Lesen - Golf Dornseif
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Überraschend erhob sich Krüger nach den Worten von Reitz, um allen Anwesenden ebenfalls seinen<br />
Dank auszusprechen während der großen Not. Seine Stimme festigte sich etwas. Der Ausgang des<br />
Krieges sei allein von Gott bestimmt und alle müssten sich fügen.<br />
Es zirkulierten Gerüchte, dass der britische Kommandeur Roberts die Bahnlinie nach Delagoa Bay<br />
(Portugiesisch-Mosambik) mit Hilfe eines Sonderkommandos unterbrechen wolle, um Präsident<br />
Krüger an der Flucht zum rettenden ausländischen Hafen (Kurs Europa) zu hindern.<br />
General Botha drängte Krüger zum Aufbruch, denn jetzt schien jede Minute kostbar. Am 29. Mai 1900<br />
hielt sich Krüger zuletzt in Pretoria auf. Man stellte einen Sonderzug für ihn und seinen Stab zusammen,<br />
der Schlafwagen und Speisewagen umfasste. Die Waggons enthielten auch einen Baderaum,<br />
eine Küche und ein Abteil für den Telegraphisten.<br />
Machadodorp sollte Zwischenstation werden, doch hielt man dieses Ziel geheim. Vor der Abfahrt des<br />
Sonderzugs überreichte ein amerikanischer Junge dem Präsidenten einen Lederkoffer, 47 Pfund<br />
schwer, mit Grüßen von 29.000 Schülern aus Philadelphia, New York und Boston, verbunden mit<br />
einem Treuegelöbnis. Der Boy hieß Jimmy Smith. Andere Amerikaner übergaben zum Abschied<br />
bestickte Burenflaggen, angefertigt in den USA. Krüger wirkte sichtlich gerührt mit Tränen in den<br />
Augen.<br />
In einer Pferdekutsche fuhr Krüger zum wartenden Eisenbahnzug, der an der Station Eerste<br />
Fabrieken unter Dampf stand. Die Strecke führte über Middelburg nach Machadodorp. Dort<br />
angekommen blieb der Zug längere Zeit in Abwartestellung, während Krüger im Salonwagen arbeitete<br />
und laufend Telegramme durch die Drähte jagte. Am 5. Juli marschierten die Briten in Pretoria ein.<br />
Lord Robert verkündete triumphierend, dass jetzt Frieden eingekehrt sei.<br />
Starrköpfig verteidigte Krüger seinen Realitätsverlust auf der einsamen Bahnstation und forderte<br />
telegraphisch „Durchhalten bis zum letzten Blutstropfen“. Und er fügte hinzu: „Kämpft im Namen<br />
Gottes, denn sonst erwarten Euch viele Jahre der Gefangenschaft auf der Insel Sankt Helena!“ Dort<br />
saß bereit General Cronjé fest.<br />
Inzwischen war der Winter eingekehrt und Machadodorp bekam die Kälte und Nässe zu spüren. Man<br />
empfahl Krüger, mit seinem Sonderzug weiter zu fahren Richtung Waterval-Onder am Elands Fluss,<br />
wo ein milderes Klima herrschte. Am 30. Juni konnte der Präsident den rollenden Amtssitz verlassen<br />
und in ein kleines Haus umziehen.<br />
Präsident Krügers Sonderzug zur Flucht nach Mosambik