12.11.2013 Aufrufe

Phys. Dirk Burghardt

Phys. Dirk Burghardt

Phys. Dirk Burghardt

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

1<br />

Automatisierung der kartographischen Verdrängung<br />

mittels Energieminimierung<br />

Der Fakultät für Forst-, Geo- und Hydrowissenschaften<br />

der Technischen Universität Dresden<br />

zur Erlangung des akademischen Grades<br />

Doktor-Ingenieur (Dr.-Ing.)<br />

vorgelegte Dissertation<br />

von<br />

Dipl.-<strong>Phys</strong>. <strong>Dirk</strong> <strong>Burghardt</strong><br />

aus Dresden


2<br />

Für Cornelia & Annabella<br />

Tag der Einreichung: 19. 05. 2000<br />

Tag der Verteidigung: 07. 12. 2000<br />

Gutachter: Prof. Dr. S. Meier (TU Dresden)<br />

Prof. Dr. R. Weibel (Universität Zürich-Irchel)<br />

Dr. G. Zeppenfeld (vormals Maptech AG Horw-Luzern)


3<br />

Zusammenfassung<br />

Mit Hilfe hochqualifizierter Graphik-Software ist es möglich geworden, topographische Karten<br />

aus digitalen Daten rechnergestützt herzustellen. Allerdings weisen die Rohausdrucke zufolge der<br />

per Konvention vorgegebenen Signaturgröße diverse graphische Konflikte auf, die gegenwärtig<br />

noch manuell recht aufwendig beseitigt werden müssen. Die Nacharbeiten beanspruchen den<br />

größten Anteil am Gesamtaufwand. Eine Automatisierung der verschiedenen Generalisierungsoperationen<br />

ist wünschenswert und sollte bei heutigen Stand der Informationstechnologie auch<br />

möglich sein.<br />

Für die automatisierte kartographische Verdrängung von Vektordaten kann eine Bearbeitung<br />

von Punkt-, Linien- und Flächenobjekten unterschieden werden. Zentrale Stellung nimmt die Beschreibung<br />

der Linienobjekte ein, da das menschliche Auge hier besonders empfindlich gegenüber<br />

Formänderungen infolge Verdrängung ist. Splines sind ein in vielen Anwendungen verbreitetes<br />

Modell zur Beschreibung von Linien. Speziell die energieminimierenden Splines (Snakes)<br />

berücksichtigen Verformungen unter Einwirkung äußerer Kräfte. Bei geeigneter Wahl der inneren<br />

Energie kann einer Gestaltsänderung infolge notwendiger Verdrängungen entgegengewirkt<br />

werden. Die innere Energie erfaßt Längen- und Krümmungsänderungen des Splines bezüglich<br />

des ursprünglichen Zustandes, die sich in Änderungen der approximierten ersten und zweiten<br />

Ableitung der Linie nach der Bogenlänge zeigen. In der kartographischen Verdrängung müssen<br />

Mindestabstände zwischen benachbarten Kartenobjekten eingehalten werden. Die äußere Energie<br />

wird verwendet, um die Ursache der Verdrängung zu beschreiben.<br />

Die Methode der Energieminimierung ermöglicht die sonderfallunabhängige Lösung vorgestellter<br />

Aspekte der Konfliktbeseitigung bei gleichzeitiger Formerhaltung als Optimierungsaufgabe. Die<br />

Variation des sich aus innerer und äußerer Energie zusammensetzenden Energie-Integrals liefert<br />

als äquivalente Formulierung die Euler-Gleichungen. Für die numerische Lösung werden diese<br />

diskretisiert und iterativ durch Anwendung der Cholesky-Zerlegung gelöst. Die Parametrisierung<br />

der energieminimierenden Splines mittels Tangentenwinkelfunktion (Tafus) liefert anstelle<br />

von zwei Euler-Gleichungen 4. Ordnung eine Gleichung 2. Ordnung. Die Vereinfachung des<br />

Gleichungssystems erfordert allerdings zusätzliche Berechnungen für die Transformationen der<br />

resultierenden Richtungsänderungen in kartesische Koordinaten. Der Nachweis der angestrebten<br />

Konvergenzbeschleunigung steht noch aus. Eine alternative Methode zur Energieminimierung<br />

mittels Variationsverfahren ist der Greedy-Algorithmus. Dieser minimiert bei der Verdrängung<br />

von Linienobjekten die Energie jeder einzelnen Stützstelle durch kleine Verschiebungen. Im<br />

Gegensatz zum Variationsverfahren ist die Wirkungsweise daher eher lokal. Vorteilhafte Anwendungen<br />

ergeben sich in der Verdrängung von Gebäudegrundrissen oder in der Plazierung von<br />

Schriftboxen.<br />

Die Integration des vorgestellten Verdrängungsansatzes in ein kartographisches Produktionssystem<br />

liefert den Nachweis der praktischen Anwendbarkeit. Die Zusammenarbeit mit einem<br />

Praxispartner erschließt zusätzliche Anwendungsfelder; z.B. wurde die automatisierte Randbearbeitung<br />

zur Ableitung topographischer Karten aus blattschnittfreien Daten entwickelt. Der<br />

Umfang an wissenschaftlicher Forschung für die Entwicklung neuer Produkte wird entsprechend<br />

der gemachten Erfahrung mit 30 bis 50 Prozent des Gesamtaufwandes veranschlagt.


4<br />

Abstract<br />

With the help of highly advanced cartographic software programs it is possible to produce<br />

topographic maps from digital data. In some cases, however, there exist graphical conflicts,<br />

because symbol widths require more space than their real-size equivalents. Generalization of<br />

such objects by manual editing is rather time-consuming. Therefore, automation of generalization<br />

operations is desirable and should be possible in the age of information technology.<br />

Automated cartographic displacement of vector data distinguishes between point, line and area<br />

objects subject to processing. Modeling of line objects assumes a central position, because the<br />

human eye is extremely sensitive to shape alterations caused by displacement. In many applications<br />

splines are well-known tool for describing lines. It is especially the energy-minimizing<br />

spline also called snakes model shape deformation as a result of external forces. The internal<br />

energy is used to maintain the line shape which has been displaced due to conflicts. First and<br />

second derivatives of the line coordinates with respect to the arc length are used as quality<br />

measures. In cartographic displacement a minimal distance between adjacent objects should be<br />

maintained. The external energy is used to describe the conflict situation if objects are too close<br />

to each other.<br />

To solve the graphic conflicts while maintaining the shape of the objects, the method of energy<br />

minimization is employed. Minimizing the energy functional of internal and external energy<br />

leads to two independent Euler equations. These are discretized by means of finite differences.<br />

The equations can be solved iteratively using the Cholesky factorization. Parametrization of the<br />

energy-minimizing splines by means of the tangent angle function (tafus) replaces the two eulerian<br />

equations of the 4 th order with one equation of the 2 nd order. Simplification of the equation<br />

system requires an additional amount of calculation for transforming the resulting changes of<br />

line direction to attain cartesian coordinates. Verification of a desirably faster convergence has<br />

yet to be achieved. The Greedy Algorithm is an alternative procedure to accomplish energy<br />

minimization using the Variational Calculus. With the aid of this algorithm the energy of each<br />

individual support point is minimized by way of minor displacements. As opposed to the Variational<br />

Calculus the effects are more local. Therefore, the Greedy Algorithm is advantageous<br />

used for the displacement of buildings or for the positioning of label boxes.<br />

The integration of this displacement approach in a cartographic program provides evidence of<br />

the fact that it can be used in practical applications. Cooperation with a software producer<br />

will help to find additional fields of application, a case in point being the automated map edge<br />

work which allows displacement and suppression of text and symbols at the map boundaries.<br />

Experience has shown that the research effort required for developing new software tools is<br />

estimated to amount to between 30 and 50 percent of the total effort.


Inhaltsverzeichnis 5<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Verzeichnis der Tabellen 7<br />

Verzeichnis der Abbildungen 7<br />

1 Einleitung 9<br />

1.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />

1.2 Übersicht der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />

2 Theoretische und praktische Grundlagen 13<br />

2.1 Grundlagen der Generalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

2.1.1 Begriffsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

2.1.2 Qualität der Kartendarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

2.1.3 Generalisierungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

2.1.4 Elementare Generalisierungsvorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

2.2 Grundlagen der automatisierten Generalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

2.2.1 Modellierung von Geometrie, Topologie und Semantik . . . . . . . . . . . 18<br />

2.2.2 Wissensakquisition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />

2.2.3 Wissensbasierte Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />

2.3 Bisherige Verdrängungslösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

2.3.1 Geometrische Ansätze für Vektordaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

2.3.2 Konfliktmodellierung mittels Rasterdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

2.3.3 Verdrängung als Optimierungsproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

3 Verdrängung von Linienobjekten 31<br />

3.1 Splines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />

3.1.1 Interpolierende und approximierende Splines . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />

3.1.2 Energieminimierende Splines (Snakes) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />

3.2 Linienverdrängung mit Snakes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />

3.2.1 Prinzip der Energieminimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />

3.2.2 Innere und äußere Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34<br />

3.2.3 Variationsverfahren und Eulergleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />

3.2.4 Tangent Angle Function Snakes (TAFUS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />

3.3 Diskretisierung und numerische Realisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />

3.3.1 Finite Differenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />

3.3.2 Finite Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />

3.3.3 Numerische Stabilität, Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />

3.3.4 Alternatives Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43<br />

4 Verdrängung von Punkt- und Flächenobjekten 47<br />

4.1 Verdrängung von Punktobjekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47<br />

4.1.1 MkQ und Simplexverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47<br />

4.1.2 Energieminimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49<br />

4.2 Verdrängung von Flächenobjekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50<br />

4.2.1 Verdrängung von Flächenobjekten mit festem Rand . . . . . . . . . . . . 50<br />

4.2.2 Verdrängung von Flächenobjekten mit beweglichem Rand . . . . . . . . . 52


6 Inhaltsverzeichnis<br />

5 Praktische Anwendungen 54<br />

5.1 Amtliches Topographisch-Kartographisches Informationssystem (ATKIS) . . . . . 54<br />

5.1.1 Datenmodelle und -strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54<br />

5.1.2 Maßstabsabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56<br />

5.1.3 Verdrängungsbeispiel mit ATKIS-Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57<br />

5.1.4 Behandlung von Kreuzungen und Einmündungen . . . . . . . . . . . . . . 61<br />

5.2 Automatisierte Verdrängung im Maptech-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61<br />

5.2.1 Einordnung im Programmsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61<br />

5.2.2 Parameter zur Steuerung der Verdrängung . . . . . . . . . . . . . . . . . 62<br />

5.2.3 Ergebnisse und Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64<br />

5.2.4 Automatisierte Randbearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70<br />

6 Zusammenfassung und Ausblick 78<br />

Literatur 81<br />

Anhang 88<br />

A Analyse von Verdrängungssituationen in topographischen Karten 88<br />

B Herleitung des Abstandes a i in Formel (3.2-4) 93<br />

C Rekursive Herleitung der Koordinatenfunktion B 2,j (t) 94<br />

D Vergrößerung und Verkleinerung von Flächen 95


Verzeichnis der Tabellen 7<br />

Verzeichnis der Tabellen<br />

2.1-1 Genauigkeitsmaße für Objekte in der Ebene (nach Bethge, 1997) . . . . . . . . . 15<br />

2.2-1 Arten geographischer Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

2.2-2 Anwendung der Graphentheorie in der Generalisierung . . . . . . . . . . . . . . . 21<br />

2.2-3 Vergleich möglicher Datenbanktypen (nach Weisgerber, 1998) . . . . . . . . . . 23<br />

2.2-4 Verschiedene Arten von kartographischem Wissen (nach Uthe, 1996) . . . . . . 23<br />

5.1-1 Platzbedarf von Straßen in Karten verschiedener Maßstäbe . . . . . . . . . . . . 57<br />

5.1-2 Anteil dargestellter Gebäude . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57<br />

5.1-3 Parameter und Steuergrößen für Beispiel Garbsen (siehe Abbildungen 5.1-3, 5.1-4) 58<br />

A-1 Verdrängungsanalyse für Bahnobjekte der TK25 (bezogen auf TK10) . . . . . . . 89<br />

A-2 Verdrängungsanalyse für Bahnobjekte der TK50 (bezogen auf TK10) . . . . . . . 89<br />

A-3 Verdrängungsanalyse für Bahnobjekte der TK100 (bezogen auf TK10) . . . . . . 89<br />

A-4 Fehlerabschätzung für Bahnobjekte aus TK10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90<br />

A-5 Fehlerabschätzung für Bahnobjekte aus TK25 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90<br />

A-6 Fehlerabschätzung für Bahnobjekte aus TK50 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90<br />

A-7 Fehlerabschätzung für Bahnobjekte aus TK100 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90<br />

A-8 Verdrängungsanalyse für Gewässer-, Straßen- und Bahnobjekte der TK25, TK50<br />

und TK100 (bezogen auf TK10) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92<br />

Verzeichnis der Abbildungen<br />

2.1-1 Erzeugung und Interpretation kartographischer Informationen auf verschiedenen<br />

Abstraktionsebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15<br />

2.1-2 Genauigkeitsmaße zur Steuerung von Parametern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

2.1-3 Arten der Generalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

2.1-4 Elementarvorgänge der Generalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

2.2-1 Beispiel für die explizite Speicherung topologischer Informationen . . . . . . . . . 20<br />

2.2-2 Relation nach Euler-Poincare zur Konsistenzprüfung in planaren Graphen . . 21<br />

2.2-3 Detektion topologischer Konflikte mittels Triangulation . . . . . . . . . . . . . . 22<br />

2.2-4 Prozeß der Wissensakquisition mit direkten, indirekten und automatischen Verfahren 24<br />

2.2-5 Grundlegender Aufbau eines wissensbasierten Systems . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />

2.3-1 Verdrängung einer Höhenlinie durch eine Straße (nach Töpfer, 1974) . . . . . . 28<br />

2.3-2 Verdrängungsgebirge (nach Jäger, 1990) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

2.3-3 Federkraftmodell (nach Bobrich, 1996) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

3.2-1 Analogie zwischen Konturerkennung und Linienverdrängung . . . . . . . . . . . . 33<br />

3.2-2 Schema zur Linienverdrängung mittels Energieminimierung . . . . . . . . . . . . 34<br />

3.2-3 Beispiel zur Bestimmung des Verdrängungspotentials (im Punkt P i der Linie L I<br />

bezüglich der Linie L J ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35<br />

3.2-4 Beispiel eines erzeugenden Verdrängungsgebirges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />

3.3-1 Berechnung der externen Energie für TAFUS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />

3.3-2 Lineare und quadratische B-Splines zuzüglich erster und zweiter Ableitung . . . . 41<br />

3.3-3 Konditionszahl als Funktion der Dimension n und für feste α = β = γ = 1 . . . . 43<br />

3.3-4 Schema zur Verdrängung mit dem Greedy-Algorithmus . . . . . . . . . . . . . . . 44<br />

3.3-5 Beispiel zur Verdrängung mit Variationsverfahren und Greedy-Algorithmus . . . . 45<br />

3.3-6 Vergleich der Verschiebungsbeträge δv über der Bogenlänge s . . . . . . . . . . . 46<br />

4.1-1 Hardcore-Abstand P i P k . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47


8 Verzeichnis der Abbildungen<br />

4.1-2 Punktverdrängung mit Hilfe von linearer und quadratischer Optimierung . . . . 48<br />

4.1-3 Nachbarschaftsrelationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49<br />

4.1-4 Punktverdrängung mittels Energieminimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50<br />

4.2-1 Verdrängung von Flächen mit festem Rand mittels Greedy-Algorithmus . . . . . . 51<br />

4.2-2 Gebäudeverdrängung mittels Greedy-Algorithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . 52<br />

5.1-1 ATKIS - Datenmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54<br />

5.1-2 Signaturbreite lt. Musterblatt und natürliche Breite im Kartenmaß als Funktion<br />

der Maßstabszahl und des Maßstabes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56<br />

5.1-3 Ablauf der Linienverdrängung mittels Variationsverfahren . . . . . . . . . . . . . 59<br />

5.1-4 Beispiel zur Linienverdrängung mittels Variationsverfahren . . . . . . . . . . . . 60<br />

5.2-1 Benutzer-Menü für verschiedene Generalisierungsfunktionen . . . . . . . . . . . . 63<br />

5.2-2 Objektabhängige Parameter für Linien- und Flächenverdrängung . . . . . . . . . 63<br />

5.2-3 Beispiel zur Generalisierung von Linienobjekten, Maßstab 1:250 000 . . . . . . . . 65<br />

5.2-4 Joblisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66<br />

5.2-5 Beispiel zur Gebäudeverdrängung, Maßstab 1:10 000 . . . . . . . . . . . . . . . . . 67<br />

5.2-6 Beispiel zur Generalisierung von Linien- und Flächenobjekten, Maßstab 1:25 000 . 68<br />

5.2-7 Flächenrandobjekt für die automatisierte Randbearbeitung . . . . . . . . . . . . 71<br />

5.2-8 Objektspezifische Parameter bei der Randbearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . 71<br />

5.2-9 Benutzer-Menü für die automatisierte Randbearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . 73<br />

5.2-10 Beispiel zur Randbearbeitung eines Stadtplanes, Maßstab 1:15 000 . . . . . . . . . 75<br />

5.2-11 Beispiel zur Randbearbeitung einer Übersichtskarte, Maßstab 1:250 000 . . . . . . 76<br />

5.2-12 Vergleich von manueller und automatisierten Randbearbeitung, Maßstab 1:250 000 77<br />

A-1 Fläche zwischen einem Linienobjekt im Grundmaßstab und im Folgemaßstab als<br />

Verdrängungsmaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88<br />

A-2 Digitalisierte Kartenobjekte in verschiedenen Maßstäben . . . . . . . . . . . . . . 91


9<br />

1 Einleitung<br />

1.1 Motivation<br />

Die Forderung nach aktuellen Karten, kostengünstiger Herstellung und Fortführung sowie der<br />

Wunsch, Geoinformationen zu visualisieren, sind Gründe für den Übergang von der klassischen<br />

(analogen) Kartographie zur Digitalkartographie. Dieser Wandel vollzieht sich sowohl in der Herstellung<br />

als auch in der Kartenpräsentation mit der Erschließung neuer Anwendungsfelder. Der<br />

Begriff Karte kann heute weiter gefaßt werden. So bezeichnet er nicht mehr nur die traditionellen<br />

gedruckten Karten (z.B. topographische Karte, Straßenkarte, Wanderkarte), sondern auch Bildschirmkarten,<br />

wie sie in der Fahrzeugnavigation, im Internet oder in Geoinformationssystemen<br />

zur Anwendung kommen.<br />

Im Zeitalter moderner Kommunikations- und Informationstechnologien haben sich die Methoden<br />

zur Gewinnung von räumlichen Daten rasant entwickelt. So liefern die unterschiedlichsten<br />

Verfahren (z.B. Satelliten- und Luftbildauswertung, GPS, Laserscanning etc.) in kurzer Zeit<br />

hochgenaue Daten. Ebenso hat sich das Anwendungsgebiet dieser Daten erweitert, z.B. in der<br />

Umweltanalyse, in Navigationssystemen und der Standortplanung. Die Datenaufbereitung und<br />

Visualisierung ist dabei wichtiges Bindeglied, deren Qualität, aber auch Aktualität über die<br />

Eignung für die verschiedenen Anwendungen entscheidet.<br />

Topographische Karten, als Beispiel für die Darstellung räumlicher Daten, erfüllen traditionell<br />

hohe Qualitätsansprüche hinsichtlich Genauigkeit, Wiedererkennbarkeit und Gestaltung.<br />

Erkauft wird dies durch zeitaufwendige manuelle Generalisierung, welche auf jahrzehntelangen<br />

Erfahrungen beruht. Um in kürzeren Zeiträumen aktuelle Karten erzeugen zu können,<br />

müssen rechnergestützte Generalisierungslösungen entwickelt werden. Damit eröffnet sich ein<br />

weites Tätigkeitsfeld für den Kartographen. Einerseits ist sein Wissen während der Softwareentwicklung<br />

von Generalisierungswerkzeugen gefragt. Andererseits obliegt ihm die Anwendung und<br />

interaktive Steuerung mittels Parameter im Prozeß der Kartenherstellung. Schließlich beurteilt<br />

der Kartograph die Eignung der angebotenen Generalisierungslösungen unter dem Gesichtspunkt<br />

unterschiedlicher Nutzeranforderungen.<br />

Der Generalisierungsprozeß setzt sich aus unterschiedlichen elementaren Generalisierungsvorgängen<br />

zusammen, die einander bedingen. In der Regel unterscheidet man Auswählen, Zusammenfassen,<br />

Vereinfachen, Vergrößern, Verdrängen, Klassifizieren und Bewerten. Kartensignaturen<br />

werden so gewählt, daß eine optische Wahrnehmung in den verschiedenen Maßstäben<br />

gewährleistet ist. Damit beanspruchen die Objekte in der Karte, relativ gesehen, mehr Fläche<br />

als in der realen Welt. Die Folge sind Verluste an Freiflächen und auftretende Überlagerungen benachbarter<br />

Signaturen. Die Verdrängung von Signaturen in Bereiche geringerer Kartenbelastung<br />

ist eine Möglichkeit, die Lesbarkeit kartographischer Darstellungen zu erhöhen.<br />

Die vorliegende Arbeit behandelt die Entwicklung von Algorithmen für eine automatisierte Verdrängung<br />

bis zur Anwendung in einem kartographischen Produktionssystem. Dabei wird untersucht,<br />

wie die Verdrängung von punkt- und linienförmigen sowie flächenhaften Objekten in<br />

einem einheitlichen Konzept, jenem der Energieminimierung, automatisiert durchgeführt werden<br />

kann.<br />

1.2 Übersicht der Arbeit<br />

Kapitel 2: Zu Beginn erfolgt eine begriffliche Abgrenzung der Generalisierung“ und es wird<br />

”<br />

deren Abhängigkeit von Maßstab, Anwendungszweck und Wiedergabemedium diskutiert. Anschließend<br />

werden Qualitätskriterien näher erläutert, nach denen Kartendarstellungen beurteilt


10 Kapitel 1. Einleitung<br />

werden können. Dazu wird zwischen quantitativer und qualitativer Bewertung unterschieden.<br />

Die zugehörigen Meßgrößen bilden die Vorraussetzung für eine automatisierte Steuerung von<br />

Generalisierungsalgorithmen. Die Verdrängung wird als Elementarvorgang der kartographischen<br />

Generalisierung eingeordnet.<br />

Eine der grundlegenden Fragestellungen, die sich bei der Einführung von automatisierten Prozessen<br />

stellt, ist die Suche nach Möglichkeiten, vorhandenes Wissen in die Welt der Computer<br />

zu übertragen. Für die rechnergestützte Kartenherstellung ist zu ermitteln, was von den<br />

langjährigen Erfahrungen in der traditionellen Kartographie verwendet werden kann. Wo sind<br />

Gemeinsamkeiten in manuellen und automatisierten Abläufen ? Inwieweit können Regeln formuliert<br />

werden, die unabhängig von Spezialfällen anzuwenden sind ? Wodurch sind Ausnahmen<br />

gekennzeichnet ? Mit verschiedenen Möglichkeiten zur Erfassung des vorhandenen Wissens<br />

beschäftigt sich die Theorie der Wissensakquisition. Am anspruchsvollsten ist dabei die Formalisierung,<br />

d.h. die Umsetzung vorhandener Erkenntnisse in programmierbare Regeln oder<br />

mathematische Formeln.<br />

Am Ende des Kapitels sind vorhandene Arbeiten auf dem Gebiet der automatisierten Verdrängung<br />

übersichtsweise dargestellt. Dabei kann zwischen vektor- und rasterbasierten Ansätzen<br />

unterschieden werden. Während in den Veröffentlichungen der siebziger Jahre hauptsächlich<br />

geometrische Verfahren zur Lösung des Verdrängungsproblems entwickelt wurden, führte die<br />

Anwendung kommerzieller Rastersysteme Mitte der achtziger Jahre zur Entwicklung von Algorithmen<br />

auf der Basis von Rasterdaten. Aktuelle Arbeiten versuchen Gestaltsänderungen infolge<br />

Verdrängung zu erfassen und möglichst klein zu halten. Die Verdrängung unter Beibehaltung<br />

der charakteristischen Objektgestalt kann als Optimierungsproblem formuliert werden.<br />

Kapitel 3: Die Behandlung von Linien ist das Kernproblem der automatisierten Verdrängung,<br />

da schon kleine Änderungen in der Objektgestalt augenscheinlich sind und deshalb möglichst<br />

minimal gehalten werden müssen. Flächenobjekte sind durch ihren Rand festgelegt, so daß hier<br />

gleiche Modelle zur Anwendung kommen können. Als geeignetes Modell werden energieminimierende<br />

Splines eingeführt, die in der Bildverarbeitung zur Objektextraktion und Mustererkennung<br />

entwickelt wurden.<br />

Für die Anwendung in der Generalisierung, speziell der Linienverdrängung, werden die Terme<br />

der inneren und äußeren Energie konstruiert und zur Zielfunktion im Energie-Integral zusammengefaßt.<br />

Die äußere Energie modelliert Konflikte, die eine Verdrängung erfordern. Die innere<br />

Energie erfaßt die damit verbundenen Änderungen in der Liniengestalt. Da die Energieanteile<br />

einander entgegenwirken, stellt sich die Verdrängung als Optimierungsaufgabe dar. Die minimale<br />

Gesamtenergie findet man nach Variation des Energie-Integrals und Lösung der resultierenden<br />

Euler-Gleichungen. Zur Diskretisierung der Euler-Gleichungen können Differenzenverfahren oder<br />

finite Elemente verwendet werden. Beide Approximationen ermöglichen die Lösung der Euler-<br />

Gleichungen mittels Cholesky-Zerlegung.<br />

Neben den Untersuchungen zur Diskretisierung und Parametrisierung wird am Ende des Kapitels<br />

das Greedy-Verfahren als alternative Methode der Energieminimierung vorgestellt. Ein Vergleich<br />

mit dem Variationsverfahren zeigt Vor- und Nachteile beider Ansätze.<br />

Kapitel 4: Am Beispiel der Punktverdrängung wird die Anwendbarkeit unterschiedlicher Verfahren<br />

der linearen und quadratischen Optimierung untersucht. Mit der Methode der kleinsten<br />

Quadrate als Verfahren der quadratischen Optimierung wird die gewichtete Quadratsumme der<br />

Punktverschiebungen minimiert. Das Simplexverfahren als Standardmethode der linearen Optimierung<br />

minimiert die gewichteten Verschiebungsbeträge. Beide Ansätze zeigen vergleichbare<br />

Resultate. Anwendungen sind zum Beispiel in der thematischen Kartographie vorstellbar.


1.2. Übersicht der Arbeit 11<br />

Die Punktverdrängung mittels Energieminimierung kann analog zur Linienverdrängung mit dem<br />

Greedy-Verfahren realisiert werden. Da Punkte keine Struktur besitzen, kann für Einzelobjekte<br />

zunächst keine innere Energie festgelegt werden. Andererseits stehen Punktobjekte in enger<br />

Beziehung zu ihrer Nachbarschaft. Diese wird durch die Einführung sog. Cluster festgelegt.<br />

Weitere Möglichkeiten zur Modellierung der relativen Lage bietet die Delaunay-Triangulation.<br />

Bei der Flächenverdrängung wird zwischen Flächen mit festem oder beweglichem Rand unterschieden.<br />

Erstere sind als starre Objekte zu betrachten, die als Ganzes verschoben werden.<br />

Flächen mit beweglichem Rand können ihre Form ändern und sind daher mit Modellen der Linienverdrängung<br />

zu bearbeiten. Die Einteilung erfolgt in der Regel anhand des Zeichenschlüssels<br />

auf der Ebene der Objektklassen. Eine dem individuellen Objekt angepaßte Vorgehensweise<br />

besteht darin, geeignete Form- und Größenparameter zu verwenden.<br />

Eine wesentliche Anwendung für die Verdrängung von Flächen mit festem Rand ist die Gebäudeverdrängung.<br />

Da die digitalen Landschaftsmodelle der Landesvermessungsämter keine Gebäudedaten<br />

beinhalten, muß bei der Ableitung topographischer Karten für größere Maßstäbe auf<br />

zusätzliche Datenquellen zurückgegriffen werden. Sinnvoll ist hier z.B die Verwendung von digitalen<br />

Daten des Amtlichen Liegenschaftskatasters. Bei der Anpassung der Daten ist eine Verdrängung<br />

von Gebäuden unerläßlich, um Überlagerungen mit anderen Kartensignaturen zu vermeiden.<br />

Kapitel 5: Die Untersuchungen zur praktischen Anwendbarkeit des vorgestellten Verdrängungsansatzes<br />

werden in zwei Abschnitten behandelt. Zunächst wird die Funktionalität bei der<br />

Visualisierung eines ATKIS-Datensatzes (DLM25/1) nachgewiesen. Anschließend werden die<br />

Entwicklungen beschrieben, die für die Integration des Algorithmus in einem kartographischen<br />

Produktionssystem notwendig sind.<br />

Der Aufbau des Amtlichen Topographisch-Kartographischen Informationssystems trägt den aktuellen<br />

Entwicklungen auf dem Gebiet der Informationstechnolgie Rechnung. Nachdem die Daten<br />

in digitaler Form vorliegen, ist eine daraus abgeleitete kartographische Darstellung wünschenswert.<br />

Die dafür notwendigen Generalisierungsoperationen sollten weitgehend automatisch ablaufen,<br />

um Aktualität zu gewährleisten und die parallele Fortführung digitaler Kartenpräsentationen<br />

zu vermeiden.<br />

Für die Visualisierung eines Basis-Datensatzes ist als erstes festzulegen, in welchem Maßstab<br />

die Darstellung erfolgen soll. Daraus ergeben sich die verwendeten Signaturen und deren Ausdehnung,<br />

mit entscheidendem Einfluß auf den Grad der Generalisierung. Die Abhängigkeit von<br />

zunehmender Generalisierung bei Verwendung kleinerer Maßstäbe wird am Beispiel von Straßen<br />

und Gebäuden dargestellt. Anschließend erfolgt die Visualisierung des Beispieldatensatzes mit<br />

Beseitigung auftretender Überlagerungskonflikte. Eine Sonderbehandlung von Kreuzungen und<br />

Einmündungen erweist sich als erforderlich.<br />

Um die Praxisrelevanz des Verdrängungsalgorithmus nachzuweisen, sind Tests an unterschiedlichen<br />

Beispielen bzw. mit realen Datensätzen notwendig. Für weiterführende Untersuchungen<br />

wurde deshalb die Kooperation mit der Firma Maptech AG, CH-Horw gesucht, deren<br />

Programme aus Sicht des Verfassers zur Standardsoftware auf dem Gebiet der Digitalkartographie<br />

gehören. Da mehrere Landesvermessungsämter mit der genannten Software arbeiten,<br />

standen Testdaten in verschiedenen Maßstäben zur Verfügung. Wesentliche Vorteile bei der<br />

Nutzung dieses Kartographiesystems ergeben sich durch die Anbindung einer Datenbank, wodurch<br />

größere Datenmengen einfach zu handhaben sind. Des weiteren erfolgt eine automatische<br />

Ableitung der Kartensignaturen auf der Basis verwendeter Signaturenkataloge (z.B. ATKIS-<br />

Signaturenkataloge beliebiger Maßstäbe).


12 Kapitel 1. Einleitung<br />

Für die Einordnung der Generalisierungroutinen im Programmsystem erfolgt zunächst ein kurze<br />

Darstellung der Softwarekomponenten. Anschließend werden die Benutzermenüs und die Steuerparameter<br />

der Verdrängung erläutert. Dazu wird zwischen objektabhängigen und objektunabhängigen<br />

Parametern unterschieden. Anhand von Beispielen werden Ergebnisse der Linienund<br />

Flächenverdrängung diskutiert. Abschließend werden die gewonnenen Erfahrungen bei der<br />

praxisreifen Umsetzung automatisierter Verdrängungslösungen zusammengefaßt.<br />

Ergänzend wird die automatisierte Randbearbeitung als alternative Anwendung der Verdrängung<br />

mittels Energieminimierung vorgestellt. Die Randbearbeitung ist bei der Ableitung beliebiger<br />

Kartenausschnitte aus blattschnittfreien Daten notwendig, um zu vermeiden, daß Texte oder<br />

Symbole in Randlagen ”<br />

abgeschnitten“ werden. Die Erläuterungen konzentrieren sich auf die<br />

Konflikterkennung, die Plazierung im Kartenausschnitt unter Berücksichtigung der Nachbarschaft<br />

und die Steuerung durch geeignete Parameter.


