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Begegnung mit sportlichen teenagern im winterlichen nordindien<br />

22 GLOBETROTTER-MAGAZIN 100 winter 2012<br />

Hockeybegeisterung. Saida (links) und ihre Freundin Zahara auf dem zugefrorenen Fluss.


indien<br />

LADAKH<br />

Text: Oliver Schulz, Fotos: Achim Pohl in Ladakh, im norden indiens, ist der eishockeyboom ausgebrochen.<br />

Die Begeisterung hat auch auf junge Frauen übergegriffen. Oliver Schulz und Achim Pohl<br />

haben Saida und Padma, zwei talentierte Spielerinnen, zu Hause besucht und sich mit ihnen auf den<br />

weg, über den mit 5300 Metern dritthöchsten Strassenpass der welt, zu einem turnier gemacht.<br />

23


Wir treffen Saida<br />

Hadi am späten<br />

Nachmittag eines<br />

Januartags in Pargive,<br />

einem kleinen<br />

Dorf im westlichen<br />

Ladakh. Sie<br />

führt uns hinunter zum Fluss. Während die<br />

Sonne hinter dem schneebedeckten Himalaya<br />

versinkt, ziehen sich Saida und ihre Freundin<br />

Zahara die Halbschuhe aus und die Schlittschuhe<br />

an und gleiten in roten und blauen Pluderhosen<br />

aufs Eis des Chiktan-Flusses. Sie<br />

kämpfen um den Puck, der ein Stück Wurzelholz<br />

ist. Sie jagen um die dicken Pappeln, die<br />

aus dem gefrorenen Strom ragen. Sie lachen<br />

und keuchen in der kalten Hochgebirgsluft.<br />

Auf einer einfachen Tribüne aus Betonplatten<br />

hat sich eine Gruppe Jungs versammelt.<br />

Sie hantieren mit ihren<br />

Handys und schauen manchmal zu<br />

den Mädchen herüber. Ein paar<br />

kleine Kinder mit selbst gebastelten<br />

Schlitten aus zurechtgebogenen Benzinkanistern<br />

rutschen johlend einen<br />

zugefrorenen Seitenfluss hinab. Andere<br />

üben auf dem Eis mit selbst geschnitzten<br />

Schlägern aus Weidenzweigen<br />

Schüsse auf ein Tor, das sie<br />

mit Felsbrocken markiert haben. Zwei<br />

Yaks laufen auf der Suche nach trockenen<br />

Gräsern durch das Flussbett. Eine<br />

Alte sammelt Brennholz im Gestrüpp.<br />

Eishockeybegeisterung. Es war nicht leicht,<br />

Saida zu finden. Vor Monaten habe ich vom Eishockeyboom<br />

in Ladakh gehört und davon, dass<br />

der Sport jetzt auch bei den Mädchen immer<br />

beliebter wird. Ich habe mich zu Akshay Kumar<br />

durchtelefoniert, dem Chef des indischen Eishockeyverbandes.<br />

Er sicherte mir zu, in Ladakh<br />

Kontakt zu einem Mädchenteam herzustellen,<br />

und gab mir später die Adresse eines Mädchens<br />

durch, das weit im Westen des Landes wohnt.<br />

In Ladakhs Verwaltungshauptstadt Leh angekommen,<br />

telefonierte ich zunächst über eine<br />

schlechte Mobilverbindung mit einem Nachbarn<br />

des Mädchens in Pargive, um herauszufinden,<br />

ob sie wirklich im Ort war. Achim und ich<br />

hatten Glück: Saida war zu Besuch bei ihren Eltern.<br />

Wir verabredeten ein Treffen bei ihr und<br />

machten uns auf den Weg – 200 Kilometer<br />

durchs winterliche Ladakh. Unser Besuch kam<br />

ihr gelegen, denn sie würde mit uns nach Leh<br />

zurückfahren können, wo sie zur Schule ging.<br />

Auch wenn Eishockey in Ladakh erst heute<br />

richtig boomt, hat der Sport in der Region bereits<br />

eine jahrzehntelange Tradition. Die ersten<br />

öffentlichen Eishockeyspiele trugen die Ladakh<br />

Scouts, ein Batallion der indischen Armee, in<br />

den 70er-Jahren auf einem zugefrorenen Wasserreservoir<br />

in Leh aus. Die lokale Bevölkerung<br />

war begeistert, zumal es im langen, strengen<br />

Winter in dieser entlegenen Hochgebirgsregion<br />

an Abwechslung mangelte. Bald liessen die Ladakhi<br />

Kufen aus der nordindischen Stadt<br />

Frisch verschneit. Unterwegs von Saidas Dorf<br />

nach Leh (ganz oben).<br />

Schneeräumung. Die wichtigen Passübergänge<br />

werden vom Schnee befreit (Mitte oben).<br />

Dorf Pargive. Hier ist Saida aufgewachsen (unten).<br />

Selbstbewusst. Saida will Lehrerin werden und<br />

auf keinen Fall Hausfrau (rechts).<br />

Shimla einfliegen, wo sich zwei chinesische<br />

Handwerker auf deren Herstellung spezialisiert<br />

hatten, und schraubten diese unter ihre Winterschuhe.<br />

