnend für die Vielfältigkeit der<br />
qualitativen Bewertung von Karten. Deshalb wird als Systematisierung versucht, die Prozesse der<br />
Kartengestaltung und -interpretation nach Abstraktionsgrad und Komplexität (low-level/highlevel)<br />
zu unterteilen (siehe Abbildung 2.1-1).
2.1. Grundlagen der Generalisierung 15<br />
Interpretation<br />
(Gehirn)<br />
qualitativ<br />
High-Level-<br />
Ebene<br />
inhaltlich/<br />
semantisch<br />
abstrakt<br />
Gesamtsituation<br />
(global)<br />
Erfassen/Sensor<br />
(Auge, Finger)<br />
quantitativ<br />
Low-Level-<br />
Ebene<br />
Einzelsituation<br />
(lokal)<br />
geometrisch/<br />
topologisch<br />
konkret<br />
Abbildung 2.1-1: Erzeugung und Interpretation kartographischer Informationen auf verschiedenen Abstraktionsebenen<br />
Gute Karten sind durch einfache Interpretationsmöglichkeiten und einen hohen Wiedererkennungsgrad<br />
gekennzeichnet. Voraussetzung dafür sind zunächst die Modellierung des Einzelobjektes<br />
mit seinen individuellen Merkmalen und die nachfolgende Einordnung in die Gesamtsituation<br />
(lokale und globale Nachbarschaft). Analog erfolgt die Interpretation auf unterer und oberer Informationsebene.<br />
So wird beim Lesen einer Karte gewöhnlich mit der Suche nach markanten<br />
Einzelsituationen begonnen (z.B. größerer Bahnhof, zentraler Platz), und erst anschließend orientiert<br />
sich der Anwender im Umfeld und versucht, die Gesamtsituation zu erschliessen. Die<br />
untere Informationsebene (Unterbau) ist im wesentlichen durch die Geometrie der Kartenobjekte<br />
festgelegt. Diese läßt dann auf der oberen Informationsebene inhaltliche Schlußfolgerungen<br />
zu, auch im Kontext mit der Umgebung (Überbau).<br />
Für eine qualitative Bewertung müssen den Ebenen angepaßte Meßgrößen gefunden werden.<br />
Während auf der Low-Level-Ebene vor allem quantitative Meßgrößen verwendet werden können<br />
(Länge, Abstand, Anzahl), sind im High-Level-Bereich nur mehr qualitative Aussagen möglich<br />
(Gleichheit oder Ungleichheit der Merkmalsausprägung, Zugehörigkeit zu einer Objektklasse).<br />
Eine Bewertung muß auf beiden Ebenen durchgeführt werden, da sowohl inhaltliche Schluß-<br />
Tabelle 2.1-1: Genauigkeitsmaße für Objekte in der Ebene (nach Bethge, 1997)<br />
Objektklasse untersuchtes Merkmal Genauigkeitsmaß<br />
punktförmige Objekte Lagegenauigkeit Punktlagefehler<br />
linienförmige Objekte Linienlage Lagefehler, Fehlerband<br />
Linienlänge<br />
Längenfehler<br />
Richtung<br />
Richtungsfehler<br />
Krümmung<br />
Krümmungsfehler<br />
flächenhafte Objekte Flächeninhalt Flächenfehler<br />
Randlänge<br />
Längenfehler
16 Kapitel 2. Theoretische und praktische Grundlagen<br />
folgerungen auf geometrischer Darstellung basieren als auch die Gesamtsituation aus einzelnen<br />
Objekten zusammengesetzt wird. Je besser die Modellierung ”<br />
im Kleinen“ erfolgt, um so leichter<br />
fällt die Interpretation ”<br />
im Großen“. Letztlich ist entscheidend, wie gut die kartographische<br />
Abbildung das Wiedererkennen der Umwelt unterstützt. So bietet die veränderte Darstellung<br />
der Realität (vernachlässigte Details, Größen- und Lageänderung infolge Verdrängung) z.T. einfachere<br />
Interpretationsmöglichkeiten. Damit wird erst auf High-Level-Ebene über die Güte einer<br />
Karte entschieden.<br />
Für die Beurteilung der Generalisierungsoperationen auf geometrischer Ebene existieren quantitative<br />
Meßgrößen. In Tabelle 2.1-1 sind einige wesentliche Fehlermaße genannt (siehe auch<br />
Abschnitt 2.2.1). Die Suche nach ähnlich verallgemeinerten qualitativen Meßgrößen ist Gegenstand<br />
der Forschung (Brazile, 1998). Neben der Bewertung von Algorithmen können diese<br />
Fehlerangaben auch als Steuergrößen für die Eingangsparameter dienen. Dazu sind über eine<br />
Rückkopplung die Startparameter solange zu variieren, bis vorgegebene Fehlerschranken nicht<br />
mehr überschritten werden (Abbildung 2.1-2).<br />
Rückkopplung / Steuerung<br />
Generalisierungsalgorithmen<br />
Parameter Genauigkeitsmaße /<br />
Bewertung<br />
Abbildung 2.1-2: Genauigkeitsmaße zur Steuerung von Parametern<br />
2.1.3 Generalisierungsarten<br />
Von der Abbildung der realen Welt in einem Modell bis hin zur graphischen Darstellung werden<br />
unterschiedliche Abstraktionsstufen durchlaufen. Je nach Anwendungsbereich kann eine Unterteilung<br />
in verschiedene Generalisierungsarten erfolgen. Begonnen wird mit der Erfassung der<br />
realen Welt in einem ersten Modell (z.B. digitales Landschaftsmodell; DLM). Die dafür notwendigen<br />
Beschränkungen, sowohl in der Zahl der registrierten Objekte als auch in ihrer Detailtreue,<br />
charakterisieren die Erfassungsgeneralisierung.<br />
Da der Umfang eines DLM wesentlich durch seinen Maßstab festgelegt ist, sind für kleinere<br />
Maßstäbe Folgemodelle abzuleiten. Die Vereinfachung des Datenmodells, auch als Modellgeneralisierung<br />
bezeichnet, setzt sich dabei aus einem semantischen und einem geometrischen Teil<br />
zusammen (Schürer, 1999). Im semantischen Teil erfolgt nach Klassifikation, Auswahl und<br />
Zusammenfassung von Objekten oder Objektteilen, eine Generalisierung des Sachbezuges (Attribute).<br />
Ziel ist, eine weniger detailierte Beschreibung zu erhalten. Der geometrische Teil bezieht<br />
sich auf Änderungen in der Objektgestalt (Vereinfachung, Glättung etc.) zwecks Anpassung an<br />
die Modellauflösung (Schoppmeyer und Heisser, 1995). Erfassungs- und Modellgeneralisierung<br />
werden auch unter dem Begriff der Objektgeneralisierung geführt.<br />
Um aus dem digitalen Landschaftsmodell eine graphische Darstellung zu erhalten, bedarf es<br />
der Signaturierung. Für eine bessere Lesbarkeit werden die Signaturen teilweise größer gewählt<br />
als es der wahren Ausdehnung der Objekte entsprechen würde. Mit der Forderung nach Mindestabständen<br />
zwischen Signaturen führt das zu einem erhöhten Platzbedarf. Die Folge ist, daß
Bei einer Generalisierung mit höherem Anspruch wird die Auswahl differenzierter erfolgen, so<br />
daß z.B. der Charakter eines Siedlungsgebietes erhalten bleibt. Dabei müssen sowohl die Proportionen<br />
der Objekte als auch die Kartenbelastung berücksichtigt werden. Mit zunehmender<br />
Beachtung von qualitativen Gesichtspunkten wird auch die Selektion von Objekten schwerer<br />
rechnergestützt zu realisieren sein.<br />
2.1. Grundlagen der Generalisierung 17<br />
Arten der Generalisierung<br />
Objektgeneralisierung<br />
kartographische Generalisierung<br />
Erfassungsgeneralisierung<br />
Modellgeneralisierung<br />
Erzeugung<br />
eines DLM<br />
Ableitung<br />
weiterer DLM<br />
Erzeugung<br />
eines DKM<br />
Ableitung<br />
von Folgekarten<br />
Abbildung 2.1-3: Arten der Generalisierung<br />
Objekte geringerer Priorität nicht mehr dargestellt werden oder eine Verdrängung in Bereiche<br />
geringerer Kartenbelastung erfolgt. Damit sind die Lagekoordinaten von DLM-Objekt und<br />
zugehörigem signaturiertem Objekt nicht in jedem Fall identisch.<br />
Die Ableitung eines digitalen kartographischen Modells (DKM) als Zwischenergebnis scheint<br />
notwendig und ist einer direkt auf dem DLM aufsetzenden Visualisierung vorzuziehen. Um so<br />
mehr, wenn berücksichtigt wird, daß z.B. durch Zusammenfassungen nicht nur Koordinaten<br />
und Attribute eines Objektes zu ändern sind, sondern neue Objekte gebildet werden müssen.<br />
Die Gesamtheit der Elementarvorgänge (siehe 2.1.4), welche bei der graphischen Darstellung<br />
von DLM-Objekten anzuwenden sind, werden unter dem Begriff der kartographischen Generalisierung<br />
zusammengefaßt.<br />
2.1.4 Elementare Generalisierungsvorgänge<br />
Die Generalisierung kann zunächst durch zwei Grundoperationen charakterisiert werden : Weglassen/Unterdrücken<br />
und Übertreiben/Betonen. Beide Vorgänge dienen dem Zweck, Rauminformationen<br />
in einer überschaubaren Form zu generieren. Nach Hake und Grünreich (1994)<br />
lassen sich des weiteren mehrere Elementarvorgänge der Generalisierung unterscheiden : Auswahl,<br />
Zusammenfassen, Vereinfachen, Vergrößern, Verdrängen, Klassifizieren und Bewerten.<br />
Hinsichtlich einer Automatisierung der Generalisierung können diese Elementarvorgänge noch<br />
bezüglich ihres qualitativen bzw. quantitativen Charakters unterteilt werden (siehe Abbildung 2.1-<br />
4). Letztlich sind sämtliche Problemstellungen, die rechnergestützt gelöst werden, auf einfache<br />
Rechenoperationen zurückzuführen. Damit ist einleuchtend, daß auch im Bereich der Generalisierung<br />
Elementarvorgänge mit quantitativem Charakter eher einer automatisierten Lösung<br />
zugänglich sind. Im einfachsten Fall wird bei zu hoher Kartenbelastung auf die Darstellung von<br />
Objekten unterhalb einer bestimmten Größe verzichtet.
18 Kapitel 2. Theoretische und praktische Grundlagen<br />
quantitativer Charakter<br />
qualitativer Charakter<br />
Zusammenfassen<br />
Vergrößern<br />
Auswahl<br />
Vereinfachen<br />
Verdrängen<br />
Klassifizieren<br />
Bewerten<br />
Abbildung 2.1-4: Elementarvorgänge der Generalisierung<br />
Ist die Kartenbelastung nur in Teilbereichen sehr groß, versucht man zunächst, die Konflikte<br />
lokal zu beseitigen. Dazu werden Objekte geringfügig in ihrer Lage verschoben. Der einzuhaltende<br />
Mindestabstand berücksichtigt dabei die sogenannte Perzeptionsschwelle des Menschen, die<br />
überschritten werden muß, damit Objekte getrennt voneinander wahrgenommen werden können.<br />
Die Verdrängung der Objekte erfolgt so, daß die typische Gestalt möglichst wenig geändert wird.<br />
Der topologische Zusammenhang darf ebenfalls nicht verändert werden. Bei einer automatisierten<br />
Verdrängung sind diese qualitativen Gesichtspunkte zu berücksichtigen.<br />
Ursache für Verdrängungen sind in der Regel die vergrößerte oder betonte Darstellung von wesentlichen<br />
Objekten. Zum Beispiel werden die Signaturbreiten von Straßen, ab Maßstab 1:10 000,<br />
größer gewählt als die entsprechende natürliche Breite (siehe auch 5.1.2). Dadurch kann es zur<br />
Überlagerung mit anderen Objekten kommen, z.B. Haus am Straßenrand, benachbarter Fluß.<br />
2.2 Grundlagen der automatisierten Generalisierung<br />
2.2.1 Modellierung von Geometrie, Topologie und Semantik<br />
Nach dem Abstraktionsgrad sind verschiedene Arten geographischer Informationen zu unterscheiden<br />
(siehe auch 2.1.2). Auf der untersten Stufe steht die geometrische Information über Lage<br />
und Form von Punkt-, Linien- und Flächenobjekten. Daraus können topologische Beziehungen<br />
abgeleitet werden, präsentiert durch Knoten und Kanten. Diese beschreiben die unmittelbare<br />
Umgebung oder Nachbarschaft. Werden den Objekten Attribute zugeordnet, gelangt man zu<br />
einer inhaltlichen, thematischen Beschreibung.<br />
Tabelle 2.2-1: Arten geographischer Informationen<br />
Art der<br />
Information<br />
Elemente<br />
Grad der<br />
Abstraktion<br />
Beispiel<br />
geometrisch<br />
Punktlage; Lage und Form von<br />
Linien- und Flächenobjekten<br />
low-level<br />
Linie, Fläche<br />
topologisch<br />
Nachbarschaftsrelationen,<br />
präsentiert durch Knoten und<br />
Kanten<br />
mid-level<br />
Linie kreuzt Fläche<br />
semantisch<br />
Sachdaten, Attribute,<br />
zugeordnete Bedeutung<br />
high-level<br />
Eisenbahn überquert Fluß<br />
Als erstes wird der Begriff der Metrik eingeführt. Anschließend folgen ausgewählte Definitionen<br />
zur geometrischen Beschreibung von ebenen Objekten.
2.2. Grundlagen der automatisierten Generalisierung 19<br />
Metrik: Eine Menge M von Elementen p 1 , p 2 , . . . mit einer Metrik a heißt metrischer Raum,<br />
wenn jedem Elementepaar p 1 , p 2 ∈ M eine reelle Zahl a(p 1 , p 2 ) mit folgenden Eigenschaften<br />
zugeordnet ist :<br />
1. a(p 1 , p 2 ) ≥ 0 , a(p 1 , p 2 ) = 0 genau dann, wenn p 1 = p 2 ,<br />
2. a(p 1 , p 2 ) = a(p 2 , p 1 ) (Symmetrie),<br />
3. für drei beliebige Elemente p 1 , p 2 , p 3 ∈ M gilt die Dreiecksungleichung<br />
a(p 1 , p 2 ) ≤ a(p 1 , p 3 ) + a(p 3 , p 2 ) .<br />
Man bezeichnet a(p 1 , p 2 ) auch als Abstand zwischen p 1 und p 2 . Ein Beispiel ist der zweidimensionale<br />
euklidische Raum, in dem sich der Abstand zweier Punkte p 1 = (x 1 , y 1 ) und p 2 = (x 2 , y 2 )<br />
wie folgt berechnet :<br />
d(p 1 , p 2 ) =<br />
√<br />
(x 1 − x 2 ) 2 + (y 1 − y 2 ) 2 . (2.2-1)<br />
Die Dreiecksungleichung kann für dieses Beispiel geometrisch so interpretiert werden, daß die<br />
Distanz zwischen zwei Punkten dem Minimum der Längen aller möglichen Wege zwischen diesen<br />
Punkten entspricht. Für die Bestimmung des Abstandes zwischen Punkt (p) und Linie (L) wird<br />
diese Bedingung erweitert, indem die Abstandsberechnung zwischen gegebenem Punkt und dem<br />
dazu nächstgelegenen Linienpunkt (l) erfolgt :<br />
˜d(p, L) = min(d(p, l)) (2.2-2)<br />
l∈L<br />
(Frank, 1983). Der Abstand zwischen zwei Linien ergibt sich in analoger Weise als minimale<br />
Distanz zwischen zwei Punkten aus je einer Linie. Ist die Distanz Null, so schneiden sich die<br />
Linien oder berühren sich.<br />
Die Lage von ebenen Kurven kann in unterschiedlichen Koordinaten (z.B. kartesische Koordinaten,<br />
Polarkoordinaten) und unterschiedlicher Form (explizit, implizit, in Parameterform)<br />
angegeben werden. Charakteristische Größen, welche letztere näher kennzeichnen, sind Bogenelement<br />
und Krümmung.<br />
Bogenelement: Wenn s die Länge der Kurve von einem festen Punkt A bis zum Punkt M<br />
ist, dann kann der endliche Zuwachs ∆s = ̂MN durch das Differential ds der Bogenlänge, das<br />
Bogenelement, angenähert werden. Unter Verwendung kartesischer Koordinaten in Parameterdarstellung<br />
ergibt sich :<br />
ds =<br />
√<br />
[x ′ (t)] 2 + [y ′ (t)] 2 dt . (2.2-3)<br />
In der diskreten Rechnung werden die Differentialquotienten durch Differenzenquotienten ersetzt.<br />
Damit ist:<br />
√ (∆x ) 2 ( ) ∆y 2 √<br />
∆s = + ∆t = ∆x<br />
∆t ∆t<br />
2 + ∆y 2 . (2.2-4)<br />
Krümmung: Die Krümmung k einer Kurve im Punkt M ist der Grenzwert des Verhältnisses<br />
des Winkels δ zwischen den positiven Tangentenrichtungen in den Punkten M und N zur<br />
Bogenlänge ̂MN für ̂MN → 0 :<br />
k = lim<br />
̂MN→0<br />
δ<br />
̂MN . (2.2-5)
20 Kapitel 2. Theoretische und praktische Grundlagen<br />
Die Darstellung mit kartesischen Koordinaten in Parameterdarstellung liefert<br />
k = x′ y ′′ − x ′′ y ′<br />
(x ′2 + y ′2 ) 3/2 . (2.2-6)<br />
Wird als Parameter die Bogenlänge s eingeführt und zur Parameterdarstellung v(s) := (x(s), y(s))<br />
für ebene Kurven übergegangen, ist folgende Taylorentwicklung möglich :<br />
v(s) = v(s 0 ) + (s − s 0 ) v s (s 0 ) + (s − s 0) 2<br />
v ss (s 0 ) + (s − s 0) 3<br />
v sss (s 0 ) + . . . (2.2-7)<br />
2!<br />
3!<br />
Dabei bezeichnet v s (s) die Ableitung nach der Bogenlänge. Durch Verwendung der Bogenlänge s<br />
als Parameter ist die zweite Ableitung v ss (s) ein Normalenvektor. Mit Gleichung (2.2-7) können<br />
der T angenteneinheitsvektor t := v s (s 0 ) (2.2-8)<br />
und der Normaleneinheitsvektor n := 1 k v ss(s 0 ) (2.2-9)<br />
eingeführt werden. Der Normierungsfaktor<br />
ist die Krümmung und r := 1/k der Krümmungsradius.<br />
k := |v ss (s 0 )| (2.2-10)<br />
Diese grundlegenden Beziehungen spielen eine große Rolle in der automatisierten Generalisierung<br />
(Plazanet et al., 1995), z.B. auch in der rechnergestützten Verdrängung. So sind<br />
Abstandsberechnungen für die Recherche von Konfliktsituationen notwendig (siehe Abschnitt<br />
3.2.2). Mit zunehmendem Generalisierungsgrad tritt die Einhaltung metrischer Abstände zugunsten<br />
einer leicht erfassbaren Darstellung in den Hintergrund. Dabei darf die relative Lage<br />
der Objekte zueinander nicht verändert werden, d.h. die Topologie muß erhalten bleiben.<br />
Topologie: Die Topologie beschäftigt sich mit den nichtmetrischen räumlichen und strukturellen<br />
Beziehungen beliebiger Elemente in abstrakten Räumen (Bill, 1996). Die grundlegenden<br />
topologischen Bausteine sind Knoten, Kanten und Maschen, die in den geometrischen Elementen<br />
Punkt, Linie und Fläche ihre Entsprechung haben. Ein Beispiel für die explizite Speicherung topologischer<br />
Informationen liefert die Datenstruktur der ARC/Info Datenbasis, wo topologische<br />
Beziehungen automatisch als sogenanntes codiertes Netzwerk“ (siehe Abbildung 2.2-1) erzeugt<br />
”<br />
und vorgehalten werden (Schaller, 1986).<br />
2<br />
4<br />
1<br />
I<br />
3<br />
1<br />
II<br />
3 4<br />
2<br />
6<br />
5<br />
III 7<br />
5<br />
6 V<br />
8<br />
IV 9<br />
10<br />
11<br />
7<br />
Kante 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11<br />
Rechte Masche I II II I III III III III V IV V<br />
Linke Masche 0 0 I 0 II 0 V IV IV 0 0<br />
vom Knoten 3 4 3 1 4 2 5 6 7 7 5<br />
zum Knoten 1 3 2 2 2 5 6 4 6 4 7<br />
Knoten 1 2 3 4 5 6 7<br />
x,y-Koordinaten 1,6 4,8 1,1 5,1 8,7 7,4 10,1<br />
Abbildung 2.2-1: Beispiel für die explizite Speicherung topologischer Informationen<br />
Topologische Beziehungen sind bei bekannter Geometrie herleitbar, wobei die notwendigen Berechnungen<br />
mehr Zeit beanspruchen, als die Abfrage explizit gespeicherter topologischer Relationen.<br />
Nachteil einer expliziten Speicherung ist der zusätzliche Aufwand bei der Laufendhaltung<br />
und der größere Datenumfang.
2.2. Grundlagen der automatisierten Generalisierung 21<br />
Zur Beschreibung topologischer und struktureller Eigenschaften werden die Begriffe ”<br />
Inzidenz“<br />
und ”<br />
Adjazenz“ verwendet. ”<br />
Adjazenz“ bezeichnet das Aneinandergrenzen gleichartiger Strukturelemente,<br />
z.B. zweier Kanten, die über einen Knoten verbunden sind. ”<br />
Inzidenz“ beschreibt<br />
dagegen die Verbindung unterschiedlicher Strukturelemente; so ist die von einem Knoten abgehende<br />
Kante mit diesem inzident.<br />
Hilfsmittel der Topologie ist die Graphentheorie, welche besondere Bedeutung bei der Beschreibung<br />
zweidimensionaler Strukturen besitzt. Die zugehörigen planaren Graphen können u.a. bei<br />
der Konsistenzprüfung und Fehlersuche verwendeten werden. Insbesondere die Datenfortführung<br />
muß immer wieder solche Prüfmechanismen durchlaufen. Damit können beispielsweise Doppelspeicherungen<br />
vermieden, Nachbarschaftsbeziehungen auf ihre Vollständigkeit überprüft und<br />
thematische Daten auf ihre Verknüpfungen untersucht werden. Ein Beispiel ist die Anwendung<br />
der Relation nach Euler-Poincare :<br />
V + F = E + S (2.2-11)<br />
Dabei wird für V die Zahl der Ecken (vertices) eingesetzt und für E die Zahl der Kanten (edges).<br />
F entspricht der Maschenzahl, die davon abhängt, ob die Region außerhalb des Graphen als<br />
Fläche gezählt wird oder nicht. Die Eulerzahl S liefert die numerische Ergänzung. Im Falle<br />
planarer Graphen ist S = 2, falls die äußere Fläche berücksichtigt wird. In Abbildung 2.2-2 sind<br />
einfache Beispiele für einen doppelt kodierten Knoten bzw. eine nicht erfaßte Kante dargestellt<br />
(Laurini and Thompson, 1992).<br />
• • •<br />
• •<br />
• •<br />
• • •<br />
• •<br />
• • •<br />
• •<br />
• •<br />
•<br />
V + F = 8 + 4 = 12<br />
E + S = 10 + 2 = 12<br />
• • •<br />
•<br />
V + F = 9 + 4 = 13<br />
E + S = 10 + 2 = 12<br />
•<br />
V + F = 8 + 4 = 12<br />
E + S = 9 + 2 = 11<br />
Abbildung 2.2-2: Relation nach Euler-Poincare zur Konsistenzprüfung in planaren Graphen<br />
Außerdem gab es Untersuchungen zur Anwendung der Graphentheorie für Generalisierungszwecke.<br />
In Tabelle 2.2-2 werden einige Elementarvorgänge der Generalisierung aufgeführt, die<br />
von einem graphentheoretischen Ansatz profitieren können (Mackaness and Beard, 1993).<br />
Tabelle 2.2-2: Anwendung der Graphentheorie in der Generalisierung<br />
Vereinfachung<br />
Zusammenfassung<br />
Verdrängung<br />
Auswahl<br />
Übertreibung<br />
Beseitigung von Kanten bei gleichzeitigem Erhalt von Verbindungsrelationen<br />
Identifikation von Grenzen für Objekte gleichen Typs zur Unterstützung von Verschmelzungsoperatoren<br />
Identifikation von Bereichen hoher Objektkonzentration und Konsistenzprüfung nach<br />
Verdrängungsoperationen<br />
Identifikation von Nachbarschaftsrelationen bezüglich ausgewählter Merkmale<br />
Identifikation von Merkmalen in Isolation oder mit charakteristischer Topologie, die<br />
in der kartographischen Darstellung betont werden
22 Kapitel 2. Theoretische und praktische Grundlagen<br />
Ein anderer Generalisierungsansatz mit expliziter Modellierung topologischer Beziehungen basiert<br />
auf der Anwendung der Delaunay-Triangulation (Bundy et al., 1994). Beachtliche Erfolge<br />
konnten vor allem bei der Zusammenfassung von Objekten und in der Konflikterkennung erzielt<br />
werden. In Abbildung 2.2-3 ist dargestellt, wie bei Verschiebung eines Knotens (A nach A ′ ) ein<br />
topologischer Konflikt entsteht, welcher sich in einer veränderten Orientierung einiger Kanten<br />
äußert.<br />
A •<br />
L<br />
R<br />
B<br />
•<br />
R<br />
B<br />
•<br />
A •<br />
L R<br />
R<br />
L<br />
C •<br />
R<br />
• A’<br />
Abbildung 2.2-3: Detektion topologischer Konflikte mittels Triangulation<br />
Semantik: Mit Semantik werden die inhaltlichen Aspekte von Objekten, deren Bedeutung<br />
und Funktionalität bezeichnet. Eine Zuordnung erfolgt in der Regel über Attribute. So können<br />
Objekte mit gleicher Geometrie unterschiedliche Semantik besitzen, z.B. wenn eine Straße gleichzeitig<br />
Waldgrenze ist.<br />
Neben diesen funktionellen Eigenschaften, die jedes Objekt für sich besitzt, können weitere semantische<br />
Informationen aus der Lage zu benachbarten Objekten (Kontext) gewonnen werden.<br />
So lassen sich aus der relativen Lage von Höhenlinien Schlüsse über die Steilheit des Geländes ziehen.<br />
Ebenso ergibt sich die Bedeutung der Objekte für den Kartennutzer erst aus dem Kontext.<br />
Die Darstellung des Wanderweges in felsigem Gelände besitzt z.B. größeren Informationsgehalt<br />
bezüglich Begehbarkeit als die Wegdarstellung durch eine Wiesenlandschaft.<br />
Die Berücksichtigung semantischer Informationen ist Voraussetzung für eine sinnvolle Generalisierung.<br />
Dies wird deutlich, wenn man sich den Unterschied von Luftbild und Karte vor<br />
Augen hält. Während das Luftbild lediglich ein geometrisches Abbild liefert, ist die Karte eine<br />
Abstraktion der realen Welt. Durch Weglassen und Hervorheben werden die beim Betrachter<br />
ablaufenden inhaltlichen Schlussfolgerungen unterstützt und gelenkt.<br />
Der Informationsgehalt bzw. die Bedeutung von Objekten für den Betrachter ist nur schwer zu<br />
messen. Feststellbar ist, daß sich Informationsgehalt und Wahrscheinlichkeit für das Auftreten<br />
des Objektes umgekehrt proportional verhalten. So wird der Kartennutzer ein einzeln stehendes<br />
Haus eher als Orientierungspunkt verwenden als das gleiche Objekt innerhalb einer Ortschaft.<br />
Ebenso dürfte die Orientierung an einer markanten Flußbiegung leichter fallen als an einer<br />
sonstigen Stelle des Flusses. Schließlich ist ein Weg in schwer zugänglichem Gelände selten und<br />
besitzt deshalb eine große Bedeutung für den Wanderer.<br />
Die Objekte mit ihren Attributen können in unterschiedlicher Form verwaltet werden. Es wird<br />
zwischen hierarchischen, netzartigen, relationalen und objektorientierten Datenmodellen unterschieden.<br />
Die Gesamtheit aller gespeicherten Daten, die für eine rechnergestützte Bearbeitung<br />
fachlicher Informationen erforderlich ist, wird als Datenbank bezeichnet (Hake und Grünreich,<br />
1994). In Tabelle 2.2-3 werden die unterschiedlichen Datenbanktypen beschrieben.