13<br />

2 Theoretische und praktische Grundlagen<br />

2.1 Grundlagen der Generalisierung<br />

2.1.1 Begriffsbildung<br />

Der Begriff Generalisierung ist vom lateinischen Wort ”<br />

generalis“ = allgemein abgeleitet und<br />

kann für kartographische Anwendungen etwa folgendermaßen definiert werden :<br />

Generalisierung umfaßt die Verallgemeinerungen und Abstraktionen bei der Erfassung der Umwelt<br />

im Modell bzw. ihrer kartographischen Darstellung als Funktion von Maßstab und Anwendungszweck<br />

mit dem Ziel einer optimalen Wiedergabe von Geometrie, Topologie und Semantik.<br />

Damit beinhaltet die Definition sowohl Generalisierungsschritte während der Objekterfassung<br />

und Modellierung als auch die kartographische Generalisierung (siehe 2.1.3). Bei der Interpretation<br />

interessieren vor allem die geometrischen und inhaltlichen Eigenschaften der Objekte (2.2.1).<br />

Diese werden nicht vollständig modelliert und in der Karte wiedergegeben, da für den Erkenntnisgewinn<br />

nur eine begrenzte Auswahl an Informationen hilfreich ist. Der Grad der Abstraktion<br />

wird entscheidend durch die Anwendung beeinflußt.<br />

Umgesetzt wird die Generalisierung durch verschiedene Elementarvorgänge (Vereinfachen, Zusammenfassen,<br />

Auswählen, Verdrängen etc.; siehe 2.1.4), wobei einerseits unwichtige Details<br />

weggelassen werden, aber auch Wesentliches zu betonen ist. Die Entscheidung, was Details sind,<br />

wird für verschiedene Maßstäbe unterschiedlich ausfallen.<br />

Maßstab: Der Kartenmaßstab gibt das lineare Verkleinerungsverhältnis zwischen realer Welt<br />

und Karte an. Er wird als Längenmaßstab M durch den Quotienten aus Kartenlänge l und<br />

tatsächlicher Länge L festgelegt :<br />

M = l/L . (2.1-1)<br />

Vielfach wird auch an Stelle des Maßstabes der reziproke Wert, die Maßstabszahl m = 1/M<br />

verwendet. Für das Verhältnis der Flächen zwischen realer Welt F und Fläche in der Karte f<br />

ergibt sich analog folgende Beziehung :<br />

m 2 = F/f . (2.1-2)<br />

Die Bedeutung für die Generalisierung wird besonders deutlich, wenn man sich den Platzbedarf<br />

in verschiedenen Maßstäben veranschaulicht. So steht z.B. bei einer Maßstabsverkleinerung um<br />

die Hälfte nur ein Viertel der Fläche zur Verfügung :<br />

m 1 /m 2 =<br />

(<br />

√f 2 /f 1 m 1 = 1 2 m 2 −→ f 2 = 1 )<br />

4 f 1<br />

. (2.1-3)<br />

Quantitative Untersuchungen in topographischen Karten zur Abhängigkeit des Generalisierungsgrades<br />

von der Maßstabszahl wurden u.a. von Töpfer (1979) durchgeführt. Dabei zeigte sich für<br />

verschiedene Generalisierungsmaßnahmen die Abhängigkeit von der Wurzel aus der Maßstabszahl<br />

(sog. Wurzelgesetz). Eine mögliche Anwendung bezieht sich auf die Anzahl n 2 der Objekte,<br />

die im Folgemaßstab darzustellen sind, wenn im Ausgangsmaßstab n 1 Objekte vorliegen :<br />

√<br />

n 2 = n 1 · m 1 /m 2 (Auswahlregel). (2.1-4)


14 Kapitel 2. Theoretische und praktische Grundlagen<br />

Anwendungszweck: Neben dem Maßstab bestimmen Thema und Zweck der Karte den Umfang<br />

der Generalisierung. Ist letzterer bekannt, müssen spezielle Bedingungen, die beim Kartenlesen<br />

mitbestimmend sind, berücksichtigt werden. Als Beispiel diene der Vergleich zwischen<br />

Straßenkarte und topographischer Karte. Beide geben die Landschaftsform in einem bestimmten<br />

Gebiet wieder. Da die Straßenkarte auf Fernwirkung abgestimmt ist, müssen wesentlich größere<br />

Signaturen als in der topographischen Karte verwendet werden. Andererseits können Informationen,<br />

die der Nutzer von Straßenkarten nicht benötigt, entfallen.<br />

Die Verwendung geeigneter Signaturen wird durch den Zeichenschlüssel festgelegt. Neben diesem<br />

ist auch die Farbwahl für den Grad der Generalisierung entscheidend. Blasse Farben verlangen<br />

kräftigere Linien und nicht zu kleine Farbflächen, wodurch wiederum die Signaturgröße beeinflußt<br />

wird.<br />

Wiedergabemedium: Nicht unerheblich für die Generalisierung ist die Wahl des Wiedergabemediums.<br />

So findet neben den vielfältigen Anwendungen der traditionellen Papierkarten (Wanderkarte,<br />

Straßenkarte, topographische Karte etc.) die Ausgabe am Bildschirm immer stärkere<br />

Verbreitung (Auskunftssysteme, Fahrzeugnavigation, GIS etc.). Ein Vergleich beider Medien<br />

zeigt einen deutlich höheren Generalisierungsbedarf für Bildschirmausgaben. Das liegt zum einen<br />

an der ca. zehnfach geringeren Auflösung der Graphikbildschirme gegenüber Plottern (Lutterbach,<br />

1997). Zum anderen ist die verfügbare Darstellungsfläche bei Bildschirmanwendungen<br />

wesentlich kleiner. Kompensiert werden diese Nachteile durch zusätzliche Funktionalitäten, wie<br />

Zoommöglichkeiten, Auswahl darzustellender Objekte und Informationen, Animationen etc. -<br />

Damit wird eine spezialisierte, sich stärker an den Nutzeranforderungen orientierende Darstellung<br />

möglich.<br />

2.1.2 Qualität der Kartendarstellung<br />

Die Bewertung kartographischer Darstellungen kann aus unterschiedlicher Blickrichtung vorgenommen<br />

werden. Einige Ansätze nach Wallmüller (1990) und Ehrliholzer (1995) werden<br />

im folgenden kurz skizziert. Eine erste Möglichkeit ist, die Qualität einer Karte nach dem Grad<br />

befriedigter Nutzeranforderungen festzulegen ( ”<br />

fitness for use“-Ansatz). Dabei müssen sowohl<br />

die unterschiedlichen Vorkenntnisse der Nutzer als auch die verschiedenen Anwendungszwecke<br />

berücksichtigt werden. Dieser Ansatz entspricht der Qualitätsdefinition des Deutschen Instituts<br />

für Normierung (DIN 55350, Teil 11). Darin heißt es :<br />

Qualität ist die Gesamtheit von Eigenschaften und Merkmalen eines Produkts oder einer Tätigkeit,<br />

die sich auf deren Eignung zur Erfüllung gegebener Erfordernisse<br />

”<br />

bezieht.“<br />

Für die Prüfung der Kartenqualität ist diese Definition zu allgemein. Konkreter wird hier der produktbezogene<br />

Ansatz, welcher eine Bewertung mit Hilfe von meßbaren Größen verlangt. Danach<br />

bestimmt sich die Güte einer Karte, durch die Einhaltung vorgegebener Fehlergrenzen. Dieser<br />

Ansatz erlaubt, eine Rangordnung von verschiedenen Produkten gleicher Kategorie anzugeben.<br />

Im Gegensatz dazu glauben die Vertreter des Erfahrungsansatzes, daß kartographisches Wissen<br />

nicht vollständig zu formalisieren ist und deshalb eine Bewertung durch Experten unerläßlich<br />

bleibt. Der Begriff der Qualität kann ihrer Meinung nach genauso wenig implizit definiert werden<br />

wie jener der ”<br />

Schönheit“.<br />

Mit dem Kosten-Nutzen-Ansatz wird schließlich die Qualität ins Verhältnis zum Zeitaufwand der<br />

Kartenherstellung gesetzt. Indirekt ist somit die Aktualität von Karten als weiterer Qualitätsparameter<br />

zu berücksichtigen. Die genannten Ansätze sind bezeichnend für die Vielfältigkeit der<br />

qualitativen Bewertung von Karten. Deshalb wird als Systematisierung versucht, die Prozesse der<br />

Kartengestaltung und -interpretation nach Abstraktionsgrad und Komplexität (low-level/highlevel)<br />

zu unterteilen (siehe Abbildung 2.1-1).


2.1. Grundlagen der Generalisierung 15<br />

Interpretation<br />

(Gehirn)<br />

qualitativ<br />

High-Level-<br />

Ebene<br />

inhaltlich/<br />

semantisch<br />

abstrakt<br />

Gesamtsituation<br />

(global)<br />

Erfassen/Sensor<br />

(Auge, Finger)<br />

quantitativ<br />

Low-Level-<br />

Ebene<br />

Einzelsituation<br />

(lokal)<br />

geometrisch/<br />

topologisch<br />

konkret<br />

Abbildung 2.1-1: Erzeugung und Interpretation kartographischer Informationen auf verschiedenen Abstraktionsebenen<br />

Gute Karten sind durch einfache Interpretationsmöglichkeiten und einen hohen Wiedererkennungsgrad<br />

gekennzeichnet. Voraussetzung dafür sind zunächst die Modellierung des Einzelobjektes<br />

mit seinen individuellen Merkmalen und die nachfolgende Einordnung in die Gesamtsituation<br />

(lokale und globale Nachbarschaft). Analog erfolgt die Interpretation auf unterer und oberer Informationsebene.<br />

So wird beim Lesen einer Karte gewöhnlich mit der Suche nach markanten<br />

Einzelsituationen begonnen (z.B. größerer Bahnhof, zentraler Platz), und erst anschließend orientiert<br />

sich der Anwender im Umfeld und versucht, die Gesamtsituation zu erschliessen. Die<br />

untere Informationsebene (Unterbau) ist im wesentlichen durch die Geometrie der Kartenobjekte<br />

festgelegt. Diese läßt dann auf der oberen Informationsebene inhaltliche Schlußfolgerungen<br />

zu, auch im Kontext mit der Umgebung (Überbau).<br />

Für eine qualitative Bewertung müssen den Ebenen angepaßte Meßgrößen gefunden werden.<br />

Während auf der Low-Level-Ebene vor allem quantitative Meßgrößen verwendet werden können<br />

(Länge, Abstand, Anzahl), sind im High-Level-Bereich nur mehr qualitative Aussagen möglich<br />

(Gleichheit oder Ungleichheit der Merkmalsausprägung, Zugehörigkeit zu einer Objektklasse).<br />

Eine Bewertung muß auf beiden Ebenen durchgeführt werden, da sowohl inhaltliche Schluß-<br />

Tabelle 2.1-1: Genauigkeitsmaße für Objekte in der Ebene (nach Bethge, 1997)<br />

Objektklasse untersuchtes Merkmal Genauigkeitsmaß<br />

punktförmige Objekte Lagegenauigkeit Punktlagefehler<br />

linienförmige Objekte Linienlage Lagefehler, Fehlerband<br />

Linienlänge<br />

Längenfehler<br />

Richtung<br />

Richtungsfehler<br />

Krümmung<br />

Krümmungsfehler<br />

flächenhafte Objekte Flächeninhalt Flächenfehler<br />

Randlänge<br />

Längenfehler


16 Kapitel 2. Theoretische und praktische Grundlagen<br />

folgerungen auf geometrischer Darstellung basieren als auch die Gesamtsituation aus einzelnen<br />

Objekten zusammengesetzt wird. Je besser die Modellierung ”<br />

im Kleinen“ erfolgt, um so leichter<br />

fällt die Interpretation ”<br />

im Großen“. Letztlich ist entscheidend, wie gut die kartographische<br />

Abbildung das Wiedererkennen der Umwelt unterstützt. So bietet die veränderte Darstellung<br />

der Realität (vernachlässigte Details, Größen- und Lageänderung infolge Verdrängung) z.T. einfachere<br />

Interpretationsmöglichkeiten. Damit wird erst auf High-Level-Ebene über die Güte einer<br />

Karte entschieden.<br />

Für die Beurteilung der Generalisierungsoperationen auf geometrischer Ebene existieren quantitative<br />

Meßgrößen. In Tabelle 2.1-1 sind einige wesentliche Fehlermaße genannt (siehe auch<br />

Abschnitt 2.2.1). Die Suche nach ähnlich verallgemeinerten qualitativen Meßgrößen ist Gegenstand<br />

der Forschung (Brazile, 1998). Neben der Bewertung von Algorithmen können diese<br />

Fehlerangaben auch als Steuergrößen für die Eingangsparameter dienen. Dazu sind über eine<br />

Rückkopplung die Startparameter solange zu variieren, bis vorgegebene Fehlerschranken nicht<br />

mehr überschritten werden (Abbildung 2.1-2).<br />

Rückkopplung / Steuerung<br />

Generalisierungsalgorithmen<br />

Parameter Genauigkeitsmaße /<br />

Bewertung<br />

Abbildung 2.1-2: Genauigkeitsmaße zur Steuerung von Parametern<br />

2.1.3 Generalisierungsarten<br />

Von der Abbildung der realen Welt in einem Modell bis hin zur graphischen Darstellung werden<br />

unterschiedliche Abstraktionsstufen durchlaufen. Je nach Anwendungsbereich kann eine Unterteilung<br />

in verschiedene Generalisierungsarten erfolgen. Begonnen wird mit der Erfassung der<br />

realen Welt in einem ersten Modell (z.B. digitales Landschaftsmodell; DLM). Die dafür notwendigen<br />

Beschränkungen, sowohl in der Zahl der registrierten Objekte als auch in ihrer Detailtreue,<br />

charakterisieren die Erfassungsgeneralisierung.<br />

Da der Umfang eines DLM wesentlich durch seinen Maßstab festgelegt ist, sind für kleinere<br />

Maßstäbe Folgemodelle abzuleiten. Die Vereinfachung des Datenmodells, auch als Modellgeneralisierung<br />

bezeichnet, setzt sich dabei aus einem semantischen und einem geometrischen Teil<br />

zusammen (Schürer, 1999). Im semantischen Teil erfolgt nach Klassifikation, Auswahl und<br />

Zusammenfassung von Objekten oder Objektteilen, eine Generalisierung des Sachbezuges (Attribute).<br />

Ziel ist, eine weniger detailierte Beschreibung zu erhalten. Der geometrische Teil bezieht<br />

sich auf Änderungen in der Objektgestalt (Vereinfachung, Glättung etc.) zwecks Anpassung an<br />

die Modellauflösung (Schoppmeyer und Heisser, 1995). Erfassungs- und Modellgeneralisierung<br />

werden auch unter dem Begriff der Objektgeneralisierung geführt.<br />

Um aus dem digitalen Landschaftsmodell eine graphische Darstellung zu erhalten, bedarf es<br />

der Signaturierung. Für eine bessere Lesbarkeit werden die Signaturen teilweise größer gewählt<br />

als es der wahren Ausdehnung der Objekte entsprechen würde. Mit der Forderung nach Mindestabständen<br />

zwischen Signaturen führt das zu einem erhöhten Platzbedarf. Die Folge ist, daß


Bei einer Generalisierung mit höherem Anspruch wird die Auswahl differenzierter erfolgen, so<br />

daß z.B. der Charakter eines Siedlungsgebietes erhalten bleibt. Dabei müssen sowohl die Proportionen<br />

der Objekte als auch die Kartenbelastung berücksichtigt werden. Mit zunehmender<br />

Beachtung von qualitativen Gesichtspunkten wird auch die Selektion von Objekten schwerer<br />

rechnergestützt zu realisieren sein.<br />

2.1. Grundlagen der Generalisierung 17<br />

Arten der Generalisierung<br />

Objektgeneralisierung<br />

kartographische Generalisierung<br />

Erfassungsgeneralisierung<br />

Modellgeneralisierung<br />

Erzeugung<br />

eines DLM<br />

Ableitung<br />

weiterer DLM<br />

Erzeugung<br />

eines DKM<br />

Ableitung<br />

von Folgekarten<br />

Abbildung 2.1-3: Arten der Generalisierung<br />

Objekte geringerer Priorität nicht mehr dargestellt werden oder eine Verdrängung in Bereiche<br />

geringerer Kartenbelastung erfolgt. Damit sind die Lagekoordinaten von DLM-Objekt und<br />

zugehörigem signaturiertem Objekt nicht in jedem Fall identisch.<br />

Die Ableitung eines digitalen kartographischen Modells (DKM) als Zwischenergebnis scheint<br />

notwendig und ist einer direkt auf dem DLM aufsetzenden Visualisierung vorzuziehen. Um so<br />

mehr, wenn berücksichtigt wird, daß z.B. durch Zusammenfassungen nicht nur Koordinaten<br />

und Attribute eines Objektes zu ändern sind, sondern neue Objekte gebildet werden müssen.<br />

Die Gesamtheit der Elementarvorgänge (siehe 2.1.4), welche bei der graphischen Darstellung<br />

von DLM-Objekten anzuwenden sind, werden unter dem Begriff der kartographischen Generalisierung<br />

zusammengefaßt.<br />

2.1.4 Elementare Generalisierungsvorgänge<br />

Die Generalisierung kann zunächst durch zwei Grundoperationen charakterisiert werden : Weglassen/Unterdrücken<br />

und Übertreiben/Betonen. Beide Vorgänge dienen dem Zweck, Rauminformationen<br />

in einer überschaubaren Form zu generieren. Nach Hake und Grünreich (1994)<br />

lassen sich des weiteren mehrere Elementarvorgänge der Generalisierung unterscheiden : Auswahl,<br />

Zusammenfassen, Vereinfachen, Vergrößern, Verdrängen, Klassifizieren und Bewerten.<br />

Hinsichtlich einer Automatisierung der Generalisierung können diese Elementarvorgänge noch<br />

bezüglich ihres qualitativen bzw. quantitativen Charakters unterteilt werden (siehe Abbildung 2.1-<br />

4). Letztlich sind sämtliche Problemstellungen, die rechnergestützt gelöst werden, auf einfache<br />

Rechenoperationen zurückzuführen. Damit ist einleuchtend, daß auch im Bereich der Generalisierung<br />

Elementarvorgänge mit quantitativem Charakter eher einer automatisierten Lösung<br />

zugänglich sind. Im einfachsten Fall wird bei zu hoher Kartenbelastung auf die Darstellung von<br />

Objekten unterhalb einer bestimmten Größe verzichtet.


18 Kapitel 2. Theoretische und praktische Grundlagen<br />

quantitativer Charakter<br />

qualitativer Charakter<br />

Zusammenfassen<br />

Vergrößern<br />

Auswahl<br />

Vereinfachen<br />

Verdrängen<br />

Klassifizieren<br />

Bewerten<br />

Abbildung 2.1-4: Elementarvorgänge der Generalisierung<br />

Ist die Kartenbelastung nur in Teilbereichen sehr groß, versucht man zunächst, die Konflikte<br />

lokal zu beseitigen. Dazu werden Objekte geringfügig in ihrer Lage verschoben. Der einzuhaltende<br />

Mindestabstand berücksichtigt dabei die sogenannte Perzeptionsschwelle des Menschen, die<br />

überschritten werden muß, damit Objekte getrennt voneinander wahrgenommen werden können.<br />

Die Verdrängung der Objekte erfolgt so, daß die typische Gestalt möglichst wenig geändert wird.<br />

Der topologische Zusammenhang darf ebenfalls nicht verändert werden. Bei einer automatisierten<br />

Verdrängung sind diese qualitativen Gesichtspunkte zu berücksichtigen.<br />

Ursache für Verdrängungen sind in der Regel die vergrößerte oder betonte Darstellung von wesentlichen<br />

Objekten. Zum Beispiel werden die Signaturbreiten von Straßen, ab Maßstab 1:10 000,<br />

größer gewählt als die entsprechende natürliche Breite (siehe auch 5.1.2). Dadurch kann es zur<br />

Überlagerung mit anderen Objekten kommen, z.B. Haus am Straßenrand, benachbarter Fluß.<br />

2.2 Grundlagen der automatisierten Generalisierung<br />

2.2.1 Modellierung von Geometrie, Topologie und Semantik<br />

Nach dem Abstraktionsgrad sind verschiedene Arten geographischer Informationen zu unterscheiden<br />

(siehe auch 2.1.2). Auf der untersten Stufe steht die geometrische Information über Lage<br />

und Form von Punkt-, Linien- und Flächenobjekten. Daraus können topologische Beziehungen<br />

abgeleitet werden, präsentiert durch Knoten und Kanten. Diese beschreiben die unmittelbare<br />

Umgebung oder Nachbarschaft. Werden den Objekten Attribute zugeordnet, gelangt man zu<br />

einer inhaltlichen, thematischen Beschreibung.<br />

Tabelle 2.2-1: Arten geographischer Informationen<br />

Art der<br />

Information<br />

Elemente<br />

Grad der<br />

Abstraktion<br />

Beispiel<br />

geometrisch<br />

Punktlage; Lage und Form von<br />

Linien- und Flächenobjekten<br />

low-level<br />

Linie, Fläche<br />

topologisch<br />

Nachbarschaftsrelationen,<br />

präsentiert durch Knoten und<br />

Kanten<br />

mid-level<br />

Linie kreuzt Fläche<br />

semantisch<br />

Sachdaten, Attribute,<br />

zugeordnete Bedeutung<br />

high-level<br />

Eisenbahn überquert Fluß<br />

Als erstes wird der Begriff der Metrik eingeführt. Anschließend folgen ausgewählte Definitionen<br />

zur geometrischen Beschreibung von ebenen Objekten.


2.2. Grundlagen der automatisierten Generalisierung 19<br />

Metrik: Eine Menge M von Elementen p 1 , p 2 , . . . mit einer Metrik a heißt metrischer Raum,<br />

wenn jedem Elementepaar p 1 , p 2 ∈ M eine reelle Zahl a(p 1 , p 2 ) mit folgenden Eigenschaften<br />

zugeordnet ist :<br />

1. a(p 1 , p 2 ) ≥ 0 , a(p 1 , p 2 ) = 0 genau dann, wenn p 1 = p 2 ,<br />

2. a(p 1 , p 2 ) = a(p 2 , p 1 ) (Symmetrie),<br />

3. für drei beliebige Elemente p 1 , p 2 , p 3 ∈ M gilt die Dreiecksungleichung<br />

a(p 1 , p 2 ) ≤ a(p 1 , p 3 ) + a(p 3 , p 2 ) .<br />

Man bezeichnet a(p 1 , p 2 ) auch als Abstand zwischen p 1 und p 2 . Ein Beispiel ist der zweidimensionale<br />

euklidische Raum, in dem sich der Abstand zweier Punkte p 1 = (x 1 , y 1 ) und p 2 = (x 2 , y 2 )<br />

wie folgt berechnet :<br />

d(p 1 , p 2 ) =<br />

√<br />

(x 1 − x 2 ) 2 + (y 1 − y 2 ) 2 . (2.2-1)<br />

Die Dreiecksungleichung kann für dieses Beispiel geometrisch so interpretiert werden, daß die<br />

Distanz zwischen zwei Punkten dem Minimum der Längen aller möglichen Wege zwischen diesen<br />

Punkten entspricht. Für die Bestimmung des Abstandes zwischen Punkt (p) und Linie (L) wird<br />

diese Bedingung erweitert, indem die Abstandsberechnung zwischen gegebenem Punkt und dem<br />

dazu nächstgelegenen Linienpunkt (l) erfolgt :<br />

˜d(p, L) = min(d(p, l)) (2.2-2)<br />

l∈L<br />

(Frank, 1983). Der Abstand zwischen zwei Linien ergibt sich in analoger Weise als minimale<br />

Distanz zwischen zwei Punkten aus je einer Linie. Ist die Distanz Null, so schneiden sich die<br />

Linien oder berühren sich.<br />

Die Lage von ebenen Kurven kann in unterschiedlichen Koordinaten (z.B. kartesische Koordinaten,<br />

Polarkoordinaten) und unterschiedlicher Form (explizit, implizit, in Parameterform)<br />

angegeben werden. Charakteristische Größen, welche letztere näher kennzeichnen, sind Bogenelement<br />

und Krümmung.<br />

Bogenelement: Wenn s die Länge der Kurve von einem festen Punkt A bis zum Punkt M<br />

ist, dann kann der endliche Zuwachs ∆s = ̂MN durch das Differential ds der Bogenlänge, das<br />

Bogenelement, angenähert werden. Unter Verwendung kartesischer Koordinaten in Parameterdarstellung<br />

ergibt sich :<br />

ds =<br />

√<br />

[x ′ (t)] 2 + [y ′ (t)] 2 dt . (2.2-3)<br />

In der diskreten Rechnung werden die Differentialquotienten durch Differenzenquotienten ersetzt.<br />

Damit ist:<br />

√ (∆x ) 2 ( ) ∆y 2 √<br />

∆s = + ∆t = ∆x<br />

∆t ∆t<br />

2 + ∆y 2 . (2.2-4)<br />

Krümmung: Die Krümmung k einer Kurve im Punkt M ist der Grenzwert des Verhältnisses<br />

des Winkels δ zwischen den positiven Tangentenrichtungen in den Punkten M und N zur<br />

Bogenlänge ̂MN für ̂MN → 0 :<br />

k = lim<br />

̂MN→0<br />

δ<br />

̂MN . (2.2-5)


20 Kapitel 2. Theoretische und praktische Grundlagen<br />

Die Darstellung mit kartesischen Koordinaten in Parameterdarstellung liefert<br />

k = x′ y ′′ − x ′′ y ′<br />

(x ′2 + y ′2 ) 3/2 . (2.2-6)<br />

Wird als Parameter die Bogenlänge s eingeführt und zur Parameterdarstellung v(s) := (x(s), y(s))<br />

für ebene Kurven übergegangen, ist folgende Taylorentwicklung möglich :<br />

v(s) = v(s 0 ) + (s − s 0 ) v s (s 0 ) + (s − s 0) 2<br />

v ss (s 0 ) + (s − s 0) 3<br />

v sss (s 0 ) + . . . (2.2-7)<br />

2!<br />

3!<br />

Dabei bezeichnet v s (s) die Ableitung nach der Bogenlänge. Durch Verwendung der Bogenlänge s<br />

als Parameter ist die zweite Ableitung v ss (s) ein Normalenvektor. Mit Gleichung (2.2-7) können<br />

der T angenteneinheitsvektor t := v s (s 0 ) (2.2-8)<br />

und der Normaleneinheitsvektor n := 1 k v ss(s 0 ) (2.2-9)<br />

eingeführt werden. Der Normierungsfaktor<br />

ist die Krümmung und r := 1/k der Krümmungsradius.<br />

k := |v ss (s 0 )| (2.2-10)<br />

Diese grundlegenden Beziehungen spielen eine große Rolle in der automatisierten Generalisierung<br />

(Plazanet et al., 1995), z.B. auch in der rechnergestützten Verdrängung. So sind<br />

Abstandsberechnungen für die Recherche von Konfliktsituationen notwendig (siehe Abschnitt<br />

3.2.2). Mit zunehmendem Generalisierungsgrad tritt die Einhaltung metrischer Abstände zugunsten<br />

einer leicht erfassbaren Darstellung in den Hintergrund. Dabei darf die relative Lage<br />

der Objekte zueinander nicht verändert werden, d.h. die Topologie muß erhalten bleiben.<br />

Topologie: Die Topologie beschäftigt sich mit den nichtmetrischen räumlichen und strukturellen<br />

Beziehungen beliebiger Elemente in abstrakten Räumen (Bill, 1996). Die grundlegenden<br />

topologischen Bausteine sind Knoten, Kanten und Maschen, die in den geometrischen Elementen<br />

Punkt, Linie und Fläche ihre Entsprechung haben. Ein Beispiel für die explizite Speicherung topologischer<br />

Informationen liefert die Datenstruktur der ARC/Info Datenbasis, wo topologische<br />

Beziehungen automatisch als sogenanntes codiertes Netzwerk“ (siehe Abbildung 2.2-1) erzeugt<br />

”<br />

und vorgehalten werden (Schaller, 1986).<br />

2<br />

4<br />

1<br />

I<br />

3<br />

1<br />

II<br />

3 4<br />

2<br />

6<br />

5<br />

III 7<br />

5<br />

6 V<br />

8<br />

IV 9<br />

10<br />

11<br />

7<br />

Kante 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11<br />

Rechte Masche I II II I III III III III V IV V<br />

Linke Masche 0 0 I 0 II 0 V IV IV 0 0<br />

vom Knoten 3 4 3 1 4 2 5 6 7 7 5<br />

zum Knoten 1 3 2 2 2 5 6 4 6 4 7<br />

Knoten 1 2 3 4 5 6 7<br />

x,y-Koordinaten 1,6 4,8 1,1 5,1 8,7 7,4 10,1<br />

Abbildung 2.2-1: Beispiel für die explizite Speicherung topologischer Informationen<br />

Topologische Beziehungen sind bei bekannter Geometrie herleitbar, wobei die notwendigen Berechnungen<br />

mehr Zeit beanspruchen, als die Abfrage explizit gespeicherter topologischer Relationen.<br />

Nachteil einer expliziten Speicherung ist der zusätzliche Aufwand bei der Laufendhaltung<br />

und der größere Datenumfang.


2.2. Grundlagen der automatisierten Generalisierung 21<br />

Zur Beschreibung topologischer und struktureller Eigenschaften werden die Begriffe ”<br />

Inzidenz“<br />

und ”<br />

Adjazenz“ verwendet. ”<br />

Adjazenz“ bezeichnet das Aneinandergrenzen gleichartiger Strukturelemente,<br />

z.B. zweier Kanten, die über einen Knoten verbunden sind. ”<br />

Inzidenz“ beschreibt<br />

dagegen die Verbindung unterschiedlicher Strukturelemente; so ist die von einem Knoten abgehende<br />

Kante mit diesem inzident.<br />

Hilfsmittel der Topologie ist die Graphentheorie, welche besondere Bedeutung bei der Beschreibung<br />

zweidimensionaler Strukturen besitzt. Die zugehörigen planaren Graphen können u.a. bei<br />

der Konsistenzprüfung und Fehlersuche verwendeten werden. Insbesondere die Datenfortführung<br />

muß immer wieder solche Prüfmechanismen durchlaufen. Damit können beispielsweise Doppelspeicherungen<br />

vermieden, Nachbarschaftsbeziehungen auf ihre Vollständigkeit überprüft und<br />

thematische Daten auf ihre Verknüpfungen untersucht werden. Ein Beispiel ist die Anwendung<br />

der Relation nach Euler-Poincare :<br />

V + F = E + S (2.2-11)<br />

Dabei wird für V die Zahl der Ecken (vertices) eingesetzt und für E die Zahl der Kanten (edges).<br />

F entspricht der Maschenzahl, die davon abhängt, ob die Region außerhalb des Graphen als<br />

Fläche gezählt wird oder nicht. Die Eulerzahl S liefert die numerische Ergänzung. Im Falle<br />

planarer Graphen ist S = 2, falls die äußere Fläche berücksichtigt wird. In Abbildung 2.2-2 sind<br />

einfache Beispiele für einen doppelt kodierten Knoten bzw. eine nicht erfaßte Kante dargestellt<br />

(Laurini and Thompson, 1992).<br />

• • •<br />

• •<br />

• •<br />

• • •<br />

• •<br />

• • •<br />

• •<br />

• •<br />

•<br />

V + F = 8 + 4 = 12<br />

E + S = 10 + 2 = 12<br />

• • •<br />

•<br />

V + F = 9 + 4 = 13<br />

E + S = 10 + 2 = 12<br />

•<br />

V + F = 8 + 4 = 12<br />

E + S = 9 + 2 = 11<br />

Abbildung 2.2-2: Relation nach Euler-Poincare zur Konsistenzprüfung in planaren Graphen<br />

Außerdem gab es Untersuchungen zur Anwendung der Graphentheorie für Generalisierungszwecke.<br />

In Tabelle 2.2-2 werden einige Elementarvorgänge der Generalisierung aufgeführt, die<br />

von einem graphentheoretischen Ansatz profitieren können (Mackaness and Beard, 1993).<br />

Tabelle 2.2-2: Anwendung der Graphentheorie in der Generalisierung<br />

Vereinfachung<br />

Zusammenfassung<br />

Verdrängung<br />

Auswahl<br />

Übertreibung<br />

Beseitigung von Kanten bei gleichzeitigem Erhalt von Verbindungsrelationen<br />

Identifikation von Grenzen für Objekte gleichen Typs zur Unterstützung von Verschmelzungsoperatoren<br />

Identifikation von Bereichen hoher Objektkonzentration und Konsistenzprüfung nach<br />

Verdrängungsoperationen<br />

Identifikation von Nachbarschaftsrelationen bezüglich ausgewählter Merkmale<br />

Identifikation von Merkmalen in Isolation oder mit charakteristischer Topologie, die<br />

in der kartographischen Darstellung betont werden


22 Kapitel 2. Theoretische und praktische Grundlagen<br />

Ein anderer Generalisierungsansatz mit expliziter Modellierung topologischer Beziehungen basiert<br />

auf der Anwendung der Delaunay-Triangulation (Bundy et al., 1994). Beachtliche Erfolge<br />

konnten vor allem bei der Zusammenfassung von Objekten und in der Konflikterkennung erzielt<br />

werden. In Abbildung 2.2-3 ist dargestellt, wie bei Verschiebung eines Knotens (A nach A ′ ) ein<br />

topologischer Konflikt entsteht, welcher sich in einer veränderten Orientierung einiger Kanten<br />

äußert.<br />

A •<br />

L<br />

R<br />

B<br />

•<br />

R<br />

B<br />

•<br />

A •<br />

L R<br />

R<br />

L<br />

C •<br />

R<br />

• A’<br />

Abbildung 2.2-3: Detektion topologischer Konflikte mittels Triangulation<br />

Semantik: Mit Semantik werden die inhaltlichen Aspekte von Objekten, deren Bedeutung<br />

und Funktionalität bezeichnet. Eine Zuordnung erfolgt in der Regel über Attribute. So können<br />

Objekte mit gleicher Geometrie unterschiedliche Semantik besitzen, z.B. wenn eine Straße gleichzeitig<br />

Waldgrenze ist.<br />

Neben diesen funktionellen Eigenschaften, die jedes Objekt für sich besitzt, können weitere semantische<br />

Informationen aus der Lage zu benachbarten Objekten (Kontext) gewonnen werden.<br />

So lassen sich aus der relativen Lage von Höhenlinien Schlüsse über die Steilheit des Geländes ziehen.<br />

Ebenso ergibt sich die Bedeutung der Objekte für den Kartennutzer erst aus dem Kontext.<br />

Die Darstellung des Wanderweges in felsigem Gelände besitzt z.B. größeren Informationsgehalt<br />

bezüglich Begehbarkeit als die Wegdarstellung durch eine Wiesenlandschaft.<br />

Die Berücksichtigung semantischer Informationen ist Voraussetzung für eine sinnvolle Generalisierung.<br />

Dies wird deutlich, wenn man sich den Unterschied von Luftbild und Karte vor<br />

Augen hält. Während das Luftbild lediglich ein geometrisches Abbild liefert, ist die Karte eine<br />

Abstraktion der realen Welt. Durch Weglassen und Hervorheben werden die beim Betrachter<br />

ablaufenden inhaltlichen Schlussfolgerungen unterstützt und gelenkt.<br />

Der Informationsgehalt bzw. die Bedeutung von Objekten für den Betrachter ist nur schwer zu<br />

messen. Feststellbar ist, daß sich Informationsgehalt und Wahrscheinlichkeit für das Auftreten<br />

des Objektes umgekehrt proportional verhalten. So wird der Kartennutzer ein einzeln stehendes<br />

Haus eher als Orientierungspunkt verwenden als das gleiche Objekt innerhalb einer Ortschaft.<br />

Ebenso dürfte die Orientierung an einer markanten Flußbiegung leichter fallen als an einer<br />

sonstigen Stelle des Flusses. Schließlich ist ein Weg in schwer zugänglichem Gelände selten und<br />

besitzt deshalb eine große Bedeutung für den Wanderer.<br />

Die Objekte mit ihren Attributen können in unterschiedlicher Form verwaltet werden. Es wird<br />

zwischen hierarchischen, netzartigen, relationalen und objektorientierten Datenmodellen unterschieden.<br />

Die Gesamtheit aller gespeicherten Daten, die für eine rechnergestützte Bearbeitung<br />

fachlicher Informationen erforderlich ist, wird als Datenbank bezeichnet (Hake und Grünreich,<br />

1994). In Tabelle 2.2-3 werden die unterschiedlichen Datenbanktypen beschrieben.