Mit gewöhnlichen Hockeystöcken<br />

und Gummipucks, die aus den Absätzen von<br />

Armeestiefeln geschnitten waren, lieferten sie<br />

sich auf dem Wasserreservoir im Zentrum Lehs<br />

die ersten sportlichen Wettkämpfe.<br />

Heute ist das Rückhaltebecken im Zentrum<br />

Lehs das bekannteste Eishockeyfeld Ladakhs.<br />

Und Ladakh ist Indiens Eishockey-Hochburg.<br />

Es gibt knapp 20 Clubs in der ganzen Region,<br />

vom muslimischen Westen bis hinauf in<br />

das von tibetischen Nomaden bewohnte<br />

Hochland im Osten. Darunter immerhin<br />

fünf Frauenmannschaften. Das ruppige<br />

Eishockey hat das körperlich nur bescheidenen<br />

Einsatz fordernde Bogenschiessen,<br />

den klassischen Sport der Region, zurückgedrängt.<br />

Unterwegs mit Saida. Es ist ein kalter<br />

Wintermorgen, als sich Saida von ihren<br />

Eltern in Pargive verabschiedet. Wir machen<br />

uns in einem Sammeltaxi auf den<br />

weiten Weg nach Phey, ein kleiner Ort unweit<br />

von Leh. In Phey spielt Saida in einem<br />

Team der Nichtregierungsorganisation<br />

Secmol, die zahlreiche Programme für Jugendliche<br />

anbietet. Zwei Nächte wird sie<br />

dort verbringen, bevor sie mit ihrer Mannschaft<br />

Richtung Osten weiterfährt. Im<br />

Hochland, an der chinesischen Grenze,<br />

nimmt ihr Team an einem Turnier teil.<br />

Nach einer halben Stunde erreicht unser<br />

Sammeltaxi das erste buddhistische<br />

Dorf. Auf der Hauptstrasse wehen Gebetsfahnen<br />

zwischen Strommasten, im Osten<br />

erheben sich vereiste Bergspitzen über<br />

24 GLOBETROTTER-MAGAZIN 100 winter 2012


indien<br />

Lamayuru. Eines der ältesten und schönsten<br />

Klöster in Ladakh (oben).<br />

Zusammenfluss. Der Zanskar-Fluss vereinigt<br />

sich mit dem Indus (rechts).<br />

Neugierig. Künftige Hockeyspielerinnen? (unten)<br />

Auf dem Weg den Pass hinauf schläft Saida<br />

immer wieder ein, den Kopf an die Schulter<br />

ihrer Tante gelehnt, die mit uns unterwegs ist,<br />

um in Leh Kleidung und Lebensmittel einzukaufen.<br />

Kurz hinter der Passhöhe zeigt das<br />

Mädchen auf das Kloster Lamayuru, ein fast<br />

tausendjähriger, fünfstöckiger Bau, der weissgetüncht<br />

auf einem nackten Felsen sitzt. «Eines<br />

der ältesten, eines der schönsten Klöster im<br />

Land», sagt die Muslima mit aufrichtigem Respekt.<br />

Im kleinen Ort Khaltse erreicht die Strasse<br />

das Indus-Tal. Unten im Fluss treiben Eisschollen.<br />

Saida und ihre Tante kaufen Chips und<br />

Kekse und verteilen sie an den Fahrer und die<br />

anderen Mitreisenden. Eine Stunde bevor wir<br />

Phey erreichen, bricht der Zanskar-Fluss aus<br />

einer Schlucht und vereinigt sich mit dem Indus.<br />

Der Zanskar ist weitgehend bedeckt von<br />

einer Eisschicht. Im Januar und Februar benutzen<br />

ihn die Einheimischen als Weg ins monatelang<br />

von der Aussenwelt abgeschnittene<br />

gleichnamige Tal. Und mittlerweile ist der gefrorene<br />

Fluss auch bei verwegenen Touristen<br />

als spektakuläre Winterwanderung beliebt.<br />

Am frühen Nachmittag taucht Phey auf einem<br />

Plateau über dem Indus auf, ein kleiner<br />

Ort aus einfachen Lehmbehausungen. Zwei<br />

Bauernjungen in Wollpullovern und Jeans<br />

schlagen Holz am Strassenrand. Ein Mönch<br />

mit einer offenen Lederjacke über der roten<br />

Robe rollt auf einem Motorrad vorbei. Im Winter<br />

ist es tagsüber oft erstaunlich warm in Ladakh,<br />

während die Temperaturen nachts bis<br />

unter minus 30 Grad fallen können. Unterhalb<br />

des Campus von Secmol liegt der einstige Eishockeyplatz,<br />

der derzeit vor allem zum Bogenschiessen<br />

benutzt wird. Die Flut von 2010,<br />

Folge eines ungewöhnlich starken Gewitters,<br />

dem 4100 Meter hohen Fatu-Pass. Saida trägt<br />

einen traditionellen knielangen Umhang aus<br />

Wolle und türkisfarbene Hosen. Ihre Fingernägel<br />

sind orange lackiert. Die 19-Jährige ist<br />

froh, zurück nach Phey zu kommen. Und in<br />

die nahe Stadt Leh, wo sie auf die weiterführende<br />

Schule geht. Englisch, Urdu und Politikwissenschaften<br />