2.2. Grundlagen der automatisierten Generalisierung 23<br />
Tabelle 2.2-3: Vergleich möglicher Datenbanktypen (nach Weisgerber, 1998)<br />
Datenmodell<br />
hierarchisch<br />
netzartig<br />
relational<br />
objektorientiert<br />
Erläuterung<br />
streng gegliedertes Ordnungssystem mit (impliziten) Verweisen vom übergeordneten<br />
zum untergeordneten Datenelement<br />
Ordnungssystem ohne eindeutige Hierarchisierung mit ein- bis mehrfachen<br />
(impliziten) Verweisen zwischen den Datenelementen<br />
Zusammenfassung von Datenelementen (= Datenfeld) in Datensätze und<br />
diese in Tabellen. Einführung eines zusätzlichen Datenfeldes je Tabelle mit<br />
(expliziter) Verweisfunktion (= Schlüsselfeld) zur Verknüpfung mehrerer<br />
Tabellen.<br />
Zusammenfassung von Datenelementen (= Objektdaten) in Objekte. Zuordnung<br />
von objektspezifischen ”<br />
Verhaltensregeln“ (= Objektmethoden).<br />
Objekte können wiederum Unterobjekte enthalten (= impliziter Verweis).<br />
2.2.2 Wissensakquisition<br />
Um Generalisierungsvorgänge zu automatisieren, ist es notwendig, kartographische Prinzipien<br />
zu formalisieren, die oftmals nur intuitiv angewendet werden. Dazu muß das Wissen zunächst<br />
erfaßt und systematisiert werden. Anschließend erfolgt die Abstraktion und Modellbildung bzw.<br />
eine Ableitung geeigneter Parameter. Das akquirierte Wissen ist dann als Wissensbasis in einem<br />
Expertensystem anwendbar.<br />
Tabelle 2.2-4: Verschiedene Arten von kartographischem Wissen (nach Uthe, 1996)<br />
Wissensart Erklärung Beispiele<br />
theoretisch<br />
künstlerisch,<br />
graphisch<br />
wahrnehmungspsychologisch<br />
organisatorisch<br />
technologisch<br />
formal definierte graphische und geometrische<br />
Größen (z.B. im Rahmen der Generalisierung)<br />
Wissen über Gestaltung, Zeichenaufbau und<br />
Zeichenlogik<br />
Wissen über Vorgänge der Zeichenwahrnehmung<br />
und Grundlagen der Zeichenwirkung<br />
Arbeitsabläufe in den verschiedenen Bereichen der<br />
Kartenherstellung<br />
Wissen über Geräte und Systemtechniken in der<br />
Anwendung von DV-Werkzeugen<br />
Mindestabstände,<br />
Auswahlregeln<br />
Zeichenschlüssel<br />
hellere Farbtöne<br />
benötigen größere<br />
Darstellungsflächen<br />
als dunkle<br />
Kartenproduktion<br />
an den Landesvermessungsämtern<br />
Farbseparation<br />
Bei der Akquisition ist die Vielfältigkeit kartographischen Wissens zu berücksichtigen (siehe Tabelle<br />
2.2-4). Für Aufgaben der Generalisierung interessiert zunächst die Gewinnung von formaltheoretischem<br />
Wissen, z.B. die Gewinnung von Vergleichsgrößen (Referenzen) und Bewertungs-
24 Kapitel 2. Theoretische und praktische Grundlagen<br />
kriterien, die Ableitung von Qualitäts- und Steuerparametern bzw. die Suche nach allgemeinen<br />
Regeln durch Auswertung konkreter Beispiele. Die Methoden zur Wissensakquisition können<br />
entsprechend dem Abstraktionsgrad in direkte, indirekte und automatische Verfahren eingeteilt<br />
werden (Uthe, 1996).<br />
Bei den indirekten Methoden wird kartographisches Wissen extrahiert, systematisiert und verwaltet.<br />
Dies geschieht in erster Linie durch die Befragung von Experten, die Auswertung von<br />
Fragebögen oder direkte Beobachtung. Ebenso möglich ist die Recherche von Fachliteratur<br />
(Lehrbücher, Musterblätter etc.). Des weiteren kann das sogenannte ”<br />
reverse engineering“ zu<br />
den indirekten Methoden gezählt werden. Dabei werden Karten unterschiedlichen Maßstabes<br />
und Generalisierungsgrades verglichen.<br />
Zum Bereich der direkten Methoden gehören vor allem die interaktiven Verfahren. Dabei gibt der<br />
Experte sein Wissen in sogenannten Akquisitionsshells ein (McMaster and Mark, 1991). Das<br />
Wissen wird in vorgegebenen Strukturen abgespeichert, und es werden Parameter generiert.<br />
Nachteilig ist, daß mit der vorgegebenen Modellierung eventuell wichtige, aber ungenügend<br />
vorstrukturierte Aspekte des Wissens nicht erfaßt werden.<br />
Die dritte Art der Wissensakquisition ist die automatische Ableitung von Wissen, z.B. in neuronalen<br />
Netzen (Werschlein and Weibel, 1994). Damit wird eine Alternative zur Verwendung<br />
expliziter Wissensbasen vorgeschlagen. Es werden keine Regeln abgeleitet, und die schwierige<br />
Formalisierung wird durch ein Training des neuronalen Netzes ersetzt. Das Wissen ist implizit<br />
im Netz enthalten und damit einer Bewertung nicht zugänglich.<br />
indirekte Wissensakquisition<br />
Quellen<br />
(Experten, Literatur, generalisierte Karten)<br />
Experten<br />
Fachliteratur<br />
Reverse Engineering<br />
Erfassen<br />
(Sammeln, Verwalten, Auswählen, Systematisieren)<br />
direkte Wissensakquisition<br />
interaktive Verfahren<br />
Formalisieren<br />
(Festlegen von Strukturen, Modellentwurf, Parameter)<br />
automatische Verfahren<br />
neuronale Netze<br />
Wissensbasis<br />
(Modell, Implementierung, wissensbasiertes System)<br />
Anwendung<br />
Abbildung 2.2-4: Prozeß der Wissensakquisition mit direkten, indirekten und automatischen Verfahren
2.2. Grundlagen der automatisierten Generalisierung 25<br />
Reverse Engineering: Eine Möglichkeit der Formalisierung kartographischen Expertenwissens<br />
ist das Reverse Engineering“ (Grünreich, 1995a). Darunter versteht man einen Vergleich<br />
”<br />
mehrerer Darstellungen in Ausgangs- und Folgemaßstab mit dem Ziel, Gemeinsamkeiten zu extrahieren<br />
und diese in verallgemeinerter Form (z.B. als Parameter oder Regel) abzuleiten. Auf<br />
die Bedeutung des Reverse Engineering für die Generalisierung wurde unter anderem auf dem<br />
zweiten Workshop über Progress in Automated Generalization“ in Barcelona 1995 hingewiesen<br />
”<br />
(Grünreich, 1996). Im Anhang A sind die experimentellen Arbeiten des Verfassers zur Analyse<br />
von Verdrängungssituationen in topographischen Karten dargestellt. Hier ist die prizipielle Vorgehensweise<br />
skizziert, wie mittels Reverse Engineering Steuerparameter für die automatisierte<br />
Verdrängung abgeleitet werden können:<br />
• Scannen von Verdrängungsszenen in verschiedenen Maßstäben (z.B. Fluß, Straße, Eisenbahn<br />
im Durchbruchstal)<br />
• Berücksichtigung charakteristischer Punkte zwecks Identifizierung gleicher Objekte in unterschiedlichen<br />
Maßstäben<br />
• Festlegung von geeigneten Maßen zur Beschreibung der Linienverdrängung (z.B. eingeschlossene<br />
Fläche zwischen Original- und verdrängter Linie, bezogen auf die Bogenlänge,<br />
Abstandsquadrate für charakteristische Punkte im Original- bzw. Folgemaßstab)<br />
• Vergleich der Verschiebungsbeträge innerhalb der Maßstabsreihe und zwischen verschiedenen<br />
Objekten<br />
• Ableitung von Verdrängungsprioritäten und Vergleich mit den Verdrängungsprioritäten<br />
des ATKIS-Signaturenkataloges (ATKIS-SK)<br />
• Anwendung der gefundenen Verdrängungsprioritäten als Steuerparameter<br />
Schwierigkeiten ergeben sich aus der Tatsache, daß Lageänderungen nicht zwangsläufig Folge<br />
von Verdrängungsoperationen sind, sondern auch durch Vereinfachung der betreffenden Objekte<br />
entstehen. Die praktische Realisierung zeigt, daß, entgegen den Verdrängungsprioritäten nach<br />
ATKIS-SK, Gewässer stärker verdrängt werden als Straßen und die Lage von Eisenbahnen am<br />
wenigsten geändert wird. Da hier zunächst nur die prinzipielle Machbarkeit und der Aufwand<br />
untersucht wurde, bedarf es für allgemeingültige Aussagen wesentlich umfangreicherer Untersuchungen.<br />
2.2.3 Wissensbasierte Systeme<br />
Formalisierung: Der erste Schritt in der Formalisierung und Modellbildung ist die Auswahl<br />
geeigneter Repräsentationsformen. Dazu gehört das Aufstellen von Rangfolgen und Ordnungen<br />
(Taxonomien), z.B. mit Hilfe von Baumdiagrammen. Für die Ableitung von Relationen und<br />
Charakteristiken können semantische Netze verwendet werden. Sie erleichtern die Abstraktion<br />
und das Finden geeigneter Attribute zur Beschreibung typischer Eigenschaften.<br />
Im zweiten und vielleicht schwierigsten Schritt des gesamten Akquisitionsprozesses müssen Methoden<br />
und Regeln abgeleitet werden, welche die zu bearbeitenden Daten und das akquirierte<br />
Wissen miteinander verknüpfen (Leitner and Buttenfield, 1995). Sie stellen das Kernstück<br />
eines wissensbasierten Systems dar und werden mit dem Begriff des Inferenzmechanismus (Interpreter)<br />
umschrieben (Grünreich und Rappe, 1997). Textliche Beschreibungen sind hierfür<br />
weniger geeignet, da diese oft nicht präzise genug sind, um als Regel in einem wissensbasierten<br />
System verwendet zu werden. Besser lassen sich Tabellen oder statistische Untersuchungen zur<br />
Formalisierung nutzen (Laurema et al., 1991).
26 Kapitel 2. Theoretische und praktische Grundlagen<br />
Eingabe<br />
Fakten<br />
Wissensbasis<br />
Interpreter<br />
Datenbasis<br />
Regeln<br />
Ausgabe<br />
Abbildung 2.2-5: Grundlegender Aufbau eines wissensbasierten Systems<br />
Wissensbasierte Systeme: Der allgemeine Aufbau eines wissensbasierten Systems ist in<br />
Abb. 2.2-5 dargestellt. Dabei werden mittels Interpreter die Fakten und Regeln aus der Wissensbasis<br />
auf die zu bearbeitenden Daten angewendet (Grünreich und Rappe, 1997). Für die<br />
Kartographie hat ein solches System etwa folgende Aufgaben zu übernehmen :<br />
• automatisierte Datenerfassung zur Erzeugung eines digitalen Datenbestandes<br />
• maßstabsabhängige Modellgeneralisierung<br />
• automatische Zuordnung der Signaturen des gewünschten Zeichenschlüssels<br />
• automatisierte kartographische Generalisierung<br />
• Ausgabe der kartographischen Repräsentation<br />
(siehe auch Spiess, (1990a) ). Aktuelle Softwareprogramme ermöglichen :<br />
• automationsgestützte Datenerfassung zur Erzeugung maßstabsabhängiger digitaler Landschaftsmodelle<br />
(dadurch werden die ersten beiden Punkte von oben in einem Schritt realisiert,<br />
mit dem Nachteil, daß die digitalen Ausgangsdaten schon maßstabsabhängig generiert<br />
werden)<br />
• Zuordnung des gewünschten Zeichenschlüssels<br />
• interaktive Generalisierung, unter Einsatz von speziellen Generalisierungswerkzeugen (Linienglättung,<br />
Aggregation von Gebäuden, ...)<br />
• Ausgabe als Druck oder Bildschirmpräsentation<br />
Als Fazit ist festzustellen, daß Expertenwissen bezüglich der kartographischen Generalisierung<br />
erst ansatzweise in den aktuellen Programmen existiert. So ist eine interaktive Wechselwirkung,<br />
welche die Steuerung mittels Parameter ermöglicht, die Bewertung von Ergebnissen oder eine<br />
Auswahl angebotener Varianten zuläßt, nur in wenigen Fällen möglich. Vielfach wird die Generalisierung<br />
deshalb von Hand durch den Kartographen ausgeführt, wobei an die Stelle von Folie
2.3. Bisherige Verdrängungslösungen 27<br />
und Gravurnadel jetzt Mauszeiger, Tastatur und Bildschirm getreten sind. Voraussetzung für<br />
die Entwicklung wissensbasierter Systeme, welche eine automatische oder automationsgestützte<br />
Generalisierung ermöglichen, sind deshalb neben der Akquisition vor allem die Formalisierung<br />
des vorhandenen kartographischen Wissens (Bollmann, 1988).<br />
2.3 Bisherige Verdrängungslösungen<br />
2.3.1 Geometrische Ansätze für Vektordaten<br />
Erste Ansätze für eine automatisierte Verdrängung entstanden in den siebziger Jahren. Auf der<br />
Basis von Vektordaten wurden Verschiebungsvektoren berechnet, welche Richtung und Größe<br />
notwendiger Verdrängungen beschreiben. Für die Bestimmung der Verschiebungsrichtung wurde<br />
von der Annahme ausgegangen, daß eine Verdrängungswirkung im wesentlichen von linienförmigen<br />
Objekten hervorgerufen wird und senkrecht zu deren Mittelachse erfolgt (Gottschalk,<br />
1972).<br />
Zur Berechnung von Verdrängungsbeträgen sind ausführliche Untersuchungen von Töpfer (1974)<br />
durchgeführt worden. Dabei erfolgt zunächst eine Unterscheidung von einfacher und angleichender<br />
Verdrängung. Außerdem wird auf die Bedeutung einer Verdrängung unter Wahrung der<br />
relativen Lage zwischen den Kartenobjekten hingewiesen. Ähnliche Ansätze wurden später auch<br />
von Lichtner (1977) und Schittenhelm (1978) aufgegriffen.<br />
Die einfache Verdrängung berücksichtigt die Einhaltung von Mindestabständen bei der Ableitung<br />
von Folgemaßstäben. Der Objektabstand (y 0 ) ergibt sich aus den halben Signaturbreiten<br />
der beteiligten Objekte (b 1 , b 2 ) zuzüglich eines Mindestabstandes für die optische Auflösbarkeit<br />
(a):<br />
y 0 = b 1 /2 + b 2 /2 + a . (2.3-1)<br />
Die Differenz der Objektabstände in Ausgangs- und Folgemaßstab liefert die notwendige Verschiebung<br />
(v 0 ). Dabei muß der Objektabstand des Ausgangsmaßstabes noch auf den Folgemaßstab<br />
umgerechnet werden:<br />
v 0 = y 0F − y 0A · mA<br />
m F<br />
. (2.3-2)<br />
Eine Verdrängung nach obigem Schema kann zu starken Veränderungen der Objektgestalt führen<br />
und Nachbarschaftsrelationen (bzw. die Topologie) verletzen. Deshalb wird der Verdrängungsbereich<br />
um die Verdrängungstiefe w A erweitert, und es werden auch Objektpunkte, für die<br />
y A = y 0A + w A mit w A > 0 (2.3-3)<br />
gilt, in die Verdrängung einbezogen. Die Verdrängungswirkung auf diese Punkte sollte mit wachsendem<br />
Abstand abnehmen. Ein möglicher Ansatz ist<br />
v = v 0 · e −x mit x := y A − y 0A<br />
y 0F<br />
· mA<br />
m F<br />
. (2.3-4)<br />
Der Exponent x wird so gewählt, daß für y A = y 0A bzw. w A = 0 die einfache Verdrängung als<br />
Spezialfall der angleichenden Verdrängung enthalten ist. Der Objektabstand im Folgemaßstab<br />
ergibt sich aus<br />
und nach Einsetzen von (2.3-2) und (2.3-4) in (2.3-5) zu<br />
y F = y A · mA<br />
m F<br />
+ v , (2.3-5)<br />
y F = y A · mA + (y0F − y 0A · mA ) · e<br />
−(y A −y 0A )m A /(cy gF m F )<br />
. (2.3-6)
28 Kapitel 2. Theoretische und praktische Grundlagen<br />
Außerdem wird der Bereich y gF = y 0F /c , in dem die Verdrängung abklingen soll, direkt eingeführt.<br />
Der Faktor c steuert dabei das Abklingverhalten. Um Folgekonflikte zu vermeiden, muß<br />
die Verdrängungstiefe situationsabhängig festgelegt werden. Die automatisierte Steuerung des<br />
Abklingverhaltens ist bisher nicht entwickelt.<br />
Abbildung 2.3-1: Verdrängung einer Höhenlinie durch eine Straße (nach Töpfer, 1974)<br />
Eine neuere Arbeit zur Verdrängung auf elementar-geometrischer Basis beschäftigt sich mit der<br />
Generalisierung von Gebäuden (Powitz, 1993). Dabei erfolgt eine automatische Verdrängung<br />
von Objektpunkten der Gebäudekonturen durch lokale Verdrängungsvektoren innerhalb von<br />
Straßenmaschen.<br />
2.3.2 Konfliktmodellierung mittels Rasterdaten<br />
Erste Untersuchungen zur Konfliktmodellierung mittels Rasterdaten stammen von Volkert<br />
(1978) und Christ (1979). Fortgesetzt wurden deren Arbeiten von Jäger (1991). Wesentlich<br />
bei diesen Ansätzen ist die pixelweise Abspeicherung der erforderlichen Verdrängungsinformationen.<br />
Neben Verdrängungsbetrag und Verdrängungsrichtung werden auch Angaben zur Objektpriorität,<br />
Lage der Objektmittelachse, Überlappungsbereiche etc. abgespeichert. In diesem<br />
Zusammenhang ist der Begriff des Verdrängungsgebirges entstanden.<br />
Abbildung 2.3-2: Verdrängungsgebirge (nach Jäger, 1990)
2.3. Bisherige Verdrängungslösungen 29<br />
Die Höhenwerte“ entsprechen dem Platzbedarf der Kartenobjekte. Im einfachsten Fall gibt der<br />
”<br />
Höhenwert“ eines Pixels Auskunft über die Anzahl von Objekten, die sich am Ort befinden.<br />
”<br />
Werden Mindestabstände und Verdrängungstiefen berücksichtigt, ergibt sich ein Verdrängungsgebirge,<br />
welches in Abbildung 2.3-2 dargestellt ist. Allgemeinere Untersuchungen zur Anwendung<br />
von Rasteroperationen für Generalisierungszwecke wurden von Weber (1982) durchgeführt.<br />
Die bisherigen Ansätze beschränken sich auf eine Modellierung der notwendigen Verschiebungen<br />
(2.3-6), um Darstellungskonflikte zu beseitigen. Eine Berücksichtigung der Objektgestalt<br />
erfolgt dabei zunächst nicht. Da besonders an den Grenzen der Verdrängungsbereiche abrupte<br />
Gestaltsänderungen auftreten, wird bei der angleichenden Verdrängung zusätzlich mit einer<br />
Verdrängungstiefe gearbeitet. Innerhalb dieser klingt die Verdrängungswirkung gegen Null ab,<br />
d.h. die Verdrängung wird sozusagen ”<br />
aufgefangen“. Der Nachteil bei diesem Vorgehen ist die<br />
Verkürzung von Objekten in Verdrängungsrichtung.<br />
2.3.3 Verdrängung als Optimierungsproblem<br />
Endrullis (1988) schlägt nun vor, u.a. Geometrie- und Relationsinformationen bei der Konfliktlösung<br />
zu berücksichtigen und die Verdrängung als komplexes Optimierungsproblem zu behandeln.<br />
Diesem Anspruch kann Bobrich (1996) mit seinem Federkraftmodell gerecht werden<br />
und erreicht damit eine neue Qualität auf dem Gebiet der automatisierten Verdrängung. Zum ersten<br />
Mal erfolgt hier eine explizite Modellierung der Objektgestalt (speziell von Linienobjekten).<br />
Der Verdrängungsansatz basiert auf einem hybriden Datenmodell. So werden Rasterdaten für<br />
die Recherche und Modellierung von Konfliktsituationen verwendet. Das Ergebnis ist ein pixelweise<br />
abgespeichertes Verdrängungsgebirge. Die Vektordaten werden benötigt, um die Gestalt<br />
der Kartenobjekte zu erfassen. Mit Hilfe des Federkraftmodells gelingt es, anschaulich die aufgetretenen<br />
Deformationen infolge Verdrängung in Kräfte umzusetzen. Diese wirken einer Gestaltsund<br />
Lageänderung der Kartenobjekte entgegen.<br />
Entsprechend der zu beschreibenden Signaturcharakteristika werden unterschiedliche Federarten<br />
bzw. Federkräfte eingeführt, z.B. ”<br />
Signaturfedern“ (F s ), um die Stützstellenabstände der<br />
Kartenobjekte trotz Verschiebung möglichst konstant zu halten oder ”<br />
Torsionsfedern“ (F t ), um<br />
das Krümmungsverhalten zu steuern. Schließlich soll die absolute Stützstellenbeweglichkeit bestimmter<br />
Kartenobjekte eingeschränkt werden (z.B. Trigonometrische Punkte). Dies erreicht<br />
man mit Hilfe sogenannter ”<br />
Bezugssystemfedern“ (F k ) (siehe Abbildung 2.3-3).<br />
Abbildung 2.3-3: Federkraftmodell (nach Bobrich, 1996)
30 Kapitel 2. Theoretische und praktische Grundlagen<br />
Die Umsetzung dieser konträren Aspekte, d.h. Beseitigung der Darstellungskonflikte bei bestmöglicher<br />
Wahrung der Signaturcharakteristika, kann als Optimierungsaufgabe gelöst werden. In der<br />
zugehörigen Zielfunktion unterscheidet Bobrich (1996) deshalb zwischen einem Federpotential<br />
Π F edern und dem Potential des Verdrängungsgebirges Π Rastergebirge :<br />
Π ges = Π F edern + Π Rastergebirge (2.3-7)<br />
Eine weiterführende analytische Formulierung gelingt nicht. Numerisch wird die Minimierung<br />
mittels des ”<br />
Downhill-Simplex-Verfahrens“ durchgeführt. Als Steuerparameter fungieren dabei<br />
verschiedene Federhärten, deren Wahl, in Abhängigkeit von der Objektbedeutung, dem Kartographen<br />
vorbehalten bleibt.<br />
Zusammenfassend können folgende Abschnitte bei der Entwicklung automatisierter Verdrängungslösungen<br />
unterschieden werden. Zunächst wurde versucht, auf elementar-geometrischer Basis<br />
Verschiebungsvektoren zu bestimmen. Später erfolgte eine Unterteilung der Verdrängungsproblematik<br />
in Konfliktmodellierung (Verdrängungsgebirge) und Konfliktlösung (resultierende<br />
Verdrängung). Die Verdrängung wurde dabei ohne explizite Berücksichtigung der Objektgestalt<br />
durchgeführt. Lediglich die angleichende Verdrängung versucht, Gestaltsänderungen innerhalb<br />
einer vorgegebenen Verdrängungstiefe aufzufangen. Um sich ergebende Folgekonflikte zu<br />
vermeiden, müßte die Verdrängungstiefe situationsabhängig festgelegt werden. Dies führte zur<br />
Behandlung der Verdrängung als Optimierungsproblem.<br />
Die Verwendung eines Federmodells ist hier sehr anschaulich, da mechanische Federn natürlicherweise<br />
formerhaltende Kräfte besitzen. In der automatisierten Verdrängung wirken sie der<br />
Verformung von Kartenobjekten entgegen. Für eine differenziertere Beschreibung von Kurven<br />
hat sich in mathematischen Anwendungen jedoch die Modellierung mit Splines durchgesetzt.<br />
Sind zusätzlich äußere Zwangsbedingungen zu berücksichtigen, kann eine angepaßte Klasse von<br />
Splines, die sogenannten energieminimierenden Splines, verwendet werden. Im folgenden Kapitel<br />
wird deshalb die automatisierte Linienverdrängung mit energieminierenden Splines vorgestellt.
31<br />
3 Verdrängung von Linienobjekten<br />
3.1 Splines<br />
3.1.1 Interpolierende und approximierende Splines<br />
Eine gegebene Funktion f(t) kann stückweise durch Polynome beliebigen Grades approximiert<br />
werden. Vorteile bietet hier die Verwendung von Polynomen dritten Grades, auch als klassische<br />
Spline-Interpolation bezeichnet. Durch ∆ := a = t 0 < t 1 < . . . < t n = b sei eine Unterteilung<br />
des Intervalls [a, b ] gegeben.<br />
Definition :<br />
Unter einer zu ∆ gehörigen Spline-Funktion s(t) versteht man eine reelle<br />
Funktion s(t) : [a, b ] → R mit den Eigenschaften<br />
• s(t) ∈ C 2 [a, b ] : s(t) ist auf [a, b ] zweimal stetig differenzierbar.<br />
• Auf jedem Teilintervall [t i , t i+1 ], i = 0, 1, . . . , n − 1, stimmt s(t) mit einem Polynom 3.<br />
Grades überein.<br />
Eine Splinefunktion ist somit stückweise aus n kubischen Polynomen so zusammengesetzt, daß<br />
die Funktion s(t) selbst und ihre beiden ersten Ableitungen an den Stellen t i ; i = 1, . . . , n − 1,<br />
keine Sprungstellen besitzen. Neben kubischen Spline-Funktionen kann man allgemeiner Splinefunktionen<br />
s(t) vom Grad k definieren, die stückweise aus Polynomen k-ten Grades so zusammengesetzt<br />
sind, daß s(t) ∈ C k−1 [a, b ] gilt.<br />
Man spricht von einer interpolierenden Spline-Funktion, wenn Spline s(t) und Funktion f(t) in<br />
den Stützstellen übereinstimmen :<br />
s(t i ) − f(t i ) = 0 , i = 0, 1, . . . , n . (3.1-1)<br />
Im allgemeinen sind die Interpolationslösungen entsprechend der Bedingung (3.1-1) nicht eindeutig.<br />
So können zusätzliche Optimalitätskriterien erfüllt werden :<br />
E =<br />
∫ b<br />
a<br />
[ s (l+1) (t) ] 2 dt = Min l ≥ 0 . (3.1-2)<br />
Im Falle l = 1 erhält man die Bedingung minimaler Biegeenergie für kubische Splines.<br />
Um vorhandene unerwünschte Undulationen zu unterdrücken, wurde die Verwendung von Splines<br />
unter Spannung vorgeschlagen (Schweikert, 1966). Dazu ist folgendes Energie-Integral<br />
zu minimieren :<br />
∫ b<br />
∫ b<br />
E = α [ s ′ (t) ] 2 dt + [ s ′′ (t) ] 2 dt . (3.1-3)<br />
a<br />
a<br />
Der erste Term beeinflußt die ”<br />
Länge“ des Splines, der zweite die ”<br />
Krümmung“. Die Spannung<br />
wird über den Parameter α gesteuert; so führt eine Vergrößerung von α zur Elimination von<br />
Schwingungen bei gleichzeitiger Verringerung der Splinelänge.<br />
Um eine lokale Steuerung zu ermöglichen, wurde ein alternativer Ansatz mit zusammengesetzten<br />
Polynomen entwickelt, sogenannte v-Splines (Nielson, 1974). Das zu minimierende Energie-<br />
Integral nimmt dabei folgende Gestalt an :<br />
E =<br />
n∑<br />
α i [ s ′ (u i ) ] 2 +<br />
∫ b<br />
i=0<br />
a<br />
[ s ′′ (t) ] 2 dt . (3.1-4)<br />
Damit kann an jedem Interpolationspunkt der Kurve die Spannung selektiv verändert werden.
