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Heidi Stecker „Nun muss er doch wohl mürbe sein“. Martin ... - GfZK

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<strong>Heidi</strong> <strong>Steck<strong>er</strong></strong><br />

<strong>„Nun</strong> <strong>muss</strong> <strong>er</strong> <strong>doch</strong> <strong>wohl</strong> <strong>mürbe</strong> <strong>sein“</strong>. <strong>Martin</strong> Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong> und die „Menschen aus<br />

Schreb<strong>er</strong>schem Geist“<br />

Im Besitz d<strong>er</strong> Sammlung d<strong>er</strong> Stiftung Gal<strong>er</strong>ie für Zeitgenössische Kunst Leipzig<br />

befinden sich zehn Zeichnungen von <strong>Martin</strong> Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong> (1953-1997) aus dem<br />

Jahre 1994. Unt<strong>er</strong> dem Titel „üb<strong>er</strong> das üb<strong>er</strong> (Schreb<strong>er</strong> junior/Schreb<strong>er</strong> senior)“<br />

wurden sie <strong>er</strong>stmals 1995 präsenti<strong>er</strong>t (Puvogel in Adriani 2003, S. 62). Auf den<br />

Zeichnungen und einem dazugehörigen zweiteiligen Buchstützenobjekt aus<br />

semitransparentem, gelblichem Kunststoff sind Sätze und Satzbruchstücke zu<br />

lesen. Sie lauten auf den Zeichnungen (Die Numm<strong>er</strong>i<strong>er</strong>ung ist hi<strong>er</strong> willkürlich.):<br />

1 „HOTEL WEIHNACHTSMANN, SCHREBER Hirn“<br />

2 Conrad Brussels „WIR WOLLEN IHNEN DEN VERSTAND ZERSTÖREN“<br />

3 Hotel Gravensteen, Gent „Ihr habt nun einmal das Wett<strong>er</strong> vom Denken eines<br />

Menschen abhängig gemacht.“<br />

4 Dold<strong>er</strong> Grand Hotel Zürich „Regen Sie sich nur geschlechtlich auf“<br />

5 Dold<strong>er</strong> Grand „Ab<strong>er</strong> freilich; (gesprochen;) A-A-A-A-B-E-E-E-R<br />

6 Paramount „Schämen Sie sich denn nicht vor iHr<strong>er</strong> Frau GemaHlin?“<br />

7 Nizza Hotel „PUNKTFUNAMENT [sic] STREIFENFUNDAMENT RINGFUNDAMENT<br />

FUNDAMENPLATTE [sic]<br />

8 Conrad Brussels <strong>„Nun</strong> sollte d<strong>er</strong>jenige (<strong>er</strong>g: denken, sagen:) will ich mich<br />

darin <strong>er</strong>geben, dass ich dumm bin.”<br />

9 Domaine „Schreb<strong>er</strong> senior“<br />

10 Hotel Amigo, Brüssel „wenn nur das v<strong>er</strong>fluchte Nägelputzen aufhörte“<br />

Die numm<strong>er</strong>i<strong>er</strong>ten Buchstützen I und II w<strong>er</strong>den in umgekehrt<strong>er</strong> Reihenfolge<br />

aufgebaut, so dass sich die Texte wie folgt lesen lassen:<br />

II<br />

„meines übrigens eisenfesten Körp<strong>er</strong>s“<br />

„Unt<strong>er</strong> 50 Jahren nicht“<br />

„jeden schiefen Gedanken sogleich“<br />

„ließ ein Kinnband von weichem Led<strong>er</strong>“<br />

„SCHREBER SENIOR od<strong>er</strong> die gymnastische“<br />

I<br />

„Fähigkeit, im 1. Gesicht zu antworten“<br />

„Regen Sie sich nur geschlechtlich auf“<br />

„Weil ich so dumm bin“<br />

„Strahlen nachlässig abgegeben“<br />

„SCHREBER JUNIOR Nun muß <strong>er</strong> <strong>doch</strong> <strong>wohl</strong> <strong>mürbe</strong> <strong>sein“</strong><br />

<strong>Martin</strong> Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong> bezieht sich in diesen Arbeiten auf die in d<strong>er</strong> Geistes- und<br />

Kulturgeschichte prominenten Männ<strong>er</strong> Daniel Gottlob Moritz Schreb<strong>er</strong> und Daniel<br />

Paul Schreb<strong>er</strong> und damit auf eine viel diskuti<strong>er</strong>te Vat<strong>er</strong>-Sohn-Konstellation:<br />

Arzt, Pädagoge und leidenschaftlich<strong>er</strong> Turn<strong>er</strong> d<strong>er</strong> Senior Moritz Schreb<strong>er</strong>, dem zu<br />

Ehren die Schreb<strong>er</strong>gärten benannt wurden, d<strong>er</strong> Junior Daniel Paul Schreb<strong>er</strong><br />

<strong>er</strong>folgreich<strong>er</strong> Jurist, <strong>er</strong>folglos<strong>er</strong> Politik<strong>er</strong>, dreimal in d<strong>er</strong> „Anstalt“ und<br />

Autor d<strong>er</strong> „Denkwürdigkeiten eines N<strong>er</strong>venkranken“ 3 . Diese sächsische<br />

Fallgeschichte b<strong>er</strong>ührt mit d<strong>er</strong> Familie Schreb<strong>er</strong> auch die Stadt Leipzig.<br />

Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong> wird g<strong>er</strong>n als ein witzig<strong>er</strong>, von Ironie strotzend<strong>er</strong> Künstl<strong>er</strong><br />

3 Das Buch heißt vollständig: Denkwürdigkeiten eines N<strong>er</strong>venkranken nebst Nachträgen und einem<br />

Anhang üb<strong>er</strong> die Frage: „Unt<strong>er</strong> welchen Voraussetzungen darf eine für geisteskrank <strong>er</strong>achtete<br />

P<strong>er</strong>son gegen ihren <strong>er</strong>klärten Willen in ein<strong>er</strong> Heilanstalt festgehalten w<strong>er</strong>den?“ von Dr. jur.<br />

Daniel Paul Schreb<strong>er</strong>, Senatspräsident beim Kgl. Ob<strong>er</strong>landesg<strong>er</strong>icht Dresden a.D., V<strong>er</strong>lag Oswald<br />

Mutze, Leipzig 1903.


gesehen, d<strong>er</strong> dem Klischee vom wilden Bohemian und Künstl<strong>er</strong>genie mit Wein, Weib<br />

und frühem Tod entsprach, d<strong>er</strong> leidenschaftlich, impulsiv und leidend Kunst<br />

schuf – und wenig Büch<strong>er</strong> las. Doch was für Zitate sind das und welches Int<strong>er</strong>esse<br />

konnte Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong> an Moritz Schreb<strong>er</strong> und Daniel Paul Schreb<strong>er</strong> haben? Wie<br />

ordnen sich diese Zeichnungen und Objekte in sein übriges W<strong>er</strong>k ein? Bish<strong>er</strong> sind<br />

in d<strong>er</strong> Lit<strong>er</strong>atur wed<strong>er</strong> Hinweise noch Unt<strong>er</strong>suchungen bezüglich dies<strong>er</strong> Zitate zu<br />

finden, woh<strong>er</strong> Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong> sie nahm und wie <strong>er</strong> an sie kam. Je<strong>doch</strong> liegt ein<br />

