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Kollegi Nr. 10 vom März 2011 - Kantonale Mittelschule Uri

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1<br />

bersetzen<br />

<strong>Kollegi</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>10</strong>, <strong>März</strong> <strong>2011</strong>, www.kollegi-uri.ch<br />

Zeichen „übersetzen“<br />

und verstehen<br />

Schulleitung<br />

Seiten 4-5<br />

„Übersetzen“ ist das<br />

Motto für unser Schuljahr<br />

20<strong>10</strong>/<strong>2011</strong>.<br />

Die Schüler und Schülerinnen<br />

der Klassen 1a und 1c haben<br />

sich im Deutschunterricht<br />

mit Zeichen und Signalen<br />

beschäftigt und hierauf<br />

neue Zeichen kreiert.<br />

„Übersetzer sind<br />

verwegene Kämpfer, die<br />

den Turm von Babel<br />

angreifen“<br />

Seite 8<br />

Seiten 14-15<br />

Camus versus Babelfish?<br />

Goethes Faust,<br />

der Tragödie erster Teil<br />

Das <strong>Kollegi</strong>theater bringt seine<br />

neuste Produktion auf die<br />

Bühne. Am 15. April<br />

ist Premiere.<br />

In einem nostalgischen Rückblick<br />

auf den Lehrermangel in den<br />

siebziger Jahren schrieb jüngst<br />

im Tages-Anzeiger ein Journalist,<br />

der damals an einer Schule<br />

kurzfristig eine Stellvertretung<br />

übernahm, wie er nach dreissig<br />

Jahren einer Schülerin begegnet.<br />

Es entsteht ein Gespräch:<br />

„Was hast du eigentlich in diesem<br />

Jahr bei mir gelernt?“ (…) „Die<br />

Zeitung zu lesen“, sagte sie. „Und<br />

im Französisch<br />

Die Gymnasiallehrpersonen<br />

transformieren als<br />

gewiefte Didaktiker in jedem<br />

Fachbereich komplizierte<br />

und komplexe wissenschaftliche<br />

Fragen in<br />

verständliche Worte und<br />

Bilder.<br />

von Dr. Ivo Frey, Rektor<br />

haben wir die<br />

Lieder der Beatles<br />

auf Deutsch<br />

übersetzt. Aus<br />

dem Englischen.“<br />

Ich begann mich<br />

unbehaglich zu<br />

fühlen, als spürte<br />

ich schon den<br />

strengen Blick<br />

des Bezirksschulpflegers<br />

auf mir. Doch Gina beruhigte<br />

mich. Die Beatles-Stunden<br />

hätten sie später zum Englischlernen<br />

motiviert. Dann versanken<br />

wir in der Vergangenheit und<br />

gingen die ganze Klasse durch.<br />

Der Journalist ist ein gebürtiger<br />

Ungar und studierte damals an<br />

der Uni Zürich Volkswirtschaft.<br />

Und wurde dann Filmkritiker und<br />

Publizist. Die Schülerin hat<br />

italienische Ursprünge.<br />

Eine wunderbare Geschichte! Weil<br />

sich hier mehrfarbige Fäden miteinander<br />

verknoten: Die Überlappung<br />

verschiedener Welten in einem<br />

Raum, die improvisierten Rahmenbedingungen,<br />

das Überraschungsmoment<br />

im Schulunterricht. Ja, das<br />

Leben verläuft nicht linear, sondern<br />

überraschend, turbulent manchmal<br />

wie der Schulalltag. Der Mensch<br />

webt seine Lebensgeschichte aus<br />

verschiedenen Erzählungen, hüllt<br />

sich (je älter, desto mehr) in den<br />

Mantel seines Textgewebes ein und<br />

verleiht so seinem<br />

Leben Sinn.<br />

Die Schilderung<br />

des Journalisten<br />

verdeutlicht<br />

zudem<br />

einen wesentlichen<br />

Aspekt des<br />

Lehr- und Lernprozesses:<br />

das<br />

Übersetzen. In<br />

diesem mehrdeutigen<br />

Wort verdichtet sich die<br />

Arbeit aller Lehrpersonen und<br />

der Schülerinnen und Schüler,<br />

nicht nur im Sprachunterricht.<br />

Die Gymnasiallehrpersonen transformieren<br />

als gewiefte Didaktiker<br />

in jedem Fachbereich komplizierte<br />

und komplexe wissenschaftliche<br />

Fragen in verständliche Worte<br />

und Bilder. Das Dolmetschen ist<br />

eine wahre Kunst: falsche Vereinfachungen<br />

müssen vermieden,<br />

schiefe Bilder relativiert werden,<br />

Inhalte müssen an die Vorstel-


lungswelt der Lernenden angepasst,<br />

fachspezifische Methoden<br />

unterstrichen und Eigenarten der<br />

wissenschaftlichen Inhalte bewahrt<br />

werden. Wie es jeder Dolmetscher<br />

tut. Franz Hohler übersetzte mit<br />

Bedacht im Lied des französischen<br />

Dichters Boris Vian das Wort „Deserteur“<br />

mit „Dienstverweigerer“,<br />

wie er in einem Interview sagt:<br />

„Bei Boris Vian ist der Deserteur<br />

ganz klar definiert als jemand, der<br />

im Krieg aus der Armee flüchtet.<br />

Die Schweiz hat keine Krieg führende<br />

Ar mee, also habe ich einen<br />

Dienstverwei gerer daraus gemacht.<br />

Diese kleinen An passungen an unsere<br />

Realität haben mich immer<br />

gereizt.“ Übersetzen<br />

heisst<br />

ja immer<br />

auch interpretieren,<br />

deuten.<br />

Das Wort<br />

„deuten“ hat<br />

indessen zwei<br />

Seiten: Einerseits<br />

meint seine<br />

Grundbedeutung<br />

„dem Volk<br />

etwas verständlich<br />

machen“,<br />

etwas „dütsch<br />

und dütlich“ sagen, oder andererseits<br />

„auslegen“ oder gar „in die<br />

Zukunft blicken“. Beiden Bedeutungen<br />

folge ich nur zögerlich.<br />

Wir Lehrpersonen wissen oft nicht,<br />

wie die Lernenden den vermittelten<br />

Stoff verarbeiten und deuten. Mitunter<br />

nehmen wir es dann mit Erstaunen<br />

an Prüfungen zur Kenntnis!<br />

Aber eben: Schülerinnen und Schüler<br />

sind keine trivialen Maschinen<br />

wie ein Getränkeautomat: Hier<br />

weiss ich, was raus kommt, bei<br />

den Lernenden nicht, zumindest<br />

nicht immer - und das zum Glück.<br />

In der Tat sind die Resultate des<br />

gymnasialen Bildungsprozesses,<br />

der Output des Gymnasiums, wie<br />

es heisst, nicht in allen Teilen<br />

mess- und fassbar. Im Gegenteil:<br />

Manchmal erinnert der Bildungsgang<br />

an das bekannte Wortkettenspiel<br />

oder das Entstehen von Gerüchten<br />

oder urbanen Legenden im<br />

Internet. Dies irritiert. Insbesondere<br />

manchmal Eltern, mehr noch<br />

Bildungspolitiker. Um es gleich<br />

klarzustellen: Harmonisierungen im<br />

Schulwesen sind notwendig, ebenso<br />

Standards: Vergleiche können<br />

die Schulqualität verbessern, die<br />

Transparenz zum Bespiel der Benotung<br />

der Lehrpersonen und die<br />

Leistungen der Lernenden erhöhen.<br />

Sicher kann damit die Arbeit<br />

der Schule gegenüber der Öffentlichkeit<br />

besser legitimiert werden.<br />

Allzu oft interpretieren<br />

wir das Verhalten der anderen<br />

nach unseren eigenen<br />

Vorstellungen und<br />

Deutungsmustern, allzu<br />

oft suchen und finden wir<br />

Zusammenhänge, wo vielleicht<br />

keine sind. Dies versperrt<br />

uns den Blick aufs<br />

Andere, Neue, Fremde.<br />

Sonderfälle und Ausnahme sind schwieriger<br />

zu erklären und zu begründen als Regeln und<br />

Standards. Aber das macht lediglich einen<br />

Teil der gymnasialen Bildung aus. Im Gegensatz<br />

zur Uniformität und zum Benchmarking<br />

braucht es die Förderung der Differenz und<br />

der Diversität. Fachkompetente Lehrpersonen<br />

führen die Lernenden in Fachbereiche ein,<br />

in ihre spezifischen Inhalte und Methoden.<br />

Die Schülerinnen und Schüler lernen damit<br />

den Umgang mit unterschiedlichen Wissenschaftssprachen<br />

und Sprachspielen. Sie lernen,<br />

Differenzen dort einzuführen wo nicht<br />

differenziert wird, wie dies oft in der heutigen<br />

Medienwelt geschieht. Solche Bildung<br />

entspräche der heutigen Welt, - einer Welt<br />

voller Klippen und Kanten, voller Turbulenzen<br />

und Paradoxien, reich an unvorhersehbarem<br />

Neuem und Durcheinander<br />

von Verschiedenartigem.<br />

Das verlangt neben<br />

blitzschneller visueller<br />

und intellektueller Auffassungsgabe<br />

auch rasches<br />

Antizipieren, Kombinieren<br />

und gewitztes Switchen.<br />

Der Umgang mit<br />

Diversität ist schwierig<br />

und anforderungsreich,<br />

für die Lernenden,<br />

für die Lehrpersonen und<br />

für die Schulleitung.<br />

Allzu oft interpretieren wir<br />

das Verhalten der anderen nach unseren eigenen<br />

Vorstellungen und Deutungsmustern,<br />

