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Obergericht - Gerichte

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<strong>Obergericht</strong><br />

Abteilung:<br />

Rechtsgebiet:<br />

Schuldbetreibungs- und Konkurskommission<br />

Schuldbetreibungs- und Konkursrecht<br />

Entscheiddatum: 22.05.1997<br />

Fallnummer: SK 97 34/95<br />

LGVE: 1997 I Nr. 57<br />

Betreff:<br />

Leitsatz:<br />

Art. 142 Abs. 1 SchKG; Art. 812 Abs. 2 ZGB. Mit dem Doppelaufruf nach<br />

Art. 142 Abs. 1 SchKG wird geklärt, ob eine nachrangige Dienstbarkeit den<br />

vorgehenden Grundpfandgläubiger im Sinne von Art. 812 Abs. 2 ZGB<br />

tatsächlich schädigt oder nicht. Angesichts des darin verankerten<br />

Grundsatzes der Alterspriorität kann es nicht darauf ankommen, ob eine<br />

neu begründete Dienstbarkeit für das Grundstück eine geringere Belastung<br />

darstellt als die alte.<br />

Rechtskraft:<br />

Diese Entscheidung ist rechtskräftig.<br />

Bemerkungen:


Entscheid:<br />

In der Betreibung auf Verwertung eines mit einem Wohnrecht belasteten Grundstückes verlangte die<br />

Gläubigerin eines vorrangigen Grundpfandrechtes den Doppelaufruf, welcher in der Folge vom<br />

Betreibungsamt angeordnet wurde. Die Wohnberechtigte führte dagegen Beschwerde u.a. mit der<br />

Begründung, das Wohnrecht habe eine vorher bestehende Nutzniessung an ½-Miteigentumsanteil des<br />

fraglichen Grundstücks abgelöst. Die Umwandlung der Nutzniessung in ein Wohnrecht habe zu keiner<br />

weiteren Belastung des Grundstücks geführt, weshalb Art. 812 Abs. 2 ZGB nicht anwendbar sei. Diese<br />

Auffassung wurde vom Amtsgerichtspräsidenten als untere kantonale Aufsichtsbehörde über<br />

Schuldbetreibung und Konkurs verworfen mit der Begründung, Art. 812 Abs. 2 ZGB setze nicht voraus, dass<br />

die nachträgliche Belastung eine zusätzliche sein müsse. Im Beschwerde-Weiterzug bestätigte die<br />

Schuldbetreibungs- und Konkurskommission als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung<br />

und Konkurs diesen Entscheid.<br />

Aus den Erwägungen:<br />

Wird nach Errichtung des Grundpfandrechtes eine Dienstbarkeit auf das Grundstück gelegt, ohne dass der<br />

Pfandgläubiger zugestimmt hat, so geht das Grundpfandrecht der späteren Belastung vor, und diese wird<br />

gelöscht, sobald bei der Pfandverwertung ihr Bestand den vorgehenden Pfandgläubiger schädigt (Art. 812<br />

Abs. 2 ZGB). Der Wortlaut dieser Bestimmung ist klar. Daran ändert auch das Marginale, das von "Weiteren<br />

Belastungen" spricht, nichts. Das Marginale ist im Zusammenhang mit Art. 812 Abs. 1 ZGB zu sehen,<br />

welcher den Verzicht des Eigentümers auf das Recht zur weiteren Belastung des verpfändeten Grundstücks<br />

als unverbindlich erklärt. Art. 812 Abs. 2 ZGB enthält demgegenüber den allgemeinen Grundsatz der<br />

Alterspriorität: Das unter früherem Datum im Grundbuch eingetragene Recht hat den Vorrang vor dem<br />

später eingetragenen (Leemann, Berner Komm., N 12 zu Art. 812 ZGB). Im Gegensatz zu den Pfandrechten<br />

verlieren Dienstbarkeiten ihren Rang bei der Löschung im Grundbuch. Es kann daher weder der Rang für<br />

eine zu errichtende Dienstbarkeit vorbehalten werden noch an Stelle einer gelöschten Dienstbarkeit eine<br />

andere im gleichen Rang errichtet werden (Leemann, a.a.O., N 24 zu Art. 812 ZGB; Liver, Zürcher Komm., N<br />

43ff. Einleitung zu Art. 730-744 ZGB). Mit der Löschung der Nutzniessung vom 1. März 1989 verlor diese<br />

somit ihren bisherigen Rang, was zur Folge hat, dass die Grundpfandverschreibungen der X.-Bank über Fr.<br />

100000.- im 2. Rang, angegangen am 20. Oktober 1988, und Fr. 350000.- im 3. Rang, angegangen am 12.<br />

Dezember 1988, dem am 1. März 1989 neu begründeten Wohnrecht vorgehen. Angesichts des Grundsatzes<br />

der Alterspriorität kann es nicht darauf ankommen, ob die neu begründete Dienstbarkeit für das Grundstück<br />

eine geringere Belastung darstellt als die alte. Der Grundsatz der Alterspriorität will bei Konkurrenz von<br />

verschiedenen Rechten eine klare Regelung herbeiführen. Die Ansicht der Beschwerdeführerin würde<br />

bewirken, dass vor einer Verwertung jedesmal in einem separaten Verfahren abgeklärt werden müsste, ob<br />

die neue Belastung grösser, gleich oder kleiner ist als die alte. Dafür aber hat der Gesetzgeber, wie der<br />

Amtsgerichtspräsident richtig ausführt, in Art. 142 SchKG den Doppelaufruf vorgesehen. Damit kann<br />

festgestellt werden, ob die nachrangige Dienstbarkeit für die Pfandgläubiger tatsächlich nachteilig ist.

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