Die Operation Jadid - Bundeswehr
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TITEL<br />
Zwei Transporthubschrauber vom Typ CH-53 landen auf dem <strong>Bundeswehr</strong>außenposten „OP North“ in Baghlan. Dort befindet sich der Gefechtsstand<br />
der Task Force Mazar-i-Sharif, die fünf Monate lang im Tal des Baghlan-Flusses kämpfte<br />
Michael Schreiner (3)<br />
Kommandant des „Fuchs“ in das Funkgerät.<br />
„Erwidern Feuer!“ Nach einigen Sekunden<br />
knarzt die Stimme des Zugführers im Funkgerät:<br />
„Geben Sie Feindlage durch!“ Das Maschinengewehr<br />
setzt ein, der<br />
Gruppenführer brüllt: „Entfernung<br />
Feind zirka 400<br />
Meter.“ Ein zweites MG rast<br />
los. Der Zugführer befiehlt:<br />
„GraMaWa vor. Feuer auf 400,<br />
zwei Uhr“. Zwei „Dingo“ fahren<br />
in Position, die Schützen<br />
richten die Granatmaschinenwaffen<br />
aus. Dann feuern<br />
sie die Sprengsätze mit tödlicher<br />
Präzision. Zwanzig Minuten<br />
sind vergangen. Kein<br />
Fauchen mehr. Kein Zischen.<br />
Stopfen. „Keine Verletzten“, funkt der Zugführer<br />
an die Gefechtszentrale.<br />
Es war ein kurzer Feuerüberfall, die Patrouille<br />
wird fortgesetzt. Erst später, wenn die<br />
Männer zur Ruhe kommen, steigt das Gefühl<br />
der Freude, der Erleichterung in ihnen<br />
Christian Theißen<br />
Oberstleutnant Nikolaus<br />
Carstens, Kommandeur<br />
der Task Force Mazar<br />
<strong>Die</strong> Adrenalinstöße im Moment<br />
eines Feuerüberfalls sind heftig,<br />
ihre Intensität nimmt jedoch mit<br />
der Zahl der Gefechte ab<br />
hoch. „Nochmal davongekommen, das hätte<br />
auch schief gehen können!“ Der eine<br />
schweigt und kaut sein Essen, der andere<br />
redet unaufhörlich über das Gefecht und<br />
raucht eine Zigarette nach<br />
der anderen. <strong>Die</strong> Adrenalinstöße<br />
im Moment eines Feuerüberfalls<br />
sind heftig, ihre<br />
Intensität, sagen die Soldaten,<br />
nimmt jedoch mit der<br />
Zahl der Gefechte ab. Mit<br />
jedem neuen Angriff der<br />
Aufständischen wissen die<br />
Männer mehr über Geschosse,<br />
ihre Geräusche und Wirkung.<br />
Sie können vorausbestimmen,<br />
ob sie akut gefährdet<br />
sind, wo das Feuer einschlägt<br />
und wie sie sich davor schützen. Es<br />
ist ihr Handwerk. Kriegshandwerk.<br />
150 Kilometer südwestlich von Mazar-i-Sharif<br />
und 90 Kilometer südlich von Kundus<br />
laufen zwei Straßen an einem Punkt zusammen,<br />
an dem die Ausläufer des Hindukusch<br />
das Tal des<br />
Baghlan-Flusses<br />
bilden. Sie vereinigen<br />
sich zu einem<br />
Asphaltband, das<br />
sich nach Süden<br />
über den Salang-<br />
Pass Richtung Kabul<br />
erstreckt. Von oben gesehen, bilden die<br />
Straßen ein Dreieck, das Highway-Triangel.<br />
Hier verläuft Afghanistans Lebensader.<br />
Lastwagen quälen sich unter der Last zentralasiatischen<br />
Waren von Nord nach Süd<br />
auf die Märkte in Kabul, Kandahar oder<br />
Herat. In die entgegengesetzte Richtung<br />
fahren die Autos der Drogenschmuggler,<br />
beladen mit Opium aus dem Süden. Für die<br />
NATO hat das Highway-Triangel strategische<br />
Bedeutung. Über die Straßen wird der<br />
Nachschub für 150 000 Soldaten transportiert<br />
– und attackiert. Tankwagen brennen,<br />
Container explodieren und Fahrer sterben.<br />
<strong>Die</strong> Gebiete entlang des Triangels sind Talibanland,<br />
als Oberstleutnant Nikolaus<br />
Carstens im vorigen Oktober auf dem „Observation<br />
Post North“ (OP North) eintrifft.<br />
Von dort aus führt er seitdem 600 Gebirgsjäger<br />
aus Bischofswiesen, Grenadiere aus<br />
Regen, Pioniere aus Ingolstadt, Aufklärer<br />
aus Füssen. OP North liegt zwei Kilometer<br />
nördlich von Pol-e-Khomri, dem Zentrum<br />
des Baghlan-Tals, auf einer Anhöhe. Den<br />
Lehmhügel durchziehen Schotterpisten,<br />
auf Plateaus stehen Zelte, Container und<br />
Fahrzeuge. Bei Trockenheit liegt der Staub<br />
wie eine Glocke über dem Berg. Er kriecht<br />
in Schlafsäcke, legt sich auf Zahnbürsten.<br />
Nach Regen klebt der Schlamm wie Brei<br />
zentimeterdick an Stiefeln und Fahrzeugen.<br />
Unten an der Zufahrt wachen afghani-<br />
30 loyal 03 |11