allzu oft suchen und finden wir Zusammenhänge,<br />

wo vielleicht keine sind. Dies versperrt<br />

uns den Blick aufs Andere, Neue, Fremde.<br />

Nein, in das Innere des Gegenübers haben<br />

wir keinen unmittelbaren Zugang, ausser<br />

übers Wort, so wie es in der schönen<br />

Parabel Wittgensteins steht: „Angenommen,<br />

es hätte Jeder eine Schachtel, darin<br />

wäre etwas, was wir ›Käfer‹ nennen. Niemand<br />

kann je in die Schachtel des Andern<br />

schaun; und Jeder sagt, er wisse nur <strong>vom</strong><br />

Anblick seines Käfers, was ein Käfer ist.“<br />

Vielleicht müssten wir weniger deuten, sondern<br />

vermehrt einfach übersetzen, so wie<br />

es das lateinische Wort interpretari ursprünglich<br />

meint. Weniger zwischen den<br />

Zeilen lesen, sondern die Zeichen selbst<br />

lesen und sie sprechen lassen, das Wort<br />

beim Wort nehmen, - es geht ums„Hinüber-<br />

Setzen“, die Überquerung, die Zuwendung<br />

zum Anderen, was grosses Einfühlungsvermögen<br />

und grosse Sensibilität voraussetzt,<br />

für alle, Schülerinnen, Schüler,<br />

Lehrpersonen und Schulleitung.<br />

Man sieht einmal mehr das Jahresmotto<br />

„übersetzen“ ist mehrdeutig, dafür<br />

zeugen auch die Artikel und die Bilder<br />

in dieser Nummer. Die Vieldeutigkeit<br />

soll nicht zuletzt ausdrücken, dass das<br />

Gymnasium sich nicht nur an den<br />

konkreten Zielen orientiert, sondern<br />

auch einen Raum der Reflexion darstellt.<br />

Das Poetische, das Prosaische und<br />

das Technische – bilden das Geschäft<br />

des Gymnasiums.<br />

2


Schülerinnen und Schüler<br />

Do you speak<br />

European?<br />

Nach Amerika und zurück<br />

von Staschia Brand und Aline Schärer<br />

Damals im Herbst 2008 haben wir,<br />

Aline Schärer und Staschia Brand,<br />

fast gleichzeitig beschlossen ein Austauschjahr<br />

zu absolvieren. Mit viel<br />

Vorfreude füllten wir unsere Anmeldeformulare<br />

„A high school year in the<br />

USA“ aus und genau in diesem Augenblick<br />

fing unser Abenteuer an. Die<br />

Zeit bis im August 09 verging wie im<br />

Fluge und es war an der Zeit, der Familie,<br />

Freunden und der Schweiz auf<br />

Wiedersehen zu sagen. Neugierig und<br />

mit viel Energie flogen wir gemeinsam<br />

nach Chicago, wo sich unsere Wege<br />

trennten und wir auf uns allein gestellt<br />

waren. Alines Gastfamilie erwartete<br />

sie schon in Peoria, Illinois und<br />

Staschia flog weiter nach Flint, Michigan.<br />

Unwissend, was alles auf uns zukommt,<br />

waren wir fürs Erste glücklich.<br />

Während unseres Austauschjahres<br />

lernten wir so einiges über uns selbst<br />

und Amerika. Zunächst mussten wir<br />

uns vor allem auf die englische (bzw.<br />

amerikanische) Sprache konzentrieren.<br />

So mussten wir zum Beispiel um<br />

dem Schulunterricht folgen zu können,<br />

einen ganz neuen Wortschatz erlernen:<br />

mathematische Begriffe oder<br />

Fachausdrücke im Geschichts- und<br />

Biologieunterricht. Aber auch in normalen<br />

Alltagsgesprächen stiessen wir<br />

anfangs an Grenzen, denn im amerikanischen<br />

Englisch wird viel Slang<br />

benutzt. Ausdrücke wie: „dushbag“<br />

(Blödmann), „jk“ (Just kidding), „G“<br />

(Gangster), „swag“ (Outfit) … bereiteten<br />

uns Schwierigkeiten. Mit einem<br />

Wörterbuch hatten wir keine Chance,<br />

die richtige Übersetzung herauszufinden,<br />

deshalb fragten wir besser Leute<br />

nach der Bedeutung. Aber durch die<br />

ständige Konfrontation mit der Fremdsprache<br />

verstanden und lernten wir<br />

schnell, bis uns schliesslich das Englisch<br />

bis in unsere Träume begleitete.<br />

Auch haben wir schnell gemerkt, dass<br />

es so einige ungeschriebene Regeln in<br />

einer Kultur gibt. In der Schweiz haben<br />

wir solche ungeschriebene Regeln<br />

logischerweise nie richtig wahrgenom-<br />

men. In Amerika jedoch haben wir<br />

diese „Gesetze“ durch unser Fehlverhalten<br />

oder Unwissen gelernt, denn<br />

sie waren überhaupt nicht zu erahnen.<br />

Nach amerikanischer Art ist es<br />

üblich, die Kleidung nach einem Tag<br />

zu wechseln, andererseits spielte es<br />

keine grosse Rolle, ob man mit dem<br />

Pyjama, den Trainerhosen oder mit<br />

High Heels zur Schule ging. Weitere<br />

kulturelle Unterschiede sind, dass man<br />

sonntags die Kirche besucht oder dass<br />

der Fernseher einen 24-Stunden-Job<br />

hat. Lernen, essen, lesen, schlafen<br />

und surfen sind typische Aktivitäten,<br />

die im Wohnzimmer vor dem Fernseher<br />

stattfinden. Von zu Hause sind<br />

wir beide gewohnt, dass die Familie<br />

gemeinsam an einem Tisch isst. Deshalb<br />

befremdete es uns sehr Mahlzeiten,<br />

häufig Fast Food, alleine auf<br />

dem Sofa einnehmen zu müssen.<br />

Andererseits stiessen wir permanent<br />

auf viel Sympathie, dank unserem<br />

Schweizer Akzent und haben auch viel<br />

Aufmerksamkeit bekommen. Amerikaner<br />

sind sehr direkt und hatten<br />

überhaupt keine Hemmungen Fragen<br />

zu stellen, wenn auch etwas spezielle.<br />

Wir mussten viele Male ein Lachen<br />

unterdrücken, wenn man an uns mit<br />

Fragen wie den folgenden herantrat:<br />

„Do you speak European?“, „Is Switzerland<br />

a state down in Florida?“, „Are<br />

you a <strong>10</strong>0% white, because you got<br />

an accent?“, „Is Colombia in Africa,<br />

and do you have cars?”, „Can you buy<br />

strawberries in Switzerland?” Eine<br />

Frage, die uns immer wieder gestellt<br />

wurde, war: „Can you say something<br />

in Swedish?“. Anscheinend ist Schweden<br />

und die Schweiz aus der Sicht der<br />

Amerikaner ein und dasselbe Land.<br />

Ja, das Übersetzen der Sprache sowie<br />

der Kultur im Land der unbegrenzten<br />

Möglichkeiten bereitete uns so einige<br />

Schwierigkeiten. Doch insgesamt<br />

hat sich dieses Jahr für beide gelohnt<br />

und es hat uns gezeigt, wozu<br />

wir in der Lage sind, wenn wir auf<br />

uns allein gestellt sind. Man sollte auf<br />

keinen Fall damit rechnen, dass ein<br />

Austauschjahr mit Ferien gleichzusetzen<br />

ist. Falls man auf Neues und<br />

Unbekanntes stösst, sollte man Offenheit<br />

und Neugierde zeigen, damit<br />

liegt man nämlich nie falsch.<br />

3


Zeichen „übersetzen“ und verstehen<br />

Neu kreierte Zeichen der Klassen 1a und 1c<br />

Abladen von<br />

Kl<br />

von Ulrich Köchli<br />

Achtung Alien!<br />

Unsere<br />

Welt ist v<br />

Zeichen und Signale<br />

im Beruf, in der Natur –<br />

nen wir ganz unterschiedli<br />

Signalen. Das können Piktog<br />

schilder, Gesten, aber auch ak<br />

sein. Auch die Sprache – die ges<br />

schriebene – basiert auf einem S<br />

Signalen. Alle haben sie eine Bede<br />

verstehen, müssen wir sie „überse<br />

oder unbewusst geschehen. Je me<br />

wir kennen, desto besser finden w<br />

Die Schüler und Schülerinnen der<br />

sich im Deutschunterricht mit die<br />

tigt und hierauf neue Zeichen kr<br />

chen für sich, sind also leicht zu<br />

verstehen. Einige erschliesse<br />

zweiten Blick, nach einigem<br />

dere – z.B. der „Fusspilz“<br />

Umsetzungen von ge<br />

Sprache ins Bild<br />

4<br />

Achtung Hexenschuss!


Achtung Unordnung!<br />

Achtung Fusspilz!<br />

ller<br />

Im Alltag,<br />

berall begegen<br />

Zeichen und<br />

mme, Verkehrstische<br />

Signale usw.<br />

rochene wie die getem<br />

von Zeichen und<br />

tung. Um ihren Sinn zu<br />

en“. Das kann bewusst<br />

Zeichen und Signale<br />

uns im Alltag zurecht.<br />

lassen 1a und 1c haben<br />

r Thematik beschäfert.<br />

Manche spre-<br />

„übersetzen“ bzw. zu<br />

sich erst auf den<br />

berlegen. An-<br />

– sind witzige<br />

hriebener<br />

afte.<br />

Keine nervenden Klingeltöne!<br />

Achtung Kaktus!<br />

5


Schule<br />

Lateiner wissen, was<br />

Übersetzen heisst.<br />

„ÜBERSETZEN“<br />

von Björn Infanger<br />

Spätestens seit dem biblischen Turmbau zu Babel und der darauf folgenden Sprachverwirrung<br />

