CHIP FOTO-VIDEO digital 09/2009 - Mondberge.com
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PRAXIS Reportage<br />
Foto-Expedition<br />
extrem<br />
Ugandas<br />
Ruwenzori-Gebirge sowie die<br />
letzten frei lebenden Berggorillas waren<br />
Ziele einer Foto-Expedition, die Mensch<br />
und Material das Äußerste abverlangte.<br />
Fotos: Radmila Kerl (Canon EOS 50D) und Andreas Klotz (Nikon D300);<br />
Text: Harald Lydorf und Andreas Klotz<br />
Mit rund 241.000 Quadratkilometer<br />
Fläche ist Uganda für afrikanische Verhältnisse<br />
klein – gerade mal so groß wie die BRD vor der<br />
Wiedervereinigung. Durchschnittliche Höhen<br />
von 1.000 bis 1.500 Meter bescheren dem sich<br />
beidseits des Äquators erstreckenden ostafrikanischen<br />
Land ein gemäßigtes tropisches Klima<br />
mit ausreichend Niederschlägen. Hauptattraktion<br />
für Uganda-Reisende sind neben neun Nationalparks<br />
und sechs Wildreservaten der aus<br />
dem Viktoria-See entspringende (Victoria-) Nil<br />
und die gewaltigen Murchison-Fälle, über die<br />
er nach seinem Lauf durch das seichte Reich<br />
des Kyogasees in den Albertsee stürzt.<br />
Ugandas einzigartige Naturparadiese<br />
Weit weniger bekannt ist das Ruwenzori-Gebirge<br />
zwischen Albert- und Edwardsee. Nicht einmal<br />
1.000 Besucher jährlich zählt der „Rwenzori<br />
Mountains National Park“ mit seinen üppigen<br />
Regenwäldern, über die sich gletscherbedeckte<br />
Bergriesen erheben – eine faszinierende Landschaft,<br />
in der widrigste Witterungsverhältnisse<br />
herrschen. Es regnet an über 3o0 Tagen<br />
94<br />
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2 Nikon D300 195 mm * f 2,8 * 1/500 Sek * ISO 3.200
PRAXIS Reportage<br />
1 Nikon D300 30 mm * f 5 * 1/640 Sek * ISO 1.600<br />
2 Nikon D300 52 mm * f 5,6 * 1/500 Sek * ISO 400<br />
Die perfekte Ausrüstung<br />
▶ Robuste, wasserdichte DSLR mit rauscharmem<br />
Sensor und ISO-Bereich von 1.600 und mehr<br />
▶ Regenschutz, vorher auf Praxistauglichkeit testen<br />
▶ Standard- und lichtstarkes Tele-Zoom<br />
(2,8/70-200 mm) mit optischem Bildstabilisator<br />
▶ Weitwinkel und Makro sind sicherlich nützlich,<br />
doch dann steigt auch sofort das Gewicht der<br />
Ausrüstung und der Bedarf nach einem Stativ<br />
▶ Volle Akkus – für jeden Tag einen<br />
▶ Ausreichend viele Speicherkarten, wobei die<br />
Serien aufnah men beim Gorilla-Tracking Karten<br />
mit viel Speicherplatz (ab 16 GByte) erfordern<br />
▶ Tagesrucksack mit wasserdichter Schutzhülle,<br />
der auch Kleidung und Proviant aufnimmt<br />
▶ Warme, atmungsaktive und regendichte Kleidung;<br />
für Gorilla-Tracking reißfeste Regenjacke<br />
▶ Handschuhe, Halstuch und warme Mütze<br />
▶ Bergschuhe, Gummistiefel (auch vor Ort zu<br />
mieten); im Bwindi-Wald hohe Wanderstiefel<br />
und der Dornen wegen (Garten-)Handschuhe<br />
▶ Warmer und schnell trocknender Schlafsack<br />
▶ Kleiner Regenschirm für Toilettengänge und<br />
zum Fotografieren mit Stativ<br />
Andreas Klotz:<br />
Das Einbeinstativ<br />
samt Tele-<br />
Zoom-bewehrter<br />
Nikon D300<br />
geschultert,<br />
freut sich der<br />
Co-Autor, dass<br />
es gerade mal<br />