2.2. Grundlagen der automatisierten Generalisierung 23<br />

Tabelle 2.2-3: Vergleich möglicher Datenbanktypen (nach Weisgerber, 1998)<br />

Datenmodell<br />

hierarchisch<br />

netzartig<br />

relational<br />

objektorientiert<br />

Erläuterung<br />

streng gegliedertes Ordnungssystem mit (impliziten) Verweisen vom übergeordneten<br />

zum untergeordneten Datenelement<br />

Ordnungssystem ohne eindeutige Hierarchisierung mit ein- bis mehrfachen<br />

(impliziten) Verweisen zwischen den Datenelementen<br />

Zusammenfassung von Datenelementen (= Datenfeld) in Datensätze und<br />

diese in Tabellen. Einführung eines zusätzlichen Datenfeldes je Tabelle mit<br />

(expliziter) Verweisfunktion (= Schlüsselfeld) zur Verknüpfung mehrerer<br />

Tabellen.<br />

Zusammenfassung von Datenelementen (= Objektdaten) in Objekte. Zuordnung<br />

von objektspezifischen ”<br />

Verhaltensregeln“ (= Objektmethoden).<br />

Objekte können wiederum Unterobjekte enthalten (= impliziter Verweis).<br />

2.2.2 Wissensakquisition<br />

Um Generalisierungsvorgänge zu automatisieren, ist es notwendig, kartographische Prinzipien<br />

zu formalisieren, die oftmals nur intuitiv angewendet werden. Dazu muß das Wissen zunächst<br />

erfaßt und systematisiert werden. Anschließend erfolgt die Abstraktion und Modellbildung bzw.<br />

eine Ableitung geeigneter Parameter. Das akquirierte Wissen ist dann als Wissensbasis in einem<br />

Expertensystem anwendbar.<br />

Tabelle 2.2-4: Verschiedene Arten von kartographischem Wissen (nach Uthe, 1996)<br />

Wissensart Erklärung Beispiele<br />

theoretisch<br />

künstlerisch,<br />

graphisch<br />

wahrnehmungspsychologisch<br />

organisatorisch<br />

technologisch<br />

formal definierte graphische und geometrische<br />

Größen (z.B. im Rahmen der Generalisierung)<br />

Wissen über Gestaltung, Zeichenaufbau und<br />

Zeichenlogik<br />

Wissen über Vorgänge der Zeichenwahrnehmung<br />

und Grundlagen der Zeichenwirkung<br />

Arbeitsabläufe in den verschiedenen Bereichen der<br />

Kartenherstellung<br />

Wissen über Geräte und Systemtechniken in der<br />

Anwendung von DV-Werkzeugen<br />

Mindestabstände,<br />

Auswahlregeln<br />

Zeichenschlüssel<br />

hellere Farbtöne<br />

benötigen größere<br />

Darstellungsflächen<br />

als dunkle<br />

Kartenproduktion<br />

an den Landesvermessungsämtern<br />

Farbseparation<br />

Bei der Akquisition ist die Vielfältigkeit kartographischen Wissens zu berücksichtigen (siehe Tabelle<br />

2.2-4). Für Aufgaben der Generalisierung interessiert zunächst die Gewinnung von formaltheoretischem<br />

Wissen, z.B. die Gewinnung von Vergleichsgrößen (Referenzen) und Bewertungs-


24 Kapitel 2. Theoretische und praktische Grundlagen<br />

kriterien, die Ableitung von Qualitäts- und Steuerparametern bzw. die Suche nach allgemeinen<br />

Regeln durch Auswertung konkreter Beispiele. Die Methoden zur Wissensakquisition können<br />

entsprechend dem Abstraktionsgrad in direkte, indirekte und automatische Verfahren eingeteilt<br />

werden (Uthe, 1996).<br />

Bei den indirekten Methoden wird kartographisches Wissen extrahiert, systematisiert und verwaltet.<br />

Dies geschieht in erster Linie durch die Befragung von Experten, die Auswertung von<br />

Fragebögen oder direkte Beobachtung. Ebenso möglich ist die Recherche von Fachliteratur<br />

(Lehrbücher, Musterblätter etc.). Des weiteren kann das sogenannte ”<br />

reverse engineering“ zu<br />

den indirekten Methoden gezählt werden. Dabei werden Karten unterschiedlichen Maßstabes<br />

und Generalisierungsgrades verglichen.<br />

Zum Bereich der direkten Methoden gehören vor allem die interaktiven Verfahren. Dabei gibt der<br />

Experte sein Wissen in sogenannten Akquisitionsshells ein (McMaster and Mark, 1991). Das<br />

Wissen wird in vorgegebenen Strukturen abgespeichert, und es werden Parameter generiert.<br />

Nachteilig ist, daß mit der vorgegebenen Modellierung eventuell wichtige, aber ungenügend<br />

vorstrukturierte Aspekte des Wissens nicht erfaßt werden.<br />

Die dritte Art der Wissensakquisition ist die automatische Ableitung von Wissen, z.B. in neuronalen<br />

Netzen (Werschlein and Weibel, 1994). Damit wird eine Alternative zur Verwendung<br />

expliziter Wissensbasen vorgeschlagen. Es werden keine Regeln abgeleitet, und die schwierige<br />

Formalisierung wird durch ein Training des neuronalen Netzes ersetzt. Das Wissen ist implizit<br />

im Netz enthalten und damit einer Bewertung nicht zugänglich.<br />

indirekte Wissensakquisition<br />

Quellen<br />

(Experten, Literatur, generalisierte Karten)<br />

Experten<br />

Fachliteratur<br />

Reverse Engineering<br />

Erfassen<br />

(Sammeln, Verwalten, Auswählen, Systematisieren)<br />

direkte Wissensakquisition<br />

interaktive Verfahren<br />

Formalisieren<br />

(Festlegen von Strukturen, Modellentwurf, Parameter)<br />

automatische Verfahren<br />

neuronale Netze<br />

Wissensbasis<br />

(Modell, Implementierung, wissensbasiertes System)<br />

Anwendung<br />

Abbildung 2.2-4: Prozeß der Wissensakquisition mit direkten, indirekten und automatischen Verfahren


2.2. Grundlagen der automatisierten Generalisierung 25<br />

Reverse Engineering: Eine Möglichkeit der Formalisierung kartographischen Expertenwissens<br />

ist das Reverse Engineering“ (Grünreich, 1995a). Darunter versteht man einen Vergleich<br />

”<br />

mehrerer Darstellungen in Ausgangs- und Folgemaßstab mit dem Ziel, Gemeinsamkeiten zu extrahieren<br />

und diese in verallgemeinerter Form (z.B. als Parameter oder Regel) abzuleiten. Auf<br />

die Bedeutung des Reverse Engineering für die Generalisierung wurde unter anderem auf dem<br />

zweiten Workshop über Progress in Automated Generalization“ in Barcelona 1995 hingewiesen<br />

”<br />

(Grünreich, 1996). Im Anhang A sind die experimentellen Arbeiten des Verfassers zur Analyse<br />

von Verdrängungssituationen in topographischen Karten dargestellt. Hier ist die prizipielle Vorgehensweise<br />

skizziert, wie mittels Reverse Engineering Steuerparameter für die automatisierte<br />

Verdrängung abgeleitet werden können:<br />

• Scannen von Verdrängungsszenen in verschiedenen Maßstäben (z.B. Fluß, Straße, Eisenbahn<br />

im Durchbruchstal)<br />

• Berücksichtigung charakteristischer Punkte zwecks Identifizierung gleicher Objekte in unterschiedlichen<br />

Maßstäben<br />

• Festlegung von geeigneten Maßen zur Beschreibung der Linienverdrängung (z.B. eingeschlossene<br />

Fläche zwischen Original- und verdrängter Linie, bezogen auf die Bogenlänge,<br />

Abstandsquadrate für charakteristische Punkte im Original- bzw. Folgemaßstab)<br />

• Vergleich der Verschiebungsbeträge innerhalb der Maßstabsreihe und zwischen verschiedenen<br />

Objekten<br />

• Ableitung von Verdrängungsprioritäten und Vergleich mit den Verdrängungsprioritäten<br />

des ATKIS-Signaturenkataloges (ATKIS-SK)<br />

• Anwendung der gefundenen Verdrängungsprioritäten als Steuerparameter<br />

Schwierigkeiten ergeben sich aus der Tatsache, daß Lageänderungen nicht zwangsläufig Folge<br />

von Verdrängungsoperationen sind, sondern auch durch Vereinfachung der betreffenden Objekte<br />

entstehen. Die praktische Realisierung zeigt, daß, entgegen den Verdrängungsprioritäten nach<br />

ATKIS-SK, Gewässer stärker verdrängt werden als Straßen und die Lage von Eisenbahnen am<br />

wenigsten geändert wird. Da hier zunächst nur die prinzipielle Machbarkeit und der Aufwand<br />

untersucht wurde, bedarf es für allgemeingültige Aussagen wesentlich umfangreicherer Untersuchungen.<br />

2.2.3 Wissensbasierte Systeme<br />

Formalisierung: Der erste Schritt in der Formalisierung und Modellbildung ist die Auswahl<br />

geeigneter Repräsentationsformen. Dazu gehört das Aufstellen von Rangfolgen und Ordnungen<br />

(Taxonomien), z.B. mit Hilfe von Baumdiagrammen. Für die Ableitung von Relationen und<br />

Charakteristiken können semantische Netze verwendet werden. Sie erleichtern die Abstraktion<br />

und das Finden geeigneter Attribute zur Beschreibung typischer Eigenschaften.<br />

Im zweiten und vielleicht schwierigsten Schritt des gesamten Akquisitionsprozesses müssen Methoden<br />

und Regeln abgeleitet werden, welche die zu bearbeitenden Daten und das akquirierte<br />

Wissen miteinander verknüpfen (Leitner and Buttenfield, 1995). Sie stellen das Kernstück<br />

eines wissensbasierten Systems dar und werden mit dem Begriff des Inferenzmechanismus (Interpreter)<br />

umschrieben (Grünreich und Rappe, 1997). Textliche Beschreibungen sind hierfür<br />

weniger geeignet, da diese oft nicht präzise genug sind, um als Regel in einem wissensbasierten<br />

System verwendet zu werden. Besser lassen sich Tabellen oder statistische Untersuchungen zur<br />

Formalisierung nutzen (Laurema et al., 1991).


26 Kapitel 2. Theoretische und praktische Grundlagen<br />

Eingabe<br />

Fakten<br />

Wissensbasis<br />

Interpreter<br />

Datenbasis<br />

Regeln<br />

Ausgabe<br />

Abbildung 2.2-5: Grundlegender Aufbau eines wissensbasierten Systems<br />

Wissensbasierte Systeme: Der allgemeine Aufbau eines wissensbasierten Systems ist in<br />

Abb. 2.2-5 dargestellt. Dabei werden mittels Interpreter die Fakten und Regeln aus der Wissensbasis<br />

auf die zu bearbeitenden Daten angewendet (Grünreich und Rappe, 1997). Für die<br />

Kartographie hat ein solches System etwa folgende Aufgaben zu übernehmen :<br />

• automatisierte Datenerfassung zur Erzeugung eines digitalen Datenbestandes<br />

• maßstabsabhängige Modellgeneralisierung<br />

• automatische Zuordnung der Signaturen des gewünschten Zeichenschlüssels<br />

• automatisierte kartographische Generalisierung<br />

• Ausgabe der kartographischen Repräsentation<br />

(siehe auch Spiess, (1990a) ). Aktuelle Softwareprogramme ermöglichen :<br />

• automationsgestützte Datenerfassung zur Erzeugung maßstabsabhängiger digitaler Landschaftsmodelle<br />

(dadurch werden die ersten beiden Punkte von oben in einem Schritt realisiert,<br />

mit dem Nachteil, daß die digitalen Ausgangsdaten schon maßstabsabhängig generiert<br />

werden)<br />

• Zuordnung des gewünschten Zeichenschlüssels<br />

• interaktive Generalisierung, unter Einsatz von speziellen Generalisierungswerkzeugen (Linienglättung,<br />

Aggregation von Gebäuden, ...)<br />

• Ausgabe als Druck oder Bildschirmpräsentation<br />

Als Fazit ist festzustellen, daß Expertenwissen bezüglich der kartographischen Generalisierung<br />

erst ansatzweise in den aktuellen Programmen existiert. So ist eine interaktive Wechselwirkung,<br />

welche die Steuerung mittels Parameter ermöglicht, die Bewertung von Ergebnissen oder eine<br />

Auswahl angebotener Varianten zuläßt, nur in wenigen Fällen möglich. Vielfach wird die Generalisierung<br />

deshalb von Hand durch den Kartographen ausgeführt, wobei an die Stelle von Folie


2.3. Bisherige Verdrängungslösungen 27<br />

und Gravurnadel jetzt Mauszeiger, Tastatur und Bildschirm getreten sind. Voraussetzung für<br />

die Entwicklung wissensbasierter Systeme, welche eine automatische oder automationsgestützte<br />

Generalisierung ermöglichen, sind deshalb neben der Akquisition vor allem die Formalisierung<br />

des vorhandenen kartographischen Wissens (Bollmann, 1988).<br />

2.3 Bisherige Verdrängungslösungen<br />

2.3.1 Geometrische Ansätze für Vektordaten<br />

Erste Ansätze für eine automatisierte Verdrängung entstanden in den siebziger Jahren. Auf der<br />

Basis von Vektordaten wurden Verschiebungsvektoren berechnet, welche Richtung und Größe<br />

notwendiger Verdrängungen beschreiben. Für die Bestimmung der Verschiebungsrichtung wurde<br />

von der Annahme ausgegangen, daß eine Verdrängungswirkung im wesentlichen von linienförmigen<br />

Objekten hervorgerufen wird und senkrecht zu deren Mittelachse erfolgt (Gottschalk,<br />

1972).<br />

Zur Berechnung von Verdrängungsbeträgen sind ausführliche Untersuchungen von Töpfer (1974)<br />

durchgeführt worden. Dabei erfolgt zunächst eine Unterscheidung von einfacher und angleichender<br />

Verdrängung. Außerdem wird auf die Bedeutung einer Verdrängung unter Wahrung der<br />

relativen Lage zwischen den Kartenobjekten hingewiesen. Ähnliche Ansätze wurden später auch<br />

von Lichtner (1977) und Schittenhelm (1978) aufgegriffen.<br />

Die einfache Verdrängung berücksichtigt die Einhaltung von Mindestabständen bei der Ableitung<br />

von Folgemaßstäben. Der Objektabstand (y 0 ) ergibt sich aus den halben Signaturbreiten<br />

der beteiligten Objekte (b 1 , b 2 ) zuzüglich eines Mindestabstandes für die optische Auflösbarkeit<br />

(a):<br />

y 0 = b 1 /2 + b 2 /2 + a . (2.3-1)<br />

Die Differenz der Objektabstände in Ausgangs- und Folgemaßstab liefert die notwendige Verschiebung<br />

(v 0 ). Dabei muß der Objektabstand des Ausgangsmaßstabes noch auf den Folgemaßstab<br />

umgerechnet werden:<br />

v 0 = y 0F − y 0A · mA<br />

m F<br />

. (2.3-2)<br />

Eine Verdrängung nach obigem Schema kann zu starken Veränderungen der Objektgestalt führen<br />

und Nachbarschaftsrelationen (bzw. die Topologie) verletzen. Deshalb wird der Verdrängungsbereich<br />

um die Verdrängungstiefe w A erweitert, und es werden auch Objektpunkte, für die<br />

y A = y 0A + w A mit w A > 0 (2.3-3)<br />

gilt, in die Verdrängung einbezogen. Die Verdrängungswirkung auf diese Punkte sollte mit wachsendem<br />

Abstand abnehmen. Ein möglicher Ansatz ist<br />

v = v 0 · e −x mit x := y A − y 0A<br />

y 0F<br />

· mA<br />

m F<br />

. (2.3-4)<br />

Der Exponent x wird so gewählt, daß für y A = y 0A bzw. w A = 0 die einfache Verdrängung als<br />

Spezialfall der angleichenden Verdrängung enthalten ist. Der Objektabstand im Folgemaßstab<br />

ergibt sich aus<br />

und nach Einsetzen von (2.3-2) und (2.3-4) in (2.3-5) zu<br />

y F = y A · mA<br />

m F<br />

+ v , (2.3-5)<br />

y F = y A · mA + (y0F − y 0A · mA ) · e<br />

−(y A −y 0A )m A /(cy gF m F )<br />

. (2.3-6)


28 Kapitel 2. Theoretische und praktische Grundlagen<br />

Außerdem wird der Bereich y gF = y 0F /c , in dem die Verdrängung abklingen soll, direkt eingeführt.<br />

Der Faktor c steuert dabei das Abklingverhalten. Um Folgekonflikte zu vermeiden, muß<br />

die Verdrängungstiefe situationsabhängig festgelegt werden. Die automatisierte Steuerung des<br />

Abklingverhaltens ist bisher nicht entwickelt.<br />

Abbildung 2.3-1: Verdrängung einer Höhenlinie durch eine Straße (nach Töpfer, 1974)<br />

Eine neuere Arbeit zur Verdrängung auf elementar-geometrischer Basis beschäftigt sich mit der<br />

Generalisierung von Gebäuden (Powitz, 1993). Dabei erfolgt eine automatische Verdrängung<br />

von Objektpunkten der Gebäudekonturen durch lokale Verdrängungsvektoren innerhalb von<br />

Straßenmaschen.<br />

2.3.2 Konfliktmodellierung mittels Rasterdaten<br />

Erste Untersuchungen zur Konfliktmodellierung mittels Rasterdaten stammen von Volkert<br />

(1978) und Christ (1979). Fortgesetzt wurden deren Arbeiten von Jäger (1991). Wesentlich<br />

bei diesen Ansätzen ist die pixelweise Abspeicherung der erforderlichen Verdrängungsinformationen.<br />

Neben Verdrängungsbetrag und Verdrängungsrichtung werden auch Angaben zur Objektpriorität,<br />

Lage der Objektmittelachse, Überlappungsbereiche etc. abgespeichert. In diesem<br />

Zusammenhang ist der Begriff des Verdrängungsgebirges entstanden.<br />

Abbildung 2.3-2: Verdrängungsgebirge (nach Jäger, 1990)


2.3. Bisherige Verdrängungslösungen 29<br />

Die Höhenwerte“ entsprechen dem Platzbedarf der Kartenobjekte. Im einfachsten Fall gibt der<br />

”<br />

Höhenwert“ eines Pixels Auskunft über die Anzahl von Objekten, die sich am Ort befinden.<br />

”<br />

Werden Mindestabstände und Verdrängungstiefen berücksichtigt, ergibt sich ein Verdrängungsgebirge,<br />

welches in Abbildung 2.3-2 dargestellt ist. Allgemeinere Untersuchungen zur Anwendung<br />

von Rasteroperationen für Generalisierungszwecke wurden von Weber (1982) durchgeführt.<br />

Die bisherigen Ansätze beschränken sich auf eine Modellierung der notwendigen Verschiebungen<br />

(2.3-6), um Darstellungskonflikte zu beseitigen. Eine Berücksichtigung der Objektgestalt<br />

erfolgt dabei zunächst nicht. Da besonders an den Grenzen der Verdrängungsbereiche abrupte<br />

Gestaltsänderungen auftreten, wird bei der angleichenden Verdrängung zusätzlich mit einer<br />

Verdrängungstiefe gearbeitet. Innerhalb dieser klingt die Verdrängungswirkung gegen Null ab,<br />

d.h. die Verdrängung wird sozusagen ”<br />

aufgefangen“. Der Nachteil bei diesem Vorgehen ist die<br />

Verkürzung von Objekten in Verdrängungsrichtung.<br />

2.3.3 Verdrängung als Optimierungsproblem<br />

Endrullis (1988) schlägt nun vor, u.a. Geometrie- und Relationsinformationen bei der Konfliktlösung<br />

zu berücksichtigen und die Verdrängung als komplexes Optimierungsproblem zu behandeln.<br />

Diesem Anspruch kann Bobrich (1996) mit seinem Federkraftmodell gerecht werden<br />

und erreicht damit eine neue Qualität auf dem Gebiet der automatisierten Verdrängung. Zum ersten<br />

Mal erfolgt hier eine explizite Modellierung der Objektgestalt (speziell von Linienobjekten).<br />

Der Verdrängungsansatz basiert auf einem hybriden Datenmodell. So werden Rasterdaten für<br />

die Recherche und Modellierung von Konfliktsituationen verwendet. Das Ergebnis ist ein pixelweise<br />

abgespeichertes Verdrängungsgebirge. Die Vektordaten werden benötigt, um die Gestalt<br />

der Kartenobjekte zu erfassen. Mit Hilfe des Federkraftmodells gelingt es, anschaulich die aufgetretenen<br />

Deformationen infolge Verdrängung in Kräfte umzusetzen. Diese wirken einer Gestaltsund<br />

Lageänderung der Kartenobjekte entgegen.<br />

Entsprechend der zu beschreibenden Signaturcharakteristika werden unterschiedliche Federarten<br />

bzw. Federkräfte eingeführt, z.B. ”<br />

Signaturfedern“ (F s ), um die Stützstellenabstände der<br />

Kartenobjekte trotz Verschiebung möglichst konstant zu halten oder ”<br />

Torsionsfedern“ (F t ), um<br />

das Krümmungsverhalten zu steuern. Schließlich soll die absolute Stützstellenbeweglichkeit bestimmter<br />

Kartenobjekte eingeschränkt werden (z.B. Trigonometrische Punkte). Dies erreicht<br />

man mit Hilfe sogenannter ”<br />

Bezugssystemfedern“ (F k ) (siehe Abbildung 2.3-3).<br />

Abbildung 2.3-3: Federkraftmodell (nach Bobrich, 1996)


30 Kapitel 2. Theoretische und praktische Grundlagen<br />

Die Umsetzung dieser konträren Aspekte, d.h. Beseitigung der Darstellungskonflikte bei bestmöglicher<br />

Wahrung der Signaturcharakteristika, kann als Optimierungsaufgabe gelöst werden. In der<br />

zugehörigen Zielfunktion unterscheidet Bobrich (1996) deshalb zwischen einem Federpotential<br />

Π F edern und dem Potential des Verdrängungsgebirges Π Rastergebirge :<br />

Π ges = Π F edern + Π Rastergebirge (2.3-7)<br />

Eine weiterführende analytische Formulierung gelingt nicht. Numerisch wird die Minimierung<br />

mittels des ”<br />

Downhill-Simplex-Verfahrens“ durchgeführt. Als Steuerparameter fungieren dabei<br />

verschiedene Federhärten, deren Wahl, in Abhängigkeit von der Objektbedeutung, dem Kartographen<br />

vorbehalten bleibt.<br />

Zusammenfassend können folgende Abschnitte bei der Entwicklung automatisierter Verdrängungslösungen<br />

unterschieden werden. Zunächst wurde versucht, auf elementar-geometrischer Basis<br />

Verschiebungsvektoren zu bestimmen. Später erfolgte eine Unterteilung der Verdrängungsproblematik<br />

in Konfliktmodellierung (Verdrängungsgebirge) und Konfliktlösung (resultierende<br />

Verdrängung). Die Verdrängung wurde dabei ohne explizite Berücksichtigung der Objektgestalt<br />

durchgeführt. Lediglich die angleichende Verdrängung versucht, Gestaltsänderungen innerhalb<br />

einer vorgegebenen Verdrängungstiefe aufzufangen. Um sich ergebende Folgekonflikte zu<br />

vermeiden, müßte die Verdrängungstiefe situationsabhängig festgelegt werden. Dies führte zur<br />

Behandlung der Verdrängung als Optimierungsproblem.<br />

Die Verwendung eines Federmodells ist hier sehr anschaulich, da mechanische Federn natürlicherweise<br />

formerhaltende Kräfte besitzen. In der automatisierten Verdrängung wirken sie der<br />

Verformung von Kartenobjekten entgegen. Für eine differenziertere Beschreibung von Kurven<br />

hat sich in mathematischen Anwendungen jedoch die Modellierung mit Splines durchgesetzt.<br />

Sind zusätzlich äußere Zwangsbedingungen zu berücksichtigen, kann eine angepaßte Klasse von<br />

Splines, die sogenannten energieminimierenden Splines, verwendet werden. Im folgenden Kapitel<br />

wird deshalb die automatisierte Linienverdrängung mit energieminierenden Splines vorgestellt.


31<br />

3 Verdrängung von Linienobjekten<br />

3.1 Splines<br />

3.1.1 Interpolierende und approximierende Splines<br />

Eine gegebene Funktion f(t) kann stückweise durch Polynome beliebigen Grades approximiert<br />

werden. Vorteile bietet hier die Verwendung von Polynomen dritten Grades, auch als klassische<br />

Spline-Interpolation bezeichnet. Durch ∆ := a = t 0 < t 1 < . . . < t n = b sei eine Unterteilung<br />

des Intervalls [a, b ] gegeben.<br />

Definition :<br />

Unter einer zu ∆ gehörigen Spline-Funktion s(t) versteht man eine reelle<br />

Funktion s(t) : [a, b ] → R mit den Eigenschaften<br />

• s(t) ∈ C 2 [a, b ] : s(t) ist auf [a, b ] zweimal stetig differenzierbar.<br />

• Auf jedem Teilintervall [t i , t i+1 ], i = 0, 1, . . . , n − 1, stimmt s(t) mit einem Polynom 3.<br />

Grades überein.<br />

Eine Splinefunktion ist somit stückweise aus n kubischen Polynomen so zusammengesetzt, daß<br />

die Funktion s(t) selbst und ihre beiden ersten Ableitungen an den Stellen t i ; i = 1, . . . , n − 1,<br />

keine Sprungstellen besitzen. Neben kubischen Spline-Funktionen kann man allgemeiner Splinefunktionen<br />

s(t) vom Grad k definieren, die stückweise aus Polynomen k-ten Grades so zusammengesetzt<br />

sind, daß s(t) ∈ C k−1 [a, b ] gilt.<br />

Man spricht von einer interpolierenden Spline-Funktion, wenn Spline s(t) und Funktion f(t) in<br />

den Stützstellen übereinstimmen :<br />

s(t i ) − f(t i ) = 0 , i = 0, 1, . . . , n . (3.1-1)<br />

Im allgemeinen sind die Interpolationslösungen entsprechend der Bedingung (3.1-1) nicht eindeutig.<br />

So können zusätzliche Optimalitätskriterien erfüllt werden :<br />

E =<br />

∫ b<br />

a<br />

[ s (l+1) (t) ] 2 dt = Min l ≥ 0 . (3.1-2)<br />

Im Falle l = 1 erhält man die Bedingung minimaler Biegeenergie für kubische Splines.<br />

Um vorhandene unerwünschte Undulationen zu unterdrücken, wurde die Verwendung von Splines<br />

unter Spannung vorgeschlagen (Schweikert, 1966). Dazu ist folgendes Energie-Integral<br />

zu minimieren :<br />

∫ b<br />

∫ b<br />

E = α [ s ′ (t) ] 2 dt + [ s ′′ (t) ] 2 dt . (3.1-3)<br />

a<br />

a<br />

Der erste Term beeinflußt die ”<br />

Länge“ des Splines, der zweite die ”<br />

Krümmung“. Die Spannung<br />

wird über den Parameter α gesteuert; so führt eine Vergrößerung von α zur Elimination von<br />

Schwingungen bei gleichzeitiger Verringerung der Splinelänge.<br />

Um eine lokale Steuerung zu ermöglichen, wurde ein alternativer Ansatz mit zusammengesetzten<br />

Polynomen entwickelt, sogenannte v-Splines (Nielson, 1974). Das zu minimierende Energie-<br />

Integral nimmt dabei folgende Gestalt an :<br />

E =<br />

n∑<br />

α i [ s ′ (u i ) ] 2 +<br />

∫ b<br />

i=0<br />

a<br />

[ s ′′ (t) ] 2 dt . (3.1-4)<br />

Damit kann an jedem Interpolationspunkt der Kurve die Spannung selektiv verändert werden.


32 Kapitel 3. Verdrängung von Linienobjekten<br />

Da in der Praxis die vorgegebenen Werte f(t i ) oft Meßwerte und daher fehlerbehaftet sind, ist die<br />

Anwendung der Interpolationsforderung (3.1-1) nicht in jedem Falle sinnvoll. Vielmehr wird hier<br />

eine Extremalforderung mit Nebenbedingung angesetzt (in Form einer Lagrange-Funktion), so<br />

daß zum einen die Meßwerte und Interpolationspunkte nicht zwangsläufig zusammenfallen und<br />

andererseits die Glättungseigenschaften interpolierender Splines übernommen werden können.<br />

Diese approximierenden Splines ergeben sich nach Minimierung des Funktionals<br />

n∑<br />

[ ] s(ti ) − f(t i ) 2 ∫ b<br />

E = (1 − λ)<br />

+ λ [ s ′′ (t) ] 2 dt . (3.1-5)<br />

σ i a<br />

i=1<br />

Die Parameter σ i stellen die Standardabweichungen der Meßfehler dar, mit denen die Meßwerte<br />

f(t i ) behaftet sind. Der Glättungsparameter λ ɛ [0, 1] liefert im Spezialfall λ = 0 den kubischen<br />

Interpolations-Spline. Für größere λ erhält man eine glatte Näherungskurve und im Grenzfall<br />

λ = 1 ergibt sich die ausgleichende Gerade.<br />

Durch Konstruktion dieser Extremwertaufgabe mit Nebenbedingungen gelingt es demzufolge,<br />

die konkurrierenden Ziele, bestmögliche Approximation der Funktionswerte bei gleichzeitiger<br />

Gewährleistung eines glatten Splineverlaufs, miteinander zu verbinden. Dieser Gedanke wird im<br />

Snakes-Konzept aufgegriffen und für Anwendungen in der Bildverarbeitung fortgeführt.<br />

3.1.2 Energieminimierende Splines (Snakes)<br />

Bisher wurden Splines verwendet, um komplizierte Funktionsverläufe durch einfachere Funktionen<br />

auszudrücken oder vorgegebene Funktionswerte durch analytische Ausdrücke zu beschreiben.<br />

Zu allgemeineren Modellen führt die Anwendung energieminimierender Splines in der Bildverarbeitung;<br />

dort auch als Snakes bezeichnet. Dabei soll die Gestalt von Objekten aus Bildern<br />

extrahiert werden. Die Approximation bezieht sich damit nicht mehr auf vorgegebene Funktionswerte,<br />

sondern auf Objekte, deren Ausdehnung und Lage durch Hell-Dunkel-Unterschiede<br />

in Bildern beschrieben wird. Der Spline lagert sich dazu unter Erfüllung von Optimalitätskriterien<br />

der gesuchten Kontur an. Die wesentliche Eingangsinformation liefert hier die Bildintensität.<br />

Die erste fundamentale Arbeit stammt von Kass, Witkin und Terzopoulos (1987). In dieser<br />

wird die Zielfunktion der Gesamtenergie<br />

E ∗ snake =<br />

∫ 1<br />

0<br />

E snake ds =<br />

∫ 1<br />

0<br />

(E ext + E int ) ds (3.1-6)<br />

aus einem inneren und einem äußeren Anteil zusammengesetzt. Die interne Energie“<br />

(<br />

”<br />

E int = α(s) | v s (s) | 2 + β(s) | v ss (s) | 2) /2 (3.1-7)<br />

faßt die oben angeführten Forderungen an die Splinegestalt zusammen. Der erste Term steuert<br />

wieder die Dehnbarkeit in Längsrichtung (auch als Membranterm“ bezeichnet), der zweite beeinflußt<br />

die Krümmung bzw. Wölbung des Splines (vergleichbar den Biegeeigenschaften einer<br />

”<br />

” dünnen Metallplatte“). Die externe Energie“<br />

”<br />

E ext = −|grad I(x, y)| 2 (3.1-8)<br />

enthält die Information über die zu approximierenden Objekte in Form der Bildintensität I(x, y).<br />

Vielfach wird hier der Gradient der Bildintensität eingesetzt, da die Begrenzung eines Objektes<br />

durch große Hell-Dunkel-Unterschiede gekennzeichnet ist und so z.B. Kanten detektiert werden<br />

können.<br />

Schlußfolgernd ist anzumerken, daß es sich bei Snakes (dt. Schlangen) um verallgemeinerte<br />

Splines handelt, deren Name aus der Art und Weise resultiert, wie sich Splines während der<br />

Iteration den zu extrahierenden Objekten nähern.


3.2. Linienverdrängung mit Snakes 33<br />

3.2 Linienverdrängung mit Snakes<br />

3.2.1 Prinzip der Energieminimierung<br />

Während in der Mustererkennung die aktiven Splines den unscharfen Konturen angelagert werden,<br />

erfolgt in der automatisierten Verdrängung eine Abstoßung von Linien (siehe Abbildung<br />

3.2-1). Gemeinsam ist beiden Anwendungen die Verschiebung und Verformung von Linien unter<br />

Einwirkung äußerer Zwänge.<br />

Spline<br />

Linie 3<br />

Linie 2<br />

unscharfe<br />

Kontur<br />

Linie 1<br />

Abbildung 3.2-1: Analogie zwischen Konturerkennung (Anlagerung eines Splines an eine unscharfe<br />

Kontur; links) und einseitiger oder gegenseitiger Linienverdrängung (rechts) im Konzept energieminimierender<br />

Splines (Snakes)<br />

Das Prinzip der Energieminimierung, angewendet auf die Linienverdrängung, ist in Abbildung<br />

3.2-2 veranschaulicht. Zunächst sind geeignete Energieterme für die jeweilige Aufgabe zu formulieren.<br />

Diese werden zu einer Gesamtenergie zusammengefaßt, welche die Zielfunktion des<br />

Optimierungsproblems liefert. Die Energieterme sind dabei so zu wählen, daß mit kleiner werdender<br />

Energie eine Lösung der verschiedenen Teilaspekte erfolgt.<br />

Für die Linienverdrängung existieren zwei wesentliche Gesichtspunkte. Zum einen soll eine Überlagerung<br />

durch benachbarte Signaturen beseitigt werden und eine Plazierung in einem gewissen<br />

Mindestabstand erfolgen. Zum anderen ist während der Verschiebung die Gestalt der Linien<br />

möglichst gut zu erhalten. Zur Konfliktlösung wird die Gesamtenergie minimiert. Im Falle der<br />

Linienverdrängung wird dazu das Variationsverfahren verwendet (siehe 3.2.3). Nach der Energieminimierung<br />

sind die Konflikte abgebaut und die Linienform ist weitestgehend erhalten.<br />

Analog zur Bildverarbeitung (siehe 3.1.2) setzt sich die Gesamtenergie<br />

∫ 1<br />

0<br />

E ges ds =<br />

∫ 1<br />

0<br />

(E ext + E int ) ds = Min (3.2-1)<br />

für jede Linie wieder aus einem inneren und einem äußeren Anteil zusammen. Die innere Energie<br />

wird verwendet, um die Forderungen an die Liniengestalt zu modellieren. Dabei besteht<br />

der Wunsch, das ”<br />

Typische“ der Linien möglichst zu erhalten. Im Gegensatz zur Anwendung<br />

der Snakes in der Bildverarbeitung ist man also an einer minimalen Gestaltsänderung interessiert.<br />

Diese wird zunächst hervorgerufen durch notwendige Verdrängungen in Bereichen zu<br />

hoher Objektkonzentration. Die äußere Energie beschreibt zu geringe Abstände zwischen den<br />

Linienabschnitten. Schließlich werden beide Effekte in die Energieminimierung sämtlicher Linien<br />

einbezogen. Dazu wird über die Gesamtenergie E ges , entlang jeder Linie mit der Bogenlänge<br />

s ɛ [0, 1], integriert.


34 Kapitel 3. Verdrängung von Linienobjekten<br />

Konflikt<br />

(Verdrängungsgebirge)<br />

Kartenobjekte<br />

(Gestalt bestimmt durch<br />

1. und 2. Ableitung der<br />

Linie nach der Bogenlänge)<br />

äußere Energie<br />

innere Energie<br />

Energieminimierung mittels Variationsverfahren<br />

Konflikt abgebaut<br />

Gestalt der Linien<br />

weitestgehend erhalten<br />

Abbildung 3.2-2: Schema zur Linienverdrängung mittels Energieminimierung<br />

3.2.2 Innere und äußere Energie<br />

Innere Energie<br />

Die Form der Linie ist zunächst durch den Vektor v(s) = (x(s), y(s)) ⊤ festgelegt. In Bereichen<br />

hoher Kartenbelastung müssen Objekte verdrängt, d.h. sowohl die Lage als auch die Form<br />

der Linien verändert werden. Der Umfang der Verdrängung wird dabei durch die äußere Energie<br />

bestimmt. Die innere Energie kann verwendet werden, um Änderungen der Liniengestalt<br />

entgegenzuwirken. Fordert man hier möglichst große Übereinstimmung zwischen Original und<br />

verdrängter Linie, können die charakteristischen Eigenschaften der Linie erhalten werden. Die<br />

Veränderung gegenüber dem ursprünglichen Zustand wird durch den Vektor w(s) beschrieben :<br />

w := (x − x o , y − y o ) ⊤ ,<br />

w s := (x s − x o s, y s − y o s) ⊤ ,<br />

w ss := (x ss − x o ss, y ss − y o ss) ⊤ .<br />

Während x und y die aktuellen Linienkoordinaten enthalten, kennzeichnen x o und y o die Linie<br />

im Originalzustand. Tiefgestellte Indizes bezeichnen die partiellen Ableitungen nach der<br />

Bogenlänge s. Die interne Energie nimmt damit folgende Gestalt an :<br />

E int = (α |w s | 2 + β |w ss | 2 )/2 . (3.2-2)<br />

Formal stimmt dieser Ausdruck mit der für Snakes eingeführten inneren Energie (3.1-7) überein.<br />

Ähnlich ist die physikalische Interpretation; so beschreibt die erste Ableitung das Dehnungsverhalten<br />

in Längsrichtung. Die zweite Ableitung modelliert das Biegeverhalten des Splines und<br />

wirkt demzufolge in Querrichtung.<br />

Der wesentliche Unterschied zu den Snakes der Bildverarbeitung besteht darin, daß hier nicht<br />

Splines minimaler Dehnung bzw. Krümmung gesucht sind, sondern Splines, die nur geringe Abweichungen<br />

in Länge und Krümmung bezüglich des ursprünglichen Zustandes aufweisen. Demzufolge<br />

werden während der Verdrängung die Differenzen in den ersten und zweiten Ableitungen<br />

(w s , w ss ) minimiert und damit die Gestaltsänderungen klein gehalten. Die Gewichte α und β<br />

sind in dem hier verwendeten Modell für alle Linien konstant.