Zusammenhang auf d<strong>er</strong> Hand, nämlich d<strong>er</strong> ein<strong>er</strong> sehr speziellen Vat<strong>er</strong>-Sohn-<br />

Beziehung: Die Gen<strong>er</strong>ation d<strong>er</strong> Künstl<strong>er</strong>-„Söhne“ wie <strong>Martin</strong> Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong> setzte<br />

sich mit den Künstl<strong>er</strong>-„Vät<strong>er</strong>n“ d<strong>er</strong> westdeutschen Nachkriegsmod<strong>er</strong>ne und den<br />

durch sie geprägten Kunstvorstellungen auseinand<strong>er</strong>. „Auf d<strong>er</strong> V<strong>er</strong>nissage d<strong>er</strong><br />

Potsdam<strong>er</strong> Ausstellung ´Das 2. Sein`, die im Somm<strong>er</strong> 1994 eine Art Üb<strong>er</strong>blick üb<strong>er</strong><br />

sein Gesamtw<strong>er</strong>k h<strong>er</strong>stellt, fragte sich Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong>, was man noch machen kann<br />

gegen die Fesselung d<strong>er</strong> Kunst im Kunstw<strong>er</strong>k und d<strong>er</strong> eigenen Geschichte. Michael<br />

Krebb<strong>er</strong> gab lakonisch zurück: Kunst ist Schreb<strong>er</strong>garten, Streb<strong>er</strong>tum.“ (Ohrt in<br />

Taschen/Riemschneid<strong>er</strong> 2003, S. 16)<br />

Die Textfragmente d<strong>er</strong> Zeichnungen und des Buchstützenobjektes müssen den<br />

„Denkwürdigkeiten“ Daniel Paul Schreb<strong>er</strong>s und in wenigen Fällen Schriften von<br />

Moritz Schreb<strong>er</strong>, zum Beispiel aus dem „Buch d<strong>er</strong> Gesundheit“ bzw.<br />

Sekundärquellen, entstammen. Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong> lässt meist die zu Paul Schreb<strong>er</strong><br />

sprechenden „Stimmen“ zu Wort kommen, die den Kranken mit ihren sich ständig<br />

wied<strong>er</strong>holenden und mitten im Satz abbrechenden Redewendungen quälen. Dafür hat<br />

<strong>er</strong> wahrscheinlich Auszüge aus d<strong>er</strong> Ausgabe d<strong>er</strong> „Denkwürdigkeiten“ von Pet<strong>er</strong><br />

Heiligenthal und Reinhard Volk genutzt (1973). Nur diese Ausgabe enthielt<br />

bislang alle von ihm v<strong>er</strong>wendeten Wortgruppen des Sohnes und das <strong>er</strong>ste<br />

g<strong>er</strong>ichtsärztliche Gutachten von Dr. Guido Web<strong>er</strong>, des Direktors d<strong>er</strong> Sächsischen<br />

Heil- und Pflegeanstalt Pirna-Sonnenstein, Anstaltsbezirks- und G<strong>er</strong>ichtsarzt,<br />

vom 9.12.1899. Und <strong>er</strong> <strong>muss</strong> die Biographie von Han Israels gelesen haben, denn<br />

nur sie bietet die fraglichen Textpassagen von Moritz Schreb<strong>er</strong> und das<br />

Bildmat<strong>er</strong>ial, das <strong>er</strong> für die Zeichnungen v<strong>er</strong>wendete, nämlich beid<strong>er</strong> Porträts.<br />

Denn häufig stützte <strong>er</strong> sich in seinen Arbeiten auf die Bild<strong>er</strong>flut aus etlichen<br />

B<strong>er</strong>eichen des Lebens, von Bild<strong>er</strong>n d<strong>er</strong> Hochkultur wie Reproduktionen von<br />

Théodore Géricaults Gemälde „Das Floß d<strong>er</strong> Medusa“ und von eigenen Gemälden aus<br />

Katalogen bis hin zu pornographischen Photographien.<br />

Die Zeichnungen zu den Schreb<strong>er</strong>s soll Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong> 1994 in Japan geschaffen<br />

haben, tagsüb<strong>er</strong> in einem Café sitzend. Ihnen geht die W<strong>er</strong>kgruppe „Don´t wake<br />

Daddy“ voraus, zu d<strong>er</strong> ihn ein Aufenthalt in den USA 1993 inspiri<strong>er</strong>t hatte. In<br />

St. Louis stieß <strong>er</strong> auf ein Würfelspiel, „bei dem es darum geht, mit den<br />

Spielfiguren nicht auf eine Fläche zu g<strong>er</strong>aten, die eine G<strong>er</strong>äuschmetaph<strong>er</strong><br />

beinhaltet“ (Puvogel in Adriani 2003, S. 65). Die Kind<strong>er</strong> müssen alles<br />

v<strong>er</strong>meiden, was den – fiktiv - schlafenden Vat<strong>er</strong> wecken könnte. Seine Arbeit<br />

geht also hi<strong>er</strong> schon in die Richtung Kindheit, Erziehung und Drill. Bei ein<strong>er</strong><br />

Installation in Madrid wurden Holzreliefs, die Spielmotive aufgreifen, durch<br />

typische Gartenzäune, Sch<strong>er</strong>engitt<strong>er</strong> und Pforten umstellt und d<strong>er</strong> Museumsboden<br />

in kleine Parzellen unt<strong>er</strong>teilt. Was bei „Don´t wake Daddy“ noch lustige<br />

Karikatur ist, die das üb<strong>er</strong>trieben niedliche Kindchenschema d<strong>er</strong> „lieben<br />

Kleinen“ samt d<strong>er</strong>en Chaospotenzial vorführt, das gefährlich zu kippen droht,<br />

wird bei den Zeichnungen zu den Schreb<strong>er</strong>s vorsichtig<strong>er</strong> und zurückhaltend<strong>er</strong>,<br />

wendet sich ab<strong>er</strong> auch streng<strong>er</strong> und <strong>er</strong>nst<strong>er</strong> ins Unheimliche. „In den Zeichnungen<br />

finden sich Vat<strong>er</strong> und Sohn Schreb<strong>er</strong> v<strong>er</strong>eint, d<strong>er</strong> Erfind<strong>er</strong> des Schreb<strong>er</strong>gartens<br />

in den Zäunen und Garteng<strong>er</strong>äten, sein n<strong>er</strong>venkrank<strong>er</strong> schriftstell<strong>er</strong>nd<strong>er</strong> Sohn in<br />

den Porträts und v<strong>er</strong>ästelten Hirnaufrissen. Die geordnete, gesetzmäßige und<br />

abgegrenzte Welt trifft auf das Zügel- und Regellose, die fehlende Ordnung, die<br />

<strong>er</strong>st eigentlich Wachstum zu v<strong>er</strong>heißen scheint. Was dem an das Geordnete<br />

Gewöhnten als unnormale, zweite (und damit zweitrangige) Seinsweise des Paul<br />

Schreb<strong>er</strong> <strong>er</strong>schien, nämlich seine exalti<strong>er</strong>te Welt d<strong>er</strong> Gesichte und un<strong>er</strong>hörten<br />

Erlebnisse, galt ihm selbst als eigentliches, zweites Sein, und Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong><br />

hat seine Auffassungen ganz augenscheinlich geteilt.“ (Melch<strong>er</strong> in Adriani<br />

2003, S. 16). Dass die einzigen AutorInnen, die Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong>s Schreb<strong>er</strong>arbeiten


