2/2009 - Medizinische Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle
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R e c h t s m e d i z i n<br />
Die Vaterschaft<br />
sicher klären<br />
Abstammungsgutachten sind notwendig, um die biologische<br />
Vaterschaft bei Unterhaltsfragen o<strong>der</strong> Verwandtschaftsverhältnisse in<br />
Erbauseinan<strong>der</strong>setzungen sicher abzuklären.<br />
Prof. Dr. Manfred Kleiber, Dr. rer. nat. Uta-Dorothee Immel<br />
D<br />
ie Konsequenzen, die sich daraus<br />
für die beteiligten Personen ergeben<br />
können, sind erheblich. Es<br />
wird ein beson<strong>der</strong>s hohes Maß an Zuverlässigkeit<br />
und Genauigkeit vorausgesetzt. Der<br />
wissenschaftliche Beirat <strong>der</strong> Bundesärztekammer<br />
und die Arbeitsgemeinschaft <strong>der</strong><br />
Sachverständigen für Abstammungsgutachten<br />
haben zusammen mit dem Robert-Koch-<br />
Institut Richtlinien für die Erstattung von<br />
Abstammungsgutachten erstellt. Darin sind<br />
die Voraussetzungen festgelegt, die ein Untersuchungslabor<br />
erfüllen muss, um den Qualitätsansprüchen<br />
eines solchen Gutachtens zu<br />
genügen. Bis in Einzelheiten sind die Modalitäten<br />
<strong>der</strong> Identitätssicherung, <strong>der</strong> Probenentnahme,<br />
<strong>der</strong> Analytik und <strong>der</strong> Dokumentation<br />
beschrieben. Gutachten, die gemäß diesen<br />
Richtlinien erstellt werden, sind in Deutschland<br />
gerichtlich anerkannt.<br />
Vaterschafts-/Abstammungsgutachten werden<br />
im Institut für Rechtsmedizin grundsätzlich<br />
nach diesen Bestimmungen durchgeführt.<br />
Prof. Dr. Manfred Kleiber, Direktor<br />
des Instituts für Rechtsmedizin, und Dr. Uta-<br />
Dorothee Immel (Leiterin des Labors für Forensische<br />
Genetik) sind Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Arbeitsgemeinschaft<br />
<strong>der</strong> Sachverständigen für<br />
Abstammungsgutachten. Das Laborpersonal<br />
verfügt über langjährige Erfahrungen in<br />
den einschlägigen Analysemethoden. Die Zuverlässigkeit<br />
und Qualität <strong>der</strong> Expertisen ist<br />
durch regelmäßige Teilnahme an nationalen<br />
und internationalen Ringversuchen gewährleistet.<br />
Neben Gerichten o<strong>der</strong> Behörden können<br />
auch Privatpersonen Gutachten erstellen lassen.<br />
Mittels <strong>der</strong> STR-Analyse (short tandem<br />
repeat) werden nicht kodierende genetische<br />
Merkmale bestimmt, die sich nicht innerhalb<br />
funktioneller Gene befinden. An jedem <strong>der</strong><br />
untersuchten DNA-Abschnitte ist ein Muster<br />
zu erkennen, das im direkten Vergleich<br />
von Kind, Mutter und fraglichem Vater Übereinstimmungen<br />
o<strong>der</strong> Unterschiede erkennen<br />
lässt.<br />
Die in das Gutachten einzubeziehenden Personen<br />
werden in das <strong>Universität</strong>sinstitut gebeten,<br />
wo die Entnahme <strong>der</strong> Blut- und Speichelproben<br />
sowie die Identitätssicherung<br />
durchgeführt werden. Dazu werden die Proben<br />
mit dem Namen, Vornamen und Geburtsdatum<br />
beschriftet und die Person muss<br />
diese Angaben selbst nochmals schriftlich bestätigen.<br />
Zudem muss <strong>der</strong> Personalausweis<br />
beziehungsweise bei Kin<strong>der</strong>n die Geburtsurkunde<br />
vorgelegt werden. Als forensisch sicherer<br />
Identitätsnachweis dient die Digitalfotografie<br />
und ein Fingerabdruck.<br />
Die Laboruntersuchungen dauern etwa eine<br />
Woche. Nach <strong>der</strong>en Abschluss wird mit wissenschaftlich<br />
fundierten statistischen Methoden<br />
die Wahrscheinlichkeit <strong>der</strong> Vaterschaft<br />
berechnet. Der sog. „W-Wert“ (in<br />
Prozent) gibt die Wahrscheinlichkeit <strong>der</strong><br />
Vaterschaft wie<strong>der</strong>. Liegt er bei 99,9 Prozent<br />
o<strong>der</strong> darüber, so gilt die Vaterschaft als<br />
„praktisch erwiesen“. Das Gutachten wird in<br />
schriftlicher Form erstellt und beinhaltet die<br />
K o n t a k t<br />
Institut für Rechtsmedizin<br />
Dr. Uta-Dorothee Immel<br />
Franzosenweg 1<br />
Tel.: (0345) 557-1591<br />
Tel.: (0345) 557-1595<br />
uta.immel@medizin.uni-halle.de<br />
Beschreibung <strong>der</strong> Untersuchungsergebnisse<br />
sowie die Angabe des W-Wertes mit <strong>der</strong> abschließenden<br />
Beurteilung (Vaterschaft praktisch<br />
erwiesen o<strong>der</strong> ausgeschlossen).<br />
Auch komplizierte Abstammungsfragen wie<br />
Geschwisterschaft, Großelternschaft und so<br />
genannte „Defizienzfälle“ (ein Elternteil ist<br />
verstorben o<strong>der</strong> nicht erreichbar) werden wissenschaftlich<br />
bearbeitet. Auch Hautschüppchen,<br />
Haarwurzeln, Gewebsproben (z. B. Biopsiematerial<br />
aus dem Pathologiearchiv) sind<br />
geeignet, strittige Abstammungsverhältnisse<br />
aufzuklären. Der Umgang mit diesem „eher<br />
ungewöhnlichen“ Untersuchungsmaterial ist<br />
natürlich in einem rechtsmedizinischen Institut<br />
mit seinen mannigfaltigen Aufgaben für<br />
kriminalistische Spurenuntersuchungen alltägliche<br />
Routine.<br />
Ausgabe 2/09<br />
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