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Pionierjahre der deutschen Post in Kamerun - Golf Dornseif

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Harte <strong>Pionierjahre</strong> <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> <strong>Post</strong> <strong>in</strong> <strong>Kamerun</strong><br />

von <strong>Golf</strong> <strong>Dornseif</strong><br />

Zwischen 1900 und 1914 bemühte sich die deutsche <strong>Post</strong> um den Aufbau zahlreicher<br />

E<strong>in</strong>richtungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> jungen Kolonie <strong>Kamerun</strong> mit zunehmenden Erfolg.<br />

Wie die <strong>deutschen</strong> Fachbeamten zahllose organisatorische und technische Probleme zu<br />

lösen verstanden, verrät <strong>der</strong> folgende Bericht, gestützt auf zahlreiche Zeitzeugen und<br />

spätere Dokumentationen.<br />

Im Jahr 1882 schloss das Reichspostamt Berl<strong>in</strong> mit <strong>der</strong> Ree<strong>der</strong>ei Woermann <strong>in</strong> Hamburg e<strong>in</strong>en<br />

Vertrag über die Briefbeför<strong>der</strong>ung von und nach <strong>Kamerun</strong> <strong>in</strong> Form von sogenannten „Correspondenz<br />

Paketen“, die an Bord <strong>der</strong> Dampfer durch die Empfänger abgeholt werden mussten. Die Ree<strong>der</strong>ei<br />

erhielt als Bezahlung die vorgeschriebenen Seetransitgebühren (Durchgangsgebühren), und die<br />

jeweiligen Absen<strong>der</strong> zahlten die Sätze des Weltpostvere<strong>in</strong>s.<br />

Diesem Vertrag schloss sich am 27. Mai 1885 e<strong>in</strong> Abkommen über die Beför<strong>der</strong>ung von <strong>Post</strong>paketen<br />

zu den Liegeplätzen <strong>der</strong> Woermann Dampfer <strong>in</strong> Westafrika und Südwestafrika an. Es waren die ersten<br />

Schritte zur Schaffung amtlicher <strong>Post</strong>e<strong>in</strong>richtungen, denn vorher musste je<strong>der</strong> „re<strong>in</strong> privat“ se<strong>in</strong>e<br />

Korrespondenz zwischen Europa du Afrika erledigen.<br />

Die Planung e<strong>in</strong>er <strong>Post</strong>dienststelle <strong>in</strong> <strong>Kamerun</strong> regte Gouverneur von Soden zwei Jahre nach <strong>der</strong><br />

Kolonisierung an durch e<strong>in</strong>en Bericht für das Auswärtige Amt vom 24. August 1886. Jene Botschaft<br />

sandte <strong>der</strong> damalige Staatsekretär Herbert Graf Bismarck, Sohn des Reichskanzlers Otto von<br />

Bismarck, weiter an den Staatssekretär von Stephan.<br />

<strong>Post</strong>amt Duala <strong>in</strong> voller Besetzung


Dem Schreiben lag e<strong>in</strong>e BEKANNTMACHUNG des Gouverneurs vom gleichen Tag bei, die hier zitiert<br />

werden soll und e<strong>in</strong> anschauliches Bild <strong>der</strong> Verhältnisse vermittelt:<br />

BEKANNTMACHUNG Nummer 26 – Da es neuerd<strong>in</strong>gs wie<strong>der</strong>holt vorgekommen ist, dass die hier<br />

e<strong>in</strong>getroffenen und für <strong>Kamerun</strong> bestimmten <strong>Post</strong>säcke von unberufenen Händen geöffnet worden<br />

s<strong>in</strong>d, werden die Kapitäne <strong>der</strong> Schiffe, denen die <strong>Post</strong>säcke anvertraut wurden, für alle daraus<br />

entstehenden Verluste und Nachteile verantwortlich gemacht! Es ist Sache <strong>der</strong> Kapitäne, die ihnen für<br />

<strong>Kamerun</strong> übergebenen <strong>Post</strong>säcke an das hiesige Gouvernement auszuliefern.<br />

Im Interesse <strong>der</strong> Empfänger wird unmittelbar nach Ankunft jedes Dampfers e<strong>in</strong> Beamter zur Öffnung<br />

des <strong>Post</strong>sacks und Verteilung se<strong>in</strong>es Inhalts an die vielleicht anwesenden Empfänger an Bord ersche<strong>in</strong>en.<br />

E<strong>in</strong>e Verpflichtung hierzu kann jedoch zunächst nicht übernommen werden. Sollte e<strong>in</strong>e Stunde nach<br />

Ankunft des Dampfers e<strong>in</strong> Regierungsbeamter zur Öffnung <strong>der</strong> <strong>Post</strong>säcke an Bord nicht erschienen<br />

se<strong>in</strong>, so ist die <strong>Post</strong> <strong>in</strong> den Säcken durch den Kapitän <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kanzlei des Gouvernements abzuliefern.<br />

<strong>Kamerun</strong>, am 24. August 1886<br />

DER KASERLICHE GOUVERNEUR – (gezeichnet) von Soden<br />

Im Bericht wird weiter ausgeführt, dass „ich zu diesem Erlass durch die Tatsache veranlasst worden<br />

b<strong>in</strong>, weil neuerd<strong>in</strong>gs zweimal auf jeweils e<strong>in</strong>em britischen und e<strong>in</strong>em <strong>deutschen</strong> Dampfer die<br />

<strong>Post</strong>säcke – ohne Zweifel mit Zustimmung des Kapitäns – von dem ersten Besten, <strong>der</strong> an Bord<br />

erschien, geöffnet worden s<strong>in</strong>d und es nachher jedem e<strong>in</strong>zelnen <strong>Post</strong>empfänger überlassen werden<br />

musste sich se<strong>in</strong>e Briefe auf dem Dampfer zusammen zu suchen“.<br />

„Dass dies im allgeme<strong>in</strong>en Interesse nicht geduldet werden kann, ist selbstverständlich. Me<strong>in</strong>e hierauf<br />

bezogene Verordnung unterlässt absichtlich beson<strong>der</strong>e Vorschriften über die Behandlung <strong>der</strong> hier<br />

e<strong>in</strong>treffenden <strong>Post</strong>sachen, um nicht den Gauben zu erwecken, dass sich das Gouvernement jetzt als<br />

zuständige <strong>Post</strong>behörde für <strong>Kamerun</strong> aufspielen und sämtliche damit verbundenen Pflichten übernehmen<br />

wolle“.<br />

„Zur Zeit kostet je<strong>der</strong> mit e<strong>in</strong>em englischen Dampfer nach Deutschland verschickte und bis zu 15<br />

Gramm schwere Brief, weil er nicht frankiert werden kann, e<strong>in</strong>e Mark und zwanzig Pfennige. Je<strong>der</strong> mit<br />

e<strong>in</strong>em <strong>deutschen</strong> Dampfer versandte Brief ist aber nur mit zwanzig Pfennigen Porto belastet, falls <strong>der</strong><br />

Absen<strong>der</strong> reichsdeutsche <strong>Post</strong>wertzeichen besitzt“.<br />