32 Kapitel 3. Verdrängung von Linienobjekten<br />
Da in der Praxis die vorgegebenen Werte f(t i ) oft Meßwerte und daher fehlerbehaftet sind, ist die<br />
Anwendung der Interpolationsforderung (3.1-1) nicht in jedem Falle sinnvoll. Vielmehr wird hier<br />
eine Extremalforderung mit Nebenbedingung angesetzt (in Form einer Lagrange-Funktion), so<br />
daß zum einen die Meßwerte und Interpolationspunkte nicht zwangsläufig zusammenfallen und<br />
andererseits die Glättungseigenschaften interpolierender Splines übernommen werden können.<br />
Diese approximierenden Splines ergeben sich nach Minimierung des Funktionals<br />
n∑<br />
[ ] s(ti ) − f(t i ) 2 ∫ b<br />
E = (1 − λ)<br />
+ λ [ s ′′ (t) ] 2 dt . (3.1-5)<br />
σ i a<br />
i=1<br />
Die Parameter σ i stellen die Standardabweichungen der Meßfehler dar, mit denen die Meßwerte<br />
f(t i ) behaftet sind. Der Glättungsparameter λ ɛ [0, 1] liefert im Spezialfall λ = 0 den kubischen<br />
Interpolations-Spline. Für größere λ erhält man eine glatte Näherungskurve und im Grenzfall<br />
λ = 1 ergibt sich die ausgleichende Gerade.<br />
Durch Konstruktion dieser Extremwertaufgabe mit Nebenbedingungen gelingt es demzufolge,<br />
die konkurrierenden Ziele, bestmögliche Approximation der Funktionswerte bei gleichzeitiger<br />
Gewährleistung eines glatten Splineverlaufs, miteinander zu verbinden. Dieser Gedanke wird im<br />
Snakes-Konzept aufgegriffen und für Anwendungen in der Bildverarbeitung fortgeführt.<br />
3.1.2 Energieminimierende Splines (Snakes)<br />
Bisher wurden Splines verwendet, um komplizierte Funktionsverläufe durch einfachere Funktionen<br />
auszudrücken oder vorgegebene Funktionswerte durch analytische Ausdrücke zu beschreiben.<br />
Zu allgemeineren Modellen führt die Anwendung energieminimierender Splines in der Bildverarbeitung;<br />
dort auch als Snakes bezeichnet. Dabei soll die Gestalt von Objekten aus Bildern<br />
extrahiert werden. Die Approximation bezieht sich damit nicht mehr auf vorgegebene Funktionswerte,<br />
sondern auf Objekte, deren Ausdehnung und Lage durch Hell-Dunkel-Unterschiede<br />
in Bildern beschrieben wird. Der Spline lagert sich dazu unter Erfüllung von Optimalitätskriterien<br />
der gesuchten Kontur an. Die wesentliche Eingangsinformation liefert hier die Bildintensität.<br />
Die erste fundamentale Arbeit stammt von Kass, Witkin und Terzopoulos (1987). In dieser<br />
wird die Zielfunktion der Gesamtenergie<br />
E ∗ snake =<br />
∫ 1<br />
0<br />
E snake ds =<br />
∫ 1<br />
0<br />
(E ext + E int ) ds (3.1-6)<br />
aus einem inneren und einem äußeren Anteil zusammengesetzt. Die interne Energie“<br />
(<br />
”<br />
E int = α(s) | v s (s) | 2 + β(s) | v ss (s) | 2) /2 (3.1-7)<br />
faßt die oben angeführten Forderungen an die Splinegestalt zusammen. Der erste Term steuert<br />
wieder die Dehnbarkeit in Längsrichtung (auch als Membranterm“ bezeichnet), der zweite beeinflußt<br />
die Krümmung bzw. Wölbung des Splines (vergleichbar den Biegeeigenschaften einer<br />
”<br />
” dünnen Metallplatte“). Die externe Energie“<br />
”<br />
E ext = −|grad I(x, y)| 2 (3.1-8)<br />
enthält die Information über die zu approximierenden Objekte in Form der Bildintensität I(x, y).<br />
Vielfach wird hier der Gradient der Bildintensität eingesetzt, da die Begrenzung eines Objektes<br />
durch große Hell-Dunkel-Unterschiede gekennzeichnet ist und so z.B. Kanten detektiert werden<br />
können.<br />
Schlußfolgernd ist anzumerken, daß es sich bei Snakes (dt. Schlangen) um verallgemeinerte<br />
Splines handelt, deren Name aus der Art und Weise resultiert, wie sich Splines während der<br />
Iteration den zu extrahierenden Objekten nähern.
3.2. Linienverdrängung mit Snakes 33<br />
3.2 Linienverdrängung mit Snakes<br />
3.2.1 Prinzip der Energieminimierung<br />
Während in der Mustererkennung die aktiven Splines den unscharfen Konturen angelagert werden,<br />
erfolgt in der automatisierten Verdrängung eine Abstoßung von Linien (siehe Abbildung<br />
3.2-1). Gemeinsam ist beiden Anwendungen die Verschiebung und Verformung von Linien unter<br />
Einwirkung äußerer Zwänge.<br />
Spline<br />
Linie 3<br />
Linie 2<br />
unscharfe<br />
Kontur<br />
Linie 1<br />
Abbildung 3.2-1: Analogie zwischen Konturerkennung (Anlagerung eines Splines an eine unscharfe<br />
Kontur; links) und einseitiger oder gegenseitiger Linienverdrängung (rechts) im Konzept energieminimierender<br />
Splines (Snakes)<br />
Das Prinzip der Energieminimierung, angewendet auf die Linienverdrängung, ist in Abbildung<br />
3.2-2 veranschaulicht. Zunächst sind geeignete Energieterme für die jeweilige Aufgabe zu formulieren.<br />
Diese werden zu einer Gesamtenergie zusammengefaßt, welche die Zielfunktion des<br />
Optimierungsproblems liefert. Die Energieterme sind dabei so zu wählen, daß mit kleiner werdender<br />
Energie eine Lösung der verschiedenen Teilaspekte erfolgt.<br />
Für die Linienverdrängung existieren zwei wesentliche Gesichtspunkte. Zum einen soll eine Überlagerung<br />
durch benachbarte Signaturen beseitigt werden und eine Plazierung in einem gewissen<br />
Mindestabstand erfolgen. Zum anderen ist während der Verschiebung die Gestalt der Linien<br />
möglichst gut zu erhalten. Zur Konfliktlösung wird die Gesamtenergie minimiert. Im Falle der<br />
Linienverdrängung wird dazu das Variationsverfahren verwendet (siehe 3.2.3). Nach der Energieminimierung<br />
sind die Konflikte abgebaut und die Linienform ist weitestgehend erhalten.<br />
Analog zur Bildverarbeitung (siehe 3.1.2) setzt sich die Gesamtenergie<br />
∫ 1<br />
0<br />
E ges ds =<br />
∫ 1<br />
0<br />
(E ext + E int ) ds = Min (3.2-1)<br />
für jede Linie wieder aus einem inneren und einem äußeren Anteil zusammen. Die innere Energie<br />
wird verwendet, um die Forderungen an die Liniengestalt zu modellieren. Dabei besteht<br />
der Wunsch, das ”<br />
Typische“ der Linien möglichst zu erhalten. Im Gegensatz zur Anwendung<br />
der Snakes in der Bildverarbeitung ist man also an einer minimalen Gestaltsänderung interessiert.<br />
Diese wird zunächst hervorgerufen durch notwendige Verdrängungen in Bereichen zu<br />
hoher Objektkonzentration. Die äußere Energie beschreibt zu geringe Abstände zwischen den<br />
Linienabschnitten. Schließlich werden beide Effekte in die Energieminimierung sämtlicher Linien<br />
einbezogen. Dazu wird über die Gesamtenergie E ges , entlang jeder Linie mit der Bogenlänge<br />
s ɛ [0, 1], integriert.
34 Kapitel 3. Verdrängung von Linienobjekten<br />
Konflikt<br />
(Verdrängungsgebirge)<br />
Kartenobjekte<br />
(Gestalt bestimmt durch<br />
1. und 2. Ableitung der<br />
Linie nach der Bogenlänge)<br />
äußere Energie<br />
innere Energie<br />
Energieminimierung mittels Variationsverfahren<br />
Konflikt abgebaut<br />
Gestalt der Linien<br />
weitestgehend erhalten<br />
Abbildung 3.2-2: Schema zur Linienverdrängung mittels Energieminimierung<br />
3.2.2 Innere und äußere Energie<br />
Innere Energie<br />
Die Form der Linie ist zunächst durch den Vektor v(s) = (x(s), y(s)) ⊤ festgelegt. In Bereichen<br />
hoher Kartenbelastung müssen Objekte verdrängt, d.h. sowohl die Lage als auch die Form<br />
der Linien verändert werden. Der Umfang der Verdrängung wird dabei durch die äußere Energie<br />
bestimmt. Die innere Energie kann verwendet werden, um Änderungen der Liniengestalt<br />
entgegenzuwirken. Fordert man hier möglichst große Übereinstimmung zwischen Original und<br />
verdrängter Linie, können die charakteristischen Eigenschaften der Linie erhalten werden. Die<br />
Veränderung gegenüber dem ursprünglichen Zustand wird durch den Vektor w(s) beschrieben :<br />
w := (x − x o , y − y o ) ⊤ ,<br />
w s := (x s − x o s, y s − y o s) ⊤ ,<br />
w ss := (x ss − x o ss, y ss − y o ss) ⊤ .<br />
Während x und y die aktuellen Linienkoordinaten enthalten, kennzeichnen x o und y o die Linie<br />
im Originalzustand. Tiefgestellte Indizes bezeichnen die partiellen Ableitungen nach der<br />
Bogenlänge s. Die interne Energie nimmt damit folgende Gestalt an :<br />
E int = (α |w s | 2 + β |w ss | 2 )/2 . (3.2-2)<br />
Formal stimmt dieser Ausdruck mit der für Snakes eingeführten inneren Energie (3.1-7) überein.<br />
Ähnlich ist die physikalische Interpretation; so beschreibt die erste Ableitung das Dehnungsverhalten<br />
in Längsrichtung. Die zweite Ableitung modelliert das Biegeverhalten des Splines und<br />
wirkt demzufolge in Querrichtung.<br />
Der wesentliche Unterschied zu den Snakes der Bildverarbeitung besteht darin, daß hier nicht<br />
Splines minimaler Dehnung bzw. Krümmung gesucht sind, sondern Splines, die nur geringe Abweichungen<br />
in Länge und Krümmung bezüglich des ursprünglichen Zustandes aufweisen. Demzufolge<br />
werden während der Verdrängung die Differenzen in den ersten und zweiten Ableitungen<br />
(w s , w ss ) minimiert und damit die Gestaltsänderungen klein gehalten. Die Gewichte α und β<br />
sind in dem hier verwendeten Modell für alle Linien konstant.
3.2. Linienverdrängung mit Snakes 35<br />
Äußere Energie<br />
Die äußere oder externe Energie E ext wird verwendet, um Konfliktsituationen von Linien zu<br />
beschreiben. Sie ist null, wenn keine Verdrängungsobjekte innerhalb eines gegebenen Hardcore-<br />
Abstandes h vom Ort v i = [x i , y i ] ⊤ des Punktes P i liegen. Der Hardcore-Abstand berechnet sich<br />
aus den halben Signaturbreiten der beteiligten Linien zuzüglich eines Mindestabstandes h min<br />
für die optische Auflösbarkeit. Der Punkt P i bezeichnet hier eine beliebige Stützstelle mit Index<br />
i der Linie L I (siehe Abbildung 3.2-3).<br />
y<br />
+<br />
+<br />
L J<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
t<br />
+<br />
+<br />
+<br />
k<br />
P<br />
P<br />
j<br />
j+1<br />
a<br />
+<br />
+<br />
+<br />
P i+1<br />
P i=P(x i, y<br />
i)<br />
P h<br />
i-1<br />
i d<br />
j , j+1<br />
a i<br />
P i<br />
t<br />
k<br />
P<br />
j<br />
P<br />
j +1<br />
d<br />
d<br />
i, j +1<br />
i, j<br />
+<br />
v<br />
i<br />
+<br />
+<br />
L := { P ; i = 1, 2, ... }<br />
I<br />
i<br />
x<br />
Abbildung 3.2-3: Beispiel zur Bestimmung des Verdrängungspotentials (im Punkt P i<br />
bezüglich der Linie L J )<br />
der Linie L I<br />
Unterschreiten Linien oder andere Verdrängungsobjekte den Hardcore-Abstand, entsteht ein<br />
Verdrängungspotential E ext (v i ) > 0 im Punkt P i . Dieses wird umso größer, je länger das innerhalb<br />
des Hardcore-Abstandes verlaufende Linienstück und je geringer die Entfernung zu P i ist.<br />
Berücksichtigt werden sämtliche Sützstellen der benachbarten Linien, sowie die interpolierten<br />
Zwischenpunkte. Die Berechnung von Zwischenpunkten ist notwendig, um eine Verdrängungswirkung<br />
unabhängig vom Stützstellenabstand zu modellieren.<br />
Da nur Liniensegmente in der lokalen Umgebung einen Einfluß auf die Verdrängung der Stützstellen<br />
haben, wird in der praktischen Rechnung zunächst eine Vorauswahl zu berücksichtigender<br />
Liniensegmente getroffen. Jeder Koordinate werden dazu die Indizes benachbarter Stützstellen<br />
zugeordnet. Die Auswahl erfolgt anhand eines erweiterten Hardcore-Abstandes h e = f · h. Der<br />
Bereichsfaktor berücksichtigt maximal auftretende Verschiebungen und wird erfahrungsgemäß<br />
mit f = 3 festgelegt. Die Summation in Gleichung (3.2-3) über alle Stützstellen mit Index j<br />
sämtlicher Linien J beschränkt sich danach auf die Stützstellen in der unmittelbaren Umgebung.<br />
Der einfachste Ansatz, der den genannten Anforderungen entspricht, lautet :<br />
E ext (v i ) ∼ ∑ J≠I<br />
{<br />
∑ ∑ (1 − ai (t k )/h) : a i < h<br />
j t<br />
0 : a i ≥ h<br />
. (3.2-3)
36 Kapitel 3. Verdrängung von Linienobjekten<br />
Dabei ist a i (t k ) jeweils der Abstand vom interpolierten Zwischenpunkt des Linienelementes, welches<br />
die Verdrängung ausübt, zum Stützpunkt P i , für den das Verdrängungspotential bestimmt<br />
werden soll:<br />
√<br />
a i (t k ) = d 2 j,j+1 · t2 k + (d2 i,j+1 − d2 i,j − d2 j,j+1 ) · t k + d 2 i,j (3.2-4)<br />
mit<br />
d j,j+1 =<br />
d i,j =<br />
d i,j+1 =<br />
√<br />
(x j+1 − x j ) 2 + (y j+1 − y j ) 2 ,<br />
√<br />
(x j − x i ) 2 + (y j − y i ) 2 ,<br />
√<br />
(x j+1 − x i ) 2 + (y j+1 − y i ) 2<br />
(vgl. Anhang B). Die Berechnung der Zwischenpunkte erfolgt durch gleitende Mittelbildung.<br />
Der Parameter t k ergibt sich hier aus dem Verhältnis von Schrittweite ∆ und individuellem<br />
Stützstellenabstand:<br />
t k = k ·<br />
∆<br />
d j,j+1<br />
, k = 0, 1, ... und t k ɛ [0, 1) . (3.2-5)<br />
Die Schrittweite kann beliebig klein gewählt werden. Für ∆ → 0 entspricht dies einer approximativ<br />
kontinuierlichen Verdrängung. Zu berücksichtigen ist, daß mit kleiner werdender Schrittweite<br />
der Rechenaufwand steigt. Als Mindestanforderung für ∆ ist ein Wert zu wählen, der eine<br />
Größenordnung kleiner als der durchschnittliche Stützstellenabstand ist.<br />
Abbildung 3.2-4(a) zeigt die Stützstellen verschiedener Linienobjekte. Aus diesen diskreten Eingangskoordinaten<br />
wird durch die vorgestellte gleitende Mittelbildung der Platzbedarf der Linienobjekte<br />
berechnet, der als sogenanntes erzeugendes Verdrängungsgebirge dargestellt werden<br />
kann (siehe Abbildung 3.2-4(b)).<br />
(a) Diskrete Eingangskoordinaten<br />
(b) Erzeugendes Verdrängungsgebirge<br />
Abbildung 3.2-4: Beispiel eines erzeugenden Verdrängungsgebirges
3.2. Linienverdrängung mit Snakes 37<br />
3.2.3 Variationsverfahren und Eulergleichungen<br />
Nach Festlegung der Zielfunktion, respektive Konstruktion der Gesamtenergie, wird das Energieintegral<br />
variiert. Die Lösung der entstehenden Eulergleichung liefert die Linienkoordinaten, welche<br />
das Optimalitätskriterium, minimale Gesamtenergie, erfüllen. Heute ist die Anwendung<br />
von Extremalprinzipien überall in den Natur- und Ingenieurwissenschaften verbreitet, in der<br />
Geodäsie z.B. bei der Darstellung der geodätischen Linie in Form der Eulerschen Gleichungen<br />
(Klotz, 1991; Grafarend und You, 1995). Dabei bleibt dem Anwender die wesentliche Aufgabe,<br />
eine dem Problem angepaßte Lagrange-Funktion aufzustellen bzw. geeignete Energien zu<br />
definieren.<br />
Herleitung der Eulerschen Gleichungen:<br />
I[x(s), y(s)] =<br />
∫ 1<br />
0<br />
E ges ds =<br />
∫ 1<br />
von zwei Funktionen x(s), y(s) mit festen Randwerten<br />
0<br />
Wir betrachten ein Funktional<br />
E ges (x, x s , x ss , y, y s , y ss , s) ds (3.2-6)<br />
x(0) = x a , y(0) = y a , x(1) = x e , y(1) = y e .<br />
Gesucht sind die Funktionen x(s), y(s), für die das Funktional I[x(s), y(s)] minimal wird. Eine<br />
notwendige Bedingung ist die Stationarität von I bei Variation der gesuchten Funktionen:<br />
δI[x + δx, y] = 0 , δI[x, y + δy] = 0 . (3.2-7)<br />
Damit lassen sich die Eulerschen Gleichungen der Variationsrechnung für beide Funktionen<br />
herleiten (siehe z.B. Fliessbach (1992)):<br />
δI[x + δx, y] = I[x + δx, y] − I[x, y]<br />
=<br />
=<br />
=<br />
=<br />
=<br />
=<br />
∫ 1<br />
0<br />
∫ 1<br />
0<br />
∫ 1<br />
0<br />
∫ 1<br />
0<br />
∫ 1<br />
0<br />
∫ 1<br />
0<br />
ds (E x δx + E xs δx s + E xss δx ss )<br />
(<br />
d<br />
ds E x δx + E xs<br />
ds δx + E d 2 )<br />
x ss<br />
ds 2 δx<br />
∫ 1 ( dExs<br />
ds E x δx − ds<br />
0 ds δx + dE )<br />
x ss<br />
ds<br />
δx s + E xs δx∣ 1 ∣ + E ∣∣ 1<br />
x ss<br />
δx s<br />
0 0<br />
(<br />
ds E x − dE ) ∫ 1<br />
x s<br />
δx − ds dE x ss<br />
ds<br />
0 ds<br />
δx s<br />
(<br />
ds E x − dE )<br />
x s<br />
ds<br />
+ d2 E xss<br />
ds 2 δx − dE ∣<br />
x ss<br />
ds δx ∣∣ 1<br />
0<br />
(<br />
ds E x − dE )<br />
x s<br />
ds<br />
+ d2 E xss<br />
ds 2 δx = 0 . (3.2-8)<br />
Durch zweimalige partielle Integration wird E xss δx ss zu (d 2 E xss /ds 2 )δx. Analog erfolgt die Variation<br />
für die Funktion y(s). Aus der Beliebigkeit von δx bzw. δy resultieren zwei Differentialgleichungen<br />
4. Ordnung, die Eulerschen Gleichungen<br />
E x − dE x s<br />
ds<br />
+ d2 E xss<br />
ds 2 = 0 , E y − dE y s<br />
ds<br />
+ d2 E yss<br />
ds 2 = 0 . (3.2-9)<br />
Nach dem Einsetzen des inneren und äußeren Potentials ergeben sich die Gleichungen<br />
∂E ext<br />
∂x − α(x ss − x o ss) + β(x ssss − x o ssss) = 0 , (3.2-10)<br />
∂E ext<br />
− α(y ss − y o<br />
∂y<br />
ss) + β(y ssss − yssss) o = 0 . (3.2-11)<br />
Die Gleichungen (3.2-10) und (3.2-11) werden mit Hilfe finiter Differenzen diskretisiert und<br />
schrittweise durch Anwendung der Cholesky-Zerlegung gelöst (vgl. Abschnitt 3.3.1).
38 Kapitel 3. Verdrängung von Linienobjekten<br />
3.2.4 Tangent Angle Function Snakes (TAFUS)<br />
Neben der Parametrisierung von Snakes mittels rechtwinkliger Koordinaten, kann alternativ die<br />
Tangentenwinkelfunktion<br />
ϕ(s) := arctan ẏ(s)<br />
ẋ(s)<br />
(3.2-12)<br />
zur Beschreibung ebener Kurven verwendet werden. Die innere Energie nimmt damit analog zu<br />
Gleichung (3.2-2) folgende Gestalt an :<br />
E int = (αϕ 2 + β ˙ϕ 2 )/2 , (3.2-13)<br />
wobei der erste Term die Kurvenrichtung modelliert und die Ableitung der Tangentenwinkelfunktion<br />
nach der Bogenlänge der Krümmung entspricht:<br />
˙ϕ(s) = ẋÿ − ẏẍ (3.2-14)<br />
mit ˙ϕ = ∂ϕ/∂s, ẋ = ∂x/∂s, ẏ = ∂y/∂s, sɛ[0, 1]. Die Rückrechnung erfolgt nach<br />
x(s) = x(0) +<br />
y(s) = y(0) +<br />
∫ s<br />
0<br />
∫ s<br />
0<br />
cos ϕ(t) dt , (3.2-15)<br />
sin ϕ(t) dt . (3.2-16)<br />
Der Vorteil dieser Beschreibung liegt in der Reduktion von zwei Gleichungen 4. Ordnung auf<br />
eine Gleichung 2. Ordnung :<br />
∂E ext<br />
∂ϕ<br />
+ αϕ(s) − β ¨ϕ(s) = 0 . (3.2-17)<br />
Nachteilig ist, daß nur Richtungsänderungen δϕ i und keine Streckenänderungen δs i zwischen benachbarten<br />
Punkten deformierter Polygon-Snakes gewonnen werden. Demzufolge ist eine Rücktransformation<br />
nach (3.2-15), (3.2-16) nicht möglich. Um trotzdem kartesische Koordinaten bestimmen<br />
zu können, wird deshalb zusätzlich gefordert, daß die Polygonpunkte senkrecht zur<br />
Kurvenrichtung verschoben werden sollen (Borkowski et al., 1999).<br />
3.3 Diskretisierung und numerische Realisierung<br />
3.3.1 Finite Differenzen<br />
Snakes: Zur Lösung der Euler-Gleichungen (3.2-10) und (3.2-11) erfolgt die Diskretisierung<br />
mittels finiter Differenzen:<br />
0 = (E i x, E i y) + α [(w i − w i−1 ) − (w i+1 − w i )] + (3.3-1)<br />
β ({[(w i − w i−1 ) − (w i+1 − w i )] − [(w i+1 − w i ) − (w i+2 − w i+1 )]} −<br />
{[(w i−1 − w i−2 ) − (w i − w i−1 )] − [(w i − w i−1 ) − (w i+1 − w i )]}) .<br />
Nach Umformung und unter Verwendung der Substitutionen<br />
ergibt sich aus (3.3-1) die Gleichung<br />
a := 2α + 6β b := −α − 4β c := β (3.3-2)<br />
0 = (E i x, E i y) + cw i−2 + bw i−1 + aw i + bw i+1 + cw i+2 , (3.3-3)
3.3. Diskretisierung und numerische Realisierung 39<br />
in Matrizenform<br />
A(x t − x 0 ) + E x ext (x t , y t ) = 0 , (3.3-4)<br />
A(y t − y 0 ) + E y ext (x t , y t ) = 0 , (3.3-5)<br />
mit der pentadiagonalen Bandmatrix<br />
⎡<br />
A =<br />
⎢<br />
⎣<br />
a b c 0 0 · · ·<br />
b a b c 0<br />
c b a b c<br />
0 c b a b<br />
0 0 c b a<br />
.<br />
⎤<br />
⎥<br />
⎦<br />
. (3.3-6)<br />
Im nächsten Schritt erfolgt der Übergang zu einer iterativen Bearbeitung (Parameter t):<br />
(A + λI)(x t − x 0 ) = λ(x t−1 − x 0 ) − E x ext (x t−1 , y t−1 ) , (3.3-7)<br />
(A + λI) (y t − y 0 )<br />
} {{ } } {{ }<br />
B n<br />
= λ (y t−1 − y 0 ) − E y ext (x t−1 , y t−1 )<br />
} {{ }<br />
m<br />
. (3.3-8)<br />
Die Vektoren x t bzw. y t bezeichnen die x- bzw. y-Koordinaten der Linie im gegenwärtigen Iterationsdurchgang.<br />
Die Vektoren x 0 bzw. y 0 enthalten die x- bzw. y-Koordinaten der ursprünglichen<br />
Linie. Eine Lösung der entkoppelten Matrizengleichungen (3.3-7) und (3.3-8) erfolgt mittels<br />
Cholesky-Zerlegung. Dabei handelt es sich um eine symmetrische Version der LR-Zerlegung für<br />
positiv definite Matrizen:<br />
Bn = m<br />
R T Rn = m (3.3-9)<br />
R T u = m ⇒ Rn = u ⇒ n .<br />
TAFUS: Analog ist die Vorgehensweise zur Diskretisierung der Euler-Gleichung für die Tangentenwinkelfunktion<br />
(3.2-17). Da im Gegensatz zur Parametrisierung mit kartesischen Koordinaten<br />
die Euler-Gleichung nur von 2. Ordnung ist, besitzt die Koeffizientenmatrix tridiagonale<br />
Struktur:<br />
⎡<br />
⎤<br />
a b 0 0 0 · · ·<br />
b a b 0 0<br />
a := α + 2β<br />
A T =<br />
0 b a b 0<br />
,<br />
(3.3-10)<br />
⎢ 0 0 b a b<br />
b := −β .<br />
⎥<br />
⎣<br />
⎦<br />
.<br />
Es ist also nur ein Gleichungssystem (je Kurve) mit tridiagonaler Koeffizientenmatrix anstelle<br />
zweier mit pentadiagonaler Matrix bei den üblichen Snakes-Verfahren zu lösen. Allerdings<br />
müssen vor dem Start die Polygonseitenrichtungen<br />
ϕ i := arctan y i+1 − y i<br />
x i+1 − x i<br />
, (3.3-11)<br />
entsprechend (3.2-12) und nach jedem Iterationsschritt die Koordinaten der verschobenen Polygonpunkte<br />
neu berechnet werden.