sind ihre Hauptfächer. «In Phey<br />

ist mehr los als in meinem Dorf. Wir haben<br />

immer Strom, auch nachts. Und wir treffen<br />

Leute aus dem ganzen Land, manchmal auch<br />

Touristen.» Sie möchte einmal Urdu-Lehrerin<br />

werden. «Um den Armen in meinem Dorf Lesen<br />

und Schreiben beizubringen. Oder Reiseleiterin»,<br />

sagt sie. Auf keinen Fall will Saida<br />

Hausfrau werden wie ihre Mutter.<br />

In der Nacht ist etwas Schnee gefallen, doch<br />

nun klettert die Morgensonne rasch in den tiefblauen<br />

Himmel. Die schattigen Flanken des<br />

Himalaya sind verschneit bis ins breite Tal hinab.<br />

Das Taxi überquert vereiste Flüsse und<br />

Bäche, Wasserfälle sind in ihrer Bewegung erstarrt.<br />

hat die Anlage im vergangenen Sommer fortgerissen.<br />

In der Hauptstadt Leh wurden dabei<br />

ganze Strassenzüge weggeschwemmt; etwa 200<br />

Menschen starben. «Zum Spielen müssen wir<br />

jetzt runter zum Fluss», sagt Saida. «Das ist aber<br />

ein weiter Weg, das Training ist in diesem Winter<br />

daher oft ausgefallen.»<br />

Training mit Padma. 16 Kilometer entfernt<br />

und 18 Stunden später steht eine andere Spielerin<br />

des Secmol-Teams auf dem Eishockeyplatz<br />

der Hauptstadt Leh. Das Mädchen heisst<br />

Padma Chosrul und ist so etwas wie ein lokaler<br />

Star. Mit sechs Jahren hat die Schülerin aus dem<br />

buddhistischen Dorf Spituk das erste Mal den<br />

Puck übers Eis geschoben. Mit Secmol hat sie<br />

mehrmals die Mädchenmeisterschaften von<br />

Ladakh gewonnen. Im vergangenen Jahr hat<br />

der indische Eishockeyverband sie zum Training<br />

auf einen Ganzjahresplatz ins finnische<br />

Virumäki geschickt. Im fernen Norden hat sie<br />

25


am meisten irritiert, «dass es im<br />

Sommer nachts nicht dunkel wurde»,<br />

wie sie mit leicht amerikanisch<br />

klingendem Akzent sagt.<br />

An diesem Morgen lässt sich die<br />

15-Jährige mit einer Teamkollegin<br />

von Tundup Namgyal, dem Kapitän<br />

des indischen Nationalteams,<br />

coachen. Er will Padmas Angriffsspiel<br />

für das Turnier im Hochland<br />

verbessern. Tundup sagt: «Sie<br />

muss offensiver werden. Und direkter<br />

aufs Tor gehen.»<br />

Sie trainieren «Two Zero<br />

One», die Mädchen gleiten aus<br />

den Ecken auf den Trainer zu,<br />

umrunden ihn, passen einander<br />

zu und schiessen aufs leere Tor.<br />

Sie üben «One on One», das Ausbrechen<br />

aus der eigenen Hälfte,<br />

und «Two on One», wobei sie<br />

Tundup im Mittelfeld auspassen,<br />

bevor sie hart aufs Tor schiessen.<br />

Padma trägt eine Jogginghose<br />

und ein Fleece-Oberteil. Sie ist<br />

wendig und zierlich. Ihre Teamkollegin<br />

hat sich eine Skihose<br />

übergezogen. Tundups Gesicht<br />

leuchtet rot unter einer dicken<br />

Pelzmütze.<br />

Um das mit gelben Holzplanken<br />

markierte Spielfeld herum sausen flinke<br />

kleine Jungs mit Rotznasen, eine Schnellläuferin<br />

schwingt ihre langen Kufen über das Eis.<br />

Eine Gruppe buddhistischer Novizen in roten<br />

Roben nimmt kichernd und kaugummikauend<br />

auf der steinernen Balustrade Platz. Autos und<br />

Kleinbusse laden Kinder ab, die zum Training<br />

kommen. Leichter Schneefall setzt ein. Der verlassene<br />

Palast von Leh auf einem Hügel über<br />

der Stadt ist kaum mehr zu sehen.<br />

Nach dem Training wärmen sich Padma<br />

und Tundup an einer Gasheizung im Haus der<br />

Forstbehörde. Der «Ladakh-Winter-Sports-<br />

Club» hat es für die Spielsaison gemietet. Kisten<br />

voller Trikots und Ausrüstung stehen herum.<br />

Auf einem Metalltablett wird süsser Tee<br />

serviert. Ein kleines Mädchen, das an einem<br />

Nachwuchstraining teilgenommen hat, möchte<br />

Treffpunkt Eisfeld. Saida, Padma und Freundinnen<br />

(links oben).<br />

Gute Stocktechnik. Padma ist schnell unterwegs<br />

auf dem Eis (rechts oben).<br />

Vor dem Training. Die Mutter hilft (links Mitte).<br />

Ehrung. Junge Sportlerinnen (rechts Mitte).<br />

Padma mit ihrer Mutter. Tradition und Moderne<br />

treffen sich (unten).<br />