<strong>Post</strong>auto vor <strong>der</strong> Agentur Kribi um 1912


„Me<strong>in</strong>es Wissens sollen die <strong>deutschen</strong> <strong>Post</strong>dampfer verpflichtet se<strong>in</strong>, deutsche Briefmarken vorrätig<br />

zu halten. Zu bedauern ist allerd<strong>in</strong>gs, dass die fraglichen Dampfer nicht immer direkt nach <strong>Kamerun</strong><br />

reisen und von Fall zu Fall ab Suellaba e<strong>in</strong> Boot mit <strong>Post</strong>sachen hierher schicken. We<strong>der</strong> die<br />

britischen noch die <strong>deutschen</strong> bei uns verkehrenden Ree<strong>der</strong>eien unterhalten <strong>in</strong> <strong>Kamerun</strong> Agenten,<br />

sodass <strong>der</strong> <strong>Post</strong>betrieb immer umständlicher und schwieriger zu werden droht.“--<br />

Generalpostmeister von Stephan ordnete daraufh<strong>in</strong> die Schaffung e<strong>in</strong>er <strong>Post</strong>agentur an. Sie sollte<br />

ähnlich e<strong>in</strong>gerichtet se<strong>in</strong> wie <strong>der</strong>artige Büros auf Samoa und den Tonga Inseln <strong>in</strong> den Händen <strong>der</strong><br />

Agenten deutscher <strong>Post</strong>dampfer. Am 1. Februar 1887 war es so weit: man eröffnete <strong>in</strong> Duala die erste<br />

deutsche <strong>Post</strong>agentur (<strong>in</strong> ganz Afrika).<br />

Gegen e<strong>in</strong>e Jahresvergütung von 600 Mark übernahm <strong>der</strong> beim Gouvernement beschäftigte Gärtner<br />

Friedrich Echter aus Ulm die Verantwortung nebenberuflich. Die Agentur befand sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wohnung<br />

des Gärtners mit täglichen Dienststunden zwischen 12 und 14 Uhr.<br />

In <strong>der</strong> Verlautbarung des Gouverneurs hieß es dazu ergänzend: „Unmittelbar nach <strong>der</strong> Ankunft e<strong>in</strong>es<br />

<strong>Post</strong>dampfers begibt sich <strong>der</strong> Agent (<strong>Post</strong>agent) an Bord, um die <strong>Post</strong> <strong>in</strong> Empfang zu nehmen.<br />

Innerhalb <strong>der</strong> ersten zwei Stunden nach Ankunft <strong>der</strong> <strong>Post</strong> f<strong>in</strong>det die Verteilung an Bord statt.<br />

Sendungen, die <strong>in</strong>nerhalb dieser Frist nicht abgeholt werden, verbleiben <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Post</strong>agentur zur<br />

Verfügung <strong>der</strong> Empfänger“.<br />

„Drei Stunden vor dem Auslaufen des Dampfers begibt sich <strong>der</strong> <strong>Post</strong>agent an Bord, um Briefsendungen<br />

bis zum Lichten des Ankers noch entgegen zu nehmen. Pakete werden nur auf <strong>der</strong> <strong>Post</strong>agentur<br />

zur Beför<strong>der</strong>ung angenommen. Nachdem <strong>der</strong> <strong>Post</strong>agent sich an Bord des später<br />

auslaufenden Dampfes e<strong>in</strong>gefunden hat, wird dort die <strong>Post</strong>flagge gehisst zum Nutzen des Publikums.“


Die <strong>deutschen</strong> <strong>Post</strong>dampfer <strong>der</strong> Woermann Ree<strong>der</strong>ei nehmen bis auf weiteres zur Beför<strong>der</strong>ung an:<br />

1. Gewöhnliche und e<strong>in</strong>geschriebene Briefe ohne Beschränkung des Gewichts.<br />

2. E<strong>in</strong>fache <strong>Post</strong>karten und <strong>Post</strong>karten mit Antwort-Teil.<br />

3. Drucksachen bis zu zwei Kilogramm Gewicht.<br />

4. Warenproben bis zu 250 Gramm Gewicht.<br />

5. Geschäftspapiere bis zu zwei Kilogramm Gewicht.<br />

6. <strong>Post</strong>pakete ohne Wertangabe bis zu fünf Kilogramm Gewicht.<br />

Die <strong>Post</strong>gebühren entsprechen den <strong>in</strong> Deutschland üblichen Gebühren gemäß den Sätzen des<br />

Weltpostvere<strong>in</strong>s (zum Beispiel 20 Pfennige je 15 Gramm Gewicht für Briefe).<br />

Ab 1. August 1887 wurden die e<strong>in</strong>treffenden <strong>Post</strong>sendungen nur noch an Land ausgegeben.<br />

Abgehende <strong>Post</strong> erledigte die Agentur ebenfalls an Land. Im August 1888 übernahm e<strong>in</strong> Fachbeamter<br />

aus <strong>der</strong> Heimat die <strong>Post</strong>agentur, <strong>der</strong> <strong>Post</strong>sekretär Almuth. Er war <strong>in</strong> Teilzeit für das Gouvernement<br />

tätig, sodass die Hälfte se<strong>in</strong>es Gehalts aus <strong>der</strong> Kasse des Auswärtigen Amts bestritten werden<br />

musste. Kompetenzstreitigkeiten blieben nicht aus. Erst ab April 1894 war <strong>der</strong> <strong>Post</strong>beamte „unabhängig“<br />

und Vorsteher e<strong>in</strong>e <strong>Post</strong>amts, genauer gesagt „<strong>Post</strong>meister“, ab 1907 „<strong>Post</strong>direktor“.<br />

Nachnahmepakete ohne Zahlungsfähigkeit <strong>der</strong> Empfänger<br />

Durch „Allerhöchste Verordnung“ vom 24. April 1908 erhielt das <strong>Post</strong>amt Duala „die Befugnisse allgeme<strong>in</strong><br />

übertragen, welche <strong>in</strong> dem Gesetz, betreffend die Rechtsverhältnisse <strong>der</strong> Reichsbeamten vom<br />

31. März 1873 den höheren Reichsbehörden beigelegt s<strong>in</strong>d“. Das bedeutete e<strong>in</strong>e umfangreichere<br />

„Dienststrafgewalt“. Man bildete e<strong>in</strong>en „Ausschuss zur Öffnung unzustellbarer <strong>Post</strong>sendungen“,<br />

regelte den Heimaturlaub <strong>der</strong> <strong>Post</strong>beamten und an<strong>der</strong>es mehr.<br />

Palaverhaus Duala 1894 mit <strong>Post</strong>amt und Telegraph


Der <strong>Post</strong>dienstraum und die Wohnung des <strong>Post</strong>sekretärs <strong>in</strong> Duala waren <strong>in</strong> den ersten Jahren des<br />

<strong>Post</strong>betriebs nache<strong>in</strong>an<strong>der</strong> <strong>in</strong> zwei kle<strong>in</strong>eren Gebäuden des Gouvernements untergebracht. Es folgte<br />

<strong>der</strong> Umzug <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en neu errichteten zweigeschossigen Massivbau, das sogenannte Palaverhaus auf<br />

dem Terra<strong>in</strong> <strong>der</strong> Jossplatte.<br />

Im gleichen Gebäude befanden sich anfangs noch die Dienst- und Wohnräume mehrerer Beamter des<br />

Gouvernements. Bald wurde <strong>der</strong> verfügbare Raum zu knapp, sodass die <strong>Post</strong> e<strong>in</strong>en Neubau (als<br />

Mieter) bezog: Das Grundstück erwarb man vom Duala-Häuptl<strong>in</strong>g Manga Bell. Die jährliche Miete<br />

betrug 10.000 Mark: Großzügige Schalterräume, Warteräume sowie zahlreiche Schließfächer konnten<br />

sich sehen lassen.<br />

Die zweite deutsche <strong>Post</strong>agentur entstand am 24. Dezember 1888 <strong>in</strong> dem erst 1887 von Deutschland<br />