<strong>er</strong>wähnen - Rob<strong>er</strong>to Ohrt, Ralph Melch<strong>er</strong> und Renate Puvogel - Moritz Schreb<strong>er</strong><br />

fälschlich<strong>er</strong>weise als Erfind<strong>er</strong> des Schreb<strong>er</strong>gartens bezeichnen, zeigt<br />

all<strong>er</strong>dings, dass sie sich nicht mit den Hint<strong>er</strong>gründen dies<strong>er</strong> Zeichnungen<br />

beschäftigt haben.<br />

Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong> hat von Kind an bis zu seinem Tod exzessiv gezeichnet. „In diesen<br />

frühen Zeichnungen wird b<strong>er</strong>eits die sich<strong>er</strong>e Hand und d<strong>er</strong> Hang zur grotesken<br />

od<strong>er</strong> skurrilen V<strong>er</strong>z<strong>er</strong>rung, d<strong>er</strong> leicht surrealistische Einschlag und die<br />

wuch<strong>er</strong>nde, beschränkungslose Bildaufteilung sichtbar.“ (Melch<strong>er</strong> in Adriani<br />

2003, S. 14) Seit Mitte d<strong>er</strong> 1980<strong>er</strong> Jahre zeichnete <strong>er</strong> auf Hotelbriefpapi<strong>er</strong>. Die<br />

Briefbögen sammelte <strong>er</strong> nicht nur selbst bei seinen vielen Reisen und<br />

Aufenthalten in und auß<strong>er</strong>halb von Deutschland, sond<strong>er</strong>n <strong>er</strong> ließ sie sich auch<br />

von Freunden aus all<strong>er</strong> Welt mitbringen. „Hotel“ war eines sein<strong>er</strong> Themen: 1992<br />

<strong>er</strong>schien ein Band „Hotel Hotel“ und 1995 ein weit<strong>er</strong><strong>er</strong> „Hotel Hotel Hotel“. Die<br />

Schreb<strong>er</strong>s<strong>er</strong>ie - Gestalten, Objekte und Texte - zeichnete Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong> zart auf<br />

Hotelkopfbögen. Das standardisi<strong>er</strong>te, banale Format <strong>er</strong>möglicht, Extreme zu<br />

betonen bzw. auszuhalten. Diese Diff<strong>er</strong>enz zwischen streng<strong>er</strong> Formatvorgabe und<br />

scheinbar sinnfrei<strong>er</strong>, zusammenhang- und rücksichtslos<strong>er</strong> Bearbeitung ist ein<br />

zusätzliches Spannungselement und wied<strong>er</strong><strong>er</strong>kennbare, charakt<strong>er</strong>istische<br />

Eigenheit. Sie bringt zudem Raum- und Zeitelemente ein: Raum und Zeit des<br />

Hotels, Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong>s Zeit und in diesem Fall die Zeit d<strong>er</strong> Schreb<strong>er</strong>s. Diese<br />

Blätt<strong>er</strong> als Unt<strong>er</strong>grund für seine Zeichnungen sind g<strong>er</strong>ade hi<strong>er</strong> ein Element d<strong>er</strong> –<br />

sozusagen – Geschichte. Sie v<strong>er</strong>weisen auf ein unstetes Individuum, so heimatlos<br />

und unruhig wie zwischenzeitlich das Seelenleben von Daniel Paul Schreb<strong>er</strong>.<br />

D<strong>er</strong> Titel „üb<strong>er</strong> das üb<strong>er</strong>“ ist ein typisch Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong>sches Sprachspiel:<br />

„Zunächst einmal lässt sich das zweite ´Üb<strong>er</strong>` nach Belieben <strong>er</strong>gänzen, etwa als<br />

das Üb<strong>er</strong>arbeiten und Üb<strong>er</strong>denken, als das Üb<strong>er</strong>flüssige wie Üb<strong>er</strong>drüssige, das<br />

Üb<strong>er</strong>drehen wie Üb<strong>er</strong>gehen, das Üb<strong>er</strong>winden und Üb<strong>er</strong>leben. Dann zeichnet<br />

Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong> tatsächlich üb<strong>er</strong> eine b<strong>er</strong>eits zweckdienlich vorgeprägte<br />

Unt<strong>er</strong>lage. Auß<strong>er</strong>dem kommenti<strong>er</strong>en viele Zeichnungen lit<strong>er</strong>arische od<strong>er</strong><br />

kunsthistorische Vorgaben. Hinzu kommt wie gesagt, dass <strong>er</strong> Themen, die ihn<br />

zeitlebens beschäftigten, hi<strong>er</strong> zeichn<strong>er</strong>isch üb<strong>er</strong>- und v<strong>er</strong>arbeitend nochmals<br />

aufgreift. Und letztlich nennt d<strong>er</strong> Titel üb<strong>er</strong>haupt Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong>s Denk- und<br />

Arbeitsmethode grundsätzlich beim Namen: denn es geht ihm imm<strong>er</strong> um bzw. üb<strong>er</strong><br />

das ´Üb<strong>er</strong>` als ebenso distanzi<strong>er</strong>ende wie zupackende Potenzi<strong>er</strong>ung.“ (Puvogel in<br />

Adriani 2003, S. 63)<br />

In seine Bild<strong>er</strong>, ob Zeichnungen od<strong>er</strong> Gemälde, integri<strong>er</strong>te Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong> – wie<br />

auch hi<strong>er</strong> - oft Schrift. Auch das übliche Rep<strong>er</strong>toire tritt auf: Einen Kopfbogen<br />

zeichnete <strong>er</strong> selbst als „Hotel Weihnachtsmann, Schreb<strong>er</strong> Hirn“. D<strong>er</strong><br />

Weihnachtsmann ist wie das Ei, Nudeln od<strong>er</strong> Frösche ein imm<strong>er</strong> wied<strong>er</strong>kehrendes<br />

Bildmotiv, mit dem Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong> die Frage eben nach einem solchen stellt.<br />

Lapidar bem<strong>er</strong>kte <strong>er</strong>: „In d<strong>er</strong> Mal<strong>er</strong>ei <strong>muss</strong>t du gucken, was ist noch übrig an<br />

Fallobst, das du malen kannst. Da ist das Ei zu kurz gekommen, das Spiegelei ist<br />

zu kurz gekommen, die Banane hatte ja schon den Warhol gehabt. Da nimmst du dir<br />

eine Form, es geht ja imm<strong>er</strong> um kantig, um quadratisch, um die und die Formate,<br />

um den Goldenen Schnitt. Das Ei ist weiss und schal, wie kann daraus ein<br />

farbiges Bild entstehen?“ (Taschen/Riemschneid<strong>er</strong> 2003, S. 204)<br />

Leid<strong>er</strong> greift Puvogel den neckischen Stil auf, in dem oft üb<strong>er</strong> Daniel Paul<br />

Schreb<strong>er</strong> geschrieben wurde: Er „scheint ab<strong>er</strong>, nicht zuletzt durch die<br />

vät<strong>er</strong>liche Strenge, d<strong>er</strong>maßen v<strong>er</strong>stört gewesen zu sein, dass <strong>er</strong> schließlich<br />

schizophren wurde. Sich mit d<strong>er</strong> Natur und Gott innig v<strong>er</strong>bunden fühlend, schrieb<br />

