07.11.2013 Aufrufe

SEK-Bulletin 2/2010 - Evangelisch-Reformierte Kirche des Kantons ...

SEK-Bulletin 2/2010 - Evangelisch-Reformierte Kirche des Kantons ...

SEK-Bulletin 2/2010 - Evangelisch-Reformierte Kirche des Kantons ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Kommunikation 11<br />

meistens als Opfer in negativ konnotierten Handlungen<br />

dargestellt werden. Muslime generell und Schiiten<br />

im Speziellen werden hingegen eher als Auslöser oder<br />

Mitschuldige identifiziert. Die Möglichkeit zur Personalisierung<br />

spielt im einzelnen Beitrag eine ganz zentrale<br />

Rolle. Dies formuliert ein Redaktor so: «Es braucht<br />

entweder eine sehr bekannte Figur wie den Dalai<br />

Lama, den Papst, einen Schweizer Kardinal oder halt<br />

eine sehr überzeugende Figur wie zum Beispiel die<br />

unbekannte Baptistin von Fribourg, die irgendwie<br />

überraschend ist.»<br />

Köpfe, Köpfe, Köpfe<br />

Religiöse Themen interessieren dann, wenn sie<br />

eine erwartete politische, wirtschaftliche, wissenschaftliche<br />

oder auch eine natürliche Ordnung irritieren<br />

oder umgekehrt. «Wenn bei einem Lawinenunglück<br />

von Schweizer Rekruten der Bun<strong>des</strong>rat im<br />

Berner Münster predigt, ist Religion sehr gefragt.»<br />

Neben pädophilen oder liierten katholischen Priestern<br />

nennen die Journalisten auch das Spannungsfeld<br />

zwischen säkularer Gesellschaft und Religion als Dauerbrenner.<br />

So stellt ein Befragter fest, dass Religion<br />

dann spannend sei, «wenn die Religion mit Standards<br />

kollidiert.» Das Verbot von <strong>Kirche</strong>nbauten oder von<br />

umstrittenen religiösen Ritualen, staatliche Kleidervorschriften<br />

oder ein gestörtes Verhältnis zwischen<br />

<strong>Kirche</strong> und Staat oder zwischen einer Kirchgemeinde<br />

und ihrem Bischof werden als weitere Beispiele genannt.<br />

Strategien für die <strong>Reformierte</strong>n<br />

Was kann nun also – zusammenfassend – aus all<br />

dem für die Kommunikationsstrategie einer Religionsgemeinschaft<br />

und insbesondere der <strong>Reformierte</strong>n<br />

gelernt werden? Die Verantwortlichen der <strong>Reformierte</strong>n<br />

haben dann eine Chance, ihre Themen in den Medien<br />

zu platzieren, wenn sie in ihren Stellungnahmen<br />

religiöse Aspekte und Glaubensfragen koppeln mit<br />

anderen irritierenden gesellschaftlichen Perspektiven.<br />

So können Moral- und Ethikperspektiven bestimmter<br />

Religionsvertreter journalistische Geschichten etwa<br />

zu Managerlöhnen, zum Bankgeheimnis, zum Sonntagsverkauf,<br />

zum Klimawandel, zum Burkaverbot<br />

oder zu Migrationsfragen gut ergänzen. Wichtig ist<br />

dabei, dass die religiöse Perspektive in ihrem Kern benannt<br />

wird und wertbezogen (Menschenwürde, Solidarität,<br />

Toleranz etc.) kommuniziert wird. Zudem<br />

muss die narrative Struktur der tragenden Geschichte<br />

augenfällig sein.<br />

Die Kommunikationsspezialisten müssen <strong>des</strong>halb<br />

lernen, in ihrer Arbeit die narrativen Strukturen<br />

journalistischer Geschichten zu berücksichtigen und<br />

Relevanz hat am Fernsehen nicht erste Priorität. Das exotische<br />

Bild einer vollverschleierten Schweizerin genügt dem Medium,<br />

um einer extremen Minderheit eine Plattform zu bieten.<br />

ihre (archetypische) Rolle als Religionsvertreter im<br />

Rahmen der dominanten Erzählung einzunehmen –<br />

und diese möglichst positiv zu gestalten. Schliesslich<br />

sind auch hier Köpfe gefragt. Argumente müssen personalisiert<br />

werden, auch wenn es da die katholische<br />

<strong>Kirche</strong> leichter hat. Der Schweizerische <strong>Evangelisch</strong>e<br />

<strong>Kirche</strong>nbund hat aber mit ihrem Präsidenten Pfarrer<br />

Thomas Wipf eine gute Ausgangslage. <<br />

Mehr Informationen dazu:<br />

Vinzenz Wyss & Guido Keel: Religion surft mit.<br />

Journalistische Inszenierungsstrategien zu<br />

religiösen Themen.<br />

Carmen Koch: Das Politische dominiert. Wie<br />

Schweizer Medien über Religionen berichten.<br />

Beide Artikel sind erschienen in der Zeitschrift<br />

«Communicatio Socialis», Heft 4, 2009.<br />

* DR. VINZENZ WYSS ist Professor für Journalismus<br />

und Medienforschung am Institut für Angewandte<br />

Medienwissenschaft der Zürcher Hochschule für<br />

Angewandte Wissenschaften in Winterthur.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!