Der Ingenieur muss in den Grundlagen des Vertragsrechts Bescheid ...

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Merkblatt HAFTUNG BEI RECHTSBERATUNG DES INGENIEURS? Ein Ingenieur sollte Vorsicht walten lassen, wenn er zu rechtsbesorgenden Tätigkeiten verpflichtet wird. Von ihm wird zwar nicht verlangt, dass er umfassende Kenntnisse wie ein auf Baurecht spezialisierter Anwalt hat. Als sachkundiger Berater und Betreuer des Bauherrn müssen dem Ingenieur oder Architekten wesentliche Grundsätze des Werkvertragsrechts des BGB- und VOB- Rechts aber dennoch bekannt sein. Vorsicht: Bei einer fehlerhaften Rechtsberatung durch den Architekten oder Ingenieur zahlt die Berufshaftpflichtversicherung nicht. Lph. 7: Mitwirkung bei der Vergabe und auch Ausarbeitung eines Vertrages? Wird der Ingenieur oder Architekt z.B. mit der Leistungsphase (Lph.) 7 des § 15 HOAI beauftragt, so hat er bei der Vergabe durch den Auftraggeber mitzuwirken. Dies umfasst die Zusammenstellung der Verdingungsunterlagen. Ob dazu auch die Ausarbeitung eines Vertrages gehört ist fraglich, da ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz drohen kann. Denn laut dem Rechtsberatungsgesetz ist es grundsätzlich nur den Rechtsanwälten gestattet, Rechtsberatung zu betreiben. Ausgenommen sind hiervon nur einige Sonderfälle. Einfache Verträge und Musterverträge? Ein Aushandeln eines rechtlich komplexen Bauvertrages wird man ihm daher nicht zumuten können. Anders aber, wenn der Architekt einen einfachen Bauvertrag aushandelt oder dem Bauherrn einen Musterbauvertrag zur Verfügung stellt. In diesen Fällen muss der Architekt die Grundsätze des Werkvertragsrechts beherrschen. Vereinbarung der VOB/B und Klauseln zu Skonto, Abnahme, Gewährleistungsfrist? Zu diesen gehören insbesondere Skontovereinbarungen (OLG Stuttgart, Urteil vom 22.07.1997 – 10 U 286/96), eindeutige Regelungen über die Gewährleistungsfristen (BGH, Urteil vom 02.12.1982 – VII ZR 330/81), die wirksame Vereinbarung der VOB/B, Abnahmevereinbarungen u. a. mehr. Zu diesen Punkten trifft den Architekten nicht nur eine Prüf-, sondern auch eine Hinweis- und Beratungspflicht. Vertragsstrafenvereinbarung durch Architekt / Ingenieur? Dies hat so auch das OLG Brandenburg entschieden (OLG Brandenburg, Urteil vom 26.09.2002 – 12 U 63/02; BGH, Beschluss vom 10.04.2003 – VII ZR 378/02 Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen). Der mit der Leistungsphase 7 beauftragte Architekt hatte dem Bauherrn ein Muster für einen abzuschließenden Bauvertrag überlassen. In diesem Muster war eine Regelung zur Vertragsstrafe bei C:\Dokumente und Einstellungen\kalte\Eigene Dateien\Homepage\05_Publikationen\05_Merkblätter\Fachübergreifend\Rechtsberatung des Ingenieurs Juli 2006.doc Seite 1 von 3

Merkblatt<br />

HAFTUNG BEI RECHTSBERATUNG DES INGENIEURS?<br />

E<strong>in</strong> <strong>Ingenieur</strong> sollte Vorsicht walten lassen, wenn er zu rechtsbesorgen<strong>den</strong> Tätigkeiten verpflichtet<br />

wird. Von ihm wird zwar nicht verlangt, dass er umfassende Kenntnisse wie e<strong>in</strong> auf Baurecht<br />

spezialisierter Anwalt hat. Als sachkundiger Berater und Betreuer <strong>des</strong> Bauherrn müssen dem<br />

<strong>Ingenieur</strong> oder Architekten wesentliche Grundsätze <strong>des</strong> Werkvertragsrechts <strong>des</strong> BGB- und VOB-<br />

Rechts aber <strong>den</strong>noch bekannt se<strong>in</strong>.<br />

Vorsicht:<br />

Bei e<strong>in</strong>er fehlerhaften Rechtsberatung durch <strong>den</strong> Architekten oder <strong>Ingenieur</strong> zahlt die<br />

Berufshaftpflichtversicherung nicht.<br />

Lph. 7: Mitwirkung bei der Vergabe und auch Ausarbeitung e<strong>in</strong>es Vertrages?<br />

Wird der <strong>Ingenieur</strong> oder Architekt z.B. mit der Leistungsphase (Lph.) 7 <strong>des</strong> § 15 HOAI beauftragt, so<br />

hat er bei der Vergabe durch <strong>den</strong> Auftraggeber mitzuwirken. Dies umfasst die Zusammenstellung der<br />

Verd<strong>in</strong>gungsunterlagen. Ob dazu auch die Ausarbeitung e<strong>in</strong>es Vertrages gehört ist fraglich, da e<strong>in</strong><br />

Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz drohen kann. Denn laut dem Rechtsberatungsgesetz ist<br />

es grundsätzlich nur <strong>den</strong> Rechtsanwälten gestattet, Rechtsberatung zu betreiben. Ausgenommen s<strong>in</strong>d<br />

hiervon nur e<strong>in</strong>ige Sonderfälle.<br />

E<strong>in</strong>fache Verträge und Musterverträge?<br />

E<strong>in</strong> Aushandeln e<strong>in</strong>es rechtlich komplexen Bauvertrages wird man ihm daher nicht zumuten können.<br />

Anders aber, wenn der Architekt e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>fachen Bauvertrag aushandelt oder dem Bauherrn e<strong>in</strong>en<br />

Musterbauvertrag zur Verfügung stellt. In diesen Fällen <strong>muss</strong> der Architekt die Grundsätze <strong>des</strong><br />

Werkvertragsrechts beherrschen.<br />

Vere<strong>in</strong>barung der VOB/B und Klauseln zu Skonto, Abnahme, Gewährleistungsfrist?<br />

Zu diesen gehören <strong>in</strong>sbesondere Skontovere<strong>in</strong>barungen (OLG Stuttgart, Urteil vom 22.07.1997 – 10 U<br />

286/96), e<strong>in</strong>deutige Regelungen über die Gewährleistungsfristen (BGH, Urteil vom 02.12.1982 – VII<br />

ZR 330/81), die wirksame Vere<strong>in</strong>barung der VOB/B, Abnahmevere<strong>in</strong>barungen u. a. mehr.<br />

Zu diesen Punkten trifft <strong>den</strong> Architekten nicht nur e<strong>in</strong>e Prüf-, sondern auch e<strong>in</strong>e H<strong>in</strong>weis- und<br />

Beratungspflicht.<br />

Vertragsstrafenvere<strong>in</strong>barung durch Architekt / <strong>Ingenieur</strong>?<br />

Dies hat so auch das OLG Bran<strong>den</strong>burg entschie<strong>den</strong> (OLG Bran<strong>den</strong>burg, Urteil vom 26.09.2002 – 12<br />

U 63/02; BGH, Beschluss vom 10.04.2003 – VII ZR 378/02 Nichtzulassungsbeschwerde<br />

zurückgewiesen).<br />

<strong>Der</strong> mit der Leistungsphase 7 beauftragte Architekt hatte dem Bauherrn e<strong>in</strong> Muster für e<strong>in</strong>en<br />

abzuschließen<strong>den</strong> Bauvertrag überlassen. In diesem Muster war e<strong>in</strong>e Regelung zur Vertragsstrafe bei<br />

C:\Dokumente und E<strong>in</strong>stellungen\kalte\Eigene Dateien\Homepage\05_Publikationen\05_Merkblätter\Fachübergreifend\Rechtsberatung <strong>des</strong><br />

<strong>Ingenieur</strong>s Juli 2006.doc Seite 1 von 3


Term<strong>in</strong>überschreitung getroffen wor<strong>den</strong>, die allerd<strong>in</strong>gs nicht <strong>in</strong> der Höhe begrenzt war. In dem<br />

Schreiben hatte der Architekt <strong>den</strong> Bauherrn angeregt, diesen Vertrag nochmals durch e<strong>in</strong>en<br />

Rechtsanwalt überprüfen zu lassen.<br />

<strong>Der</strong> Bau wurde tatsächlich verspätet fertig gestellt. <strong>Der</strong> Bauherr konnte se<strong>in</strong>en Anspruch auf<br />

Vertragsstrafe jedoch nicht durchsetzen, da die Klausel wegen der fehlen<strong>den</strong> Obergrenze unwirksam<br />

war. <strong>Der</strong> Bauherr verlangt aufgrund der Pflichtverletzung <strong>des</strong> Architektenvertrages Scha<strong>den</strong>sersatz<br />

vom se<strong>in</strong>em Architekten.<br />

Zu Recht, wie das Oberlan<strong>des</strong>gericht entschied. Die Vorbereitung von wirksamen Bauverträgen<br />

gehöre zu dem Kernbereich der Leistungspflichten <strong>des</strong> Architekten. Die Regelung e<strong>in</strong>er Vertragsstrafe<br />

für e<strong>in</strong>e Bauzeitenüberschreitung ist typischer Bestandteil von Bauverträgen. <strong>Der</strong> Bun<strong>des</strong>gerichtshof<br />

(BGH) hat bereits vor Jahren entschie<strong>den</strong>, dass e<strong>in</strong>e Vertragsstrafenregelung nur wirksam ist, wenn<br />

sie e<strong>in</strong>e Gesamtbegrenzung aufweist. In der Zwischenzeit hat der BGH sogar die bisherige<br />

Vertragsstrafenobergrenze von 10 % auf 5 % der Auftragssumme reduziert (BGH, Urteil vom<br />

23.01.2003 – VII ZR 210/01 BauR 2003, 870 = IBR 2003, 291). Auch dies <strong>muss</strong> der Planer wissen<br />

und bei <strong>den</strong> Verträgen berücksichtigen.<br />

Lph. 7: Wenn schon Vertragsvorlage durch <strong>den</strong> Planer, dann richtig?<br />