abgeholt werden, weil es friert. Mohammed<br />

Bashir, Chef des Clubs, telefoniert mit seinen<br />

Eltern und platziert das Kind auf einem Sofa<br />

vor der Heizung. «Was wir hier in Ladakh haben»,<br />

sagt Bashir, «ist viel Zeit. Vor allem die<br />

Schulkinder, denn im Winter sind drei Monate<br />

Ferien. Was wir auch haben, ist viel Eis. Während<br />

dem ganzen Januar und Februar. Was uns<br />

aber fehlt, ist die Ausrüstung.» Die mittlerweile<br />

in Indien gefertigten Schuhe seien verhältnismässig<br />

teuer. Und die ladakhischen Tischler,<br />

die engagiert wurden, um Schläger aus Nussholz<br />

zu fabrizieren, kämen mit der Arbeit nicht<br />

nach. Daher werde das meiste Material weiterhin<br />

aus dem Ausland eingeflogen, und zwar im<br />

Gepäck von Touristen. «Von den Kanadiern<br />

zum Beispiel, die jeden Winter hier sind, um<br />

Turniere zu spielen. Woran es auch mangelt,<br />

sind erfahrene Trainer aus dem Ausland. Wir<br />

wollen auf internationaler Ebene konkurrenzfähig<br />

werden, vor allem die Herrenteams. Auch<br />

Fraueneishockey boomt. Noch vor einigen Jahren<br />

war es etwas Ungewöhnliches, wenn Mädchen<br />

spielten. Sie durften nur Eislaufen. 2005<br />

haben wir es dann geschafft, das erste Mädchenteam<br />

aufzustellen. Heute erlebe ich es oft,<br />

dass die Eltern ihre Töchter unterstützen. Eishockey<br />

ist für die Mädchen eine Chance, aus<br />

den Dörfern herauszukommen.» Es ist besonders<br />

die Organisation Secmol, die jungen Mädchen<br />

diese Möglichkeit bietet.<br />

Sportliche Auszeichnung. Am Nachmittag<br />

wird Padma mit anderen jungen Ladakhi für<br />

ihr sportliches Engagement geehrt. Im Versammlungsraum<br />

von Secmol haben sich Honoratioren<br />

und Studenten an niedrigen Holztischen<br />

versammelt. Auf einem Tisch auf der<br />

Bühne steht ein Bild des Dalai Lama. Padma<br />

hat sich eine blendend weisse Puma-Trainingsjacke<br />

angezogen, auf dem Rücken prangt der<br />

Schriftzug «India». Sie setzt sich in die hinterste<br />

Reihe.<br />

26 GLOBETROTTER-MAGAZIN 100 winter 2012


indien<br />

Karge Landschaft. Zwischen den Gebirgsketten<br />

des Himalaya und des Karakorum liegen die<br />

Hochtäler Ladakhs auf über 3000 Meter. Die<br />

höchsten Berge sind über 7000 Meter hoch.<br />

Eine Gruppe von Jungen und Mädchen besingt<br />

die Schönheit des Landesteils Zanskar<br />

und des Indus-Tals. Dazu stimmen sie Gyaling,<br />

schalmeiartige Blasinstrumente, an und schlagen<br />

metallene Trommeln. Ganz vorn sitzt ein<br />

blindes Mädchen mit einer chinesischen Bluse.<br />

Sie singt ein Solo, schlägt den Takt mit der<br />

Rechten und lächelt versonnen. Ladakhs Tradition<br />

trifft auf die Moderne. Ein Alter mit Gebetsmühle<br />

sitzt am Tisch und lässt sich von<br />

seiner Frau Tee in eine hölzerne Tasse füllen.<br />

Sie plaudern entspannt, bis der Nachwuchs hereinstürmt,<br />

das Handy am Ohr, den Laptop<br />

unter dem Arm.<br />

«Ladakh», sagt ein Mönch aus dem nahen<br />

Kloster von Spituk, der die letzte Rede<br />

an diesem Tag hält, «hat einzigartige Chancen.<br />

Wir haben eine lange Tradition, die<br />

auch im Westen viel Anerkennung erfährt.<br />

Und wir leben in einer der entlegensten Gegenden<br />

Indiens. Ladakh ist abgeschieden<br />

und offen zugleich. Deshalb können wir die<br />

äusseren Einflüsse dosieren.» Immer wieder<br />

schaut der Mönch zwischen seinen Worten<br />

dezent auf seine Armbanduhr. «Früher war<br />

Bogenschiessen der beliebteste Sport in unserem<br />

Land. Heute ist es Eishockey. Das Leben<br />

ist im Wandel. Das ist das Gesetz der<br />

Natur. Wir versperren uns dem nicht, aber<br />

wir schauen genau, welche Errungenschaften<br />

der Moderne wir uns zu eigen machen.<br />

Mässigung ist die buddhistische Tugend, die<br />

wir bei diesem Wandel einsetzen sollten.»<br />

Dann entschuldigt sich der Geistliche mehrmals,<br />

er muss weiter. «Es ist spät geworden,<br />

im Kloster warten die Mönche auf meine<br />

Unterweisungen.» Er erntet tosenden Applaus.<br />

