Die Operation Jadid - Bundeswehr
Die Operation Jadid - Bundeswehr
Die Operation Jadid - Bundeswehr
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
TITEL<br />
„DER GEGNER BEFINDET<br />
SICH IN DER DEFENSIVE“<br />
Interview mit Generalmajor Hans-Werner Fritz, der neun Monate lang<br />
das Kommando über die ISAF-Truppen in Nordafghanistan geführt hat<br />
Herr General, Ihre Truppen haben die Aufständischen<br />
aus wichtigen Gebieten der Provinzen Kundus<br />
und Baghlan vertrieben. Ist die Trendwende<br />
in Nordafghanistan erreicht?<br />
Ich benutze gern das Bild des Bergsteigers. Wir stehen<br />
noch ein Stück vor dem Gipfel, müssen erst<br />
noch drüber, bevor es auf die bessere Seite geht.<br />
Wir setzen den Taliban massiv zu. Sie haben erkannt,<br />
dass es ums Ganze geht. Wir bleiben in den<br />
Dörfern und schützen die Bewohner vor den Aufständischen.<br />
Wenn die den Kampf suchen, endet<br />
er für sie meist tödlich. Deshalb reagieren sie wütend<br />
und brutaler, auch der eigenen Bevölkerung<br />
gegenüber. Wir müssen uns beeilen, um die Bevölkerung<br />
vor weiterem Terror zu bewahren.<br />
Sie suchen in diesem Jahr die Entscheidung?<br />
Absolut. Vor uns liegen harte Monate, die noch<br />
einmal verlustreich sein können. Wir werden weiterhin<br />
in Gebiete eindringen, in denen die Aufständischen<br />
bislang Ruhe vor uns oder den afghanischen<br />
Sicherheitskräften hatten. Der Moment<br />
ist günstig, das Wetter auch, der Gegner befindet<br />
sich in der Defensive. Das gilt es auszunutzen.<br />
Was planen Sie?<br />
<strong>Die</strong> Provinzen Kundus und Baghlan müssen nachhaltig<br />
sicher werden. Darum geht es zunächst in<br />
diesem Jahr.<br />
Woran liegt es, dass die Taliban nach ihrer erfolgreichen<br />
Rückkehr vor einigen Jahren nun wieder<br />
in die Defensive geraten sind?<br />
Erstens: Wir haben unsere Kräfte signifikant verstärkt.<br />
Mit US-amerikanischen Hubschraubern,<br />
deutschen Infanterietruppen und inzwischen wesentlich<br />
mehr und besser ausgebildeten afghanischen<br />
Kräften lässt sich erheblich mehr Druck auf<br />
die Aufständischen ausüben, als wir dies vor zwei<br />
Jahren konnten. Zweitens: <strong>Die</strong> Menschen haben<br />
genug vom Krieg. Sie wollen Frieden, Sicherheit,<br />
Entwicklung, eine Zukunft für ihre Kinder, all das,<br />
was ihnen die Taliban nicht bieten können. Drittens:<br />
<strong>Die</strong> Leute sehen, dass sich ihre Lage mit unserer<br />
Ankunft auch materiell verbessert. Wir bringen<br />
ihnen Strom, schottern Straßen, bauen Schulen.<br />
Das wirkt.<br />
Das macht einen Taliban noch lange nicht zum<br />
Regierungsanhänger. Wie wollen Sie verhindern,<br />
dass die Männer in den Dörfern im Frühjahr zur<br />
„Kampfsaison“ nicht wieder die Waffe ausgraben<br />
und gegen Soldaten und Polizisten richten?<br />
<strong>Die</strong> meisten Männer in den Dörfern sind keine Taliban.<br />
Sie verdingen sich bei ihnen, entweder um<br />
ihre Familie zu ernähren oder um der Unterdrückung<br />
durch die Aufständischen zu entgehen. Älteste<br />
beklagten in Gesprächen mit mir vielfach die<br />
hohe Arbeitslosigkeit in den Dörfern. <strong>Die</strong> Leute<br />
brauchen Beschäftigung und finanzielles Einkommen.<br />
Wenn es gelingt, die Wirtschaft anzukurbeln,<br />
verlieren die Aufständischen weiter an<br />
Boden. Deswegen haben sie kein Interesse an Aufbau<br />
und Entwicklung in diesem Land.<br />
Kundus und Baghlan waren vor einem Jahr noch<br />
Talibangebiet. <strong>Die</strong> Truppen konnten keinen Fuß<br />
hineinsetzen, ohne angegriffen zu werden. Wie<br />
sind Sie vorgegangen, um die Lage zu verändern?<br />
Alles, was wir machen, tun wir gemeinsam mit<br />
der afghanischen Armee und der Polizei. Wir<br />
leben, arbeiten und kämpfen zusammen. Außerdem<br />
informieren wir vor jeder <strong>Operation</strong> die Menschen<br />
in den Orten, was wir vorhaben. <strong>Die</strong> afghanischen<br />
Kräfte durchkämmen gemeinsam mit uns<br />
dann das Dorf nach Waffen und feindlichen<br />
Kämpfern, anschließend bleiben sie mit einigen<br />
unserer Soldaten dort und errichten einen Außenposten.<br />
<strong>Die</strong> Leute sehen, dass wir es ernst meinen<br />
und helfen uns dabei, Taliban zu finden. Das vertreibt<br />
die meisten Aufständischen.<br />
Und wohin?<br />
In die Berge, in andere Dörfer, in denen wir noch<br />
nicht sind. Und wir rücken wieder nach und stellen<br />
sie bei der nächsten Gelegenheit. Wir treiben<br />
sie vor uns her, denn anders als früher können sie<br />
in die Dörfer nicht mehr zurück.<br />
36 loyal 03 |11