<strong>er</strong> in seinen lichten Phasen 1900-1902 seine Visionen in Gestalt ein<strong>er</strong><br />

selbstkritischen Abhandlung ... nied<strong>er</strong>. ... Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong> ist<br />

v<strong>er</strong>ständlich<strong>er</strong>weise von dem Phänomen dies<strong>er</strong> Grenz<strong>er</strong>fahrungen, des Umkippens<br />

bürg<strong>er</strong>lich<strong>er</strong> Existenz ins Außenseit<strong>er</strong>tum faszini<strong>er</strong>t. Üb<strong>er</strong> den Vat<strong>er</strong> finden<br />

sich Darstellungen von akkuraten Gärten, provisorische Hütten und ein brav<br />

kopi<strong>er</strong>tes Porträt des Gesundheitsapostels inmitten eines Geheges, welches an<br />

das Spielfeld d<strong>er</strong> umfangreichen Installation nach Kafka <strong>er</strong>inn<strong>er</strong>t. D<strong>er</strong> Sohn<br />

hingegen entsteht als anrührende jugendliche Kopfgeburt aus einem ´Komplott`<br />

mehr<strong>er</strong><strong>er</strong> Ei<strong>er</strong>, <strong>er</strong>gänzt durch den von ihm üb<strong>er</strong>lief<strong>er</strong>ten Satz: ´Die Fähigkeit, im


<strong>er</strong>sten Gesicht zu antworten`. Und dann entwirft Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong> für den<br />

intelligenten Gestrandeten <strong>er</strong>stmals ein eigenes Papi<strong>er</strong> als ´Hotel<br />

Weihnachtsmann` und gibt dem ´Schreb<strong>er</strong> Hirn` eine komplexe Struktur, in d<strong>er</strong><br />

sich Vegetabiles und Z<strong>er</strong>ebrales, Reales und Fiktives zu einem mehrschichtigen,<br />

letztlich unauflösbaren Gebilde v<strong>er</strong>mengen.“ (Puvogel in Adriani 2003, S. 65f.)<br />

Je nach Int<strong>er</strong>esse ist d<strong>er</strong> Pädagoge, Heilgymnast und Medizin<strong>er</strong> Daniel Gottlob<br />

Moritz Schreb<strong>er</strong> als d<strong>er</strong> Vat<strong>er</strong> des int<strong>er</strong>essanten psychiatrischen Falles,<br />

nämlich des V<strong>er</strong>fass<strong>er</strong>s d<strong>er</strong> „Denkwürdigkeiten“, als V<strong>er</strong>tret<strong>er</strong> d<strong>er</strong> „schwarzen<br />

Pädagogik“, Tyrann und Sadist, od<strong>er</strong> als Namenspatron von Kleingartenanlagen<br />

bekannt. Schreb<strong>er</strong> sen. v<strong>er</strong>trat populäre Positionen, die den gesunden Geist im<br />

gesunden Körp<strong>er</strong> und die Beziehung des Einzelnen zur Gesellschaft, mithin den<br />

Staatsbürg<strong>er</strong> und den Staat in den Blick nehmen. Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong> nutzte sehr <strong>wohl</strong>,<br />

entgegen seinem Image vom Künstl<strong>er</strong>schlingel, seine Kunst, um bitt<strong>er</strong>böse die<br />

repressiven und totalitären Ideologien des 20. Jahrhund<strong>er</strong>ts zu sezi<strong>er</strong>en. Wenn<br />

Moritz Schreb<strong>er</strong>s ambivalente Erziehungsprinzipien ihn zu einem Vorläuf<strong>er</strong> des<br />

Nationalsozialismus machen, wie Morton Schatzman meinte (1974, S. 141ff.),<br />

rückt das, auch wenn Schatzmans These üb<strong>er</strong>zogen ist, diese Geschichte in die<br />

Nähe d<strong>er</strong> Themen, die Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong> anzogen.<br />

Die Rezeption des Lebens und Wirkens von Moritz Schreb<strong>er</strong> und einem sein<strong>er</strong><br />

Söhne, Daniel Paul Schreb<strong>er</strong>, greift Themen wie Gen<strong>er</strong>ationenkonflikt,<br />

Sexualität, Erziehung und soziale Reglementi<strong>er</strong>ung auf. Die von Schreb<strong>er</strong> sen.<br />

empfohlenen Th<strong>er</strong>apiemethoden und Erziehungsratschläge kann man durchaus als<br />

Sinnbild<strong>er</strong> für soziale und politische Bedingungen v<strong>er</strong>stehen. Sie provozi<strong>er</strong>en<br />

Debatten üb<strong>er</strong> pädagogische Ab- und Zurichtung; zum Beispiel scheinen die<br />

orthopädischen Anwendungen sehr drastisch zu sein, körp<strong>er</strong>liche und seelische<br />

Bedürfnisse zu v<strong>er</strong>leugnen und die sattsam bekannten Erziehungsziele Disziplin,<br />

Unt<strong>er</strong>w<strong>er</strong>fung, Gehorsam gegenüb<strong>er</strong> den patriarchalen Autoritäten zu<br />

propagi<strong>er</strong>en, die den W<strong>er</strong>t des Individuums für gesellschaftliche Systeme<br />

bemessen und notfalls seine Z<strong>er</strong>störung in Kauf nehmen. G<strong>er</strong>ade Haltung wird zum<br />

Symbol für Anpassung.<br />

Daniel Paul Schreb<strong>er</strong>s Text und die Illustrationen zu Moritz Schreb<strong>er</strong>s<br />

Ratgeb<strong>er</strong>büch<strong>er</strong>n sind von groß<strong>er</strong> Bildhaftigkeit. So sind die kleinen,<br />

doppelköpfigen Knaben d<strong>er</strong> Turnanweisungen, gleichsam futuristisch im<br />

Bewegungsmoment festgehalten, von starkem visuellen Reiz. Ab<strong>er</strong> sie wecken auch<br />

Furcht und Schrecken, zumal wenn sie aus dem historischen Zusammenhang g<strong>er</strong>issen<br />

w<strong>er</strong>den. Faszini<strong>er</strong>end müssen für Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong> einige zunächst <strong>er</strong>schreckende<br />

Illustrationen, medizinische Hilfsinstrumente wie das „Kinnband“ od<strong>er</strong> die<br />

kurios, surreal, dadaistisch wirkenden Anleitungen für die Turnübungen,<br />

gewesen sein, die so und ähnlich zum Abbildungsrep<strong>er</strong>toire des 19. und 20.<br />

Jahrhund<strong>er</strong>ts gehören, und Daniel Paul Schreb<strong>er</strong>s Phantasien von kleinen<br />

Männ<strong>er</strong>n, d<strong>er</strong> Doppel- und Mehrköpfigkeit d<strong>er</strong> „flüchtig hingemachten Männ<strong>er</strong>“ und<br />

d<strong>er</strong> Mitpatientinnen und –patienten. In welchen Beziehungen die von beiden<br />

entworfenen Bild<strong>er</strong> zueinand<strong>er</strong> stehen, <strong>muss</strong> unklar bleiben. Die Beschreibungen<br />

d<strong>er</strong> „Engbrüstigkeitswund<strong>er</strong>“ von Schreb<strong>er</strong> jun. od<strong>er</strong> d<strong>er</strong> Gurte zur<br />

Haltungsv<strong>er</strong>bess<strong>er</strong>ung und zur Prophylaxe von Haltungsschwächen durch Schreb<strong>er</strong><br />

sen. w<strong>er</strong>den ab<strong>er</strong> Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong> ang<strong>er</strong>egt haben.<br />