Dann werden Sportler auf die Bühne gerufen.<br />

Ein Mann mit Skibrille und traditionellem<br />

rotem Gewand ehrt zwei Bogenschützen und<br />

eine Gruppe schüchtern kichernder Tänzerinnen.<br />

Dann ist Padma an der Reihe. Für ihre<br />

sportlichen Verdienste für Secmol legt der<br />

Mann ihr eine Khata um den Hals, einen tibetischen<br />

Begrüssungsschal aus weisser Seide.<br />

«Wir erleben eine neue Generation von Sportlerinnen»,<br />

sagt er. «Eishockey ist keine Männerdomäne<br />

mehr. Wir wünschen uns, dass<br />

noch mehr Mädchen in diesem Sport aktiv<br />

werden.» Padma lächelt stolz und verbeugt<br />

sich tief mit gefalteten Händen.<br />

Mit Verspätung ans Turnier. Padma kehrt<br />

mit einer weiteren Trophäe zurück in ihr<br />

kleines Dorf Spituk unterhalb von Leh.<br />

Der Schneefall nimmt stündlich zu. Sie<br />

PAKISTAN<br />

Mumbai<br />

Ladakh<br />

Delhi<br />

INDIEN<br />

Chennai<br />

NEPAL<br />

Ganges<br />

CHINA<br />

Kolkata<br />

sorgt sich, dass die Strasse hinauf nach Tangtse,<br />

wo das Turnier am übernächsten Tag beginnen<br />

soll, gesperrt werden könnte. «Wenn<br />

wir Pech haben, ist der Pass unbefahrbar.»<br />

Sie führt uns durch die engen Gassen Spituks.<br />

Eine Anzahl Frauen steht mit Kanistern<br />

vor einer Handpumpe für Trinkwasser an. Zwei<br />

Hunde bellen einen Esel an, dessen Rücken von<br />

einer dicken Schneeschicht bedeckt ist. Das<br />

Haus von Padmas Familie ist ein schmuckloser,<br />

zweistöckiger Steinbau. «Wir haben nicht viel<br />

Geld», sagt das Mädchen, als wir uns in die<br />

Küche setzen. Die relativ einfachen Verhältnisse,<br />

in denen sie lebt, sind ihr, die auch das<br />

modernere Indien im Süden und Europa kennengelernt<br />

hat, sichtlich peinlich. Ihre Mutter<br />

heizt den Ofen mit dünnen Holzscheiten ein.<br />

Sie serviert süssen Tee und getrocknete Aprikosen,<br />

die im südlichen Ladakh angebaut werden.<br />

Padma zeigt uns ein Bild aus dem finnischen<br />

Virumäki des vergangenen Sommers. Sie<br />

wirkt auf dem Bild verloren und klein zwischen<br />

etwa einhundert anderen Spielerinnen aus unterschiedlichen<br />

Ländern. Sie zeigt uns ihre Rollerblades<br />

und die Medaillen, die sie in den vergangenen<br />

Jahren gesammelt hat: Dutzende<br />

hängen an Nägeln an der Wand oder liegen in<br />

Pappschachteln.<br />

Wir fragen ihre Mutter, was sie darüber<br />

denkt, dass ihre Tochter Eishockey spielt wie<br />

ein Junge, zu Turnieren und ins Ausland fährt.<br />

«Padma ist die Jüngste von sieben Kindern»,<br />

sagt die Mutter. «Ihre grossen Brüder haben in<br />

Projekte für Studenten<br />

«Students Educational and Cultural Movement of<br />

Ladakh» (Secmol) ist eine Nichtregierungsorganisation,<br />

die 1988 von einer Gruppe junger Ladakhis ins<br />

Leben gerufen wurde. Die Organisation hat sich<br />

zum Ziel gesetzt, dem Schulsystem in<br />

Ladakh neue Impulse zu geben, Studenten<br />

zu unterstützen und jungen Menschen verschiedene<br />

Aktivitäten, wie z.B. Eishockey<br />

oder Eislaufen, zu ermöglichen. Ausserdem<br />

wurden Projekte für Solarenergie und<br />

Ökotourismus initiiert. Ein kleiner Campus<br />

in Phey, 18 Kilometer ausserhalb von Leh,<br />

bietet zudem 40 Studenten aus abgelegenen<br />

Berggebieten eine Wohnmöglichkeit.<br />

www.secmol.org<br />

Winter in Ladakh<br />

Die Hauptverkehrsverbindungen sind<br />

wegen der hohen Präsenz der indischen<br />

Armee in überraschend gutem Zustand.<br />

Bei Schneefall können sich die Verhältnisse<br />

aber sehr schnell ändern und Passübergänge<br />

geschlossen werden. Viele<br />

Hotels in Leh haben auch im Winter geöffnet.<br />

Die Tage sind moderat kalt, die Nächte<br />

eisig. Das einzige Hotel mit Zentralheizung<br />

ist das «Grand Dragon Ladakh».<br />

27


der Armee Eishockey gespielt. Es ist gut, wenn<br />

sie Sport macht. Das machen heute viele Mädchen.<br />

Vielleicht kann sie damit einmal Geld<br />

verdienen.»<br />

Am nächsten Tag ist das Secmol-Team – zusammen<br />

mit Saida, Padma und uns zwei –<br />