übernommenen Ort Victoria am Fuß des <strong>Kamerun</strong> Gebirges. Es folgten: Bibundi (5. Juli 1891), Grossbatanga<br />

(1. März 1893) Kribi (10 August 1894) und Rio del Rey (9. Januar 1897). E<strong>in</strong>e Briefzustellung<br />

war zu ke<strong>in</strong>er Zeit möglich. Zugestellt wurden nur Telegramme und die Auffor<strong>der</strong>ungen zu Gesprächen<br />

von den Öffentlichen Fernsprechstellen. Die <strong>Post</strong> musste also stets abgeholt werden.<br />

Zur Abholung <strong>der</strong> Heimatpost, wenn dies erst <strong>in</strong> den Abendstunden möglich war, kamen die Europäer<br />

fast immer persönlich, um e<strong>in</strong> bisschen zu schwatzen, im übrigen sandten sie ihre Boys. Die<br />

e<strong>in</strong>treffende Europapost musst unbed<strong>in</strong>gt ohne Verzögerung noch am gleichen Tag ausgeliefert<br />

werden. Trafen die Dampfer erst am späten Nachmittag im Hafen e<strong>in</strong>, dauerte die Briefausgabe an<br />

den Schaltern oft bis Mitternacht. Die Verteilarbeit nahm <strong>in</strong> Duala etwa fünf bis sechs Stunden <strong>in</strong><br />

Anspruch nach Ankunft e<strong>in</strong>es Schiffs, wenn sämtliche Kräfte (neun Weiße und 20 Farbige) zur<br />

Verfügung standen<br />

Die im Lauf <strong>der</strong> Jahre immer umfangreicher werdende Paketpost übernahm das Zollamt; denn das<br />

Schutzgebiet erhob eigene Zollgebühren. Die meisten Pakete waren an E<strong>in</strong>geborene gerichtet und mit<br />

Nachnahme belastet, was reichlich Zeitaufwand bedeutete. Viele Schwarze hatten nicht genug Geld,<br />

Militärische Funkstation Edea ab 1907 mit Fesselballon-Antenne


um die Nachnahme e<strong>in</strong>zulösen. Wegen Platzmangel mussten die Lagerfristen verkürzt werden. Es<br />

lagerten meistens 400 bis 500 nicht e<strong>in</strong>gelöste Nachnahmepakete im Zollschuppen. Das Problem: Die<br />

E<strong>in</strong>geborenen bestellten (ohne S<strong>in</strong>n und Verstand)) zahllose Erzeugnisse, die sie zu ke<strong>in</strong>er Zeit<br />

bezahlen konnten mangels ausreichenden E<strong>in</strong>kommens!<br />

Bis 1914 stieg die Zahl <strong>der</strong> weißen <strong>Post</strong>fachbeamten <strong>in</strong> <strong>Kamerun</strong> auf <strong>in</strong>sgesamt 32: e<strong>in</strong> <strong>Post</strong>direktor,<br />

zwei <strong>Post</strong><strong>in</strong>spektoren, 17 Sekretäre sowie 12 Leitungsaufseher für die Telegraphie. Nahezu 100 Farbige<br />

standen im Dienst de <strong>deutschen</strong> <strong>Post</strong> als Hilfskräfte (Boten, Telegraphen-Leitungen).<br />

Die Schaffung <strong>der</strong> neuartigen Seekabelverb<strong>in</strong>dungen wäre ohne zahlreiche farbige Helfer kaum möglich<br />

gewesen. Zunächst wurden durch Vermittlung <strong>der</strong> britischen Seekabel-Gesellschaft, die ihren Sitz<br />

<strong>in</strong> Bonny (Nigeria) hatte, drei ausgebildete, gut englisch sprechende Telegraphisten von <strong>der</strong> Gold<br />

Coast und aus Sierra Leone nach <strong>Kamerun</strong> delegiert.<br />

Die Männer verfügten ohne Zweifel über alle erfor<strong>der</strong>liche Qualifikationen, machten bei ihrer Ankunft<br />

aber sogleich Schwierigkeiten: sie klagten über Heimweh, verlangten höheren Lohn und bessere<br />

Quartiere, wollten ke<strong>in</strong> Deutsch lernen und zeigen wenig Interesse am <strong>Post</strong>betrieb. Der Telegraphist<br />

Cole floh im Dezember 1893, <strong>der</strong> Kollege Adams verschwand 1894, e<strong>in</strong> gewisser Noah 1898 und e<strong>in</strong><br />

nachgereichter Ersatzmann 1899.<br />

Unter solchen dramatischen Umständen entschloss sich das Gouvernement, <strong>Kamerun</strong>er aus Regierungs-<br />

und Missionsschulen mit technischer Begabung selber auszubilden sowie e<strong>in</strong>ige empfohlene<br />

Schwarze aus Togo e<strong>in</strong>zustellen. Die <strong>Post</strong> machte mit allen erfreuliche Erfahrungen. Viele hatten e<strong>in</strong>e<br />

vorzügliche Handschrift, e<strong>in</strong>ige beherrschten sogar die Schreibmasch<strong>in</strong>e.<br />

Es gab allerd<strong>in</strong>gs „Langf<strong>in</strong>ger“, die <strong>in</strong> die Amtskasse griffen, wenn es an ständiger Kontrolle fehlte.<br />

E<strong>in</strong>ige Farbige verwalteten selbständig kle<strong>in</strong>e <strong>Post</strong>agenturen und konnten <strong>der</strong> Versuchung nicht<br />

wi<strong>der</strong>stehen „abzukassieren“. Sie endeten im Gefängnis. E<strong>in</strong>er hatte 3.000 Mark unterschlagen, und<br />

Hafenstraße <strong>in</strong> Duala


se<strong>in</strong>e Sippe bot verzweifelt kompletten Ersatz des Schadens an, was akzeptiert wurde. Die Haftstrafe<br />

blieb dem Betrüger jedoch nicht erspart. In an<strong>der</strong>en Fällen zahlte die Verwandtschaft (nach Stammessitte)<br />

gleichfalls den Ausfall.<br />

Später erfuhren die E<strong>in</strong>geborenen, dass nach deutscher Rechtsprechung die Verwandten e<strong>in</strong>es Krim<strong>in</strong>ellen<br />

ke<strong>in</strong>eswegs ersatzpflichtig für den von ihm angerichteten Schaden waren und boten ke<strong>in</strong>e<br />

Wie<strong>der</strong>gutmachung mehr an!<br />

Zur Beför<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>Post</strong> nach und von fremden Län<strong>der</strong>n <strong>in</strong> Afrika sowie Europa nebst übrigen<br />

Erdteilen wurden die ursprünglich unregelmäßig, später nach verb<strong>in</strong>dlichen Fahrplänen verkehrenden<br />

Dampfer deutscher und britischer Ree<strong>der</strong>eien genutzt. Man bemühte sich alsbald schnellere und<br />

größere Dampfer e<strong>in</strong>zusetzen. Zunächst pendelten zwischen Hamburg und <strong>Kamerun</strong> lediglich kle<strong>in</strong>e<br />

Segler. Dem ersten Woermann Dampfer, 1877 bis 1879 gebaut, als ALINE WOEMANN getauft mit<br />

