Die Operation Jadid - Bundeswehr
Die Operation Jadid - Bundeswehr
Die Operation Jadid - Bundeswehr
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Morgenstunde im Feld, Erwachen in mit Regenplanen umwickelten Schlafsäcken, die auf Isomatten zwischen zwei Panzerfahrzeugen liegen.<br />
Der eine braucht eine Zigarette, der andere ein paar Löffel Süßspeise aus der Ein-Mann-Packung, um in die Gänge zu kommen. Alle tragen<br />
dicke Winterklamotten, die sie sich gegen die Kälte in der Nacht übergezogen haben<br />
Mitte Januar fahren dunkle Limousinen am<br />
COP Pauli vor. Der Provinzgouverneur von<br />
Baghlan steigt aus, Kameras und Mikrofone<br />
richten sich auf ihn. „Wer mit der Regierung<br />
zusammenarbeitet, wird davon profitieren“,<br />
sagt er und blickt wohlwollend auf<br />
Mullah Kahar. „Ich heiße die verlorenen<br />
Söhne mit großer Freude willkommen.“<br />
Applaus im Außenposten, Beifall in Berlin<br />
und Washington. Es sind Männer wie Mullah<br />
Kahar, bekehrte Taliban, die dem Westen<br />
den Notausgang aus Afghanistan öffghanistan<br />
haben sie nicht die weitgehende<br />
Sicherheit und Sauberkeit eines vorgeschobenen<br />
Stützpunkts (FOB), wie sie etwa das<br />
Feldlager in Mazar-i-Sharif bietet. <strong>Die</strong> meisten<br />
Soldaten dort bringen den Einsatz hinter<br />
sich, ohne auch nur ein einziges Mal die<br />
Basis verlassen zu haben. <strong>Die</strong> Fronttruppen<br />
amüsieren sich über die markigen Kriegssprüche<br />
der „Etappenhengste“ („Ich bin im<br />
Krieg!“), hassen die Bürokratie der Feldlager<br />
und schimpfen über das eigene Leben<br />
in „Dreckslöchern“.<br />
<strong>Die</strong> meisten Männer aus Schusters Einheit<br />
stammen aus Bayern, er selbst wohnt fünf<br />
Kilometer von der Burg der zu Guttenbergs<br />
in Franken entfernt. Sie tragen Figuren des<br />
heiligen Christopherus an Ketten um den<br />
Hals und Rosenkränze in den Taschen.<br />
Mancher führt eine Kindersocke oder einen<br />
Slip der Freundin als Talisman mit sich, verstaut<br />
zwischen Schale und Innenteil des Gefechtshelms.<br />
Und mancher blickt auf das<br />
Foto der Liebsten, bevor er den Posten verlässt.<br />
Sollte er getötet werden, so wäre dies<br />
das Letzte gewesen, das er von zu Hause gesehen<br />
hat. „Angst“, sagen die Soldaten mit<br />
einem spöttischen Grinsen im Gesicht, „gehört<br />
dazu. Du darfst sie nur nicht zeigen.“<br />
Sie gehen in Reihen links und rechts des<br />
Wegs. Vorweg laufen die Leute von Mullah<br />
Kahar wie eine Horde Kinder durcheinan-<br />
der. Sie fühlen sich sicher, sie patrouillieren<br />
ihr Dorf. Mullah Kahar schüttelt die<br />
Hände von Leuten, die er lange nicht gesehen<br />
hat. „Er war vor den Taliban geflohen“,<br />
erklärt er und deutet auf einen Gesprächspartner.<br />
Beide verschwinden für eine Weile,<br />
als er zurückkehrt, wendet sich Kahar an<br />
Schuster. Er zeigt in Richtung der Straße,<br />
die sich hinter der Pauli-Brücke nach Süden<br />
schlängelt, und sagt, dort solle eine Bombe<br />
liegen. Schuster informiert den Gefechtsstand<br />
auf dem OP North. Als die Bombenentschärfer<br />
eintreffen, haben Mullah Kahars<br />
Leute den Sprengsatz schon gefunden.<br />
Er besteht aus einem mit Ammoniumnitrat<br />
gefüllten Metallrohr, das mit einer<br />
Zündschnur versehen und mit Stahlkugeln<br />
gespickt ist. Es fehlte nur der Auslöser.<br />
„Dreckskerle“, fluchen Schusters Männer.<br />
<strong>Die</strong> Bombe war für sie gedacht.<br />
Morgentoilette mit „Kack und<br />
Pack“ (oben) und Wasser aus<br />
Kanistern (unten), um die<br />
Zähne zu putzen<br />
03 | 11 loyal 33