40 Kapitel 3. Verdrängung von Linienobjekten<br />
Die externe Energie (3.2-3) in den Punkten P i und ˜P i := P (x i + dx i , y i + dy i ) einer Kurve<br />
ergibt sich aus den Abständen a und ã zu Punkten der benachbarten Kurve (Abbildung 3.3-1).<br />
Die Koordinatenunterschiede dx i , dy i resultieren aus einer (genügend kleinen) Drehung dϕ jedes<br />
Kurvenstücks der Länge s i mit s 2 i = (x i − x i−1 ) 2 + (y i − y i−1 ) 2 , näherungsweise zu berechnen<br />
aus<br />
dx i ≃ dq i cos(ϕ i + π/2) ,<br />
dy i ≃ dq i sin(ϕ i + π/2) , (3.3-12)<br />
dq i ≃ s i dϕ .<br />
Die Ableitung der externen Energie wird approximiert durch<br />
∂E ext<br />
∂ϕ<br />
∣ ≃ E ext| ˜Pi<br />
− E ext | Pi<br />
i dϕ<br />
. (3.3-13)<br />
Die aus den Richtungsänderungen δϕ i := ϕi t − ϕt−1 i folgenden Koordinatenänderungen δx i , δy i<br />
berechnet man ebenfalls (genügend genau) mit (3.3-13), wobei sign δq i = sign δϕ i .<br />
y<br />
~ ~<br />
P<br />
a<br />
a<br />
s<br />
dq<br />
ϕ + π<br />
2<br />
s P<br />
dϕ<br />
ϕ<br />
x<br />
Abbildung 3.3-1: Berechnung der externen Energie für TAFUS<br />
3.3.2 Finite Elemente<br />
Die Diskretisierung der Euler-Gleichungen mit finiten Differenzen führt auf schlecht konditionierte<br />
Matrizen (siehe 3.3.3). Damit ist eine hohe Zahl an Iterationen zur Lösung der Gleichungen<br />
(3.3-7), (3.3-8) verbunden. Nach Cohen und Cohen (1990) kann eine Konvergenzbeschleunigung<br />
duch die Verwendung finiter Elemente erreicht werden. Der Finite-Elemente-<br />
Ansatz von Højholt (1998) unterstützt die Annahme einer sinnvollen Anwendung in der Linienverdrängung.<br />
Im folgenden wird deshalb die Eignung finiter Elemente zur Diskretisierung der<br />
Euler-Gleichungen näher untersucht.<br />
Ausgangspunkt ist die zu diskretisierende Euler-Gleichung mit interner und externer Energie :<br />
−α w ′′ + β w IV + f = 0 , (3.3-14)<br />
wobei<br />
f = ∂E ext<br />
∂x<br />
Nach Multiplikation mit einer genügend glatten Funktion v(s), die auf dem Rand verschwindet<br />
und anschließender Integration folgt<br />
.<br />
∫ 1<br />
0<br />
(α w ′′ − β w IV ) v ds =<br />
∫ 1<br />
0<br />
f v ds . (3.3-15)
3.3. Diskretisierung und numerische Realisierung 41<br />
1<br />
B 1,0<br />
−Spline<br />
1.5<br />
B 2,0<br />
−Spline<br />
0.9<br />
0.8<br />
0.7<br />
1<br />
0.6<br />
0.5<br />
0.4<br />
0.3<br />
0.5<br />
0.2<br />
0.1<br />
0<br />
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 1.4 1.6 1.8 2<br />
0<br />
0 0.5 1 1.5 2 2.5 3<br />
(a) B 1,0-Spline<br />
(b) B 2,0-Spline<br />
2<br />
B’ 2,0<br />
−Spline<br />
3<br />
B’’ 2,0<br />
−Spline<br />
1.5<br />
2<br />
1<br />
1<br />
0.5<br />
0<br />
0<br />
−1<br />
−0.5<br />
−2<br />
−1<br />
−3<br />
−1.5<br />
−4<br />
−2<br />
0 0.5 1 1.5 2 2.5 3<br />
−5<br />
0 0.5 1 1.5 2 2.5 3<br />
(c) B ′ 2,0-Spline<br />
(d) B ′′<br />
2,0-Spline<br />
Abbildung 3.3-2: Lineare und quadratische B-Splines zuzüglich erster und zweiter Ableitung<br />
Partielle Integration führt zu<br />
∫ 1<br />
(−α w ′ v ′ − β w ′′ v ′′ ) ds =<br />
Mit der Ersetzung<br />
0<br />
a(w, v) = −<br />
∫ 1<br />
nimmt Gleichung (3.3-16) folgende Form an :<br />
0<br />
∫ 1<br />
(α w ′ v ′ + β w ′′ v ′′ ) ds , b(v) =<br />
0<br />
f v ds . (3.3-16)<br />
∫ 1<br />
0<br />
f v ds (3.3-17)<br />
a(w, v) = b(v) . (3.3-18)<br />
Zur Lösung kann ein Ansatz für beliebige Kurvenparameter t verwendet werden (Schwetlick<br />
und Kretzschmar, 1991):<br />
w(t) =<br />
N∑<br />
w j B 2,j (t) . (3.3-19)<br />
j=0
42 Kapitel 3. Verdrängung von Linienobjekten<br />
Die Koordinatenfunktionen B 2,j (t) werden dabei so gewählt, daß der Grad der Spline-Funktion<br />
der höchsten vorkommenden Ableitung entspricht. Da in der inneren Energie die zweite Ableitung<br />
als Maß für die Krümmung der Linie enthalten ist, verwenden wir quadratische B-Splines<br />
(Menet et al., 1991). Einsetzen des Ansatzes unter Beachtung der Randbedingungen führt zu<br />
N−1 ∑<br />
j=1<br />
a(B 2,j )w j = b(B 2,j ) mit (3.3-20)<br />
a(B 2,j ) = −<br />
b(B 2,k ) =<br />
= −<br />
∫ 1<br />
0<br />
∫ 1 (<br />
0<br />
∫ ( 1<br />
0<br />
α B ′ 2,jB ′ 2,k + β B ′′<br />
α ∂B 2,j<br />
∂t<br />
∂B 2,k<br />
∂t<br />
)<br />
2,jB 2,k<br />
′′<br />
dt , (3.3-21)<br />
+ β ∂2 B 2,j ∂ 2 )<br />
B 2,k<br />
∂t 2 ∂t 2 dt<br />
f B 2,k dt . (3.3-22)<br />
Für die Auswertung des α-Terms in (3.3-21) wird die erste Ableitung des B-Splines zweiter<br />
Ordnung benötigt (siehe Anhang C). Zur Auswertung des β-Terms wird außerdem B 2,j ′′ (t) eingesetzt<br />
:<br />
⎧<br />
t − t j : t j ≤ t < t j+1<br />
⎪⎨<br />
B 2,j(t) ′ t j+1 + t j+2 − 2t : t j+1 ≤ t < t j+2<br />
=<br />
t − t j+3 : t j+2 ≤ t < t j+3<br />
⎪⎩<br />
0 : sonst<br />
⎧<br />
⎪⎨<br />
B 2,j(t) ′′ =<br />
⎪⎩<br />
1 : t j ≤ t < t j+1<br />
−2 : t j+1 ≤ t < t j+2<br />
1 : t j+2 ≤ t < t j+3<br />
0 : sonst<br />
Damit ergibt sich folgende Approximationsgleichung für die zweiten und vierten Ableitungen :<br />
α<br />
2 (−1 3 w i+2 − 2 3 w i+1 + 2w i − 2 3 w i−1 − 1 3 w i−2) +<br />
β (w i+2 − 4w i+1 + 6w i − 4w i−1 + w i−2 ) + b(B k ) = 0 (3.3-23)<br />
Zusammenfassend wird festgestellt, daß beide Approximationen, sowohl mit finiten Differenzen<br />
als auch durch finite Elemente, äquivalente diskretisierte Euler-Gleichungen liefern. Werden bei<br />
der Approximation durch finite Elemente als Koordinatenfunktionen B-Splines 2. Ordnung verwendet,<br />
stimmt die Berechnung der 4. Ableitung in den Euler-Gleichungen identisch überein.<br />
In der Näherung der zweiten Ableitung werden im Gegensatz zu finiten Differenzen auch noch<br />
die übernächsten Nachbarn berücksichtigt, das heißt die Approximation ist von höherer Ordnung<br />
und etwas genauer. Da in den Anwendungen die Abtastung sehr fein ist, spielt die höhere<br />
Approximation praktisch keine Rolle.<br />
3.3.3 Numerische Stabilität, Konvergenz<br />
Die Konditionszahl einer Matrix A,<br />
cond(A) := ||A|| ||A −1 || , (3.3-24)<br />
kann als Maß für die Stabilität der Lösung bezüglich Störungen der Eingangsdaten oder der<br />
Rundungsfehler verwendet werden. Als Matrix-Norm || · || dient die Spektralnorm, so daß<br />
cond(A) = max |λ i|<br />
min |λ i |<br />
(3.3-25)<br />
aus den Beträgen des größten und des kleinsten der Eigenwerte λ i ; i = 1, 2, . . . , n berechnet<br />
werden kann. In Abbildung 3.3-3 sind die Konditionszahlen der Matrix A und der regularisierten
3.3. Diskretisierung und numerische Realisierung 43<br />
Matrix G = A + γI in Abhängigkeit von n und konstanten Parametern α, β, γ dargestellt.<br />
Damit wird die Bedeutung des Regularisierungsterms für die Konvergenz der Lösungen deutlich<br />
(Terzopoulos, 1986).<br />
3.0*10 4<br />
22<br />
2.5*10 4<br />
20<br />
Konditionszahlen<br />
2.0*10 4<br />
1.5*10 4<br />
1.0*10 4<br />
18<br />
16<br />
14<br />
5.0*10 3<br />
12<br />
0.0*10 0<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />
Dimension der Matrix<br />
Abbildung 3.3-3: Konditionszahl der Matrix A (gerissen, linke Skale) und der regularisierten Matrix<br />
A + γI (durchgezogen, rechte Skale) als Funktion der Dimension n und für feste α = β = γ = 1<br />
10<br />
Um die Konvergenz stationärer Iterationsverfahren (mit konstanter Inhomogenität) zu beurteilen,<br />
benutzt man u.a. die asymptotische Konvergenz-Rate<br />
wobei<br />
R(G −1 ) := − ln ρ(G −1 ) , (3.3-26)<br />
ρ(G −1 ) = max<br />
1≤i≤n |λ i(G −1 )| (3.3-27)<br />
der Spektralradius von G −1 ist (Varga, 1962). Im vorgestellten Verdrängungs-Algorithmus<br />
wird die Ableitung der externen Energie nach jedem Iterationsschritt neu berechnet. Daher<br />
kann die Anzahl der notwendigen Iterationsschritte a priori nicht abgeschätzt werden. Da die<br />
Berechnung der externen Energie zudem für Snakes und Tafus unterschiedlich erfolgt (vgl. Abschnitt<br />
3.3.1) und damit auch das Verhältnis von innerer zu äußerer Energie beeinflußt wird, ist<br />
ein Vergleich der Konvergenzraten nicht möglich.<br />
3.3.4 Alternatives Verfahren<br />
Greedy-Algorithmus<br />
Mit dem sog. Greedy-Algorithmus (Williams and Shah, 1990) ist auf einfache Weise eine<br />
Energieminimierung von Linien durchführbar. Dabei wird versucht, die Energie jeder einzelnen<br />
Stützstelle durch infinitesimale Verschiebungen zu verringern. Beim Variationsverfahren wird<br />
dagegen die Energie der gesamten Linie in einem Iterationsschritt minimiert. Ausgangspunkt ist<br />
in beiden Verfahren die Übersetzung der Konfliktsituationen in das Verdrängungspotential (siehe<br />
Abschnitt 3.2.2). Ähnlich wird die innere Energie berechnet. So ist beim Greedy-Algorithmus<br />
die ursprüngliche Gestalt der Linie durch explizite Berechnung von 1. und 2. Ableitung an den<br />
Stützstellenpositionen registriert:<br />
mit den Bezeichnungen<br />
E int = E dis + E curv (3.3-28)
44 Kapitel 3. Verdrängung von Linienobjekten<br />
Krümmung vor<br />
der Verdrängung<br />
Verdrängungspotential<br />
infinitesimale<br />
Verdrängung<br />
Krümmung nach<br />
der Verdrängung<br />
Krümmungspot.<br />
Verdrängungspot.<br />
Gesamtenergie<br />
neu<br />
E ges<br />
ja<br />
neu<br />
E ges<br />
<<br />
alt<br />
E ges<br />
nein<br />
neue Stützstellenneu<br />
position + E<br />
ges<br />
Stützstelle<br />
unverändert<br />
nächster Punkt der 8-Umgebung<br />
Abbildung 3.3-4: Schema zur Verdrängung mit dem Greedy-Algorithmus<br />
und<br />
E dis ∼ δ 2 0 − δ2 1 ,<br />
E curv ∼ κ 2 0 − κ2 1 ,<br />
wobei δ 0 der ursprüngliche Stützstellenabstand,<br />
δ 1 der Stützstellenabstand nach der Verdrängung,<br />
wobei κ 0 die ursprüngliche Krümmung,<br />
κ 1 die Krümmung nach der Verdrängung ist.<br />
E dis bezeichnet den Energiebeitrag, welcher sich durch Unterschiede in der 1. Ableitung zwischen<br />
zwei Iterationen ergibt. Geometrisch können diese Abweichungen als Veränderung der Stützstellenabstände<br />
gedeutet werden. Analog sind Beiträge durch Änderungen der 2. Ableitung als<br />
Krümmungsunterschiede zu interpretieren. Der normierte Abstand zwischen den Stützstellen<br />
ergibt sich durch<br />
δ = (∆x i /∆s i ) 2 + (∆y i /∆s i ) 2 , ∆s 2 i = ∆x 2 i + ∆y 2 i , (3.3-29)<br />
wobei ∆x i = x i − x i−1 bzw. ∆y i = y i − y i−1 die Koordinatendifferenzen zwischen aktueller und<br />
vorheriger Stützstelle bezeichnen. Die Krümmungsberechnung erfolgt nach<br />
κ = (∆x i /∆s i − ∆x i+1 /∆s i+1 ) 2 + (∆y i /∆s i − ∆y i+1 /∆s i+1 ) 2 . (3.3-30)<br />
Ausführliche Untersuchungen zur diskreten Krümmungsberechnung wurden von Williams and<br />
Shah (1990) durchgeführt. Im weiteren wird die Richtung bestimmt, in der die Stützstellen
3.3. Diskretisierung und numerische Realisierung 45<br />
verschoben werden müssen. Dafür kann eine 8-Umgebung mit einer Schrittweite, die klein gegen<br />
die Stützstellenabstände sein sollte, verwendet werden. Ist die Gesamtenergie der Stützstelle an<br />
einem Punkt der 8-Umgebung kleiner, werden dessen Koordinaten als neue Stützstellenkoordinaten<br />
akzeptiert (siehe Abb. 3.3-4). Da das Gestaltspotential erst durch eine Veränderung der<br />
ursprünglichen Stützstellenposition erzeugt wird und damit zunächst immer ein Energiezuwachs<br />
verbunden ist, muß dieser also durch Verringerung des Verdrängungspotentials kompensiert werden.<br />
Nacheinander sind so im ersten Durchlauf die Stützstellen aller Linien zu bearbeiten. Die<br />
Iteration wird beendet, wenn alle Stützstellen eine minimale Energie besitzen.<br />
Vergleich von Variations- und Greedy-Verfahren<br />
Im folgenden soll untersucht werden, wie Variationsverfahren (siehe 3.2.3) und Greedy-Algorithmus<br />
(siehe 3.3.4) in der Verdrängung von Linienobjekten wirken. Dazu wurden in einer generalisierten<br />
Karte mehrere Linienobjekte digitalisiert und deren Signaturbreiten vergrößert, um<br />
so Überlagerungskonflikte zu generieren. Abbildung 3.3-5(a) zeigt die Eingangssituation vor der<br />
Verdrängung. Die Lösungen aus dem Variationsverfahren (Abbildung 3.3-5(b)) und dem Greedy-<br />
Algorithmus (Abbildung 3.3-5(c)) weichen voneinander ab, besonders in der Bildmitte und im<br />
Bereich der Linienkreuzung.<br />
(a) Konfliktsituation (b) Variationsverfahren (c) Greedy-Algorithmus<br />
Abbildung 3.3-5: Beispiel zur Verdrängung mit Variationsverfahren und Greedy-Algorithmus<br />
Um die unterschiedliche Wirkungsweise zu veranschaulichen, wurden außerdem für das rechte<br />
Linienobjekt (Fluß), die Verschiebungsbeträge δv als Funktion der Bogenlänge s dargestellt<br />
(siehe Abbildung 3.3-6). Im Varitationsverfahren wird die Linie mit Hilfe fester Randwerte beidseitig<br />
eingespannt (äußerer Zwang). Daher wird im mittleren Kurvenabschnitt stärker verdrängt<br />
als beim Greedy-Algorithmus. Der Hardcore-Abstand wird zugunsten der Formerhaltung stellenweise<br />
sogar überschritten, so daß die typische (glatte) Form besser erhalten bleibt als beim
46 Kapitel 3. Verdrängung von Linienobjekten<br />
δv<br />
(a) Variationsverfahren<br />
s<br />
δv<br />
(b) Greedy-Algorithmus<br />
s<br />
Abbildung 3.3-6: Vergleich der Verschiebungsbeträge δv über der Bogenlänge s<br />
Greedy-Algorithmus. Letzterer steuert die diskreten Punkte konsequent auf Hardcore-Abstand.<br />
Unregelmäßigkeiten im Kurvenverlauf sind daher nicht immer zu vermeiden. Deshalb ist beim<br />
Verdrängen von Linien das Variationsverfahren vorzuziehen. Der Greedy-Algorithmus ist eher<br />
beim Verdrängen von isolierten Objekten, z.B. einzelnen Punktobjekten, Gebäuden, Schriftboxen<br />
etc. vorteilhaft anzuwenden.
47<br />
4 Verdrängung von Punkt- und Flächenobjekten<br />
4.1 Verdrängung von Punktobjekten<br />
4.1.1 MkQ und Simplexverfahren<br />
Punktförmige Signaturen können sich nach Maßstabsverkleinerung und beibehaltener Signaturengröße<br />
gegenseitig überlappen oder berühren. Damit je zwei benachbarte Signaturen mit<br />
Schwerpunkten P i , P k und Umkreisradien R i , R k optisch getrennt wahrgenommen werden, müssen<br />
sie auf Mindest- oder Hardcore-Abstand<br />
r HC<br />
ik := R i + R k + δ Min , δ Min = 0.2 mm (4.1-1)<br />
verdrängt werden. Um eine Konfliktlösung durch minimale Verschiebungen zu realisieren, wird<br />
sowohl ein Verfahren der linearen als auch der quadratischen Optimierung verwendet.<br />
P i<br />
P k<br />
R i<br />
δ Min<br />
R k<br />
Abbildung 4.1-1: Hardcore-Abstand P i P k<br />
Mit der Methode der kleinsten Quadrate (MkQ) als Verfahren der quadratischen Optimierung<br />
wird die gewichtete Quadratsumme der Punktverschiebungen v = [∆x, ∆y] ⊤ minimiert<br />
(Mühle, 1996):<br />
n∑<br />
p i vi 2 = Min , vi 2 := ∆x 2 i + ∆yi 2 . (4.1-2)<br />
i=1<br />
Die Gewichte p i berücksichtigen die Objektbedeutung. Diese Methode entspricht der Ausgleichung<br />
eines geodätischen Streckennetzes mit linear unabhängigen Restriktionen<br />
r ik − r HC<br />
ik = 0 , r ik<br />
2<br />
:= [(x i + ∆x i ) − (x k + ∆x k )] 2 +<br />
[(y i + ∆y i ) − (y k + ∆y k )] 2 , (4.1-3)<br />
wobei die ursprünglichen Punktabstände r ik mit<br />
r 2 ik := (x i − x k ) 2 + (y i − y k ) 2 , r ik < r HC<br />
ik (4.1-4)<br />
konsequent auf Hardcore-Abstand rik<br />
HC gebracht werden. Bei n gegenseitig zu verdrängenden<br />
Punktobjekten ist die Anzahl m der Restriktionen auf n − 1 ≤ m ≤ 2n − 3 beschränkt. Im Unterschied<br />
zum geodätischen Streckennetz sind die Verschiebungsbeträge von gleicher Größenordnung<br />
wie die Punktabstände; wegen der Linearisierungseffekte können die Restriktionen (4.1-3)<br />
nicht in einem Schritt erfüllt werden. Der gewünschte Zustand kann aber schrittweise über<br />
Pseudo-Hardcore-Abstände rp<br />
HC < r HC herbeigeführt werden.
48 Kapitel 4. Verdrängung von Punkt- und Flächenobjekten<br />
Numerische Tests haben gezeigt, daß die quadratische Optimierung die Tendenz besitzt, irreguläre<br />
Punktmuster zu regularisieren. Um diesem Effekt im Sinne der Strukturerhaltung entgegenzuwirken,<br />
erweist es sich als sinnvoll, die Punktabstände r ik nach ihrer Größe zu ordnen<br />
und die Restriktionen (4.1-3) für die m kleinsten Abstände r ik unter allen möglichen r ik < r HC<br />
anzusetzen.<br />
(a) Muster vor der Verdrängung<br />
(b) Lösung mit quadratischer Optimierung<br />
(c) Lösung mit linearer Optimierung<br />
(d) Vergleich beider Verdrängungslösungen<br />
Abbildung 4.1-2: Punktverdrängung mit Hilfe von linearer und quadratischer Optimierung<br />
Die lineare Optimierung (Ritzmann, 1996) mit der Forderung, die Summe der gewichteten<br />
Verschiebungsbeträge zu minimieren, läßt Ungleichungen zu:<br />
n∑<br />
i=1<br />
p i |v i | = Min , r ik − r HC<br />
ik ≥ 0 . (4.1-5)<br />
Indem auch Abstände r ik > rik<br />
HC möglich sind, erweist sich die lineare Optimierung flexibler als<br />
die quadratische. Das Standardproblem der linearen Optimierung (4.1-5) wird üblicherweise mit
4.1. Verdrängung von Punktobjekten 49<br />
dem Simplexverfahren gelöst. Die Lösung ist nicht in jedem Falle eindeutig. So ist man gezwungen,<br />
Zusatzbedingungen zu formulieren. Sinnvollerweise sollte mit ihrer Hilfe die Punktstruktur<br />
möglichst gut erhalten bleiben; z.B. mit<br />
n∑<br />
∆x i = 0 ,<br />
i=1<br />
n∑<br />
∆y i = 0 (4.1-6)<br />
i=1<br />
wenigstens der Schwerpunkt.<br />
Das Muster der Punktsignaturen in Abbildung 4.1-2 wurde einer thematischen Karte entnommen.<br />
Die Durchmesser der kreisförmigen Signaturen entsprechen gewissen Quantitäten. Beim<br />
Übergang in einen kleineren Maßstab, hier im Verhältnis 1 : 1.5, entstehen Konflikte. Die Lösungen<br />
mittels quadratischer und linearer Optimierung sind zulässig.<br />
4.1.2 Energieminimierung<br />
Da Punkte als Einzelobjekte keine Struktur besitzen, kann für ein individuelles Element keine<br />
innere Energie definiert werden. Andererseits stehen Punktobjekte in enger Beziehung zu ihrer<br />
Nachbarschaft, die vom Betrachter um so deutlicher registriert wird. Eine Modellierung dieser<br />
Wechselwirkungen kann auf vielfältige Weise erfolgen. Dazu sind in der lokalen Umgebung<br />
Punkte auszuwählen, welche miteinander in Beziehung stehen. Diese Gebiete werden als Cluster<br />
bezeichnet.<br />
Cluster-Definition: Unter einem Verdrängungscluster (VC) versteht man eine diskrete Punktmenge<br />
P k {k = 1, 2, . . . , p und 2 ≤ p < ∞} in einem abgeschlossenen Bereich B ⊂ R 2 . Es besitzt<br />
die Eigenschaft, daß zu jedem P i mindestens ein Nachbar P k mit s ik < rik<br />
HC existiert.<br />
Für solche Cluster kann jetzt auf unterschiedliche Weise eine innere Energie definiert werden. So<br />
wäre z.B. die Richtung von jedem Punkt zum Clusterschwerpunkt als Größe minimaler Energie<br />
verwendbar. Dies entspricht einem Vorschlag von Mackaness (1994).<br />
Eine andere Möglichkeit ist, Abstand und Winkel<br />
bezüglich der nächsten beiden Nachbarn als inneren<br />
Energieterm einzuführen. Dabei kann der Nachbar<br />
hier sowohl eine Punktsignatur sein als auch<br />
die Stützstelle eines Linien- oder Flächenobjektes.<br />
Dieses Vorgehen ist äquivalent zur Bestimmung der<br />
inneren Energie für die Linienverdrängung mittels<br />
Greedy-Algorithmus (vgl. Abschnitt 3.3.4). In Abbildung<br />
4.1-3, sind die Verbindungen zum nächsten<br />
bzw. übernächsten Nachbarn eingezeichnet.<br />
Die Berechnung der externen Energie zur Konfliktmodellierung<br />
für Punktobjekte ist identisch mit der<br />
Konfliktmodellierung für Linienobjekte (vgl. Abschnitt<br />
3.2.2).<br />
Abbildung 4.1-3: Nachbarschaftsrelationen<br />
Erfolgt die Verdrängung in reinen Punktmustern, wird die approximativ kontinuierliche Abtastung<br />
der Nachbarobjekte durch diskrete Abstandsberechnungen ersetzt. Abbildung 4.1-4 zeigt<br />
das Ergebnis der Punktverdrängung mittels Energieminimierung. Weiterführende Vergleiche mit<br />
den Verdrängungsansätzen nach Abschnitt 4.1.1 können anhand des vorgestellten Beispiels nicht<br />
getroffen werden. Hier wurde zunächst nachgewiesen, daß die Punktverdrängung durch Energieminimierung<br />
möglich ist.
50 Kapitel 4. Verdrängung von Punkt- und Flächenobjekten<br />
(a) Konfliktsituation<br />
(b) Ergebnis der Verdrängung<br />
Abbildung 4.1-4: Punktverdrängung mittels Energieminimierung<br />
Anwendungen existieren auf dem Gebiet der thematischen Kartographie. Für die Generalisierung<br />
von topographischen Karten ist neben der Linienverdrängung vor allem die Flächenverdrängung<br />
wesentlich. Dabei kann der seltene Fall der Punktverdrängung als Spezialfall der Verdrängung<br />
von Flächen mit festem Rand behandelt werden.<br />
4.2 Verdrängung von Flächenobjekten<br />
Die hier dargestellte Flächenverdrängung verwendet Vektordaten, d.h. sämtliche Flächen sind<br />
charakterisiert durch ein geschlossenes Umrandungspolygon. Je nach Größe und Form muß dabei<br />
festgelegt werden, ob das Objekt als Ganzes zu verdrängen ist, oder in seiner Form verändert<br />
werden darf. In der automatisierten Generalisierung kann diese Unterscheidung anhand des<br />
Zeichenschlüssels für verschiedene Objektklassen initialisiert werden. Eine andere Möglichkeit<br />
wäre, die Eingangsobjekte anhand von Form- und Größenparametern zu klassifizieren und somit<br />
individuell eine Einteilung der zu bearbeitenden Flächen vorzunehmen.<br />
Staufenbiel (1973), dessen Arbeit sich hauptsächlich mit der Generalisierung von Gebäudedarstellungen<br />
beschäftigt, unterscheidet zwischen Generalisierungsmaßnahmen, die auf das Gebäude<br />
in seinen Einzelheiten angewendet werden, und Vorgängen, die das Objekt in seiner Gesamtheit<br />
betreffen. Für die Verdrängung von beliebigen Flächenobjekten ist zusätzlich eine Einteilung in<br />
Flächenobjekte mit festem oder beweglichem Rand sinnvoll.<br />
4.2.1 Verdrängung von Flächenobjekten mit festem Rand<br />
Im folgenden soll die Verdrängung von Flächen, deren Form nicht verändert werden darf (z.B.<br />
Gebäudegrundrisse, Textboxen, Kartensymbole), erläutert werden. Der Hauptunterschied zur<br />
Punkt- und Linienverdrängung besteht in der Konflikterkennung. Bisher erfolgte die Konfliktmodellierung<br />
auf der Grundlage von Abstandsberechnungen zwischen den Stützstellen. Für die<br />
Flächenverdrängung wird zu einer Bestimmung störender Überlagerungsflächen übergegangen.<br />
Da die zu verdrängenden Objekte zweidimensional sind, ist diese Erweiterung der Konfliktmodellierung<br />
notwendig.