Auß<strong>er</strong>halb des Moritz Schreb<strong>er</strong> v<strong>er</strong>ehrenden Schreb<strong>er</strong>gartenumfeldes steht Daniel<br />

Paul Schreb<strong>er</strong> im Zentrum d<strong>er</strong> öffentlichen Aufm<strong>er</strong>ksamkeit bzw. die v<strong>er</strong>muteten<br />

Folgen d<strong>er</strong> vät<strong>er</strong>lichen Erziehung für ihn. Das Int<strong>er</strong>esse am Vat<strong>er</strong> und an diesem<br />

sein<strong>er</strong> zwei Söhne wird imm<strong>er</strong> wied<strong>er</strong> für psychiatrische und pädagogische<br />

Debatten aktualisi<strong>er</strong>t, beispielsweise für die Auseinand<strong>er</strong>setzung mit den<br />

Elt<strong>er</strong>n- bzw. Vät<strong>er</strong>gen<strong>er</strong>ationen. Wenn Vat<strong>er</strong> Schreb<strong>er</strong> sein Int<strong>er</strong>esse von<br />

medizinisch<strong>er</strong> Tätigkeit zu pädagogisch<strong>er</strong> richtet und damit zunehmend<br />

charakt<strong>er</strong>liche Schwächen ins Auge fasst, macht g<strong>er</strong>ade diese Tendenz ihn für<br />

Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong> int<strong>er</strong>essant. Das Feindbild „Vat<strong>er</strong> Schreb<strong>er</strong>“ ist im Umfeld ein<strong>er</strong><br />

Auseinand<strong>er</strong>setzung mit autoritären Erziehungsmethoden v<strong>er</strong>ortet. Daniel Paul<br />

Schreb<strong>er</strong>s „Denkwürdigkeiten eines N<strong>er</strong>venkranken“, dieses Konglom<strong>er</strong>at von<br />

traumähnlichen Szenen und Wahnvorstellungen, diese naturwissenschaftliche und


esot<strong>er</strong>ische Mixtur, dies<strong>er</strong> theologische Komplex mit pathologischen Symptomen,<br />

entsprach sich<strong>er</strong> auch dem, was Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong> an Bild- und Textmat<strong>er</strong>ial<br />

konsumi<strong>er</strong>te.<br />

Weit<strong>er</strong>e Elemente d<strong>er</strong> Zeichnungen sind Strukturen, die an Holzlatten und<br />

–leisten <strong>er</strong>inn<strong>er</strong>n, die Beete abmessen und einhegen. Solche Holzleisten<br />

v<strong>er</strong>dichteten sich 1994 in „The Happy End of Kafka´s Am<strong>er</strong>ika“ zu Hochsitzen und<br />

–ständen, die eine bess<strong>er</strong>e Sicht auf das Spiel- und Sportfeld gewährleisten.<br />

Auf dem Feld befanden sich Tische für „Einstellungsgespräche“. Beispielsweise<br />

wurde Rob<strong>er</strong>t Musils Schreibtisch nachgebaut, an dem <strong>er</strong> den „Mann ohne<br />

Eigenschaften“ schrieb. Von den Hochsitzen aus können die AkteurInnen<br />

kontrolli<strong>er</strong>t w<strong>er</strong>den. Sie w<strong>er</strong>den ab<strong>er</strong> auch für Jäg<strong>er</strong> zum Abschuss frei gegeben:<br />

Abrichtung, Prüfung auf soziale bzw. ökonomische Kompatibilität, stete<br />

Gefährdung auch hi<strong>er</strong>.<br />

Die Zeichnungen<br />

Hi<strong>er</strong> sind alle nachweisbaren Zitate von Daniel Paul Schreb<strong>er</strong>.<br />

2 „WIR WOLLEN IHNEN DEN VERSTAND ZERSTÖREN“<br />

„Bei jed<strong>er</strong> Einstellung mein<strong>er</strong> Denktätigkeit <strong>er</strong>achtet Gott augenblicklich meine<br />

geistigen Fähigkeiten für <strong>er</strong>loschen, die von ihm <strong>er</strong>hoffte Z<strong>er</strong>störung des<br />

V<strong>er</strong>standes 86 (den ´Blödsinn`) für eingetreten und damit die Möglichkeit eines<br />

Rückzuges für gegeben.<br />

86 Daß dies das <strong>er</strong>strebte Ziel sei, wurde früh<strong>er</strong> ganz offen in d<strong>er</strong> vom ob<strong>er</strong>en<br />

Gotte ausgehenden, unzählige Male von mir gehörten Phrase ´Wir wollen Ihnen den<br />

V<strong>er</strong>stand z<strong>er</strong>stören` eingestanden. Neu<strong>er</strong>dings wird diese Phrase selten<strong>er</strong><br />

gebraucht, weil dieselbe bei beständig<strong>er</strong> Wied<strong>er</strong>holung ebenfalls auf eine Form<br />

des Nichtdenkungsgedankens hinauskommt.“ Denkwürdigkeiten, S. 206<br />

3 „Ihr habt nun einmal das Wett<strong>er</strong> vom Denken eines Menschen abhängig gemacht.“<br />

„And<strong>er</strong>e Redewendungen des nied<strong>er</strong>en Gottes waren theils an meine Adresse, theils<br />

gewiss<strong>er</strong>maßen durch meinen Kopf hindurch gesprochen – an meine Adresse des<br />

Collegen, des ob<strong>er</strong>en Gottes, g<strong>er</strong>ichtet; <strong>er</strong>st<strong>er</strong>es namentlich in d<strong>er</strong> schon<br />

mitgetheilten Redewendung: ´V<strong>er</strong>gessen Sie nicht, daß Sie an die<br />

Seelenauffassung gebunden sind`, letzt<strong>er</strong>es z.B. in den Phrasen: ´V<strong>er</strong>gessen Sie<br />

nicht, daß alle Darstellung ein Unsinn ist` od<strong>er</strong> ´V<strong>er</strong>gessen Sie nicht, daß das<br />

Weltende ein Wid<strong>er</strong>spruch in sich selb<strong>er</strong> ist`, od<strong>er</strong> ´Ihr habt nun einmal das<br />

Wett<strong>er</strong> vom Denken eines Menschen abhängig gemacht`, od<strong>er</strong> ´Ihr habt nun einmal<br />

jede heilige Beschäftigung` (d.h. durch die mannigfachen <strong>er</strong>schw<strong>er</strong>enden Wund<strong>er</strong>,<br />

das Klavi<strong>er</strong>spielen, das Schachspielen usw. nahezu) ´unmöglich gemacht`.“<br />

Denkwürdigkeiten, S. 182f.<br />

4 „Regen Sie sich nur geschlechtlich auf“<br />

„Namentlich die Redensarten ´Die Wollust ist gottesfürchtig geworden` und<br />

´Regen Sie sich nur geschlechtlich auf` wurden früh<strong>er</strong> sehr häufig aus dem Munde<br />

d<strong>er</strong> von dem nied<strong>er</strong>en Gotte ausgehenden Stimmen gehört.“ Denkwürdigkeiten, S.<br />

285<br />

„Namentlich kommt hi<strong>er</strong>bei eine Anzahl d<strong>er</strong> nicht ächten, sond<strong>er</strong>n nur zum<br />