schon früh auf dem Weg ins 96 Kilometer entfernte<br />

Tangtse. Dort soll ein Wettkampf zwischen<br />

mehreren Männerteams und einigen<br />

Mädchenmannschaften aus ganz Ladakh stattfinden.<br />

Der Weg dorthin führt mitten durchs<br />

Karakorum-Gebirge. Der Bus klettert die Strasse<br />

vom breiten Indus-Tal hinauf in eine enge,<br />

tief verschneite Schlucht. Unterwegs werden<br />

wir von einem Armeeposten unterhalb des Passes<br />

gestoppt, die Strasse scheint gesperrt zu<br />

sein. Der Soldat telefoniert per Handy mit den<br />

Kollegen auf der Passhöhe und schaut besorgt<br />

in den wolkenverhangenen Himmel, aus dem<br />

es immer noch ohne Unterlass schneit. «Die<br />

Bulldozer sind an der Arbeit. Aber wenn es<br />

nicht aufklart, können sie die Strasse nicht<br />

freihalten. Kommt in zwei Stunden wieder.<br />

Dann sehen wir weiter.»<br />

Wir setzen uns mit den Mädchen in<br />

ein einfaches Restaurant und frühstücken<br />

Paratha, mit Gemüse gefülltes Fladenbrot.<br />

Dann machen wir einen Spaziergang hinunter<br />

zum Indus. Über brachliegende Terrassenfelder<br />

erreichen wir den tiefblau<br />

zwischen gefrorenen Rändern dahinfliessenden<br />

Strom, während der Himmel langsam<br />

heller wird. Als wir zwei Stunden später<br />

wieder beim Checkpost stehen, fragt<br />

der Soldat den Busfahrer, ob er Schneeketten<br />

hat. Erst als er bejaht, winkt er uns<br />

durch.<br />

Drei Stunden lang windet sich die Piste<br />

zum Chang-La, mit mehr als 5300 Metern der<br />

dritthöchste Strassenpass der Welt. Kurz vor<br />

der Passhöhe fährt sich der Bus im tiefen<br />

Schnee fest. Der Fahrer kratzt mit einer Schaufel<br />

Sand aus dem vereisten Seitenhang und<br />

wirft ihn unter den Bus. Aber erst mithilfe der<br />

Schneeketten gelingt es ihm, das Gefährt wieder<br />

auf die Spur zu bringen.<br />

Auf dem Pass stehen ein Tempel für den<br />

namensgebenden Yogi Baba und ein noch nicht<br />

fertiggestelltes zweistöckiges Gasthaus. Von<br />

hier aus fällt der Blick an klaren Tagen bis hinüber<br />

nach China und Pakistan, wohin einst<br />

ein südlicher Arm der Seidenstrasse verlief.<br />

Auch auf dem Weg talwärts schneit es ohne<br />

Unterlass. Wir sind alle erleichtert, als der Bus<br />

nach zwei Stunden endlich die Region Lalok<br />

und den Hauptort Tangtse, auf knapp 4000 Metern,<br />

erreicht. Ein Tal fast ohne Vegetation, in<br />

dem deutlich weniger Schnee liegt.<br />

Zeitvertreib bis zum Spiel. Tangtse liegt am<br />

westlichen Rand des Changthang, einer Hochebene,<br />

die sich bis tief nach Tibet hineinzieht<br />

und fast ausschliesslich von Nomaden bewohnt<br />

ist, die ihre Yak- und Schafherden über die<br />

Hochgebirgswüsten treiben. Der riesige Salzsee<br />

Pangong, durch den die umstrittene Grenze<br />

mit China verläuft, ist keine Autostunde entfernt.<br />

Das Land ist so karg, dass die Kiang, die<br />

wilden Esel Tibets, im Winter auf Nahrungssuche<br />

bis zum Dorf kommen. Erst 1994 wurde<br />

Ladakhs Osten für ausländische Besucher geöffnet.<br />

Heute ist das Hochplateau mit den Gebirgsseen<br />

und den Zeltdörfern der Nomaden<br />

ein beliebtes Touristenziel.<br />

Lalok ist auch das Herzland des Eishockey<br />

in Ladakh. Die Region ist noch kälter als die<br />

Gebiete im Süden, mit deutlich weniger Niederschlag.<br />

«Icehockey, the Sport of Eastern Ladakh»,<br />

steht auf einem Schild am Strassenrand<br />

Über 5000 Meter. Nur dank Schneeketten<br />

erreicht der Bus die Passhöhe (ganz oben).<br />

Turnierplatz. Auf dem Eisfeld in Tangtse wird<br />

gespielt (oben).<br />

Improvisiert. Die Stöcke sind zum Teil selbst<br />

gebastelt (links).<br />

kurz vor Tangtse. Ein Mönch mit Sonnenbrille<br />

und Pudelmütze knattert auf einem Motorroller<br />

durch den 300-Seelen-Ort, über seinem Rücken<br />

baumeln ein Eishockeyschläger und<br />

Schlittschuhe. Auf einem gefrorenen Teich hat<br />

sich eine Gruppe Jungs versammelt. Der Torwart<br />

benutzt ein grosses Holzbrett anstelle eines<br />

Schlägers. Ein Spieler hat ein gebogenes<br />