4.2. Verdrängung von Flächenobjekten 51<br />
(a) Startsituation mit Linien und Flächen<br />
(b) Stützstellen für Linien und Flächen<br />
(c) Umwandlung von Linien in Flächen<br />
(d) Abgrenzung der Nachbarschaft<br />
(e) Berechnung der Überlagerungsflächen<br />
(f) Ergebnis der Verdrängung<br />
Abbildung 4.2-1: Verdrängung von Flächen mit festem Rand mittels Greedy-Algorithmus
52 Kapitel 4. Verdrängung von Punkt- und Flächenobjekten<br />
Als erstes wird für alle Linienobjekte das Umrandungspolygon aus den gegebenen Koordinaten<br />
und den zugehörigen Signaturbreiten bestimmt (Abbildung 4.2-1(c)). Dazu kann der Algorithmus<br />
für die Vergrösserung bzw. Verkleinerung von Flächen verwendet werden (siehe Anhang D).<br />
Soll die Verdrängung so erfolgen, daß zwischen den Objekten Mindestabstände berücksichtigt<br />
werden, sind die Umrandungspolygone um diese Größe zu dehnen (Abbildung 4.2-1(d)).<br />
Die Verschneidung der Flächen liefert anschließend die Konfliktbereiche (Abbildung 4.2-1(e)).<br />
Setzt man die Überlagerungsfläche ins Verhältnis zur Gesamtfläche des betrachteten Objektes,<br />
ergibt sich ein Maß für die Größe des Konfliktes. Für die Wechselwirkung zwischen zwei Objekten<br />
bedeutet demzufolge ein Überlagerungsverhältnis von Eins eine vollständige Überdeckung bzw.<br />
von Null keine Überlagerung.<br />
Die Konfliktlösung wird mittels Greedy-Algorithmus durchgeführt. Dabei ist innerhalb einer 8-<br />
Umgebung die Richtung zu bestimmen, in der sich das Überlagerungsverhältnis am stärksten<br />
verringert. Die wiederholte Berechnung der Überlagerungsflächen ist dabei zeitintensiv und führt<br />
zu längeren Rechenzeiten bei zunehmender Anzahl zu verdrängender Objekte (konkrete Angaben<br />
erfolgen in 5.2.3).<br />
Um den Rechenaufwand zu verkürzen, wird für jedes Kartenobjekt die Anzahl möglicher Wechselwirkungspartner<br />
begrenzt. So ist anschaulich klar, daß Objekte am linken oberen Kartenrand<br />
keinen Einfluß auf Objekte haben, die sich rechts unten im Kartenausschnitt befinden. Für jedes<br />
Gebäude erfolgt deshalb eine explizite Speicherung der Nachbarschaft. Darunter fallen alle Objekte,<br />
die sich im Umkreis mit dem Radius h e = f ·max(d(Schwerpunkt, Umrandungspolygon))<br />
befinden. Der Bereichsfaktor f sollte nicht zu klein gewählt werden, um auch Kandidaten für Folgekonflikte<br />
zu berücksichtigen. Entsprechend den Erfahrungen aus Beispielrechnungen ist f = 3<br />
ein geeigneter Wert. Die angewandte Heuristik beschleunigt den Algorithmus um ein Vielfaches.<br />
(a) Konfliktsituation<br />
(b) Ergebnis der Verdrängung<br />
Abbildung 4.2-2: Gebäudeverdrängung mittels Greedy-Algorithmus<br />
4.2.2 Verdrängung von Flächenobjekten mit beweglichem Rand<br />
Überschreitet die Ausdehnung der Fläche eine bestimmte Größe, so sind Formänderungen in<br />
gewissen Grenzen zulässig. Das Objekt wird nicht mehr als Ganzes verschoben, sondern der<br />
Rand ist beweglich und kann verdrängt werden. Die Entscheidung, ob Formänderungen zulässig
4.2. Verdrängung von Flächenobjekten 53<br />
sind, wird entweder pauschal für bestimmte Objektklassen getroffen; z.B. werden Gebäudeflächen<br />
immer als Ganzes verdrängt; zum anderen kann diese Abschätzung individuell unter Verwendung<br />
verschiedener Formgrößen (z.B. Flächeninhalt, Quer- und Längsausdehnung, etc.) erfolgen.<br />
Die Verdrängung von Flächenobjekten mit beweglichem Rand entspricht der Verdrängung von<br />
Linienobjekten mit Snakes (vgl. Abschnitt 3.2.1). Als Beispiel diene die Seefläche in Abbildung<br />
5.1-4. Die Nähe zu den benachbarten Straßen und Wegen macht eine geringfügige Verformung<br />
der Umrandung notwendig. Infolge der inneren Energie (vgl. Abschnitt 3.2.2) des Umrandungspolygons<br />
bleibt jedoch die typische Gestalt des Flächenobjektes weitestgehend erhalten.
54 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />
5 Praktische Anwendungen<br />
5.1 Amtliches Topographisch-Kartographisches Informationssystem<br />
(ATKIS)<br />
Die Landesvermessungsämter der Länder der Bundesrepublik Deutschland haben den gesetzlichen<br />
Auftrag, aktuelle Informationen über die Topographie der Erdoberfläche zu erfassen, zu<br />
dokumentieren und dem Anwender zugänglich zu machen. Infolge der rasanten Entwicklungen<br />
auf dem Gebiet der Informationstechnologie in fast allen Bereichen von Wirtschaft und Verwaltung<br />
zeigt sich die Notwendigkeit, diese nicht nur als graphische Präsentation (Topographische<br />
Karten), sondern in digitaler Form anzubieten. Viele Nutzer verfügen zudem über digitale Fachdatenbestände,<br />
die erst durch den räumlichen Bezug zur Topographie der Erdoberfläche ihre<br />
eigentliche Aussagekraft erhalten. Deshalb wurde von den Landesvermessungsämtern der Bundesländer<br />
das Amtliche Topographisch-Kartographische Informationssystem ATKIS aufgebaut.<br />
5.1.1 Datenmodelle und -strukturen<br />
Die Bereitstellung der topographischen Daten erfolgt in mehreren Stufen. Zunächst wird die<br />
Topographie der Erdoberfläche durch geeignete Aufnahmemethoden in einem Digitalen Landschaftsmodell<br />
(DLM) abgebildet. Zu nennen sind hier die direkte Erfassung der Landschaft<br />
durch terrestrische Messungen oder die Auswertung von Luftbildern. Außerdem können schon<br />
vorhandene Landschaftsdaten zur Gewinnung digitaler topographischer Daten verwendet werden.<br />
Beispiele sind die Digitalisierung analoger topographischer Karten (manuell oder mittels<br />
automatisierter Vektorisierung) oder die Transformation von Daten der Katasterämter (z.B.<br />
Gebäudegrundrisse) in die DLM-Struktur. Die Grundlage für die Erfassung liefert der Objektartenkatalog<br />
(OK) durch Vorgabe qualitativer und quantitativer Erfassungskriterien, deren geometrischer<br />
Modellierungsvorschrift und die Festlegung geeigneter Attribute. Damit beinhaltet<br />
dieser erste Schritt sowohl die Erfassungsgeneralisierung als auch die Modellgeneralisierung (vgl.<br />
Abschnitt 2.1.3).<br />
Im zweiten Schritt erfolgt die Aufbereitung des Digitalen Kartographischen Modells (DKM) auf<br />
der Basis des Signaturenkatalogs (SK). Dabei kann als Zwischenstufe ein sogenanntes ”<br />
Roh“-<br />
DKM entstehen, welches die Datenstruktur des DKM besitzt, jedoch noch nicht kartographisch<br />
generalisiert ist (Vickus, 1994). Eine ähnliche Unterteilung ist bei Grünreich (1997a) mit<br />
der Gliederung der kartographischen Generalisierung in zwei Hauptabschnitte zu finden. So wird<br />
festgestellt, daß schon mit der Ausarbeitung und Anwendung des Zeichenschlüssels generalisierungswirksame<br />
Maßnahmen zum Tragen kommen. Beispiele sind die Auswahl der darzustellen-<br />
Objektgeneralisierung<br />
nach OK<br />
nach SK<br />
kartographische<br />
Generalisierung<br />
Original<br />
DLM<br />
” Roh“-DKM DKM<br />
Primärmodell<br />
Sekundärmodell<br />
Abbildung 5.1-1: ATKIS - Datenmodell
5.1. Amtliches Topographisch-Kartographisches Informationssystem (ATKIS) 55<br />
den Objektinformation, die Klassifikation der selektierten DLM-Information im Hinblick auf die<br />
kartographische Darstellung oder die Vereinfachung durch Vorgabe von Mindestdimensionen für<br />
die Wiedergabe der geometrischen Information. Diese Maßnahmen fallen zum wesentlichen Teil<br />
in den Bereich der Modellgeneralisierung.<br />
Anschließend müssen Konflikte beseitigt werden, die bei der Erzeugung der graphischen Präsentation<br />
entstehen (Übergang vom Roh-DKM zum DKM). Von Bedeutung sind hier die Verdrängung,<br />
die weitere Vereinfachung der geometrischen Information, die Klassifizierung und<br />
schließlich die graphisch bedingte Auswahl von Objekten. Die topographische Erfassung der<br />
realen Welt erfolgt im ATKIS Basis-DLM. Wesentliche Erfassungsgrundlage sind die generalisierten<br />
topographischen Karten, die in den verschiedenen Bundesländern in unterschiedlichen<br />
Maßstäben vorliegen:<br />
• alte Bundesländer - DGK5 (Maßstab 1:5 000)<br />
• neue Bundesländer - TK10 (Maßstab 1:10 000)<br />
• Bayern - TK25 (Maßstab 1:25 000)<br />
Daher ist zu prüfen, inwieweit Auswirkungen auf notwendige Generalisierungsvorgänge vorhanden<br />
sind. Folgemaßstäbe geringerer Auflösung können durch Modellgeneralisierung aus dem<br />
Basis-DLM abgeleitet werden. Da die Entwicklung entsprechender automatisierter Verfahren<br />
Gegenstand aktueller Forschungsarbeiten ist (Mayer, 1998; Schürer, 1999) und noch nicht abgeschlossen<br />
wurde, erfolgt parallel eine Erfassung der Landschaftsmodelle im Maßstab 1:250 000<br />
(DLM250) und 1:1 Mill. (DLM1000). Damit bleibt die Laufendhaltung nicht auf das Basis-<br />
DLM beschränkt, sondern alle Änderungen der Umwelt sind zusätzlich auch in den Digitalen<br />
Landschaftmodellen geringer Auflösung fortzuführen.<br />
Die Ableitung der zugehörigen kartographischen Modelle ist bisher nicht realisiert, obwohl deren<br />
Aufbau ebenfalls für den Zeitraum 1995 bis 2000 vorgesehen war. Hauptursache ist, ”<br />
daß der kartographische<br />
Modellierungsprozeß ungleich größere Problemkreise eröffnet als der topographische<br />
Erfassungsprozeß“ (Harbeck, 1997). Konkret müssen für die automatische DKM-Ableitung<br />
erst entsprechende Modellierungs- und Generalisierungsalgorithmen entwickelt werden.<br />
Als Übergangslösung werden digitale Kartenpräsentationen durch rechnergestützte Bearbeitung<br />
generalisierter analoger Karten gewonnen. Für die Herstellung der DTK50 sind konkret folgende<br />
Bearbeitungsschritte auszuführen :<br />
1. Einmalige Vorarbeiten (Zeichenschlüssel erstellen, Farbpalette festlegen)<br />
2. Gescannte Originalfolien der TK25 als Rasterbilder für den Maßstab 1:50 000 hinterlegen<br />
3. Automatische Netzgenerierung, Festlegung des Kartenrahmens<br />
4. Vektorisierung und Mustererkennung der Relief- und Gewässerfolie der TK25<br />
5. Erstellen einer redaktionellen Vorlage, welche z.B. die Darstellung ausgedehnter Objekte<br />
festlegt<br />
6. Digitalisierung der übrigen Elemente für die DTK50 bei gleichzeitiger Generalisierung<br />
(setzt umfangreiche Erfahrung des Bearbeiters voraus)<br />
7. Mehrfache Korrekturlesungen<br />
8. Druck und Archivierung
56 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />
Damit existieren für jeden Maßstab praktisch zwei Datensätze in unterschiedlichen Datenformaten,<br />
die nebeneinander fortgeführt werden. Zum einen sind das die ATKIS-Daten im Vektorformat<br />
der DLM-Struktur (EDBS) und zum anderen die digitalen Kartenpräsentationen für eine<br />
Ausgabe im Rasterdatenformat.<br />
Ziel ist es, eine Fortführung auf die DLM-Daten verschiedener Maßstäbe zu reduzieren, aus<br />
denen weitgehend automatisch topographische Karten, auch in Abhängigkeit von den Nutzeranforderungen,<br />
abgeleitet werden können. Mit zunehmender Automatisierung wird zusätzlich die<br />
Ableitung Digitaler Landschaftsmodelle geringerer Auflösung aus Modellen höherer Auflösung<br />
möglich sein, so daß die Laufendhaltung letztlich auf das Basis-DLM beschränkt bleibt.<br />
5.1.2 Maßstabsabhängigkeit<br />
Die Objekte in der Karte müssen, damit sie deutlich wahrgenommen werden können, häufig<br />
größer dargestellt werden als es ihrer natürlichen Größe entspricht. Dies gilt zunehmend für<br />
Maßstäbe kleiner als 1:10 000. Um dies zu veranschaulichen, sind Linienobjekte mit verschiedenen<br />
Signaturbreiten als Funktion des Maßstabes abgebildet und gleichzeitig deren reale Ausdehnung<br />
in der Natur, umgerechnet auf das Kartenmaß, dargestellt (Abbildung 5.1-2). Als Beispiel<br />
werden die Breiten von Autobahnen (18 m), Bundesstraßen (10 m) und befestigten Fahrwegen<br />
(5 m) im Kartenmaß den zugehörigen Signaturbreiten lt. Musterblatt TK gegenübergestellt.<br />
2<br />
2<br />
1.8<br />
1.6<br />
ausgezogen:<br />
gerissen:<br />
natürliche Breite im Kartenmaß<br />
Signaturbreite lt. Musterblatt<br />
1.8<br />
1.6<br />
1.4<br />
1.4<br />
Breite in mm<br />
1.2<br />
1<br />
0.8<br />
Breite in mm<br />
1.2<br />
1<br />
0.8<br />
0.6<br />
0.6<br />
0.4<br />
0.4<br />
0.2<br />
0.2<br />
0<br />
10 25 50 100 200<br />
Maßstabszahl in 1000<br />
0<br />
1/200 1/50 1/25 1/10<br />
1/100<br />
Maßstab in 1/1000<br />
(a) Signaturbreite als Funktion der Maßstabszahl<br />
(b) Signaturbreite als Funktion des Maßstabes<br />
Abbildung 5.1-2: Signaturbreite lt. Musterblatt und natürliche Breite im Kartenmaß als Funktion der<br />
Maßstabszahl und des Maßstabes<br />
In der Abbildung 5.1-2(a) der Signaturbreite als Funktion der Maßstabszahl zeigt sich, daß<br />
unabhängig von der Linienbreite sämtliche Kurven der signaturierten Linien wesentlich flacher<br />
verlaufen als die Kurven, welche sich aus den realen Breiten der betrachteten Objekte ergeben.<br />
Damit wird der Generalisierungbedarf veranschaulicht. Für Testzwecke ist eine lineare Interpolation<br />
der Signaturbreiten b s lt. Musterblatt als Funktion der Maßstabszahl m (gerissene<br />
Darstellung) möglich. In der Abbildung 5.1-2(b) der Signaturbreite als Funktion des Maßstabes<br />
fällt der große Unterschied in der Breitenabnahme zwischen Realität und kartographischer<br />
Darstellung vor allem im Bereich 1:10 000 bis 1:50 000 auf.<br />
Untersuchungen von Spiess (1990) zeigen ebenfalls, daß ab dem Maßstab 1:25 000 die Straßen<br />
überdimensioniert werden müssen (siehe Tabelle 5.1-1). Anders verhält es sich mit dem Platzbedarf<br />
von Gebäuden. Da nicht mehr jedes Haus dargestellt wird, sondern nur ausgewählte
5.1. Amtliches Topographisch-Kartographisches Informationssystem (ATKIS) 57<br />
(Stellvertreterprinzip), nimmt bei kleiner werdendem Maßstab die benötigte Fläche nicht in<br />
ähnlicher Weise wie bei den Straßen zu. Zählt man die Häuser in verschiedenen Karten der<br />
Schweizer Landestopographie aus, so erhält man im Mittel je nach Maßstab nur noch gewisse<br />
Prozentanteile der wirklich vorhandenen Häuser (siehe Tabelle 5.1-2 nach Spiess, 1990b).<br />
Tabelle 5.1-1: Platzbedarf von Straßen in Karten verschiedener<br />
Maßstäbe<br />
Tabelle 5.1-2: Anteil dargestellter<br />
Gebäude<br />
Straßenklasse Breite 1:25 000 1:100 000<br />
Maßstab<br />
Anteil<br />
Hauptstraßen 7m - 12m 15m -18m 60m - 70m<br />
Mehrfläche in % 150 - 200 500 - 1000<br />
Quartierstraßen 6m - 9m 12m 50m<br />
Mehrfläche in % 133 - 200 500 - 1000<br />
1:10 000 100%<br />
1:25 000 ≈ 100%<br />
1:50 000 ≈ 70%<br />
1:100 000 ≈ 30%<br />
5.1.3 Verdrängungsbeispiel mit ATKIS-Daten<br />
Nachdem der Verdrängungsalgorithmus an generierten Daten getestet wurde, soll im folgenden<br />
die Anwendung auf ATKIS-Daten (DLM25/1) gezeigt werden. Es stand ein Datensatz der Region<br />
Garbsen bei Hannover zur Verfügung (siehe Abb. 5.1-3a).<br />
Im ersten Schritt müssen mit Hilfe geeigneter Ableitungsregeln die Geometrien der entsprechenden<br />
kartographischen Objekte aus den DLM-Objekten erzeugt werden. Zum Beispiel sind im<br />
Landschaftsmodell die Gleiskörper einer zweispurigen Eisenbahn abgelegt, während die kartographische<br />
Darstellung durch ein einzelnes Linienobjekt erfolgt, dessen Koordinaten abzuleiten<br />
sind. Gleiches gilt für die Signaturierung der Autobahn, die als komplexes Objekt mit den verschiedenen<br />
Fahrbahnen im DLM erfaßt ist. Anschließend wird festgelegt, welche Objekte für die<br />
kartographische Verdrängung von Bedeutung sind. So stellt die Überlagerung von Straßen- und<br />
See-Signatur einen kartographischen Konflikt dar, während die Überdeckung der Wiesenfläche<br />
toleriert werden kann. In der Anwendung ist deshalb zwischen Vorder- und Hintergrundobjekten<br />
zu unterscheiden (siehe Abb. 5.1-3b). Die Koordinaten der Vordergrundobjekte liefern<br />
die Eingangsdaten für den Verdrängungsalgorithmus. Ändern sich die Koordinaten während<br />
der Beseitigung von Überlagerungskonflikten, müssen auch die Koordinaten der benachbarten<br />
Hintergrundobjekte modifiziert werden. Im Beispiel ist der Fluß gleichzeitig Begrenzung einer<br />
Ackerfläche, so daß nach Verdrängung durch die benachbarte Straße auch die Randkoordinaten<br />
der Ackerfläche geändert werden müssen.<br />
In Abbildung 5.1-3c ist der Flächenbedarf sämtlicher Vordergrundobjekte graphisch dargestellt.<br />
Die Berechnung ergibt sich aus Formel (3.2-3). Durch Summation über alle Kartenobjekte kann<br />
für jede Stützstelle die externe Energie E ext bestimmt werden (siehe Abb. 5.1-3d). E ext quantifiziert<br />
die Größe des Konfliktes mit Objekten aus der Nachbarschaft und wird in der Abbildung<br />
5.1-3d durch die Höhe der roten ”<br />
Balken“ veranschaulicht. Liegt E ext unter einem festgelegten<br />
Grenzwert, ist der ”<br />
Balken“ grün darstellt.<br />
Während der iterativen Konfliktlösung wird E ext schrittweise verringert. In Abbildung 5.1-3e<br />
ist die Summe der externen Energien nach jedem Iterationsschritt dargestellt (schwarze Kurve),<br />
wobei über alle Stützstellen sämtlicher Kartenobjekte summiert wurde. Die rote Kurve veranschaulicht<br />
den abnehmenden Energieverlust und ergibt sich aus der Differenz von E ext im aktu-
58 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />
ellen und im vorhergehenden Iterationsschritt. Das Ergebnis der automatisierten Verdrängung<br />
ist in Abbildung 5.1-4 dargestellt. Folgende Größen haben einen Einfluß auf die Berechnung:<br />
Tabelle 5.1-3: Parameter und Steuergrößen für Beispiel Garbsen (siehe Abbildungen 5.1-3, 5.1-4)<br />
Größe Erklärung Wert Eignung für<br />
Steuerung<br />
α Gewicht für Dehnungsterm der inneren Energie 1.0 ja<br />
β Gewicht für Krümmungsterm der inneren Energie 1.0 ja<br />
γ Gewicht der externen Energie 1.0 ja<br />
λ Faktor vor der Einheitsmatrix (Konvergenzfaktor) 1.0 nein<br />
∆<br />
Punktdichte der Zwischeninterpolation; siehe Formel<br />
3.2-5<br />
1.0 nein<br />
dx Schrittweite zur Approximation von E ext 0.1 nein<br />
b S Signaturbreite - nein<br />
h min Mindestabstand 0.2 ja<br />
E min Abbruchschranke 0.1 nein<br />
n I Zahl der Iterationen - nein<br />
Zur Steuerung der Verdrängung werden innere und äußere Energie bewichtet. Höhere innere<br />
Energie (Parameter α, β) unterstützt die Formerhaltung, höhere äußere Energie (Parameter<br />
γ) forciert die Konfliktbeseitigung. Konkrete Zahlenwerte sind maßstabsabhängig festzulegen.<br />
Der Parameter ”<br />
Mindestabstand“ h bestimmt neben der Signaturbreite b S den Konfliktbereich<br />
(siehe Abschnitt 3.2.2) und ist damit ebenfalls zur Steuerung der Verdrängung geeignet. Weitere<br />
Untersuchungen müssen sich auf die Verallgemeinerbarkeit der verwendeten Parameterwerte<br />
konzentrieren (siehe Abschnitt 5.2.2).<br />
Um Praxisrelevanz und -tauglichkeit nachzuweisen, sind Testrechnungen an einem realistischen<br />
Beispiel nicht ausreichend. Für weiterführende Arbeiten wurde deshalb die Kooperation mit<br />
einem Praxispartner gesucht. Konkrete Vorteile bei der Nutzung eines kartographischen Produktionssystems<br />
ergeben sich u.a. bei der Datenverwaltung. So sind durch die Anbindung einer<br />
Datenbank auch größere Datenmengen relativ einfach zu handhaben. Des weiteren standen<br />
Testdaten in verschiedenen Maßstäben zur Verfügung. Die Signaturierung bzw. Ableitung der<br />
Kartengeometrien erfolgte durch Systemfunktionen unter Nutzung eines vorgefertigten Zeichenschlüssels<br />
auf der Basis verschiedener Signaturenkataloge (z.B. ATKIS-SK10, -SK25).<br />
Ein zusätzlicher Aspekt ist die Suche nach ergänzenden Anwendungen für die vorgestellten Verdrängungsansätze.<br />
Der Hauptgrund für eine Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis besteht<br />
allerdings in einem Austausch von gemeinsamen und unterschiedlichen Sichtweisen bei der<br />
Lösung von Automatisierungsaufgaben. Der Hersteller von Anwendungssoftware ist zusätzlich<br />
gezwungen, Schnittstellen zu definieren, Benutzeroberflächen zu entwickeln, die Handhabung<br />
der Parameter zu vereinfachen und die qualitative Bewertung den Anwendungen anzupassen.<br />
Um das Zusammenwirken verschiedener Generalisierungsoperationen zu untersuchen, ist die<br />
Verfügbarkeit eines profesionellen Kartographiesystems unabdingbar.