3.2. Linienverdrängung mit Snakes 35<br />

Äußere Energie<br />

Die äußere oder externe Energie E ext wird verwendet, um Konfliktsituationen von Linien zu<br />

beschreiben. Sie ist null, wenn keine Verdrängungsobjekte innerhalb eines gegebenen Hardcore-<br />

Abstandes h vom Ort v i = [x i , y i ] ⊤ des Punktes P i liegen. Der Hardcore-Abstand berechnet sich<br />

aus den halben Signaturbreiten der beteiligten Linien zuzüglich eines Mindestabstandes h min<br />

für die optische Auflösbarkeit. Der Punkt P i bezeichnet hier eine beliebige Stützstelle mit Index<br />

i der Linie L I (siehe Abbildung 3.2-3).<br />

y<br />

+<br />

+<br />

L J<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

t<br />

+<br />

+<br />

+<br />

k<br />

P<br />

P<br />

j<br />

j+1<br />

a<br />

+<br />

+<br />

+<br />

P i+1<br />

P i=P(x i, y<br />

i)<br />

P h<br />

i-1<br />

i d<br />

j , j+1<br />

a i<br />

P i<br />

t<br />

k<br />

P<br />

j<br />

P<br />

j +1<br />

d<br />

d<br />

i, j +1<br />

i, j<br />

+<br />

v<br />

i<br />

+<br />

+<br />

L := { P ; i = 1, 2, ... }<br />

I<br />

i<br />

x<br />

Abbildung 3.2-3: Beispiel zur Bestimmung des Verdrängungspotentials (im Punkt P i<br />

bezüglich der Linie L J )<br />

der Linie L I<br />

Unterschreiten Linien oder andere Verdrängungsobjekte den Hardcore-Abstand, entsteht ein<br />

Verdrängungspotential E ext (v i ) > 0 im Punkt P i . Dieses wird umso größer, je länger das innerhalb<br />

des Hardcore-Abstandes verlaufende Linienstück und je geringer die Entfernung zu P i ist.<br />

Berücksichtigt werden sämtliche Sützstellen der benachbarten Linien, sowie die interpolierten<br />

Zwischenpunkte. Die Berechnung von Zwischenpunkten ist notwendig, um eine Verdrängungswirkung<br />

unabhängig vom Stützstellenabstand zu modellieren.<br />

Da nur Liniensegmente in der lokalen Umgebung einen Einfluß auf die Verdrängung der Stützstellen<br />

haben, wird in der praktischen Rechnung zunächst eine Vorauswahl zu berücksichtigender<br />

Liniensegmente getroffen. Jeder Koordinate werden dazu die Indizes benachbarter Stützstellen<br />

zugeordnet. Die Auswahl erfolgt anhand eines erweiterten Hardcore-Abstandes h e = f · h. Der<br />

Bereichsfaktor berücksichtigt maximal auftretende Verschiebungen und wird erfahrungsgemäß<br />

mit f = 3 festgelegt. Die Summation in Gleichung (3.2-3) über alle Stützstellen mit Index j<br />

sämtlicher Linien J beschränkt sich danach auf die Stützstellen in der unmittelbaren Umgebung.<br />

Der einfachste Ansatz, der den genannten Anforderungen entspricht, lautet :<br />

E ext (v i ) ∼ ∑ J≠I<br />

{<br />

∑ ∑ (1 − ai (t k )/h) : a i < h<br />

j t<br />

0 : a i ≥ h<br />

. (3.2-3)


36 Kapitel 3. Verdrängung von Linienobjekten<br />

Dabei ist a i (t k ) jeweils der Abstand vom interpolierten Zwischenpunkt des Linienelementes, welches<br />

die Verdrängung ausübt, zum Stützpunkt P i , für den das Verdrängungspotential bestimmt<br />

werden soll:<br />

√<br />

a i (t k ) = d 2 j,j+1 · t2 k + (d2 i,j+1 − d2 i,j − d2 j,j+1 ) · t k + d 2 i,j (3.2-4)<br />

mit<br />

d j,j+1 =<br />

d i,j =<br />

d i,j+1 =<br />

√<br />

(x j+1 − x j ) 2 + (y j+1 − y j ) 2 ,<br />

√<br />

(x j − x i ) 2 + (y j − y i ) 2 ,<br />

√<br />

(x j+1 − x i ) 2 + (y j+1 − y i ) 2<br />

(vgl. Anhang B). Die Berechnung der Zwischenpunkte erfolgt durch gleitende Mittelbildung.<br />

Der Parameter t k ergibt sich hier aus dem Verhältnis von Schrittweite ∆ und individuellem<br />

Stützstellenabstand:<br />

t k = k ·<br />

∆<br />

d j,j+1<br />

, k = 0, 1, ... und t k ɛ [0, 1) . (3.2-5)<br />

Die Schrittweite kann beliebig klein gewählt werden. Für ∆ → 0 entspricht dies einer approximativ<br />

kontinuierlichen Verdrängung. Zu berücksichtigen ist, daß mit kleiner werdender Schrittweite<br />

der Rechenaufwand steigt. Als Mindestanforderung für ∆ ist ein Wert zu wählen, der eine<br />

Größenordnung kleiner als der durchschnittliche Stützstellenabstand ist.<br />

Abbildung 3.2-4(a) zeigt die Stützstellen verschiedener Linienobjekte. Aus diesen diskreten Eingangskoordinaten<br />

wird durch die vorgestellte gleitende Mittelbildung der Platzbedarf der Linienobjekte<br />

berechnet, der als sogenanntes erzeugendes Verdrängungsgebirge dargestellt werden<br />

kann (siehe Abbildung 3.2-4(b)).<br />

(a) Diskrete Eingangskoordinaten<br />

(b) Erzeugendes Verdrängungsgebirge<br />

Abbildung 3.2-4: Beispiel eines erzeugenden Verdrängungsgebirges


3.2. Linienverdrängung mit Snakes 37<br />

3.2.3 Variationsverfahren und Eulergleichungen<br />

Nach Festlegung der Zielfunktion, respektive Konstruktion der Gesamtenergie, wird das Energieintegral<br />

variiert. Die Lösung der entstehenden Eulergleichung liefert die Linienkoordinaten, welche<br />

das Optimalitätskriterium, minimale Gesamtenergie, erfüllen. Heute ist die Anwendung<br />

von Extremalprinzipien überall in den Natur- und Ingenieurwissenschaften verbreitet, in der<br />

Geodäsie z.B. bei der Darstellung der geodätischen Linie in Form der Eulerschen Gleichungen<br />

(Klotz, 1991; Grafarend und You, 1995). Dabei bleibt dem Anwender die wesentliche Aufgabe,<br />

eine dem Problem angepaßte Lagrange-Funktion aufzustellen bzw. geeignete Energien zu<br />

definieren.<br />

Herleitung der Eulerschen Gleichungen:<br />

I[x(s), y(s)] =<br />

∫ 1<br />

0<br />

E ges ds =<br />

∫ 1<br />

von zwei Funktionen x(s), y(s) mit festen Randwerten<br />

0<br />

Wir betrachten ein Funktional<br />

E ges (x, x s , x ss , y, y s , y ss , s) ds (3.2-6)<br />

x(0) = x a , y(0) = y a , x(1) = x e , y(1) = y e .<br />

Gesucht sind die Funktionen x(s), y(s), für die das Funktional I[x(s), y(s)] minimal wird. Eine<br />

notwendige Bedingung ist die Stationarität von I bei Variation der gesuchten Funktionen:<br />

δI[x + δx, y] = 0 , δI[x, y + δy] = 0 . (3.2-7)<br />

Damit lassen sich die Eulerschen Gleichungen der Variationsrechnung für beide Funktionen<br />

herleiten (siehe z.B. Fliessbach (1992)):<br />

δI[x + δx, y] = I[x + δx, y] − I[x, y]<br />

=<br />

=<br />

=<br />

=<br />

=<br />

=<br />

∫ 1<br />

0<br />

∫ 1<br />

0<br />

∫ 1<br />

0<br />

∫ 1<br />

0<br />

∫ 1<br />

0<br />

∫ 1<br />

0<br />

ds (E x δx + E xs δx s + E xss δx ss )<br />

(<br />

d<br />

ds E x δx + E xs<br />

ds δx + E d 2 )<br />

x ss<br />

ds 2 δx<br />

∫ 1 ( dExs<br />

ds E x δx − ds<br />

0 ds δx + dE )<br />

x ss<br />

ds<br />

δx s + E xs δx∣ 1 ∣ + E ∣∣ 1<br />

x ss<br />

δx s<br />

0 0<br />

(<br />

ds E x − dE ) ∫ 1<br />

x s<br />

δx − ds dE x ss<br />

ds<br />

0 ds<br />

δx s<br />

(<br />

ds E x − dE )<br />

x s<br />

ds<br />

+ d2 E xss<br />

ds 2 δx − dE ∣<br />

x ss<br />

ds δx ∣∣ 1<br />

0<br />

(<br />

ds E x − dE )<br />

x s<br />

ds<br />

+ d2 E xss<br />

ds 2 δx = 0 . (3.2-8)<br />

Durch zweimalige partielle Integration wird E xss δx ss zu (d 2 E xss /ds 2 )δx. Analog erfolgt die Variation<br />

für die Funktion y(s). Aus der Beliebigkeit von δx bzw. δy resultieren zwei Differentialgleichungen<br />

4. Ordnung, die Eulerschen Gleichungen<br />

E x − dE x s<br />

ds<br />

+ d2 E xss<br />

ds 2 = 0 , E y − dE y s<br />

ds<br />

+ d2 E yss<br />

ds 2 = 0 . (3.2-9)<br />

Nach dem Einsetzen des inneren und äußeren Potentials ergeben sich die Gleichungen<br />

∂E ext<br />

∂x − α(x ss − x o ss) + β(x ssss − x o ssss) = 0 , (3.2-10)<br />

∂E ext<br />

− α(y ss − y o<br />

∂y<br />

ss) + β(y ssss − yssss) o = 0 . (3.2-11)<br />

Die Gleichungen (3.2-10) und (3.2-11) werden mit Hilfe finiter Differenzen diskretisiert und<br />

schrittweise durch Anwendung der Cholesky-Zerlegung gelöst (vgl. Abschnitt 3.3.1).


38 Kapitel 3. Verdrängung von Linienobjekten<br />

3.2.4 Tangent Angle Function Snakes (TAFUS)<br />

Neben der Parametrisierung von Snakes mittels rechtwinkliger Koordinaten, kann alternativ die<br />

Tangentenwinkelfunktion<br />

ϕ(s) := arctan ẏ(s)<br />

ẋ(s)<br />

(3.2-12)<br />

zur Beschreibung ebener Kurven verwendet werden. Die innere Energie nimmt damit analog zu<br />

Gleichung (3.2-2) folgende Gestalt an :<br />

E int = (αϕ 2 + β ˙ϕ 2 )/2 , (3.2-13)<br />

wobei der erste Term die Kurvenrichtung modelliert und die Ableitung der Tangentenwinkelfunktion<br />

nach der Bogenlänge der Krümmung entspricht:<br />

˙ϕ(s) = ẋÿ − ẏẍ (3.2-14)<br />

mit ˙ϕ = ∂ϕ/∂s, ẋ = ∂x/∂s, ẏ = ∂y/∂s, sɛ[0, 1]. Die Rückrechnung erfolgt nach<br />

x(s) = x(0) +<br />

y(s) = y(0) +<br />

∫ s<br />

0<br />

∫ s<br />

0<br />

cos ϕ(t) dt , (3.2-15)<br />

sin ϕ(t) dt . (3.2-16)<br />

Der Vorteil dieser Beschreibung liegt in der Reduktion von zwei Gleichungen 4. Ordnung auf<br />

eine Gleichung 2. Ordnung :<br />

∂E ext<br />

∂ϕ<br />

+ αϕ(s) − β ¨ϕ(s) = 0 . (3.2-17)<br />

Nachteilig ist, daß nur Richtungsänderungen δϕ i und keine Streckenänderungen δs i zwischen benachbarten<br />

Punkten deformierter Polygon-Snakes gewonnen werden. Demzufolge ist eine Rücktransformation<br />

nach (3.2-15), (3.2-16) nicht möglich. Um trotzdem kartesische Koordinaten bestimmen<br />

zu können, wird deshalb zusätzlich gefordert, daß die Polygonpunkte senkrecht zur<br />

Kurvenrichtung verschoben werden sollen (Borkowski et al., 1999).<br />

3.3 Diskretisierung und numerische Realisierung<br />

3.3.1 Finite Differenzen<br />

Snakes: Zur Lösung der Euler-Gleichungen (3.2-10) und (3.2-11) erfolgt die Diskretisierung<br />

mittels finiter Differenzen:<br />

0 = (E i x, E i y) + α [(w i − w i−1 ) − (w i+1 − w i )] + (3.3-1)<br />

β ({[(w i − w i−1 ) − (w i+1 − w i )] − [(w i+1 − w i ) − (w i+2 − w i+1 )]} −<br />

{[(w i−1 − w i−2 ) − (w i − w i−1 )] − [(w i − w i−1 ) − (w i+1 − w i )]}) .<br />

Nach Umformung und unter Verwendung der Substitutionen<br />

ergibt sich aus (3.3-1) die Gleichung<br />

a := 2α + 6β b := −α − 4β c := β (3.3-2)<br />

0 = (E i x, E i y) + cw i−2 + bw i−1 + aw i + bw i+1 + cw i+2 , (3.3-3)


3.3. Diskretisierung und numerische Realisierung 39<br />

in Matrizenform<br />

A(x t − x 0 ) + E x ext (x t , y t ) = 0 , (3.3-4)<br />

A(y t − y 0 ) + E y ext (x t , y t ) = 0 , (3.3-5)<br />

mit der pentadiagonalen Bandmatrix<br />

⎡<br />

A =<br />

⎢<br />

⎣<br />

a b c 0 0 · · ·<br />

b a b c 0<br />

c b a b c<br />

0 c b a b<br />

0 0 c b a<br />

.<br />

⎤<br />

⎥<br />

⎦<br />

. (3.3-6)<br />

Im nächsten Schritt erfolgt der Übergang zu einer iterativen Bearbeitung (Parameter t):<br />

(A + λI)(x t − x 0 ) = λ(x t−1 − x 0 ) − E x ext (x t−1 , y t−1 ) , (3.3-7)<br />

(A + λI) (y t − y 0 )<br />

} {{ } } {{ }<br />

B n<br />

= λ (y t−1 − y 0 ) − E y ext (x t−1 , y t−1 )<br />

} {{ }<br />

m<br />

. (3.3-8)<br />

Die Vektoren x t bzw. y t bezeichnen die x- bzw. y-Koordinaten der Linie im gegenwärtigen Iterationsdurchgang.<br />

Die Vektoren x 0 bzw. y 0 enthalten die x- bzw. y-Koordinaten der ursprünglichen<br />

Linie. Eine Lösung der entkoppelten Matrizengleichungen (3.3-7) und (3.3-8) erfolgt mittels<br />

Cholesky-Zerlegung. Dabei handelt es sich um eine symmetrische Version der LR-Zerlegung für<br />

positiv definite Matrizen:<br />

Bn = m<br />

R T Rn = m (3.3-9)<br />

R T u = m ⇒ Rn = u ⇒ n .<br />

TAFUS: Analog ist die Vorgehensweise zur Diskretisierung der Euler-Gleichung für die Tangentenwinkelfunktion<br />

(3.2-17). Da im Gegensatz zur Parametrisierung mit kartesischen Koordinaten<br />

die Euler-Gleichung nur von 2. Ordnung ist, besitzt die Koeffizientenmatrix tridiagonale<br />

Struktur:<br />

⎡<br />

⎤<br />

a b 0 0 0 · · ·<br />

b a b 0 0<br />

a := α + 2β<br />

A T =<br />

0 b a b 0<br />

,<br />

(3.3-10)<br />

⎢ 0 0 b a b<br />

b := −β .<br />

⎥<br />

⎣<br />

⎦<br />

.<br />

Es ist also nur ein Gleichungssystem (je Kurve) mit tridiagonaler Koeffizientenmatrix anstelle<br />

zweier mit pentadiagonaler Matrix bei den üblichen Snakes-Verfahren zu lösen. Allerdings<br />

müssen vor dem Start die Polygonseitenrichtungen<br />

ϕ i := arctan y i+1 − y i<br />

x i+1 − x i<br />

, (3.3-11)<br />

entsprechend (3.2-12) und nach jedem Iterationsschritt die Koordinaten der verschobenen Polygonpunkte<br />

neu berechnet werden.


40 Kapitel 3. Verdrängung von Linienobjekten<br />

Die externe Energie (3.2-3) in den Punkten P i und ˜P i := P (x i + dx i , y i + dy i ) einer Kurve<br />

ergibt sich aus den Abständen a und ã zu Punkten der benachbarten Kurve (Abbildung 3.3-1).<br />

Die Koordinatenunterschiede dx i , dy i resultieren aus einer (genügend kleinen) Drehung dϕ jedes<br />

Kurvenstücks der Länge s i mit s 2 i = (x i − x i−1 ) 2 + (y i − y i−1 ) 2 , näherungsweise zu berechnen<br />

aus<br />

dx i ≃ dq i cos(ϕ i + π/2) ,<br />

dy i ≃ dq i sin(ϕ i + π/2) , (3.3-12)<br />

dq i ≃ s i dϕ .<br />

Die Ableitung der externen Energie wird approximiert durch<br />

∂E ext<br />

∂ϕ<br />

∣ ≃ E ext| ˜Pi<br />

− E ext | Pi<br />

i dϕ<br />

. (3.3-13)<br />

Die aus den Richtungsänderungen δϕ i := ϕi t − ϕt−1 i folgenden Koordinatenänderungen δx i , δy i<br />

berechnet man ebenfalls (genügend genau) mit (3.3-13), wobei sign δq i = sign δϕ i .<br />

y<br />

~ ~<br />

P<br />

a<br />

a<br />

s<br />

dq<br />

ϕ + π<br />

2<br />

s P<br />

dϕ<br />

ϕ<br />

x<br />

Abbildung 3.3-1: Berechnung der externen Energie für TAFUS<br />

3.3.2 Finite Elemente<br />

Die Diskretisierung der Euler-Gleichungen mit finiten Differenzen führt auf schlecht konditionierte<br />

Matrizen (siehe 3.3.3). Damit ist eine hohe Zahl an Iterationen zur Lösung der Gleichungen<br />

(3.3-7), (3.3-8) verbunden. Nach Cohen und Cohen (1990) kann eine Konvergenzbeschleunigung<br />

duch die Verwendung finiter Elemente erreicht werden. Der Finite-Elemente-<br />

Ansatz von Højholt (1998) unterstützt die Annahme einer sinnvollen Anwendung in der Linienverdrängung.<br />

Im folgenden wird deshalb die Eignung finiter Elemente zur Diskretisierung der<br />

Euler-Gleichungen näher untersucht.<br />

Ausgangspunkt ist die zu diskretisierende Euler-Gleichung mit interner und externer Energie :<br />

−α w ′′ + β w IV + f = 0 , (3.3-14)<br />

wobei<br />

f = ∂E ext<br />

∂x<br />

Nach Multiplikation mit einer genügend glatten Funktion v(s), die auf dem Rand verschwindet<br />

und anschließender Integration folgt<br />

.<br />

∫ 1<br />

0<br />

(α w ′′ − β w IV ) v ds =<br />

∫ 1<br />

0<br />

f v ds . (3.3-15)


3.3. Diskretisierung und numerische Realisierung 41<br />

1<br />

B 1,0<br />

−Spline<br />

1.5<br />

B 2,0<br />

−Spline<br />

0.9<br />

0.8<br />

0.7<br />

1<br />

0.6<br />

0.5<br />

0.4<br />

0.3<br />

0.5<br />

0.2<br />

0.1<br />

0<br />

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 1.4 1.6 1.8 2<br />

0<br />

0 0.5 1 1.5 2 2.5 3<br />

(a) B 1,0-Spline<br />

(b) B 2,0-Spline<br />

2<br />

B’ 2,0<br />

−Spline<br />

3<br />

B’’ 2,0<br />

−Spline<br />

1.5<br />

2<br />

1<br />

1<br />

0.5<br />

0<br />

0<br />

−1<br />

−0.5<br />

−2<br />

−1<br />

−3<br />

−1.5<br />

−4<br />

−2<br />

0 0.5 1 1.5 2 2.5 3<br />

−5<br />

0 0.5 1 1.5 2 2.5 3<br />

(c) B ′ 2,0-Spline<br />

(d) B ′′<br />

2,0-Spline<br />

Abbildung 3.3-2: Lineare und quadratische B-Splines zuzüglich erster und zweiter Ableitung<br />

Partielle Integration führt zu<br />

∫ 1<br />

(−α w ′ v ′ − β w ′′ v ′′ ) ds =<br />

Mit der Ersetzung<br />

0<br />

a(w, v) = −<br />

∫ 1<br />

nimmt Gleichung (3.3-16) folgende Form an :<br />

0<br />

∫ 1<br />

(α w ′ v ′ + β w ′′ v ′′ ) ds , b(v) =<br />

0<br />

f v ds . (3.3-16)<br />

∫ 1<br />

0<br />

f v ds (3.3-17)<br />

a(w, v) = b(v) . (3.3-18)<br />

Zur Lösung kann ein Ansatz für beliebige Kurvenparameter t verwendet werden (Schwetlick<br />

und Kretzschmar, 1991):<br />

w(t) =<br />

N∑<br />

w j B 2,j (t) . (3.3-19)<br />

j=0


42 Kapitel 3. Verdrängung von Linienobjekten<br />

Die Koordinatenfunktionen B 2,j (t) werden dabei so gewählt, daß der Grad der Spline-Funktion<br />

der höchsten vorkommenden Ableitung entspricht. Da in der inneren Energie die zweite Ableitung<br />

als Maß für die Krümmung der Linie enthalten ist, verwenden wir quadratische B-Splines<br />

(Menet et al., 1991). Einsetzen des Ansatzes unter Beachtung der Randbedingungen führt zu<br />

N−1 ∑<br />

j=1<br />

a(B 2,j )w j = b(B 2,j ) mit (3.3-20)<br />

a(B 2,j ) = −<br />

b(B 2,k ) =<br />

= −<br />

∫ 1<br />

0<br />

∫ 1 (<br />

0<br />

∫ ( 1<br />

0<br />

α B ′ 2,jB ′ 2,k + β B ′′<br />

α ∂B 2,j<br />

∂t<br />

∂B 2,k<br />

∂t<br />

)<br />

2,jB 2,k<br />

′′<br />

dt , (3.3-21)<br />

+ β ∂2 B 2,j ∂ 2 )<br />

B 2,k<br />

∂t 2 ∂t 2 dt<br />

f B 2,k dt . (3.3-22)<br />

Für die Auswertung des α-Terms in (3.3-21) wird die erste Ableitung des B-Splines zweiter<br />

Ordnung benötigt (siehe Anhang C). Zur Auswertung des β-Terms wird außerdem B 2,j ′′ (t) eingesetzt<br />

:<br />

⎧<br />

t − t j : t j ≤ t < t j+1<br />

⎪⎨<br />

B 2,j(t) ′ t j+1 + t j+2 − 2t : t j+1 ≤ t < t j+2<br />

=<br />

t − t j+3 : t j+2 ≤ t < t j+3<br />

⎪⎩<br />

0 : sonst<br />

⎧<br />

⎪⎨<br />

B 2,j(t) ′′ =<br />

⎪⎩<br />

1 : t j ≤ t < t j+1<br />

−2 : t j+1 ≤ t < t j+2<br />

1 : t j+2 ≤ t < t j+3<br />

0 : sonst<br />

Damit ergibt sich folgende Approximationsgleichung für die zweiten und vierten Ableitungen :<br />

α<br />

2 (−1 3 w i+2 − 2 3 w i+1 + 2w i − 2 3 w i−1 − 1 3 w i−2) +<br />

β (w i+2 − 4w i+1 + 6w i − 4w i−1 + w i−2 ) + b(B k ) = 0 (3.3-23)<br />

Zusammenfassend wird festgestellt, daß beide Approximationen, sowohl mit finiten Differenzen<br />

als auch durch finite Elemente, äquivalente diskretisierte Euler-Gleichungen liefern. Werden bei<br />

der Approximation durch finite Elemente als Koordinatenfunktionen B-Splines 2. Ordnung verwendet,<br />

stimmt die Berechnung der 4. Ableitung in den Euler-Gleichungen identisch überein.<br />

In der Näherung der zweiten Ableitung werden im Gegensatz zu finiten Differenzen auch noch<br />

die übernächsten Nachbarn berücksichtigt, das heißt die Approximation ist von höherer Ordnung<br />

und etwas genauer. Da in den Anwendungen die Abtastung sehr fein ist, spielt die höhere<br />

Approximation praktisch keine Rolle.<br />

3.3.3 Numerische Stabilität, Konvergenz<br />

Die Konditionszahl einer Matrix A,<br />

cond(A) := ||A|| ||A −1 || , (3.3-24)<br />

kann als Maß für die Stabilität der Lösung bezüglich Störungen der Eingangsdaten oder der<br />

Rundungsfehler verwendet werden. Als Matrix-Norm || · || dient die Spektralnorm, so daß<br />

cond(A) = max |λ i|<br />

min |λ i |<br />

(3.3-25)<br />

aus den Beträgen des größten und des kleinsten der Eigenwerte λ i ; i = 1, 2, . . . , n berechnet<br />

werden kann. In Abbildung 3.3-3 sind die Konditionszahlen der Matrix A und der regularisierten


3.3. Diskretisierung und numerische Realisierung 43<br />

Matrix G = A + γI in Abhängigkeit von n und konstanten Parametern α, β, γ dargestellt.<br />

Damit wird die Bedeutung des Regularisierungsterms für die Konvergenz der Lösungen deutlich<br />

(Terzopoulos, 1986).<br />

3.0*10 4<br />

22<br />

2.5*10 4<br />

20<br />

Konditionszahlen<br />

2.0*10 4<br />

1.5*10 4<br />

1.0*10 4<br />

18<br />

16<br />

14<br />

5.0*10 3<br />

12<br />

0.0*10 0<br />

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />

Dimension der Matrix<br />

Abbildung 3.3-3: Konditionszahl der Matrix A (gerissen, linke Skale) und der regularisierten Matrix<br />

A + γI (durchgezogen, rechte Skale) als Funktion der Dimension n und für feste α = β = γ = 1<br />

10<br />

Um die Konvergenz stationärer Iterationsverfahren (mit konstanter Inhomogenität) zu beurteilen,<br />

benutzt man u.a. die asymptotische Konvergenz-Rate<br />

wobei<br />

R(G −1 ) := − ln ρ(G −1 ) , (3.3-26)<br />

ρ(G −1 ) = max<br />

1≤i≤n |λ i(G −1 )| (3.3-27)<br />

der Spektralradius von G −1 ist (Varga, 1962). Im vorgestellten Verdrängungs-Algorithmus<br />

wird die Ableitung der externen Energie nach jedem Iterationsschritt neu berechnet. Daher<br />

kann die Anzahl der notwendigen Iterationsschritte a priori nicht abgeschätzt werden. Da die<br />

Berechnung der externen Energie zudem für Snakes und Tafus unterschiedlich erfolgt (vgl. Abschnitt<br />

3.3.1) und damit auch das Verhältnis von innerer zu äußerer Energie beeinflußt wird, ist<br />

ein Vergleich der Konvergenzraten nicht möglich.<br />

3.3.4 Alternatives Verfahren<br />

Greedy-Algorithmus<br />

Mit dem sog. Greedy-Algorithmus (Williams and Shah, 1990) ist auf einfache Weise eine<br />

Energieminimierung von Linien durchführbar. Dabei wird versucht, die Energie jeder einzelnen<br />

Stützstelle durch infinitesimale Verschiebungen zu verringern. Beim Variationsverfahren wird<br />

dagegen die Energie der gesamten Linie in einem Iterationsschritt minimiert. Ausgangspunkt ist<br />

in beiden Verfahren die Übersetzung der Konfliktsituationen in das Verdrängungspotential (siehe<br />

Abschnitt 3.2.2). Ähnlich wird die innere Energie berechnet. So ist beim Greedy-Algorithmus<br />

die ursprüngliche Gestalt der Linie durch explizite Berechnung von 1. und 2. Ableitung an den<br />

Stützstellenpositionen registriert:<br />

mit den Bezeichnungen<br />

E int = E dis + E curv (3.3-28)


44 Kapitel 3. Verdrängung von Linienobjekten<br />

Krümmung vor<br />

der Verdrängung<br />

Verdrängungspotential<br />

infinitesimale<br />

Verdrängung<br />

Krümmung nach<br />

der Verdrängung<br />

Krümmungspot.<br />

Verdrängungspot.<br />

Gesamtenergie<br />

neu<br />

E ges<br />

ja<br />

neu<br />

E ges<br />

<<br />

alt<br />

E ges<br />

nein<br />

neue Stützstellenneu<br />

position + E<br />

ges<br />

Stützstelle<br />

unverändert<br />

nächster Punkt der 8-Umgebung<br />

Abbildung 3.3-4: Schema zur Verdrängung mit dem Greedy-Algorithmus<br />

und<br />

E dis ∼ δ 2 0 − δ2 1 ,<br />

E curv ∼ κ 2 0 − κ2 1 ,<br />

wobei δ 0 der ursprüngliche Stützstellenabstand,<br />

δ 1 der Stützstellenabstand nach der Verdrängung,<br />

wobei κ 0 die ursprüngliche Krümmung,<br />

κ 1 die Krümmung nach der Verdrängung ist.<br />

E dis bezeichnet den Energiebeitrag, welcher sich durch Unterschiede in der 1. Ableitung zwischen<br />

zwei Iterationen ergibt. Geometrisch können diese Abweichungen als Veränderung der Stützstellenabstände<br />

gedeutet werden. Analog sind Beiträge durch Änderungen der 2. Ableitung als<br />

Krümmungsunterschiede zu interpretieren. Der normierte Abstand zwischen den Stützstellen<br />

ergibt sich durch<br />

δ = (∆x i /∆s i ) 2 + (∆y i /∆s i ) 2 , ∆s 2 i = ∆x 2 i + ∆y 2 i , (3.3-29)<br />

wobei ∆x i = x i − x i−1 bzw. ∆y i = y i − y i−1 die Koordinatendifferenzen zwischen aktueller und<br />

vorheriger Stützstelle bezeichnen. Die Krümmungsberechnung erfolgt nach<br />

κ = (∆x i /∆s i − ∆x i+1 /∆s i+1 ) 2 + (∆y i /∆s i − ∆y i+1 /∆s i+1 ) 2 . (3.3-30)<br />

Ausführliche Untersuchungen zur diskreten Krümmungsberechnung wurden von Williams and<br />

Shah (1990) durchgeführt. Im weiteren wird die Richtung bestimmt, in der die Stützstellen


3.3. Diskretisierung und numerische Realisierung 45<br />

verschoben werden müssen. Dafür kann eine 8-Umgebung mit einer Schrittweite, die klein gegen<br />

die Stützstellenabstände sein sollte, verwendet werden. Ist die Gesamtenergie der Stützstelle an<br />

einem Punkt der 8-Umgebung kleiner, werden dessen Koordinaten als neue Stützstellenkoordinaten<br />

akzeptiert (siehe Abb. 3.3-4). Da das Gestaltspotential erst durch eine Veränderung der<br />

ursprünglichen Stützstellenposition erzeugt wird und damit zunächst immer ein Energiezuwachs<br />

verbunden ist, muß dieser also durch Verringerung des Verdrängungspotentials kompensiert werden.<br />

Nacheinander sind so im ersten Durchlauf die Stützstellen aller Linien zu bearbeiten. Die<br />

Iteration wird beendet, wenn alle Stützstellen eine minimale Energie besitzen.<br />

Vergleich von Variations- und Greedy-Verfahren<br />

Im folgenden soll untersucht werden, wie Variationsverfahren (siehe 3.2.3) und Greedy-Algorithmus<br />

(siehe 3.3.4) in der Verdrängung von Linienobjekten wirken. Dazu wurden in einer generalisierten<br />

Karte mehrere Linienobjekte digitalisiert und deren Signaturbreiten vergrößert, um<br />

so Überlagerungskonflikte zu generieren. Abbildung 3.3-5(a) zeigt die Eingangssituation vor der<br />

Verdrängung. Die Lösungen aus dem Variationsverfahren (Abbildung 3.3-5(b)) und dem Greedy-<br />

Algorithmus (Abbildung 3.3-5(c)) weichen voneinander ab, besonders in der Bildmitte und im<br />

Bereich der Linienkreuzung.<br />

(a) Konfliktsituation (b) Variationsverfahren (c) Greedy-Algorithmus<br />

Abbildung 3.3-5: Beispiel zur Verdrängung mit Variationsverfahren und Greedy-Algorithmus<br />

Um die unterschiedliche Wirkungsweise zu veranschaulichen, wurden außerdem für das rechte<br />

Linienobjekt (Fluß), die Verschiebungsbeträge δv als Funktion der Bogenlänge s dargestellt<br />

(siehe Abbildung 3.3-6). Im Varitationsverfahren wird die Linie mit Hilfe fester Randwerte beidseitig<br />

eingespannt (äußerer Zwang). Daher wird im mittleren Kurvenabschnitt stärker verdrängt<br />

als beim Greedy-Algorithmus. Der Hardcore-Abstand wird zugunsten der Formerhaltung stellenweise<br />

sogar überschritten, so daß die typische (glatte) Form besser erhalten bleibt als beim


46 Kapitel 3. Verdrängung von Linienobjekten<br />

δv<br />

(a) Variationsverfahren<br />

s<br />

δv<br />

(b) Greedy-Algorithmus<br />

s<br />

Abbildung 3.3-6: Vergleich der Verschiebungsbeträge δv über der Bogenlänge s<br />

Greedy-Algorithmus. Letzterer steuert die diskreten Punkte konsequent auf Hardcore-Abstand.<br />

Unregelmäßigkeiten im Kurvenverlauf sind daher nicht immer zu vermeiden. Deshalb ist beim<br />

Verdrängen von Linien das Variationsverfahren vorzuziehen. Der Greedy-Algorithmus ist eher<br />

beim Verdrängen von isolierten Objekten, z.B. einzelnen Punktobjekten, Gebäuden, Schriftboxen<br />

etc. vorteilhaft anzuwenden.


47<br />

4 Verdrängung von Punkt- und Flächenobjekten<br />

4.1 Verdrängung von Punktobjekten<br />

4.1.1 MkQ und Simplexverfahren<br />

Punktförmige Signaturen können sich nach Maßstabsverkleinerung und beibehaltener Signaturengröße<br />

gegenseitig überlappen oder berühren. Damit je zwei benachbarte Signaturen mit<br />

Schwerpunkten P i , P k und Umkreisradien R i , R k optisch getrennt wahrgenommen werden, müssen<br />

sie auf Mindest- oder Hardcore-Abstand<br />

r HC<br />

ik := R i + R k + δ Min , δ Min = 0.2 mm (4.1-1)<br />

verdrängt werden. Um eine Konfliktlösung durch minimale Verschiebungen zu realisieren, wird<br />

sowohl ein Verfahren der linearen als auch der quadratischen Optimierung verwendet.<br />

P i<br />

P k<br />

R i<br />

δ Min<br />

R k<br />

Abbildung 4.1-1: Hardcore-Abstand P i P k<br />

Mit der Methode der kleinsten Quadrate (MkQ) als Verfahren der quadratischen Optimierung<br />

wird die gewichtete Quadratsumme der Punktverschiebungen v = [∆x, ∆y] ⊤ minimiert<br />

(Mühle, 1996):<br />

n∑<br />

p i vi 2 = Min , vi 2 := ∆x 2 i + ∆yi 2 . (4.1-2)<br />

i=1<br />

Die Gewichte p i berücksichtigen die Objektbedeutung. Diese Methode entspricht der Ausgleichung<br />

eines geodätischen Streckennetzes mit linear unabhängigen Restriktionen<br />

r ik − r HC<br />

ik = 0 , r ik<br />

2<br />

:= [(x i + ∆x i ) − (x k + ∆x k )] 2 +<br />

[(y i + ∆y i ) − (y k + ∆y k )] 2 , (4.1-3)<br />

wobei die ursprünglichen Punktabstände r ik mit<br />

r 2 ik := (x i − x k ) 2 + (y i − y k ) 2 , r ik < r HC<br />

ik (4.1-4)<br />

konsequent auf Hardcore-Abstand rik<br />

HC gebracht werden. Bei n gegenseitig zu verdrängenden<br />

Punktobjekten ist die Anzahl m der Restriktionen auf n − 1 ≤ m ≤ 2n − 3 beschränkt. Im Unterschied<br />

zum geodätischen Streckennetz sind die Verschiebungsbeträge von gleicher Größenordnung<br />

wie die Punktabstände; wegen der Linearisierungseffekte können die Restriktionen (4.1-3)<br />

nicht in einem Schritt erfüllt werden. Der gewünschte Zustand kann aber schrittweise über<br />

Pseudo-Hardcore-Abstände rp<br />

HC < r HC herbeigeführt werden.