ist es notwendig, Informationen zwischen zwei Parteien mündlich oder<br />

schriftlich zu übersetzen, wenn sie für beide verständlich sein sollen.<br />

Die Übersetzung der<br />

Europa<br />

Sprache existiert laut Wikipedia<br />

seit <strong>10</strong>0 000, die Schrift seit 5000<br />

Jahren. Wie genau diese Jahrzahlen<br />

sind, ist für unsere Breitengrade<br />

nicht von entscheidender Bedeutung.<br />

Spannend wird Sprachgeschichte<br />

und somit auch Übersetzung<br />

für den europäischen Raum<br />

mit den Phöniziern, die zu Beginn<br />

des 1. Jahrtausends v. Chr. in<br />

den Gebieten des heutigen Syriens<br />

und Libanons zu finden waren.<br />

Ihr Stammvater war laut<br />

Herodot, dem griechischen Historiker<br />

des 5. Jh. v. Chr., Phoinix,<br />

ein Bruder von Kadmos und Europa,<br />

was uns mitten in die griechische<br />

Mythologie transferiert:<br />

Da Göttervater Zeus, der dem holden<br />

Geschlecht eher selten abgeneigt<br />

war, eines Tages die schöne<br />

Europa auf einer Wiese spielen sah,<br />

verwandelte er sich in einen anmutigen<br />

Stier. Auf diesen setzte sich<br />

Europa, worauf der Stier mit seiner<br />

Eroberung nach Kreta schwamm<br />

– oder besser: übersetzte. Mit diesem<br />

Mythos wird in der Forschung<br />

heute der Kulturtransfer von Ost<br />

nach West, bzw. von Vorderasien<br />

nach Europa gleichgesetzt.<br />

Die Übersetzung der<br />

Buchstaben<br />

Damit geht der Mythos um die<br />

phönizischen Geschwister in die<br />

zweite Runde: Kadmos macht sich<br />

nun auf, seine entführte Schwester<br />

zu finden. Er setzt über nach<br />

Griechenland und gründet das<br />

berühmte (griechische) Theben.<br />

Kadmos, begleitet von Gephyräern<br />

(γέφυρα bedeutet im Griechischen<br />

Brücke – somit sind die Gephyräer<br />

etwa als „Brückenbauer“ (für<br />

die Buchstabenschrift?) zu deuten),<br />

bringt dabei in seinem Reise-<br />

Frühform des griechischen Alphabets.<br />

Archäologisches Nationalmuseum, Athen<br />

gepäck die Schrift mit nach Griechenland.<br />

Herodot schreibt dazu:<br />

„Diese Phönizier, die mit Kadmos<br />

ankamen und zu welchen auch<br />

die Gephyräer gehörten, brachten<br />

nun verschiedene Künste und insbesondere<br />

Buchstaben, die vorher<br />

– wie es mir scheint – bei den<br />

Hellenen nicht existiert hatten<br />

und die die Phönizier zuerst gebrauchten.<br />

Im Laufe der Zeit aber<br />

veränderten sie die Sprache inklusive<br />

ihre Buchstaben.“ (Hdt 5, 58)<br />

Die Forschung geht deshalb davon<br />

aus, dass die Schriftzeichen<br />

der Phönizier im Raum Boiotien<br />

und Eretria (nordwestlich, bzw.<br />

nördlich von Athen) durch Handelsbeziehungen<br />

mit den Phöniziern<br />

nach Griechenland transferiert<br />

worden sind. Dort habe dann ein<br />

eigentlicher Adaptor (Anpasser)<br />

die Schriftzeichen derart übersetzt,<br />

dass die Zeichen auf das<br />

Griechische angewendet werden<br />

konnten. Das westsemitische<br />

Sprachsystem der Phönizier kannte<br />

nämlich weder Vokale, noch die<br />

Konsonanten φ, θ und ξ, ψ. Dieser<br />

Adaptor soll auch die Regel erfunden<br />

haben, dass der erste Laut des<br />

Buchstabennamens dem phonetischen<br />

Zeichen – also dem Buchstaben<br />

selbst – entspricht. Der<br />

Beginn der Schriftlichkeit in Griechenland<br />

wird ins Jahr 776 v. Chr.<br />

angesetzt. In diesem Jahr wurden<br />

erstmals die Namen der Olympiasieger<br />

schriftlich festgehalten.<br />

6


Die Römer übersetzen<br />

Während die Griechen in der Folge<br />

der Schriftübernahme ihre Literatur<br />

entwickelten, beschäftigten<br />

sich die Römer mit der Eroberung<br />

Italiens und kamen mit Literatur<br />

eigentlich erst in Kontakt, als sie<br />

nach Sizilien übersetzten. In den<br />

dort ansässigen Griechenstädten<br />

trafen sie auf für sie unbekannte<br />

Literatur und fanden Gefallen daran.<br />

Deshalb begann Livius Andronicus<br />

(284-204), ein griechischer<br />

Sklave aus Tarent, mit der Übersetzung<br />

griechischer Texte ins Lateinische:<br />

Es dauerte nicht lange, bis<br />

diese Kennenlernphase durch eine<br />

Konkurrenzphase abgelöst wurde.<br />

Schriftsteller wie Catull, Cicero,<br />

Ovid, Vergil oder Horaz verliessen<br />

den Weg der reinen Übersetzung<br />

und versuchten, ihre griechischen<br />

Vorbilder zu übertreffen.<br />

So wörtlich wie möglich,<br />

so frei wie nötig!<br />

Die Werke der Dichter, die selber<br />

aus einer Übersetzungs- und<br />

Weiterentwicklungstradition stammen,<br />

liegen heute auf den Pulten<br />

von SchülerInnen und werden<br />

ihrerseits übersetzt.<br />

In der englischen und französischen<br />

Sprache haben sich die<br />

lateinischen Begriffe transferre<br />

(translator, translation, to translate)<br />

und traducere (traducteur, traduction,<br />

traduire) erhalten. Diese<br />

Begriffe stehen in der lateinischen<br />

Grundbedeutung allerdings eher<br />

mit der Überwindung eines Hindernisses<br />

(z.B. eines Flusses) in Verbindung,<br />

als mit der Übertragung<br />

von einer Sprache in die andere.<br />

Dafür benutzte der Lateiner lieber<br />

convertere oder interpretari.<br />

Gerade der letzte Begriff impliziert<br />

in eine Übersetzung nicht nur die<br />

mechanische Wort-für-Wort-Übertragung<br />

von einer Sprache in die<br />

andere, sondern setzt auch voraus,<br />

dass ein Text verstanden und zu<br />

einem gewissen Mass auch gedeutet<br />

oder erklärt werden muss. Und<br />

genau hier liegt nun die Schwierigkeit<br />

des Übersetzens: Sollen<br />

möglichst alle Aspekte eines Ausgangstextes<br />

wie beispielsweise<br />

Satzmuster und Metaphern wortgenau<br />

wiedergegeben werden,<br />

um dem Original möglichst nahe<br />

zu bleiben? Oder soll die Übersetzung<br />

weitgehend an den heutigen<br />

Sprachgebrauch heranreichen, indem<br />

auch veränderte Lebensumstände<br />

und Sprachphänomene<br />

berücksichtigt werden? Der interpres<br />

steht hier also zwischen der<br />

Bindung an den Originaltext und<br />

die Anforderungen des Zielpublikums,<br />

zwischen „rückwärts oder<br />

vorwärts gerichtetem Übersetzen“:<br />

Entweder zeigt die Übersetzung<br />

die Charakteristika des Originals,<br />

bzw. der Sprache des Autors auf<br />

(rückwärts) oder entspricht möglichst<br />

dem heutigen Sprachfluss<br />

(vorwärts). Wie viel an Texteingriffen<br />

darf sich der interpres erlauben?<br />

Ein Beispiel dazu liefert<br />

Ovid (Metamorphosen X 262f):<br />

Pygmalion bringt seiner kunstvoll<br />

gestalteten Frauenstatue verschiedene<br />

Geschenke, darunter ab arbore<br />

lapsas / Heliadum lacrimas<br />

(„<strong>vom</strong> Baum geglittene Tränen der<br />

Heliaden“). Der Leser dieser Übersetzung<br />

wird jetzt wohl noch immer<br />

in Unkenntnis sein, was Pygmalion<br />

der Statue bringt. Das dürfte das<br />

Lesevergnügen wohl einschränken.<br />

Der interessierte Leser wird<br />

sich nun in einem Lexikon über<br />

die Bedeutung der Heliaden schlau<br />

machen und feststellen, dass die<br />

Heliaden Töchter des Sonnengottes<br />

Helios sind, die nach dem unglücklichen<br />

Absturz ihres Bruders<br />

Phaëton, der unerlaubterweise und<br />

auch ungelenk den Sonnenwagen<br />

gefahren hat, dessen Tod beweinen<br />

und sich in Pappeln oder Erlen<br />

verwandeln – und ihre Tränen in<br />

goldgelben Bernstein. Wäre es nun<br />

besser gewesen, den Vers direkt so<br />

zu übersetzen (Pygmalion brachte)<br />

„<strong>vom</strong> Baum geglittene Bernsteine“?<br />

Das wäre für den heutigen Leser<br />

sicherlich verständlicher, lässt aber<br />

ausser Acht, dass den Zeitgenossen<br />

Ovids absolut klar gewesen ist,<br />

welcher Mythos hinter den Heliaden<br />

steckt, und der Poet mit dem<br />

Wissen des Publikums spielte.<br />

Egal wie man die Frage nach der<br />

richtigen Übersetzung beantwortet:<br />

Sicher ist, dass eine Übersetzung,<br />

die <strong>vom</strong> interpres selber<br />

nicht verstanden wird oder<br />

sinnlos wirkt, wohl eher falsch ist<br />

und einer Überarbeitung bedarf:<br />

Troiani non armis, sed<br />

dolo superari debent.<br />

Die Trojaner lieben nicht,<br />

aber sie werden den Schmerz<br />

überwinden müssen.<br />

(Die Trojaner müssen nicht<br />

mit Waffen, sondern mit List<br />

überwunden werden.)<br />

Mos partium paulo ante Romae<br />

ortus est.<br />

Die Sitte des Gebärens war erst<br />

kurz vorher in Rom aufgekommen.<br />

(Die Gewohnheit, politische Parteien<br />

zu bilden, war erst kurz<br />

vorher in Rom entstanden.)<br />

Der eine oder die andere wird<br />

sich hier schmunzelnd an eigene<br />

Übersetzungserfahrungen<br />

– vielleicht auch in Latein<br />

oder Griechisch – erinnern.<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Griechische_Schrift<br />