1279 BRT, folgten jährlich neuartige Modelle. 1914 gab es bereits e<strong>in</strong>ige Woermann Steamer mit<br />

mehr als 6.000 Tonnen.<br />

Aus Woermanns Westafrika Flotte mit fünf Dampfern im Jahr 1884 (zusammen 6.400 Tonnen),<br />

entwickelte sich bis 1914 e<strong>in</strong>e stattliche Ree<strong>der</strong>ei mit 39 Schiffen und 113.000 BRT Kapazität. Außerdem<br />

verbündete sich Woermann mit <strong>der</strong> Hamburg-Amerika-L<strong>in</strong>ie 1907 sowie <strong>der</strong> Hamburg-Bremer-<br />

Afrika-L<strong>in</strong>ie 1908, um Westafrika besser bedienen zu können.<br />

Um 1890 brauchten die Dampfer von Hamburg nach Duala 42 Tage und ab 1902 22 Tage bzw. 20<br />

Tage bei Kriegsausbruch 1914. Damals existierten zwischen Deutschland und <strong>Kamerun</strong> zwei<br />

deutsche Haupt- und e<strong>in</strong>e Nebenl<strong>in</strong>ie im monatlichen Turnus. Die Briefpost für das Reich wurde auf<br />

die Bahnpost Nummer 10 (Verviers – Köln) und Nummer 15 (Boxtel – Oberhausen) geleitet. Die<br />

<strong>Post</strong>dampfer landeten <strong>in</strong> Boulogne o<strong>der</strong> Southampton.<br />

Weil die großen Europa Dampfer we<strong>der</strong> <strong>in</strong> Victoria noch <strong>in</strong> Duala o<strong>der</strong> Kribi unmittelbar an Landungsbrücken<br />

o<strong>der</strong> Kais festmachen konnten, brauchte man Boote und Leichter im Schlepp von Dampf-<br />

P<strong>in</strong>assen als Zwischenlösung des Problems. Die dritte Hauptl<strong>in</strong>ie mit Verkehr alle 10 Tage konnte<br />

wegen des Weltkriegs nicht eröffnet werden.<br />

Schwarze Telefonisten und Telegraphisten im <strong>Post</strong>amt Duala


Den <strong>Post</strong>betrieb im Küstenbereich unterstützten deutsche Regierungsdampfer. Auch auf dem Kongo<br />

kamen deutsche Schiffe zum E<strong>in</strong>satz. Zwischen <strong>der</strong> spanischen Insel Fernando Poo (Spanisch-<br />

Gu<strong>in</strong>ea) und Victoria (<strong>Kamerun</strong>) machten sich kle<strong>in</strong>e spanische Dampfer bei <strong>der</strong> <strong>Post</strong>beför<strong>der</strong>ung<br />

nützlich. Dampf-P<strong>in</strong>assen, Motorboote und Kanus versorgten B<strong>in</strong>nenorte nahe <strong>der</strong> Küste auf den<br />

Flüssen als <strong>Post</strong>zusteller.<br />

1914 fuhren zweimal wöchentlich Lastkraftwagen zwischen Duala und Tiko h<strong>in</strong> und her mit Anschluss<br />

nach Buea und Victoria. Die Motorisierung war nicht länger aufzuhalten.<br />

Probleme <strong>der</strong> H<strong>in</strong>terlandpost<br />

Am 30. Oktober 1891 wurde die Schutztruppe als Polizeitruppe <strong>in</strong> <strong>Kamerun</strong> aufgestellt. 1914 bestand<br />

sie aus 1650 Farbigen sowie 205 weißen Offizieren und Unteroffizieren und sollte sich um e<strong>in</strong> Gebiet<br />

kümmern, das an<strong>der</strong>thalb mal so groß war wie das Deutsche Reich. Notgedrungen musste man sich<br />

auf die Erschließung <strong>der</strong> Küstenregionen beschränken. Die ersten sechs <strong>Post</strong>dienststellen lagen<br />

allesamt an <strong>der</strong> Küste.<br />

Im Jahr 1900 entstand e<strong>in</strong>e <strong>Post</strong>agentur des H<strong>in</strong>terlandes im Bakwiri Dorf Buea, 1000 Meter hoch am<br />

<strong>Kamerun</strong> Berg gelegen. Sie sollte <strong>der</strong> Regierungsstation, den europäischen Pflanzern und Missionaren<br />

bessere Verb<strong>in</strong>dungen mit <strong>der</strong> Außenwelt verschaffen über Victoria. 1901 ließ sich das<br />

Gouvernement <strong>in</strong> Buea nie<strong>der</strong>, wo günstigere klimatische Verhältnisse für Weiße herrschten.<br />

Als um 1904 das H<strong>in</strong>terland im wesentlichen erschlossen war, <strong>in</strong>tensivierte die deutsche <strong>Post</strong> ihre<br />

Bemühungen zur Versorgung. E<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>barung zwischen dem Gouvernement und <strong>der</strong> Reichspost<br />

vom 27. Juni und 3. Juli 1904 über die E<strong>in</strong>richtung von <strong>Post</strong>agenturen im H<strong>in</strong>terland bestimmte<br />

hauptsächlich:<br />

1. Verwaltung <strong>der</strong> Agenturen erfolgt kostenlos durch Angehörige des Gouvernements o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Schutztruppe.<br />

2. Dienstzweige: Abgabe von <strong>Post</strong>wertzeichen, Annahme und Ausgabe von gewöhnlichen und e<strong>in</strong>geschriebenen<br />

Briefen, Ausgabe gewöhnlicher Pakete.<br />

3. Den Wertzeichenbestand beschafft und ergänzt das Gouvernement.<br />

4. Verpackungsstoffe außer Briefbeuteln und Paketsäcken stellt das Gouvernement zur Verfügung.<br />

5. Sendungen <strong>in</strong> Angelegenheiten des Schutzgebiets s<strong>in</strong>d gebührenfrei.<br />

6. Träger stellt das Gouvernement.<br />

7. Haftpflicht für Verlust und Beschädigung an die Empfänger übernimmt das Gouvernement.<br />

Neubau des <strong>Post</strong>amts <strong>in</strong> Duala


Im Jahr 1912 kostete zum Beispiel e<strong>in</strong> fünf Kilogramm schweres Paket bei <strong>der</strong> Beför<strong>der</strong>ung von Duala<br />

nach Kusseri am Tschad See 10 Mark Gebühr, von Kribi nach Lome sechs Mark Trägerlohn. Für die<br />

erste Strecke brauchte e<strong>in</strong> Träger 60 Tage und für die zweite 30 Tage!<br />

Große Schwierigkeiten bereitete anfangs die wasserdichte Verpackung <strong>der</strong> <strong>Post</strong>sachen. Briefe wurden<br />

<strong>in</strong> Ölpapier o<strong>der</strong> Wachstuch gewickelt und dann <strong>in</strong> wasserdichten kupfernen Schachteln o<strong>der</strong><br />

Holzkisten transportiert, während man Pakete <strong>in</strong> wasserdichten Säcken beför<strong>der</strong>te. Das erlaubte<br />

Höchstgewicht durfte 25 Kilogramm nicht überschreiben. Die mit Vorrang abgefertigte Briefpost war<br />

meistens handlicher.<br />

Briefbeutel und Paketsäcke trugen sogenannte Beutelschil<strong>der</strong> aus Mess<strong>in</strong>g (Format acht mal sechs<br />