48 Kapitel 4. Verdrängung von Punkt- und Flächenobjekten<br />

Numerische Tests haben gezeigt, daß die quadratische Optimierung die Tendenz besitzt, irreguläre<br />

Punktmuster zu regularisieren. Um diesem Effekt im Sinne der Strukturerhaltung entgegenzuwirken,<br />

erweist es sich als sinnvoll, die Punktabstände r ik nach ihrer Größe zu ordnen<br />

und die Restriktionen (4.1-3) für die m kleinsten Abstände r ik unter allen möglichen r ik < r HC<br />

anzusetzen.<br />

(a) Muster vor der Verdrängung<br />

(b) Lösung mit quadratischer Optimierung<br />

(c) Lösung mit linearer Optimierung<br />

(d) Vergleich beider Verdrängungslösungen<br />

Abbildung 4.1-2: Punktverdrängung mit Hilfe von linearer und quadratischer Optimierung<br />

Die lineare Optimierung (Ritzmann, 1996) mit der Forderung, die Summe der gewichteten<br />

Verschiebungsbeträge zu minimieren, läßt Ungleichungen zu:<br />

n∑<br />

i=1<br />

p i |v i | = Min , r ik − r HC<br />

ik ≥ 0 . (4.1-5)<br />

Indem auch Abstände r ik > rik<br />

HC möglich sind, erweist sich die lineare Optimierung flexibler als<br />

die quadratische. Das Standardproblem der linearen Optimierung (4.1-5) wird üblicherweise mit


4.1. Verdrängung von Punktobjekten 49<br />

dem Simplexverfahren gelöst. Die Lösung ist nicht in jedem Falle eindeutig. So ist man gezwungen,<br />

Zusatzbedingungen zu formulieren. Sinnvollerweise sollte mit ihrer Hilfe die Punktstruktur<br />

möglichst gut erhalten bleiben; z.B. mit<br />

n∑<br />

∆x i = 0 ,<br />

i=1<br />

n∑<br />

∆y i = 0 (4.1-6)<br />

i=1<br />

wenigstens der Schwerpunkt.<br />

Das Muster der Punktsignaturen in Abbildung 4.1-2 wurde einer thematischen Karte entnommen.<br />

Die Durchmesser der kreisförmigen Signaturen entsprechen gewissen Quantitäten. Beim<br />

Übergang in einen kleineren Maßstab, hier im Verhältnis 1 : 1.5, entstehen Konflikte. Die Lösungen<br />

mittels quadratischer und linearer Optimierung sind zulässig.<br />

4.1.2 Energieminimierung<br />

Da Punkte als Einzelobjekte keine Struktur besitzen, kann für ein individuelles Element keine<br />

innere Energie definiert werden. Andererseits stehen Punktobjekte in enger Beziehung zu ihrer<br />

Nachbarschaft, die vom Betrachter um so deutlicher registriert wird. Eine Modellierung dieser<br />

Wechselwirkungen kann auf vielfältige Weise erfolgen. Dazu sind in der lokalen Umgebung<br />

Punkte auszuwählen, welche miteinander in Beziehung stehen. Diese Gebiete werden als Cluster<br />

bezeichnet.<br />

Cluster-Definition: Unter einem Verdrängungscluster (VC) versteht man eine diskrete Punktmenge<br />

P k {k = 1, 2, . . . , p und 2 ≤ p < ∞} in einem abgeschlossenen Bereich B ⊂ R 2 . Es besitzt<br />

die Eigenschaft, daß zu jedem P i mindestens ein Nachbar P k mit s ik < rik<br />

HC existiert.<br />

Für solche Cluster kann jetzt auf unterschiedliche Weise eine innere Energie definiert werden. So<br />

wäre z.B. die Richtung von jedem Punkt zum Clusterschwerpunkt als Größe minimaler Energie<br />

verwendbar. Dies entspricht einem Vorschlag von Mackaness (1994).<br />

Eine andere Möglichkeit ist, Abstand und Winkel<br />

bezüglich der nächsten beiden Nachbarn als inneren<br />

Energieterm einzuführen. Dabei kann der Nachbar<br />

hier sowohl eine Punktsignatur sein als auch<br />

die Stützstelle eines Linien- oder Flächenobjektes.<br />

Dieses Vorgehen ist äquivalent zur Bestimmung der<br />

inneren Energie für die Linienverdrängung mittels<br />

Greedy-Algorithmus (vgl. Abschnitt 3.3.4). In Abbildung<br />

4.1-3, sind die Verbindungen zum nächsten<br />

bzw. übernächsten Nachbarn eingezeichnet.<br />

Die Berechnung der externen Energie zur Konfliktmodellierung<br />

für Punktobjekte ist identisch mit der<br />

Konfliktmodellierung für Linienobjekte (vgl. Abschnitt<br />

3.2.2).<br />

Abbildung 4.1-3: Nachbarschaftsrelationen<br />

Erfolgt die Verdrängung in reinen Punktmustern, wird die approximativ kontinuierliche Abtastung<br />

der Nachbarobjekte durch diskrete Abstandsberechnungen ersetzt. Abbildung 4.1-4 zeigt<br />

das Ergebnis der Punktverdrängung mittels Energieminimierung. Weiterführende Vergleiche mit<br />

den Verdrängungsansätzen nach Abschnitt 4.1.1 können anhand des vorgestellten Beispiels nicht<br />

getroffen werden. Hier wurde zunächst nachgewiesen, daß die Punktverdrängung durch Energieminimierung<br />

möglich ist.


50 Kapitel 4. Verdrängung von Punkt- und Flächenobjekten<br />

(a) Konfliktsituation<br />

(b) Ergebnis der Verdrängung<br />

Abbildung 4.1-4: Punktverdrängung mittels Energieminimierung<br />

Anwendungen existieren auf dem Gebiet der thematischen Kartographie. Für die Generalisierung<br />

von topographischen Karten ist neben der Linienverdrängung vor allem die Flächenverdrängung<br />

wesentlich. Dabei kann der seltene Fall der Punktverdrängung als Spezialfall der Verdrängung<br />

von Flächen mit festem Rand behandelt werden.<br />

4.2 Verdrängung von Flächenobjekten<br />

Die hier dargestellte Flächenverdrängung verwendet Vektordaten, d.h. sämtliche Flächen sind<br />

charakterisiert durch ein geschlossenes Umrandungspolygon. Je nach Größe und Form muß dabei<br />

festgelegt werden, ob das Objekt als Ganzes zu verdrängen ist, oder in seiner Form verändert<br />

werden darf. In der automatisierten Generalisierung kann diese Unterscheidung anhand des<br />

Zeichenschlüssels für verschiedene Objektklassen initialisiert werden. Eine andere Möglichkeit<br />

wäre, die Eingangsobjekte anhand von Form- und Größenparametern zu klassifizieren und somit<br />

individuell eine Einteilung der zu bearbeitenden Flächen vorzunehmen.<br />

Staufenbiel (1973), dessen Arbeit sich hauptsächlich mit der Generalisierung von Gebäudedarstellungen<br />

beschäftigt, unterscheidet zwischen Generalisierungsmaßnahmen, die auf das Gebäude<br />

in seinen Einzelheiten angewendet werden, und Vorgängen, die das Objekt in seiner Gesamtheit<br />

betreffen. Für die Verdrängung von beliebigen Flächenobjekten ist zusätzlich eine Einteilung in<br />

Flächenobjekte mit festem oder beweglichem Rand sinnvoll.<br />

4.2.1 Verdrängung von Flächenobjekten mit festem Rand<br />

Im folgenden soll die Verdrängung von Flächen, deren Form nicht verändert werden darf (z.B.<br />

Gebäudegrundrisse, Textboxen, Kartensymbole), erläutert werden. Der Hauptunterschied zur<br />

Punkt- und Linienverdrängung besteht in der Konflikterkennung. Bisher erfolgte die Konfliktmodellierung<br />

auf der Grundlage von Abstandsberechnungen zwischen den Stützstellen. Für die<br />

Flächenverdrängung wird zu einer Bestimmung störender Überlagerungsflächen übergegangen.<br />

Da die zu verdrängenden Objekte zweidimensional sind, ist diese Erweiterung der Konfliktmodellierung<br />

notwendig.


4.2. Verdrängung von Flächenobjekten 51<br />

(a) Startsituation mit Linien und Flächen<br />

(b) Stützstellen für Linien und Flächen<br />

(c) Umwandlung von Linien in Flächen<br />

(d) Abgrenzung der Nachbarschaft<br />

(e) Berechnung der Überlagerungsflächen<br />

(f) Ergebnis der Verdrängung<br />

Abbildung 4.2-1: Verdrängung von Flächen mit festem Rand mittels Greedy-Algorithmus


52 Kapitel 4. Verdrängung von Punkt- und Flächenobjekten<br />

Als erstes wird für alle Linienobjekte das Umrandungspolygon aus den gegebenen Koordinaten<br />

und den zugehörigen Signaturbreiten bestimmt (Abbildung 4.2-1(c)). Dazu kann der Algorithmus<br />

für die Vergrösserung bzw. Verkleinerung von Flächen verwendet werden (siehe Anhang D).<br />

Soll die Verdrängung so erfolgen, daß zwischen den Objekten Mindestabstände berücksichtigt<br />

werden, sind die Umrandungspolygone um diese Größe zu dehnen (Abbildung 4.2-1(d)).<br />

Die Verschneidung der Flächen liefert anschließend die Konfliktbereiche (Abbildung 4.2-1(e)).<br />

Setzt man die Überlagerungsfläche ins Verhältnis zur Gesamtfläche des betrachteten Objektes,<br />

ergibt sich ein Maß für die Größe des Konfliktes. Für die Wechselwirkung zwischen zwei Objekten<br />

bedeutet demzufolge ein Überlagerungsverhältnis von Eins eine vollständige Überdeckung bzw.<br />

von Null keine Überlagerung.<br />

Die Konfliktlösung wird mittels Greedy-Algorithmus durchgeführt. Dabei ist innerhalb einer 8-<br />

Umgebung die Richtung zu bestimmen, in der sich das Überlagerungsverhältnis am stärksten<br />

verringert. Die wiederholte Berechnung der Überlagerungsflächen ist dabei zeitintensiv und führt<br />

zu längeren Rechenzeiten bei zunehmender Anzahl zu verdrängender Objekte (konkrete Angaben<br />

erfolgen in 5.2.3).<br />

Um den Rechenaufwand zu verkürzen, wird für jedes Kartenobjekt die Anzahl möglicher Wechselwirkungspartner<br />

begrenzt. So ist anschaulich klar, daß Objekte am linken oberen Kartenrand<br />

keinen Einfluß auf Objekte haben, die sich rechts unten im Kartenausschnitt befinden. Für jedes<br />

Gebäude erfolgt deshalb eine explizite Speicherung der Nachbarschaft. Darunter fallen alle Objekte,<br />

die sich im Umkreis mit dem Radius h e = f ·max(d(Schwerpunkt, Umrandungspolygon))<br />

befinden. Der Bereichsfaktor f sollte nicht zu klein gewählt werden, um auch Kandidaten für Folgekonflikte<br />

zu berücksichtigen. Entsprechend den Erfahrungen aus Beispielrechnungen ist f = 3<br />

ein geeigneter Wert. Die angewandte Heuristik beschleunigt den Algorithmus um ein Vielfaches.<br />

(a) Konfliktsituation<br />

(b) Ergebnis der Verdrängung<br />

Abbildung 4.2-2: Gebäudeverdrängung mittels Greedy-Algorithmus<br />

4.2.2 Verdrängung von Flächenobjekten mit beweglichem Rand<br />

Überschreitet die Ausdehnung der Fläche eine bestimmte Größe, so sind Formänderungen in<br />

gewissen Grenzen zulässig. Das Objekt wird nicht mehr als Ganzes verschoben, sondern der<br />

Rand ist beweglich und kann verdrängt werden. Die Entscheidung, ob Formänderungen zulässig


4.2. Verdrängung von Flächenobjekten 53<br />

sind, wird entweder pauschal für bestimmte Objektklassen getroffen; z.B. werden Gebäudeflächen<br />

immer als Ganzes verdrängt; zum anderen kann diese Abschätzung individuell unter Verwendung<br />

verschiedener Formgrößen (z.B. Flächeninhalt, Quer- und Längsausdehnung, etc.) erfolgen.<br />

Die Verdrängung von Flächenobjekten mit beweglichem Rand entspricht der Verdrängung von<br />

Linienobjekten mit Snakes (vgl. Abschnitt 3.2.1). Als Beispiel diene die Seefläche in Abbildung<br />

5.1-4. Die Nähe zu den benachbarten Straßen und Wegen macht eine geringfügige Verformung<br />

der Umrandung notwendig. Infolge der inneren Energie (vgl. Abschnitt 3.2.2) des Umrandungspolygons<br />

bleibt jedoch die typische Gestalt des Flächenobjektes weitestgehend erhalten.


54 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />

5 Praktische Anwendungen<br />

5.1 Amtliches Topographisch-Kartographisches Informationssystem<br />

(ATKIS)<br />

Die Landesvermessungsämter der Länder der Bundesrepublik Deutschland haben den gesetzlichen<br />

Auftrag, aktuelle Informationen über die Topographie der Erdoberfläche zu erfassen, zu<br />

dokumentieren und dem Anwender zugänglich zu machen. Infolge der rasanten Entwicklungen<br />

auf dem Gebiet der Informationstechnologie in fast allen Bereichen von Wirtschaft und Verwaltung<br />

zeigt sich die Notwendigkeit, diese nicht nur als graphische Präsentation (Topographische<br />

Karten), sondern in digitaler Form anzubieten. Viele Nutzer verfügen zudem über digitale Fachdatenbestände,<br />

die erst durch den räumlichen Bezug zur Topographie der Erdoberfläche ihre<br />

eigentliche Aussagekraft erhalten. Deshalb wurde von den Landesvermessungsämtern der Bundesländer<br />

das Amtliche Topographisch-Kartographische Informationssystem ATKIS aufgebaut.<br />

5.1.1 Datenmodelle und -strukturen<br />

Die Bereitstellung der topographischen Daten erfolgt in mehreren Stufen. Zunächst wird die<br />

Topographie der Erdoberfläche durch geeignete Aufnahmemethoden in einem Digitalen Landschaftsmodell<br />

(DLM) abgebildet. Zu nennen sind hier die direkte Erfassung der Landschaft<br />

durch terrestrische Messungen oder die Auswertung von Luftbildern. Außerdem können schon<br />

vorhandene Landschaftsdaten zur Gewinnung digitaler topographischer Daten verwendet werden.<br />

Beispiele sind die Digitalisierung analoger topographischer Karten (manuell oder mittels<br />

automatisierter Vektorisierung) oder die Transformation von Daten der Katasterämter (z.B.<br />

Gebäudegrundrisse) in die DLM-Struktur. Die Grundlage für die Erfassung liefert der Objektartenkatalog<br />

(OK) durch Vorgabe qualitativer und quantitativer Erfassungskriterien, deren geometrischer<br />

Modellierungsvorschrift und die Festlegung geeigneter Attribute. Damit beinhaltet<br />

dieser erste Schritt sowohl die Erfassungsgeneralisierung als auch die Modellgeneralisierung (vgl.<br />

Abschnitt 2.1.3).<br />

Im zweiten Schritt erfolgt die Aufbereitung des Digitalen Kartographischen Modells (DKM) auf<br />

der Basis des Signaturenkatalogs (SK). Dabei kann als Zwischenstufe ein sogenanntes ”<br />

Roh“-<br />

DKM entstehen, welches die Datenstruktur des DKM besitzt, jedoch noch nicht kartographisch<br />

generalisiert ist (Vickus, 1994). Eine ähnliche Unterteilung ist bei Grünreich (1997a) mit<br />

der Gliederung der kartographischen Generalisierung in zwei Hauptabschnitte zu finden. So wird<br />

festgestellt, daß schon mit der Ausarbeitung und Anwendung des Zeichenschlüssels generalisierungswirksame<br />

Maßnahmen zum Tragen kommen. Beispiele sind die Auswahl der darzustellen-<br />

Objektgeneralisierung<br />

nach OK<br />

nach SK<br />

kartographische<br />

Generalisierung<br />

Original<br />

DLM<br />

” Roh“-DKM DKM<br />

Primärmodell<br />

Sekundärmodell<br />

Abbildung 5.1-1: ATKIS - Datenmodell


5.1. Amtliches Topographisch-Kartographisches Informationssystem (ATKIS) 55<br />

den Objektinformation, die Klassifikation der selektierten DLM-Information im Hinblick auf die<br />

kartographische Darstellung oder die Vereinfachung durch Vorgabe von Mindestdimensionen für<br />

die Wiedergabe der geometrischen Information. Diese Maßnahmen fallen zum wesentlichen Teil<br />

in den Bereich der Modellgeneralisierung.<br />

Anschließend müssen Konflikte beseitigt werden, die bei der Erzeugung der graphischen Präsentation<br />

entstehen (Übergang vom Roh-DKM zum DKM). Von Bedeutung sind hier die Verdrängung,<br />

die weitere Vereinfachung der geometrischen Information, die Klassifizierung und<br />

schließlich die graphisch bedingte Auswahl von Objekten. Die topographische Erfassung der<br />

realen Welt erfolgt im ATKIS Basis-DLM. Wesentliche Erfassungsgrundlage sind die generalisierten<br />

topographischen Karten, die in den verschiedenen Bundesländern in unterschiedlichen<br />

Maßstäben vorliegen:<br />

• alte Bundesländer - DGK5 (Maßstab 1:5 000)<br />

• neue Bundesländer - TK10 (Maßstab 1:10 000)<br />

• Bayern - TK25 (Maßstab 1:25 000)<br />

Daher ist zu prüfen, inwieweit Auswirkungen auf notwendige Generalisierungsvorgänge vorhanden<br />

sind. Folgemaßstäbe geringerer Auflösung können durch Modellgeneralisierung aus dem<br />

Basis-DLM abgeleitet werden. Da die Entwicklung entsprechender automatisierter Verfahren<br />

Gegenstand aktueller Forschungsarbeiten ist (Mayer, 1998; Schürer, 1999) und noch nicht abgeschlossen<br />

wurde, erfolgt parallel eine Erfassung der Landschaftsmodelle im Maßstab 1:250 000<br />

(DLM250) und 1:1 Mill. (DLM1000). Damit bleibt die Laufendhaltung nicht auf das Basis-<br />

DLM beschränkt, sondern alle Änderungen der Umwelt sind zusätzlich auch in den Digitalen<br />

Landschaftmodellen geringer Auflösung fortzuführen.<br />

Die Ableitung der zugehörigen kartographischen Modelle ist bisher nicht realisiert, obwohl deren<br />

Aufbau ebenfalls für den Zeitraum 1995 bis 2000 vorgesehen war. Hauptursache ist, ”<br />

daß der kartographische<br />

Modellierungsprozeß ungleich größere Problemkreise eröffnet als der topographische<br />

Erfassungsprozeß“ (Harbeck, 1997). Konkret müssen für die automatische DKM-Ableitung<br />

erst entsprechende Modellierungs- und Generalisierungsalgorithmen entwickelt werden.<br />

Als Übergangslösung werden digitale Kartenpräsentationen durch rechnergestützte Bearbeitung<br />

generalisierter analoger Karten gewonnen. Für die Herstellung der DTK50 sind konkret folgende<br />

Bearbeitungsschritte auszuführen :<br />

1. Einmalige Vorarbeiten (Zeichenschlüssel erstellen, Farbpalette festlegen)<br />

2. Gescannte Originalfolien der TK25 als Rasterbilder für den Maßstab 1:50 000 hinterlegen<br />

3. Automatische Netzgenerierung, Festlegung des Kartenrahmens<br />

4. Vektorisierung und Mustererkennung der Relief- und Gewässerfolie der TK25<br />

5. Erstellen einer redaktionellen Vorlage, welche z.B. die Darstellung ausgedehnter Objekte<br />

festlegt<br />

6. Digitalisierung der übrigen Elemente für die DTK50 bei gleichzeitiger Generalisierung<br />

(setzt umfangreiche Erfahrung des Bearbeiters voraus)<br />

7. Mehrfache Korrekturlesungen<br />

8. Druck und Archivierung


56 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />

Damit existieren für jeden Maßstab praktisch zwei Datensätze in unterschiedlichen Datenformaten,<br />

die nebeneinander fortgeführt werden. Zum einen sind das die ATKIS-Daten im Vektorformat<br />

der DLM-Struktur (EDBS) und zum anderen die digitalen Kartenpräsentationen für eine<br />

Ausgabe im Rasterdatenformat.<br />

Ziel ist es, eine Fortführung auf die DLM-Daten verschiedener Maßstäbe zu reduzieren, aus<br />

denen weitgehend automatisch topographische Karten, auch in Abhängigkeit von den Nutzeranforderungen,<br />

abgeleitet werden können. Mit zunehmender Automatisierung wird zusätzlich die<br />

Ableitung Digitaler Landschaftsmodelle geringerer Auflösung aus Modellen höherer Auflösung<br />

möglich sein, so daß die Laufendhaltung letztlich auf das Basis-DLM beschränkt bleibt.<br />

5.1.2 Maßstabsabhängigkeit<br />

Die Objekte in der Karte müssen, damit sie deutlich wahrgenommen werden können, häufig<br />

größer dargestellt werden als es ihrer natürlichen Größe entspricht. Dies gilt zunehmend für<br />

Maßstäbe kleiner als 1:10 000. Um dies zu veranschaulichen, sind Linienobjekte mit verschiedenen<br />

Signaturbreiten als Funktion des Maßstabes abgebildet und gleichzeitig deren reale Ausdehnung<br />

in der Natur, umgerechnet auf das Kartenmaß, dargestellt (Abbildung 5.1-2). Als Beispiel<br />

werden die Breiten von Autobahnen (18 m), Bundesstraßen (10 m) und befestigten Fahrwegen<br />

(5 m) im Kartenmaß den zugehörigen Signaturbreiten lt. Musterblatt TK gegenübergestellt.<br />

2<br />

2<br />

1.8<br />

1.6<br />

ausgezogen:<br />

gerissen:<br />

natürliche Breite im Kartenmaß<br />

Signaturbreite lt. Musterblatt<br />

1.8<br />

1.6<br />

1.4<br />

1.4<br />

Breite in mm<br />

1.2<br />

1<br />

0.8<br />

Breite in mm<br />

1.2<br />

1<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.2<br />

0<br />

10 25 50 100 200<br />

Maßstabszahl in 1000<br />

0<br />

1/200 1/50 1/25 1/10<br />

1/100<br />

Maßstab in 1/1000<br />

(a) Signaturbreite als Funktion der Maßstabszahl<br />

(b) Signaturbreite als Funktion des Maßstabes<br />

Abbildung 5.1-2: Signaturbreite lt. Musterblatt und natürliche Breite im Kartenmaß als Funktion der<br />

Maßstabszahl und des Maßstabes<br />

In der Abbildung 5.1-2(a) der Signaturbreite als Funktion der Maßstabszahl zeigt sich, daß<br />

unabhängig von der Linienbreite sämtliche Kurven der signaturierten Linien wesentlich flacher<br />

verlaufen als die Kurven, welche sich aus den realen Breiten der betrachteten Objekte ergeben.<br />

Damit wird der Generalisierungbedarf veranschaulicht. Für Testzwecke ist eine lineare Interpolation<br />

der Signaturbreiten b s lt. Musterblatt als Funktion der Maßstabszahl m (gerissene<br />

Darstellung) möglich. In der Abbildung 5.1-2(b) der Signaturbreite als Funktion des Maßstabes<br />

fällt der große Unterschied in der Breitenabnahme zwischen Realität und kartographischer<br />

Darstellung vor allem im Bereich 1:10 000 bis 1:50 000 auf.<br />

Untersuchungen von Spiess (1990) zeigen ebenfalls, daß ab dem Maßstab 1:25 000 die Straßen<br />

überdimensioniert werden müssen (siehe Tabelle 5.1-1). Anders verhält es sich mit dem Platzbedarf<br />

von Gebäuden. Da nicht mehr jedes Haus dargestellt wird, sondern nur ausgewählte


5.1. Amtliches Topographisch-Kartographisches Informationssystem (ATKIS) 57<br />

(Stellvertreterprinzip), nimmt bei kleiner werdendem Maßstab die benötigte Fläche nicht in<br />

ähnlicher Weise wie bei den Straßen zu. Zählt man die Häuser in verschiedenen Karten der<br />

Schweizer Landestopographie aus, so erhält man im Mittel je nach Maßstab nur noch gewisse<br />

Prozentanteile der wirklich vorhandenen Häuser (siehe Tabelle 5.1-2 nach Spiess, 1990b).<br />

Tabelle 5.1-1: Platzbedarf von Straßen in Karten verschiedener<br />

Maßstäbe<br />

Tabelle 5.1-2: Anteil dargestellter<br />

Gebäude<br />

Straßenklasse Breite 1:25 000 1:100 000<br />

Maßstab<br />

Anteil<br />

Hauptstraßen 7m - 12m 15m -18m 60m - 70m<br />

Mehrfläche in % 150 - 200 500 - 1000<br />

Quartierstraßen 6m - 9m 12m 50m<br />

Mehrfläche in % 133 - 200 500 - 1000<br />

1:10 000 100%<br />

1:25 000 ≈ 100%<br />

1:50 000 ≈ 70%<br />

1:100 000 ≈ 30%<br />

5.1.3 Verdrängungsbeispiel mit ATKIS-Daten<br />

Nachdem der Verdrängungsalgorithmus an generierten Daten getestet wurde, soll im folgenden<br />

die Anwendung auf ATKIS-Daten (DLM25/1) gezeigt werden. Es stand ein Datensatz der Region<br />

Garbsen bei Hannover zur Verfügung (siehe Abb. 5.1-3a).<br />

Im ersten Schritt müssen mit Hilfe geeigneter Ableitungsregeln die Geometrien der entsprechenden<br />

kartographischen Objekte aus den DLM-Objekten erzeugt werden. Zum Beispiel sind im<br />

Landschaftsmodell die Gleiskörper einer zweispurigen Eisenbahn abgelegt, während die kartographische<br />

Darstellung durch ein einzelnes Linienobjekt erfolgt, dessen Koordinaten abzuleiten<br />

sind. Gleiches gilt für die Signaturierung der Autobahn, die als komplexes Objekt mit den verschiedenen<br />

Fahrbahnen im DLM erfaßt ist. Anschließend wird festgelegt, welche Objekte für die<br />

kartographische Verdrängung von Bedeutung sind. So stellt die Überlagerung von Straßen- und<br />

See-Signatur einen kartographischen Konflikt dar, während die Überdeckung der Wiesenfläche<br />

toleriert werden kann. In der Anwendung ist deshalb zwischen Vorder- und Hintergrundobjekten<br />

zu unterscheiden (siehe Abb. 5.1-3b). Die Koordinaten der Vordergrundobjekte liefern<br />

die Eingangsdaten für den Verdrängungsalgorithmus. Ändern sich die Koordinaten während<br />

der Beseitigung von Überlagerungskonflikten, müssen auch die Koordinaten der benachbarten<br />

Hintergrundobjekte modifiziert werden. Im Beispiel ist der Fluß gleichzeitig Begrenzung einer<br />

Ackerfläche, so daß nach Verdrängung durch die benachbarte Straße auch die Randkoordinaten<br />

der Ackerfläche geändert werden müssen.<br />

In Abbildung 5.1-3c ist der Flächenbedarf sämtlicher Vordergrundobjekte graphisch dargestellt.<br />

Die Berechnung ergibt sich aus Formel (3.2-3). Durch Summation über alle Kartenobjekte kann<br />

für jede Stützstelle die externe Energie E ext bestimmt werden (siehe Abb. 5.1-3d). E ext quantifiziert<br />

die Größe des Konfliktes mit Objekten aus der Nachbarschaft und wird in der Abbildung<br />

5.1-3d durch die Höhe der roten ”<br />

Balken“ veranschaulicht. Liegt E ext unter einem festgelegten<br />

Grenzwert, ist der ”<br />

Balken“ grün darstellt.<br />

Während der iterativen Konfliktlösung wird E ext schrittweise verringert. In Abbildung 5.1-3e<br />

ist die Summe der externen Energien nach jedem Iterationsschritt dargestellt (schwarze Kurve),<br />

wobei über alle Stützstellen sämtlicher Kartenobjekte summiert wurde. Die rote Kurve veranschaulicht<br />

den abnehmenden Energieverlust und ergibt sich aus der Differenz von E ext im aktu-


58 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />

ellen und im vorhergehenden Iterationsschritt. Das Ergebnis der automatisierten Verdrängung<br />

ist in Abbildung 5.1-4 dargestellt. Folgende Größen haben einen Einfluß auf die Berechnung:<br />

Tabelle 5.1-3: Parameter und Steuergrößen für Beispiel Garbsen (siehe Abbildungen 5.1-3, 5.1-4)<br />

Größe Erklärung Wert Eignung für<br />

Steuerung<br />

α Gewicht für Dehnungsterm der inneren Energie 1.0 ja<br />

β Gewicht für Krümmungsterm der inneren Energie 1.0 ja<br />

γ Gewicht der externen Energie 1.0 ja<br />

λ Faktor vor der Einheitsmatrix (Konvergenzfaktor) 1.0 nein<br />

∆<br />

Punktdichte der Zwischeninterpolation; siehe Formel<br />

3.2-5<br />

1.0 nein<br />

dx Schrittweite zur Approximation von E ext 0.1 nein<br />

b S Signaturbreite - nein<br />

h min Mindestabstand 0.2 ja<br />

E min Abbruchschranke 0.1 nein<br />

n I Zahl der Iterationen - nein<br />

Zur Steuerung der Verdrängung werden innere und äußere Energie bewichtet. Höhere innere<br />

Energie (Parameter α, β) unterstützt die Formerhaltung, höhere äußere Energie (Parameter<br />

γ) forciert die Konfliktbeseitigung. Konkrete Zahlenwerte sind maßstabsabhängig festzulegen.<br />

Der Parameter ”<br />

Mindestabstand“ h bestimmt neben der Signaturbreite b S den Konfliktbereich<br />

(siehe Abschnitt 3.2.2) und ist damit ebenfalls zur Steuerung der Verdrängung geeignet. Weitere<br />

Untersuchungen müssen sich auf die Verallgemeinerbarkeit der verwendeten Parameterwerte<br />

konzentrieren (siehe Abschnitt 5.2.2).<br />

Um Praxisrelevanz und -tauglichkeit nachzuweisen, sind Testrechnungen an einem realistischen<br />

Beispiel nicht ausreichend. Für weiterführende Arbeiten wurde deshalb die Kooperation mit<br />

einem Praxispartner gesucht. Konkrete Vorteile bei der Nutzung eines kartographischen Produktionssystems<br />

ergeben sich u.a. bei der Datenverwaltung. So sind durch die Anbindung einer<br />

Datenbank auch größere Datenmengen relativ einfach zu handhaben. Des weiteren standen<br />

Testdaten in verschiedenen Maßstäben zur Verfügung. Die Signaturierung bzw. Ableitung der<br />

Kartengeometrien erfolgte durch Systemfunktionen unter Nutzung eines vorgefertigten Zeichenschlüssels<br />

auf der Basis verschiedener Signaturenkataloge (z.B. ATKIS-SK10, -SK25).<br />

Ein zusätzlicher Aspekt ist die Suche nach ergänzenden Anwendungen für die vorgestellten Verdrängungsansätze.<br />

Der Hauptgrund für eine Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis besteht<br />

allerdings in einem Austausch von gemeinsamen und unterschiedlichen Sichtweisen bei der<br />

Lösung von Automatisierungsaufgaben. Der Hersteller von Anwendungssoftware ist zusätzlich<br />

gezwungen, Schnittstellen zu definieren, Benutzeroberflächen zu entwickeln, die Handhabung<br />

der Parameter zu vereinfachen und die qualitative Bewertung den Anwendungen anzupassen.<br />

Um das Zusammenwirken verschiedener Generalisierungsoperationen zu untersuchen, ist die<br />

Verfügbarkeit eines profesionellen Kartographiesystems unabdingbar.