7


Neugier auf die gemeinsame Vielfalt<br />

Von Sarah Weber<br />

„Übersetzer sind verwegene Kämpfer, die den Turm von Babel angreifen“<br />

Albert Camus, französischer Erzähler und Dramatiker (1913-1960)<br />

Na, dann los, verwegene Kämpfer,<br />

greifen wir Babels Sprachenlabyrinth<br />

an und setzen wir auf universale<br />

Verständigung: Attacke!<br />

Schnell die Aufgabe zum Übersetzen<br />

in Googles Übersetzungsmaschine<br />

eingetippt, die Beine hochgelagert<br />

und ein sicherer Griff zur<br />

Kaffeetasse hin. Es lebe das Zeitalter<br />

des Internets! Prost, Camus!<br />

Füttern wir Googles Übersetzungsprogramm<br />

mit folgendem<br />

Aphorismus von Lichtenberg:<br />

„Ist es nicht sonderbar, dass eine<br />

wörtliche Übersetzung fast immer<br />

eine schlechte ist? Und doch<br />

lässt sich alles gut übersetzen.<br />

Man sieht hieraus, wie viel es sagen<br />

will, eine Sprache ganz verstehen;<br />

es heißt, das Volk ganz<br />

kennen, das sie spricht.“<br />

Georg Christoph Lichtenberg (1742-99),<br />

deutscher Aphoristiker und Physiker<br />

Das übersetzt Google folgendermassen<br />

ins Englische:<br />

Is not it strange that a literal translation<br />

is almost always a bad? And<br />

yet everything can be translated<br />

well. We see from this how much it<br />

wants to say, understand a language<br />

completely; there is to know<br />

all the people who speak.”<br />

Hmm, wir wollen ja nicht kleinlich<br />

sein, sondern es bei der ungefähren<br />

wörtlichen Übersetzung<br />

belassen und stilistische Fehler<br />

nicht mitzählen. Aber ist es von<br />

Google nicht ein wenig übertrieben,<br />

statt von einer schlechten<br />

Übersetzung, wie Lichtenberg das<br />

in seinem Aphorismus oben ausdrückt,<br />

eventuell gar von „a bad“,<br />

von einem Bösen zu sprechen?<br />

Und dann die Forderung, „there<br />

ist to know all the people who<br />

speak“, also alle Leute kennen zu<br />

müssen, welche sprechen, um eine<br />

Sprache komplett zu verstehen!<br />

Nun, bevor wir uns selber auf<br />

die Übersetzungsaufgabe einlassen,<br />

versuchen wir es lieber zunächst<br />

noch mit einem Test in<br />

Französisch und Italienisch:<br />

N‘est-il pas étrange que la traduction<br />

littérale est presque<br />

toujours un mal? Et pourtant,<br />

Der Turmbau zu Babel von Pieter Brueghel, 1563<br />

tout peut se traduire ainsi. On<br />

voit par là combien il veut dire,<br />

comprendre une langue complètement;<br />

il est de connaître<br />

tous les gens qui parlent.“<br />

Non è strano che una traduzione<br />

letterale è quasi sempre un<br />

male? E tuttavia tutto può essere<br />

tradotto bene. Vediamo da<br />

questo quanto si vuole dire, capire<br />

un linguaggio completamente;.<br />

Che c‘è da sapere tutte<br />

le persone che parlano.“<br />

Absolut das gleiche Resultat, und<br />

noch eindeutiger als im Englischen!<br />

„Un mal“ ist im Französischen ein<br />

Übel, da gibt es keine Missverständnisse,<br />

sonst müsste, wenn<br />

schon wörtlich, aber schlecht übersetzt,<br />

„une mauvaise“ stehen für<br />

„une mauvaise traduction“. Wörtliche<br />

Übersetzungen, wie Google<br />

sie macht, scheinen wirklich nicht<br />

aufzugehen. Die Frage ist dann<br />

nur, welche Alternative zur maschinellen<br />

wörtlichen Übersetzung<br />

anstrengender ist: Alle Leute einer<br />

Kultur kennenlernen um eine<br />

Sprache ganz zu verstehen, wie<br />

es die Googleübersetzungen oben<br />

vorschlagen? Nein, das ist ganz<br />

bestimmt keine Option. Dann also<br />

doch lieber Lichtenbergs Vorschlag<br />

annehmen, in die fremde Kultur<br />

selber eintauchen, das heisst in deren<br />

Denkweisen und Vorstellungswelten,<br />

um die Feinheiten von Gemeinsamkeiten<br />

und Unterschieden<br />

zu unserer eigenen Kultur selber<br />

zu erspüren. Aber wie geht das?<br />

Wirkliches Übersetzen bedeutet,<br />

sich auf Fremdes einzulassen.<br />

Nämlich dem Anderen auf Du und<br />

Du zu begegnen. Aber um sich<br />

auf Fremdes wirklich einlassen<br />

zu können, braucht es Mut, was<br />

Camus mit seinem Bild <strong>vom</strong> Angriff<br />

auf den vielsprachigen Turm<br />

von Babel so plastisch beschreibt.<br />

Und es braucht Beharrlichkeit. Und<br />

Unerschrockenheit. Und Wissen.<br />

Und Neugier auf die gemeinsame<br />

Vielfalt: Denn lerne ich mich und<br />

meine Kultur nicht gerade dann<br />

am besten kennen, wenn ich das<br />

Fremde erfahren möchte? Diejenigen<br />

Schülerinnen und Schüler,<br />

welche sich einmal eine fremdsprachige<br />

Lektüre detailliert zu eigen<br />

gemacht haben, wissen das. Diejenigen<br />

Schülerinnen und Schüler,<br />

welche einen vierwöchigen Stage<br />

erlebt haben, wissen das. Diejenigen<br />

Schülerinnen und Schüler,<br />

welche je einen komplexen Text<br />

mit Sorgfalt und Detailliebe übersetzt<br />

haben, wissen das. Es leben<br />

die verwegenen Kämpfer!<br />

8


Lehrer und Lehrerinnen als „Übersetzer“<br />

Die didaktische Reduktion in der Unterrichtspraxis<br />

Von Ulrich Köchli<br />

Ich kann mich noch recht gut an<br />

den ersten Kontakt mit der Universität<br />

erinnern: Mein älterer Bruder<br />

nahm mich mit in eine Vorlesung<br />

über lineare Algebra für Studierende<br />

im ersten Semester. Meine<br />

Mathematik-Kenntnisse waren<br />

so schlecht nicht – Aufgabenstellungen<br />

nach „Schema F“, wo<br />

blosses Handwerk ohne Kür verlangt<br />

war, gingen mir eigentlich<br />

recht flott von der Hand. Aber was<br />

der Professor im voll besetzten<br />

Hörsaal in unglaublichem Tempo<br />

vorne an die Wandtafel mehr kritzelte<br />

denn schrieb, überforderte<br />

mich komplett. Da half auch die<br />

– wohl tröstend gemeinte – Bemerkung<br />

meines Bruders wenig, auch<br />

er verstünde die Hälfte nicht, auch<br />

er müsse das alles zuerst in Ruhe<br />

zuhause noch einmal durchgehen.<br />

Und damit sind wir bereits mitten<br />

im Thema: Unterrichtsinhalte müssen<br />

so weit vereinfacht werden,<br />

dass sie für die Schülerinnen und<br />

Schüler der jeweiligen Schultypen<br />

und Stufen verständlich und nachvollziehbar<br />

sind. Auf eine gewisse<br />

Art und Weise betätigt sich der Pädagoge<br />

jeder Stufe und Provenienz<br />

als „Übersetzer“. Er „übersetzt“ die<br />

jeweiligen Stoffe in verständliche<br />

Inhalte. Man nennt diesen Vorgang<br />

auch die didaktische Reduktion<br />

oder didaktische Transformation.<br />

Mein Mathematiklehrer am Gymnasium<br />

hat den Stoff offensichtlich so<br />

weit reduziert bzw. transformiert,<br />

dass Algebra grosso modo für mich<br />

verständlich war. Die im Grunde<br />

wohl immer noch hohe Reduktionsstufe<br />

an der Vorlesung für Erstsemestrige<br />

hatte meinen damaligen<br />

Verständnishorizont überschritten.<br />

Die didaktische Reduktion ist in jedem<br />

Unterrichtsfach des Gymnasiums<br />

Vorraussetzung des Unterrichtens,<br />

wie jede Lehrperson aus der<br />

entsprechenden fachdidaktischen<br />

Ausbildung weiss. Die in regelmässigen<br />

Abständen zu erarbeitenden<br />

Sachanalysen und methodisch-didaktischen<br />

Überlegungen<br />

im Rahmen von Übungslektionen<br />

oder Unterrichtspraktika konnten<br />

einem bisweilen schwer im Magen<br />

liegen. Zumal zu solchen Gelegenheiten<br />

im Fach Geschichte auch<br />

schon mal so randständige Themen<br />

wie „Die Entkolonialisierung<br />

der südamerikanischen Staaten<br />

in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts“<br />

u.ä. didaktisch reduziert<br />

werden mussten. Welche Fakten<br />

sind relevant? Welches Vorwissen<br />

kann vorausgesetzt werden?<br />

Solche Fragen galt es zu beachten<br />

und die gewaltige Stoffmenge<br />

entsprechend „einzukochen“ und<br />

aufzuarbeiten, damit der Stoff für<br />

Schüler und Schülerinnen verständlich<br />

und aufnehmbar wurde.<br />

Dabei liegt auf der Hand, dass nur<br />

kompetent reduzieren kann, wer<br />

selber fundierte Kenntnisse in den<br />

jeweiligen Wissenschaften besitzt.<br />

Formelsprache<br />

Die Grundprinzipien der didaktischen<br />

Reduktion hat bereits der<br />

tschechische Philosoph Johann<br />

Amos Comenius (1592-1670) im 17.<br />

Jahrhundert festgehalten: „Schreite<br />

<strong>vom</strong> Nahen zum Entfernten, <strong>vom</strong><br />

Einfachen zum Zusammengesetzten,<br />

<strong>vom</strong> Leichten zum Schweren,<br />

<strong>vom</strong> Bekannten zum Unbekannten<br />

fort“, heisst es in einem seiner<br />

Hauptwerke, der „Didactica magna“<br />

(„Grosse Didaktik“) von 1632. Die<br />

moderne Didaktik unterscheidet im<br />

Wesentlichen zwischen „Reduktion“<br />

und „Transformation“. Mit ersterem<br />

meint man die Vereinfachung<br />

von umfangreichen, komplexen<br />

Wissensgebieten durch Weglassen<br />

von Inhalten. Alternativ wird<br />

dieses Vorgehen auch als „quantitative<br />

Reduktion“ oder als „vertikale<br />

Reduktion“ bezeichnet. Die<br />

didaktische „Transformation“ dagegen<br />

meint insbesondere die Umformung<br />

schwieriger Sachverhalte in<br />

andere Darstellungsformen. Dies<br />

kann beispielshalber geschehen<br />

durch die Verwendung von Bildern<br />

(Analogien, Metaphern), durch das<br />

Erarbeiten von Modellen und Skizzen,<br />

mittels konkreten Beispielen<br />

oder einfach auch, indem man etwa<br />

verständlichere Formulierungen<br />

gebraucht. Für „Transformation“<br />

werden auch die Begriffe „qualitative<br />

Reduktion“ oder „horizontale<br />

didaktische Reduktion“ verwendet.<br />

Bei allen Formen der didaktischen<br />

Reduktion gilt natürlich: Die Reduktion<br />

darf keinesfalls auf Kosten<br />

der fachwissenschaftlichen Korrektheit<br />

gehen, was mitunter auch<br />

eine Gratwanderung sein kann und<br />

jeder Lehrperson bekannt sein<br />

dürfte: Wie stark vereinfachen darf<br />

man zum Beispiel, um die Ursachen<br />

des Ersten Weltkrieges darzulegen,<br />

ohne sich dem Vorwurf der<br />

9


Simplifizierung auszusetzen? Oder<br />

bei der Rechtschreibung: Ein Blick<br />

in die Regelsammlung des Dudens<br />

lässt wahrscheinlich auch geübte<br />

Lektoren bisweilen grübeln. Wie<br />

detailliert müssen die Schülerinnen<br />

und Schülern mit diesen Regeln<br />

konfrontiert werden? Die Reduktion<br />

auf zentrale Grundsätze der Rechtschreibung<br />

ist wohl sinnvoller als<br />

alle möglichen Ausnahmen lückenlos<br />

vermitteln zu wollen. Zumindest<br />

gilt dies für untere Klassenstufen.<br />

Die Problematik der verfälschenden<br />

Vereinfachung zeigt sich im Fach<br />

Geschichte etwa bei der Verwendung<br />

des Begriffs „Absolutismus“<br />

als Bezeichnung für eine historische<br />

Epoche der frühen Neuzeit.<br />

Auf einen einzigen Aspekt reduziert<br />

bergen solche Begriffe stets<br />

die Gefahr in sich, die bezeichneten<br />

Phänomene bzw. Epochen einseitig<br />

festzulegen. Neuere wissenschaftliche<br />

Forschungen weisen darauf<br />

hin, dass in dieser Zeit etwa die<br />

Diskrepanz zwischen Anspruch und<br />

Wirklichkeit beträchtlich war. Die<br />

Figur des „absolut“ regierenden<br />

Herrschers mithin gab es so nirgends,<br />

auch nicht im Frankreich<br />

Ludwigs XIV. Der Begriff „Absolutismus“<br />

suggeriert jedoch gerade<br />

die effektive absolute Gewaltausübung<br />

und die Behandlung der<br />

Thematik in den gängigen Geschichtslehrmitteln<br />

unterstreicht<br />

diese Wahrnehmung. Das heisst:<br />

Die didaktische Reduktion erfordert<br />

stetes Weiterbilden in jenen Fachgebieten,<br />

die unterrichtet werden.<br />

Die erfolgte Reduktion muss also<br />

