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Verbrannte Ernte - Märkische Allgemeine - Zeitung für das Land Brandenburg http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/10689685/485072/0?print=J Seite 1 von 3 19.04.2006 Märkische Allgemeine › Nachrichten › Wirtschaft › MAZ exklusiv MAZ EXKLUSIV 18.04.2006 Verbrannte Ernte Landwirte wollen mit ihrem Getreide heizen - weil es billiger wäre UTE SOMMER GANZ Er hat 250 Rinder und 270 Hektar Land. Das meiste davon ist Grünland. Ansonsten wächst auf seinen Äckern viel Roggen. Der ist genügsam. Für guten Weizen, sagt er lächelnd, sei der Boden einfach zu schlecht. Jens Gerloff aus Ganz (Ostprignitz-Ruppin) ist ein ganz normaler märkischer Bauer. Mit einem ganz normalen Problem: Den kräftig gestiegenen Heizkosten. Denen will Gerloff auf eine ungewöhnliche Art zu Leibe rücken. Der Landwirt denkt über eine Getreideheizung nach. Die Rechnung ist einfach: 100 Kilogramm Getreide würden im Ofen einen genauso großen Heizwert bringen wie 40 Liter Heizöl. Diese Menge Öl kostet Gerloff derzeit rund 26 Euro. Und 26 Euro für 100 Kilogramm Getreide - so viel Geld zahlt kein Händler. "Für schlechten Roggen", erzählt Gerloff, "gibt's etwa 7,50 Euro je 100 Kilogramm". Die ernüchternde Bilanz: Der Roggen im Ofen würde dem Bauern finanziell mehr als das Dreifache einbringen als der Roggen auf dem Markt. Gerloff, Chef der gleichnamigen GbR, will kein Brotgetreide verheizen. Ihm gehe es nur um schlechtes Korn, um mindere Qualitäten, die bisher zum Schleuderpreis als Futter weggehen. Trotzdem. Gerloff, der im Vorstand des Bauernbundes Brandenburg sitzt, zögert. Er weiß, Getreideverbrennung ist "ein heikles Thema", dem viele kritisch gegenüberstehen. So zum Beispiel Ralf Bilke, Agrarreferent beim Landesverband Nordrhein-Westfalen des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Er argumentiert, dass das Getreidekorn in "unserer europäisch-christlich geprägten Gesellschaft als Symbol für das Leben" gelte. Und dieses Symbol verbrennen? Das müsse diskutiert werden. Ein ungelöstes ethisches Problem Genauso wie diskutiert werden müsse, welchen Wert wir unseren Lebensmitteln überhaupt beimessen. Bilke drückt das Problem so aus: "Wir kaufen uns teure Küchen, teures Porzellan und was dann auf die Teller kommt, soll möglichst billig sein."Und so fragt auch der Bauer und Christ Gerloff, was wohl unmoralischer ist. Die Getreideverbrennung oder aber, dass von 20 Cent für ein Brötchen gerade mal ein halber Cent beim Bauern ankommt? Für Gerloff ist diese Antwort klar. Mehr Probleme könnten die rechtlichen Hürden für eine Getreideverbrennung bereiten. Der Landwirt aus Brandenburg plant eine kleine Anlage mit einer Leistung von 35 Kilowatt. In Deutschland ist aber das Verheizen von Getreide in solchen Anlagen nicht erlaubt, erklärt Hermann Hansen von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) in Gülzow (Mecklenburg-Vorpommern). In einigen Bundesländern, wie Bayern und Nordrhein-Westfalen, erteilen Umweltbehörden Hansen zufolge Ausnahmegenehmigungen "für Betriebe der Landwirtschaft und des Agrargewerbes". Dabei würden aber strenge Anforderungen hinsichtlich der Eigenschaften des Getreides und der Emissionswerte der Heizungsanlage gestellt. In Brandenburg gebe es keine vergleichbaren Regelungen für solche Ausnahmegenehmigungen. Daran wird sich auch so schnell nichts ändern, wie Bernd Höhne, Referent für nachwachsende Rohstoffe

<strong>Verbrannte</strong> <strong>Ernte</strong> - <strong>Märkische</strong> <strong>Allgemeine</strong> - <strong>Zeitung</strong> <strong>für</strong> das Land Brandenburg<br />

http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/10689685/485072/0?print=J<br />

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19.04.2006<br />

<strong>Märkische</strong> <strong>Allgemeine</strong> › Nachrichten › Wirtschaft › MAZ exklusiv<br />