5.1. Amtliches Topographisch-Kartographisches Informationssystem (ATKIS) 59<br />
a) Ausschnitt TK 50<br />
ATKIS-Datensatz<br />
DLM25/1 (Vektordaten)<br />
b) Darstellung<br />
von Vorder- und<br />
Hintergrundobjekten<br />
(Referenzierung)<br />
c) Modellierung des<br />
Flächenbedarfs der<br />
Kartenobjekte aus<br />
den Vektordaten<br />
(erzeugendes<br />
Verdrängungsgebirge)<br />
d) Abgrenzung und<br />
Recherche der<br />
Konfliktsituationen<br />
(resultierendes<br />
Verdrängungsgebirge)<br />
e) Konfliktlösung durch<br />
Energieminimierung bei<br />
gleichzeitigem Erhalt<br />
der typischen Gestalt<br />
der Linienobjekte<br />
Abbildung 5.1-3: Ablauf der Linienverdrängung mittels Variationsverfahren
60 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />
(a) Vor der Verdrängung<br />
(b) Nach der Verdrängung<br />
Abbildung 5.1-4: Beispiel zur Linienverdrängung mittels Variationsverfahren
5.2. Automatisierte Verdrängung im Maptech-System 61<br />
5.1.4 Behandlung von Kreuzungen und Einmündungen<br />
Um die Liniengestalt im Bereich von Kreuzungen bzw. Einmündungen erhalten zu können,<br />
wird das Verdrängungspotential mit einem Parameter versehen. Das Verdrängungspotential ist<br />
eine Funktion des Abstandes zwischen den Linien, so daß in Kreuzungsbereichen maximale<br />
Werte erzielt werden. Die Folge ist eine Orthogonalisierung der sich (nicht notwendig senkrecht)<br />
schneidenden Linien. Der genannte Parameter muß nun einerseits den Orthogonalisierungseffekt<br />
verhindern, andererseits darf eine Verdrängung der sich kreuzenden Linien durch dritte Objekte<br />
nicht ausgeschlossen werden. Eine Möglichkeit besteht darin, das Verdrängungspotential mit<br />
dem Faktor<br />
{<br />
1 I ≠ J<br />
Γ i (I, J) =<br />
(5.1-1)<br />
0 I = J<br />
zu multiplizieren. Der Index i bezeichnet die Stützstelle, für die das Verdrängunspotential berechnet<br />
wird. Die großen Buchstaben kennzeichnen die Nummern der Linien.<br />
Für die numerische Umsetzung erfolgt zunächst die Bestimmung der an Linienkreuzungen bzw.<br />
-einmündungen beteiligten Stützstellen. Falls die Bedingungen<br />
D 1 D 2 < 0 , D 3 D 4 < 0 mit (5.1-2)<br />
P<br />
3<br />
P<br />
2<br />
P<br />
1<br />
P<br />
4<br />
D 1 = det(P 1 , P 3 , P 4 ) ,<br />
D 2 = det(P 2 , P 3 , P 4 ) ,<br />
D 3 = det(P 3 , P 1 , P 2 ) ,<br />
D 4 = det(P 4 , P 1 , P 2 ) ,<br />
det(P k , P l , P m ) :=<br />
x k x l x m<br />
y k y l y m<br />
1 1 1<br />
,<br />
erfüllt sind, bilden die Strecken P 1 P 2 , P 3 P 4 eine Kreuzung und ihr Schnittpunkt liegt fest<br />
(Bartelme, 1995). Sämtliche Stützstellen P i der Linie I, die innerhalb einer vorgegebenen<br />
Verdrängungstiefe liegen, können nun mit der Nummer der beteiligten Linie J markiert werden.<br />
Damit ist ein Zuwachs des Verdrängungspotentials der beteiligten Stützstellen, hervorgerufen<br />
durch die kreuzende bzw. einmündende Linie, ausgeschlossen.<br />
5.2 Automatisierte Verdrängung im Maptech-System<br />
5.2.1 Einordnung im Programmsystem<br />
Nunmehr wird die Anwendung des vorgestellten Generalisierungsalgorithmus im Rahmen eines<br />
kartographischen Produktionssystems beschrieben. Als Basisprogramm wurde das Mapping-<br />
System der Firma Maptech AG, CH-Horw gewählt, welches aus Sicht des Verfassers zur Zeit die<br />
Standardsoftware auf dem Gebiet der Digitalkartographie darstellt. Zusammen mit dem Maptech-Capturing<br />
und Maptech-Geodaten-Managment ermöglicht das Programmpaket sowohl die<br />
komplette rechnergestützte Herstellung und Fortführung von traditionellen Papierkarten, z.B.<br />
topographische Karten der Landesvermessungsämter, Straßenkarten und Atlanten sowie jede<br />
Art der modernen Bildschirmdarstellung.<br />
Das Capturing-System beinhaltet die Erzeugung digitaler Geodaten auf der Grundlage einer<br />
automatisierten Vektorisierung. Dazu arbeitet das Programm mit Vektordaten, wobei zusätzlich<br />
Rasterbilder und Orthophotos hinterlegbar sind. Die Verwendung der raumbezogenen Daten ist<br />
in den verschiedensten Koordinatensystemen möglich (metrische Koordinaten, Gauss-Krüger-<br />
Koordinaten, Geographische Koordinaten etc.).<br />
Das Geodaten-Managment ermöglicht die Verwaltung blattschnittfreier Daten. Durch Integration<br />
der CITRA- und INTERLIS-Schnittstelle werden verschiedene Datenformate unterstützt
62 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />
(Intergraph, SICAD, DXF, EDBS, ...). Mittels Geodaten-Managment ist der parallele Zugriff<br />
verschiedener Bearbeiter auf gleiche Kartenausschnitte gewährleistet (Multi-User-Philosophie).<br />
Dabei sind die aktuell durch einen Benutzer bearbeiteten Elemente für alle anderen gesperrt und<br />
nicht editierbar. Zusätzlich ist die Integration von Sachdaten möglich. Hierfür hat Maptech AG<br />
einen eigenen Datenbankteil entwickelt, das Administrative und Statistische Informationssystem<br />
(ASTIS), in welchem sämtliche Zusatzdaten wie z.B. Gebäudefunktionen, Verkehrsflüsse etc. gespeichert<br />
werden können. ASTIS kann vom Benutzer individuell und beliebig konfiguriert werden<br />
und ist jederzeit erweiterbar. Die Darstellung der Objekte kann von ASTIS abhängig gemacht<br />
werden (Operation/Rules), und eine Einbindung von Textinformationen ist über Links (Queries)<br />
möglich.<br />
Bevor die Beschreibung der Benutzermenüs zur Verwendung der Verdrängungsalgorithmen erfolgt,<br />
ist zunächst eine kurze Erläuterung ausgewählter Bestandteile des Mapping-Systems notwendig.<br />
Hauptmodule sind der Mapimage-Editor, der Map-Publisher, der Zeichenschlüssel- bzw.<br />
Font-Editor und abschliessend der Separations-Editor mit einer Ausgabesteuerung.<br />
Im Map-Publisher erfolgt die Definition eines oder mehrerer Kartenbilder (Mapimages, Legende)<br />
und deren Plazierung auf einseitigen oder innerhalb mehrseitiger Publikationen. Außerdem wird<br />
hier der Darstellungsmaßstab und die Projektionsart der Daten festgelegt. Der Font-Editor dient<br />
zur Konstruktion der Kartensymbolik, dabei können Linien-, Flächen-, Symbol- und Text-Fonts<br />
konstruiert werden. Diese erstellten Basis-Fonts lassen sich im Zeichenschlüssel-Editor beliebig<br />
attributieren und skalieren. Für die Bearbeitung und Fortführung der Kartenbilder wird der<br />
Mapimage-Editor verwendet. Er umfaßt sämtliche Werkzeuge zur Datenmanipulation und ist<br />
damit Kern des Mapping-Systems. Hier werden auch die Generalisierungsroutinen eingebunden.<br />
Im Separations-Editor erfolgt abschließend die Farbseparation für den Plot, die Festlegung der<br />
Rasterweite bei der Ausgabe, sowie die Auswahl von Optionen für Freistellung, Übergriff und<br />
Überdruck.<br />
5.2.2 Parameter zur Steuerung der Verdrängung<br />
Die Integration verschiedener Generalisierungsfunktionen, speziell der Linien- und Flächenverdrängung,<br />
erfolgte im Mapimage-Editor (siehe Abschnitt 5.2.1). In der praktischen Anwendung<br />
wird vom Nutzer ein Menü geöffnet, welches die Auswahl verschiedener Elementarvorgänge<br />
ermöglicht und die Steuerung über Parameter unterstützt (Benutzer-Menü, Abb. 5.2-1).<br />
Die angezeigten Parameter variieren in Abhängigkeit vom ausgewählten Elementarvorgang im<br />
Menü ”<br />
Funktion“. Um Richtwerte (Defaultparameter) für verschiedene Maßstäbe und verwendete<br />
Zeichenschlüssel vorgeben zu können, besteht die Möglichkeit, entsprechende Parameter-Sets<br />
zu laden ( ”<br />
Laden“) oder anzulegen ( ”<br />
Sichern“).<br />
Während die Parameter im oberen Bereich unabhängig von Objekt- bzw. Feature-Gruppen sind,<br />
können im unteren Fenster objektspezifische Größen eingestellt werden, z.B. welche Objekte<br />
verdrängt werden sollen und welche Feature-Gruppen als Hintergrundobjekte zu berücksichtigen<br />
sind. Unter Feature-Gruppen werden dabei Objekte nach inhaltlichen Gesichtspunkten<br />
zusammengefaßt, z.B. Verkehrswege, Gewässer, Waldflächen. So kann eine Steuerung auf verschiedenen<br />
semantischen Ebenen (Feature-Gruppe/ Feature/ Objekt-Display-Gruppe) erfolgen<br />
und je nach Anforderung und Kenntnis allgemeiner gehalten oder speziell angepaßt werden. Jeder<br />
Objekt-Display-Gruppe kann zudem eine Text-Display-Gruppe zugeordnet werden, was für<br />
Anwendungen in der Randbearbeitung oder Textplazierung notwendig ist.<br />
Objektunabhängige Parameter: Unabhängig von den auftretenden Objektarten kann für<br />
die Linienverdrängung das Verhältnis V ext/int = E ext /E int − 1 von interner zu externer Energie<br />
im Intervall [−1, +1] angegeben werden. Der daraus resultierende Parameter g ext = 1 + V ext/int<br />
entspricht einem Gewichtsfaktor der externen Energie in den Gleichungen (3.3-4), (3.3-5).
5.2. Automatisierte Verdrängung im Maptech-System 63<br />
✡<br />
✲<br />
Abbildung 5.2-1: Benutzer-Menü für verschiedene Generalisierungsfunktionen<br />
Im Grenzfall V ext/int = −1 erfolgt keine Gestaltsänderung (E int = max). Einem ausgeglichenen<br />
Verhältnis zwischen beiden Energien entspricht die Standardeinstellung V int/ext = 0. Außerdem<br />
kann die ”<br />
erweiterte Behandlung“ von Kreuzungen und Einmündungen (siehe Abschnitt 5.1.4)<br />
unterdrückt werden.<br />
Für die Flächenverdrängung ist die Schrittweite des Greedy-Algorithmus einstellbar (siehe Abschnitt<br />
3.3.4). Zusätzlich besteht die Möglichkeit, einen maximalen Verschiebungsbetrag festzulegen.<br />
Der Bewegungsbereich von Flächenobjekten ist damit eingegrenzt.<br />
Objektabhängige Parameter: Die objektabhängigen Parameter können sowohl auf Feature-<br />
Gruppen-Ebene (z.B. Verkehrswege) als auch individuell für einzelne Objekt-Display-Gruppen<br />
(z.B. Str. Autostraße, normal) festgelegt werden. Dazu sind mit dem Button Editieren ...“ (siehe<br />
”<br />
Abbildung 5.2-1) die entsprechenden Menüs aufzurufen. Eine Modifikation des Mindestabstandes<br />
ist dann sowohl für Linien- als auch für Flächenobjekte möglich. Mittels Verdrängungswirkung“<br />
”<br />
kann angegeben werden, ob das Objekt im Verdrängungsprozeß zu berücksichtigen ist oder eine<br />
Überlagerung durch andere Objekte toleriert wird.<br />
Abbildung 5.2-2: Objektabhängige Parameter für Linien- und Flächenverdrängung
64 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />
Um die Verdrängung der Objekte entsprechend ihrer Bedeutung steuern zu können, erhält jedes<br />
Objekt ein Attribut ”<br />
Priorität“ P ɛ [0, 9]. Damit wird die Beweglichkeit der Objekte in der<br />
Karte festgelegt. Objekte hoher Bedeutung sollten nur bedingt in ihrer Lage verändert werden<br />
und besitzen daher geringe Verdrängungspriorität. Im Extremfall P = 0 kann eine Verdrängung<br />
auch unterbunden werden.<br />
Bei der praktischen Umsetzung wird die iterative Bearbeitung der Kartenobjekte ausgenutzt.<br />
Wie im Abschnitt 3.3.1 und 3.3.4 erläutert, werden Objekte jeweils nur um kleine Beträge verdrängt.<br />
Vor jedem Iterationsschritt wird jetzt anhand der Priorität P entschieden, ob das Objekt<br />
verdrängt werden muß. Die Priorität interpretiert man dazu als Häufigkeit einer möglichen Verdrängung.<br />
Nach dem Ziehen einer Zufallszahl z aus dem Prioritätsintervall [P min , P max ] = [0, 9]<br />
wird verglichen, ob diese kleiner ist als die Verdrängungspriorität P des aktuellen Objektes.<br />
Besitzt ein Objekt die Priorität P = 0, so kann die Zufallszahl nie kleiner sein und das Objekt<br />
ändert weder seine Position noch seine Form. Die Bewichtung der Kartenobjekte kann den<br />
Anwendungen beliebig angepaßt werden.<br />
Formparameter: Die innere Energie besteht aus zwei Termen mit den Gewichten α und β<br />
(siehe Abschnitt 3.2.2). Diese bewichten veränderte Stützstellenabstände bzw. Abweichungen<br />
der Linienkrümmung im Laufe der Verdrängung. In einfachen Fällen erfolgt die Steuerung für<br />
alle Linienobjekte mit den gleichen Parametern. Größere Gewichte sorgen dabei für Linien mit<br />
starker innerer Bindung.<br />
Außerdem kann man die Parameter für Linien verschiedener Bedeutung individuell festlegen. Dadurch<br />
würden die Gewichte des inneren Potentials ebenfalls zu semantischen Steuerparametern.<br />
Des weiteren können die Parameter während der Iteration geändert werden, um z.B. die Bewegungsfreiheit<br />
schrittweise zu verringern. Schließlich ist es möglich, das Krümmungsverhalten<br />
von Objektteilen einer Linie zu beeinflussen, indem die Parameter nicht als Konstante, sondern<br />
als Funktionen der Bogenlänge α = α(s) bzw. β = β(s) verwendet werden. In den praktischen<br />
Anwendungen wurde bisher mit konstanten, objektunabhängigen Formparametern gearbeitet.<br />
5.2.3 Ergebnisse und Beispiele<br />
Linienverdrängung: In Abbildung 5.2-3 ist die Linienverdrängung für einen Kartenausschnitt<br />
im Maßstab 1:25 000 dargestellt. Die Rechenzeit beträgt auf einer IBM Workstation, RISC-6000,<br />
Modell 43P/140, 200 MHz, etwa 30 sec. - Die Bearbeitung erfolgt im Batch-Betrieb.<br />
Problematisch ist die Abhängigkeit des Algorithmus vom Strukturierungsgrad der Daten. So<br />
wird erwartet, daß Anfangs- bzw. Endpunkte von Linienobjekten an Kreuzungen oder Einmündungen<br />
liegen, da bei Verwendung des Variationsverfahrens die Verschiebung der Randwerte Null<br />
ist (siehe Abschnitt 3.2.3). Erfolgte die Linienbildung nicht ausschließlich unter geometrisch -<br />
topologischen Gesichtspunkten, sondern auch unter Berücksichtigung inhaltlicher Aspekte (z.B.<br />
Änderung des Strassennamens), sollte zunächst eine Vorverarbeitung mit geeigneter Objektbildung<br />
durchgeführt werden. Im Beispiel 5.2-3 ist die Verdrängung ohne Vorverarbeitung dargestellt.<br />
Die Verdrängung von sich kreuzenden Linien durch dritte Objekte wäre möglich, solange die<br />
Kreuzung nicht gleichzeitig einen Randpunkt der Linien darstellt. Eine gegenseitige Verdrängung<br />
von Linien im Kreuzungsbereich ist ausgeschlossen (siehe Abschnitt 5.1.4). Für Einmündungen<br />
ist eine Verdrängung durch dritte Objekte nicht umsetzbar, da zumindest ein fester Anfangspunkt<br />
vorliegt. Um auch hier eine Verdrängung zu ermöglichen, müßte eine Erweiterung des<br />
Algorithmus für verkettete Snakes erfolgen (Fua, 1996).
dergersdorf<br />
chtshausen<br />
5.2. Automatisierte Verdrängung im Maptech-System 65<br />
Waldhäuser<br />
2<br />
Großopitz<br />
Tharandt<br />
Somsdorf<br />
Freital<br />
4 1<br />
1<br />
HAINSBERG<br />
COSSMANNSDOR<br />
dergersdorf<br />
chtshausen<br />
Waldhäuser<br />
2<br />
Lübau<br />
(a) Situation vor der Verdrängung<br />
Großopitz<br />
Tharandt<br />
Somsdorf<br />
Freital<br />
4 1<br />
1<br />
Spechtritz<br />
HAINSBERG<br />
COSSMANNSDOR<br />
Lübau<br />
(b) Situation nach der Verdrängung<br />
Spechtritz<br />
Abbildung 5.2-3: Beispiel zur automatisierten Generalisierung von Linienobjekten, Maßstab 1:250 000,<br />
( c○Verlag Kümmerly+Frey, 1999)
66 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />
Flächenverdrängung: In der praktischen Anwendung sollte auch hier zunächst eine Datenanalyse<br />
bzw. -aufbereitung durchgeführt werden. So ist z.B. für eine automatisierte Gebäudeverdrängung<br />
zwischen einfachen Gebäudegrundrissen und komplexen Gebäuden in Innenstadtbereichen<br />
zu unterscheiden.<br />
Nach dem derzeitigen Stand werden Gebäudegrundrisse nicht im Basis-DLM vorgehalten, d.h.<br />
man ist bei der Visualisierung von ATKIS-Daten gezwungen, zusätzliche Quellen zu verwenden.<br />
Für Gebäude kommt im wesentlichen der Datenbestand des Amtlichen Liegenschaftskatasters<br />
(ALK) in Frage. Da dieser noch nicht vollständig in digitaler Form vorliegt, werden die Kartenoriginale<br />
der TK10 gescannt. Aus diesen extrahiert man Relief und Gebäudegrundrisse mit Hilfe<br />
automatisierter Verfahren der Vektorisierung und Mustererkennung. Dazu kann das Maptech-<br />
Capturing verwendet werden. Das Ergebnis ist in Abbildung 5.2-5(a) dargestellt und entspricht<br />
der Eingangssituation für eine automatisierte Flächenverdrängung.<br />
Im Vergleich zur Linienverdrängung ist die Flächenverdrängung zeitintensiver, z.B. für mittlere<br />
Ortschaften (ca. 300 Gebäude) beträgt die Rechenzeit etwa 1,5 min. - Hauptursache ist<br />
der Unterschied in der Bestimmung der externen Energie. Während die Konfliktrecherche für<br />
Linienobjekte auf Abstandsberechnungen basiert, sind für die Flächenobjekte zeitaufwendigere<br />
Flächenberechnungen durchzuführen. In Abbildung 5.2-5 sind Screenshots des Mapimage-<br />
Editors vor und nach der Verdrängung von Gebäudegrundrissen dargestellt.<br />
Kombinierte Linien- und Flächenverdrängung:<br />
Für die Kombination von Generalisierungsfunktionen<br />
steht im Mapimage-Editor ein Benutzermenü zur Erzeugung<br />
und Verwaltung von sogenannten Joblisten zur<br />
Verfügung (siehe Abbildung 5.2-4). Dort können verschiedene<br />
Generalisierungs-Sets in Abhängigkeit von Maßstab<br />
und Kartentyp zu Joblisten zusammengefaßt werden. Jedes<br />
Generalisierungs-Set ist gekennzeichnet durch die Generalisierungsfunktion<br />
bzw. den Elementarvorgang und<br />
zugehörige Parameter.<br />
Für die sequentielle Durchführung verschiedener Generalisierungsfunktionen<br />
ist die Aufstellung bestimmter Hierarchien<br />
unerläßlich. Im Beispiel der kombinierten Verdrängung<br />
(siehe Abb. 5.2-6) erfolgte zunächst die Linienund<br />
anschließend die Flächenverdrängung.<br />
Abbildung 5.2-4: Joblisten<br />
Bevor aussagekräftige Erfahrungen über die Kombination von Generalisierungsfunktionen gesammelt<br />
werden können, sind zunächst weitere Generalisierungsalgorithmen zu implementieren.<br />
Zusammenfassung: Der vorgestellte Algorithmus zur Linien- und Flächenverdrängung nach<br />
dem Prinzip der Energieminimierung liefert zufriedenstellende Resultate. Wesentliche Ergebnisse<br />
sind:<br />
• Durch geeignete Wahl der inneren Energie wird die charakteristische Form bei der Verdrängung<br />
von Linienobjekten erhalten.<br />
• In der Flächenverdrängung kann durch Anwendung einer Heuristik, welche für jedes Objekt<br />
eine individuelle Nachbarschaft berücksichtigt, der Algorithmus um ein Vielfaches<br />
beschleunigt werden.<br />
• Die Steuerung der Verdrängung ist auf verschiedenen semantischen Stufen möglich (Objekt-<br />
Display-Gruppen-Ebene, Feature-Ebene, Feature-Gruppen-Ebene).
5.2. Automatisierte Verdrängung im Maptech-System 67<br />
K137<br />
(a) Situation vor der Verdrängung<br />
K137<br />
(b) Situation nach der Verdrängung<br />
Abbildung 5.2-5: Beispiel zur automatisierten Verdrängung von Gebäudegrundrissen, Maßstab<br />
1:10 000, ( c○Landesvermessungsamt Sachsen, 1999)
68 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />
S156<br />
S156<br />
BERTHELSDORF<br />
(a) Situation vor der Verdrängung<br />
S156<br />
S156<br />
BERTHELSDORF<br />
❏<br />
❏<br />
❏<br />
❏<br />
❏<br />
❏<br />
❏<br />
❏<br />
❅<br />
(b) Situation nach der Verdrängung ❅ ❏<br />
❅ ❏<br />
Abbildung 5.2-6: Beispiel zur Generalisierung von Linien- und Flächenobjekten, Maßstab 1:25 000,<br />
( c○Landesvermessungsamt Sachsen, 1999)<br />
❏❪<br />
❏<br />
❏<br />
❅❅■<br />
❅<br />
❅<br />
❏<br />
❏<br />
❏<br />
❅<br />
❅<br />
❅<br />
❅<br />
❅<br />
❅<br />
❏
5.2. Automatisierte Verdrängung im Maptech-System 69<br />
Für die weitere Arbeit sind außerdem folgende Punkte zu berücksichtigen:<br />
• In Abhängigkeit von den Eingangsdaten ist für die Linienverdrängung unter Umständen<br />
eine Vorverarbeitung notwendig, da die Wahl der Randwerte das Ergebnis wesentlich beeinflußt.<br />
• Bei der Flächenverdrängung wird die Lage der Objekte wenig geändert, da Verdrängungen<br />
prinzipiell klein gehalten werden. Eine explizite Modellierung der relativen Lage, z.B.<br />
mittels Delaunay-Triangulation, wäre zusätzlich hilfreich.<br />
• Das Zusammenwirken mit anderen Generalisierungsoperationen ist zu entwickeln.<br />
Wie zu erwarten war, können nicht alle Überlagerungskonflikte durch Verdrängungsoperationen<br />
beseitigt werden. Offensichtlich wird dies in Abbildung 5.2-5 am größeren Gebäude in der rechten<br />
Bildhälfte. In diesen Fällen sind andere Elementarvorgänge der Generalisierung interaktiv oder<br />
automatisiert anzuwenden. Weitere Untersuchungen zeigen, daß der Energieminimierungsansatz<br />
auch in der Formvereinfachung von Gebäudegrundrissen anwendbar ist (Minks, 1999).<br />
Zusammenwirken von Forschung und Anwendung: Die praxisreife Umsetzung automatisierter<br />
Verdrängungslösungen mit Software der Firma Maptech AG läßt verschiedene Schlußfolgerungen<br />
für eine Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis zu. Da Grundlagenforschungen<br />
sehr zeitaufwendig ist, können diese nur in eingeschränktem Maße durch die Industrie geleistet<br />
und finanziert werden. Vielfach wird hier versucht, auf vorhandenen Lösungsansätzen aufzubauen.<br />
So steht in der Praxis die Anwendbarkeit im Vordergrund, während in der Wissenschaft die<br />
Suche nach neuen Ansätzen favorisiert wird. Folgende Arbeiten werden durch die Wissenschaft<br />
geleistet: Am Anfang der Forschung steht meist die Recherche vorhandener Ansätze mit der<br />
Abgrenzung von Vor- und Nachteilen. Anschließend folgt die Suche nach geeigneten Modellen<br />
zur Problembeschreibung. Letztlich werden Algorithmen zur Problemlösung entwickelt.<br />
In einer zweiten Phase überschneiden sich die Interessenbereiche von Forschung und Praxis, so<br />
daß hier im optimalen Fall eine enge Zusammenarbeit stattfindet. Während die Wissenschaftler<br />
für den Nachweis der Anwendbarkeit Tests mit realistischen Daten benötigen, ist die Industrie<br />
an der Nutzung vorhandener Forschungsergebnisse interessiert. Dazu erfolgt in der Regel<br />
die Entwicklung eines Prototyps. Wird die Forschung anwendungsorientiert durchgeführt, kann<br />
die Zusammenarbeit mit der Praxis vielfach Impulse für zukünftige wissenschaftliche Arbeiten<br />
liefern. Die Nutzung kommerzieller Systeme unterstützt weiterhin die Verwaltung realistischer<br />
Daten (Nutzung von Datenbanken) und die Präsentation der Ergebnisse. Im Beispiel der kartographischen<br />
Generalisierung ist hier die Signaturierung der vielfältigen Kartenobjekte und die<br />
Berücksichtigung verschiedener Zeichenebenen (Drawlevel) zu nennen. Der Praxispartner liefert<br />
Schnittstellen für den Datenaustausch. Dazu muß möglichst konkret spezifiziert werden, welche<br />
Informationen der Algorithmus benötigt. Die Implementierung erfordert sowohl vom Praxispartner<br />
als auch vom Entwickler größere Anpassungsleistungen. Gemeinsam erfolgt schließlich die<br />
Lösung zusätzlich aufgetretener Probleme.<br />
Die letzte Stufe umfaßt die Integration der Algorithmen im System. Dazu werden Daten und Parameter<br />
in der Datenbank umgesetzt, die Quelltexte unter Verwendung vorhandener Funktionen<br />
oder Makros angepaßt und Benutzermenüs für die Bedienung erzeugt. Vielfach ist für die Integration<br />
im System eine Erweiterung der Funktionalität notwendig bzw. die Wechselwirkung mit<br />
anderen Programmteilen zu implementieren. Im Fall der Generalisierung muß das Zusammenspiel<br />
unterschiedlicher Generalisierungsoperationen entwickelt werden. Schließlich sind umfangreiche<br />
Tests durchzuführen und die Dokumentation zu schreiben. Nicht zuletzt garantiert der<br />
Hersteller den Support der vertriebenen Software. Dazu gehören die Installation vor Ort und<br />
die Einarbeitung der Kunden mit Schulungen, die Beseitigung aufgetretener Fehler sowie die<br />
Softwarepflege und -weiterentwicklung mit der Berücksichtigung kundenspezifischer Probleme.