Zentimeter) mit den e<strong>in</strong>gestanzten Namen des Abgangs- und Bestimmungsorts. Ausgangspunkte <strong>der</strong><br />

neuen <strong>Post</strong>engänge waren Duala und Kribi. Die E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>er <strong>Post</strong>agentur <strong>in</strong> Garua ermöglichte<br />

es, für die Briefsendungen aus Europa nach Garua, Mora und Kusseri den Wasserweg (Niger und<br />

Benue Fluss) über Forcados – Lokodja – Yola (British Nigeria) und ab 1913 für das H<strong>in</strong>terland sowie<br />

Mora die britische Eisenbahnl<strong>in</strong>ie Lagos – Zaria – Naraguta auszunutzen mit erheblicher Beschleunigung.<br />

E<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong> <strong>Post</strong> für Molundu und Nola über Matadi (Belgisch-Kongo) konnte gleichfalls rationeller<br />

zugestellt werden. Diese Briefposten wurden ab Deutschland über Liverpool o<strong>der</strong> Antwerpen dirigiert.<br />

Erstmals kamen Automobile zum E<strong>in</strong>satz. Am 19. Januar 1912 traf die begeistert begrüßte „Kraftpost“<br />

e<strong>in</strong>es <strong>deutschen</strong> Handelsunternehmens von Jaunde <strong>in</strong> Kribi e<strong>in</strong>. Die 170 Kilometer lange Strecke<br />

erfor<strong>der</strong>te von den bisher üblichen Trägern neun Marschtage, während <strong>der</strong> Kraftwagen die Route <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Tag bewältigte.<br />

Als im Sommer 1909 die Manenguba-Eisenbahn von Bonaberi (am Fluss gegenüber Duala) bis<br />

Nkongsamba (160 Kilometer) <strong>in</strong> Betrieb genommen wurde, gehörte sofort e<strong>in</strong> <strong>Post</strong> Waggon dazu. Man<br />

verlegte den Ausgangspunkt <strong>der</strong> Botenposten nach dem Norden von Duala zur Endstation <strong>der</strong> Bahnl<strong>in</strong>ie.<br />

Dreimal <strong>in</strong> <strong>der</strong> Woche begleiteten farbige Gehilfen die planmäßigen Züge, um an den Haltepunkten<br />

E<strong>in</strong>schreiben (Briefe) anzunehmen und Briefmarken abzugeben.<br />

Ab 1912 stand schließlich die Mittellandbahn bis Edea und ab 1913 bis Bidjoka (Kilometer 150) zur<br />

Verfügung des <strong>Post</strong>dienstes <strong>der</strong> Kolonie <strong>Kamerun</strong> nach Jaunde und <strong>in</strong>s H<strong>in</strong>terland.<br />

Bewährungsprobe <strong>der</strong> weißen Fachbeamten<br />

Während <strong>der</strong> ersten beiden Jahrzehnte des <strong>Kamerun</strong>er <strong>Post</strong>wesens wurden als Freiwillige nur ledige<br />

Fachbeamte zugelassen mit e<strong>in</strong>er Verpflichtung für zwei Jahre und Verlängerung um weitere an<strong>der</strong>thalb<br />

Jahre mit Anspruch auf vier Monate Heimaturlaub (zwischen den Verpflichtungsperioden). Von<br />

<strong>Post</strong>agentur Akonol<strong>in</strong>ga fern je<strong>der</strong> Zivilisation


den 65 <strong>deutschen</strong> <strong>Post</strong>fachbeamten, die <strong>in</strong>sgesamt <strong>in</strong> <strong>Kamerun</strong> ihren Pflichten nachg<strong>in</strong>gen, fielen nur<br />

vier dem tückischen Klima zum Opfer: Amtsvorsteher Toll (1893), Aufseher <strong>der</strong> Telegraphenleitungen<br />

Schaller (1908), <strong>Post</strong>-Assistent Schnie<strong>der</strong>s (1913) und Aufseher <strong>der</strong> Telegraphenleitungen Edelmeier<br />

(1915).<br />

Den Beamten stand e<strong>in</strong>e kostenlose Unterkunft zur Verfügung, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel e<strong>in</strong> möbliertes Zimmer,<br />

angemietet vom Gouvernement o<strong>der</strong> Privatleuten. In Duala lebten die <strong>Post</strong>beamten zunächst <strong>in</strong><br />

Gebäuden des Gouvernements neben dem großen Garten des Bezirksamtmanns. Allerd<strong>in</strong>gs fehlte<br />

mo<strong>der</strong>ner Komfort wie Wasserleitungen und sanitäre Installationen. Als Kuriosität sei „e<strong>in</strong> tragbares<br />

Zimmerklosett“ erwähnt. Wer duschen wollte, griff nach <strong>der</strong> Zugle<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>es an <strong>der</strong> Decke hängenden<br />

Wassereimers mit e<strong>in</strong>gestanzten Brauselöchern.<br />

Ab 1910 folgte <strong>der</strong> Umzug <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Neubau <strong>der</strong> <strong>Post</strong> mit Fließwasser und betonierten Badewannen.<br />

Das benötigte Wasser wurde vom Dach <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e große Zisterne unter dem Wirtschaftsgebäude (Küche,<br />

Vorratskammern usw.) geleitet und je nach Bedarf zum Dachgeschoss <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Tank gepumpt. Öffentliche<br />

Wasserleitungen funktionierten nicht vor 1913.<br />

E<strong>in</strong>ige fantasievolle <strong>Post</strong>beamte taten sich zusammen und kauften das im Fluss verankerte alte<br />

Wohnschiff (Hulk) namens CYKLOP als luftiges Quartier. Die <strong>Post</strong>behörde leistete e<strong>in</strong>en Zuschuss.<br />

Die kolonialen <strong>Post</strong>fachbeamten waren Angehörige <strong>der</strong> höheren Laufbahn zum Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Arbeit,<br />

während später Kollegen des mittleren und unteren Dienstes nachrückten. Die Junggesellen verpflegten<br />

sich als Team <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sogenannten Messe. Man engagierte e<strong>in</strong>en Koch aus <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samen<br />

Kasse. Qualifiziertes Personal vermittelten die Missionen mit den jeweils besten Empfehlungen. Der<br />

Küchenmeister erhielt monatlich 40 bis 80 Mark Lohn. Er musste – unter an<strong>der</strong>em – gutes deutsches<br />

Vollkornbrot backen!<br />

1903 waren die Beamten im wesentlichen auf Konserven aus <strong>der</strong> Heimat angewiesen. Außer Hühnern<br />

konnte man Frischfleisch höchstens e<strong>in</strong>mal o<strong>der</strong> zweimal im Monat organisieren. Dann taten sich<br />

mehrere Messen zusammen und ließen e<strong>in</strong>en Hammel o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> R<strong>in</strong>d schlachten. Weil es ke<strong>in</strong>e Kühlschränke<br />

gab, musste alles am gleichen Tag verzehrt werden.<br />

1914 arbeiteten <strong>in</strong> Duala jedoch die neuartigen Eisfabriken erfolgreich, obendre<strong>in</strong> Schlachter und<br />

Bäckermeister. Jede Messe hatte nunmehr ihren eignen Eisschrank. Frischgemüse verkauften die<br />

Missionen, und die Märkte <strong>der</strong> E<strong>in</strong>geborenen offerierten reichlich Bananen, Ananas, Mangofrüchte,<br />

Melonen usw. Kartoffeln trafen kochfest und kistenweise per Schiff aus <strong>der</strong> Heimat e<strong>in</strong>.<br />