regelmässig hinterfragt und eventuell<br />

angepasst werden. Und dies<br />

gilt wohl für jedes Unterrichtsfach.<br />

Auch Louis XIV. herrschte nicht absolut.<br />

Historische Gemeinplätze sollten überdacht werden.<br />

Übersetzungen im Radsport:<br />

Über Kults, Maniacs und ganz normales Fahren<br />

Mit Sportlehrer Roger Dittli sprach Sarah Weber<br />

Tour de France, 20<strong>10</strong>: Die beiden<br />

Favoriten Andy Schleck aus<br />

Luxemburg und der Spanier Alberto<br />

Contador liefern sich ein spannendes<br />

Rennduell, das dann abrupt<br />

für Contador entschieden wird: Ein<br />

Schaltfehler bei Schleck in den Alpen<br />

macht ihn angreifbar, Contador<br />

überholt und gewinnt schlussendlich<br />

die dreiwöchige Rundfahrt!<br />

Ohne Übersetzung läuft im Radsport<br />

nichts. Die Kraft, die wir<br />

beim Treten auf das Pedal geben,<br />

wird über das Grössenverhältnis<br />

zwischen dem Kettenblatt vorne<br />

und dem Kettenblatt hinten,<br />

dem „Ritzel“, übersetzt in Anzahl<br />

Meter Vortrieb. Wenn also Andy<br />

Schleck die Übersetzung ausfällt,<br />

zum Beispiel die Kette aus<br />

dem Kettenblatt springt, ist kein<br />

Vortrieb mehr möglich. Wie wir<br />

auch als Durchschnittsvelofahrende<br />

wissen, geschieht das immer<br />

nur dann, wenn wir sowieso schon<br />

zeitlich knapp dran sind und al-<br />

les geben wollen, um es noch zu<br />

schaffen... Von den schmutzigen<br />

Fingern, die das zusätzlich noch mit<br />

sich bringt, ganz zu schweigen!<br />

Ohne Übersetzung läuft im Radsport<br />

also nichts. Halt!, werden<br />

da die einen oder anderen sogleich<br />

ausgerufen haben. Stimmt,<br />

es gibt eine Ausnahme, nämlich<br />

das Einrad. Die Pedale sind gleich<br />

am Rad angemacht, es gibt also<br />

keine Kraftübersetzung zwischen<br />

zwei Kettenblättern und schon gar<br />

keine durch eine Gangschaltung.<br />

Der Fachhandel preist uns immer<br />

mehr Gänge und immer leichtere<br />

Fahrräder an. So kann heute auch<br />

ein Anstieg von Altdorf zum <strong>Kollegi</strong><br />

hinauf im leichtesten Gang<br />

und dank hoher Trittfrequenz relativ<br />

mühelos bewältigt werden.<br />

Der berühmte Rennfahrer Lance<br />

Armstrong mag die hohe Trittfrequenz<br />

in einem leichten Gang besonders<br />

gerne, während die meisten<br />

seiner Konkurrenten eher den<br />

Krafteinsatz bei einem strengeren<br />

Gang bevorzugen. Über die optimale<br />

Ausrüstung beim Radrennsport<br />

werden heftige Diskussionen<br />

geführt. Tatsache ist, dass Schaltvorgänge<br />

anfällig sind für Probleme<br />

wie zum Beispiel der Kettenführung.<br />

So wird gerade etwa bei<br />

Downhill-Rennen für Mountainbikes<br />

mit Kettenführungen experimentiert,<br />

welche das Herausfallen der<br />

Kette trotz grossen Gerüttels verhindern<br />

sollen. Sportlehrer Roger<br />

Dittli weist darauf hin, dass beim<br />

Einüben von technischen Aspekten<br />

des Radrennsports heute neben<br />

dem Fahren auf jeden Fall auch<br />

das Herumtüfteln mit der Materialtechnik<br />

im Vordergrund stehe. So<br />

gibt es zum Beispiel schwere, aber<br />

robuste Stahlkettenblätter oder<br />

leichte, aber sehr teure Titankettenblätter<br />

oder Aluminiumkettenblätter,<br />

welche leicht und zahlbar,<br />

dafür aber nicht so stabil sind.<br />

<strong>10</strong>


Sportlehrer Roger Dittli übersetzt.<br />

Ein Kult, welcher aus New York her<br />

zu uns gekommen ist und sich vor<br />

allem in der Velokurierszene etabliert<br />

hat, sind die sogenannten<br />

Fixies. Diejenigen unter uns, welche<br />

schon einmal Radball gespielt<br />

haben, kennen das Prinzip: Es gibt<br />

keine Gangschaltung, sondern eine<br />

fixe Einstellung des Verhältnisses<br />

von vorderem Kettenblatt und hinterem<br />

Ritzel, bei uns meistens eingestellt<br />

auf das Verhältnis 42 (Zähnezahl<br />

vorne) zu 16 (Zähnezahl<br />

hinten). Fixies sind die ultracoolen<br />

Stahlrösser der Velokuriere, welche<br />

in New York die Autofahrer mit ihren<br />

kühnen Manövern oft in Angst<br />

und Schrecken versetzen. Bremsen<br />

haben diese Räder keine, auch keine<br />

Schutzbleche oder sonstige Accessoires:<br />

Ein Gang zum Fahren<br />

genügt, gebremst wird durch einfaches<br />

Rückwärtstreten, was diese<br />

Räder so besonders wendig macht.<br />

Und wendig bedeutet natürlich<br />

auch beliebt für kühne Stunts.<br />

Hierzu übrigens absolut nicht<br />

zu verpassen: Das neue Video<br />

von Danny Askill. An Kühnheit<br />

und Geschicklichkeit<br />

wohl kaum zu übertreffen!<br />

„Einfach krass“<br />

(Roger Dittli):<br />

Das neue Video „Way back<br />

Home“ von Danny Askill.<br />

Kühne Radstunts, welche<br />

den Atem stocken lassen!<br />

http://www.youtube.com/watch?v=Cj6ho1-<br />

G6tw&feature=player_embedded<br />

Oben: Roger Rinderknecht an der Olympiade in Peking, 2008.<br />

Unten: Fixie<br />

11


Danny Askill<br />

Quiz:<br />

Fit für den Radrennsport? Nun sind Übersetzungskünste<br />

gefragt!<br />

Rekapitulieren wir: Je kleiner derGang, desto leichter geht das Treten<br />

und desto schneller kann ich am Anfang beschleunigen, aber<br />

umso öfter muss ich treten um vorwärtszukommen. Je grösser<br />

der Gang, desto strenger geht das Treten, aber umso grösser ist<br />

die Distanz, welche ich pro Kurbelumdrehung zurücklege.<br />

Was ist nun ein kleiner, leichter Gang in Bezug auf die Kraftübersetzung?<br />

Ein kleiner, leichter Gang hat vorne einen kleinen, hinten einen<br />

grossen Kettenkranz. Ein grosser, strenger Gang hat vorne einen grossen,<br />

hinten dafür einen kleinen Kettenkranz. Alles klar? Dann mal los:<br />

Ordne folgende Übersetzungen den richtigen<br />

Sportarten oder Sportlern zu:<br />

Roger Dittli am Ritomsee<br />

A) 33 / 12<br />

a) Mountainbike<br />

(kleinster Gang)<br />

B) 64 / 14<br />

b) BMX, zum Beispiel Roger Rinderknecht,<br />

an der Olympiade<br />

in Peking dabei<br />

C) 22 / 34<br />

c) Bruno Risi (Bahnrennsport<br />

mit 200 Runden. Auf der Bahn<br />

fährt man schneller als auf<br />

der gefährlicheren Strasse)<br />

D) 52 / 16<br />

d) Steher (das sind im Windschatten<br />

von Motorrädern fahrende<br />

Rennfahrer. Sie werden<br />

am Anfang angeschoben)<br />

Lösungen:<br />

A) -> b)<br />

B) -> d)<br />

C) -> a)<br />

D) -> c)<br />

12


Kanton <strong>Uri</strong><br />

Säg‘s dytsch und dytlich!<br />

Vom Übersetzen von Mitteilungen aus<br />

der Amtsstube in Zeitungsartikel<br />

Wie und wieso unterscheiden sich behördliche Medientexte und von den Medien<br />

abgedruckte Artikel? Elias Bricker und Adrian Zurfluh suchen im untenstehenden<br />

Artikel nach Gründen. Die beiden sind im Vorstand des Vereins der Ehemaligen und<br />

Freunde des <strong>Kollegi</strong>s, lieben den Schwingsport, das geschriebene Wort und die Geselligkeit<br />

– und verstehen sich prächtig.<br />

Verschiedene Rollen<br />

Die Sprache in der Kommunikation von Behörden sei<br />

oft zu langfädig, zu wenig „knackig“ und zu ausschweifend.<br />

Diese Meinung ist weit verbreitet. Ein Körnchen<br />

Wahrheit mag darin enthalten sein. Als Informationsbeauftragter<br />

stören mich Texte, die voll<br />

sind von Passivsätzen und Substantivierungen. Auch<br />

sind die Sätze in Medientexten der Behörden (aber<br />

auch von privaten Unternehmen) oft zu lang. Von<br />

Fachbegriffen durchsetzte Texte sind unleserlich.<br />

Behördenkommunikation mag knochentrocken erscheinen.<br />

Es hat aber auch Vorteile, wenn die Behörde die<br />

Quellen nennt, auf deren Grundlage sie entschieden<br />

hat. Und schon manche Hintergrundinformation im ach<br />

so langfädigen Text hat weniger bewanderte Medienschaffende<br />

wieder auf die richtige Fährte gebracht.<br />

Seit einigen Jahren pflegt der Kanton <strong>Uri</strong> einen Newsletter-Service,<br />

der von allen Interessierten abonniert<br />

werden kann. In aller Regel erhalten die Abonnentinnen<br />

und Abonnenten die Mitteilungen gleichzeitig<br />

mit den Medienschaffenden. Interessant sind die<br />

Rückmeldungen aus dem Publikum. „Was die Zeitung<br />

draus gemacht hat“ (oder eben nicht) war schon<br />

häufig das Thema von interessanten Gesprächen.<br />

Für Absender von behördlichen Mitteilungen sind<br />

solche Rückmeldungen und eigene Vergleiche aufschlussreich.<br />

Oft schafft es eine Redaktion, Sachverhalte<br />

verständlicher an die Leserschaft zu bringen.<br />

Selbstverständlich mit der Gefahr, dass nicht alle<br />

oder mindergewichtige Inhalte dargestellt werden.<br />

Einen Mehrwert zu vermitteln, zu gewichten, einzuordnen<br />

und nachzufragen – das erachte ich als hehre<br />

Aufgabe der Medienschaffenden. Selbstverständlich,<br />

dass Journalistinnen und Journalisten „unabhängig“<br />

sind und Behördenmitteilungen kritikfreudig verarbeiten.<br />

Das gehört zum Rollenspiel im Staat.<br />

Adrian Zurfluh,<br />

Informationsbeauftragter des Kantons <strong>Uri</strong><br />

Knackig ist wichtig<br />

Seitenlange Ausführungen, hundert Quellenangaben<br />

und Auflistungen von x Paragraphen: Das kann man<br />

den durchschnittlichen Zeitungslesern einfach nicht<br />

zumuten. Die Leser wollen sich schnell über ein Thema<br />

informieren können. Denn fast niemand hat stundenlang<br />

Zeit, die Zeitung zu lesen. Als Journalisten<br />

ist es deshalb unsere Aufgabe, sich in die ellenlangen<br />

Ausführungen der Behörden einzulesen und ihre<br />

schriftlich verfassten Mitteilungen umzuschreiben<br />

– manchmal mehr, manchmal weniger. Der Text für die<br />

Zeitung muss kurz und prägnant sein. Auch unzählige<br />

Fremdwörter oder Fachbegriffe sind hier fehl am Platz.<br />

Schliesslich wollen die Leute verstehen, was sie lesen.<br />

Bei einer Zeitung versucht man – einige politisch<br />

ausgerichtete Blätter wie die „Weltwoche“ ausgenommen<br />

– möglichst neutral zu schreiben. Der Leser<br />

soll sich selbst eine Meinung zu einem Thema bilden<br />

können. Und folglich übernehmen wir als Zeitungsmacher<br />

auch nicht einfach die Haltung der Behörde,<br />

die uns eine Mitteilung zukommen liess.<br />

Um den Text aufzulockern und spannender zu machen,<br />

wenden Journalisten verschiedene Tricks<br />

an. So versuchen wir, wenn möglich eine Stimme,<br />

einen so genannten O-Ton zum Thema einzuholen.<br />

Vielleicht sagt der zuständige Regierungsrat<br />

etwas dazu oder seine Gegner.<br />

Etwas <strong>vom</strong> Wichtigsten ist jedoch, dass der Titel<br />

knackig tönt. Denn bereits hier entscheidet<br />

sich, ob das Publikum weiterliest oder weiterblättert.<br />

Ein Beispiel: Bei welchem Titel würden Sie<br />

eher weiterlesen? Beim Titel „Gesundheits-, Sozial-<br />

und Umweltdirektion: Zusätzliche vorübergehende<br />

Schliessung der Schule“ oder beim Titel:<br />

„Schweinegrippe legt Schulbetrieb lahm“? Entscheiden<br />

Sie selber. Meine Antwort kennen Sie ja wohl.<br />

Elias Bricker,<br />

Redaktor der Neuen Urner Zeitung<br />

13


„Mein schönes Fräulein, darf ich wagen,<br />

meinen Arm und Geleit Ihr anzutragen?“ –<br />

„Bin weder Fräulein, weder schön,<br />

kann ungeleitet nach Hause gehn.“<br />

(Goethe: Faust I)<br />

Verschiedenes<br />

Geschrieben steht: „Im Anfang war das Wort!“<br />

Hier stock’ ich schon! Wer hilft mir weiter fort?<br />

Ich kann das Wort so hoch unmöglich schätzen,<br />

Ich muss es anders übersetzen, (...)<br />

(Goethe: Faust I)<br />

<strong>Kollegi</strong>theater<br />

Vor den Osterferien (15. – 20. April <strong>2011</strong>) ist es wieder so weit und das <strong>Kollegi</strong>theater<br />

bringt seine neue Produktion auf die Bühne des Altdorfersaals im theater uri:<br />