70 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />
Auf Grund gewonnener Erfahrungen und obiger Einteilung ist festzustellen, daß Entwicklungsarbeiten<br />
im Bereich der wissenschaftlichen Forschung herstellerneutral zu realisieren sind. Der<br />
Aufwand an der Gesamtherstellung beträgt etwa 30 bis 50%. Sowohl für die Prototypenentwicklung<br />
als auch die Integration im System ist eine enge Zusammenarbeit mit dem Praxispartner<br />
unabdingbar. Das heißt, spätestens nach der Hälfte des Entwicklungszeitraumes erfolgt die Einschränkung<br />
auf ein konkretes System. Noch ungünstiger ist das Verhältnis bei der Umsetzung<br />
von Steueralgorithmen zur Handhabung verschiedener Generalisierungsoperationen, die einander<br />
bedingen, da hier eine Simulation ohne realistische Daten und relevante Teilergebnisse nicht<br />
möglich sind.<br />
5.2.4 Automatisierte Randbearbeitung<br />
Mit Hilfe einer automatisierten Randbearbeitung ist die effektive Ableitung beliebiger Kartenausschnitte<br />
aus blattschnittfreien Daten möglich. Dafür sind Texte und Symbole, welche durch<br />
den Kartenrand abgeschnitten werden, geeignet zu modifizieren. Texte werden entsprechend der<br />
Bedeutung und Lage des zu beschriftenden Objektes entweder im Kartenausschnitt plaziert oder<br />
ausgeblendet. Die Plazierung erfolgt dabei unter Berücksichtigung der unmittelbaren Umgebung.<br />
Symbole in Randlagen werden nicht verschoben, sondern in Abhängigkeit von ihrer Bedeutung<br />
und der Anwenderkonfiguration ausgeblendet.<br />
Die automatisierte Randbearbeitung stellt eine praktische Anwendung der Verdrängung im Konzept<br />
der Energieminimierung dar. Andere Anwendungsmöglichkeiten der Energieminimierung<br />
sind die Schriftplazierung (Richter, 1997) oder die Formvereinfachung von Gebäudegrundrissen<br />
(Minks, 1999). Gemeinsam ist allen Anwendungen die Verwendung einer Gesamtenergiefunktion<br />
mit innerem und äußerem Anteil (siehe Abschnitt 3.2.1), wobei die äußere Energie<br />
zu beseitigende Konflikte beschreibt (z.B. Überlagerungen mit dem Kartenrand, Konflikte mit<br />
anderen Textobjekten, zu kurze Gebäudekanten, etc.) und die innere Energie versucht, die relative<br />
Lage (z.B. von Gebäuden, Texten) oder charakteristische Formen (z.B. Fluß, Straße) zu<br />
erhalten.<br />
Bei hoher Kartenbelastung kann nicht immer eine Plazierung der Texte im Kartenausschnitt<br />
generiert werden. In diesen Fällen wird die Identifikationsnummer des Textes in einer ”<br />
Select-<br />
From-File“-Datei (SFF-Datei) gespeichert. In solchen Dateien sind u.a. problembehaftete Objekte<br />
registriert, die später am Bildschirm hervorgehoben dargestellt werden. Zur Unterstützung<br />
der interaktiven Nachbearbeitung werden diese Texte automatisch editiert und sind anschließend<br />
einfach manuell abzuarbeiten.<br />
Die Textplazierung erfolgt in Abhängigkeit vom Geometrietyp des zu beschriftenden Objektes,<br />
wobei zunächst zwischen Beschriftung von Linien- und Flächenobjekten unterschieden wird. Des<br />
weiteren beeinflußt die relative Lage des Textes zum Objekt die Art der Plazierung. So können<br />
jeweils drei weitere Unterkategorien festgelegt werden, falls sich der Text innerhalb oder außerhalb<br />
des Objektes befindet bzw. dieses überlagert. Punktobjekte (wie z.B. Ortschaftssymbole)<br />
werden durch den Beschriftungstyp ”<br />
Flächenobjekt - Beschriftung außerhalb“ abgedeckt, da<br />
jedes sichtbare Kartenobjekt eine nicht zu vernachlässigende Ausdehnung besitzt.<br />
Konflikterkennung:<br />
Für die Konflikterkennung wird aus den Koordinaten des Kartenrandes ein Flächenobjekt erzeugt,<br />
welches den im Map-Publisher festgelegten Kartenausschnitt in Bandform begrenzt (siehe<br />
Abbildung 5.2-7). Mit Hilfe der Parameter ” Äußerer Rand“/ ”<br />
Innerer Rand“ kann der Bereich<br />
festgelegt werden, in dem keine Texte liegen dürfen. Für die Plazierung in der Karte ist u.a. zu<br />
entscheiden, ob das zu beschriftende Objekt im Ausschnitt liegt. Befindet sich das Objekt im
5.2. Automatisierte Verdrängung im Maptech-System 71<br />
Abbildung 5.2-7: Flächenrandobjekt für die automatisierte Randbearbeitung<br />
Randbereich oder außerhalb, wird der zugehörige Text ausgeblendet. Der Randbereich kann für<br />
Objekte mit dem Parameter ”<br />
Innerer Rand (Objekt)“ abweichend vom Randbereich für Texte<br />
festgelegt werden. Wird der Parameter ”<br />
Innerer Rand (Objekt)“ kleiner als der Parameter ”<br />
Innerer<br />
Rand“ gewählt oder Null gesetzt, kann z.B. eine Beschriftung von Ortschaften erfolgen, die<br />
zwar im Kartenausschnitt, aber auch im Randbereich für Texte liegen. Eine andere Möglichkeit<br />
wäre, die Plazierung in Abhängigkeit vom prozentualen Flächenanteil des Objektes im Kartenausschnitt<br />
festzulegen, z.B. so, daß eine Beschriftung erfolgt, wenn mehr als 50 % des Objektes<br />
im Ausschnitt liegt.<br />
Die Konflikterkennung für Texte und Symbole basiert analog der Flächenverdrängung auf der<br />
Berechnung von Überlagerungsflächen. Dazu erfolgt eine Verschneidung von Textbox oder Boundingbox<br />
der Symbole mit dem Flächenrandobjekt. Im Falle einer Textplazierung müssen zusätzlich<br />
die Texte, Symbole und Hintergrundobjekte der Nachbarschaft berücksichtigt werden.<br />
Unter Hintergrundobjekten werden dabei alle sonstigen, sich im Kartenausschnitt befindenden<br />
Signaturen zusammengefaßt, die bei einer Textplazierung nicht überdeckt werden dürfen. Der<br />
entsprechende Parameter kann auf Feature-Gruppen-Ebene (FG; z.B. Verkehrswege, Gewässer,<br />
...) oder individuell für jede Objekt-Display-Gruppe (ODG) festgelegt werden. Dazu wird mit<br />
dem ”<br />
Neu“-Button ein Auswahl-Menü geöffnet, in welchem die entsprechenden FG oder ODG<br />
markiert werden. Die gewählten FG/ODG erscheinen im Fenster ”<br />
Objekt-Display-Gruppen /<br />
Text-Display-Gruppen“. Nach dem Aktivieren des ”<br />
Editieren ...“- Buttons können deren objektspezifische<br />
Parameter verändert werden (siehe Abb. 5.2-8). Bei eingeschalteter ”<br />
Verdrängungswirkung“<br />
wird eine Überlagerung durch Texte verhindert.<br />
Abbildung 5.2-8: Objektspezifische Parameter bei der Randbearbeitung
72 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />
Plazierung unter Berücksichtigung der Nachbarschaft:<br />
Die Modellierung der Texte erfolgt durch Zuordnung einer Standlinie, des Bezugspunktes, sowie<br />
der Angabe von Länge und Höhe der Textbox, d.h. eine Modellierung auf Buchstabenebene findet<br />
nicht statt. Die Standlinie kann dabei explizit vorgegeben werden oder über das zu beschriftende<br />
Objekt zugeordnet sein (z.B. Mittelachse einer Straße). Damit sind die Freiheitsgrade für die<br />
Textplazierung festgelegt.<br />
So kann eine Beschriftung von Linienobjekten nur erfolgen, wenn die Standlinie über das zu<br />
beschriftende Objekt und nicht explizit vorgegeben wird. Bei der Linienbeschriftung muß des<br />
weiteren zwischen innerem und äußerem Text unterschieden werden. Beispiele für inneren Text<br />
sind die Straßennamen oder die Beschriftung breiter Gewässer, während äußerer Text bei schmalen<br />
Flüssen benutzt wird. Der Hauptunterschied besteht darin, daß sich der innere Text der<br />
Mittelachse vollständig anpaßt, während der äußere Text einer stärkeren Glättung unterliegen<br />
kann. Implementiert wurde die Beschriftung mit innerem Text.<br />
Für die Beschriftung von Flächenobjekten kann innerer, äußerer oder überlagernder Text unterschieden<br />
werden, wobei letzterer das zu beschriftende Objekt berühren darf (z.B. Beschriftung<br />
öffentlicher Gebäude). Innerer Text muß vollständig in der zu beschriftenden Fläche liegen (z.B.<br />
Bezeichnung von Seen, Landschaften) und äußerer Text sollte einen gewissen Mindestabstand<br />
einhalten (z.B. Beschriftung von Ortschaften, sonstige punktförmige Objekte). Realisiert sind<br />
bis jetzt die Beschriftung mit äußerem und überlagerndem Text.<br />
Die Konfliktlösung erfolgt in zwei Schritten. Zunächst wird eine geeignete Grobplazierung des<br />
Textes durchgeführt, anschließend erfolgt die Feinplazierung analog zur Verdrängung von Flächen<br />
mit festem Rand mittels Greedy-Algorithmus (siehe Abschnitt 3.3.4). Die Art der Grobplazierung<br />
ist abhängig vom Typ des zu beschriftenden Objektes. Für die Linienbeschriftung wird<br />
der längste Abschnitt der Standlinie im Kartenausschnitt verwendet und der Bezugspunkt so<br />
gewählt, daß der Text vollständig im Ausschnitt liegt. Zur Grobplazierung der Texte bei der<br />
Beschriftung von Flächenobjekten wird auf einem Raster um den Schwerpunkt des Objektes die<br />
bezüglich der gewichteten Überlagerungsflächen günstigste Position ausgewählt.<br />
Das verwendete Raster ist durch die Parameter ”<br />
Iterationstiefe“ und ”<br />
Schrittweite für Vorauswahl“<br />
aus dem modulspezifischen Konfigurationsfile festgelegt. Die Anzahl der Kandidaten z K<br />
ergibt sich dabei entsprechend der Iterationstiefe t aus z K = 8·∑t<br />
n=1 n. Für t = 1 entspricht dies<br />
der 8-Nachbarschaft. Die Bewichtung der Überlagerungsflächen ist in Grob- und Feinplazierung<br />
identisch.<br />
Die Feinplazierung erfolgt durch Iteration über alle Texte in Randlagen mittels Greedy-Algorithmus,<br />
wobei sich die Bewertungsfunktion aus den Gesamtenergien der einzelnen Texte zusammensetzt.<br />
Die Gesamtenergie eines Textes resultiert aus Addition der gewichteten Überlagerungsflächen<br />
zuzüglich einer Abstandsenergie. Die überdeckten Flächen werden dabei analog<br />
zur Verdrängung von Flächen mit festem Rand ins Verhältnis zur Fläche des plazierten Textes<br />
gesetzt.<br />
Am stärksten gewichtet werden Randüberlagerungen. Ebenfalls stark bewertet sind die Überlagerungen<br />
von Texten untereinander. Weniger stark gewichtet werden Überlagerungen von Hintergrundobjekten<br />
einschließlich Symbolen. Als Richtgrößen können g rand : g text : g back = 100 : 10 : 1<br />
verwendet werden. Die Abstandsenergie wird bei der Beschriftung mit äußerem Text benötigt,<br />
um die Distanz zwischen Text und Objekt möglichst klein zu halten, wobei ein gewisser Mindestabstand<br />
nicht zu unterschreiten ist.
5.2. Automatisierte Verdrängung im Maptech-System 73<br />
Steuerung und Parameter:<br />
In analoger Weise zur Verdrängung von Linien- und Flächenobjekten kann auch in der automatisierten<br />
Randbearbeitung zwischen objektunabhängigen und objektspezifischen Parametern unterschieden<br />
werden. Zu den objektunabhängigen Größen zählen die Parameter Äußerer Rand“,<br />
”<br />
” Innerer Rand“ und Innerer Rand (Objekt)“, welche den Randbereich für Texte und Symbole<br />
”<br />
einerseits bzw. zu beschriftende Objekte andererseits kennzeichnen. Der Anwender kann weiterhin<br />
entscheiden, ob eine Konfliktbeseitigung durch Verschieben“ der Texte vorgenommen<br />
”<br />
werden soll oder ob lediglich alle Texte in Randlagen auszuschalten sind. Mit dem Parameter<br />
Erweiterte Konfliktbeseitigung“ wird festgelegt, inwieweit Texte, die nicht im Randbereich liegen,<br />
trotzdem ausgeblendet werden, falls sich die zugeordneten Objekte partiell oder vollständig<br />
”<br />
im Randbereich befinden.<br />
Der ”<br />
Mindestabstand zwischen Texten“ bestimmt den Freistellungsraum eines Textes. Der ”<br />
Maximalabstand<br />
zwischen Text und Objekt“ soll einen Grenzwert für die gerade noch mögliche<br />
Zuordnung von Text und Objekt durch den Betrachter liefern. Durch Verschieben von Texten<br />
in den Kartenausschnitt kann bei Platzmangel eine Überlagerung mit anderen Texten oder<br />
Objekten auftreten. Geringfügige Überdeckungen sind unter Umständen zu tolerieren (Angabe<br />
in Prozent, 0.01 = 1%) . Der Parameter ”<br />
Tolerierte Restkonflikte“ bezieht sich aktuell nur auf<br />
Überlagerungen zwischen Texten. Restkonflikte mit Hintergrundobjekten werden akzeptiert und<br />
Überschneidungen mit dem Rand ausgeschlossen.<br />
Abbildung 5.2-9: Benutzer-Menü für die automatisierte Randbearbeitung
74 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />
Objektspezifische Parameter betreffen im wesentlichen die Festlegung, inwieweit Symbole oder<br />
sonstige Kartenobjekte bei der Textplazierung zu berücksichtigen sind oder durch Texte überlagert<br />
werden dürfen. Standardmäßig wird für Symbole und Punktobjekte mit eingeschalteter<br />
Verdrängungswirkung“ gearbeitet, während für Linien- und Flächenobjekte eine Überdeckung<br />
”<br />
zulässig ist.<br />
Der zweite objektspezifische Parameter betrifft die ”<br />
Sichtbarkeit in Randlagen“. So dürfen Punkte<br />
oder Symbole, die sich im Randbereich befinden, nicht verschoben werden. In der Regel werden<br />
sie ausgeblendet, aber in Ausnahmen auch dargestellt (z.B. Ortschaften). Texte im Randbereich<br />
werden in Abhängigkeit von der Objektlage in den Kartenausschnitt verschoben. Hier kann<br />
für untergeordnete Texte explizit festgelegt werden, daß im Falle von Randkonflikten der Text<br />
lediglich auszublenden ist, d.h. keine Plazierung im Kartenausschnitt erfolgt.<br />
Beispiele:<br />
Zur Illustration der vorgestellten automatisierten Randbearbeitung wurden zwei Kartenausschnitte<br />
in verschiedene Anwendungen und Maßstäben abgeleitet. Abbildung 5.2-10 zeigt den<br />
Ausschnitt eines Stadtplanes im Maßstab 1:15 000. Dabei müssen vor allem Straßennamen und<br />
Beschriftungen von öffentlichen Gebäuden verschoben oder ausgeblendet werden.<br />
Im zweiten Beispiel (Abbildung 5.2-11) wurde eine Übersichtskarte im Maßstab 1:250 000 bearbeitet.<br />
Die häufigsten Randkonflikte treten hier bei der Beschriftung von Ortschaften auf. Die<br />
Ergebnisse der automatischen und der manuellen Randbearbeitung sind ähnlich (siehe Abbildung<br />
5.2-12). Nicht bearbeitet werden können z.B. Kilometerangaben, welche sich im Kartenausschnitt<br />
befinden und auszublenden wären, falls sich die zugehörigen Kilometrierungskellen<br />
im Randbereich befinden. Für eine inhaltliche Zuordnung dieser Kartenobjekte sind fehlende<br />
Referenzen in den Basisdaten die Ursache.
5.2. Automatisierte Verdrängung im Maptech-System 75<br />
(a) Plazierte und ausgeblendete Texte und Symbole<br />
(b) Ergebnis der automatisierten Randbearbeitung<br />
Abbildung 5.2-10: Beispiel zur automatisierten Randbearbeitung eines Stadtplanes, Maßstab 1:15 000,<br />
( c○Vermessungsamt Sindelfingen, 1999)
76 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />
(a) Darstellung der blattschnittfreien Daten<br />
(b) Ergebnis der automatisierten Randbearbeitung<br />
Abbildung 5.2-11: Beispiel zur automatisierten Randbearbeitung einer Übersichtskarte, Maßstab<br />
1:250 000, ( c○Verlag Kümmerly+Frey, 1999)
5.2. Automatisierte Verdrängung im Maptech-System 77<br />
(a) Ergebnis der manuellen Randbearbeitung<br />
(b) Ergebnis der automatisierten Randbearbeitung<br />
Abbildung 5.2-12: Vergleich von manueller und automatisierten Randbearbeitung, Maßstab 1:250 000,<br />
( c○Verlag Kümmerly+Frey, 1999)
78 Kapitel 6. Zusammenfassung und Ausblick<br />
6 Zusammenfassung und Ausblick<br />
In vielen Bereichen ist ein Übergang von analogen zu digitalen Medien zu verzeichnen, wobei<br />
neben der fortschreitenden Entwicklung der Rechentechnik sicher die Nutzung des Internets Katalysatorfunktion<br />
hat. Auch auf dem Gebiet der Kartographie finden sich vielfältige Anwendungen<br />
digitaler Daten. Deshalb wurde anfang der neunziger Jahre das bundeseinheitliche Amtliche<br />
Topographisch-Kartographische Informationssystem aufgebaut. Mittlerweile wird an der Umsetzung<br />
der zweiten Realisierungsstufe für die digitalen Landschaftsmodelle (Basis-DLM, DLM250,<br />
DLM1000) gearbeitet. Digitale kartographische Präsentationen sind ebenfalls in verschiedenen<br />
Maßstäben verfügbar. Unbefriedigend ist der Zustand, daß neben der Fortführung der digitalen<br />
Landschaftsmodelle parallel die kartographischen Präsentationen auf der Basis analoger Karten<br />
laufendgehalten werden müssen. So können die topographischen Karten bisher nicht direkt<br />
aus den digitalen Landschaftsmodellen abgeleitet werden. Hauptgrund ist das Fehlen geeigneter<br />
Software, speziell die eingeschränkte Verfügbarkeit von Algorithmen zur rechnergestützten<br />
Generalisierung und darauf basierender Generalisierungswerkzeuge.<br />
Die Entwicklungen in der Digitalkartographie haben zur Folge, daß die Karte ihre Funktion als<br />
Datenspeicher verloren hat. Digitale Landschaftsmodelle übernehmen diese Aufgabe vollständig.<br />
Gleichzeitig gewinnt eine zweckentsprechende Visualisierung der wachsenden Datenmengen unter<br />
Berücksichtigung traditionell gewachsener Nutzergewohnheiten immer stärker an Bedeutung.<br />
Eine mögliche Lösung verbirgt sich hinter dem Stichwort ”<br />
maps on demand“ (Kartenherstellung<br />
nach Anforderung), wodurch dem Wunsch Rechnung getragen werden soll, Karten individuell<br />
und anwenderspezifisch herzustellen. Die Qualität der Karten wird dadurch zweifelsohne erhöht,<br />
da diese, wie im Abschnitt 2.1.2 dargelegt, aus der Brauchbarkeit in der Anwendung resultiert.<br />
Der Wunsch nach steigender Aktualität kartographischer Darstellungen unterstreicht schließlich<br />
die Notwendigkeit einer optimierten Herstellung. Der zeitintensivste Abschnitt bei der Ableitung<br />
topographischer Karten ist die Generalisierung. Eine Automatisierung von Teilprozessen<br />
ist deshalb wünschenswert. Vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Automatisierung des<br />
elementaren Generalisierungsvorganges der Verdrängung. Vom Ansatz bis zur Integration im<br />
kartographischen Produktionssystem wird die gesamte Entwicklung detailliert dargestellt.<br />
In der Arbeit wird die Verdrängung von punktförmigen, linienförmigen und flächenhaften Objekten<br />
unterschieden. Zentrale Stellung nimmt dabei die Linienverdrängung ein, da Linienobjekte<br />
in topographischen Karten dominieren, Flächen durch ihre Umrandung vollständig beschrieben<br />
werden können und Punkte gewissermaßen die Bausteine sind, aus denen sich Linien bei der<br />
Verwendung von Vektordaten zusammensetzen. Zur Beschreibung von Linien hat sich in vielen<br />
Bereichen die Verwendung von Splines durchgesetzt. Splines zeichnen sich durch kompakte<br />
Darstellung aus und ermöglichen die Modellierung beliebig gekrümmter Kurven. Die energieminimierenden<br />
Splines (Snakes) der Bildverarbeitung berücksichtigen zusätzlich formverändernde<br />
äußere Einflüsse. Was liegt näher, als Splines bei der Darstellung von Linienobjekten in Karten<br />
zu verwenden ?<br />
In der kartographischen Verdrängung müssen zum einen Mindestabstände der Linien gegenüber<br />
benachbarten Kartenobjekten eingehalten werden, zum anderen sind Formänderungen infolge<br />
von Verdrängungen möglichst zu vermeiden, da das menschliche Auge gegenüber Formstörungen<br />
empfindlich ist. Die Snakes sind hier das geeignete Modell, da sie den Verformungen durch<br />
äußere Einflüsse entgegenwirken. Die Integration im übergeordneten Prinzip der Energieminimierung<br />
ermöglicht die Lösung der konkurrierenden Ziele als Optimierungsaufgabe. Durch die<br />
sonderfallunabhängige Beschreibung von Verdrängungskonflikten können Zusatzkonstruktionen<br />
vermieden werden.
79<br />
Die äußere Energie wird verwendet, um die Ursache der Verdrängung zu beschreiben. Mit Hilfe<br />
interpolierter Stützpunkte und gleitender Mittelbildung erfolgt die Modellierung einer approximativ<br />
kontinuierlichen Verdrängungswirkung, unabhängig vom Stützstellenabstand. Die innere<br />
Energie erfaßt Längen- und Krümmungsänderungen des Splines bezüglich des ursprünglichen<br />
Zustandes, die sich in Änderungen der ersten und zweiten Ableitung der Koordinaten nach der<br />
Bogenlänge zeigen. Innere und äußere Energie werden im Energie-Integral zusammengefaßt. Die<br />
minimale Gesamtenergie für alle Linien bestimmt man durch Variation des Energie-Integrals.<br />
Die entstehenden Eulerschen Gleichungen werden diskretisiert und iterativ durch Anwendung<br />
der Cholesky-Zerlegung gelöst. Eine alternative Methode zur Energieminimierung mittels Variationsverfahren<br />
wird mit dem Greedy-Algorithmus vorgestellt. Dieser versucht, die Energie jeder<br />
einzelnen Stützstelle durch kleine Verschiebungen zu minimieren. Im Gegensatz zum Variationsverfahren<br />
ist die Wirkungsweise daher eher lokal. Vorteilhafte Anwendungen ergeben sich bei<br />
der Verdrängung von isolierten Objekten, z.B. von Gebäuden oder Schriftboxen.<br />
Die Verdrängung von Punkt- und Flächenobjekten im Konzept der Energieminimierung erfordert<br />
angepaßte innere und äußere Energieterme. Die Berechnung der äußeren Energie für Punktobjekte<br />
kann vergleichsweise einfach über Abstandsberechnungen analog zur Linienverdrängung<br />
erfolgen, wobei die Zwischeninterpolation und gleitende Mittelbildung entfällt. Aufwendiger ist<br />
die Bestimmung der äußeren Energie von Flächenobjekten durch die Berechnung von störenden<br />
Überlagerungsflächen. Für die Einhaltung von Mindestabständen werden die Flächenobjekte vor<br />
der Verdrängung vergrößert. Bei der Modellierung der inneren Energie für Flächenobjekte ist zu<br />
unterscheiden, ob das Objekt als Ganzes verschoben werden muß, d.h. der Rand fest bleibt oder<br />
ob Verschiebungen durch den Rand kompensiert werden können, d.h. Flächen mit beweglichem<br />
Rand vorliegen. Die Berechnung der inneren Energie für Flächenobjekte mit beweglichem Rand<br />
erfolgt analog zur Linienverdrängung, da hier die Form maßgeblich den Wiedererkennungsgrad<br />
beeinflußt. Eine innere Energie für Punktobjekte und Flächenobjekte mit festem Rand muß<br />
die relative Lage der Objekte berücksichtigen. Ein geeignetes Verfahren liefert die Delaunay-<br />
Triangulation.<br />
Zusammenfassend bleibt festzustellen, daß eine Verdrängung von Punkt-, Linien- und Flächenobjekten<br />
im Konzept der Energieminimierung möglich ist. Angepaßte Energieterme und Lösungsverfahren<br />
zur Energieminimierung berücksichtigen die unterschiedliche geometrische Struktur<br />
der Objekte. Aus der Unabhängigkeit von Maßstäben und Sonderfällen ergibt sich die Bedeutung<br />
dieses einheitlichen Grundprinzips.<br />
Ergänzende theoretische Untersuchungen wurden zur Konvergenzbeschleunigung des vorgestellten<br />
Variationsverfahrens durchgeführt. Ein Ergebnis betrifft die Parametrisierung der Splines<br />
mittels Tangentenwinkelfunktion (TAFUS). Die entstehenden Eulerschen Gleichungen können in<br />
Anzahl und auftretender Ableitung reduziert werden. So erhält man anstelle von zwei Gleichungen<br />
4. Ordnung eine Gleichung 2. Ordnung. Erkauft wird diese Vereinfachung durch zusätzliche<br />
Berechnungen bei der Transformation der Richtungsänderungen in kartesische Koordinaten. In<br />
den Anwendungen der Linienverdrängung ergaben sich bisher keine Vorteile. Weiterführende<br />
Arbeiten zur Robustifizierung der TAFUS findet man bei Borkowski und Meier (2001).<br />
Angeregt durch die Arbeit von Cohen und Cohen (1990) wurde des weiteren versucht, die<br />
Lösung der Euler-Gleichungen durch Diskretisierung mittels finiter Elemente zu beschleunigen.<br />
Entsprechend der höchsten vorkommenden Ableitung wurden als Koordinatenfunktionen<br />
B-Splines 2. Ordnung verwendet. Unterschiede zur Diskretisierung mittels finiter Differenzen<br />
betreffen nur die Approximationsgüte der zweiten Ableitungen in den diskretisierten Gleichungen.<br />
In den Beispielrechnungen hatten deshalb die unterschiedlichen Diskretisierungen keine<br />
Auswirkungen.
80 Kapitel 6. Zusammenfassung und Ausblick<br />
Die Entwicklung des automatisierten Verdrängungsverfahrens vom Ansatz bis zur Integration<br />
im kartographischen Produktionssystem erfolgte schrittweise. Zunächst wurde das Verfahren<br />
auf der Basis generierter Daten implementiert und getestet. Anschließend sollte die Anwendung<br />
auf ATKIS-Daten untersucht werden, da dessen Datenstruktur für die Bereitstellung topographischer<br />
Daten in Deutschland verbindlich ist. Dafür war die Ableitung von Kartengeometrien<br />
aus dem DLM25/1-Datensatz notwendig und es mußten entsprechende Kartensignaturen bereitgestellt<br />
werden. Der Verdrängungsalgorithmus lieferte in der Visualisierung der ATKIS-Daten<br />
zufriedenstellende Ergebnisse. Um die Anwendbarkeit in der Praxis nachzuweisen und Hinweise<br />
für weitere Arbeiten in der automatisierten Generalisierung zu erhalten, wurde eine Kooperation<br />
mit der Firma Maptech AG (Schweiz) gesucht. Diese entwickelt Kartographiesoftware, die<br />
u.a. an mehreren Landesvermessungsämtern in Deutschland zur rechnergestützten Herstellung<br />
topographischer Karten verwendet wird.<br />
Die Zusammenarbeit beschränkte sich dabei nicht nur auf die Tests des Verdrängungsansatzes an<br />
realistischen Daten in einem kartographischen Produktionssystem, sondern zusätzlich wurde ein<br />
Werkzeug zur automatisierten Randbearbeitung auf der Basis der vorgestellten Verdrängungsverfahren<br />
implementiert. Die Hauptarbeiten bestanden in der Entwicklung von Datenbankroutinen<br />
zur Bereitstellung notwendiger Parameter (z.B. verwendete Signaturbreiten, Unterscheidung<br />
von Vorder- und Hintergrundobjekten etc.), der Definition von Schnittstellen für den Austausch<br />
von Objektkoordinaten und der Programmierung von Benutzermenüs für die Steuerparameter.<br />
Neben der Unterscheidung von objektabhängigen und objektunabhängigen Parametern ist eine<br />
Steuerung auf verschiedenen semantischen Stufen möglich. Damit können sowohl für das individuelle<br />
kartographische Objekt (z.B. Autobahn) als auch für eine allgemeinere Objektgruppe<br />
(z.B. Verkehrswege) Parameterwerte festgelegt werden.<br />
Während der Prototypenentwicklung haben sich weitere Fragestellungen ergeben. Im Beispiel<br />
der automatisierten Linienverdrängung ist hier die Vorverarbeitung der Linienobjekte zu nennen,<br />
da eine Festlegung der Randwerte entscheidenden Einfluß auf das Ergebnis der Verdrängung hat.<br />
Für die automatisierte Verdrängung von Flächenobjekten mit festem Rand, speziell die Gebäudeverdrängung,<br />
ist die Einführung einer inneren Energie auf der Basis einer Delaunay-Triangulation<br />
wünschenswert. Schließlich stellt sich die Frage nach dem Zusammenwirken mit anderen elementaren<br />
Generalisierungsvorgängen. Im Falle unlösbarer Verdrängungskonflikte müssen weitere Generalisierungsoperationen<br />
zur Anwendung kommen, z.B. Verkleinern, Auswählen etc.<br />
Folgende Erfahrungen resultieren aus der Zusammenarbeit mit der Firma Maptech AG:<br />
Die Entwicklung neuer Produkte ist ohne Grundlagenforschung nicht möglich. Der Aufwand an<br />
wissenschaftlichen Vorarbeiten beträgt zwischen 30 und 50% des Gesamtaufwandes. Dieser Anteil<br />
beinhaltet Lösungsansätze und deren Abgrenzungen zu anderen vergleichbaren wissenschaftlichen<br />
Arbeiten. Für die Prototypenentwicklung ist eine enge Zusammenarbeit von Wissenschaft<br />
und Industrie unerläßlich. Praxisrelevante Tests zur automatisierten Verdrängung können nur<br />
im Rahmen eines kartographischen Produktionssystems durchgeführt werden.<br />
Die Nutzung der automatisierten Verdrängung als Generalisierungswerkzeug erfordert die parallele<br />
Entwicklung anderer Generalisierungsoperationen. Eine Machbarkeitsstudie zur Automatisierung<br />
der Modell- und der kartographischen Generalisierung dient dabei als Konzept für<br />
weitere Entwicklungen. Die Zusammenarbeit mit einem Praxispartner erschließt zusätzliche<br />
Anwendungsfelder; z.B. wurde die automatisierte Randbearbeitung zur Ableitung topographischer<br />
Karten aus blattschnittfreien Daten entwickelt. Weitere Anwendungsmöglichkeiten des<br />
Energieminimierungsprinzips betreffen die Schriftplazierung, sowie Gebäudevereinfachung und<br />
-zusammenfassung, wodurch die Bedeutung dieses Grundprinzips nachhaltig unterstrichen wird.