<strong>Der</strong> <strong>Ingenieur</strong> verstößt daher gegen se<strong>in</strong>e Pflichten aus dem Vertrag, wenn er e<strong>in</strong>en Vertragsentwurf<br />

übersendet, <strong>in</strong> dem e<strong>in</strong>e solche Obergrenze nicht geregelt ist. Danach begründet sich se<strong>in</strong>e Haftung<br />

aus § 634 Nr. 4 BGB (635 BGB a. F.), § 15 Absatz 2 Nr. 7 HOAI.<br />

E<strong>in</strong>wand wirksam „Vertrag durch Rechtsanwalt sicherheitshalber prüfen lassen“?<br />

Dem steht auch nicht entgegen, dass er bei Übersendung <strong>des</strong> Vertragsentwurfs <strong>den</strong> Bauherrn anregt,<br />

<strong>den</strong> Vertragsentwurf nochmals durch e<strong>in</strong>en Rechtsanwalt überprüfen zu lassen. Ebenso wenig, dass<br />

der Bauherr e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>de ist und als solche e<strong>in</strong>e Rechtsabteilung mit der Überprüfung beauftragen<br />

kann.<br />

Nach der H<strong>in</strong>weis- und Aufklärungspflicht <strong>des</strong> <strong>Ingenieur</strong>s hätte es vielmehr e<strong>in</strong>es ausdrücklichen<br />

H<strong>in</strong>weises bedurft, dass es sich bei der Vertragsstrafenregelung um e<strong>in</strong>e möglicherweise unwirksame<br />

Klausel handeln könnte. Nur so wäre der Auftraggeber ausreichend davor geschützt gewesen, e<strong>in</strong>e<br />

unwirksame Klausel <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Vertragsverhältnis aufzunehmen.<br />

Praxish<strong>in</strong>weis:<br />

Grundsätzlich sollten <strong>Ingenieur</strong>e und Architekten nur vorformulierte angebotene Vertragsformulare<br />

verwen<strong>den</strong>. Wichtig ist, dass Planer überprüfen, ob die Vertragsvere<strong>in</strong>barungen an das durch die<br />

Schuldrechtsreform modifizierte neue Werkvertragsrecht angepasst wur<strong>den</strong> und z.B. e<strong>in</strong>e<br />

Vertragsstrafenobergrenze mit nunmehr maximal 5 % der Auftragssumme ausgewiesen ist.<br />

Verbleiben danach <strong>den</strong>noch Zweifel, so <strong>muss</strong> der Planer <strong>den</strong> Bauherrn ausdrücklich auf die<br />

eventuelle Fehlerhaftigkeit h<strong>in</strong>weisen und die E<strong>in</strong>holung von Rechtsrat empfehlen<br />

Kenntnisse über Bauplanungs- und Bauordnungsrecht erforderlich!<br />

E<strong>in</strong> Architekt oder <strong>Ingenieur</strong> schuldet nach dem Werkvertragsrecht das „Entstehen lassen <strong>des</strong><br />

Bauwerks“, so e<strong>in</strong>e weith<strong>in</strong> gebräuchliche Formulierung. Hierzu gehört e<strong>in</strong>e dauerhaft<br />

genehmigungsfähige Planung.<br />

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Dabei <strong>muss</strong> der Planer prüfen, ob das Bauvorhaben mit dem Bauplanungs- und Bauordnungsrecht<br />

übere<strong>in</strong>stimmt. Solche Kenntnisse s<strong>in</strong>d von ihm zu erwarten, wenngleich die Lösung schwieriger<br />

Rechtsfragen von ihm nicht verlangt wer<strong>den</strong> kann. Zu erwarten s<strong>in</strong>d daher Kenntnisse über die<br />

Vorschriften zu <strong>den</strong> Abstandsflächen, welche im Bauordnungsrecht der Länder (Lan<strong>des</strong>bauordnung)<br />

geregelt s<strong>in</strong>d (OLG Stuttgart, Urteil vom 18.02.2003 – 12 U 211/01 sowie BGH, Beschluss vom<br />

25.09.2003 - VII ZR 86/03 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen) IBR 2004, 1001).<br />

Bei Fragen zum Honorar- und Vergaberecht stehen Ihnen die Herren<br />

Dipl.-Ing. Peter Kalte, Geschäftsführer der GHV, Öffentlich bestellter und vereidigter<br />

Honorarsachverständiger,<br />

Dipl.-Ing. Wolfgang Kaufhold; Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für <strong>Ingenieur</strong>-<br />

Honorare und<br />

Rechtsanwalt Dipl.-Betriebswirt (FH) Michael Wiesner<br />

gerne zur Verfügung.<br />

Gütestelle Honorar- und Vergaberecht (GHV) geme<strong>in</strong>nütziger e. V.<br />

Schillerplatz 12/14<br />

67071 Ludwigshafen<br />

Tel: 0621 – 685 60 90 – 3<br />

Fax: 0621 – 685 60 90 - 90<br />

kontakt@ghv-guetestelle.de<br />

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