L<strong>in</strong>ks Wohnschiff e<strong>in</strong>iger <strong>Post</strong>beamter, Mitte Lazarettschiff<br />

Rechts außen die Jacht des <strong>Kamerun</strong>er Gouverneurs


Telegraphie und Fernsprecher im Aufbau<br />

Zwischen Europa und <strong>Kamerun</strong> gab es zunächst <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kolonialzeit ke<strong>in</strong>e durchgehende telegraphische<br />

Verb<strong>in</strong>dung. Man konnte die Schiffspost wählen und auf ausländische Seekabel-Verb<strong>in</strong>dungen<br />

zurückgreifen. Am nächsten gelegen waren die britischen Seekabelstationen <strong>in</strong> Bonny und Lagos<br />

(Nigeria), wo <strong>in</strong> unregelmäßigen Abständen die Dampfer aus <strong>Kamerun</strong> anlegten.<br />

Endlich glückte es dem Reichspostamt nach umständlichen Verhandlungen, e<strong>in</strong>en Vertrag mit <strong>der</strong><br />

AFRICAN DIRECT TELEGRAPH COMPANY abzuschließen. Die Briten sollten e<strong>in</strong> 337 Kilometer<br />

langes Seekabel zwischen Bonny und Duala verlegen und unterhalten. Am 21. Februar 1893 kam <strong>der</strong><br />

Anschluss zustande. Die jährliche Miete betrug 6700 Pfund Sterl<strong>in</strong>g gleich damals 134.000 Mark.<br />

Jedes Telegrammwort von Deutschland nach <strong>Kamerun</strong> kostete 10,10 Mark Gebühr und 10,50 Mark <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> umgekehrten Richtung.<br />

Der Vertrag mit den Englän<strong>der</strong>n hatte e<strong>in</strong>e Laufzeit von 20 Jahren mit Aussicht auf Verlängerung. Die<br />

Technik funktionierte mit gelegentlichen Unterbrechungen ziemlich reibungslos bis zum Ablauf <strong>der</strong><br />

Vertragszeit. Später ermöglichten neue Kontakte e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong> deutsche Verb<strong>in</strong>dung mit Emden über<br />

Lome (Togo), Monrovia (Liberia) und Teneriffa (Spanien).<br />

Am 19. Januar 1913 wurde das deutsche Kabel nach Lome (Togo) e<strong>in</strong>geweiht, und man konnte auf<br />

die englische Geschäftsverb<strong>in</strong>dung verzichten. Jetzt kam die Deutsch-Südamerikanische<br />

Telegraphen-Gesellschaft zu Wort. Sie richtete ihr Büro im <strong>Post</strong>gebäude zu Duala e<strong>in</strong>. Die ankommenden<br />

und abgehenden Kabeltelegramme wurden zwischen <strong>Post</strong>amt und Kabelbüro von Hand zu<br />

Hand ausgetauscht.<br />

Die Wortgebühr zum Verkehr nach Deutschland betrug (wesentlich günstiger) jetzt:<br />

a) für gewöhnliche Telegramme 3.65 Mark<br />

b) für Übersee-Telegramme 1.85 Mark<br />

c) für Pressetelegramme 1.20 Mark<br />

Victoria am 4.000 Meter hohen <strong>Kamerun</strong>berg


Der Ausbau von Telegraphen- und Fernsprechl<strong>in</strong>ien über Land begann 1901 auf <strong>der</strong> Strecke Victoria<br />

– Buea auf Wunsch und auf Kosten des Gouvernements „wegen dienstlicher Belange“. In beiden<br />

Orten entstanden kle<strong>in</strong>e Ortsfernsprechnetze. Später übernahm die Reichspost den Service. Zwischen<br />

1903 und 1906 entwickelten sich immer mehr Telegraphen- und Fernsprechverb<strong>in</strong>dungen <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Kolonie: Duala, Victoria, Marimba, Bei, Edeka, Bonambasi, Plantation, Kribi, Jabassi, Lobetal,<br />

Lolodorf, Bobaberi.<br />

Alle verlegten Leitungen wurden sowohl zum Telegraphieren als auch zum Fernsprechdienst genutzt.<br />

Weil es im Ferndienst anfangs nur E<strong>in</strong>zelleitungen gab, die häufig unter starken Nebengeräuschen<br />

durch luftelektrische Störungen litten, musste man aus <strong>der</strong> Not e<strong>in</strong>e Tugend machen:<br />

Während <strong>der</strong> erfahrungsgemäß störungsarmen Tageszeiten hatte <strong>der</strong> Fernsprechdienst Vorrang<br />

(Morgenstunden, Vormittagsstunden, Abendstunden). Fernsprecher und Telegraph waren stets ab<br />

sechs Uhr früh dienstbereit und fanden lebhaften Zuspruch. Der Telegrammverkehr setzte dagegen<br />

erst während <strong>der</strong> späten Vormittagsstunden e<strong>in</strong>.<br />

Im Kalen<strong>der</strong>jahr 1913 wurden im <strong>Kamerun</strong>er Netz 155.500 Telegramme, 589.000 Ortsgespräche und<br />

48.500 Ferngespräche abgewickelt. Dieses Netz umfasste 2774 Kilometer Leitungen, 27 Telegraphen-Dienststellen,<br />

22 Ortsnetze und 486 Fernsprechanschlüsse. Die Wortgebühr für Telegramme<br />

<strong>in</strong>nerhalb <strong>Kamerun</strong>s war mit nur 10 Pfennig fast geschenkt. M<strong>in</strong>destgebühr e<strong>in</strong>e Mark.<br />

Das Telefonieren kostete je Gesprächse<strong>in</strong>heit bis 25 Kilomieter 40 Pfennige, bis 50 Kilometer 50<br />

Pfennige, bis 100 Kilometer e<strong>in</strong>e Mark, bis 500 Kilometer zwei Mark, bis 1.000 Kilometer drei Mark<br />

und darüber h<strong>in</strong>aus vier Mark.<br />

Überseefunkstation bei Duala


Ab 1906 gestattete das Reichspostamt großzügig, dass Telegramme <strong>in</strong> je<strong>der</strong> beliebigen Sprache<br />

(auch <strong>der</strong> E<strong>in</strong>geborenen) abgefasst werden durften, was dankbar begrüßt wurde. Immer mehr<br />

Schwarze telefonierten und telegraphierten untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> <strong>in</strong> ihren heimatlichen Dialekten und füllten<br />

die Kassen <strong>der</strong> Ämter.<br />

Leitungsbau kreuz und quer im Dschungel<br />

Schwieriger als <strong>der</strong> Ausbau von Fernleitungen für Telegraphie und Telefon waren die erfor<strong>der</strong>lichen<br />

Vorleistungen im Gelände: Kartierung, Freischlag und Transport <strong>der</strong> Baustoffe zur Baustrecke. Alle<br />

verfügbaren Landkarten wiesen erhebliche Mängel und Ungenauigkeiten auf. Die e<strong>in</strong>gezeichneten<br />

Wege waren nur während <strong>der</strong> Trockenzeit begehbar und verwandelten sich nach Regenfällen <strong>in</strong><br />

Sumpfland.<br />

Kle<strong>in</strong>e Wasserläufe, die man <strong>in</strong> <strong>der</strong> Trockenzeit bequem durchwaten konnte, entpuppten sich nach<br />

starkem Nie<strong>der</strong>schlag als tiefe, breite und reißende Ströme, zu <strong>der</strong>en Überquerung starke Boote gebraucht<br />

wurden. Fehlten Kanus und an<strong>der</strong>e Hilfsmittel, waren die Arbeiter gezwungen das Ende <strong>der</strong><br />