96 <strong>CHIP</strong> <strong>FOTO</strong>-<strong>VIDEO</strong> <strong>digital</strong> <strong>09</strong>/20<strong>09</strong><br />
nicht regnet.<br />
1 Lobelien schützen<br />
sich vor nächtlicher<br />
Kälte mit einer Art<br />
„biologi schem Frostschutzmittel“.<br />
2 Ein imposantes<br />
Chamäleon am ersten<br />
Trekking-Tag im<br />
Ruwenzori.<br />
3 Eine urzeitlichmystische<br />
Stimmung<br />
umgibt den in 4.000<br />
Metern Höhe liegenden<br />
Kitandara-See.<br />
3 Canon EOS 50D 24 mm * f 6,3 * 1/100 Sek * ISO 100<br />
im Jahr, zudem zählen die Trekking-Steige zu<br />
den schwierigsten der Welt.<br />
Weiter südlich und ebenfalls im Grenzgebiet<br />
zur Demokratischen Republik Kongo liegt<br />
der „Bwindi Impenetrable Forest National<br />
Park“. Als Heimat von über 300 frei lebenden<br />
Berggorillas steht der Bwindi-Regenwald im<br />
Zentrum der Bemühungen, die letzten intakten<br />
Lebensräume dieser Menschenaffen zu<br />
schützen. In ganz Afrika gibt es nur noch rund<br />
700 dieser faszinierenden Tiere.<br />
Die beiden von der UNESCO als Weltnaturerbe<br />
anerkannten Nationalparks waren im Januar<br />
20<strong>09</strong> das Ziel von sieben im „<strong>Mondberge</strong>-<br />
Projekt“ zusammengeschlossenen Fotografen.<br />
Sei es die Berggorilla-Population des Bwindi-<br />
Schutzgebietes oder die Bergnebelwälder des<br />
Ruwenzori – fotografisch könnte die Herausforderung<br />
kaum größer sein. Denn extreme<br />
Lichtverhältnisse, Regen, Nebel sind an beiden<br />
Orten nicht die Ausnahme, sondern die Regel.<br />
Rwenzori Mountains National Park<br />
Das Ruwenzori-Gebirge erstreckt sich über<br />
120 Kilometer in Nord-Süd-Richtung immer<br />
entlang der Grenze zur Demokratischen Republik<br />
Kongo. Insgesamt16 Berggipfel erreichen<br />
4.500 Meter, drei davon sind sogar über 5.000<br />
Meter hoch. Die Margherita-Spitze des Mount<br />
Stanley ist der dritthöchste Berg Afrikas (und<br />
sogar der höchste Berg Afrikas nicht vulka -<br />
nischen Ursprungs). Dieses Bergmassiv wird<br />
heute als jenes Gebirge angesehen, das schon<br />
Ptolomäus im zweiten Jahrhundert nach Christus<br />
als „<strong>Mondberge</strong>“ bezeichnete und wo er die<br />
Quellen des Nils vermutete. Es regnet dort eigentlich<br />
fast ständig, selbst in den sogenannten<br />
Trockenzeiten muss man immer noch kurze<br />
Schauer einkalkulieren. „Rwenzori“ bedeutet<br />
in der Sprache des einheimischen Batoro-<br />
Volkes so viel wie „Regenmacher“ – durchschnittlich<br />
3.000 Millimeter an jährlichen<br />
Niederschlägen bestätigen die Namensgebung<br />
eindrucksvoll. Diese speziellen klimatischen<br />
Bedingungen haben einen artenreichen Berg-<br />
Nebelwald hervorgebracht, mit einmaligen,<br />
riesenhaften Pflanzen: Meterhohe Baumfarne,<br />
Riesenlobelien und Baumsenecien wachsen<br />
hier, und ein Verwandter unseres Heidekrauts<br />
kann bis zu 15 Meter hoch werden.<br />
Die geringe Zahl der Besucher könnte damit<br />
zu tun haben, dass sich bei den herrschenden<br />
Klima-Extremen die Frage der mentalen Konstitution<br />
stellt: Wie reagiert man, wenn es den<br />
ganzen Tag regnet, ein heftiger Wind die Kälte<br />
noch strenger erscheinen lässt, und die Kleidung<br />