Stück Metallrohr auf einen Stock gesetzt und<br />

ist mit diesem ausgefeilten Schläger allen Verteidigern<br />

überlegen.<br />

Leider muss das Turnier in Tangtse um<br />

einen Tag verschoben werden. Durch die mit<br />

dem Schneefall einhergehenden hohen Temperaturen<br />

ist das Eis des Stadions nicht ganz<br />

gefroren, Pfützen glänzen auf der von Rissen<br />

durchzogenen Oberfläche. Wegen des schlechten<br />

Wetters sind auch weniger Teilnehmer<br />

angereist: Statt acht werden nur sechs Mannschaften<br />

spielen. Und nur zwei davon sind<br />

Mädchenteams. Das einzige Spiel der Secmol-<br />

Mädchen gegen die Lalok-Girls wird deshalb<br />

28 GLOBETROTTER-MAGAZIN 100 winter 2012


aufgeschnittenen Milchtüten und pinselt die<br />

rote Mittellinie und die beiden blauen Linien,<br />

die die Angriffszonen markieren, aufs Eis.<br />

Lautsprecher werden getestet. Ein Militärlaster,<br />

beladen mit einer Feldküche, bleibt im matschigen<br />

Ausläufer des Tangtse-Flusses hängen.<br />

Eine Gruppe Streifengänse marschiert schnatternd<br />

um das Eisfeld herum. Von der Ehrentribüne<br />

wird ein roter Teppich hinabgerollt. Ein<br />

Soldat stellt goldene Schilder des 11. Batallions<br />

darauf.<br />

Gegen neun Uhr soll das Turnier eigentlich<br />

beginnen. Gegen zehn Uhr rollen die Männerteams<br />

in Bussen und Kleintransportern heran.<br />

«Die Jungs in Ladakh sind manchmal etwas<br />

träge», sagt Padma. «Hoffentlich ist das Feld<br />

nicht in der Sonne geschmolzen, bis wir am<br />

Nachmittag dran sind.» Gemächlich ziehen<br />

sich die Jungen hinter der Tribüne ihre Ausrüstung<br />

an und nehmen am Spielfeldrand unter<br />

flatternden Gebetsfahnen Platz. Angchuk<br />

Norbu, Sektretär der «Lalok Sports Association»,<br />

schüttelt dem diensthabenden Colonel<br />

Kamal Mishra lange die Hand. Der Colonel<br />

wünscht «Best of Luck!». Beide setzen sich in<br />

der obersten Tribünenreihe bei einem Heizpilz<br />

auf bequeme Sessel und lassen sich von einem<br />

Soldaten Kaffee und Keksvariationen servieren.<br />

Endlich beginnt das erste Spiel. Die Jungs<br />

von Secmol treten gegen «Lalok-Red» an. Sie<br />

gewinnen unter den euphorischen Mikrofonindien<br />

Finalspiel. Das Secmol-Team spielt in Blau-Rot-<br />

Gelb und stürmt aufs gegnerische Tor (ganz oben).<br />

Handarbeit. Die blaue Linie wird aufs Eis gemalt<br />

(unten).<br />

gleichzeitig das Finale der Frauen sein. Das<br />

Secmol-Team gibt sich siegessicher. «Wir werden<br />

nicht verlieren», sagt Saida. «Ich werde<br />

kämpfen.»<br />

Die Mädchen nutzen den spielfreien Tag<br />

für einen Ausflug zum Kloster auf einem Felsen<br />

beim Ortsausgang. Mit Handykameras<br />

lichten sie sich gegenseitig vor Opferlämpchen<br />

und alten Rollbildern ab. Sie<br />

verbringen den Nachmittag<br />

bei Instant-Nudelsuppe und<br />

salzigem Buttertee aus gewaltigen<br />

chinesischen Thermoskannen<br />

im einfachen<br />

Hotel Yak-Mik, zu deutsch<br />

Yak-Auge. Am Abend verfolgen<br />

wir das Länderspiel der<br />

indischen Kricket-Nationalmannschaft<br />

im südafrikanischen<br />

Port Elizabeth auf einem<br />

Farbfernseher, den der<br />

Hotelinhaber neben Reihen<br />

überwinternder Geranien<br />

aufstellt. Als der Dieselgenerator<br />

oberhalb des Dorfes gegen<br />

zehn Uhr die Stromversorgung<br />

einstellt, ziehen wir uns ins einfache<br />

Zimmer zurück und gehen ins Bett. Die Mädchen<br />

schlafen in ihrem unbeheizten Raum unter<br />

drei Lagen Steppdecken. An den Fenstern<br />

blühen Eisrosen; draussen sinkt die Temperatur<br />

auf minus 25 Grad.<br />

Druck aufs Tor. Am nächsten Morgen ist der<br />

Himmel tiefblau und klar. Auf dem Turnierplatz,<br />

der der indischen Armee gehört, beginnen<br />

die Vorbereitungen für den ersten Spieltag.<br />

Unebenheiten werden mit einen Stück Wellblech<br />

weggekratzt. Ein Mann mischt Farbe in<br />

29


indien<br />

kommentaren eines Hobby-Speakers<br />

und dem Jubel und Gelächter aus den<br />

Zuschauerreihen: sportbegeisterte Soldaten<br />