Goethes Faust, der Tragödie erster Teil.<br />

Das Stück stellt eine grosse Herausforderung<br />

an das ganze<br />

Team dar, zumal die 22 Schüler<br />

und Schülerinnen fast alle auf<br />

und hinter der Bühne gefordert<br />

sind: Wer nicht eine Hauptrolle<br />

spielt, hilft noch beim Bühnenbild,<br />

in der Maske, der Requisite<br />

oder übernimmt die Inspizienz.<br />

Auch die moderne Inszenierung<br />

mit Musik, Video und Tanz verlangt<br />

der Theatergruppe und der Regisseurin,<br />

Tanja Hager, einiges ab.<br />

Glücklicherweise haben wir tatkräftige<br />

Unterstützung von ehemaligen<br />

Theatermitgliedern bzw. Theaterliebhabern:<br />

So hat Livio Sommer<br />

die Videoaufnahmen gemacht und<br />

Florian Arnold die Komposition und<br />

das Arrangement der Lieder und<br />

Musikstücke übernommen. Camilla<br />

Zenoni bringt ihr choreografisches<br />

Talent in die Inszenierung<br />

ein, während sich Stefano Saeger<br />

als Produktionsassistent auf Sponsorensuche<br />

begibt. Nicht zu vergessen<br />

ist Fredy Burkart, der uns<br />

auch bei dieser Produktion mit dem<br />

Bau des Bühnenbilds unterstützt.<br />

Ein besonderer Leckerbissen ist<br />

zudem die Szene „Auerbachs Keller“,<br />

die von unserem ehemaligen<br />

Rektor, Herrn Dr. Josef Arnold,<br />

passend zur heutigen Schul- und<br />

Kantonspolitik umgeschrieben<br />

wurde und mit ihren witzig-frechen<br />

Liedern sicher zur Erheiterung<br />

des Publikums beitragen wird.<br />

Neugierig?<br />

Zwei Wochen vor der Premiere<br />

beginnt der Kartenvorverkauf<br />

im Schulsekretariat: Für Schüler<br />

kostet das Ticket <strong>10</strong>.- CHF,<br />

für Erwachsene 20.- CHF.<br />

Drei Gratis-Tickets zu<br />

gewinnen!<br />

Spiele mit und gewinne mit ein<br />

bisschen Glück einen Gratiseintritt<br />

zur Vorstellung deiner Wahl:<br />

Wer spielt was?<br />

Ordne die den Mitwirkenden zugeordneten<br />

Nummern (1-20) den<br />

Rollen bzw. Funktionen zu, die sie<br />

deiner Meinung nach übernommen<br />

haben. Wenn du den Talon richtig<br />

ausgefüllt und in den Briefkasten<br />

im ersten Stock des Hauptgebäudes<br />

geworfen hast, nimmst<br />

du automatisch an der Verlosung<br />

der drei Gratis-Tickets teil.<br />

Viel Spass beim Rätseln und viel<br />

Glück bei der Verlosung wünscht<br />

das <strong>Kollegi</strong>theater-Team!<br />

1<br />

Carina Arnold<br />

2<br />

Selina Arnold<br />

3<br />

David Fischer<br />

4<br />

Myriam Gisler<br />

5<br />

Stephanie<br />

Gisler<br />

14


Name: Vorname: Klasse:<br />

Wer spielt was?<br />

Faust 1:<br />

Faust 2:<br />

Mephisto 1:<br />

Mephisto 2:<br />

Mephisto-Gehilfe:<br />

Mephisto-Gehilfe:<br />

Mephisto-Gehilfe:<br />

Lieschen:<br />

Valentin:<br />

Wagner:<br />

Gretchen:<br />

Mutter:<br />

Souffleuse:<br />

Bühnenbild/Technik:<br />

Marthe:<br />

Tourist:<br />

Hexe:<br />

Hexe:<br />

Hexe:<br />

Hexe:<br />

6<br />

Ralph Horat<br />

11<br />

Anna<br />

Rechsteiner<br />

16<br />

Julia Walker<br />

7<br />

Corinne<br />

Huggenberger<br />

12<br />

Sabrina<br />

Simmen<br />

17<br />

Chantal Zberg<br />

8<br />

Elias Huwyler<br />

13<br />

Stucki Seraina<br />

18<br />

Joel Zgraggen<br />

9<br />

Silvan Imhof<br />

14<br />

Dilan Tekdemir<br />

19<br />

Barbara<br />

Zimmermann<br />

<strong>10</strong><br />

Marcel Lauener<br />

15<br />

Alessia Trezzini<br />

20<br />

Janick Zwyssig<br />

15


Hätten Sie es gewusst?...<br />

Auch im letzten Dezember waren die Schülerinnen und Schüler der <strong>Kantonale</strong>n <strong>Mittelschule</strong><br />

wieder im Quizfieber. Jeden Tag galt es eine Weihnachtsquizfrage zum<br />

Jahresmotto „Übersetzen“ zu lösen und jeden Tag wurde unter den richtigen Antworten<br />

ein kleiner Preis verlost. Hätten Sie die kniffligen Fragen unseres Rätselmeisters<br />

Dr. Philipp Arnold beantworten können?<br />

1.<br />

Übersetze!!!<br />

− • − − − − • − • • • − • • • − − • • • • − − • − • • • − • − • • − • − • − − • − • • • • •<br />

2.<br />

Zwei Brüder aus dem Land der<br />

unbegrenzten Möglichkeiten haben<br />

vier Lieder eines Schweizers<br />

übersetzen lassen und auf einem<br />

Album veröffentlicht. Wie lautet<br />

der Titel des abgedruckten Songs<br />

(Refrain) im Original und wie heisst<br />

der Schweizer Komponist und Interpret<br />

mit bürgerlichem Namen?<br />

YEA THOSE WERE MY WILDER DAYS,<br />

I WAS LIVING MY WILDER WAYS<br />

NOW WHEN I FLASH BACK ON MY PAST,<br />

I SEE THOSE DAYS COULD NEVER LAST<br />

YEA THOSE WERE MY WILDER DAYS,<br />

WHEN I WENT THROUGH<br />

THAT CRAZY PHASE<br />

LIVING LIFE SO HARD AND FAST,<br />

I SEE THOSE DAYS COULD NEVER LAST<br />

THEY COULD NEVER LAST<br />

3.<br />

Wie werden Wörter genannt, die<br />

solche Übersetzungsprobleme<br />

verursachen können?<br />

4.<br />

Das abgebildete Artefakt trug entscheidend<br />

zur Lösung eines wissenschaftlichen<br />

„Übersetzungsrätsels“<br />

bei. Wie wird das mehrere hundert<br />

Kilo schwere Objekt genannt?<br />

5.<br />

Der beeindruckende Stapel besteht<br />

aus 5 Teilen und 4959 Seiten.<br />

Wie hiess die feinsinnige, „wortfühlende“<br />

alte Dame, welche diese<br />

Werke der Weltliteratur übersetzt<br />

hat und kürzlich verstorben ist?<br />

6.<br />

Die Strecke zwischen dem Telldenkmal<br />

und dem <strong>Kollegi</strong> beträgt<br />

1,059 km. Mit einem „Full<br />

Suspension Bike“, Radgrösse 26<br />

Zoll, benötigt man dazu im 1.<br />

Gang 280 Kurbelumdrehungen.<br />

Wie viele Umdrehungen sind<br />

im 5. Gang notwendig?<br />

Das Zahnrad des ersten Ganges<br />

hat fünf Zähne mehr als das des<br />

5. Ganges (15 Zähne). Die Kette<br />

wird nur am Hinterrad bewegt.<br />

Alain Lauener,<br />

Ehemaliger der<br />

<strong>Kantonale</strong>n <strong>Mittelschule</strong> <strong>Uri</strong><br />

16


7.<br />

In welcher Sprache ist folgender Text geschrieben?<br />

„Mi estis veninta el Tripolo al Mursuk, la ^cefurbo de la provinco Fezzan, kaj<br />

eklogis ^ ^ce la rica ^ juda komercisto Manasse Ben Aharab, pri kiu mi havis<br />

bonajn rekomendojn. Li akceptis min kun granda gastamo kaj ne kondutis<br />

alie, mi devis logi ^ en lia domo kaj estis en ^gi prizorgata kvazau ^ filo….“<br />

