Volker Brecher: Fremdarbeiter in der Lederindustrie am Beispiel der ...
Volker Brecher: Fremdarbeiter in der Lederindustrie am Beispiel der ...
Volker Brecher: Fremdarbeiter in der Lederindustrie am Beispiel der ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Kurzfassung e<strong>in</strong>es Vortrags, gehalten beim Forschungskolloquium „Zwangsarbeit <strong>in</strong> Rhe<strong>in</strong>land-<br />
Pfalz während des Zweiten Weltkriegs“ <strong>am</strong> 21. September 2002 <strong>in</strong> Ma<strong>in</strong>z. Die vollständigen<br />
Vortragstexte werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Reihe „Geschichtliche Landeskunde“ veröffentlicht (Ersche<strong>in</strong>ungsterm<strong>in</strong>:<br />
voraussichtlich Ende 2003).<br />
<strong>Volker</strong> <strong>Brecher</strong>: <strong>Fremdarbeiter</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Le<strong>der</strong><strong>in</strong>dustrie <strong>am</strong> <strong>Beispiel</strong><br />
<strong>der</strong> Wormser Le<strong>der</strong>werke Heyl-Liebenau<br />
Anhand <strong>der</strong> folgenden Fragestellungen wird <strong>in</strong> diesem Beitrag <strong>der</strong> <strong>Fremdarbeiter</strong>e<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Le<strong>der</strong><strong>in</strong>dustrie als e<strong>in</strong>em Zweig <strong>der</strong> nicht kriegswichtigen Konsumgüter<strong>in</strong>dustrie untersucht:<br />
a) Wie entwickelte sich <strong>der</strong> Arbeitse<strong>in</strong>satz ausländischer Arbeitskräfte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Le<strong>der</strong><strong>in</strong>dustrie?<br />
b) Lassen sich aufgrund <strong>der</strong> so gewonnen Antworten signifikante Unterschiede zu an<strong>der</strong>en Wirtschaftszweigen,<br />
<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e denen <strong>der</strong> Rüstungs<strong>in</strong>dustrie ausmachen?<br />
Auf Basis <strong>der</strong> Firmenunterlagen <strong>der</strong> Wormser Le<strong>der</strong>werke Heyl-Liebenau ergeben sich dabei<br />
außerordentlich gute Möglichkeiten, nicht nur die Entwicklung des <strong>Fremdarbeiter</strong>e<strong>in</strong>satzes <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
le<strong>der</strong>erzeugenden Betrieb über die Zeit des Zweiten Weltkrieges zu dokumentieren, son<strong>der</strong>n<br />
auch vielfältige Informationen zur Situation <strong>der</strong> Le<strong>der</strong><strong>in</strong>dustrie im Allgeme<strong>in</strong>en zus<strong>am</strong>menzutragen.<br />
Dies ist dem Umstand zu verdanken, daß <strong>der</strong> Betriebsleiter Baron Ludwig von Heyl zwischen<br />
1942 und 1944<br />
Ausländische Arbeiter <strong>in</strong> ausgewählten Branchen <strong>der</strong><br />
deutschen Wirtschaft<br />
auch das Amt des<br />
1939-1944<br />
Leiters <strong>der</strong><br />
180000<br />
31.05.1939<br />
Wirtschaftsgruppe<br />
160000 31.05.1940<br />
Le<strong>der</strong><strong>in</strong>dustrie <strong>in</strong>ne<br />
31.05.1941<br />
hatte, die als<br />
140000 31.05.1942<br />
31.05.1943<br />
Parteiorganisation <strong>der</strong><br />
31.05.1944<br />
120000<br />
NSDAP für nahezu<br />
alle Belange <strong>der</strong><br />
100000<br />
Betriebe des<br />
80000<br />
Le<strong>der</strong>gewerbes<br />
zuständig war.<br />
60000<br />
Als zentraler Aspekt<br />
40000<br />
des <strong>Fremdarbeiter</strong>e<strong>in</strong>satzes<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Le<strong>der</strong><strong>in</strong>-<br />
20000<br />
dustrie kristallisiert<br />
0<br />
sich bei e<strong>in</strong>gehen<strong>der</strong><br />
Le<strong>der</strong><strong>in</strong>dustrie Bergbau Eisen-, Stahl- und<br />
Blechwaren<strong>in</strong>dustrie<br />
Quelle: Wagenf ühr, Rolf : Die deut sche Indust rie im Kriege 1939-1945. 2. Auf lage, Berl<strong>in</strong> 1963, S. 152-155.<br />
1
Betrachtung <strong>der</strong> Quellen die E<strong>in</strong>stufung e<strong>in</strong>es Betriebes als kriegswichtig respektive nicht<br />
kriegswichtig heraus. Generell kann festgehalten werden, daß <strong>der</strong> Le<strong>der</strong><strong>in</strong>dustrie während des<br />
ganzen Krieges we<strong>der</strong> <strong>der</strong> Status e<strong>in</strong>er Rüstungs<strong>in</strong>dustrie noch <strong>der</strong> e<strong>in</strong>er kriegs- und lebenswichtigen<br />
Industrie zugebilligt wurde. Lediglich e<strong>in</strong>zelne Produktionssparten wie die Le<strong>der</strong>treibriemen-<br />
und die Schuh<strong>in</strong>dustrie bildeten hier zeitweilig e<strong>in</strong>e Ausnahme. Dieser Umstand wirkte<br />
sich sehr nachteilig auf die Zuteilung von <strong>Fremdarbeiter</strong>n aus.<br />
Im Gegensatz zu rüstungsrelevanten Wirtschaftszweigen wie dem Bergbau, <strong>in</strong> welchem sich die<br />
Anzahl <strong>der</strong> beschäftigten ausländischen Zivilarbeiter von 1940 bis 1944 nahezu um 400% steigerte,<br />
<strong>in</strong>tensivierte sich <strong>der</strong> <strong>Fremdarbeiter</strong>e<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> <strong>der</strong> Le<strong>der</strong><strong>in</strong>dustrie nur um ca. 40%. In absoluten<br />
Zahlen wirken diese Befunde noch imposanter: erhielt zum <strong>Beispiel</strong> die Eisen-, Stahl- und<br />
Blechwaren<strong>in</strong>dustrie von Mai 1940 bis Mai 1944 172.000 neue Zivilarbeiter und Kriegsgefangene,<br />
so waren es <strong>in</strong> Le<strong>der</strong><strong>in</strong>dustrie lediglich etwa 8.400.<br />
Der Beitrag belegt diese generellen Funde durch aussagekräftige Quellen zur Entwicklung des<br />
<strong>Fremdarbeiter</strong>e<strong>in</strong>satzes <strong>in</strong> den Wormser Le<strong>der</strong>werken Heyl-Liebenau.<br />
2