Regenperiode abzuwarten.<br />

Beim Ausbau <strong>der</strong> ersten Telegraphenl<strong>in</strong>e zwischen Duala und dem Gouvernement <strong>in</strong> Buea hatten die<br />

Planer solche Naturkatastrophen unbeachtet gelassen, was sich bitter rächte. Wochenlange Leitungsstörungen<br />

blieben nicht aus, weil niemand die Störquellen im Sumpfgebiet erreichen konnte.<br />

Bei <strong>der</strong> Untersuchung <strong>der</strong> L<strong>in</strong>ie zwischen Duala und Edea im Jahr 1903 musste bereits h<strong>in</strong>ter den<br />

letzten Hütten <strong>der</strong> E<strong>in</strong>geborenendörfer nahe Duala die Vermessung mit Kompass und Uhr beg<strong>in</strong>nen,<br />

weil es ke<strong>in</strong>en erkennbaren Landweg gab. Bisher bevorzugten die Reisenden für Touren nach Edea<br />

den bequemeren Wasserweg.<br />

Das exakte E<strong>in</strong>zeichnen e<strong>in</strong>er <strong>in</strong> <strong>der</strong> Landkarte noch nicht existierenden Trasse ist vor allem deshalb<br />

zw<strong>in</strong>gend erfor<strong>der</strong>lich, damit man die Streckenlänge sowie den Bedarf an Baumaterial sorgfältig<br />

berechnen kann. Die Kolonne marschiert möglichst gleichmäßig, Armbanduhr am Handgelenk,<br />

Kompass und Merkbuch <strong>in</strong> den Händen. Jede Richtungsän<strong>der</strong>ung muss nach W<strong>in</strong>kel und Zeit festgehalten<br />

werden, ebenso jede Rast und die Eigenarten des unbekannten Geländes.<br />

Traditionelle Negerpfade verlaufen fast immer <strong>in</strong> Schlangenl<strong>in</strong>ien, die Gänsemarsch verlangen. Solche<br />

Pfade umgehen jeden gestürzten Baum, Sümpfe und sonstige H<strong>in</strong><strong>der</strong>nisse. Wenn es glückt, an e<strong>in</strong>em<br />

Tag nach acht bis zehn Stunden Marsch 25 bis 30 Kilometer zu überw<strong>in</strong>den, darf die Kolonne<br />

zufrieden se<strong>in</strong>.<br />

<strong>Post</strong>direktor Peglow stellt den Funkturm vor 1912


Hatte man durch die Erkundung e<strong>in</strong>e Route endlich festgelegt und damit den Bedarf an Baustoffen<br />

zuverlässig kalkuliert, musste das benötigte Material <strong>in</strong> Deutschland angefor<strong>der</strong>t und ausgeliefert<br />

werden. Nun war es an <strong>der</strong> Zeit, im Urwald e<strong>in</strong>en „Durchhau“ zu schaffen. Befestigte Wege für Lastkraftwagen<br />

gab es nirgendwo, ebenso wenig nahe verlaufende Bahnstrecken. Boote mit Außenbordmotoren<br />

auf den Flüssen ermöglichten <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gem Maß Materialtransporte. Übrig blieben nur<br />

kräftige Träger, denen pro Kopf maximal 30 Kilogramm zugemutet werden durfte.<br />

Der Bau von 100 Kilometer Telegraphenl<strong>in</strong>e erfor<strong>der</strong>t etwa 4.000 Trägerlasten. Alle<strong>in</strong> die Mannesmannrohre,<br />

fast sieben Meter lang, bedeuteten schon e<strong>in</strong>e Doppellast. Die Träger marschierten <strong>in</strong><br />

kle<strong>in</strong>en Gruppen mit 10 bis 20 Leuten selbständig unter Führung e<strong>in</strong>es Vorarbeiters und mussten ihre<br />

Fracht an bestimmten Punkten <strong>in</strong> Depots abladen.<br />

Lebende Bäume waren e<strong>in</strong> Irrweg<br />

Am mühseligsten verliefen die Durchhau-Arbeiten während <strong>der</strong> Trassierung. Das Gouvernement hatte<br />

<strong>in</strong>zwischen nach Berl<strong>in</strong> berichtet, dass die Franzosen im Kongo gute Erfahrungen sammelten mit Hilfe<br />

von „lebenden Bäumen“. Deshalb genehmigte das Reichspostamt 1902 für die erste bedeutende L<strong>in</strong>ie<br />

zwischen Duala und Buea nur e<strong>in</strong>en Durchhau (Rodung) von vier Meter Breite und ordnete an, „so<br />

weit wie möglich lebende Bäume als Stützpunkte“ zu berücksichtigen.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs hatte es sich <strong>in</strong>zwischen nicht bis Berl<strong>in</strong> herumgesprochen, dass die angeblich so vorbildlichen<br />

Franzosen mittlerweile e<strong>in</strong> Fiasko erlebten. Lebende Bäume erwiesen sich wenig hilfreich beim<br />

Leitungsbau im Urwald. Als die Regenzeit mit heftigen Gewittern e<strong>in</strong>setzte, funktionierten die Telegraphen-L<strong>in</strong>ie<br />

nur an wenigen Tagen im Monat, weil sie den Unbilden <strong>der</strong> Witterung zu stark ausgesetzt<br />

wurde: Baumbruch und Kurzschluss häuften sich, oft gleichzeitig an sechs o<strong>der</strong> acht Punkten.<br />

In e<strong>in</strong>em schmalen Durchhau tobte <strong>der</strong> Regensturm so <strong>in</strong>tensiv, das überall morsche Äste die Drähte<br />

zerfetzten und ganze Bäume umstürzten. Es kam auch vor, dass <strong>der</strong> Drei-Millimeter-Bronzedraht <strong>in</strong><br />

den Sumpf unter Wasser gedrückt wurde.<br />

Der Durchhau sollte nach solchen Erfahrungen überall verbreitert werden bis auf 100 Meter mit Rücksicht<br />

auf den riskanten Baumbestand mit Riesen bis zu 60 Meter Höhe. Schwächere Bäume fielen<br />

Äxten und Sägen zum Opfer, während Urwald-Giganten durch Dynamit aus dem Weg geräumt<br />

wurden. E<strong>in</strong> Aufseher konnte mit etwa 80 Schwarzen täglich etwa 300 Meter frei schlagen, wenn die<br />

Nebenarbeiten (Räumung des Unterholzes, Abbrennen und Aufräumen <strong>der</strong> Strecke) <strong>in</strong> den Händen<br />

E<strong>in</strong>geborener <strong>der</strong> benachbarten Dörfer lagen.<br />

E<strong>in</strong>geborene Polizeisoldaten mit ihrem Unteroffizier


Die Räumungstrupps schlugen <strong>in</strong> Etappen mit den <strong>deutschen</strong> Aufsehern bewegliche Camps im<br />

Dschungel auf weitab von je<strong>der</strong> Zivilisation. Zur Aufbesserung <strong>der</strong> Verpflegung g<strong>in</strong>gen die Techniker<br />

auf die Jagd, was stets Freude unter den Arbeitern auslöste. Weitere Lebensmittel brachten Trägerkolonnen<br />

von <strong>der</strong> Küste <strong>in</strong> die Lager-Stützpunkte.<br />

Nachdem die gröbsten Vorarbeiten beendet waren, bereitete die Verlegung <strong>der</strong> Leitungen ke<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>en<br />