5.1. Amtliches Topographisch-Kartographisches Informationssystem (ATKIS) 59<br />

a) Ausschnitt TK 50<br />

ATKIS-Datensatz<br />

DLM25/1 (Vektordaten)<br />

b) Darstellung<br />

von Vorder- und<br />

Hintergrundobjekten<br />

(Referenzierung)<br />

c) Modellierung des<br />

Flächenbedarfs der<br />

Kartenobjekte aus<br />

den Vektordaten<br />

(erzeugendes<br />

Verdrängungsgebirge)<br />

d) Abgrenzung und<br />

Recherche der<br />

Konfliktsituationen<br />

(resultierendes<br />

Verdrängungsgebirge)<br />

e) Konfliktlösung durch<br />

Energieminimierung bei<br />

gleichzeitigem Erhalt<br />

der typischen Gestalt<br />

der Linienobjekte<br />

Abbildung 5.1-3: Ablauf der Linienverdrängung mittels Variationsverfahren


60 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />

(a) Vor der Verdrängung<br />

(b) Nach der Verdrängung<br />

Abbildung 5.1-4: Beispiel zur Linienverdrängung mittels Variationsverfahren


5.2. Automatisierte Verdrängung im Maptech-System 61<br />

5.1.4 Behandlung von Kreuzungen und Einmündungen<br />

Um die Liniengestalt im Bereich von Kreuzungen bzw. Einmündungen erhalten zu können,<br />

wird das Verdrängungspotential mit einem Parameter versehen. Das Verdrängungspotential ist<br />

eine Funktion des Abstandes zwischen den Linien, so daß in Kreuzungsbereichen maximale<br />

Werte erzielt werden. Die Folge ist eine Orthogonalisierung der sich (nicht notwendig senkrecht)<br />

schneidenden Linien. Der genannte Parameter muß nun einerseits den Orthogonalisierungseffekt<br />

verhindern, andererseits darf eine Verdrängung der sich kreuzenden Linien durch dritte Objekte<br />

nicht ausgeschlossen werden. Eine Möglichkeit besteht darin, das Verdrängungspotential mit<br />

dem Faktor<br />

{<br />

1 I ≠ J<br />

Γ i (I, J) =<br />

(5.1-1)<br />

0 I = J<br />

zu multiplizieren. Der Index i bezeichnet die Stützstelle, für die das Verdrängunspotential berechnet<br />

wird. Die großen Buchstaben kennzeichnen die Nummern der Linien.<br />

Für die numerische Umsetzung erfolgt zunächst die Bestimmung der an Linienkreuzungen bzw.<br />

-einmündungen beteiligten Stützstellen. Falls die Bedingungen<br />

D 1 D 2 < 0 , D 3 D 4 < 0 mit (5.1-2)<br />

P<br />

3<br />

P<br />

2<br />

P<br />

1<br />

P<br />

4<br />

D 1 = det(P 1 , P 3 , P 4 ) ,<br />

D 2 = det(P 2 , P 3 , P 4 ) ,<br />

D 3 = det(P 3 , P 1 , P 2 ) ,<br />

D 4 = det(P 4 , P 1 , P 2 ) ,<br />

det(P k , P l , P m ) :=<br />

x k x l x m<br />

y k y l y m<br />

1 1 1<br />

,<br />

erfüllt sind, bilden die Strecken P 1 P 2 , P 3 P 4 eine Kreuzung und ihr Schnittpunkt liegt fest<br />

(Bartelme, 1995). Sämtliche Stützstellen P i der Linie I, die innerhalb einer vorgegebenen<br />

Verdrängungstiefe liegen, können nun mit der Nummer der beteiligten Linie J markiert werden.<br />

Damit ist ein Zuwachs des Verdrängungspotentials der beteiligten Stützstellen, hervorgerufen<br />

durch die kreuzende bzw. einmündende Linie, ausgeschlossen.<br />

5.2 Automatisierte Verdrängung im Maptech-System<br />

5.2.1 Einordnung im Programmsystem<br />

Nunmehr wird die Anwendung des vorgestellten Generalisierungsalgorithmus im Rahmen eines<br />

kartographischen Produktionssystems beschrieben. Als Basisprogramm wurde das Mapping-<br />

System der Firma Maptech AG, CH-Horw gewählt, welches aus Sicht des Verfassers zur Zeit die<br />

Standardsoftware auf dem Gebiet der Digitalkartographie darstellt. Zusammen mit dem Maptech-Capturing<br />

und Maptech-Geodaten-Managment ermöglicht das Programmpaket sowohl die<br />

komplette rechnergestützte Herstellung und Fortführung von traditionellen Papierkarten, z.B.<br />

topographische Karten der Landesvermessungsämter, Straßenkarten und Atlanten sowie jede<br />

Art der modernen Bildschirmdarstellung.<br />

Das Capturing-System beinhaltet die Erzeugung digitaler Geodaten auf der Grundlage einer<br />

automatisierten Vektorisierung. Dazu arbeitet das Programm mit Vektordaten, wobei zusätzlich<br />

Rasterbilder und Orthophotos hinterlegbar sind. Die Verwendung der raumbezogenen Daten ist<br />

in den verschiedensten Koordinatensystemen möglich (metrische Koordinaten, Gauss-Krüger-<br />

Koordinaten, Geographische Koordinaten etc.).<br />

Das Geodaten-Managment ermöglicht die Verwaltung blattschnittfreier Daten. Durch Integration<br />

der CITRA- und INTERLIS-Schnittstelle werden verschiedene Datenformate unterstützt


62 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />

(Intergraph, SICAD, DXF, EDBS, ...). Mittels Geodaten-Managment ist der parallele Zugriff<br />

verschiedener Bearbeiter auf gleiche Kartenausschnitte gewährleistet (Multi-User-Philosophie).<br />

Dabei sind die aktuell durch einen Benutzer bearbeiteten Elemente für alle anderen gesperrt und<br />

nicht editierbar. Zusätzlich ist die Integration von Sachdaten möglich. Hierfür hat Maptech AG<br />

einen eigenen Datenbankteil entwickelt, das Administrative und Statistische Informationssystem<br />

(ASTIS), in welchem sämtliche Zusatzdaten wie z.B. Gebäudefunktionen, Verkehrsflüsse etc. gespeichert<br />

werden können. ASTIS kann vom Benutzer individuell und beliebig konfiguriert werden<br />

und ist jederzeit erweiterbar. Die Darstellung der Objekte kann von ASTIS abhängig gemacht<br />

werden (Operation/Rules), und eine Einbindung von Textinformationen ist über Links (Queries)<br />

möglich.<br />

Bevor die Beschreibung der Benutzermenüs zur Verwendung der Verdrängungsalgorithmen erfolgt,<br />

ist zunächst eine kurze Erläuterung ausgewählter Bestandteile des Mapping-Systems notwendig.<br />

Hauptmodule sind der Mapimage-Editor, der Map-Publisher, der Zeichenschlüssel- bzw.<br />

Font-Editor und abschliessend der Separations-Editor mit einer Ausgabesteuerung.<br />

Im Map-Publisher erfolgt die Definition eines oder mehrerer Kartenbilder (Mapimages, Legende)<br />

und deren Plazierung auf einseitigen oder innerhalb mehrseitiger Publikationen. Außerdem wird<br />

hier der Darstellungsmaßstab und die Projektionsart der Daten festgelegt. Der Font-Editor dient<br />

zur Konstruktion der Kartensymbolik, dabei können Linien-, Flächen-, Symbol- und Text-Fonts<br />

konstruiert werden. Diese erstellten Basis-Fonts lassen sich im Zeichenschlüssel-Editor beliebig<br />

attributieren und skalieren. Für die Bearbeitung und Fortführung der Kartenbilder wird der<br />

Mapimage-Editor verwendet. Er umfaßt sämtliche Werkzeuge zur Datenmanipulation und ist<br />

damit Kern des Mapping-Systems. Hier werden auch die Generalisierungsroutinen eingebunden.<br />

Im Separations-Editor erfolgt abschließend die Farbseparation für den Plot, die Festlegung der<br />

Rasterweite bei der Ausgabe, sowie die Auswahl von Optionen für Freistellung, Übergriff und<br />

Überdruck.<br />

5.2.2 Parameter zur Steuerung der Verdrängung<br />

Die Integration verschiedener Generalisierungsfunktionen, speziell der Linien- und Flächenverdrängung,<br />

erfolgte im Mapimage-Editor (siehe Abschnitt 5.2.1). In der praktischen Anwendung<br />

wird vom Nutzer ein Menü geöffnet, welches die Auswahl verschiedener Elementarvorgänge<br />

ermöglicht und die Steuerung über Parameter unterstützt (Benutzer-Menü, Abb. 5.2-1).<br />

Die angezeigten Parameter variieren in Abhängigkeit vom ausgewählten Elementarvorgang im<br />

Menü ”<br />

Funktion“. Um Richtwerte (Defaultparameter) für verschiedene Maßstäbe und verwendete<br />

Zeichenschlüssel vorgeben zu können, besteht die Möglichkeit, entsprechende Parameter-Sets<br />

zu laden ( ”<br />

Laden“) oder anzulegen ( ”<br />

Sichern“).<br />

Während die Parameter im oberen Bereich unabhängig von Objekt- bzw. Feature-Gruppen sind,<br />

können im unteren Fenster objektspezifische Größen eingestellt werden, z.B. welche Objekte<br />

verdrängt werden sollen und welche Feature-Gruppen als Hintergrundobjekte zu berücksichtigen<br />

sind. Unter Feature-Gruppen werden dabei Objekte nach inhaltlichen Gesichtspunkten<br />

zusammengefaßt, z.B. Verkehrswege, Gewässer, Waldflächen. So kann eine Steuerung auf verschiedenen<br />

semantischen Ebenen (Feature-Gruppe/ Feature/ Objekt-Display-Gruppe) erfolgen<br />

und je nach Anforderung und Kenntnis allgemeiner gehalten oder speziell angepaßt werden. Jeder<br />

Objekt-Display-Gruppe kann zudem eine Text-Display-Gruppe zugeordnet werden, was für<br />

Anwendungen in der Randbearbeitung oder Textplazierung notwendig ist.<br />

Objektunabhängige Parameter: Unabhängig von den auftretenden Objektarten kann für<br />

die Linienverdrängung das Verhältnis V ext/int = E ext /E int − 1 von interner zu externer Energie<br />

im Intervall [−1, +1] angegeben werden. Der daraus resultierende Parameter g ext = 1 + V ext/int<br />

entspricht einem Gewichtsfaktor der externen Energie in den Gleichungen (3.3-4), (3.3-5).


5.2. Automatisierte Verdrängung im Maptech-System 63<br />

✡<br />

✲<br />

Abbildung 5.2-1: Benutzer-Menü für verschiedene Generalisierungsfunktionen<br />

Im Grenzfall V ext/int = −1 erfolgt keine Gestaltsänderung (E int = max). Einem ausgeglichenen<br />

Verhältnis zwischen beiden Energien entspricht die Standardeinstellung V int/ext = 0. Außerdem<br />

kann die ”<br />

erweiterte Behandlung“ von Kreuzungen und Einmündungen (siehe Abschnitt 5.1.4)<br />

unterdrückt werden.<br />

Für die Flächenverdrängung ist die Schrittweite des Greedy-Algorithmus einstellbar (siehe Abschnitt<br />

3.3.4). Zusätzlich besteht die Möglichkeit, einen maximalen Verschiebungsbetrag festzulegen.<br />

Der Bewegungsbereich von Flächenobjekten ist damit eingegrenzt.<br />

Objektabhängige Parameter: Die objektabhängigen Parameter können sowohl auf Feature-<br />

Gruppen-Ebene (z.B. Verkehrswege) als auch individuell für einzelne Objekt-Display-Gruppen<br />

(z.B. Str. Autostraße, normal) festgelegt werden. Dazu sind mit dem Button Editieren ...“ (siehe<br />

”<br />

Abbildung 5.2-1) die entsprechenden Menüs aufzurufen. Eine Modifikation des Mindestabstandes<br />

ist dann sowohl für Linien- als auch für Flächenobjekte möglich. Mittels Verdrängungswirkung“<br />

”<br />

kann angegeben werden, ob das Objekt im Verdrängungsprozeß zu berücksichtigen ist oder eine<br />

Überlagerung durch andere Objekte toleriert wird.<br />

Abbildung 5.2-2: Objektabhängige Parameter für Linien- und Flächenverdrängung


64 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />

Um die Verdrängung der Objekte entsprechend ihrer Bedeutung steuern zu können, erhält jedes<br />

Objekt ein Attribut ”<br />

Priorität“ P ɛ [0, 9]. Damit wird die Beweglichkeit der Objekte in der<br />

Karte festgelegt. Objekte hoher Bedeutung sollten nur bedingt in ihrer Lage verändert werden<br />

und besitzen daher geringe Verdrängungspriorität. Im Extremfall P = 0 kann eine Verdrängung<br />

auch unterbunden werden.<br />

Bei der praktischen Umsetzung wird die iterative Bearbeitung der Kartenobjekte ausgenutzt.<br />

Wie im Abschnitt 3.3.1 und 3.3.4 erläutert, werden Objekte jeweils nur um kleine Beträge verdrängt.<br />

Vor jedem Iterationsschritt wird jetzt anhand der Priorität P entschieden, ob das Objekt<br />

verdrängt werden muß. Die Priorität interpretiert man dazu als Häufigkeit einer möglichen Verdrängung.<br />

Nach dem Ziehen einer Zufallszahl z aus dem Prioritätsintervall [P min , P max ] = [0, 9]<br />

wird verglichen, ob diese kleiner ist als die Verdrängungspriorität P des aktuellen Objektes.<br />

Besitzt ein Objekt die Priorität P = 0, so kann die Zufallszahl nie kleiner sein und das Objekt<br />

ändert weder seine Position noch seine Form. Die Bewichtung der Kartenobjekte kann den<br />

Anwendungen beliebig angepaßt werden.<br />

Formparameter: Die innere Energie besteht aus zwei Termen mit den Gewichten α und β<br />

(siehe Abschnitt 3.2.2). Diese bewichten veränderte Stützstellenabstände bzw. Abweichungen<br />

der Linienkrümmung im Laufe der Verdrängung. In einfachen Fällen erfolgt die Steuerung für<br />

alle Linienobjekte mit den gleichen Parametern. Größere Gewichte sorgen dabei für Linien mit<br />

starker innerer Bindung.<br />

Außerdem kann man die Parameter für Linien verschiedener Bedeutung individuell festlegen. Dadurch<br />

würden die Gewichte des inneren Potentials ebenfalls zu semantischen Steuerparametern.<br />

Des weiteren können die Parameter während der Iteration geändert werden, um z.B. die Bewegungsfreiheit<br />

schrittweise zu verringern. Schließlich ist es möglich, das Krümmungsverhalten<br />

von Objektteilen einer Linie zu beeinflussen, indem die Parameter nicht als Konstante, sondern<br />

als Funktionen der Bogenlänge α = α(s) bzw. β = β(s) verwendet werden. In den praktischen<br />

Anwendungen wurde bisher mit konstanten, objektunabhängigen Formparametern gearbeitet.<br />

5.2.3 Ergebnisse und Beispiele<br />

Linienverdrängung: In Abbildung 5.2-3 ist die Linienverdrängung für einen Kartenausschnitt<br />

im Maßstab 1:25 000 dargestellt. Die Rechenzeit beträgt auf einer IBM Workstation, RISC-6000,<br />

Modell 43P/140, 200 MHz, etwa 30 sec. - Die Bearbeitung erfolgt im Batch-Betrieb.<br />

Problematisch ist die Abhängigkeit des Algorithmus vom Strukturierungsgrad der Daten. So<br />

wird erwartet, daß Anfangs- bzw. Endpunkte von Linienobjekten an Kreuzungen oder Einmündungen<br />

liegen, da bei Verwendung des Variationsverfahrens die Verschiebung der Randwerte Null<br />

ist (siehe Abschnitt 3.2.3). Erfolgte die Linienbildung nicht ausschließlich unter geometrisch -<br />

topologischen Gesichtspunkten, sondern auch unter Berücksichtigung inhaltlicher Aspekte (z.B.<br />

Änderung des Strassennamens), sollte zunächst eine Vorverarbeitung mit geeigneter Objektbildung<br />

durchgeführt werden. Im Beispiel 5.2-3 ist die Verdrängung ohne Vorverarbeitung dargestellt.<br />

Die Verdrängung von sich kreuzenden Linien durch dritte Objekte wäre möglich, solange die<br />

Kreuzung nicht gleichzeitig einen Randpunkt der Linien darstellt. Eine gegenseitige Verdrängung<br />

von Linien im Kreuzungsbereich ist ausgeschlossen (siehe Abschnitt 5.1.4). Für Einmündungen<br />

ist eine Verdrängung durch dritte Objekte nicht umsetzbar, da zumindest ein fester Anfangspunkt<br />

vorliegt. Um auch hier eine Verdrängung zu ermöglichen, müßte eine Erweiterung des<br />

Algorithmus für verkettete Snakes erfolgen (Fua, 1996).


dergersdorf<br />

chtshausen<br />

5.2. Automatisierte Verdrängung im Maptech-System 65<br />

Waldhäuser<br />

2<br />

Großopitz<br />

Tharandt<br />

Somsdorf<br />

Freital<br />

4 1<br />

1<br />

HAINSBERG<br />

COSSMANNSDOR<br />

dergersdorf<br />

chtshausen<br />

Waldhäuser<br />

2<br />

Lübau<br />

(a) Situation vor der Verdrängung<br />

Großopitz<br />

Tharandt<br />

Somsdorf<br />

Freital<br />

4 1<br />

1<br />

Spechtritz<br />

HAINSBERG<br />

COSSMANNSDOR<br />

Lübau<br />

(b) Situation nach der Verdrängung<br />

Spechtritz<br />

Abbildung 5.2-3: Beispiel zur automatisierten Generalisierung von Linienobjekten, Maßstab 1:250 000,<br />

( c○Verlag Kümmerly+Frey, 1999)


66 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />

Flächenverdrängung: In der praktischen Anwendung sollte auch hier zunächst eine Datenanalyse<br />

bzw. -aufbereitung durchgeführt werden. So ist z.B. für eine automatisierte Gebäudeverdrängung<br />

zwischen einfachen Gebäudegrundrissen und komplexen Gebäuden in Innenstadtbereichen<br />

zu unterscheiden.<br />

Nach dem derzeitigen Stand werden Gebäudegrundrisse nicht im Basis-DLM vorgehalten, d.h.<br />

man ist bei der Visualisierung von ATKIS-Daten gezwungen, zusätzliche Quellen zu verwenden.<br />

Für Gebäude kommt im wesentlichen der Datenbestand des Amtlichen Liegenschaftskatasters<br />

(ALK) in Frage. Da dieser noch nicht vollständig in digitaler Form vorliegt, werden die Kartenoriginale<br />

der TK10 gescannt. Aus diesen extrahiert man Relief und Gebäudegrundrisse mit Hilfe<br />

automatisierter Verfahren der Vektorisierung und Mustererkennung. Dazu kann das Maptech-<br />

Capturing verwendet werden. Das Ergebnis ist in Abbildung 5.2-5(a) dargestellt und entspricht<br />

der Eingangssituation für eine automatisierte Flächenverdrängung.<br />

Im Vergleich zur Linienverdrängung ist die Flächenverdrängung zeitintensiver, z.B. für mittlere<br />

Ortschaften (ca. 300 Gebäude) beträgt die Rechenzeit etwa 1,5 min. - Hauptursache ist<br />

der Unterschied in der Bestimmung der externen Energie. Während die Konfliktrecherche für<br />

Linienobjekte auf Abstandsberechnungen basiert, sind für die Flächenobjekte zeitaufwendigere<br />

Flächenberechnungen durchzuführen. In Abbildung 5.2-5 sind Screenshots des Mapimage-<br />

Editors vor und nach der Verdrängung von Gebäudegrundrissen dargestellt.<br />

Kombinierte Linien- und Flächenverdrängung:<br />

Für die Kombination von Generalisierungsfunktionen<br />

steht im Mapimage-Editor ein Benutzermenü zur Erzeugung<br />

und Verwaltung von sogenannten Joblisten zur<br />

Verfügung (siehe Abbildung 5.2-4). Dort können verschiedene<br />

Generalisierungs-Sets in Abhängigkeit von Maßstab<br />

und Kartentyp zu Joblisten zusammengefaßt werden. Jedes<br />

Generalisierungs-Set ist gekennzeichnet durch die Generalisierungsfunktion<br />

bzw. den Elementarvorgang und<br />

zugehörige Parameter.<br />

Für die sequentielle Durchführung verschiedener Generalisierungsfunktionen<br />

ist die Aufstellung bestimmter Hierarchien<br />

unerläßlich. Im Beispiel der kombinierten Verdrängung<br />

(siehe Abb. 5.2-6) erfolgte zunächst die Linienund<br />

anschließend die Flächenverdrängung.<br />

Abbildung 5.2-4: Joblisten<br />

Bevor aussagekräftige Erfahrungen über die Kombination von Generalisierungsfunktionen gesammelt<br />

werden können, sind zunächst weitere Generalisierungsalgorithmen zu implementieren.<br />

Zusammenfassung: Der vorgestellte Algorithmus zur Linien- und Flächenverdrängung nach<br />

dem Prinzip der Energieminimierung liefert zufriedenstellende Resultate. Wesentliche Ergebnisse<br />

sind:<br />

• Durch geeignete Wahl der inneren Energie wird die charakteristische Form bei der Verdrängung<br />

von Linienobjekten erhalten.<br />

• In der Flächenverdrängung kann durch Anwendung einer Heuristik, welche für jedes Objekt<br />

eine individuelle Nachbarschaft berücksichtigt, der Algorithmus um ein Vielfaches<br />

beschleunigt werden.<br />

• Die Steuerung der Verdrängung ist auf verschiedenen semantischen Stufen möglich (Objekt-<br />

Display-Gruppen-Ebene, Feature-Ebene, Feature-Gruppen-Ebene).


5.2. Automatisierte Verdrängung im Maptech-System 67<br />

K137<br />

(a) Situation vor der Verdrängung<br />

K137<br />

(b) Situation nach der Verdrängung<br />

Abbildung 5.2-5: Beispiel zur automatisierten Verdrängung von Gebäudegrundrissen, Maßstab<br />

1:10 000, ( c○Landesvermessungsamt Sachsen, 1999)


68 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />

S156<br />

S156<br />

BERTHELSDORF<br />

(a) Situation vor der Verdrängung<br />

S156<br />

S156<br />

BERTHELSDORF<br />

❏<br />

❏<br />

❏<br />

❏<br />

❏<br />

❏<br />

❏<br />

❏<br />

❅<br />

(b) Situation nach der Verdrängung ❅ ❏<br />

❅ ❏<br />

Abbildung 5.2-6: Beispiel zur Generalisierung von Linien- und Flächenobjekten, Maßstab 1:25 000,<br />

( c○Landesvermessungsamt Sachsen, 1999)<br />

❏❪<br />

❏<br />

❏<br />

❅❅■<br />

❅<br />

❅<br />

❏<br />

❏<br />

❏<br />

❅<br />

❅<br />

❅<br />

❅<br />

❅<br />

❅<br />


5.2. Automatisierte Verdrängung im Maptech-System 69<br />

Für die weitere Arbeit sind außerdem folgende Punkte zu berücksichtigen:<br />

• In Abhängigkeit von den Eingangsdaten ist für die Linienverdrängung unter Umständen<br />

eine Vorverarbeitung notwendig, da die Wahl der Randwerte das Ergebnis wesentlich beeinflußt.<br />

• Bei der Flächenverdrängung wird die Lage der Objekte wenig geändert, da Verdrängungen<br />

prinzipiell klein gehalten werden. Eine explizite Modellierung der relativen Lage, z.B.<br />

mittels Delaunay-Triangulation, wäre zusätzlich hilfreich.<br />

• Das Zusammenwirken mit anderen Generalisierungsoperationen ist zu entwickeln.<br />

Wie zu erwarten war, können nicht alle Überlagerungskonflikte durch Verdrängungsoperationen<br />

beseitigt werden. Offensichtlich wird dies in Abbildung 5.2-5 am größeren Gebäude in der rechten<br />

Bildhälfte. In diesen Fällen sind andere Elementarvorgänge der Generalisierung interaktiv oder<br />

automatisiert anzuwenden. Weitere Untersuchungen zeigen, daß der Energieminimierungsansatz<br />

auch in der Formvereinfachung von Gebäudegrundrissen anwendbar ist (Minks, 1999).<br />

Zusammenwirken von Forschung und Anwendung: Die praxisreife Umsetzung automatisierter<br />

Verdrängungslösungen mit Software der Firma Maptech AG läßt verschiedene Schlußfolgerungen<br />

für eine Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis zu. Da Grundlagenforschungen<br />

sehr zeitaufwendig ist, können diese nur in eingeschränktem Maße durch die Industrie geleistet<br />

und finanziert werden. Vielfach wird hier versucht, auf vorhandenen Lösungsansätzen aufzubauen.<br />

So steht in der Praxis die Anwendbarkeit im Vordergrund, während in der Wissenschaft die<br />

Suche nach neuen Ansätzen favorisiert wird. Folgende Arbeiten werden durch die Wissenschaft<br />

geleistet: Am Anfang der Forschung steht meist die Recherche vorhandener Ansätze mit der<br />

Abgrenzung von Vor- und Nachteilen. Anschließend folgt die Suche nach geeigneten Modellen<br />

zur Problembeschreibung. Letztlich werden Algorithmen zur Problemlösung entwickelt.<br />

In einer zweiten Phase überschneiden sich die Interessenbereiche von Forschung und Praxis, so<br />

daß hier im optimalen Fall eine enge Zusammenarbeit stattfindet. Während die Wissenschaftler<br />

für den Nachweis der Anwendbarkeit Tests mit realistischen Daten benötigen, ist die Industrie<br />

an der Nutzung vorhandener Forschungsergebnisse interessiert. Dazu erfolgt in der Regel<br />

die Entwicklung eines Prototyps. Wird die Forschung anwendungsorientiert durchgeführt, kann<br />

die Zusammenarbeit mit der Praxis vielfach Impulse für zukünftige wissenschaftliche Arbeiten<br />

liefern. Die Nutzung kommerzieller Systeme unterstützt weiterhin die Verwaltung realistischer<br />

Daten (Nutzung von Datenbanken) und die Präsentation der Ergebnisse. Im Beispiel der kartographischen<br />

Generalisierung ist hier die Signaturierung der vielfältigen Kartenobjekte und die<br />

Berücksichtigung verschiedener Zeichenebenen (Drawlevel) zu nennen. Der Praxispartner liefert<br />

Schnittstellen für den Datenaustausch. Dazu muß möglichst konkret spezifiziert werden, welche<br />

Informationen der Algorithmus benötigt. Die Implementierung erfordert sowohl vom Praxispartner<br />

als auch vom Entwickler größere Anpassungsleistungen. Gemeinsam erfolgt schließlich die<br />

Lösung zusätzlich aufgetretener Probleme.<br />

Die letzte Stufe umfaßt die Integration der Algorithmen im System. Dazu werden Daten und Parameter<br />

in der Datenbank umgesetzt, die Quelltexte unter Verwendung vorhandener Funktionen<br />

oder Makros angepaßt und Benutzermenüs für die Bedienung erzeugt. Vielfach ist für die Integration<br />

im System eine Erweiterung der Funktionalität notwendig bzw. die Wechselwirkung mit<br />

anderen Programmteilen zu implementieren. Im Fall der Generalisierung muß das Zusammenspiel<br />

unterschiedlicher Generalisierungsoperationen entwickelt werden. Schließlich sind umfangreiche<br />

Tests durchzuführen und die Dokumentation zu schreiben. Nicht zuletzt garantiert der<br />

Hersteller den Support der vertriebenen Software. Dazu gehören die Installation vor Ort und<br />

die Einarbeitung der Kunden mit Schulungen, die Beseitigung aufgetretener Fehler sowie die<br />

Softwarepflege und -weiterentwicklung mit der Berücksichtigung kundenspezifischer Probleme.


70 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />

Auf Grund gewonnener Erfahrungen und obiger Einteilung ist festzustellen, daß Entwicklungsarbeiten<br />

im Bereich der wissenschaftlichen Forschung herstellerneutral zu realisieren sind. Der<br />

Aufwand an der Gesamtherstellung beträgt etwa 30 bis 50%. Sowohl für die Prototypenentwicklung<br />

als auch die Integration im System ist eine enge Zusammenarbeit mit dem Praxispartner<br />

unabdingbar. Das heißt, spätestens nach der Hälfte des Entwicklungszeitraumes erfolgt die Einschränkung<br />

auf ein konkretes System. Noch ungünstiger ist das Verhältnis bei der Umsetzung<br />

von Steueralgorithmen zur Handhabung verschiedener Generalisierungsoperationen, die einander<br />

bedingen, da hier eine Simulation ohne realistische Daten und relevante Teilergebnisse nicht<br />

möglich sind.<br />

5.2.4 Automatisierte Randbearbeitung<br />

Mit Hilfe einer automatisierten Randbearbeitung ist die effektive Ableitung beliebiger Kartenausschnitte<br />

aus blattschnittfreien Daten möglich. Dafür sind Texte und Symbole, welche durch<br />

den Kartenrand abgeschnitten werden, geeignet zu modifizieren. Texte werden entsprechend der<br />

Bedeutung und Lage des zu beschriftenden Objektes entweder im Kartenausschnitt plaziert oder<br />

ausgeblendet. Die Plazierung erfolgt dabei unter Berücksichtigung der unmittelbaren Umgebung.<br />

Symbole in Randlagen werden nicht verschoben, sondern in Abhängigkeit von ihrer Bedeutung<br />

und der Anwenderkonfiguration ausgeblendet.<br />

Die automatisierte Randbearbeitung stellt eine praktische Anwendung der Verdrängung im Konzept<br />

der Energieminimierung dar. Andere Anwendungsmöglichkeiten der Energieminimierung<br />

sind die Schriftplazierung (Richter, 1997) oder die Formvereinfachung von Gebäudegrundrissen<br />

(Minks, 1999). Gemeinsam ist allen Anwendungen die Verwendung einer Gesamtenergiefunktion<br />

mit innerem und äußerem Anteil (siehe Abschnitt 3.2.1), wobei die äußere Energie<br />

zu beseitigende Konflikte beschreibt (z.B. Überlagerungen mit dem Kartenrand, Konflikte mit<br />

anderen Textobjekten, zu kurze Gebäudekanten, etc.) und die innere Energie versucht, die relative<br />

Lage (z.B. von Gebäuden, Texten) oder charakteristische Formen (z.B. Fluß, Straße) zu<br />

erhalten.<br />

Bei hoher Kartenbelastung kann nicht immer eine Plazierung der Texte im Kartenausschnitt<br />

generiert werden. In diesen Fällen wird die Identifikationsnummer des Textes in einer ”<br />

Select-<br />

From-File“-Datei (SFF-Datei) gespeichert. In solchen Dateien sind u.a. problembehaftete Objekte<br />

registriert, die später am Bildschirm hervorgehoben dargestellt werden. Zur Unterstützung<br />

der interaktiven Nachbearbeitung werden diese Texte automatisch editiert und sind anschließend<br />

einfach manuell abzuarbeiten.<br />

Die Textplazierung erfolgt in Abhängigkeit vom Geometrietyp des zu beschriftenden Objektes,<br />

wobei zunächst zwischen Beschriftung von Linien- und Flächenobjekten unterschieden wird. Des<br />

weiteren beeinflußt die relative Lage des Textes zum Objekt die Art der Plazierung. So können<br />

jeweils drei weitere Unterkategorien festgelegt werden, falls sich der Text innerhalb oder außerhalb<br />

des Objektes befindet bzw. dieses überlagert. Punktobjekte (wie z.B. Ortschaftssymbole)<br />

werden durch den Beschriftungstyp ”<br />

Flächenobjekt - Beschriftung außerhalb“ abgedeckt, da<br />

jedes sichtbare Kartenobjekt eine nicht zu vernachlässigende Ausdehnung besitzt.<br />

Konflikterkennung:<br />

Für die Konflikterkennung wird aus den Koordinaten des Kartenrandes ein Flächenobjekt erzeugt,<br />

welches den im Map-Publisher festgelegten Kartenausschnitt in Bandform begrenzt (siehe<br />

Abbildung 5.2-7). Mit Hilfe der Parameter ” Äußerer Rand“/ ”<br />

Innerer Rand“ kann der Bereich<br />

festgelegt werden, in dem keine Texte liegen dürfen. Für die Plazierung in der Karte ist u.a. zu<br />

entscheiden, ob das zu beschriftende Objekt im Ausschnitt liegt. Befindet sich das Objekt im


5.2. Automatisierte Verdrängung im Maptech-System 71<br />

Abbildung 5.2-7: Flächenrandobjekt für die automatisierte Randbearbeitung<br />

Randbereich oder außerhalb, wird der zugehörige Text ausgeblendet. Der Randbereich kann für<br />

Objekte mit dem Parameter ”<br />

Innerer Rand (Objekt)“ abweichend vom Randbereich für Texte<br />

festgelegt werden. Wird der Parameter ”<br />

Innerer Rand (Objekt)“ kleiner als der Parameter ”<br />

Innerer<br />

Rand“ gewählt oder Null gesetzt, kann z.B. eine Beschriftung von Ortschaften erfolgen, die<br />

zwar im Kartenausschnitt, aber auch im Randbereich für Texte liegen. Eine andere Möglichkeit<br />

wäre, die Plazierung in Abhängigkeit vom prozentualen Flächenanteil des Objektes im Kartenausschnitt<br />

festzulegen, z.B. so, daß eine Beschriftung erfolgt, wenn mehr als 50 % des Objektes<br />

im Ausschnitt liegt.<br />

Die Konflikterkennung für Texte und Symbole basiert analog der Flächenverdrängung auf der<br />

Berechnung von Überlagerungsflächen. Dazu erfolgt eine Verschneidung von Textbox oder Boundingbox<br />

der Symbole mit dem Flächenrandobjekt. Im Falle einer Textplazierung müssen zusätzlich<br />

die Texte, Symbole und Hintergrundobjekte der Nachbarschaft berücksichtigt werden.<br />

Unter Hintergrundobjekten werden dabei alle sonstigen, sich im Kartenausschnitt befindenden<br />

Signaturen zusammengefaßt, die bei einer Textplazierung nicht überdeckt werden dürfen. Der<br />

entsprechende Parameter kann auf Feature-Gruppen-Ebene (FG; z.B. Verkehrswege, Gewässer,<br />

...) oder individuell für jede Objekt-Display-Gruppe (ODG) festgelegt werden. Dazu wird mit<br />

dem ”<br />

Neu“-Button ein Auswahl-Menü geöffnet, in welchem die entsprechenden FG oder ODG<br />

markiert werden. Die gewählten FG/ODG erscheinen im Fenster ”<br />

Objekt-Display-Gruppen /<br />

Text-Display-Gruppen“. Nach dem Aktivieren des ”<br />

Editieren ...“- Buttons können deren objektspezifische<br />

Parameter verändert werden (siehe Abb. 5.2-8). Bei eingeschalteter ”<br />

Verdrängungswirkung“<br />

wird eine Überlagerung durch Texte verhindert.<br />

Abbildung 5.2-8: Objektspezifische Parameter bei der Randbearbeitung


72 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />

Plazierung unter Berücksichtigung der Nachbarschaft:<br />

Die Modellierung der Texte erfolgt durch Zuordnung einer Standlinie, des Bezugspunktes, sowie<br />

der Angabe von Länge und Höhe der Textbox, d.h. eine Modellierung auf Buchstabenebene findet<br />

nicht statt. Die Standlinie kann dabei explizit vorgegeben werden oder über das zu beschriftende<br />

Objekt zugeordnet sein (z.B. Mittelachse einer Straße). Damit sind die Freiheitsgrade für die<br />

Textplazierung festgelegt.<br />

So kann eine Beschriftung von Linienobjekten nur erfolgen, wenn die Standlinie über das zu<br />

beschriftende Objekt und nicht explizit vorgegeben wird. Bei der Linienbeschriftung muß des<br />

weiteren zwischen innerem und äußerem Text unterschieden werden. Beispiele für inneren Text<br />

sind die Straßennamen oder die Beschriftung breiter Gewässer, während äußerer Text bei schmalen<br />

Flüssen benutzt wird. Der Hauptunterschied besteht darin, daß sich der innere Text der<br />

Mittelachse vollständig anpaßt, während der äußere Text einer stärkeren Glättung unterliegen<br />

kann. Implementiert wurde die Beschriftung mit innerem Text.<br />

Für die Beschriftung von Flächenobjekten kann innerer, äußerer oder überlagernder Text unterschieden<br />

werden, wobei letzterer das zu beschriftende Objekt berühren darf (z.B. Beschriftung<br />

öffentlicher Gebäude). Innerer Text muß vollständig in der zu beschriftenden Fläche liegen (z.B.<br />

Bezeichnung von Seen, Landschaften) und äußerer Text sollte einen gewissen Mindestabstand<br />

einhalten (z.B. Beschriftung von Ortschaften, sonstige punktförmige Objekte). Realisiert sind<br />

bis jetzt die Beschriftung mit äußerem und überlagerndem Text.<br />

Die Konfliktlösung erfolgt in zwei Schritten. Zunächst wird eine geeignete Grobplazierung des<br />

Textes durchgeführt, anschließend erfolgt die Feinplazierung analog zur Verdrängung von Flächen<br />

mit festem Rand mittels Greedy-Algorithmus (siehe Abschnitt 3.3.4). Die Art der Grobplazierung<br />

ist abhängig vom Typ des zu beschriftenden Objektes. Für die Linienbeschriftung wird<br />

der längste Abschnitt der Standlinie im Kartenausschnitt verwendet und der Bezugspunkt so<br />

gewählt, daß der Text vollständig im Ausschnitt liegt. Zur Grobplazierung der Texte bei der<br />

Beschriftung von Flächenobjekten wird auf einem Raster um den Schwerpunkt des Objektes die<br />

bezüglich der gewichteten Überlagerungsflächen günstigste Position ausgewählt.<br />

Das verwendete Raster ist durch die Parameter ”<br />

Iterationstiefe“ und ”<br />

Schrittweite für Vorauswahl“<br />

aus dem modulspezifischen Konfigurationsfile festgelegt. Die Anzahl der Kandidaten z K<br />

ergibt sich dabei entsprechend der Iterationstiefe t aus z K = 8·∑t<br />

n=1 n. Für t = 1 entspricht dies<br />

der 8-Nachbarschaft. Die Bewichtung der Überlagerungsflächen ist in Grob- und Feinplazierung<br />

identisch.<br />

Die Feinplazierung erfolgt durch Iteration über alle Texte in Randlagen mittels Greedy-Algorithmus,<br />

wobei sich die Bewertungsfunktion aus den Gesamtenergien der einzelnen Texte zusammensetzt.<br />

Die Gesamtenergie eines Textes resultiert aus Addition der gewichteten Überlagerungsflächen<br />

zuzüglich einer Abstandsenergie. Die überdeckten Flächen werden dabei analog<br />

zur Verdrängung von Flächen mit festem Rand ins Verhältnis zur Fläche des plazierten Textes<br />

gesetzt.<br />

Am stärksten gewichtet werden Randüberlagerungen. Ebenfalls stark bewertet sind die Überlagerungen<br />

von Texten untereinander. Weniger stark gewichtet werden Überlagerungen von Hintergrundobjekten<br />

einschließlich Symbolen. Als Richtgrößen können g rand : g text : g back = 100 : 10 : 1<br />

verwendet werden. Die Abstandsenergie wird bei der Beschriftung mit äußerem Text benötigt,<br />

um die Distanz zwischen Text und Objekt möglichst klein zu halten, wobei ein gewisser Mindestabstand<br />

nicht zu unterschreiten ist.