Der berühmte Autor dieses Textes, mit dem Alter Ego ‚Kara Ben Nemsi‘,<br />

erdachte viele seiner Geschichten im Gefängnis. Die Länder, welche<br />

er in seinen Romanen so detailliert beschrieb, hatte er noch nie<br />

bereist. Seine Bücher wurden in mehr als 40 Sprachen übersetzt.<br />

Mursuk<br />

Als Beispiel für diese kulturelle<br />

„Übersetzung“ ist<br />

hier der Name einer ehemaligen<br />

Schülerin abgedruckt.<br />

Wie heisst sie?<br />

9.<br />

Dem Verfasser des Hinweises ist<br />

die Übersetzung ins Englische misslungen.<br />

Wie müsste die Aufschrift<br />

in korrektem Englisch lauten?<br />

8.<br />

Der Künstler Xu Bing (*1955) gilt<br />

bereits als Klassiker in der chinesischen<br />

Gegenwartskunst. Er entwickelte<br />

unter anderem ein Computerprogramm,<br />

das einen beliebigen<br />

Text aus lateinischen Buchstaben in<br />

eine Kunst-Schrift mit chinesischem<br />

Erscheinungsbild umwandelt.<br />

<strong>10</strong>.<br />

Wenn zu viel Vieh auf eine Alp<br />

getrieben wird, sprechen Bauern<br />

mitunter von „übersetzen“ und<br />

„Übersatz“. Gesucht ist ein alternativer<br />

Begriff aus der „Älpersprache“<br />

für den gleichen Sachverhalt.<br />

11.<br />

In der Europäischen Union gibt<br />

es zurzeit 23 Amtsprachen. Entsprechend<br />

gross ist der Bedarf<br />

an Übersetzerinnen und Übersetzern<br />

bzw. an Dolmetscherinnen<br />

und Dolmetschern.<br />

a)<br />

Wie viele Sprachkombinationen<br />

sind möglich?<br />

b)<br />

Wie nennt man einen Dolmetscher,<br />

der nicht nur für die Konferenzteilnehmer,<br />

sondern – quasi<br />

als Zwischenstation – auch für<br />

seine Berufskollegen dolmetscht?<br />

12.<br />

Der Sänger – nennen wir ihn Johannes Bargeld – war mit Robert Zimmerman<br />

befreundet. Sein Leben wurde verfilmt. Wie heisst er wirklich?<br />

17


13.<br />

Übersetzen bedeutet auch „von<br />

einem Ufer zum anderen fahren“.<br />

Genau dies ist die Aufgabe des<br />

Greises auf der Abbildung. Er fährt<br />

seine Passagiere quasi von einer<br />

Welt in eine andere. Wie heisst er?<br />

14.<br />

Literarische Werke werden manchmal auch in die Sprache<br />

der Comics (Graphic Novel, dt. illustrierter Roman,<br />

Comicroman) übersetzt. Unser Beispiel entstand<br />

im Zeichenunterricht an einer <strong>Mittelschule</strong>. Welchen<br />

Schweizer Klassiker (Autor und Titel) haben die Schülerinnen<br />

und Schüler bearbeitet und illustriert?<br />

15.<br />

Im Jahre 1902 wurde ein berühmtes<br />

deutsches Gedicht ins<br />

Japanische übersetzt, 1911 aus<br />

dem Japanischen ins Französische<br />

und kurz darauf ins Deutsche<br />

– in der Annahme, es handle<br />

sich um ein japanisches Gedicht.<br />

Eine Literaturzeitschrift druckte<br />

es unter dem Titel Japanisches<br />

Nachtlied ab. Wer schrieb das<br />

Original und wo entstand es?<br />

Stille ist im Pavillon aus Jade<br />

Krähen fliegen stumm<br />

Zu beschneiten Kirschbäumen<br />

im Mondlicht.<br />

Ich sitze<br />

Und weine.<br />

18


Lösungen<br />

Quizfragen von Seiten 16-18<br />

1.<br />

kollegi@ur.ch<br />

Das 19. Jahrhundert war von technischen<br />

Erneuerungen und Expasnion geprägt. Das brachte<br />

auch die Notwendigkeit mit sich, Nachrichten über<br />

grosse Entfernungen rasch übermitteln zu können.<br />

Ein einfacher Brief <strong>vom</strong> kolonialen Indien nach<br />

London brauchte bis zu acht Wochen!<br />

Der Erfinder Samuel F. B. Morse entwickelte 1837<br />

den international gebräuchlichen Morsecode, bei<br />

dem jeder Buchstabe in eine Reihe von Punkten und<br />

Strichen übersetzt wird. Der Code war ursprünglich<br />

nur für den Telegraphen gedacht, kann aber als<br />

akustisches Signal auch für Nebelhörner verwendet<br />

werden sowie als Lichtsignal für Taschenlampen<br />

usw.<br />

Das At-Zeichen @ wurde dem internationalen<br />

Morsealphabet erst im Mai 2004 von der<br />

Internationalen Fernmeldeunion (ITU) hinzugefügt,<br />

damit kann man nun auch ohne inoffizielle Umwege<br />

E-Mail-Adressen morsen. Es wird als A ohne Pause<br />

gefolgt von C gegeben: ·−−·−·. Diese zweite<br />

Aktualisierung des Morsecodes in etwa 40 Jahren<br />

geschah anlässlich des 160-jährigen Bestehens.<br />

Auch Musiker haben den Morsecode für sich<br />

entdeckt und verstecken so Nachrichten in ihren<br />

Stücken, z. B. Kraftwerk. Ein weiteres Beispiel ist<br />

der Titel „Lucifer“ von The Alan Parsons Project oder<br />

das Lied „In the Name of God“ von Dream Theater,<br />

dessen versteckter Morsecode erst etliche Monate<br />

nach Veröffentlichung der CD entdeckt wurde. Ein<br />

weiteres populäres Beispiel ist der Song „YYZ“<br />

von Rush in dem sich der zugehörige Morsecode<br />

als Rhythmus durchgängig durch den Song zieht.<br />

Auf dem Album Amarok des Musikers Mike Oldfield<br />

findet sich ein gemorster „Abschiedsgruß“ an den<br />

Inhaber seiner bisherigen Plattenfirma.<br />

2.<br />

„I hätt no viu blöder ta“<br />

von Marco Pfeuti<br />

alias „Gölä“<br />

Die Bellamy Brothers haben noch drei weitere<br />

Songs von Gölä „möglichst wortgetreu“ ins<br />

Englische übersetzen lassen und eingesungen:<br />

„Swan“ („Schwan“), „Up and Away“ („Uf u drvo“),<br />

„No More Tears“ („Keni Träne meh“).<br />

3.<br />

Falsche Freunde<br />

Als Falschen Freund bezeichnet man ein Paar<br />

aus einem fremdsprachigen Wort und einem<br />

Wort der Muttersprache, das sich in Schrift<br />

oder Aussprache ähnelt, jedoch nicht in der<br />

Bedeutung. Falsche Freunde gehören zu den<br />

Übersetzungsschwierigkeiten und Interferenzfehlern<br />

und verleiten zu einer falschen Übersetzung. Im<br />

Englischen werden sie als „false friends“ bezeichnet,<br />

im Französischen sind sie unter dem Namen „fauxamis“<br />

bekannt.<br />

4.<br />

Stein von Rosette<br />

Der Stein von Rosette oder Stein von Rosetta<br />

oder auch Rosettastein (frz. la pierre de Rosette,<br />

engl. Rosetta Stone) ist eine halbrunde, steinerne<br />

Stele mit einem in drei Schriften (Altgriechisch,<br />

Demotisch, Hieroglyphen) eingemeisselten<br />

Priesterdekret als Ehrung des ägyptischen Königs<br />

Ptolemaios V. sowie seiner Frau und deren Ahnen.<br />

Der Stein von Rosette trug massgeblich zur<br />

Übersetzung der ägyptischen Hieroglyphen bei.<br />

Während der ägyptischen Expedition Napoleons<br />

wurde der Stein am 15. Juli 1799 von einem<br />

französischen Offizier namens Pierre François<br />

Xavier Bouchard bei Rosette im Niltal gefunden. Von<br />

Wissenschaftlern, die Napoleon auf seinem Feldzug<br />

begleiteten, wurde der Stein eingehend untersucht.<br />

Nach der Niederlage der Franzosen jedoch mussten<br />

sie ihn zusammen mit anderen Altertümern 1801<br />

den Briten überlassen. Im folgenden Jahr wurde er<br />

erstmals im British Museum in London ausgestellt,<br />

wo er sich noch heute befindet.<br />

Der Stein enthält dreimal den gleichen, relativ<br />

langen Text, und die griechische Version ist gut<br />

lesbar. Deswegen bot der Stein – ähnlich wie auch<br />

andere Bilinguen – einen Schlüssel zur Entzifferung<br />

der ägyptischen Schriften.<br />

Jean-François Champollion (1790–1832) gelang<br />

1822 anhand des Steines und anderer Quellen<br />

die Entzifferung der demotischen Schrift sowie<br />

die Entschlüsselung der hieratischen Schrift und<br />

der Hieroglyphen. Er konnte jedoch nicht am<br />

Original, sondern nur an einer Abschrift des Steines<br />

arbeiten. In seiner französischen Geburtsstadt<br />

Figeac befindet sich auf der sogenannten Place<br />

des Écritures (Platz der Schriften) eine stark<br />

vergrößerte Kopie des Steins von Rosette.<br />

Nach der Veröffentlichung seiner Entdeckung gelang<br />

die Entzifferung weiterer Hieroglyphen relativ<br />

schnell. Dadurch wurde es Archäologen möglich,<br />

viele weitere ägyptische hieroglyphische Inschriften<br />

zu entziffern. Der Stein von Rosette war daher einer<br />

der Anstöße für die moderne Ägyptologie.<br />

5.<br />

Swetlana Geier<br />

Swetlana Geier wurde 1923 in Kiew geboren. Sie gilt<br />

als die grösste Übersetzerin russischer Literatur.<br />

In die Übersetzung von Dostojewskijs 5 grossen<br />

Romanen investierte sie 15 Jahre. Sie übertrug<br />

u.a. auch Tolstoi, Bulgakow und Solschenizyn ins<br />

Deutsche.<br />

Swetlana Geier verstarb am 7. November 20<strong>10</strong> 87-<br />

jährig in Freiburg im Breisgau.<br />

Die ‚fünf Elefanten‘ sind: Die fünf grossen Werke<br />

Dostojewskijs<br />

• Verbrechen und Strafe (1994)<br />

768 Seiten (früher: Schuld und Sühne)<br />

• Der Idiot (1996) 912 Seiten<br />

• Böse Geister (1998) 1200 Seiten<br />

(früher: Die Dämonen)<br />

• Die Brüder Karamasow (2003)<br />

1250 Seiten<br />

• Ein grüner Junge (2006) 829 Seiten<br />

(früher: Der Jüngling)<br />

6.<br />

2<strong>10</strong> Kurbelumdrehungen<br />

Lösungsweg siehe unter www.kollegi-uri.ch.<br />

7.<br />

Esperanto<br />

Das Esperanto ist eine <strong>vom</strong> polnischen Arzt L.<br />

Zamenhof (Pseudonym: „Doktoro Esperanto“, „der<br />

Hoffende“) 1887 geschaffene Welthilfssprache<br />

mit einfacher phonetischer, phonologischer,<br />

morphologischer und syntaktischer Struktur. Der<br />

Lautbestand umfasst 28 Buchstaben (5 Vokale,<br />

23 Konsonanten); der Wortschatz (rund 80‘000<br />

Wörter, die aus 7866 Wurzeln gebildet wurden)<br />

entstammt vor allem den romanischen Sprachen<br />

und dem Englischen. Die Grammatik beruht auf 16<br />

Grundregeln.<br />

Seit 1908 besteht der Esperanto-Weltbund<br />

(Universala Esperanto-Asocio. Abk. UEA) mit<br />

Sitz in Rotterdam, der inzwischen etwa 50<br />

Landesverbände und Mitglieder in etwa <strong>10</strong>0<br />

Ländern hat. Die Zahl der Esperanto-Sprecher<br />

wird auf 500‘000 bis <strong>10</strong> Mio. geschätzt. Einige von<br />

ihnen sind in Vereinen organisiert, die Kongresse,<br />