´Auswendigl<strong>er</strong>nen` od<strong>er</strong> ´Einbläuen` v<strong>er</strong>wendeten Redensarten des nied<strong>er</strong>en<br />

Gottes (Ariman) in Betracht, die zum Theil schon früh<strong>er</strong> <strong>er</strong>wähnt sind (Kap. XIII<br />

und Kap. XXI d<strong>er</strong> Denkwürdigkeiten) und auf die ich in dem gegenwärtigen<br />

Zusammenhange noch einmal zurückkomme (´Hoffen <strong>doch</strong>, daß die Wollust einen Grad<br />

<strong>er</strong>reicht`; ´die dau<strong>er</strong>nden Erfolge sind auf Seiten des Menschen`; ´all<strong>er</strong> Unsinn<br />

hebt sich auf`; ´regen Sie sich nur geschlechtlich auf`; ´die Wollust ist<br />

gottesfürchtig geworden` usw. usw.“ Denkwürdigkeiten, S. 329<br />

5 „Ab<strong>er</strong> freilich; (gesprochen;) A-A-A-A-B-E-E-E-R<br />

„Ein ´ab<strong>er</strong> freilich` gesprochen ´a-a-a-a-b-e-e-e-r fr-ei-ei-ei-li-i-i-i-ch`,<br />

od<strong>er</strong> ein ´Warum sch. . . . . Sie denn nicht?` gesprochen ´W-a-a-a-r-r-u-m sch-


ei-ei-ei-ß-e-e-n Sie d-e-e-e-e-n-n- n-i-i-i-i-icht?` beansprucht jedesmal<br />

vielleicht 30 bis 60 Sekunden, ehe es vollständig h<strong>er</strong>auskommt.“<br />

Denkwürdigkeiten, S. 223<br />

6 „Schämen Sie sich denn nicht vor iHr<strong>er</strong> Frau GemaHlin?“<br />

„Diejenigen Strahlen freilich, die von dem Bestreben, mich ´liegen zu lassen`<br />

und mir zu diesem Behufe den V<strong>er</strong>stand zu z<strong>er</strong>stören, ausgingen, v<strong>er</strong>fehlten<br />

nicht, sich alsbald eines – heuchl<strong>er</strong>ischen – Appells an mein männliches<br />

Ehrgefühl zu bedienen; eine d<strong>er</strong> seitdem bei jedem H<strong>er</strong>vortreten d<strong>er</strong><br />

´Seelenwollust` unzählige Male wied<strong>er</strong>holten Redensarten lautete dahin:<br />

´Schämen Sie sich denn nicht vor Ihr<strong>er</strong> Frau Gemahlin?` od<strong>er</strong> auch noch gemein<strong>er</strong>:<br />

´Das will ein Senatspräsident gewesen sein d<strong>er</strong> sich f . . . läßt?`“<br />

Denkwürdigkeiten, S. 177<br />

„D<strong>er</strong> Grund davon ist b<strong>er</strong>eits früh<strong>er</strong> angegeben worden; je mehr die Seelenwollust<br />

meines Körp<strong>er</strong>s sich gesteig<strong>er</strong>t hat – und diese ist in Folge des ununt<strong>er</strong>brochen<br />

fortdau<strong>er</strong>nden Zuströmens von Gottesn<strong>er</strong>ven in rapidem, stetigem Wachsthum<br />

begriffen, um so mehr ist man genöthigt, die Stimmen imm<strong>er</strong> langsam<strong>er</strong> sprechen<br />

zu lassen, um mit den dürftigen, imm<strong>er</strong> wied<strong>er</strong>kehrenden Phrasen, 114 üb<strong>er</strong> die man<br />

v<strong>er</strong>fügt, die ungeheu<strong>er</strong>en Entf<strong>er</strong>nungen, welche die Ausgangsstellen von meinem<br />

Körp<strong>er</strong> trennen, zu üb<strong>er</strong>brücken.<br />

114 ´Hätten Sie nicht Seelenmord getrieben`; ´nun muß <strong>er</strong> <strong>doch</strong> <strong>wohl</strong> <strong>mürbe</strong> sein`;<br />

´das will ein Senatspräsident gewesen sein`; ´schämen Sie sich denn nicht`<br />

scil. vor Ihr<strong>er</strong> Frau Gemahlin?; ´warum sagen Sie´s nicht` scil. laut? ´sprechen<br />

Sie noch´ scil. fremde Sprachen? ´das war nu nämlich` scil. nach d<strong>er</strong><br />

Seelenauffassung zuviel u.s.w. u.s.w.“ Denkwürdigkeiten, S. 310f.<br />

S. 228, Nachträge, <strong>er</strong>ste Folge, IV. Halluzinationen betreffend (Februar 1901):<br />

„Sind auf die angegebene Weise die ´inn<strong>er</strong>en Stimmen` zum Schweigen gebracht, so<br />

<strong>er</strong>tönen dann in Folge d<strong>er</strong> wied<strong>er</strong> nothwendig gewordenen Annäh<strong>er</strong>ung d<strong>er</strong> Strahlen<br />

irgendwelche beliebige Worte aus den Kehlen d<strong>er</strong> mit mir sprechenden Vögel v o n<br />

a u ß e n h e r an mein Ohr. Was diese inhaltlich ausdrücken, ist mir natürlich<br />

gleichgiltig; daß ich mich – nach jahrelang<strong>er</strong> Gewöhnung – nicht mehr beleidigt<br />

fühlen kann, wenn mir von einem Vogel, den ich gelegentlich fütt<strong>er</strong>te, etwa<br />

zug<strong>er</strong>ufen (od<strong>er</strong> richtig<strong>er</strong> zugelispelt) wird ´Schämen Sie sich nicht` (vor Ihr<strong>er</strong><br />

Frau Gemahlin)? und d<strong>er</strong>gleichen, wird man v<strong>er</strong>ständlich finden.“<br />

Denkwürdigkeiten, S. 312<br />

7 „PUNKTFUNAMENT [sic] STREIFENFUNDAMENT RINGFUNDAMENT FUNDAMENPLATTE [sic]<br />

Diese Worte konnten nicht gefunden w<strong>er</strong>den.<br />

8 <strong>„Nun</strong> sollte d<strong>er</strong>jenige (<strong>er</strong>g: denken, sagen:) will ich mich darin <strong>er</strong>geben, dass<br />

ich dumm bin.”<br />

„Denn genau in d<strong>er</strong>selben Weise wied<strong>er</strong>holen sich nun schon seit Jahren einen Tag<br />

wie den and<strong>er</strong>n die nämlichen Erscheinungen, insbesond<strong>er</strong>e bei jed<strong>er</strong> Pause mein<strong>er</strong><br />

Denkthätigkeit (dem Eintritt des sogenannten Nichtsdenkungsgedankens) sofort<br />

im <strong>er</strong>sten Gesichte (Augenblick) d<strong>er</strong> V<strong>er</strong>such, sich zurückzuziehen und die<br />

Annahme, daß ich nunmehr dem Blödsinn v<strong>er</strong>fallen sei, die gewöhnlich in d<strong>er</strong><br />

alb<strong>er</strong>nen Phrase zum Ausdruck kommt ´Nun sollte d<strong>er</strong>jenige (scil. denken od<strong>er</strong><br />

sagen) will ich mich darein <strong>er</strong>geben, daß ich dumm bin`, worauf dann in<br />

geistlosem Ein<strong>er</strong>lei nach Art eines Lei<strong>er</strong>kastens die übrigen abgeschmackten<br />

Redensarten ´Warum sagen Sie´s nicht (laut)?` od<strong>er</strong> ´Ab<strong>er</strong> freilich wie lange<br />

noch` (scil. wird Ihre V<strong>er</strong>theidigung gegen die Strahlenmacht noch von Erfolg<br />

sein) u.s.w. u.s.w. wied<strong>er</strong> einsetzen, bis ich von neuem zu ein<strong>er</strong> von dem<br />

ungeschwächten Vorhandensein mein<strong>er</strong> Geisteskräfte zeugenden Beschäftigung<br />

v<strong>er</strong>schreite.“ Denkwürdigkeiten, S. 186<br />

„Es hätten eigentlich zu lauten die Redensarten<br />

No. 1. Nun will ich mich darein <strong>er</strong>geben, daß ich dumm bin; [...]“<br />

Denkwürdigkeiten, S. 217f.