MAZ EXKLUSIV<br />

18.04.2006<br />

<strong>Verbrannte</strong> <strong>Ernte</strong><br />

Landwirte wollen mit ihrem Getreide heizen - weil es billiger wäre<br />

UTE SOMMER<br />

GANZ Er hat 250 Rinder und 270 Hektar Land. Das meiste da<strong>von</strong> ist Grünland. Ansonsten wächst auf<br />

seinen Äckern viel Roggen. Der ist genügsam. Für guten Weizen, sagt er lächelnd, sei der Boden einfach<br />

zu schlecht. Jens Gerloff aus Ganz (Ostprignitz-Ruppin) ist ein ganz normaler märkischer Bauer. Mit<br />

einem ganz normalen Problem: Den kräftig gestiegenen Heizkosten. Denen will Gerloff auf eine<br />

ungewöhnliche Art zu Leibe rücken. Der Landwirt denkt über eine Getreideheizung nach.<br />

Die Rechnung ist einfach: 100 Kilogramm Getreide würden im Ofen einen genauso großen Heizwert<br />

bringen wie 40 Liter Heizöl. Diese Menge Öl kostet Gerloff derzeit rund 26 Euro. Und 26 Euro <strong>für</strong> 100<br />

Kilogramm Getreide - so viel Geld zahlt kein Händler. "Für schlechten Roggen", erzählt Gerloff, "gibt's<br />

etwa 7,50 Euro je 100 Kilogramm". Die ernüchternde Bilanz: Der Roggen im Ofen würde dem Bauern<br />

finanziell mehr als das Dreifache einbringen als der Roggen auf dem Markt.<br />

Gerloff, Chef der gleichnamigen GbR, will kein Brotgetreide verheizen. Ihm gehe es nur um schlechtes<br />

Korn, um mindere Qualitäten, die bisher zum Schleuderpreis als Futter weggehen. Trotzdem. Gerloff,<br />

der im Vorstand des Bauernbundes Brandenburg sitzt, zögert. Er weiß, Getreideverbrennung ist "ein<br />

heikles Thema", dem viele kritisch gegenüberstehen. So zum Beispiel Ralf Bilke, Agrarreferent beim<br />

Landesverband Nordrhein-Westfalen des Bundes <strong>für</strong> Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Er<br />

argumentiert, dass das Getreidekorn in "unserer europäisch-christlich geprägten Gesellschaft als<br />

Symbol <strong>für</strong> das Leben" gelte. Und dieses Symbol verbrennen? Das müsse diskutiert werden.<br />

Ein ungelöstes ethisches Problem<br />

Genauso wie diskutiert werden müsse, welchen Wert wir unseren Lebensmitteln überhaupt beimessen.<br />

Bilke drückt das Problem so aus: "Wir kaufen uns teure Küchen, teures Porzellan und was dann auf die<br />

Teller kommt, soll möglichst billig sein."Und so fragt auch der Bauer und Christ Gerloff, was wohl<br />

unmoralischer ist. Die Getreideverbrennung oder aber, dass <strong>von</strong> 20 Cent <strong>für</strong> ein Brötchen gerade mal<br />

ein halber Cent beim Bauern ankommt? Für Gerloff ist diese Antwort klar.<br />

Mehr Probleme könnten die rechtlichen Hürden <strong>für</strong> eine Getreideverbrennung bereiten. Der Landwirt aus<br />

Brandenburg plant eine kleine Anlage mit einer Leistung <strong>von</strong> 35 Kilowatt. In Deutschland ist aber das<br />

Verheizen <strong>von</strong> Getreide in solchen Anlagen nicht erlaubt, erklärt Hermann Hansen <strong>von</strong> der Fachagentur<br />

Nachwachsende Rohstoffe (FNR) in Gülzow (Mecklenburg-Vorpommern). In einigen Bundesländern, wie<br />

Bayern und Nordrhein-Westfalen, erteilen Umweltbehörden Hansen zufolge Ausnahmegenehmigungen<br />

"<strong>für</strong> Betriebe der Landwirtschaft und des Agrargewerbes". Dabei würden aber strenge Anforderungen<br />

hinsichtlich der Eigenschaften des Getreides und der Emissionswerte der Heizungsanlage gestellt. In<br />

Brandenburg gebe es keine vergleichbaren Regelungen <strong>für</strong> solche Ausnahmegenehmigungen.<br />

Daran wird sich auch so schnell nichts ändern, wie Bernd Höhne, Referent <strong>für</strong> nachwachsende Rohstoffe


<strong>Verbrannte</strong> <strong>Ernte</strong> - <strong>Märkische</strong> <strong>Allgemeine</strong> - <strong>Zeitung</strong> <strong>für</strong> das Land Brandenburg<br />

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19.04.2006<br />

im Potsdamer Agrarministerium, erklärt. Das Land setzt eher auf Anlagen <strong>für</strong> so genannte Mischpellets,<br />

die unter anderem aus Holz und Stroh bestehen. Die Diskussion <strong>von</strong> Getreideheizungen wolle man nicht<br />

forcieren wegen der bekannten ethischen Bedenken.<br />

"Ich weiß nicht, ob diese Bedenken eher bei den Landwirten oder bei der Bevölkerung auftreten", so<br />

Holger Brantsch vom Landesbauernverband. Jedenfalls gebe es nur wenige Bauern, die Interesse am<br />