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88 Anhang A. Analyse von Verdrängungssituationen in topographischen Karten<br />
Anhang A<br />
Analyse von Verdrängungssituationen in<br />
topographischen Karten<br />
Ziel: Qualitative und quantitative Analyse der kartographischen Verdrängung von Linienobjekten<br />
in topographischen Karten (TK10, TK25, TK50 und TK100).<br />
Als Testgebiet wurde ein Kartenausschnitt des Elbsandsteingebirges zwischen Bad Schandau und<br />
Königstein gewählt, da hier im Bereich des Elbelaufes Signaturen verschiedener Linienobjekte<br />
auf engstem Raum untergebracht werden müssen. Im einzelnen wurden Linienobjekte folgender<br />
Gruppen digitalisiert:<br />
• Straße (7 Objekte mit 51 Segmenten)<br />
• Eisenbahn (4 Objekte mit 19 Segmenten)<br />
• Gewässer (6 Objekte mit 47 Segmenten)<br />
Sämtliche Segmente aller Objekte mußten dazu in den Maßstäben 1:10 000, 1:25 000, 1:50 000<br />
und 1:100 000 erfaßt werden. Zusätzlich wurde ein Objekt jeder Gruppe in allen vier Maßstäben<br />
mit dreifacher Wiederholung digitalisiert, um die Genauigkeit der Digitalisierung zu quantifizieren.<br />
Als Maße für eine Bewertung von Verdrängungsgebieten sind u. a. folgende Größen verwendbar:<br />
1. Abstand vergleichbarer Liniensegmente im Basis-Maßstab (1:10 000) und in den Folgemaßstäben<br />
als Funktion der Bogenlänge. Falls die Gesamtlängen der betrachteten Linienobjekte<br />
zu stark variieren, kann ein Korrekturfaktor aus dem Verhältnis der Gesamtlängen<br />
eingeführt werden.<br />
2. Fläche zwischen Linienobjekten im Grundmaßstab (1:10 000) und dem jeweiligen Folgemaßstab.<br />
Linienobjekt im<br />
Maßstab 1:10000<br />
Linienobjekt im<br />
Folgemaßstab<br />
Abbildung A-1: Fläche zwischen einem Linienobjekt im Grundmaßstab und im Folgemaßstab<br />
als Verdrängungsmaß<br />
Am Digitalisiertablett wurden sämtliche Linienobjekte mittels AutoCAD (DXF-Format) in<br />
Gauß-Krüger-Koordinaten erfaßt (numerische Bearbeitung: cand. ing. H. Wild). Die aus vier<br />
verschiedenen Maßstäben resultierenden Dateien konnten für jedes Objekt zu einer Masterdatei<br />
zusammengefaßt werden. Dadurch war eine qualitative Bewertung unterschiedlich starker<br />
Verdrängungszonen nach Bildschirmvisualisierung möglich (siehe Abbildung A-2).
89<br />
Tabelle A-1: Verdrängungsanalyse für Bahnobjekte der TK25 (bezogen auf TK10); Einheiten: Fläche<br />
in m 2 , Umfang in m, Grad der Verdrängung in m, alle Angaben in Meter (Naturmaß)<br />
Obj Seg Fläche Umfang V<br />
B1 1 5984,7 1000,3 5,98<br />
B1 2 5659,4 1001,1 5,65<br />
B1 3 5842,2 1005,7 5,81<br />
B1 4 5762,6 1004,4 5,70<br />
B1 5 3198,1 992,4 3,22<br />
B1 6 2877,2 988,5 2,91<br />
B1 7 2848,5 990,5 2,88<br />
B1 8 1583,1 989,1 1,60<br />
B1 9 1116,6 989,9 1,13<br />
B1 10 1234,7 986,4 1,25<br />
Obj Seg Fläche Umfang V<br />
B2 1 1309,1 1089,0 1,20<br />
B2 2 1188,8 1104,8 1,08<br />
B2 3 1873,0 1104,4 1,70<br />
B3 1 1484,7 795,7 1,87<br />
B3 2 2064,0 762,1 2,71<br />
B4 1 1694,5 1023,0 1,66<br />
B4 2 4660,8 1027,0 4,54<br />
B4 3 2843,2 1027,2 2,77<br />
B4 4 3454,5 1033,2 3,34<br />
Tabelle A-2: Verdrängungsanalyse für Bahnobjekte der TK50 (bezogen auf TK10); Einheiten: Fläche<br />
in m 2 , Umfang in m, Grad der Verdrängung in m, alle Angaben in Meter (Naturmaß)<br />
Obj Seg Fläche Umfang V<br />
B1 1 2345,6 1010,6 2,32<br />
B1 2 4263,8 1017,4 4,19<br />
B1 3 6421,7 1029,5 6,24<br />
B1 4 6710,8 1042,9 6,43<br />
B1 5 4039,3 1061,3 3,81<br />
B1 6 5731,4 1083,6 5,29<br />
B1 7 8200,5 1100,1 7,45<br />
B1 8 4509,6 1109,6 4,06<br />
B1 9 3377,3 1118,3 2,13<br />
B1 10 1966,4 1123,7 1,75<br />
Obj Seg Fläche Umfang V<br />
B2 1 8811,8 1193,9 7,38<br />
B2 2 11630,8 1153,7 10,08<br />
B2 3 11410,6 1126,5 10,13<br />
B3 1 2061,1 783,9 2,63<br />
B3 2 3692,4 780,9 4,73<br />
B4 1 2950,1 1028,2 2,87<br />
B4 2 2847,8 1041,2 2,81<br />
B4 3 2906,1 1044,0 2,78<br />
B4 4 1257,6 1057,1 1,19<br />
Tabelle A-3: Verdrängungsanalyse für Bahnobjekte der TK100 (bezogen auf TK10); Einheiten: Fläche<br />
in m 2 , Umfang in m, Grad der Verdrängung in m, alle Angaben in Meter (Naturmaß)<br />
Obj Seg Fläche Umfang V<br />
B1 1 15336,1 1070,2 14,33<br />
B1 2 15853,4 1072,4 14,78<br />
B1 3 30039,0 1109,9 27,06<br />
B1 4 36044,2 1139,7 31,63<br />
B1 5 26363,0 1152,4 22,87<br />
B1 6 18438,0 1179,0 15,64<br />
B1 7 15571,1 1187,9 13,11<br />
B1 8 9185,5 1185,7 7,75<br />
B1 9 2704,6 1185,7 2,28<br />
B1 10 11797,3 1190,1 9,91<br />
Obj Seg Fläche Umfang V<br />
B2 1 13652,7 1246,8 10,95<br />
B2 2 5311,7 1192,0 4,46<br />
B2 3 7977,7 1148,0 6,95<br />
B3 1 6968,8 892,2 7,81<br />
B3 2 4292,3 846,4 5,07<br />
B4 1 3372,7 1055,2 3,20<br />
B4 2 11807,1 1061,6 11,12<br />
B4 3 13178,9 1069,8 12,32<br />
B4 4 19260,1 1111,9 17,32
90 Anhang A. Analyse von Verdrängungssituationen in topographischen Karten<br />
Für eine quantitative Bestimmung von Verdrängungsgebieten konnte die Flächenberechnungsfunktion<br />
aus AutoCAD verwendet werden. Dazu erfolgte eine Abtastung der durch ein Linienobjekt<br />
im Grundmaßstab (1:10 000) und im jeweils betrachteten Folgemaßstab eingeschlossenen<br />
Fläche. Bezieht man die Flächeninhalte F auf den Flächenumfang U, so ergibt sich ein<br />
Maß für den Grad der Verdrängung V = F/U (z.B. Bahnobjekte, siehe Tabellen A-1,2,3). Der<br />
Flächenumfang wird dabei im wesentlichen durch die Länge des digitalisierten Liniensegmentes<br />
bestimmt.<br />
Verschiedene Faktoren beeinflussen die Genauigkeit der Digitalisierung. Neben der Auflösung des<br />
Digitalisiertablettes sind hier der Papierverzug der topographischen Karte sowie die zufälligen<br />
Fehler während der Digitalisierung maßgebend. Die Fehlerabschätzung erfolgte experimentell<br />
durch jeweils dreifache Digitalisierung eines Objektes jeder Gruppe in allen vier Maßstäben<br />
(siehe Tabellen A-4,5,6,7). Anschließend wurde analog zur oben beschriebenen Bestimmung<br />
der Verdrängungsgebiete mit Hilfe der Flächenberechnungsfunktion die Differenzfläche zweier<br />
Digitalisierungen eines Maßstabes bestimmt und durch den Umfang geteilt. Der Vergleich mit<br />
den Verdrängungswerten zeigt, daß der Digitalisierfehler im Bereich zwischen 30% und 50% liegt<br />
und deutet darauf hin, wie schwierig es ist, diese kleinen Größen korrekt zu messen.<br />
Tabelle A-4: Fehlerabschätzung für Bahnobjekte<br />
aus TK10 in Meter (Naturmaß)<br />
Seg V (L 1 , L 2 ) V (L 1 , L 3 ) V (L 2 , L 3 )<br />
1 0,67 0,55 0,24<br />
2 0,34 0,48 0,46<br />
3 0,45 0,40 0,41<br />
4 0,69 0,50 0,29<br />
5 0,21 0,12 0,06<br />
6 0,21 0,31 0,13<br />
7 0,47 0,18 0,43<br />
8 0,50 0,12 0,52<br />
9 0,57 0,17 0,67<br />
Ø 1 0,46 0,31 0,35<br />
Tabelle A-5: Fehlerabschätzung für Bahnobjekte<br />
aus TK25 in Meter (Naturmaß)<br />
Seg V (L 1 , L 2 ) V (L 1 , L 3 ) V (L 2 , L 3 )<br />
1 0,56 0,47 0,54<br />
2 0,87 1,89 1,00<br />
3 0,58 1,78 1,75<br />
4 0,73 0,89 1,11<br />
5 1,23 0,69 1,16<br />
6 0,97 0,86 0,47<br />
7 0,90 0,82 0,45<br />
8 1,03 0,64 0,37<br />
9 1,25 1,87 0,95<br />
Ø 0,90 1,10 0,87<br />
Tabelle A-6: Fehlerabschätzung für Bahnobjekte<br />
aus TK50 in Meter (Naturmaß)<br />
Seg V (L 1, L 2) V (L 1, L 3) V (L 2, L 3)<br />
1 1,84 0,85 2,33<br />
2 1,00 0,69 1,83<br />
3 2,00 1,44 2,81<br />
4 0,99 1,44 1,42<br />
5 2,87 1,19 2,11<br />
6 0,64 1,57 1,13<br />
7 2,07 1,97 2,07<br />
8 1,52 1,88 1,98<br />
9 2,43 4,02 2,89<br />
Ø 1,71 1,67 2,06<br />
Tabelle A-7: Fehlerabschätzung für Bahnobjekte<br />
aus TK100 in Meter (Naturmaß)<br />
Seg V (L 1, L 2) V (L 1, L 3) V (L 2, L 3)<br />
1 3,09 4,24 1,88<br />
2 3,36 3,02 3,67<br />
3 4,50 1,67 4,07<br />
4 4,40 6,44 4,67<br />
5 6,19 6,84 3,35<br />
6 1,18 4,09 2,65<br />
7 5,56 4,43 1,58<br />
8 5,94 5,16 4,38<br />
9 5,03 7,10 1,94<br />
Ø 4,36 4,78 3,13<br />
1 Mittelwert
91<br />
Die Verdrängungswerte für Gewässer-, Straßen- und Bahnobjekte sind nach Maßstäben getrennt<br />
in Tabelle A-8 aufgeführt. Ein Vergleich mit Abbildung A-2 zeigt, daß sich die Verdrängungsgebiete<br />
gut in den Meßwerten wiederspiegeln; siehe Tab. A-8 (z.B. Verdrängung der Eisenbahn im<br />
Maßstab 1:100 000 für den Bereich des Elbebogens zwischen Königstein und Bad Schandau, verifiziert<br />
duch die Verdrängungswerte V 100 der Segmente B1-3 bis B1-5). Ebenso ist der wachsende<br />
Verdrängungsbedarf bei kleiner werdenden Maßstäben für alle drei Objektgruppen nachweisbar.<br />
Einschränkend ist anzumerken, daß Lageänderungen nicht ausschließlich dem Elementarvorgang<br />
der Verdrängung zugeordnet werden können, sondern z.B. auch infolge von Linienvereinfachungen<br />
(Glättung) auftreten.<br />
Abbildung A-2: Digitalisierte Kartenobjekte in verschiedenen<br />
Maßstäben<br />
Für die im Beispiel digitalisierten Linien<br />
kann weiterhin festgestellt werden,<br />
daß Bahn- und Straßenobjekte weniger<br />
stark verdrängt werden als Gewässer.<br />
Eine mögliche Begründung ist, daß bei<br />
der Ableitung analoger Karten mit der<br />
Generalisierung des Grundrißlayers begonnen<br />
wurde, der alle schwarzen Kartenobjekte<br />
enthält. Dabei kann davon<br />
ausgegangen werden, daß die Lage der<br />
Ortschaften den Straßen- und Eisenbahnverlauf<br />
im wesentlichen festgelegt<br />
hat. Anschließend erfolgt die Plazierung<br />
und Verdrängung weiterer Kartenobjekte<br />
(Hydrographie, Vegetation<br />
etc.) in Bereiche geringerer Kartenbelastung.<br />
Ein Beispiel ist die Ausnutzung<br />
der unverbauten Flußmäander bei der<br />
Darstellung der Gewässer.<br />
Zusammenfassend ist festzustellen,<br />
daß für verallgemeinernde Aussagen<br />
entsprechende statistische Untersuchungen<br />
in größerem Umfang durchzuführen<br />
sind. Erleichtert werden diese<br />
in Zukunft durch die zunehmende<br />
Verfügbarkeit digitaler Daten. Hier<br />
wurde zunächst der experimentelle<br />
Ablauf zur vorgestellten Methode des<br />
Reverse Engineering dargestellt (siehe<br />
Abschnitt 2.2.2).<br />
Außerdem zeigt sich die Eignung der verwendeten Größen zur Bestimmung der Lage- und<br />
Formänderungen von Linienobjekten. Dabei ist nicht in jedem Fall eine Unterscheidung vorangegangener<br />
Verdrängungs- oder Vereinfachungsoperationen möglich, sondern teilweise eine<br />
Vermischung der Elementarvorgänge sichtbar.
92 Anhang A. Analyse von Verdrängungssituationen in topographischen Karten<br />
Tabelle A-8: Verdrängungsanalyse für Gewässer-, Straßen- und Bahnobjekte der TK25, TK50 und<br />
TK100 (bezogen auf TK10); alle Angaben in Meter (Naturmaß)<br />
Obj Seg V 25 V 50 V 100<br />
G1 1 2,92 6,52 22,36<br />
G1 2 3,80 5,97 22,62<br />
G1 3 4,49 3,16 25,52<br />
G1 4 3,81 8,38 30,84<br />
G1 5 4,49 10,10 34,62<br />
G1 6 2,65 6,66 32,46<br />
G1 7 1,40 6,20 22,89<br />
G1 8 2,38 5,48 12,26<br />
G1 9 1,88 4,46 10,51<br />
G1 10 1,24 7,09 14,86<br />
G1 11 1,58 10,71 23,44<br />
G1 12 3,28 9,24 11,33<br />
G1 13 2,01 2,80 33,43<br />
G1 14 0,58 6,52 43,03<br />
G1 15 0,57 7,00 33,69<br />
G1 16 0,71 7,74 19,27<br />
G2 1 1,67 4,15 8,50<br />
G2 2 4,02 4,23 22,29<br />
G2 3 3,17 1,99 26,94<br />
G2 4 3,38 1,93 30,05<br />
G2 5 4,25 4,56 33,44<br />
G2 6 2,11 9,73 31,08<br />
G2 7 1,19 4,04 17,30<br />
G2 8 1,95 5,64 13,51<br />
G2 9 2,70 5,57 29,33<br />
G2 10 1,16 6,93 35,14<br />
G2 11 1,72 4,84 13,66<br />
G2 12 0,62 3,25 3,77<br />
G3 1 2,13 9,67 10,31<br />
G3 2 3,02 9,17 38,71<br />
G3 3 2,25 22,33 44,94<br />
G3 4 1,74 18,96 36,35<br />
G3 5 0,81 5,42 28,37<br />
G3 6 1,02 10,15 22,37<br />
G3 7 2,08 16,58 37,72<br />
G4 1 1,39 2,60 6,71<br />
G4 2 1,26 4,52 7,04<br />
G4 3 2,72 6,07 4,69<br />
G5 1 2,10 3,34 14,55<br />
G5 2 0,97 4,36 15,95<br />
G5 3 2,71 8,11 8,98<br />
G5 4 1,40 5,56 11,60<br />
G5 5 1,55 6,54 30,84<br />
G5 6 1,61 5,91 9,37<br />
G6 1 1,77 6,66 19,04<br />
G6 2 3,59 4,88 14,19<br />
G6 3 2,10 5,42 31,60<br />
Obj Seg V 25 V 50 V 100<br />
S1 1 1,43 8,32 16,50<br />
S1 2 1,84 6,74 18,39<br />
S1 3 1,26 5,57 17,06<br />
S1 4 1,99 8,23 20,97<br />
S1 5 2,04 9,82 18,35<br />
S1 6 0,83 8,07 11,58<br />
S1 7 0,99 4,24 14,56<br />
S1 8 1,51 8,03 16,37<br />
S1 9 3,81 10,62 37,24<br />
S2 1 4,28 10,04 30,90<br />
S2 2 6,77 10,85 25,13<br />
S2 3 9,83 5,35 25,75<br />
S2 4 5,33 5,55 15,07<br />
S2 5 4,41 8,97 9,38<br />
S2 6 2,83 8,56 9,15<br />
S2 7 2,48 7,25 14,96<br />
S2 8 3,17 11,85 15,31<br />
S2 9 4,27 2,80 18,75<br />
S2 10 3,60 2,56 13,76<br />
S2 11 1,94 1,59 18,96<br />
S2 12 1,13 2,06 14,04<br />
S2 13 1,12 2,06 7,92<br />
S3 1 4,02 3,63 20,70<br />
S3 2 2,62 9,22 20,80<br />
S3 3 1,11 11,15 20,16<br />
S3 4 3,72 16,04 24,01<br />
S3 5 0,79 2,81 8,67<br />
S3 6 2,19 2,76 5,61<br />
S3 7 3,08 6,70 9,50<br />
S4 1 2,94 8,47 8,23<br />
S4 2 1,86 7,20 10,13<br />
S4 3 1,86 8,57 5,39<br />
S4 4 0,99 12,34 5,40<br />
S4 5 2,63 13.03 7,45<br />
S4 6 3,24 11,65 12,62<br />
S4 7 3,75 5,37 12,83<br />
S4 8 4,52 2,71 19,42<br />
S4 9 3,93 4,99 19,55<br />
S4 10 3,22 4,35 15,37<br />
S5 1 1,71 3,01 10,93<br />
S5 2 1,61 4,90 7,15<br />
S5 3 3,51 2,90 14,26<br />
S5 4 3,23 5,85 9,61<br />
S5 5 1,98 4,90 16,41<br />
S5 6 1,58 5,79 9,13<br />
S5 7 1,80 10,63 4,60<br />
Obj Seg V 25 V 50 V 100<br />
B1 1 5,98 2,32 14,33<br />
B1 2 5,65 4,19 14,78<br />
B1 3 5,81 6,24 27,06<br />
B1 4 5,70 6,43 31,63<br />
B1 5 3,22 3,81 22,87<br />
B1 6 2,91 5,29 15,64<br />
B1 7 2,88 7,45 13,11<br />
B1 8 1,60 4,06 7,75<br />
B1 9 1,13 2,13 2,28<br />
B1 10 1,25 1,75 9,91<br />
B2 1 1,20 7,38 10,95<br />
B2 2 1,08 10,08 4,46<br />
B2 3 1,70 10,13 6,95<br />
B3 1 1,87 2,63 7,81<br />
B3 2 2,71 4,73 5,07<br />
B4 1 1,66 2,87 3,20<br />
B4 2 4,54 2,81 11,12<br />
B4 3 2,77 2,78 12,32<br />
B4 4 3,34 1,19 17,32<br />
Ø 3,0 4,6 12,6<br />
Obj Seg V 25 V 50 V 100<br />
S6 1 2,14 2,34 7,45<br />
S6 2 0,90 7,14 8,73<br />
S6 3 2,56 2,91 14,96<br />
S7 1 1,75 8,87 6,08<br />
S7 2 2,75 9,57 9,99
93<br />
Anhang B<br />
Herleitung des Abstandes a i in Formel (3.2-4)<br />
Ausgangspunkt der Herleitung ist die Abstandsberechnung für die Punkte P 0 bzw. P i .<br />
P<br />
j +1<br />
d i , j+1<br />
a 2 i = (x 0 − x i ) 2 + (y 0 − y i ) 2<br />
P 0 wandert entlang der Strecke P j P j+1<br />
:<br />
(B.1)<br />
P<br />
d j , j+1<br />
P<br />
0<br />
j<br />
a<br />
i<br />
d i , j<br />
Einsetzen von (B.2) in (B.1) führt zu<br />
P<br />
i<br />
x 0 = x j + ∆x · t , y 0 = y j + ∆y · t , (B.2)<br />
wobei gilt<br />
∆x = x j+1 − x j , ∆y = y j+1 − y j . (B.3)<br />
a 2 i = (x j − x i + ∆x · t) 2 + (y j − y i + ∆y · t) 2 (B.4)<br />
= (x j − x i ) 2 + (∆x · t) 2 + 2(x j − x i )(∆x · t) + (B.5)<br />
(y j − y i ) 2 + (∆y · t) 2 + 2(y j − y i )(∆y · t) (B.6)<br />
= d 2 ij + d 2 jj+1t 2 + 2t [(x j − x i )∆x + (y j − y i )∆y] . (B.7)<br />
Mit der Randbedingung für t = 1 und a i = d ij+1 in Formel (B.7) folgt<br />
d 2 ij+1 = d 2 ij + d 2 jj+1 + 2 [(x j − x i )∆x + (y j − y i )∆y] . (B.8)<br />
Ersetzen der eckigen Klammer durch Substitution von (B.8) in (B.7) führt zur gesuchten Gleichung.
94 Anhang C. Rekursive Herleitung der Koordinatenfunktion B 2,j (t)<br />
Anhang C<br />
Rekursive Herleitung der Koordinatenfunktion B 2,j (t)<br />
1. Nach Schwetlick (1991 ) ist die explizite Darstellung des B-Splines vom Grad 1<br />
B 1,j (t) =<br />
⎧<br />
⎪⎨<br />
⎪⎩<br />
t−t j<br />
t j+1 −t j<br />
für t j ≤ t < t j+1<br />
t j+2 −t<br />
t j+2 −t j+1<br />
für t j+1 ≤ t < t j+2<br />
0 sonst<br />
2. Rekursive Herleitung von B 2,j (t) ist nach<br />
. (C.1)<br />
B k,j (t) = w k−1,j (t)B k−1,j (t) + [1 − w k−1,j+1 (t)]B k−1,j+1 (t)<br />
(C.2)<br />
mit w k−1,j (t) =<br />
⎧<br />
⎨<br />
⎩<br />
t−t j<br />
t j+k −t j<br />
für t j+k > t j<br />
0 für t j+k = t j<br />
möglich.<br />
3. Die Ableitung von B ′ 2,j (t) ergibt sich direkt aus B 1,j(t) nach<br />
d<br />
dt B k,j(t) =<br />
k<br />
t j+k − t j<br />
B k−1,j (t) −<br />
k<br />
t j+k+1 − t j+1<br />
B k−1,j+1 (t) . (C.3)
95<br />
Anhang D<br />
Vergrößerung und Verkleinerung von Flächen<br />
Die vorgestellte Routine berechnet für Flächenobjekte die Lagekoordinaten des Umrandungspolygons<br />
nach Dehnung oder Stauchung. Dazu werden jeweils drei aufeinanderfolgende Punkte<br />
(x 0 , y 0 ; x 1 , y 1 ; x 2 , y 2 ) der zu verändernden Fläche (in mathematischem Richtungssinn) und der<br />
Betrag v, um den verkleinert oder vergrößert werden soll, übergeben. Als Ergebnis erhält man<br />
die neuen Koordinaten des mittleren Punktes (x g , y g ).<br />
In der Routine wird ein kartesisches Koordinatensystem bestimmt, dessen Ursprung im übergebenen<br />
Punkt (x 1 , y 1 ) liegt und dessen x-Achse durch den gesuchten Punkt (x g , y g ) geht. Im<br />
Einzelnen werden folgende Berechnungen durchgeführt :<br />
• Der Koordinatenursprung wird in den Punkt (x 1 , y 1 ) verschoben (Index t : Translation) :<br />
(x 0 , y 0 ; x 1 , y 1 ; x 2 , y 2 ) −→ (x t 0 , yt 0 ; 0.0, 0.0; xt 2 , yt 2 ).<br />
• Anschließend wird die x-Achse so gedreht, daß sie durch den Punkt (x t 0 , yt 0 ) geht. Die<br />
Berechnung des Drehwinkels α zwischen dem Vektor (x t 0 , yt 0 ) und der x-Achse (1.0, 0.0)<br />
erfolgt mittels Skalarprodukt.<br />
• Zur Bestimmung des Drehsinns wird getestet, ob (x t 0 , yt 0 ) im 1. oder 2. Quadranten liegt<br />
(positiver Drehsinn). Ansonsten wird die Drehung um α in negativer Richtung ausgeführt<br />
(x t 0 , yt 0 ; 0.0, 0.0; xt 2 , yt 2 ) −→ (xtd 0 , ytd 0 ; 0.0, 0.0; xtd 2 , ytd 2 ).<br />
• Die folgende Rotation dreht die x td -Achse in den gesuchten Punkt (x g , y g ). Zunächst wird<br />
mittels Skalarprodukt der Winkel β ′ zwischen (x td<br />
0 , ytd 0 ) und (xtd 2 , ytd 2 ) berechnet. Liegt<br />
(x td<br />
2 , ytd 2 ) im 3. oder 4. Quadranten ergibt sich der Drehwinkel β nach β = (360◦ − β ′ )/2,<br />
ansonsten ist β = β ′ /2. Die Drehung erfolgt im mathematisch positiven Drehsinn.<br />
) hat im verschobenen, zweimal gedrehten Koordinaten-<br />
• Der gesuchte Punkte (x tdd<br />
g , yg<br />
tdd<br />
system die folgenden Koordinaten :<br />
x tdd<br />
g = v p ; y tdd<br />
g = 0.0 .<br />
• Die Größe von v p läßt sich am einfachsten im verschobenen, einmal gedrehten Koordinatensystem<br />
bestimmen. Hierzu wird der Vektor (0, v) auf die x td -Achse projiziert.<br />
• Die Rücktransformation von (x tdd<br />
g , yg<br />
tdd ) liefert (x g , y g ). Dafür wird zunächst das Koordinatensystem<br />
um β zurückgedreht : (x tdd<br />
g , yg<br />
tdd ) −→ (x td<br />
g , yg td ). Anschließend wird die Drehung<br />
um α rückgängig gemacht : (x td<br />
g , yg td ) −→ (x t g, yg). t Dabei ist der Drehsinn der Hintransformation<br />
zu beachten. Am Ende liefert die Translation von (x t g, yg) t −→ (x g , y g ) den<br />
gesuchten Punkt.<br />
Diese Routine ist auf alle Umrandungspunkte der zu vergrößernden oder zu verkleinernden<br />
Flächen anzuwenden. Dehnung und Stauchung unterscheiden sich dabei nur durch die Reihenfolge,<br />
in der Vorgänger und Nachfolger übergeben werden.
Dank<br />
Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit am Institut für Planetare Geodäsie<br />
der Technischen Universität Dresden. Allen meinen Kollegen danke ich für ihre rege Anteilnahme<br />
und Unterstützung bei der Bearbeitung des Themas.<br />
Mein besonderer Dank gilt Prof. Siegfried Meier, der mir eine kontinuierliche Bearbeitung des<br />
Themas ermöglichte und mich jederzeit in wissenschaftlichen Diskussionen mit wesentlichen<br />
Anregungen und Hinweisen unterstützt hat.