5.2. Automatisierte Verdrängung im Maptech-System 73<br />

Steuerung und Parameter:<br />

In analoger Weise zur Verdrängung von Linien- und Flächenobjekten kann auch in der automatisierten<br />

Randbearbeitung zwischen objektunabhängigen und objektspezifischen Parametern unterschieden<br />

werden. Zu den objektunabhängigen Größen zählen die Parameter Äußerer Rand“,<br />

”<br />

” Innerer Rand“ und Innerer Rand (Objekt)“, welche den Randbereich für Texte und Symbole<br />

”<br />

einerseits bzw. zu beschriftende Objekte andererseits kennzeichnen. Der Anwender kann weiterhin<br />

entscheiden, ob eine Konfliktbeseitigung durch Verschieben“ der Texte vorgenommen<br />

”<br />

werden soll oder ob lediglich alle Texte in Randlagen auszuschalten sind. Mit dem Parameter<br />

Erweiterte Konfliktbeseitigung“ wird festgelegt, inwieweit Texte, die nicht im Randbereich liegen,<br />

trotzdem ausgeblendet werden, falls sich die zugeordneten Objekte partiell oder vollständig<br />

”<br />

im Randbereich befinden.<br />

Der ”<br />

Mindestabstand zwischen Texten“ bestimmt den Freistellungsraum eines Textes. Der ”<br />

Maximalabstand<br />

zwischen Text und Objekt“ soll einen Grenzwert für die gerade noch mögliche<br />

Zuordnung von Text und Objekt durch den Betrachter liefern. Durch Verschieben von Texten<br />

in den Kartenausschnitt kann bei Platzmangel eine Überlagerung mit anderen Texten oder<br />

Objekten auftreten. Geringfügige Überdeckungen sind unter Umständen zu tolerieren (Angabe<br />

in Prozent, 0.01 = 1%) . Der Parameter ”<br />

Tolerierte Restkonflikte“ bezieht sich aktuell nur auf<br />

Überlagerungen zwischen Texten. Restkonflikte mit Hintergrundobjekten werden akzeptiert und<br />

Überschneidungen mit dem Rand ausgeschlossen.<br />

Abbildung 5.2-9: Benutzer-Menü für die automatisierte Randbearbeitung


74 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />

Objektspezifische Parameter betreffen im wesentlichen die Festlegung, inwieweit Symbole oder<br />

sonstige Kartenobjekte bei der Textplazierung zu berücksichtigen sind oder durch Texte überlagert<br />

werden dürfen. Standardmäßig wird für Symbole und Punktobjekte mit eingeschalteter<br />

Verdrängungswirkung“ gearbeitet, während für Linien- und Flächenobjekte eine Überdeckung<br />

”<br />

zulässig ist.<br />

Der zweite objektspezifische Parameter betrifft die ”<br />

Sichtbarkeit in Randlagen“. So dürfen Punkte<br />

oder Symbole, die sich im Randbereich befinden, nicht verschoben werden. In der Regel werden<br />

sie ausgeblendet, aber in Ausnahmen auch dargestellt (z.B. Ortschaften). Texte im Randbereich<br />

werden in Abhängigkeit von der Objektlage in den Kartenausschnitt verschoben. Hier kann<br />

für untergeordnete Texte explizit festgelegt werden, daß im Falle von Randkonflikten der Text<br />

lediglich auszublenden ist, d.h. keine Plazierung im Kartenausschnitt erfolgt.<br />

Beispiele:<br />

Zur Illustration der vorgestellten automatisierten Randbearbeitung wurden zwei Kartenausschnitte<br />

in verschiedene Anwendungen und Maßstäben abgeleitet. Abbildung 5.2-10 zeigt den<br />

Ausschnitt eines Stadtplanes im Maßstab 1:15 000. Dabei müssen vor allem Straßennamen und<br />

Beschriftungen von öffentlichen Gebäuden verschoben oder ausgeblendet werden.<br />

Im zweiten Beispiel (Abbildung 5.2-11) wurde eine Übersichtskarte im Maßstab 1:250 000 bearbeitet.<br />

Die häufigsten Randkonflikte treten hier bei der Beschriftung von Ortschaften auf. Die<br />

Ergebnisse der automatischen und der manuellen Randbearbeitung sind ähnlich (siehe Abbildung<br />

5.2-12). Nicht bearbeitet werden können z.B. Kilometerangaben, welche sich im Kartenausschnitt<br />

befinden und auszublenden wären, falls sich die zugehörigen Kilometrierungskellen<br />

im Randbereich befinden. Für eine inhaltliche Zuordnung dieser Kartenobjekte sind fehlende<br />

Referenzen in den Basisdaten die Ursache.


5.2. Automatisierte Verdrängung im Maptech-System 75<br />

(a) Plazierte und ausgeblendete Texte und Symbole<br />

(b) Ergebnis der automatisierten Randbearbeitung<br />

Abbildung 5.2-10: Beispiel zur automatisierten Randbearbeitung eines Stadtplanes, Maßstab 1:15 000,<br />

( c○Vermessungsamt Sindelfingen, 1999)


76 Kapitel 5. Praktische Anwendungen<br />

(a) Darstellung der blattschnittfreien Daten<br />

(b) Ergebnis der automatisierten Randbearbeitung<br />

Abbildung 5.2-11: Beispiel zur automatisierten Randbearbeitung einer Übersichtskarte, Maßstab<br />

1:250 000, ( c○Verlag Kümmerly+Frey, 1999)


5.2. Automatisierte Verdrängung im Maptech-System 77<br />

(a) Ergebnis der manuellen Randbearbeitung<br />

(b) Ergebnis der automatisierten Randbearbeitung<br />

Abbildung 5.2-12: Vergleich von manueller und automatisierten Randbearbeitung, Maßstab 1:250 000,<br />

( c○Verlag Kümmerly+Frey, 1999)


78 Kapitel 6. Zusammenfassung und Ausblick<br />

6 Zusammenfassung und Ausblick<br />

In vielen Bereichen ist ein Übergang von analogen zu digitalen Medien zu verzeichnen, wobei<br />

neben der fortschreitenden Entwicklung der Rechentechnik sicher die Nutzung des Internets Katalysatorfunktion<br />

hat. Auch auf dem Gebiet der Kartographie finden sich vielfältige Anwendungen<br />

digitaler Daten. Deshalb wurde anfang der neunziger Jahre das bundeseinheitliche Amtliche<br />

Topographisch-Kartographische Informationssystem aufgebaut. Mittlerweile wird an der Umsetzung<br />

der zweiten Realisierungsstufe für die digitalen Landschaftsmodelle (Basis-DLM, DLM250,<br />

DLM1000) gearbeitet. Digitale kartographische Präsentationen sind ebenfalls in verschiedenen<br />

Maßstäben verfügbar. Unbefriedigend ist der Zustand, daß neben der Fortführung der digitalen<br />

Landschaftsmodelle parallel die kartographischen Präsentationen auf der Basis analoger Karten<br />

laufendgehalten werden müssen. So können die topographischen Karten bisher nicht direkt<br />

aus den digitalen Landschaftsmodellen abgeleitet werden. Hauptgrund ist das Fehlen geeigneter<br />

Software, speziell die eingeschränkte Verfügbarkeit von Algorithmen zur rechnergestützten<br />

Generalisierung und darauf basierender Generalisierungswerkzeuge.<br />

Die Entwicklungen in der Digitalkartographie haben zur Folge, daß die Karte ihre Funktion als<br />

Datenspeicher verloren hat. Digitale Landschaftsmodelle übernehmen diese Aufgabe vollständig.<br />

Gleichzeitig gewinnt eine zweckentsprechende Visualisierung der wachsenden Datenmengen unter<br />

Berücksichtigung traditionell gewachsener Nutzergewohnheiten immer stärker an Bedeutung.<br />

Eine mögliche Lösung verbirgt sich hinter dem Stichwort ”<br />

maps on demand“ (Kartenherstellung<br />

nach Anforderung), wodurch dem Wunsch Rechnung getragen werden soll, Karten individuell<br />

und anwenderspezifisch herzustellen. Die Qualität der Karten wird dadurch zweifelsohne erhöht,<br />

da diese, wie im Abschnitt 2.1.2 dargelegt, aus der Brauchbarkeit in der Anwendung resultiert.<br />

Der Wunsch nach steigender Aktualität kartographischer Darstellungen unterstreicht schließlich<br />

die Notwendigkeit einer optimierten Herstellung. Der zeitintensivste Abschnitt bei der Ableitung<br />

topographischer Karten ist die Generalisierung. Eine Automatisierung von Teilprozessen<br />

ist deshalb wünschenswert. Vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Automatisierung des<br />

elementaren Generalisierungsvorganges der Verdrängung. Vom Ansatz bis zur Integration im<br />

kartographischen Produktionssystem wird die gesamte Entwicklung detailliert dargestellt.<br />

In der Arbeit wird die Verdrängung von punktförmigen, linienförmigen und flächenhaften Objekten<br />

unterschieden. Zentrale Stellung nimmt dabei die Linienverdrängung ein, da Linienobjekte<br />

in topographischen Karten dominieren, Flächen durch ihre Umrandung vollständig beschrieben<br />

werden können und Punkte gewissermaßen die Bausteine sind, aus denen sich Linien bei der<br />

Verwendung von Vektordaten zusammensetzen. Zur Beschreibung von Linien hat sich in vielen<br />

Bereichen die Verwendung von Splines durchgesetzt. Splines zeichnen sich durch kompakte<br />

Darstellung aus und ermöglichen die Modellierung beliebig gekrümmter Kurven. Die energieminimierenden<br />

Splines (Snakes) der Bildverarbeitung berücksichtigen zusätzlich formverändernde<br />

äußere Einflüsse. Was liegt näher, als Splines bei der Darstellung von Linienobjekten in Karten<br />

zu verwenden ?<br />

In der kartographischen Verdrängung müssen zum einen Mindestabstände der Linien gegenüber<br />

benachbarten Kartenobjekten eingehalten werden, zum anderen sind Formänderungen infolge<br />

von Verdrängungen möglichst zu vermeiden, da das menschliche Auge gegenüber Formstörungen<br />

empfindlich ist. Die Snakes sind hier das geeignete Modell, da sie den Verformungen durch<br />

äußere Einflüsse entgegenwirken. Die Integration im übergeordneten Prinzip der Energieminimierung<br />

ermöglicht die Lösung der konkurrierenden Ziele als Optimierungsaufgabe. Durch die<br />

sonderfallunabhängige Beschreibung von Verdrängungskonflikten können Zusatzkonstruktionen<br />

vermieden werden.


79<br />

Die äußere Energie wird verwendet, um die Ursache der Verdrängung zu beschreiben. Mit Hilfe<br />

interpolierter Stützpunkte und gleitender Mittelbildung erfolgt die Modellierung einer approximativ<br />

kontinuierlichen Verdrängungswirkung, unabhängig vom Stützstellenabstand. Die innere<br />

Energie erfaßt Längen- und Krümmungsänderungen des Splines bezüglich des ursprünglichen<br />

Zustandes, die sich in Änderungen der ersten und zweiten Ableitung der Koordinaten nach der<br />

Bogenlänge zeigen. Innere und äußere Energie werden im Energie-Integral zusammengefaßt. Die<br />

minimale Gesamtenergie für alle Linien bestimmt man durch Variation des Energie-Integrals.<br />

Die entstehenden Eulerschen Gleichungen werden diskretisiert und iterativ durch Anwendung<br />

der Cholesky-Zerlegung gelöst. Eine alternative Methode zur Energieminimierung mittels Variationsverfahren<br />

wird mit dem Greedy-Algorithmus vorgestellt. Dieser versucht, die Energie jeder<br />

einzelnen Stützstelle durch kleine Verschiebungen zu minimieren. Im Gegensatz zum Variationsverfahren<br />

ist die Wirkungsweise daher eher lokal. Vorteilhafte Anwendungen ergeben sich bei<br />

der Verdrängung von isolierten Objekten, z.B. von Gebäuden oder Schriftboxen.<br />

Die Verdrängung von Punkt- und Flächenobjekten im Konzept der Energieminimierung erfordert<br />

angepaßte innere und äußere Energieterme. Die Berechnung der äußeren Energie für Punktobjekte<br />

kann vergleichsweise einfach über Abstandsberechnungen analog zur Linienverdrängung<br />

erfolgen, wobei die Zwischeninterpolation und gleitende Mittelbildung entfällt. Aufwendiger ist<br />

die Bestimmung der äußeren Energie von Flächenobjekten durch die Berechnung von störenden<br />

Überlagerungsflächen. Für die Einhaltung von Mindestabständen werden die Flächenobjekte vor<br />

der Verdrängung vergrößert. Bei der Modellierung der inneren Energie für Flächenobjekte ist zu<br />

unterscheiden, ob das Objekt als Ganzes verschoben werden muß, d.h. der Rand fest bleibt oder<br />

ob Verschiebungen durch den Rand kompensiert werden können, d.h. Flächen mit beweglichem<br />

Rand vorliegen. Die Berechnung der inneren Energie für Flächenobjekte mit beweglichem Rand<br />

erfolgt analog zur Linienverdrängung, da hier die Form maßgeblich den Wiedererkennungsgrad<br />

beeinflußt. Eine innere Energie für Punktobjekte und Flächenobjekte mit festem Rand muß<br />

die relative Lage der Objekte berücksichtigen. Ein geeignetes Verfahren liefert die Delaunay-<br />

Triangulation.<br />

Zusammenfassend bleibt festzustellen, daß eine Verdrängung von Punkt-, Linien- und Flächenobjekten<br />

im Konzept der Energieminimierung möglich ist. Angepaßte Energieterme und Lösungsverfahren<br />

zur Energieminimierung berücksichtigen die unterschiedliche geometrische Struktur<br />

der Objekte. Aus der Unabhängigkeit von Maßstäben und Sonderfällen ergibt sich die Bedeutung<br />

dieses einheitlichen Grundprinzips.<br />

Ergänzende theoretische Untersuchungen wurden zur Konvergenzbeschleunigung des vorgestellten<br />

Variationsverfahrens durchgeführt. Ein Ergebnis betrifft die Parametrisierung der Splines<br />

mittels Tangentenwinkelfunktion (TAFUS). Die entstehenden Eulerschen Gleichungen können in<br />

Anzahl und auftretender Ableitung reduziert werden. So erhält man anstelle von zwei Gleichungen<br />

4. Ordnung eine Gleichung 2. Ordnung. Erkauft wird diese Vereinfachung durch zusätzliche<br />

Berechnungen bei der Transformation der Richtungsänderungen in kartesische Koordinaten. In<br />

den Anwendungen der Linienverdrängung ergaben sich bisher keine Vorteile. Weiterführende<br />

Arbeiten zur Robustifizierung der TAFUS findet man bei Borkowski und Meier (2001).<br />

Angeregt durch die Arbeit von Cohen und Cohen (1990) wurde des weiteren versucht, die<br />

Lösung der Euler-Gleichungen durch Diskretisierung mittels finiter Elemente zu beschleunigen.<br />

Entsprechend der höchsten vorkommenden Ableitung wurden als Koordinatenfunktionen<br />

B-Splines 2. Ordnung verwendet. Unterschiede zur Diskretisierung mittels finiter Differenzen<br />

betreffen nur die Approximationsgüte der zweiten Ableitungen in den diskretisierten Gleichungen.<br />

In den Beispielrechnungen hatten deshalb die unterschiedlichen Diskretisierungen keine<br />

Auswirkungen.


80 Kapitel 6. Zusammenfassung und Ausblick<br />

Die Entwicklung des automatisierten Verdrängungsverfahrens vom Ansatz bis zur Integration<br />

im kartographischen Produktionssystem erfolgte schrittweise. Zunächst wurde das Verfahren<br />

auf der Basis generierter Daten implementiert und getestet. Anschließend sollte die Anwendung<br />

auf ATKIS-Daten untersucht werden, da dessen Datenstruktur für die Bereitstellung topographischer<br />

Daten in Deutschland verbindlich ist. Dafür war die Ableitung von Kartengeometrien<br />

aus dem DLM25/1-Datensatz notwendig und es mußten entsprechende Kartensignaturen bereitgestellt<br />

werden. Der Verdrängungsalgorithmus lieferte in der Visualisierung der ATKIS-Daten<br />

zufriedenstellende Ergebnisse. Um die Anwendbarkeit in der Praxis nachzuweisen und Hinweise<br />

für weitere Arbeiten in der automatisierten Generalisierung zu erhalten, wurde eine Kooperation<br />

mit der Firma Maptech AG (Schweiz) gesucht. Diese entwickelt Kartographiesoftware, die<br />

u.a. an mehreren Landesvermessungsämtern in Deutschland zur rechnergestützten Herstellung<br />

topographischer Karten verwendet wird.<br />

Die Zusammenarbeit beschränkte sich dabei nicht nur auf die Tests des Verdrängungsansatzes an<br />

realistischen Daten in einem kartographischen Produktionssystem, sondern zusätzlich wurde ein<br />

Werkzeug zur automatisierten Randbearbeitung auf der Basis der vorgestellten Verdrängungsverfahren<br />

implementiert. Die Hauptarbeiten bestanden in der Entwicklung von Datenbankroutinen<br />

zur Bereitstellung notwendiger Parameter (z.B. verwendete Signaturbreiten, Unterscheidung<br />

von Vorder- und Hintergrundobjekten etc.), der Definition von Schnittstellen für den Austausch<br />

von Objektkoordinaten und der Programmierung von Benutzermenüs für die Steuerparameter.<br />

Neben der Unterscheidung von objektabhängigen und objektunabhängigen Parametern ist eine<br />

Steuerung auf verschiedenen semantischen Stufen möglich. Damit können sowohl für das individuelle<br />

kartographische Objekt (z.B. Autobahn) als auch für eine allgemeinere Objektgruppe<br />

(z.B. Verkehrswege) Parameterwerte festgelegt werden.<br />

Während der Prototypenentwicklung haben sich weitere Fragestellungen ergeben. Im Beispiel<br />

der automatisierten Linienverdrängung ist hier die Vorverarbeitung der Linienobjekte zu nennen,<br />

da eine Festlegung der Randwerte entscheidenden Einfluß auf das Ergebnis der Verdrängung hat.<br />

Für die automatisierte Verdrängung von Flächenobjekten mit festem Rand, speziell die Gebäudeverdrängung,<br />

ist die Einführung einer inneren Energie auf der Basis einer Delaunay-Triangulation<br />

wünschenswert. Schließlich stellt sich die Frage nach dem Zusammenwirken mit anderen elementaren<br />

Generalisierungsvorgängen. Im Falle unlösbarer Verdrängungskonflikte müssen weitere Generalisierungsoperationen<br />

zur Anwendung kommen, z.B. Verkleinern, Auswählen etc.<br />

Folgende Erfahrungen resultieren aus der Zusammenarbeit mit der Firma Maptech AG:<br />

Die Entwicklung neuer Produkte ist ohne Grundlagenforschung nicht möglich. Der Aufwand an<br />

wissenschaftlichen Vorarbeiten beträgt zwischen 30 und 50% des Gesamtaufwandes. Dieser Anteil<br />

beinhaltet Lösungsansätze und deren Abgrenzungen zu anderen vergleichbaren wissenschaftlichen<br />

Arbeiten. Für die Prototypenentwicklung ist eine enge Zusammenarbeit von Wissenschaft<br />

und Industrie unerläßlich. Praxisrelevante Tests zur automatisierten Verdrängung können nur<br />

im Rahmen eines kartographischen Produktionssystems durchgeführt werden.<br />

Die Nutzung der automatisierten Verdrängung als Generalisierungswerkzeug erfordert die parallele<br />

Entwicklung anderer Generalisierungsoperationen. Eine Machbarkeitsstudie zur Automatisierung<br />

der Modell- und der kartographischen Generalisierung dient dabei als Konzept für<br />

weitere Entwicklungen. Die Zusammenarbeit mit einem Praxispartner erschließt zusätzliche<br />

Anwendungsfelder; z.B. wurde die automatisierte Randbearbeitung zur Ableitung topographischer<br />

Karten aus blattschnittfreien Daten entwickelt. Weitere Anwendungsmöglichkeiten des<br />

Energieminimierungsprinzips betreffen die Schriftplazierung, sowie Gebäudevereinfachung und<br />

-zusammenfassung, wodurch die Bedeutung dieses Grundprinzips nachhaltig unterstrichen wird.


LITERATUR 81<br />

Literatur<br />

AdV-Konzept (1999). Fortschreibung des AdV-Konzepts für die Modellierung der Geoinformationen<br />

des amtlichen Vermessungswesen. Bearbeitet von der Expertengruppe Datenmodell/Datenaustausch<br />

des AdV-Arbeitskreises Informations- und Kommunikationstechnik.<br />

Bartelme, N. (1995). Geoinformatik - Modelle Strukturen Funktionen. Springer-Verlag, Berlin<br />

Heidelberg.<br />

Bethge, F. (1997). Genauigkeit geometrischer Größen aus Vektordaten. Dissertation. Deutsche<br />

Geodätische Kommission, München, Reihe C, Heft 473.<br />

Bill, R. (1996). Grundlagen der Geo-Informationssysteme Bd. 2 - Analysen, Anwendungen<br />

und neue Entwicklungen. Wichmann-Verlag.<br />

Bill, R. und Fritsch, D. (1991). Grundlagen der Geo-Informationssysteme Bd. 1 - Hardware,<br />

Software und Daten. Wichmann-Verlag.<br />

Bobrich, J. (1996). Ein neuer Ansatz zur kartographischen Verdrängung auf der Grundlage<br />

eines mechanischen Federkraftmodells. Dissertation. Deutsche Geodätische Kommission,<br />

München, Reihe C, Heft 455.<br />

Bollmann, J. (1988). Ansätze zur Automatisierung von kartographischen Konzeptions- und<br />

Gestaltungsprozessen. Wiener Schriften zur Geographie und Kartographie, Band 2, 140–151.<br />

Borkowski, A. (1994). Stochastisch-geometrische Beschreibung, Filterung und Präsentation<br />

des Reliefs. Dissertation. Deutsche Geodätische Kommission, München, Reihe C, Heft 431.<br />

Borkowski, A., <strong>Burghardt</strong>, D. und Meier, S. (1997). Zur optimalen Approximation von<br />

Höhenprofilen. Österr. Zeitschrift für Vermessung und Geoinformation, 281–285.<br />

Borkowski, A., <strong>Burghardt</strong>, D. und Meier, S. (1999). A fast snakes algorithm using the<br />

tangent angle function. Internat. Arch. Photogr. Rem. Sensing 32 (3-2W5), 61–65.<br />

Borkowski, A. und Meier, S. (1999). Versuche zur robusten Snakes-Approximation von<br />

Höhenprofilen mit Diskontinuitäten. Z. Photogrammetrie, Fernerkundung, Geoinformation,<br />

381–390.<br />

Borkowski, A. und Meier, S. (2001). Robustification of tangent angle function snakes. Z.<br />

Photogrammetrie, Fernerkundung, Geoinformation (im Druck).<br />

Brassel, K. (1990). Computergestützte Generalisierung. In: Kartographisches Generalisieren,<br />

Kartographische Publikationsreihe Nummer 10, Herausgegeben von der Schweizerischen<br />

Gesellschaft für Kartographie, 37–48.<br />

Brazile, F. (1997). A proposal for quality evaluation in generalization. Second Workshop on<br />

Progress in Automated Map Generalization, Workshop Notes, Gävle, Sweden.<br />

Brazile, F. (1998). Framework for building quality methods in cartographic generalization.<br />

Proceedings 8 th International Symposium on Spatial Data Handling, Vancouver, Canada.<br />

Brunner, K. (1997). Digitale Techniken in der topographischen Kartographie - Möglichkeiten<br />

und Anwendungen. Mitteilungsblatt DVW-Bayern, 1, 55–71.<br />

Bundy, G. L., Jones, C. B. und Furse, E. (1994). A topological structure for the generalization<br />

of large scale cartographic data. Proceedings of the GIS Research UK, 87–96.


82 LITERATUR<br />

<strong>Burghardt</strong>, D. und Meier, S. (1997a). Cartographic displacement using the snakes concept.<br />

In: Förstner, W.; Plümer, L. (eds.): Semantic Modeling for the Acquisition of Topografic<br />

Information from Images and Maps, Birkhäuser Verlag, Basel, 59–71.<br />

<strong>Burghardt</strong>, D. und Meier, S. (1997b). Kartographische Verdrängung nach Extremalprinzipien.<br />

Z. f. Vermessungswesen, Heft 8, 377–386.<br />

<strong>Burghardt</strong>, D. und Meier, S. (2001). Computer-assisted displacement of map features by<br />

energy minimization. Cartography and Geographic Information Systems, in Vorbereitung.<br />

Buttenfield, B. P. (1985). Treatment of the cartographic line. Cartographica, Vol. 22, No. 2,<br />

1–26.<br />

Buttenfield, B. P. (1991). Map generalization : making rules for knowledge representation.<br />

Longman Scientific & Technical, London.<br />

Christ, F. (1978). A program for the fully automated displacement of point and line features<br />

in cartographic generalisation. Nachrichten aus dem Karten- und Vermessungswesen, Reihe<br />

II, Heft 35, 5–30.<br />

Christ, F. (1979). Ein Programm zur vollautomatischen Verdrängung von Punkt- und Linienobjekten<br />

bei der kartographischen Generalisierung. Internationales Jahrbuch für Kartographie<br />

XIX, 41–63.<br />

Cohen, L. D. und Cohen, I. (1990). A finite element method applied to new active contour<br />

models and 3d reconstruction from cross sections. Proceedings of the 3 rd International<br />

Conference on Computer Vision, Osaka, Japan; IEEE Comput. Soc. Press, Los Alamitos,<br />

587–591.<br />

DIN 55350, Teil 11 (1995). Begriffe zu Qualitätsmanagment und Statistik, Teil 11. Deutsches<br />

Institut für Normierung, Beuth Verlag GmbH.<br />

Douglas, D. H. und Peucker, T. K. (1973). Algorithms for the reduction of the number of<br />

points required to represent a digitized line or its caricature. The Canadian Cartographer,<br />

Vol. 10, No. 2, 112–122.<br />

Ehrliholzer, R. (1995). Quality assessment in generalization: integrating quantitative and<br />

qualitative methods. 17th International Cartographic Conference, Barcelona (E), 2241–2250.<br />

Endrullis, M. (1988). Zur rechentechnischen Lösung von Verdrängungsproblemen in allgemein-geographischen<br />

Karten. Z. Vermessungstechnik, 36. Jg., Heft 10, 344–345.<br />

Fliessbach, T. (1992). Mechanik. Wissenschaftsverlag, Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich.<br />

Frank, A. (1983). Datenstrukturen für Landinformationssysteme - semantische, topologische<br />

und räumliche Beziehungen in Daten der Geo-Wissenschaften. Institut für Geodäsie und<br />

Photogrammetrie an der ETH Zürich, Mitteilungen Nr. 34.<br />

Fua, P. (1996). Model-based optimization : Accurate and consistent site modeling. Internat.<br />

Arch. Photogr. Rem. Sensing, Vol. 31, part B3, 222–223.<br />

Gottschalk, H.-J. (1972). Ein Modell zur automatischen Durchführung der Verdrängung bei<br />

der Generalisierung. Nachrichten aus dem Karten- und Vermessungswesen, Frankfurt a.<br />

M., Reihe I, Heft 58, 21–26.


LITERATUR 83<br />

Grafarend, E. W. und You, R. J. (1995). The newton form of a geodesic in maupertuis<br />

gauge on the sphere and the biaxial ellipsoid I/II. Z. f. Vermessungswesen, Hefte 2 und 10,<br />

69–80/509–521.<br />

Grimm, W. (1993). Eine neue Kartengraphik für das digitale kartographische Modell ’ATKIS-<br />

DKM 25’. Kartographische Nachrichten, Heft 2, 61–68.<br />

Grünreich, D. (1995). Development of computer-assisted generalization on the basis of cartographic<br />

model theory. In: J.-C. Muller, J.-P. Lagrange and R. Weibel (eds.): GIS and<br />

Generalization, Methodology and practice. London and Bristol, Tenn.: Taylor & Francis,<br />

47–55.<br />

Grünreich, D. (1996). Workshop über ”<br />

Progress in Automated Generalization“. Kartographische<br />

Nachrichten, Heft 2, 68–70.<br />

Grünreich, D. (1997a). Generalisierung von Geobasisdaten - Konzeption, Entwicklungsstand,<br />

Ergebnisse. Tagungsband zum 5. Internationalen Anwenderforum 1997 für Geoinformationssysteme,<br />

155–162.<br />

Grünreich, D. (1997b). Kartographie 2000 - Perspektiven der Kartographie in der Informationsgesellschaft.<br />

Kartographische Nachrichten, Heft 5, 180–188.<br />

Grünreich, D. und Rappe, B. (1997). Wissensakquisition für die kartographische Generalisierung.<br />

GIS und Kartographie im multimedialen Umfeld, Kartographische Schriften, Band<br />

2, 112–120.<br />

Hake, G. und Grünreich, D. (1994). Kartographie. Walter de Gruyter.<br />

Harbeck, R. (1987). Das AdV-Vorhaben ’Amtliches Topographisch-Kartographisches Informationssystem<br />

(ATKIS)’ - Inhaltliche Konzepte. Nachrichten aus dem Karten- und Vermessungswesen,<br />

Reihe I, Heft 99, 7–14.<br />

Harbeck, R. (1990). Die Rolle der topographischen Landestopographie als zukunftsorientierte<br />

Informationsbasis. Kartographenkongreß Wien 1989, zugleich 38. Deutscher Kartographentag,<br />

Wiener Schriften zur Geographie und Kartographie, Band 4, 69–78.<br />

Harbeck, R. (1997). Das Geoinformationssystem ATKIS auf dem Wege der Realisierung.<br />

Kartographie im multimedialen Umfeld, 5. Wiener Symposium, Wiener Schriften zur Geographie<br />

und Kartographie, Band 8, 75–81.<br />

Heyde, K. v. d. (1996). Stand und Entwicklung graphischer Ausgaben. Das Geoinformationssystem<br />

ATKIS und seine Nutzung in Wirtschaft und Verwaltung, Vorträge anläßlich des 3.<br />

AdV-Symposiums ATKIS am 29. und 30. Oktober 1996 in Koblenz, 179–184.<br />

Højholt, P. (1998). Solving local and global space conflicts in map generalisation using finite<br />

element method adapted from structural mechanics. Proceedings of the 8 th International<br />

Symposium on Spatial Data Handling, Vancouver, Canada, 679–689.<br />

Jäger, E. (1991). Zur automationsgestützten kartographischen Generalisierung bei der DKM-<br />

Bildung unter besonderer Berücksichtigung der Verdrängung. Nachrichten aus dem Kartenund<br />

Vermessungswesen, Reihe I, Heft 106, 35–52.<br />

Jones, C. B., Geraint, L. B. und Ware, J. M. (1995). Map generalization with a triangulated<br />

data structure. Cartography and Geographic Information Systems, Vol. 22, No. 4,<br />

317–331.


84 LITERATUR<br />

Kass, M., Witkin, A. und Terzopoulos, D. (1987). Snakes: Active contour models. Proceedings<br />

of the First International Conference on Computer Vision, IEEE Comput. Soc.<br />

Press, 259–268.<br />

Klotz, J. (1991). Eine analytische Lösung kanonischer Gleichungen der geodätischen Linie<br />

zur Transformation ellipsoidischer Flächenkoordinaten. Dissertation. Deutsche Geodätische<br />

Kommission, München, Reihe C, Heft 385.<br />

Lamy, S., Ruas, A., Demazeau, Y., Jackson, M., Mackaness, W. und Weibel, R.<br />

(1999). The application of agents in automated map generalisation. Proceedings of the 19 th<br />

ICA Meeting, Ottawa.<br />

Laurema, M., Jaakola, O., Sarjakowski, T. und Schylberg, L. (1991). Formalization<br />

of cartographic knowledge using an expert system shell. Suomen Geodeettisen Laitoksen<br />

Tiedonantoja, Reports of the Finnish Geodetic Institute, 91:3.<br />

Laurini, R. und Thompson, D. (1992). Fundamentals of spatial information systems. The<br />

A.P.I.C. Series Number 37, Academic Press, London.<br />

Lecordix, F., Plazanet, C. und Lagrange, J. (1997). A platform for research in generalization:<br />

Application to caricatur. GeoInformatica, Vol. 1, No. 2, 161–182.<br />

Leitner, M. und Buttenfield, B. P. (1995). Acquisition of procedural cartographic knowledge<br />

by reverse engineering. Proceedings of the First International Conference on Computer<br />

Vision, IEEE Comput. Soc. Press, 232–241.<br />

Lichtner, W. (1977). EDV-unterstützte Durchführung von Verdrängungsprozessen bei der<br />

kartographischen Generalisierung in topographischen Karten. Nachrichten aus dem Kartenund<br />

Vermessungswesen, Heft 72, 65–75.<br />

Lutterbach, D. (1997). Auswirkung der Bildschirm-Visualisierung auf die kartographische<br />

Darstellung der raumbezogenen Planung. Dissertation. Schriftenreihe des Instituts für Kartographie<br />

und Topographie der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Heft 24.<br />

Mackaness, W. A. (1994). An algorithm for conflict identification and feature displacement<br />

in automated map generalization. Cartography and Geographic Information System, Vol.<br />

21, No. 4, 219–232.<br />

Mackaness, W. A. und Beard, M. K. (1993). Use of graph theory to support map generalization.<br />

Cartography and Geographic Information System, Vol. 20, No. 4, 210–221.<br />

Mayer, H. (1998). Maßstabsräume: Theorie und Anwendung. Photogrammetrie, Fernerkundung,<br />

Geoinformation, 4, 197–208.<br />

McMaster, R. B. (1986). A statistical analysis of mathematical measures for linear simplification.<br />

The American Cartographer, Vol. 13, No. 2, 103–116.<br />

McMaster, R. B. und Mark, D. M. (1991). The design of a graphical user interface for<br />

knowledge acquisition in cartographic generalization. Proceedings GIS/LIS ’91, Vol. 1, 311–<br />

320.<br />

Meier, S. (1993). Zur Mathematischen Fundierung der Digitalkartographie. Allg. Verm. Nachr.,<br />

Heft 100, 197–199.<br />

Meier, S. (2000). Die Snakes-Approximation als Hilfsmittel der Geodaten-Verarbeitung. Allg.<br />

Verm. Nachr., Heft 2, 50–57.


LITERATUR 85<br />

Menet, S., Saint-Marc, P. und Medioni, G. (1991). B-snakes: Implementation and application<br />

to stereo. Artificial Intelligence and Computer Vision. Proceedings of the 7 th Israeli<br />

Conference; Ramat Gan, Israel, 26-27 Dec. 1990, Amsterdam, Netherlands, 223–236.<br />

Meyer, U. (1989). Generalisierung der Siedlungsdarstellung in digitalen Situationsmodellen.<br />

Dissertation. Wissenschaftliche Arbeiten der Fachrichtung Vermessungswesen der Universität<br />

Hannover, Nr. 185.<br />

Minks, J. (1999). Rechnergestützte Generalisierung von Gebäudegrundrissen. Diplomarbeit,<br />

Technische Universität Dresden.<br />

Mühle, J. (1996). Optimale Verdrängung in ebenen Punktfeldern. Diplomarbeit, Technische<br />

Universität Dresden.<br />

Nielson, G. M. (1974). Some piecewise polynomial alternatives to splines under tension. Computer<br />

Aided Geometric Design, Academic Press, New York.<br />

Plazanet, C. (1995). Measurement, characterization and classifiction for automated line feature<br />

generalization. Proceedings of Auto Carto 12, 59–68.<br />

Plazanet, C., Affholder, J.-G. und Fritsch, E. (1995). The importance of geometric modeling<br />

in linear feature generalization. Cartography and Geographic Information Systems,<br />

Vol. 22, No. 4, 291–305.<br />

Powitz, B. M. (1993). Zur Automatisierung der Kartographischen Generalisierung topographischer<br />

Daten in Geo-Informationssystemen. Dissertation. Wissenschaftliche Arbeiten der<br />

Fachrichtung Vermessungswesen der Universität Hannover, Nr. 185.<br />

Regnauld, N. (1996). Recognition of building clusters for generalization. Proceedings of the<br />

7 th International Symposium on Spatial Data Handling, Delft, Netherlands.<br />

Reichenbacher, T. (1996). Eine Methode für den Wissenserwerb in der kartographischen<br />

Generalisierung durch Interaktionsaufzeichnung und induktives Lernen. Dissertation. Geo-<br />

Processing Reihe, Geographisches Institut Universität Zürich, Vol. 30.<br />

Richter, A. (1997). Automatisierte Schriftplazierung mittels Energieminimierung. Diplomarbeit,<br />

Technische Universität Dresden.<br />

Ritzmann, H. (1996). Verdrängung in ebenen Punktfeldern mittels linearer Optimierung. Diplomarbeit,<br />

Technische Universität Dresden.<br />

Ruas, A. (1995). Multiple paradigms for automating map generalization: Geometry, topology,<br />

hierarchical partioning and local triangulation. Proceedings of Auto Carto 12, 69–78.<br />

Ruas, A. (1998a). A method for building displacement in automated map generalisation. Int.<br />

J. Geographical Information Science, Vol. 12, No. 8, 789–803.<br />

Ruas, A. (1998b). OO-constraint modelling to automate urban generalisation process. Proceedings<br />

of the 8 th International Symposium on Spatial Data Handling, Vancouver, Canada,<br />

225–235.<br />

Ruas, A. und Plazanet, C. (1996). Strategies for automated generalization. Proceedings of<br />

the 7 th International Symposium on Spatial Data Handling, Delft, Netherlands, 6.1–6.17.<br />

Schaller, J. (1986). Das Geographische Informationssystem ARC/INFO. Wiener Schriften<br />

zur Geographie und Kartographie, Bd. 1, Wiener Symposium 1986, 218–224.


