Schwarzerle (Alnus glutinosa)
Schwarzerle (Alnus glutinosa)
Schwarzerle (Alnus glutinosa)
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Professur für Waldbau und Professur für Forstschutz & Dendrologie, ETH Zürich 1995<br />
Familie:<br />
dtsch.:<br />
franz.:<br />
ital.:<br />
engl.:<br />
Betulaceae<br />
<strong>Schwarzerle</strong>, Roterle<br />
aune glutineux, verne<br />
alno (ontano) nero<br />
black (common) alder<br />
<strong>Alnus</strong> <strong>glutinosa</strong> Gaertn.<br />
1.2 Phänologie<br />
Blüht von Ende Februar bis April vor dem Laubaustrieb. Die Früchte reifen im<br />
September/Oktober, die verholzten Zäpfchen bleiben nach dem Ausfliegen der Früchte<br />
meist noch längere Zeit am Baum. Die Blätter fallen im Herbst grün ab.<br />
1.3 Fortpflanzung<br />
Beginnt im Freistand schon im Alter 10-15, im Bestand im Alter 20-30 zu fruktifizieren.<br />
Blüht und fruchtet alljährlich.<br />
Tausendkorngewicht (TKG): 1-2 g.<br />
1. Artbeschreibung<br />
1.1 Morphologie<br />
Gestalt: Grosser, bis 30 (max. 40) m hoher Baum; meist mit geradem, bis zum Wipfel<br />
durchgehendem Stamm und waagrechten Ästen. Infolge Stockausschlägen oft<br />
mehrstämmig.<br />
Rinde: Anfangs glatt, glänzend graubraun mit hellen, oft in horizontalen Querreihen<br />
angeordneten Korkwarzen; frühe Bildung einer dunkelgrauen bis schwarzbraunen,<br />
rissigen Schuppenborke.<br />
Triebe: Kahl (gelegentlich zerstreut behaart), anfangs meist etwas klebrig. Knospen<br />
deutlich gestielt, keulenförmig, meist nur 2 Schuppen sichtbar, diese bräunlich bis violett,<br />
± kahl, durch Wachsüberzüge oft bläulich weiss, bisweilen klebrig. Blätter spiralig<br />
angeordnet, zumindest anfangs etwas klebrig, verkehrt eiförmig bis rundlich, vorne stets<br />
abgerundet oder eingebuchtet (ausgerandet), 5-8 Paar Seitennerven, Rand<br />
unregelmässig und meist doppelt gesägt, bis auf bräunliche Achselbärte in den<br />
Nervenwinkeln der Unterseite kahl.<br />
Blüten: Einhäusig verteilt. Männliche und weibliche Blütenstände erscheinen schon im<br />
Sommer vor der Blüte und überwintern nackt; die männlichen in langen, hängenden<br />
Kätzchen; die weiblichen in aufrechten oder abstehenden, kleinen, rotbraunen, gestielten<br />
Zäpfchen. Anemogam.<br />
Im Unterschied zu <strong>Alnus</strong> incana kaum Bildung von Wurzelbrut.<br />
1.4 Wachstum<br />
In der Jugend sehr raschwüchsig, Kulmination des Höhenzuwachses bereits im Alter 7-<br />
15. Höchstalter etwa 100-150 Jahre.<br />
2. Verbreitung<br />
2.1 Horizontalverbreitung<br />
Eurosibirische Pflanze (siehe Arealkarte).<br />
Vorrat nach LFI: 0,2 % des gesamtschweizerischen Holzvorrates.<br />
2.2 Vertikalverbreitung<br />
Die <strong>Schwarzerle</strong> ist eine Baumart der kollinen und submontanen Stufe. Auf der<br />
Alpennordseite steigt sie maximal bis 1150 m ü.M., in kontinentalem Klima bis 1800 m<br />
ü.M. hinauf. Forstliche Bedeutung in der Schweiz bis auf ca. 900 m ü.M.<br />
Früchte: Kleine, flache, schmal geflügelte Nüsse in gestielten, eiförmigen, etwa 1-2 cm<br />
grossen, holzigen Zäpfchen. Verbreitung durch Wind und Wasser.<br />
Wurzel: Herz-Senkerwurzelsystem; gilt als die am tiefsten wurzelnde einheimische<br />
Baumart (gemessen wurden bei 80-jährigen Bäumen Wurzeltiefen von fast 4 m); auch<br />
dichte, sauerstoffarme Böden werden tief durchwurzelt.<br />
Die einheimischen Erlen leben in Symbiose mit Actinomyceten ("Strahlenpilzen"), die zur<br />
Bindung von Luftstickstoff befähigt sind. Ort dieser Lebensgemeinschaft sind bis<br />