10 „wenn nur das v<strong>er</strong>fluchte Nägelputzen aufhörte“<br />

„Thatsächlich weiß man ab<strong>er</strong> nun schon seit Jahren in Ermangelung eigen<strong>er</strong><br />

Gedanken im Wesentlichen Nichts weit<strong>er</strong> zu sprechen, als von den eigenen<br />

Wund<strong>er</strong>n, bezüglich d<strong>er</strong>en dann meine N<strong>er</strong>ven die entsprechenden<br />

Befürchtungsgedanken fälschungsweise unt<strong>er</strong>legt w<strong>er</strong>den (z.B. ´wenn nur meine<br />

Fing<strong>er</strong> nicht gelähmt würden`, od<strong>er</strong> ´wenn nur keine Kniescheibe nicht v<strong>er</strong>wund<strong>er</strong>t<br />

würde`) und f<strong>er</strong>n<strong>er</strong> jeweilig diejenige Beschäftigung, die ich g<strong>er</strong>ade vornehmen<br />

will, zu v<strong>er</strong>fluchen, (z.B. ´wenn nur das v<strong>er</strong>fluchte Klavi<strong>er</strong>spielen aufhörte`,<br />

sobald ich mich ans Klavi<strong>er</strong> setze od<strong>er</strong> selbst ´wenn nur das v<strong>er</strong>fluchte<br />

Nägelputzen aufhörte`, sobald ich mich anschicke, meine Nägel zu putzen.“<br />

Denkwürdigkeiten, S. 130<br />

Die Buchstützen<br />

Zu I: nachweisbare Zitate von Daniel Paul Schreb<strong>er</strong><br />

Zu II: nachweisbare Zitate von Daniel Gottlob Moritz Schreb<strong>er</strong><br />

II<br />

„meines übrigens eisenfesten Körp<strong>er</strong>s“<br />

„jeden schiefen Gedanken sogleich“<br />

„Wahnsinn durchtobte mein Gehirn bei Tag und Nacht. D<strong>er</strong> dadurch h<strong>er</strong>beigeführte<br />

ganz eigenthümliche und äuß<strong>er</strong>st lästige Kopfschm<strong>er</strong>z v<strong>er</strong>mehrte meine Leiden<br />

durch oft sich wied<strong>er</strong>holende Anfälle. [...] D<strong>er</strong> Trieb zum Bösen ward imm<strong>er</strong><br />

fürcht<strong>er</strong>lich<strong>er</strong> und durch jede Gelegenheit, welche die Möglichkeit, eine<br />

Missethat zu v<strong>er</strong>üben, vor Augen führte, von Neuem angefacht. [...] Meine<br />

Umgebungen gewahrten zwar an mir einiges V<strong>er</strong>fallensein meines übrigens<br />

eisenfesten Körp<strong>er</strong>s und zuweilen etwas mehr Gedankenlosigkeit und düst<strong>er</strong>es<br />

Wesen als gewöhnlich, schrieben dies ab<strong>er</strong> körp<strong>er</strong>lichem Un<strong>wohl</strong>sein zu. [...]<br />

Dies<strong>er</strong> gräßliche Zusand dau<strong>er</strong>te üb<strong>er</strong> 2 Jahre. [...] Da raffte ich endlich den<br />

letzten Rest mein<strong>er</strong> Geisteskraft zusammen und beschloß, jeden schiefen<br />

Gedanken sogleich im Entstehen gewaltsam zu unt<strong>er</strong>drücken.“<br />

Schreb<strong>er</strong>, Daniel Gottlob Moritz: Das Buch d<strong>er</strong> Gesundheit. Eine Orthobiotik nach<br />

den Gesetzen d<strong>er</strong> Natur und dem Baue des menschlichen Organismus. Leipzig 1839,<br />

in: Israels 1989, S. 39 ????<br />

„Unt<strong>er</strong> 50 Jahren nicht“<br />

„Bequemlichkeit haßte <strong>er</strong> und nannte sie V<strong>er</strong>weichlichung des Körp<strong>er</strong>s. So<br />

antwortete <strong>er</strong> z.B. eines Tages d<strong>er</strong> Mutt<strong>er</strong> hinsichtlich eines Wint<strong>er</strong>pelzes:<br />

´Unt<strong>er</strong> 50 Jahren nicht`. Als nun ab<strong>er</strong> die Mutt<strong>er</strong> ihm im 50. Lebensjahre,<br />

Weihnachten 1858, einen solchen schenkte, konnte <strong>er</strong>, ob<strong>wohl</strong> <strong>er</strong> sich Mühe gab,<br />

d<strong>er</strong> Mutt<strong>er</strong> nicht wehe zu tun, <strong>doch</strong> nicht v<strong>er</strong>b<strong>er</strong>gen, daß <strong>er</strong> den Pelz am liebsten<br />

wied<strong>er</strong> zurückgeben möchte. Und das geschah auch.“<br />

Siegel, (G.) Richard: Erinn<strong>er</strong>ungen an Dr. Moritz Schreb<strong>er</strong>: Nach B<strong>er</strong>ichten von<br />

seinen Töcht<strong>er</strong>n. D<strong>er</strong> Freund d<strong>er</strong> Schreb<strong>er</strong>v<strong>er</strong>eine 5, 205-209, S. 207, in: Israels<br />

1989, S. 67<br />

„ließ ein Kinnband von weichem Led<strong>er</strong>“<br />

„In nicht seltenen Fällen bildet sich zwischen beiden Kinnladen ein<br />

Mißv<strong>er</strong>hältnis durch vorh<strong>er</strong>rschendes Wachsthum d<strong>er</strong> Unt<strong>er</strong>kinnlade aus. [...] Ein<br />

Fall aus mein<strong>er</strong> eigenen Beobachtung, d<strong>er</strong> ein 8jähriges Mädchen betraf, wird<br />

sich am besten zur Mittheilung eignen, da d<strong>er</strong> fragliche Fehl<strong>er</strong> hi<strong>er</strong> in d<strong>er</strong><br />

markirtesten Weise h<strong>er</strong>vortrat [...] Ich ließ ein Kinnband von weichem Led<strong>er</strong><br />

f<strong>er</strong>tigen, wie es die beistehende Abbildung [10] darstellt [...]. D<strong>er</strong> Apparat<br />

blieb nur des Nachts zwanzig Monate hindurch in Anwendung, wurde nur in den<br />

lästig warmen Somm<strong>er</strong>nächten ausgelassen und v<strong>er</strong>ursachte übrigens nicht die<br />

g<strong>er</strong>ingsten Beschw<strong>er</strong>den.“<br />

Schreb<strong>er</strong>, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie od<strong>er</strong> Erziehung zur Schönheit durch<br />

naturgetreue und gleichmässige Förd<strong>er</strong>ung normal<strong>er</strong> Körp<strong>er</strong>bildung,<br />

lebenstüchtig<strong>er</strong> Gesundheit und geistig<strong>er</strong> V<strong>er</strong>edelung und insbesond<strong>er</strong>e durch


möglichste Benutzung speciell<strong>er</strong> Erziehungsmittel: Für Ält<strong>er</strong>n, Erzieh<strong>er</strong> und<br />