in Zivil, Jugendliche und alte<br />

Mütterchen aus den umliegenden Gemeinden.<br />

Beim Folgespiel zwischen<br />

dem Team der «Indo-Tibetan-Border-<br />

Police» und «Lalok-Green» bekommt<br />

ein Stürmer die Schulter eines Verteidigers<br />

in die Nase und muss den Platz<br />

zeitweilig verlassen. «Das mag ich an<br />

diesem Sport», sagt die zierliche<br />

Padma. «Das Grobe, das Rempeln.<br />

Schade, dass Bodychecks bei Frauenspielen<br />

verboten sind.»<br />

Am Nachmittag hat sich unter der gleissenden<br />

Hochgebirgssonne eine grosse Pfütze in<br />

der Spielfeldmitte gebildet. «Warum müssen<br />

wir eigentlich immer unter schlechteren Bedingungen<br />

spielen als die Männer?», fragt<br />

Padma, bevor sie aufs Eis gleitet. Die Secmol-<br />

Mädchen tragen schmucke, rot-blau-gelbe Trikots,<br />

ihre Gegenspielerinnen schlichtes Dunkelblau.<br />

Das Auswärtsteam macht sofort Druck.<br />

Padma verteilt den Puck von Linksaussen an<br />

die Sturmspitzen. Saida spielt aussen rechts, sie<br />

bewegt sich kantig, fast männlich. Sie ist eine<br />

der grössten Spielerinnen auf dem Platz. Nur<br />

selten ist der Puck im Verteidigungsdrittel von<br />

Secmol. Nach zehn Minuten Spielzeit steht es<br />

2 : 0 für Secmol. Nach 15 Minuten passt Padma<br />

aus der Defensive auf Saida, die direkt ins Tor<br />

schiesst. Doch der Schiedsrichter entscheidet<br />

auf «Icing», unerlaubter Befreiungsschlag von<br />

jenseits der Mittellinie. «Eine eindeutige Situation»,<br />

kommentiert der Stadionsprecher. Saida<br />

lacht. «Es war eine Fehlentscheidung», sagt sie<br />

in der Pause. «Aber ich krieg den Puck noch<br />

rein.»<br />

Interessierte Zuschauer. Das Eishockeyturnier<br />

ist eine willkommene Abwechslung (links oben).<br />

Ehrentribüne. Auch der Colonel der indischen<br />

Armee freut sich am schnellen Spiel (oben).<br />

Speaker. Euphorische Kommentare durchs<br />

Mikrofon (links).<br />

Secmol im Angriff. Dank erhöhtem Druck aufs<br />

Tor der Lalok-Girls zum Sieg (links unten).<br />

Im zweiten Drittel erhöht Secmol den<br />

Druck; die Mittelstürmerin schiesst zwei Tore,<br />

doch Lalok kontert immer wieder. Padma ist<br />

ständig gezwungen, in die Verteidigung zurückzuweichen.<br />

Wenige Minuten vor Drittelende<br />

– Padma ist gerade draussen – kassiert<br />

Secmol das 4 : 1 und kurz darauf das 4 : 2. «Die<br />

Mädchen lassen den Rückraum zu sehr offen»,<br />

klagt sie keuchend auf der Bank. «Du siehst das<br />

viel zu verbissen», erwidert ein langhaariger<br />

Spieler des Secmol-Männer-Teams. Er lehnt<br />

lässig grinsend über der Metallbalustrade des<br />

Spielfelds.<br />

Im letzten Drittel baut Secmol die Führung<br />

um zwei weitere Tore aus. Doch auch die Lalok-<br />

Mädchen schiessen noch ein Tor. Aber es ist<br />

Saida, die kurz vor Abpfiff den letzten Treffer<br />

markiert, ein Schuss aus der Tiefe des Raums,<br />

mit voller Kraft an der rechten Schulter der<br />

gegnerischen Torhüterin vorbei. Stolz über den<br />

7 : 3-Sieg verlassen die Secmol-Mädchen den<br />

Platz. «Ich hätte geweint, wenn wir verloren<br />

hätten», sagt Saida.<br />

Gegen 17 Uhr wird alles so schnell zusammengeräumt,<br />

wie es aufgebaut wurde. Der rote<br />

Teppich wird wieder zusammengerollt, die goldenen<br />

Ständer des 11. Batallions werden eingesammelt.<br />

Die Soldaten laden die Feldküche<br />

samt leer getrunkener Plastikteebecher zurück<br />

auf den Lastwagen. Am nächsten Tag wird es<br />

drei weitere Spiele geben. Oder am übernächsten<br />

Tag, je nach Wetter.<br />

Als Saida und Padma nach dem Turnier in<br />

den Bus nach Hause steigen, scheint das Wetter<br />

wieder umzuschlagen. Ein graues Wolkenband<br />

schiebt sich über die Berge im Süden, und<br />

der Fahrer drängt zum Aufbruch. «Wir kommen<br />

da durch», sagt Saida zuversichtlich. «Notfalls<br />

laufen wir eben über den Pass.» Und<br />

Padma lächelt: «Wovor sollen wir uns fürchten?<br />

Angst ist etwas für Jungs.»<br />

mail@oliverschulz.net<br />

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