faustgrosse Wucherungen an den Wurzeln (Wurzelknöllchen).<br />
100<br />
101
3. Standortsansprüche<br />
3.1 Physiologische und ökologische Amplitude, Grenzen<br />
a) Physiologisches Ökogramm (ohne Konkurrenzeinfluss)<br />
Gesellschaftsanschluss:<br />
meist dominierend: 44<br />
stellenweise dominierend: 26, 27, 30, 31, 33<br />
beigemischt: 6, 7, 9, 11, 29, 43, 45<br />
c) Limitierende Faktoren, Grenzen<br />
dürr<br />
frisch<br />
nass<br />
Physiologisches Optimum<br />
Physiologische Amplitude<br />
Grenze waldfähiger Standorte<br />
Vorkommensgrenze der Buche<br />
<strong>Schwarzerle</strong><br />
für Vorkommen, Verbreitung: Die <strong>Schwarzerle</strong> braucht eine genügende Wasser- und<br />
Nährstoffversorgung.<br />
für waldbauliche Arbeit: Die <strong>Schwarzerle</strong> ist schneebruchgefährdet, lichtbedürftig und hat<br />
hohe Wasseransprüche.<br />
d) Ökologische Kurzbeschreibung<br />
Die <strong>Schwarzerle</strong> braucht viel Licht und Wärme sowie hohe Luft- und Bodenfeuchtigkeit.<br />
Von allen Baumarten erträgt sie am besten stehendes Wasser<br />
(Bruchwaldstandorte) und Staunässe.<br />
sehr mässig basisch<br />
sauer sauer<br />
b) Soziologisch-ökologisches Ökogramm und Gesellschaftsanschluss<br />
dürr<br />
3.2 Detaillierte Standortsansprüche<br />
a) Klimacharakter<br />
Die <strong>Schwarzerle</strong> ist eine Baumart der kollinen bis montanen (subalpinen) Stufe, die keine<br />
besonderen Ansprüche an das Klima stellt und ein sehr grosses Verbrei-tungsgebiet<br />
aufweist. Die grösste Massenverbreitung der Art liegt im Westen des eurasiatischen<br />
Kontinentes.<br />
Optimum der Buche<br />
b) Schattentoleranz/Lichtcharakter<br />
frisch<br />
Herrschaftsbereich der Baumart<br />
(ökologisches Optimum)<br />
Ökologische Nische<br />
in der frühen Jugend: Mittlere Toleranz.<br />
ab Dickungsstufe: Ausgesprochene Lichtbaumart.<br />
nass<br />
sehr mässig basisch<br />
sauer sauer<br />
Grenze waldfähiger Standorte<br />
<strong>Schwarzerle</strong><br />
c) Wärme<br />
Gesamtwärme: Mässig wärmebedürftig. Verlangt hohe Sommerwärme.<br />
Winterkälte: Mässig empfindlich.<br />
Die <strong>Schwarzerle</strong> ist Charakterart des Verbandes Alnion <strong>glutinosa</strong>e.<br />
d) Boden<br />
Substrat: Indifferent.<br />
102<br />
103
Wasserhaushalt: Grosse Ansprüche; verlangt dauernde Feuchtigkeit.<br />
Nährstoffversorgung: Mittlere bis grosse Ansprüche; Nährstoffzeiger.<br />
Bodenstruktur: Geringe Ansprüche.<br />
4. Gefährdungen<br />
4.1 Abiotische Gefährdungen<br />
a) Verhalten unter Stresswirkung<br />
Wasserstress/Trockenheit: Empfindlich.<br />
Überschwemmung: Mässig resistent. Erträgt bis zu 2 Monaten Überschwemmung<br />
während der Wachstumszeit.<br />
Vernässung: Erträgt Gleyböden mit stagnierender Nässe.<br />
Wechselfeuchtigkeit: Erträgt Wechselfeuchtigkeit.<br />
Frost:<br />
Spätfrost: Mässig empfindlich.<br />
Frühfrost: Unempfindlich.<br />
Frostrisse: Unbekannt.<br />
b) Standfestigkeit<br />
Wind: Unbekannt.<br />
Schnee, Schneebruch: Im belaubten Zustand sehr grosse Schneebruchgefährdung.<br />
c) Weitere abiotische Gefährdungen<br />
Keine.<br />
4.2 Biotische Gefährdungen<br />
Komplexkrankheit: Schleimfluss (Ursache ungeklärt).<br />
Pilze: Valsa oxystoma (Rindennekrose, Schwächeparasit).<br />
Insekten: Cryptorrhynchus lapathi (Erlenrüssler), Agelastica alni (Erlenbastkäfer).<br />
Verantwortlich für den Inhalt:<br />
Professur Waldbau: Kap. 2.2, 3, 4.1<br />
Professur Forstschutz & Dendr.: Kap. 1, 2.1, 4.2<br />
104<br />
105