Lehr<strong>er</strong>. Leipzig, Friedrich Fleisch<strong>er</strong> 1858, S. 219f., in: Israels 1989, S. 83ff.<br />

I<br />

„Fähigkeit, im 1. Gesicht zu antworten“<br />

„In den <strong>er</strong>sten Jahren empfanden es meine N<strong>er</strong>ven in d<strong>er</strong> That als eine<br />

unwid<strong>er</strong>stehliche Nöthigung für jeden d<strong>er</strong> eingeleiteten Relativsätze, für jede<br />

d<strong>er</strong> angebrochenen Phrasen eine den menschlichen Geist befriedigende<br />

Fortsetzung zu finden, 95 so etwa, wie im gewöhnlichen, menschlichen V<strong>er</strong>kehr auf<br />

die Anfrage d<strong>er</strong> And<strong>er</strong>en regelmäßig eine Antwort gegeben zu w<strong>er</strong>den pflegt.<br />

95 Das V<strong>er</strong>mögen, dies, wie es die Erregung d<strong>er</strong> N<strong>er</strong>ven <strong>er</strong>ford<strong>er</strong>te, sofort im<br />

<strong>er</strong>sten Gesicht (Augenblicke) zu thun, bezeichnete man als ´die Fähigkeit, im<br />

<strong>er</strong>sten Gesichte zu antworten.`“ Denkwürdigkeiten, S. 219<br />

„Regen Sie sich nur geschlechtlich auf“<br />

S. 285, 329: siehe oben<br />

„Weil ich so dumm bin“<br />

„So höre ich, um nur eines von unzähligen Beispielen anzuführen, seit Jahren<br />

alltäglich Hund<strong>er</strong>te von Malen die Frage. ´Warum sagen Sie´s?` wobei die zur<br />

Ergänzung des Sinns eigentlich <strong>er</strong>ford<strong>er</strong>lichen Worte ´nicht laut?` weggelassen<br />

w<strong>er</strong>den und die Strahlen sich dann selbst gleichsam als von mir ausgesprochen<br />

die Antwort geben: ´Weil ich dumm bin so etwa.`“ Denkwürdigkeiten, S. 48<br />

„Dazu hatte man noch die maßlose Unv<strong>er</strong>schämtheit – ich kann keinen and<strong>er</strong>n<br />

Ausdruck dafür gebrauchen – mir zuzumuten, daß ich diesem gefälschten Blödsinn<br />

gewiss<strong>er</strong>maßen als meinen eigenen Gedanken lauten Ausdruck geben soll, also in<br />

d<strong>er</strong> Weise, daß sich an d<strong>er</strong> Phrase ´wenn nur das v<strong>er</strong>fluchte Klavi<strong>er</strong>spielen<br />

aufhörte` die Frage anschließt: ´Warum sagen Sie´s nicht (laut)? Und darauf<br />

wied<strong>er</strong> die gefälschte Antwort <strong>er</strong>folgt: ´Weil ich dumm bin, so etwa` od<strong>er</strong> auch<br />

´weil ich Furcht habe vor H<strong>er</strong>rn M.`“ S. 130f.<br />

„Strahlen nachlässig abgegeben“<br />

„Er klagte öft<strong>er</strong>s darüb<strong>er</strong>, daß ein ´Strahlenv<strong>er</strong>lust` stattfinde, daß d<strong>er</strong> Arzt<br />

´Strahlen nachlässig abgegeben` habe, ohne näh<strong>er</strong> zu <strong>er</strong>klären, was <strong>er</strong> darunt<strong>er</strong><br />

v<strong>er</strong>stehe.“<br />

(aus: I. G<strong>er</strong>ichtsärztliches Gutachten. Dr. Guido Web<strong>er</strong>, Anstaltsbezirks- und<br />

G<strong>er</strong>ichtsarzt, Sonnenstein, 9.12.1899, Denkwürdigkeiten, S. 381)<br />

<strong>„Nun</strong> muß <strong>er</strong> <strong>doch</strong> <strong>wohl</strong> <strong>mürbe</strong> <strong>sein“</strong><br />

„Es hätten eigentlich zu lauten die Redensarten [...] No. 4. Nun muß <strong>er</strong> <strong>doch</strong><br />

<strong>wohl</strong> <strong>mürbe</strong> sein, d<strong>er</strong> Schweinebraten; [...]<br />

Die wenig geschmackvolle Redensart vom Schweinebraten (ad 4) b<strong>er</strong>uht<br />

insbesond<strong>er</strong>e darauf, daß ich selbst einmal vor Jahren in d<strong>er</strong> N<strong>er</strong>vensprache mich<br />

d<strong>er</strong> bildlichen Redewendung von einem ´<strong>mürbe</strong>n Schweinebraten` bedient hatte.<br />

Denkwürdigkeiten, S. 218<br />

Lit<strong>er</strong>atur<br />

Daniel Paul Schreb<strong>er</strong>: Denkwürdigkeiten eines N<strong>er</strong>venkranken. Nebst Nachträgen.<br />

Mit einem Nachwort von <strong>Martin</strong> Burckhardt. B<strong>er</strong>lin, Kadmos V<strong>er</strong>lag 1995<br />

Heiligenthal, Pet<strong>er</strong>/Volk, Reinhard (Hg.): Denkwürdigkeiten eines<br />

N<strong>er</strong>venkranken. Von Daniel Paul Schreb<strong>er</strong>. Nachdruck: Bürg<strong>er</strong>liche Wahnwelt um<br />

Neunzehnhund<strong>er</strong>t. Wiesbaden, Focus-V<strong>er</strong>lag 1972. üb<strong>er</strong>nommen von Frankfurt a.M.,<br />

Syndikat 1973<br />

Israels, Han: Schreb<strong>er</strong>: Vat<strong>er</strong> und Sohn. Eine Biographie. München/Wien, V<strong>er</strong>lag<br />

Int<strong>er</strong>nationale Psychoanalyse 1989


Schatzman, Morton: Die Angst vor dem Vat<strong>er</strong>. Langzeitwirkung ein<strong>er</strong><br />

Erziehungsmethode. Eine Analyse am Fall Schreb<strong>er</strong>. Reinbek bei Hamburg, Ro<strong>wohl</strong>t<br />

1974<br />

Adriani, Götz (Hg.): <strong>Martin</strong> Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong>. Schattenspiel im Zweigw<strong>er</strong>k. Die<br />

Zeichnungen. ZKM Karlsruhe. Köln, DuMont 2003<br />

Taschen, Angelika/Riemschneid<strong>er</strong>, Burkhard (Hg.): Kippenb<strong>er</strong>g<strong>er</strong>.<br />

Köln/London/Los Angeles/Madrid/Paris/Tokyo, Taschen 2003

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