Seminare und Kulturveranstaltungen anbieten.<br />

Ziele der Esperanto-Vereinigungen sind neben<br />

Verbreitung der Sprache und ihrer Entwicklung<br />

u.a. Völkerverständigung und Erhalt kultureller<br />

Vielfalt. Unter den zahlreichen Welthilfssprachen hat<br />

Esperanto eine deutliche Vorrangstellung.<br />

Quelle: Brockhaus Enzyklopädie Band 8, 21. Auflage<br />

2006<br />

Der Text der Wettbewerbsfrage ist ein Ausschnitt<br />

aus „Liberigo“ von Karl May (dt. Eine Befreiung)<br />

Text in Deutsch: Ich war von Tripolis nach Mursuk,<br />

der Hauptstadt der Provinz Fezzan, gekommen und<br />

bei dem reichen, jüdischen Handelsherrn Manasse<br />

Ben Aharab, an welchen ich gute Empfehlungen<br />

hatte, abgestiegen. Er nahm mich mit grosser<br />

Gastfreundlichkeit auf und that es nicht anders,<br />

ich musste in seinem Hause wohnen und wurde in<br />

demselben geradezu wie ein Sohn gehalten...<br />

8.<br />

Aline Arnold<br />

Mit seiner raumgreifenden Installation Book<br />

from the Sky (Holzschnitt auf Papierbahnen<br />

und Büchern, 1987-1991) sicherte sich Xu Bing<br />

bereits Ende der 1980er Jahre einen Platz in der<br />

internationalen Kunstgeschichte. In jahrelanger<br />

Kleinarbeit entwickelte der Künstler ein System von<br />

Schriftzeichen, das jeglicher Bedeutung entbehrend<br />

den Sinn suggerierenden Informationsträger zum<br />

rein ästhetischen Zeichen werden ließ. Nicht nur<br />

die Doppelbödigkeit dieses Modifikationsprozesses,<br />

sondern auch der ursprüngliche Titel „Spiegel der<br />

Welt: Lehre der Beziehung zwischen Kunst und<br />

Leben“ machen die philosophisch-existentielle<br />

Sprengkraft der Installation evident.<br />

In dem Projekt Introduction to Square Word<br />

Calligraphy (Lehrbuch, Leporello 1994-1996)<br />

steht ebenfalls das Verhältnis von Schrift, Bild<br />

und Bedeutung im Zentrum der künstlerischen<br />

Auseinandersetzung, allerdings ist es diesmal<br />

die lateinische Schrift. Somit wechselte Xu Bing<br />

mit seinem Umzug nach New York zwar den<br />

Aufenthaltsort, nicht aber seine konzeptuelle<br />

Grundhaltung. Vielmehr erweitert er den<br />

kulturellen Einzugsbereich seiner Arbeit. Wie<br />

der Titel bereits andeutet, komponiert Xu die<br />

leicht veränderten Buchstaben eines Wortes auf<br />

der Fläche eines Quadrates, so dass sie auf den<br />

ersten Blick einem chinesischen Schriftzeichen<br />

ähneln. Im Anschluss daran entstand zwischen<br />

1999 und 2004 ein Computerprogramm das auf<br />

der Basis der zunächst für das Schreiben mit der<br />

Hand entworfenen Square Word Calligraphy einen<br />

beliebigen Text aus lateinischen Buchstaben in die<br />

besagte Kunst-Schrift umwandelt. So konnten z. B.<br />

westliche Ausstellungsbesucher ihrem Namen ein<br />

‚chinesisches Erscheinungsbild’ verleihen. Der Topos<br />

des interaktiven und interkulturellen Kunstwerks<br />

wird hier konkret umgesetzt.<br />

9.<br />

still water<br />

non-carbonated (water)<br />

non-sparkling (water)<br />

Es stimmt schon, dass “Wasser ohne Kohlensäure”<br />

auf Mallorca und in anderen spanischsprachigen<br />

Gefilden “agua sin gas” (italienisch: „acqua senza<br />

gas“) genannt wird. Nur: Was im Spanischen<br />

funktioniert, kann im Englischen megaverkehrt<br />

sein. Denn wer will denn schon „Evian“ mit oder<br />

ohne Gas trinken? Oder, noch schlimmer, für unsere<br />

amerikanischen TouristInnen: ohne Benzin?<br />

<strong>10</strong>.<br />

überstossen<br />

„uberstoossä“: „über das richtige Mass hinaus<br />

gehen, spez. mehr Vieh auf eine Alp treiben, als sie<br />

zu ernähren vermag“<br />

(Urner Mundartwörterbuch, S. 494)<br />

11.<br />

a) 506 (23x22)<br />

b) Pivot<br />

Als Relais-Modus (oder Leitkabinen-Modus)<br />

bezeichnet man beim Simultandolmetschen eine<br />

Arbeitsweise, bei der in der Leitkabine aus einer<br />

kleineren, wenig verbreiteten Sprache (bspw.<br />

Maltesisch) in eine „grössere“ Arbeitssprache (bspw.<br />

Englisch oder Französisch) gedolmetscht wird, und<br />

zwar nicht nur für die Zuhörer, sondern auch als<br />

Ausgangstext für die anderen Dolmetschkabinen,<br />

die dann „von der Leitkabine abnehmen“ und in<br />

ihre jeweilige Konferenzsprache dolmetschen.<br />

Der Dolmetscher in der Leitkabine wird auch als<br />

„Pivot“ (französisch für „Dreh- und Angelpunkt“)<br />

bezeichnet. Die Rolle eines „Pivots“ ist noch<br />

verantwortungsvoller als die eines „normalen“<br />

Dolmetschers, da der „Pivot“-Dolmetscher weiss,<br />

dass seine <strong>Kollegi</strong>nnen und Kollegen allein auf<br />

die von ihm gelieferte Übersetzung zurückgreifen<br />

müssen.<br />

12.<br />

„Johannes Bargeld“<br />

übersetzt = Johnny Cash<br />

(Robert Zimmerman ist der Geburtsname von Bob<br />

Dylan)<br />

19


Kommentar zum Titelbild<br />

von Marcel Huwyler, Prorektor<br />

Bildlegenden übersetzen Bilder in Sprache, sie verankern einen optischen Eindruck im<br />

Sprachlichen. So machen wir uns das Bild verfügbar. Es wird unser Bild, so wie auch ein<br />

Text beim Lesen unser Text wird. Das Bild braucht den Betrachter, der Text den Leser. Beim<br />

Betrachten und beim Lesen gestalten wir mit. Dabei sieht und liest nicht jede oder jeder<br />

dasselbe; jede Übersetzung ist eine höchst persönliche Angelegenheit. Ich lade Sie deshalb<br />

ein, nochmals zum Titelbild zurückzublättern und Ihre eigene Übersetzung zu machen.<br />

Origineller als „Gelbes Papierfaltboot auf blauem See, Fotomontage“ ist sie sicher …<br />

13.<br />

Charon<br />

Charon (griech. Χάρων) war in der griechischen<br />

Mythologie der düstere greise Fährmann, welcher<br />

die Toten für einen Obolus (Münze) über den<br />

Totenfluss Acheron (häufig werden auch die Flüsse<br />

Lethe oder Styx genannt) setzte, damit sie ins Reich<br />

des Totengottes Hades gelangen konnten.<br />

14.<br />

Friedrich Dürrenmatt<br />

Der Richter und sein<br />

Henker<br />

Der Comic ist im Städtischen Literargymnasium<br />

Bern-Neufeld entstanden (Kernfach Zeichen).<br />

Das Porträt (Friedrich Dürrenmatt als<br />

Schachspieler) stammt von Hannes Binder, geboren<br />

1947 in Zürich. Binder ist einer der bekanntesten<br />

Schweizer Comiczeichner und Illustratoren.<br />

Berühmt ist er insbesondere für seine Schabkarton-<br />

Technik. Dabei entsteht eine Zeichnung, indem<br />

durch Kratzen und Schaben mit einem Cutter der<br />

weisse Karton unter einer schwarzen Deckschicht<br />

aus Tusche freigelegt wird.<br />

Mit Der Chinese (1988), nach dem gleichnamigen<br />

Roman von Friedrich Glauser, schrieb und illustrierte<br />

Hannes Binder seinen ersten schweizerischen Krimi-<br />

Comic. Daraufhin folgten die Adaptionen der beiden<br />

Glauser-Krimis Krock & Co. (1990) und Knarrende<br />

Schuhe (1992). In Wachtmeister Studer im Tessin<br />

(1996) übernahm er die Romanfigur Wachtmeister<br />

Studer, kreierte aber darauf basierend eine neue<br />

Erzählung. In Glausers Fieber (1999) liess er den<br />

Schriftstiller Glauser seinen eigenen Roman Die<br />

Fieberkurve schreiben. Weitere Werke:<br />

Der Venediger (2007, spielt auch in Altdorf); Die<br />

schwarzen Brüder von Lisa Tetzner (2002); Sagen<br />

und Legenden der Schweiz von Meinrad Lienert<br />

(2006); Heidi von Johanna Spyri (2008); Um<br />

Mitternacht von Eduard Mörike (2009); Die Reise zu<br />

den Kugelinseln von Verena Stössinger (20<strong>10</strong>).<br />

15.<br />

Johann Wolfgang von<br />

Goethe<br />

Wandrers Nachtlied - Ein Gleiches<br />

Über allen Gipfeln<br />

Ist Ruh‘,<br />

In allen Wipfeln<br />

Spürest du<br />

Kaum einen Hauch;<br />

Die Vögelein schweigen im Walde.<br />

Warte nur, balde<br />

Ruhest du auch.<br />

Auf dem Kickelhahn bei<br />

Ilmenau (D)<br />

Wenige Minuten <strong>vom</strong> Gipfel entfernt steht das<br />

„Goethehäuschen“, das von Herzog Carl August<br />

im Sommer 1783 als Jagdunterkunft unterhalb<br />

des Gipfels errichtet wurde. Goethe schrieb in<br />

der Nacht <strong>vom</strong> 6. auf den 7. September 1783<br />

sein Gedicht „Wandrers Nachtlied - Ein Gleiches“<br />

auf die Bretter über einem Fenster. Zum letzten<br />

Mal war Goethe 1831 in Begleitung von Johann<br />

Christian Mahr auf dem Kickelhahn. Nach einem<br />

Brief von Mahr besuchte Goethe noch einmal die<br />

Jagdhütte, um nachzusehen, ob sein Vers noch<br />

an der Wand stünde. Als er ihn entdeckte, war<br />

er tief gerührt und sagte: „Ja, warte nur, balde<br />

ruhest auch du“. Auch seinem Freund Carl Friedrich<br />

Zelter berichtete Goethe in einem Brief von diesem<br />

Ereignis. Das Goethehäuschen brannte am 12.<br />

August 1870 ab und wurde im Jahre 1874 durch<br />

den Verein für die Verschönerung Ilmenaus unter<br />

Leitung von Karl Friedrich Schwanitz originalgetreu<br />

wieder aufgebaut. Heute kann man im Inneren des<br />

Goethehäuschens das Gedicht „Wandrers Nachtlied“<br />

in 15 Sprachen lesen.<br />

Impressum<br />

<strong>Kollegi</strong><br />

Auflage 1200<br />

Erscheint zweimal jährlich<br />

Herausgeber<br />

Verein der Ehemaligen<br />

und Freunde der<br />

<strong>Kantonale</strong>n <strong>Mittelschule</strong> <strong>Uri</strong><br />

<strong>Kantonale</strong> <strong>Mittelschule</strong> <strong>Uri</strong><br />

Gotthardstrasse 59<br />

6460 Altdorf<br />

Redaktion<br />

Verein der Ehemaligen<br />

Adrian Zurfluh<br />

Elias Bricker<br />

<strong>Kantonale</strong> <strong>Mittelschule</strong> <strong>Uri</strong><br />

Dr. Ivo Frey, Rektor<br />

Marcel Huwyler, Prorektor<br />

Ulrich Köchli, Lehrer<br />

Sarah Weber, Lehrerin<br />

Anja Dahinden, Bibliothekarin<br />

Sekretariat<br />

Margrith Schranz<br />

margrith.schranz@ur.ch<br />

Tel. 041 874 77 00<br />

Layout und Gestaltung<br />

Anja Dahinden<br />

Korrektorat<br />

Ulrich Köchli<br />

Druck<br />

Gamma Druck AG<br />

6460 Altdorf<br />

20

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