86 LITERATUR<br />

Schittenhelm, R. (1978). Zum Problem der Verdrängung als Teilvorgang der Generalisierung<br />

topographischer Karten - Hierarchievorschlag und Versuch einer EDV-gestützten Lösung.<br />

Nachrichten aus dem Karten- und Vermessungswesen, Reihe I, Heft 74, 5–19.<br />

Schoppmeyer, J. und Heisser, M. (1995). Behandlung von Geometrietypwechseln in GIS.<br />

Nachrichten aus dem Karten- und Vermessungswesen, Reihe I, Heft 113, 209–224.<br />

Schürer, D. (1998). Die Modellgeneralisierung von linienförmigen Objekten beim Übergang<br />

vom DLM 25 zum DLM 200. Nachrichten aus dem Karten- und Vermessungswesen, Reihe<br />

I, Heft 118, 97–111.<br />

Schürer, D. (1999). Die Modellgeneralisierung von flächenhaften Objekten beim Übergang vom<br />

DLM 25 zum DLM 200. Mitteilungen des Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie,<br />

Band 2; Arbeitsgruppe Automation in der Kartographie, Tagung 1998, 95–114.<br />

Schwarzbach, F. (1995). Untersuchung zur rechnergestützten Linienglättung. Dissertation.<br />

Kartographische Bausteine (KB 10). Institut für Kartographie, TU Dresden.<br />

Schweikert, D. (1966). An interpolation curve using a spline in tension. Journal of Mathematics<br />

and <strong>Phys</strong>ics, MIT Press, Vol. 45, 312–317.<br />

Schwetlick, H. und Kretzschmar, H. (1991). Numerische Verfahren für Naturwissenschaftler<br />

und Ingenieure. Fachbuchverlag, Leipzig.<br />

Spiess, E. (1990a). Bemerkungen zu wissensbasierten Systemen für die Kartographie. Vermessung,<br />

Photogrammetrie, Kulturtechnik, Heft 2, 75–81.<br />

Spiess, E. (1990b). Siedlungsgeneralisierung. In: Kartographisches Generalisieren, Kartographische<br />

Publikationsreihe Nummer 10, Herausgegeben von der Schweizerischen Gesellschaft<br />

für Kartographie, 49–55.<br />

Staufenbiel, W. (1973). Zur Automation der Generalisierung topographischer Karten mit<br />

besonderer Berücksichtigung großmaßstäbiger Gebäudedarstellung. Dissertation. Wissenschaftliche<br />

Arbeiten der Fachrichtung Vermessungswesen der Universität Hannover, Nr. 51.<br />

Terzopoulos, D. (1986). Regularization of inverse visual problems involving discontinuities.<br />

IEEE Transaction on Pattern Analysis and Machine Intelligence, Vol. PAMI-8, No. 4, 413–<br />

423.<br />

Töpfer, F. (1974). Kartographische Generalisierung, Ergänzungsheft Nr. 276 zu Petermanns<br />

Geographische Mitteilungen. VEB Hermann Haack, Geographisch-Kartographische Anstalt<br />

Gotha/Leipzig.<br />

Töpfer, F. (1979). Kartographische Generalisierung, Ergänzungsheft Nr. 276 zu Petermanns<br />

Geographische Mitteilungen. 2. Aufl. VEB Hermann Haack, Geographisch-Kartographische<br />

Anstalt Gotha/Leipzig.<br />

Töpfer, F. (1993). Zur Randanpassung von Gebäuden. Allg. Verm. Nachr., Heft 4, 150–155.<br />

Uthe, A.-D. (1996). Entwicklung eines Wissenserwerbssystems zur Akquisition und Strukturierung<br />

kartographischen Wissens. In: Kartographie im Umbruch - neue Herausforderungen,<br />

neue Technologien, Beiträge zum Kartographiekongress Interlaken, 156–168.<br />

Uthe, A.-D. (1997). Wissensakquisition in der Kartographie. GIS und Kartographie im multimedialen<br />

Umfeld, Kartographische Schriften Band 2, 107–111.


LITERATUR 87<br />

Varga, S. R. (1962). Matrix iterative analysis. Prentice-Hall, Englewood Cliffs, N.J.<br />

Vickus, G. (1994). Digitale topographische und kartograhische Modelle sowie Entwicklung ihrer<br />

Überführungsstrukturen am Beispiel von ATKIS. Dissertation. Schriftenreihe des Instituts<br />

für Kartographie und Topographie der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.<br />

Volkert, J. (1978). Algorithmen zur Generalisierung. Nachrichten aus dem Karten- und<br />

Vermessungswesen, Reihe I, Heft 75, 111–132.<br />

Wallmüller, E. (1990). Software-Qualitätssicherung in der Praxis. Carl Hanser Verlag<br />

München Wien.<br />

Ware, J. M. und B., J. (1996). A spatial model for detecting (and resolving) conflict caused by<br />

scale reduction. Proceedings of the 7 th International Symposium on Spatial Data Handling,<br />

Delft, Netherlands, Session 9A, 15–26.<br />

Weber, W. (1982a). Automationsgestützte Generalisierung. Nachrichten aus dem Karten- und<br />

Vermessungswesen, Reihe I, Heft 88, 77–109.<br />

Weber, W. (1982b). Raster-Datenverarbeitung in der Kartographie. Nachrichten aus dem<br />

Karten- und Vermessungswesen, Reihe I, Heft 88, 111–189.<br />

Weibel, R. (1995). Three essential building blocks for automated generalization. In: J.-C.<br />

Muller, J.-P. Lagrange and R. Weibel (eds.): GIS and Generalization, Methodology<br />

and practice. London and Bristol, Tenn.: Taylor & Francis, 56–69.<br />

Weibel, R. und Dutton, G. H. (1998). Constraint-based automated map generalization.<br />

Proceedings of the 8 th International Symposium on Spatial Data Handling, Vancouver,<br />

Canada, 214–244.<br />

Weibel, R., Keller, S. und Reichenbacher, T. (1995). Overcoming the knowledge acquisition<br />

bottleneck in map generalization: The role of interactive systems and computational<br />

intelligence. In: Spatial Information Theory - A Theoretical Basis for GIS; International<br />

Conference COSIT ’95, Proceedings. In: Lecture Notes in Computer Science, Vol. 988, 139–<br />

156.<br />

Weisgerber, W. (1998). Vorlesung GIS/CAD-Grundlagen, Schnittstellen und Datenkonvertierung,<br />

Datenbankkonzepte.<br />

Internet, http://www.rhrk.uni-kl.de/∼weisgerb/gis/vorles04.html.<br />

Werschlein, T. und Weibel, R. (1994). Use of neural networks in line generalization.<br />

Proceedings of the European Conference on Geographical Information Systems, Paris, 76–<br />

85.<br />

Williams, D. J. und Shah, M. (1990). A fast algorithm for active contours and curvature<br />

estimation. Proceedings of the 3 rd International Conference on Computer Vision, IEEE<br />

Comput. Soc. Press, 592–595.


88 Anhang A. Analyse von Verdrängungssituationen in topographischen Karten<br />

Anhang A<br />

Analyse von Verdrängungssituationen in<br />

topographischen Karten<br />

Ziel: Qualitative und quantitative Analyse der kartographischen Verdrängung von Linienobjekten<br />

in topographischen Karten (TK10, TK25, TK50 und TK100).<br />

Als Testgebiet wurde ein Kartenausschnitt des Elbsandsteingebirges zwischen Bad Schandau und<br />

Königstein gewählt, da hier im Bereich des Elbelaufes Signaturen verschiedener Linienobjekte<br />

auf engstem Raum untergebracht werden müssen. Im einzelnen wurden Linienobjekte folgender<br />

Gruppen digitalisiert:<br />

• Straße (7 Objekte mit 51 Segmenten)<br />

• Eisenbahn (4 Objekte mit 19 Segmenten)<br />

• Gewässer (6 Objekte mit 47 Segmenten)<br />

Sämtliche Segmente aller Objekte mußten dazu in den Maßstäben 1:10 000, 1:25 000, 1:50 000<br />

und 1:100 000 erfaßt werden. Zusätzlich wurde ein Objekt jeder Gruppe in allen vier Maßstäben<br />

mit dreifacher Wiederholung digitalisiert, um die Genauigkeit der Digitalisierung zu quantifizieren.<br />

Als Maße für eine Bewertung von Verdrängungsgebieten sind u. a. folgende Größen verwendbar:<br />

1. Abstand vergleichbarer Liniensegmente im Basis-Maßstab (1:10 000) und in den Folgemaßstäben<br />

als Funktion der Bogenlänge. Falls die Gesamtlängen der betrachteten Linienobjekte<br />

zu stark variieren, kann ein Korrekturfaktor aus dem Verhältnis der Gesamtlängen<br />

eingeführt werden.<br />

2. Fläche zwischen Linienobjekten im Grundmaßstab (1:10 000) und dem jeweiligen Folgemaßstab.<br />

Linienobjekt im<br />

Maßstab 1:10000<br />

Linienobjekt im<br />

Folgemaßstab<br />

Abbildung A-1: Fläche zwischen einem Linienobjekt im Grundmaßstab und im Folgemaßstab<br />

als Verdrängungsmaß<br />

Am Digitalisiertablett wurden sämtliche Linienobjekte mittels AutoCAD (DXF-Format) in<br />

Gauß-Krüger-Koordinaten erfaßt (numerische Bearbeitung: cand. ing. H. Wild). Die aus vier<br />

verschiedenen Maßstäben resultierenden Dateien konnten für jedes Objekt zu einer Masterdatei<br />

zusammengefaßt werden. Dadurch war eine qualitative Bewertung unterschiedlich starker<br />

Verdrängungszonen nach Bildschirmvisualisierung möglich (siehe Abbildung A-2).


89<br />

Tabelle A-1: Verdrängungsanalyse für Bahnobjekte der TK25 (bezogen auf TK10); Einheiten: Fläche<br />

in m 2 , Umfang in m, Grad der Verdrängung in m, alle Angaben in Meter (Naturmaß)<br />

Obj Seg Fläche Umfang V<br />

B1 1 5984,7 1000,3 5,98<br />

B1 2 5659,4 1001,1 5,65<br />

B1 3 5842,2 1005,7 5,81<br />

B1 4 5762,6 1004,4 5,70<br />

B1 5 3198,1 992,4 3,22<br />

B1 6 2877,2 988,5 2,91<br />

B1 7 2848,5 990,5 2,88<br />

B1 8 1583,1 989,1 1,60<br />

B1 9 1116,6 989,9 1,13<br />

B1 10 1234,7 986,4 1,25<br />

Obj Seg Fläche Umfang V<br />

B2 1 1309,1 1089,0 1,20<br />

B2 2 1188,8 1104,8 1,08<br />

B2 3 1873,0 1104,4 1,70<br />

B3 1 1484,7 795,7 1,87<br />

B3 2 2064,0 762,1 2,71<br />

B4 1 1694,5 1023,0 1,66<br />

B4 2 4660,8 1027,0 4,54<br />

B4 3 2843,2 1027,2 2,77<br />

B4 4 3454,5 1033,2 3,34<br />

Tabelle A-2: Verdrängungsanalyse für Bahnobjekte der TK50 (bezogen auf TK10); Einheiten: Fläche<br />

in m 2 , Umfang in m, Grad der Verdrängung in m, alle Angaben in Meter (Naturmaß)<br />

Obj Seg Fläche Umfang V<br />

B1 1 2345,6 1010,6 2,32<br />

B1 2 4263,8 1017,4 4,19<br />

B1 3 6421,7 1029,5 6,24<br />

B1 4 6710,8 1042,9 6,43<br />

B1 5 4039,3 1061,3 3,81<br />

B1 6 5731,4 1083,6 5,29<br />

B1 7 8200,5 1100,1 7,45<br />

B1 8 4509,6 1109,6 4,06<br />

B1 9 3377,3 1118,3 2,13<br />

B1 10 1966,4 1123,7 1,75<br />

Obj Seg Fläche Umfang V<br />

B2 1 8811,8 1193,9 7,38<br />

B2 2 11630,8 1153,7 10,08<br />

B2 3 11410,6 1126,5 10,13<br />

B3 1 2061,1 783,9 2,63<br />

B3 2 3692,4 780,9 4,73<br />

B4 1 2950,1 1028,2 2,87<br />

B4 2 2847,8 1041,2 2,81<br />

B4 3 2906,1 1044,0 2,78<br />

B4 4 1257,6 1057,1 1,19<br />

Tabelle A-3: Verdrängungsanalyse für Bahnobjekte der TK100 (bezogen auf TK10); Einheiten: Fläche<br />

in m 2 , Umfang in m, Grad der Verdrängung in m, alle Angaben in Meter (Naturmaß)<br />

Obj Seg Fläche Umfang V<br />

B1 1 15336,1 1070,2 14,33<br />

B1 2 15853,4 1072,4 14,78<br />

B1 3 30039,0 1109,9 27,06<br />

B1 4 36044,2 1139,7 31,63<br />

B1 5 26363,0 1152,4 22,87<br />

B1 6 18438,0 1179,0 15,64<br />

B1 7 15571,1 1187,9 13,11<br />

B1 8 9185,5 1185,7 7,75<br />

B1 9 2704,6 1185,7 2,28<br />

B1 10 11797,3 1190,1 9,91<br />

Obj Seg Fläche Umfang V<br />

B2 1 13652,7 1246,8 10,95<br />

B2 2 5311,7 1192,0 4,46<br />

B2 3 7977,7 1148,0 6,95<br />

B3 1 6968,8 892,2 7,81<br />

B3 2 4292,3 846,4 5,07<br />

B4 1 3372,7 1055,2 3,20<br />

B4 2 11807,1 1061,6 11,12<br />

B4 3 13178,9 1069,8 12,32<br />

B4 4 19260,1 1111,9 17,32


90 Anhang A. Analyse von Verdrängungssituationen in topographischen Karten<br />

Für eine quantitative Bestimmung von Verdrängungsgebieten konnte die Flächenberechnungsfunktion<br />

aus AutoCAD verwendet werden. Dazu erfolgte eine Abtastung der durch ein Linienobjekt<br />

im Grundmaßstab (1:10 000) und im jeweils betrachteten Folgemaßstab eingeschlossenen<br />

Fläche. Bezieht man die Flächeninhalte F auf den Flächenumfang U, so ergibt sich ein<br />

Maß für den Grad der Verdrängung V = F/U (z.B. Bahnobjekte, siehe Tabellen A-1,2,3). Der<br />

Flächenumfang wird dabei im wesentlichen durch die Länge des digitalisierten Liniensegmentes<br />

bestimmt.<br />

Verschiedene Faktoren beeinflussen die Genauigkeit der Digitalisierung. Neben der Auflösung des<br />

Digitalisiertablettes sind hier der Papierverzug der topographischen Karte sowie die zufälligen<br />

Fehler während der Digitalisierung maßgebend. Die Fehlerabschätzung erfolgte experimentell<br />

durch jeweils dreifache Digitalisierung eines Objektes jeder Gruppe in allen vier Maßstäben<br />

(siehe Tabellen A-4,5,6,7). Anschließend wurde analog zur oben beschriebenen Bestimmung<br />

der Verdrängungsgebiete mit Hilfe der Flächenberechnungsfunktion die Differenzfläche zweier<br />

Digitalisierungen eines Maßstabes bestimmt und durch den Umfang geteilt. Der Vergleich mit<br />

den Verdrängungswerten zeigt, daß der Digitalisierfehler im Bereich zwischen 30% und 50% liegt<br />

und deutet darauf hin, wie schwierig es ist, diese kleinen Größen korrekt zu messen.<br />

Tabelle A-4: Fehlerabschätzung für Bahnobjekte<br />

aus TK10 in Meter (Naturmaß)<br />

Seg V (L 1 , L 2 ) V (L 1 , L 3 ) V (L 2 , L 3 )<br />

1 0,67 0,55 0,24<br />

2 0,34 0,48 0,46<br />

3 0,45 0,40 0,41<br />

4 0,69 0,50 0,29<br />

5 0,21 0,12 0,06<br />

6 0,21 0,31 0,13<br />

7 0,47 0,18 0,43<br />

8 0,50 0,12 0,52<br />

9 0,57 0,17 0,67<br />

Ø 1 0,46 0,31 0,35<br />

Tabelle A-5: Fehlerabschätzung für Bahnobjekte<br />

aus TK25 in Meter (Naturmaß)<br />

Seg V (L 1 , L 2 ) V (L 1 , L 3 ) V (L 2 , L 3 )<br />

1 0,56 0,47 0,54<br />

2 0,87 1,89 1,00<br />

3 0,58 1,78 1,75<br />

4 0,73 0,89 1,11<br />

5 1,23 0,69 1,16<br />

6 0,97 0,86 0,47<br />

7 0,90 0,82 0,45<br />

8 1,03 0,64 0,37<br />

9 1,25 1,87 0,95<br />

Ø 0,90 1,10 0,87<br />

Tabelle A-6: Fehlerabschätzung für Bahnobjekte<br />

aus TK50 in Meter (Naturmaß)<br />

Seg V (L 1, L 2) V (L 1, L 3) V (L 2, L 3)<br />

1 1,84 0,85 2,33<br />

2 1,00 0,69 1,83<br />

3 2,00 1,44 2,81<br />

4 0,99 1,44 1,42<br />

5 2,87 1,19 2,11<br />

6 0,64 1,57 1,13<br />

7 2,07 1,97 2,07<br />

8 1,52 1,88 1,98<br />

9 2,43 4,02 2,89<br />

Ø 1,71 1,67 2,06<br />

Tabelle A-7: Fehlerabschätzung für Bahnobjekte<br />

aus TK100 in Meter (Naturmaß)<br />

Seg V (L 1, L 2) V (L 1, L 3) V (L 2, L 3)<br />

1 3,09 4,24 1,88<br />

2 3,36 3,02 3,67<br />

3 4,50 1,67 4,07<br />

4 4,40 6,44 4,67<br />

5 6,19 6,84 3,35<br />

6 1,18 4,09 2,65<br />

7 5,56 4,43 1,58<br />

8 5,94 5,16 4,38<br />

9 5,03 7,10 1,94<br />

Ø 4,36 4,78 3,13<br />

1 Mittelwert


91<br />

Die Verdrängungswerte für Gewässer-, Straßen- und Bahnobjekte sind nach Maßstäben getrennt<br />

in Tabelle A-8 aufgeführt. Ein Vergleich mit Abbildung A-2 zeigt, daß sich die Verdrängungsgebiete<br />

gut in den Meßwerten wiederspiegeln; siehe Tab. A-8 (z.B. Verdrängung der Eisenbahn im<br />

Maßstab 1:100 000 für den Bereich des Elbebogens zwischen Königstein und Bad Schandau, verifiziert<br />

duch die Verdrängungswerte V 100 der Segmente B1-3 bis B1-5). Ebenso ist der wachsende<br />

Verdrängungsbedarf bei kleiner werdenden Maßstäben für alle drei Objektgruppen nachweisbar.<br />

Einschränkend ist anzumerken, daß Lageänderungen nicht ausschließlich dem Elementarvorgang<br />

der Verdrängung zugeordnet werden können, sondern z.B. auch infolge von Linienvereinfachungen<br />

(Glättung) auftreten.<br />

Abbildung A-2: Digitalisierte Kartenobjekte in verschiedenen<br />

Maßstäben<br />

Für die im Beispiel digitalisierten Linien<br />

kann weiterhin festgestellt werden,<br />

daß Bahn- und Straßenobjekte weniger<br />

stark verdrängt werden als Gewässer.<br />

Eine mögliche Begründung ist, daß bei<br />

der Ableitung analoger Karten mit der<br />

Generalisierung des Grundrißlayers begonnen<br />

wurde, der alle schwarzen Kartenobjekte<br />

enthält. Dabei kann davon<br />

ausgegangen werden, daß die Lage der<br />

Ortschaften den Straßen- und Eisenbahnverlauf<br />

im wesentlichen festgelegt<br />

hat. Anschließend erfolgt die Plazierung<br />

und Verdrängung weiterer Kartenobjekte<br />

(Hydrographie, Vegetation<br />

etc.) in Bereiche geringerer Kartenbelastung.<br />

Ein Beispiel ist die Ausnutzung<br />

der unverbauten Flußmäander bei der<br />

Darstellung der Gewässer.<br />

Zusammenfassend ist festzustellen,<br />

daß für verallgemeinernde Aussagen<br />

entsprechende statistische Untersuchungen<br />

in größerem Umfang durchzuführen<br />

sind. Erleichtert werden diese<br />

in Zukunft durch die zunehmende<br />

Verfügbarkeit digitaler Daten. Hier<br />

wurde zunächst der experimentelle<br />

Ablauf zur vorgestellten Methode des<br />

Reverse Engineering dargestellt (siehe<br />

Abschnitt 2.2.2).<br />

Außerdem zeigt sich die Eignung der verwendeten Größen zur Bestimmung der Lage- und<br />

Formänderungen von Linienobjekten. Dabei ist nicht in jedem Fall eine Unterscheidung vorangegangener<br />

Verdrängungs- oder Vereinfachungsoperationen möglich, sondern teilweise eine<br />

Vermischung der Elementarvorgänge sichtbar.


92 Anhang A. Analyse von Verdrängungssituationen in topographischen Karten<br />

Tabelle A-8: Verdrängungsanalyse für Gewässer-, Straßen- und Bahnobjekte der TK25, TK50 und<br />

TK100 (bezogen auf TK10); alle Angaben in Meter (Naturmaß)<br />

Obj Seg V 25 V 50 V 100<br />

G1 1 2,92 6,52 22,36<br />

G1 2 3,80 5,97 22,62<br />

G1 3 4,49 3,16 25,52<br />

G1 4 3,81 8,38 30,84<br />

G1 5 4,49 10,10 34,62<br />

G1 6 2,65 6,66 32,46<br />

G1 7 1,40 6,20 22,89<br />

G1 8 2,38 5,48 12,26<br />

G1 9 1,88 4,46 10,51<br />

G1 10 1,24 7,09 14,86<br />

G1 11 1,58 10,71 23,44<br />

G1 12 3,28 9,24 11,33<br />

G1 13 2,01 2,80 33,43<br />

G1 14 0,58 6,52 43,03<br />

G1 15 0,57 7,00 33,69<br />

G1 16 0,71 7,74 19,27<br />

G2 1 1,67 4,15 8,50<br />

G2 2 4,02 4,23 22,29<br />

G2 3 3,17 1,99 26,94<br />

G2 4 3,38 1,93 30,05<br />

G2 5 4,25 4,56 33,44<br />

G2 6 2,11 9,73 31,08<br />

G2 7 1,19 4,04 17,30<br />

G2 8 1,95 5,64 13,51<br />

G2 9 2,70 5,57 29,33<br />

G2 10 1,16 6,93 35,14<br />

G2 11 1,72 4,84 13,66<br />

G2 12 0,62 3,25 3,77<br />

G3 1 2,13 9,67 10,31<br />

G3 2 3,02 9,17 38,71<br />

G3 3 2,25 22,33 44,94<br />

G3 4 1,74 18,96 36,35<br />

G3 5 0,81 5,42 28,37<br />

G3 6 1,02 10,15 22,37<br />

G3 7 2,08 16,58 37,72<br />

G4 1 1,39 2,60 6,71<br />

G4 2 1,26 4,52 7,04<br />

G4 3 2,72 6,07 4,69<br />

G5 1 2,10 3,34 14,55<br />

G5 2 0,97 4,36 15,95<br />

G5 3 2,71 8,11 8,98<br />

G5 4 1,40 5,56 11,60<br />

G5 5 1,55 6,54 30,84<br />

G5 6 1,61 5,91 9,37<br />

G6 1 1,77 6,66 19,04<br />

G6 2 3,59 4,88 14,19<br />

G6 3 2,10 5,42 31,60<br />

Obj Seg V 25 V 50 V 100<br />

S1 1 1,43 8,32 16,50<br />

S1 2 1,84 6,74 18,39<br />

S1 3 1,26 5,57 17,06<br />

S1 4 1,99 8,23 20,97<br />

S1 5 2,04 9,82 18,35<br />

S1 6 0,83 8,07 11,58<br />

S1 7 0,99 4,24 14,56<br />

S1 8 1,51 8,03 16,37<br />

S1 9 3,81 10,62 37,24<br />

S2 1 4,28 10,04 30,90<br />

S2 2 6,77 10,85 25,13<br />

S2 3 9,83 5,35 25,75<br />

S2 4 5,33 5,55 15,07<br />

S2 5 4,41 8,97 9,38<br />

S2 6 2,83 8,56 9,15<br />

S2 7 2,48 7,25 14,96<br />

S2 8 3,17 11,85 15,31<br />

S2 9 4,27 2,80 18,75<br />

S2 10 3,60 2,56 13,76<br />

S2 11 1,94 1,59 18,96<br />

S2 12 1,13 2,06 14,04<br />

S2 13 1,12 2,06 7,92<br />

S3 1 4,02 3,63 20,70<br />

S3 2 2,62 9,22 20,80<br />

S3 3 1,11 11,15 20,16<br />

S3 4 3,72 16,04 24,01<br />

S3 5 0,79 2,81 8,67<br />

S3 6 2,19 2,76 5,61<br />

S3 7 3,08 6,70 9,50<br />

S4 1 2,94 8,47 8,23<br />

S4 2 1,86 7,20 10,13<br />

S4 3 1,86 8,57 5,39<br />

S4 4 0,99 12,34 5,40<br />

S4 5 2,63 13.03 7,45<br />

S4 6 3,24 11,65 12,62<br />

S4 7 3,75 5,37 12,83<br />

S4 8 4,52 2,71 19,42<br />

S4 9 3,93 4,99 19,55<br />

S4 10 3,22 4,35 15,37<br />

S5 1 1,71 3,01 10,93<br />

S5 2 1,61 4,90 7,15<br />

S5 3 3,51 2,90 14,26<br />

S5 4 3,23 5,85 9,61<br />

S5 5 1,98 4,90 16,41<br />

S5 6 1,58 5,79 9,13<br />

S5 7 1,80 10,63 4,60<br />

Obj Seg V 25 V 50 V 100<br />

B1 1 5,98 2,32 14,33<br />

B1 2 5,65 4,19 14,78<br />

B1 3 5,81 6,24 27,06<br />

B1 4 5,70 6,43 31,63<br />

B1 5 3,22 3,81 22,87<br />

B1 6 2,91 5,29 15,64<br />

B1 7 2,88 7,45 13,11<br />

B1 8 1,60 4,06 7,75<br />

B1 9 1,13 2,13 2,28<br />

B1 10 1,25 1,75 9,91<br />

B2 1 1,20 7,38 10,95<br />

B2 2 1,08 10,08 4,46<br />

B2 3 1,70 10,13 6,95<br />

B3 1 1,87 2,63 7,81<br />

B3 2 2,71 4,73 5,07<br />

B4 1 1,66 2,87 3,20<br />

B4 2 4,54 2,81 11,12<br />

B4 3 2,77 2,78 12,32<br />

B4 4 3,34 1,19 17,32<br />

Ø 3,0 4,6 12,6<br />

Obj Seg V 25 V 50 V 100<br />

S6 1 2,14 2,34 7,45<br />

S6 2 0,90 7,14 8,73<br />

S6 3 2,56 2,91 14,96<br />

S7 1 1,75 8,87 6,08<br />

S7 2 2,75 9,57 9,99


93<br />

Anhang B<br />

Herleitung des Abstandes a i in Formel (3.2-4)<br />

Ausgangspunkt der Herleitung ist die Abstandsberechnung für die Punkte P 0 bzw. P i .<br />

P<br />

j +1<br />

d i , j+1<br />

a 2 i = (x 0 − x i ) 2 + (y 0 − y i ) 2<br />

P 0 wandert entlang der Strecke P j P j+1<br />

:<br />

(B.1)<br />

P<br />

d j , j+1<br />

P<br />

0<br />

j<br />

a<br />

i<br />

d i , j<br />

Einsetzen von (B.2) in (B.1) führt zu<br />

P<br />

i<br />

x 0 = x j + ∆x · t , y 0 = y j + ∆y · t , (B.2)<br />

wobei gilt<br />

∆x = x j+1 − x j , ∆y = y j+1 − y j . (B.3)<br />

a 2 i = (x j − x i + ∆x · t) 2 + (y j − y i + ∆y · t) 2 (B.4)<br />

= (x j − x i ) 2 + (∆x · t) 2 + 2(x j − x i )(∆x · t) + (B.5)<br />

(y j − y i ) 2 + (∆y · t) 2 + 2(y j − y i )(∆y · t) (B.6)<br />

= d 2 ij + d 2 jj+1t 2 + 2t [(x j − x i )∆x + (y j − y i )∆y] . (B.7)<br />

Mit der Randbedingung für t = 1 und a i = d ij+1 in Formel (B.7) folgt<br />

d 2 ij+1 = d 2 ij + d 2 jj+1 + 2 [(x j − x i )∆x + (y j − y i )∆y] . (B.8)<br />

Ersetzen der eckigen Klammer durch Substitution von (B.8) in (B.7) führt zur gesuchten Gleichung.


94 Anhang C. Rekursive Herleitung der Koordinatenfunktion B 2,j (t)<br />

Anhang C<br />

Rekursive Herleitung der Koordinatenfunktion B 2,j (t)<br />

1. Nach Schwetlick (1991 ) ist die explizite Darstellung des B-Splines vom Grad 1<br />

B 1,j (t) =<br />

⎧<br />

⎪⎨<br />

⎪⎩<br />

t−t j<br />

t j+1 −t j<br />

für t j ≤ t < t j+1<br />

t j+2 −t<br />

t j+2 −t j+1<br />

für t j+1 ≤ t < t j+2<br />

0 sonst<br />

2. Rekursive Herleitung von B 2,j (t) ist nach<br />

. (C.1)<br />

B k,j (t) = w k−1,j (t)B k−1,j (t) + [1 − w k−1,j+1 (t)]B k−1,j+1 (t)<br />

(C.2)<br />

mit w k−1,j (t) =<br />

⎧<br />

⎨<br />

⎩<br />

t−t j<br />

t j+k −t j<br />

für t j+k > t j<br />

0 für t j+k = t j<br />

möglich.<br />

3. Die Ableitung von B ′ 2,j (t) ergibt sich direkt aus B 1,j(t) nach<br />

d<br />

dt B k,j(t) =<br />

k<br />

t j+k − t j<br />

B k−1,j (t) −<br />

k<br />

t j+k+1 − t j+1<br />

B k−1,j+1 (t) . (C.3)


95<br />

Anhang D<br />

Vergrößerung und Verkleinerung von Flächen<br />

Die vorgestellte Routine berechnet für Flächenobjekte die Lagekoordinaten des Umrandungspolygons<br />

nach Dehnung oder Stauchung. Dazu werden jeweils drei aufeinanderfolgende Punkte<br />

(x 0 , y 0 ; x 1 , y 1 ; x 2 , y 2 ) der zu verändernden Fläche (in mathematischem Richtungssinn) und der<br />

Betrag v, um den verkleinert oder vergrößert werden soll, übergeben. Als Ergebnis erhält man<br />

die neuen Koordinaten des mittleren Punktes (x g , y g ).<br />

In der Routine wird ein kartesisches Koordinatensystem bestimmt, dessen Ursprung im übergebenen<br />

Punkt (x 1 , y 1 ) liegt und dessen x-Achse durch den gesuchten Punkt (x g , y g ) geht. Im<br />

Einzelnen werden folgende Berechnungen durchgeführt :<br />

• Der Koordinatenursprung wird in den Punkt (x 1 , y 1 ) verschoben (Index t : Translation) :<br />

(x 0 , y 0 ; x 1 , y 1 ; x 2 , y 2 ) −→ (x t 0 , yt 0 ; 0.0, 0.0; xt 2 , yt 2 ).<br />

• Anschließend wird die x-Achse so gedreht, daß sie durch den Punkt (x t 0 , yt 0 ) geht. Die<br />

Berechnung des Drehwinkels α zwischen dem Vektor (x t 0 , yt 0 ) und der x-Achse (1.0, 0.0)<br />

erfolgt mittels Skalarprodukt.<br />

• Zur Bestimmung des Drehsinns wird getestet, ob (x t 0 , yt 0 ) im 1. oder 2. Quadranten liegt<br />

(positiver Drehsinn). Ansonsten wird die Drehung um α in negativer Richtung ausgeführt<br />

(x t 0 , yt 0 ; 0.0, 0.0; xt 2 , yt 2 ) −→ (xtd 0 , ytd 0 ; 0.0, 0.0; xtd 2 , ytd 2 ).<br />

• Die folgende Rotation dreht die x td -Achse in den gesuchten Punkt (x g , y g ). Zunächst wird<br />

mittels Skalarprodukt der Winkel β ′ zwischen (x td<br />

0 , ytd 0 ) und (xtd 2 , ytd 2 ) berechnet. Liegt<br />

(x td<br />

2 , ytd 2 ) im 3. oder 4. Quadranten ergibt sich der Drehwinkel β nach β = (360◦ − β ′ )/2,<br />

ansonsten ist β = β ′ /2. Die Drehung erfolgt im mathematisch positiven Drehsinn.<br />

) hat im verschobenen, zweimal gedrehten Koordinaten-<br />

• Der gesuchte Punkte (x tdd<br />

g , yg<br />

tdd<br />

system die folgenden Koordinaten :<br />

x tdd<br />

g = v p ; y tdd<br />

g = 0.0 .<br />

• Die Größe von v p läßt sich am einfachsten im verschobenen, einmal gedrehten Koordinatensystem<br />

bestimmen. Hierzu wird der Vektor (0, v) auf die x td -Achse projiziert.<br />

• Die Rücktransformation von (x tdd<br />

g , yg<br />

tdd ) liefert (x g , y g ). Dafür wird zunächst das Koordinatensystem<br />

um β zurückgedreht : (x tdd<br />

g , yg<br />

tdd ) −→ (x td<br />

g , yg td ). Anschließend wird die Drehung<br />

um α rückgängig gemacht : (x td<br />

g , yg td ) −→ (x t g, yg). t Dabei ist der Drehsinn der Hintransformation<br />

zu beachten. Am Ende liefert die Translation von (x t g, yg) t −→ (x g , y g ) den<br />

gesuchten Punkt.<br />

Diese Routine ist auf alle Umrandungspunkte der zu vergrößernden oder zu verkleinernden<br />

Flächen anzuwenden. Dehnung und Stauchung unterscheiden sich dabei nur durch die Reihenfolge,<br />

in der Vorgänger und Nachfolger übergeben werden.


Dank<br />

Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit am Institut für Planetare Geodäsie<br />

der Technischen Universität Dresden. Allen meinen Kollegen danke ich für ihre rege Anteilnahme<br />

und Unterstützung bei der Bearbeitung des Themas.<br />

Mein besonderer Dank gilt Prof. Siegfried Meier, der mir eine kontinuierliche Bearbeitung des<br />

Themas ermöglichte und mich jederzeit in wissenschaftlichen Diskussionen mit wesentlichen<br />

Anregungen und Hinweisen unterstützt hat.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!