nachts nicht mehr trocknet, weil die Temperaturen<br />
unter den Gefrierpunkt fallen? Wie motiviert<br />
man sich, wenn kilometerlange Sümpfe<br />
durchquert werden müssen, wobei das Wasser<br />
gerne in die Gummistiefel hineinläuft? Was<br />
treibt einen voran, wenn in höheren Lagen der<br />
Regen zu Graupel wird und der Nebel die Sicht<br />
auf die Gipfel meistens verhüllt? In unserem<br />
Fall war es die Einzigartigkeit dieser Pflanzenund<br />
Bergwelt mit ihrem mystischen, fast schon<br />
außerirdischen Touch, die alles aufwog. Dazu<br />
das ständig wechselnde Bild, wenn die Wolken<br />
aufreißen, Sonnenstrahlen im Moos malen oder<br />
Regentropfen an den Flechten glitzern. Wenn<br />
<strong>CHIP</strong> <strong>FOTO</strong>-<strong>VIDEO</strong> <strong>digital</strong> <strong>09</strong>/20<strong>09</strong> 97
PRAXIS Reportage<br />
1 Nikon D300 300 mm * f 4,5 * 1/160 Sek * ISO 800<br />
2 Canon EOS 50D 320 mm * f 5,6 * 1/100 Sek * ISO 1.600<br />
Das Jahr des Gorillas<br />
▶ Die Vereinten Nationen haben 20<strong>09</strong><br />
zum „Jahr des Gorillas“ ausgerufen.<br />
Das <strong>Mondberge</strong>-Projekt ist als offzieller<br />
Kooperationspartner mit dabei.<br />
Dessen Ziele: Förderung langfristiger Methoden<br />
für den Gorillaschutz, Aufklärung der Öffentlichkeit<br />
über Gorillas und ihre Gefährdung, Förderung<br />
des nachhaltigen Gorilla-Ökotourismus ...<br />
Info: www.yog20<strong>09</strong>.org<br />
1 Bukunu aus der<br />
Mubare-Gruppe, der<br />
heimliche Star beim<br />
Gorilla-Tracking.<br />
2 Diese Hände können<br />
auch streicheln.<br />
3 Vorhang auf! Ein<br />
„Schnappschuss“<br />
vom ersten Moment,<br />
als wir auf die Gorilla-Gruppe<br />
treffen.<br />
3 Canon EOS 50D 52 mm * f 2,8 * 1/125 Sek * ISO 640<br />
▶ Im „<strong>Mondberge</strong>-Projekt“<br />
haben sich sieben<br />
Fotografen und eine Filmerin zusammen getan,<br />
um mit der Vermarktung von Medienprodukten<br />
zum Schutz und Erhalt der Berggorillas und des<br />
Regenwaldes beizutragen. Ziel ist es, journalistisch<br />
zu dokumentieren, eine breite Öffentlichkeit<br />
zu informieren, zu unterhalten, aufzuklären,<br />
zu begeistern – und so Bewusstsein zu schaffen,<br />
damit die Bemühungen um den Schutz der<br />
Berggorillas eine breite Unterstützung erfahren.<br />
Ein fester Umsatzanteil kommt über die „Berggorilla<br />
& Regenwald Direkthilfe e. V.“einem ausgewählten<br />
Hilfsprojekt in Uganda zugute.<br />
Info: www.mondberge.<strong>com</strong><br />
Perle Afrikas<br />
Verlag: TiPP 4 GmbH,<br />
Format: 240 x 320 mm,<br />
208 Seiten,<br />
Preis: 39,80 Euro,<br />
98 <strong>CHIP</strong> <strong>FOTO</strong>-<strong>VIDEO</strong> ISBN: 978-3-9812944-0-8<br />
<strong>digital</strong> <strong>09</strong>/20<strong>09</strong><br />
der Blick offen ist für diese flüchtigen Momente,<br />
wird man für alle Mühsal entschädigt. Wer die<br />
überwältigenden Eindrücke aber auch noch<br />
fotografisch festhalten will, braucht die entprechende<br />
Ausrüstung. Was zählt, ist Regenfestigkeit<br />
von Kamera und Objektiv. Und eine große<br />
Anzahl geladener Ersatzakkus, denn Aufladen<br />