Heizen mit Getreide bekunden. Bisher jedenfalls. Beide Standesvertretungen, der Landesbauernverband<br />

und der die Familienbetriebe vertretende Bauernbund, setzen sich jetzt da<strong>für</strong> ein, dass Getreide als so<br />

genannter Regelbrennstoff zugelassen wird.<br />

Auch in der Bundespolitik wird dieses Thema diskutiert. Die Fraktion der Grünen im Bundestag spricht<br />

sich <strong>für</strong> die Verbrennung <strong>von</strong> Stroh und Ausschussgetreide aus. "Vorausgesetzt, es wird kein<br />

Brotgetreide verbrannt und die Abgaswerte <strong>für</strong> die Anlagen werden verschärft", sagt Cornelia Behm <strong>von</strong><br />

den Grünen. Nach Auskunft des Bundesverbraucherschutzministeriums sei die FNR beauftragt, in<br />

Forschungsprojekten solche Techniken mit zu entwickeln, die den bislang sehr hohen Ausstoß <strong>von</strong><br />

Abgasen reduzieren. "Das ist die Voraussetzung <strong>für</strong> die Zulassung <strong>von</strong> Getreide als Regelbrennstoff", so<br />

ein Ministeriumssprecher.<br />

In Dänemark längst weit verbreitet<br />

Doch schon heute gibt es eine steigende Nachfrage nach Getreideheizungen, sagt Helmut Oldenkott,<br />

Geschäftsführer der Oldenkott GmbH & Co. KG, die in Büren-Steinhausen (Nordrhein-Westfalen)<br />

Heizkessel vertreibt. Etwa 15 000 Euro koste eine Anlage. Seit einem halben Jahr erkundigen sich bei<br />

Oldenkott immer mehr Leute nach der Heizungsalternative. Kein Wunder, bei den Ölpreisen. In<br />

Dänemark gebe es schon tausende Heizungskessel <strong>für</strong> Getreide. Die Dänen "lachen sich kaputt über<br />

uns", ist sich Oldenkott sicher.<br />

Wenn man mit Getreide heizen könnte, sagt Bauer Gerloff, würde dies den Markt entlasten. Gerade in<br />

Brandenburg werde viel Roggen produziert. Für Gerloff wäre die Getreideheizung deshalb "ökonomisch<br />

vernünftig". Erst einmal hat der Landwirt aber trotzdem ein Angebot <strong>für</strong> eine Holzheizung eingeholt. Die<br />

ist unverfänglich.<br />

Es ist eine Frage der Wertschätzung<br />

Reinhard Dalchow ist Umweltbeauftragter der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg, schlesische<br />

Oberlausitz. Über die Pläne, Getreide zu verbrennen, um dadurch Energie zu gewinnen, sprach mit ihm<br />

Ute Sommer.<br />

Ist das Verbrennen <strong>von</strong> Getreide eine Sünde?<br />

Dalchow: Das kann man so absolut nicht sagen. Aber die Getreideverbrennung ist <strong>für</strong> die evangelische<br />

Kirche eine ethische Belastung.<br />

Inwiefern?<br />

Dalchow: Mit Getreide assoziiert man sofort das Brot. Wir beten <strong>für</strong> das "tägliche Brot" im Vaterunser<br />

und die christliche Ethik sieht im "Brot des Lebens" den Leib Christi verkörpert. Das Brot steht im<br />

Mittelpunkt der Abendmahlsfeier. Es muss die Frage gestellt werden, ob wir schon so weit sind, dass wir<br />

Brot verbrennen.<br />

...während in anderen Ländern Millionen Menschen hungern?


<strong>Verbrannte</strong> <strong>Ernte</strong> - <strong>Märkische</strong> <strong>Allgemeine</strong> - <strong>Zeitung</strong> <strong>für</strong> das Land Brandenburg<br />

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19.04.2006<br />

Dalchow: Der Welthunger lässt sich nicht damit bekämpfen, dass überschüssiges Getreide in<br />

Hungerregionen transportiert wird. Das schadet sogar den dortigen Märkten. Aber es geht prinzipiell um<br />

die Wertschätzung <strong>von</strong> Lebensmitteln.<br />

Aus Getreide wird schon seit langem Biogas oder Bioethanol hergestellt. Wie sieht es denn damit aus?.<br />

Dalchow: Die Nutzung <strong>von</strong> nachwachsenden Rohstoffen als Treibstoff ist prinzipiell gut. Aber das pure<br />

Verheizen ist eine neue Qualität. Hier wird eine emotionale Grenze überschritten.<br />

Wo ist denn aus Ihrer Sicht der Unterschied?<br />

Dalchow: Die Wörter Biogas und Bioethanol haben sich im Sprachgebrauch etabliert. Eine ähnliche<br />

Bezeichnung <strong>für</strong>s Heizen mit Getreide gibt es nicht. Das zeigt auch die emotionale Ablehnung. Die<br />

Diskussionen sind längst nicht beendet.<br />

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