Probleme. Stangen aus Mannesmann-Rohren konnten meistens e<strong>in</strong>gewuchtet werden.<br />

Holzstangen blieben wegen Termitenfraß unberücksichtigt. Flussübergänge erfor<strong>der</strong>ten Konstruktionen<br />

auf zusammengesetzten Masten als Brückenstützen, verbunden mit Drahtseilen.<br />

Die <strong>Post</strong>behörde und das Gouvernement bemühten sich bei den E<strong>in</strong>geborenen Interesse zu wecken<br />

für das Anlegen niedriger Pflanzungen (Kassada, Makabo, Erdnüsse usw.) im jeweiligen Durchhau,<br />

um die Flächen langfristig von nachwachsendem Unterholz frei zu halten. Es genügte nicht, e<strong>in</strong>en<br />

Durchhau zu schaffen und ihn danach zu vergessen: <strong>der</strong> Freiraum bedurfte ständiger Überwachung<br />

und Säuberung wegen nachwachsen<strong>der</strong> Flora. Innerhalb we<strong>in</strong>iger Monate überwucherte die Natur<br />

alles gnadenlos.<br />

Es stellte sich heraus, dass we<strong>der</strong> die Schwarzen noch ihre Häuptl<strong>in</strong>ge Pflanzungen anlegen wollten<br />

(aus Gleichgültigkeit und Bequemlichkeit) So blieb ke<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Wahl als die Re<strong>in</strong>haltung <strong>der</strong> Trassen<br />

<strong>in</strong> eigener Regie mit eigenen Hilfskräften langfristig <strong>in</strong> Gang zu halten. Zweimal jährlich waren Term<strong>in</strong>e<br />

zur Rodung angesagt, um die Leitungen und ihre Masten frei zu halten.<br />

Das System klappte vorzüglich. Wilde Tiere, auch Elefanten, kümmerten sich nicht weiter um die neuartigen<br />

Leitungen und ließen sie unversehrt. Ab und zu ergriffen gelangweilte Affen e<strong>in</strong> paar Stöcke<br />

und zerschmetterten die Porzellanglocken. Das konnte später verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t werden durch die Verbreiterung<br />

<strong>der</strong> Schneisen.<br />

Das tägliche Leben <strong>der</strong> <strong>Post</strong>beamtenschar<br />

Im Verlauf <strong>der</strong> ersten beiden Jahrzehnte kolonialer Verwaltung <strong>Kamerun</strong>s waren die <strong>Post</strong>beamten und<br />

an<strong>der</strong>en Beamten gezwungen, alle benötigten Möbel für ihre Häuser und Wohnungen komplett aus<br />

<strong>der</strong> Heimat anliefern zu lassen per Schiff. Im dritten Jahrzehnt entstanden Werkstätten des<br />

Gouvernements, <strong>der</strong> Missionen und e<strong>in</strong>iger selbständiger deutscher Unternehmer, die Möbel aller Art<br />

anzubieten hatten.<br />

Trägerkolonne vor dem Abmarsch


<strong>Kamerun</strong> verfügte über zahlreiche Edelhölzer zur Auswahl: etwa schwere, nichtschwimmende Sorten<br />

(Ebenholz, Mahagoni, Eiche usw.) o<strong>der</strong> faserleichtes Schirmbaumholz. Lohnkosten und Preise blieben<br />

maßvoll, sodass die Beamten sparsam wirtschaften durften.<br />

Obstsäfte und M<strong>in</strong>eralwasser lieferte die Heimat neben Lagerbier und We<strong>in</strong> <strong>in</strong> Kisten. Normales<br />

Tr<strong>in</strong>kwasser war nur abgekocht und gefiltert zumutbar. Ke<strong>in</strong> Wun<strong>der</strong>, dass man nach „Selterswasser“<br />

<strong>in</strong> Flaschen lechzte, nach Apoll<strong>in</strong>aris und an<strong>der</strong>en Sauerbrunnen.<br />

Wie kleidete sich <strong>der</strong> <strong>Post</strong>beamte? Leichte weiße o<strong>der</strong> gelbe Waschanzüge bestimmten die Mode,<br />

denn e<strong>in</strong>e spezielle Dienstuniform existierte nicht. Waschmänner (E<strong>in</strong>geborene) besorgten die<br />

Wäsche, meisten Schwarze aus Togo. Ihre monatliche Pauschale: neun bis 15 Mark. Der Europäer<br />

beschäftigte im Quartier e<strong>in</strong>en o<strong>der</strong> mehrere Boys, etwa 15 Jahre alt, Monatslohn bis zu 20 Mark<br />

(Freie Kost, Unterkunft, Arbeitskleidung).<br />

G<strong>in</strong>g <strong>der</strong> <strong>Post</strong>beamte auf Dienstreise mit Fußmarsch, stand ihm Tagegeld zu und e<strong>in</strong>e Kolonne mit 11<br />

Trägern (Zelt, Proviant, Kochgeräte, Kleidung, Konserven usw.). Zur Verpflegung gehörten überdies<br />

Milch, Butter, Schmalz, Kaffee, Zucker und Tauschartikel, damit unterwegs e<strong>in</strong>gekauft werden konnte.<br />

Die Buschbewohner lehnten Bargeld ab, weil sie dafür ke<strong>in</strong>e Verwendung hatten.<br />

Als Tauschartikel begrüßten die E<strong>in</strong>geborenen Tabak (<strong>in</strong> Blattform), Stockfisch, Salz, Zucker, Streichhölzer,<br />

Dafür boten sie Hühner, Eier und Früchte. Wer auf e<strong>in</strong>e längere Dienstreise angewiesen war,<br />

nahm am liebsten Baumwolle-Kleidung, Taschenmesser, Spiegel, bunte Glasperlen usw. als<br />

Geschenke mit. Reis, Stockfisch und Tabak benötigten die eigenen Träger zum Wohlbef<strong>in</strong>den.<br />

Zelte und Zubehör zählten zur „dienstlichen Ausrüstung“, aber die meisten Beamten beim Telegraphenbau<br />

bevorzugten eigene Zelte und kassierten dazu e<strong>in</strong> erhöhtes Tagegeld.<br />

Zwischen 1904 und 1914 gewöhnten sich die <strong>Kamerun</strong>er immer schneller an den Umgang mit Bargeld,<br />

und <strong>der</strong> Tauschhandel spielte kaum noch e<strong>in</strong>e Rolle. Auch die Träger beim Leitungsbau<br />

bekamen Bargeld <strong>in</strong> die Hand und fanden das nützlich. Übernachteten sie auf langen Strecken <strong>in</strong><br />

Rasthäusern, kostete das pro Kopf fünf Pfennige.<br />

Sensationelle Ereignisse (vor dem Ersten Weltkrieg) bildeten die Ausnahme im Tagesablauf. In <strong>der</strong><br />

Nacht vom 26. zum 27. April 1909 erschütterte e<strong>in</strong> heftiges Erdbeben die <strong>Kamerun</strong> Berge, sodass die<br />

Beamten des Gouvernements aus Buea flüchteten. Die Natur beruhigte sich jedoch bald wie<strong>der</strong> und<br />

die ängstlichen Bürokraten kehrten beruhigt an ihre Schreibtische zurück.<br />

Groß-Loppo am <strong>Kamerun</strong>berg<br />

Erstveröffentlichung: März 2012


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