entfällt und die Kälte verkürzt die Akkulaufzeit.<br />
Bwindi Impenetrable Forest<br />
National Park<br />
Der Bwindi-Wald im Südwesten Ugan das repräsentiert<br />
jenen ursprüngli chen Regenwald, der<br />
einst den ganzen zentralafrikanischen Graben<br />
überzog. Das prädestiniert ihn als Heimat für<br />
rund die Hälfte der heute noch frei lebenden<br />
Berggorillas – neben zehn weiteren Affenarten<br />
und gut 100 anderen Säugetieren. Hinzu kommt<br />
eine ungeheure Vielfalt an Vogel-, Schmetterlings-<br />
und Insektenarten. Über Jahrtausende war<br />
dieser Wald ganz sich selbst überlassen. Mancher<br />
nur hier vorkommenden Pflanzenart bietet er<br />
einen Lebensraum: Bambusarten, Farne bis hin zu<br />
Baumfarnen und einigen epiphytischen, sprich<br />
parasitär lebenden Pflanzen. Kleinere Sümpfe<br />
dienen als Rückzugsgebiet für Elefanten.<br />
Heute umfassen der Nationalpark und damit<br />
auch der Wald, der auf Höhen von 1.160 bis<br />
2.600 Meter wächst, eine Fläche von etwa 320<br />
Quadratkilometer. Als Wasserreservoir ist das<br />
Gebiet für die umliegende Gegend von größter<br />
Bedeutung. Es speichert die Niederschläge – im<br />
Jahresdurchschnitt etwa 1.600 Millimeter – und<br />
gibt sie dann kontinuierlich ab.<br />
Der Zugang zu den Berggorilla-Gruppen<br />
ist – zu Recht – streng reglementiert. Man<br />
muss sich Monate vorher eines der begehrten,<br />
teuren „Permits“ besorgen. Der Startpunkt für<br />
die meisten Trackings befindet sich in Buhoma.<br />
Maximal acht Besucher dürfen einmal am Tag<br />
für höchstens eine Stunde in Begleitung eines<br />
Führers die ihnen zugeteilte Gruppe besuchen.<br />
Bis zu vier Stunden ist man unterwegs – bergauf<br />
und bergab auf rutschigem Boden und durch<br />
dichtestes Dickicht. Doch trotz aller Mühen: Hat<br />
man die Menschenaffen schließlich erreicht,<br />
ergreift einen eine ungeheure Faszination. Die<br />
Ruhe und Friedfertigkeit, die die Pflanzenfresser<br />
ausstrahlen, lässt einen glatt vergessen, dass so<br />
ein Silberrücken bei einer maximalen Größe<br />
von 1,75 Meter gut 200 Kilo auf die Waage<br />
bringt. Schon deshalb empfiehlt es sich, die Verhaltensregeln<br />
strikt zu befolgen. Das Erlebnis<br />
auch fotografisch festzuhalten ist nicht leicht.<br />
Generell ist es dunkel, doch zugleich werden<br />
einzelne Stellen vom Sonnenlicht getrof fen.<br />
Die Folge ist ein fast durchgehend extrem hoher<br />
Dynamikumfang im Bildausschnitt.<br />
Als Grundsatz gilt: Blende auf und Empfindlichkeit<br />
hoch! Sonst ist selbst bei kleinsten Bewegungen<br />
kein scharfes Foto möglich. Erschwerend<br />
kommt hinzu, dass auch wenn man die vorgegebenen<br />
fünf bis sieben Meter Sicherheitsabstand<br />
ausreizt, mit großer Wahrscheinlichkeit ein Ast,<br />
ein Blatt oder eine Liane sich zwischen Foto graf<br />
und Fotomotiv schiebt. Es braucht einiges an<br />
Geduld, aber auch Glück, damit Aufnahmen von<br />
spielenden Jungtieren oder den schwermütig<br />
wirkenden Augen gelingen, die die Erinnerung<br />
an dieses einmalige Erlebnis wach halten.<br />
<strong>CHIP</strong> <strong>FOTO</strong>-<strong>VIDEO</strong> <strong>digital</strong> <strong>09</strong>/20<strong>09</strong> 99