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Vorgehensmodell zur GIS-Einführung - GIS-Management

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<strong>Vorgehensmodell</strong> <strong>zur</strong> <strong>GIS</strong>-<strong>Einführung</strong> 1<br />

Von F.-J. Behr, Stuttgart<br />

1 <strong>Einführung</strong><br />

Dieser Beitrag behandelt aus der Vielzahl der mit der <strong>GIS</strong>-Technologie verbundenen Themen<br />

einen spezifischen Aspekt: Aufgaben und Tätigkeiten bei <strong>Einführung</strong> von Geo-<br />

Informationssystemen. Dabei wird bei der Betrachtung, soweit möglich, der Schwerpunkt<br />

auf dem kommunalen Einsatzgebiet liegen. Die Systemeinführung vollzieht sich in einer<br />

Reihe von Projektschritten, die sich in die Abschnitte Systemanalyse, Systemauswahl und<br />

eigentliche Systemeinführung zusammenfassen lassen (Abb. 1). Jeder Projektabschnitt wird<br />

in einem Ergebnisbericht dokumentiert, die in ihrer Gesamtheit eine Momentaufnahme der<br />

Organisation wiedergeben. Die Dokumente bauen aufeinander auf und lassen die Projektfortschritte<br />

nachvollziehbar werden.<br />

2 Initiierung und strategische Planung<br />

Anregungen <strong>zur</strong> <strong>GIS</strong>-<strong>Einführung</strong> im kommunalen Umfeld gehen häufig von der operationellen<br />

Ebene aus, d.h. die projektauslösenden Ideen entstehen in und durch einzelne Mitarbeiter<br />

in Ämtern und Abteilungen. Probleme bei der Erledigung von Aufgaben oder in der<br />

Bearbeitung zunehmend umfangreicherer Informationssammlungen werden erkannt und<br />

sind Ausgangspunkt für die Suche nach zeitgemäßen Lösungen unter Nutzung der Informationstechnologie.<br />

Da die Systemeinführung Auswirkungen auf die personellen und finanziellen Ressourcen<br />

einer Kommune haben wird, darf auch eine erste, strategische Planung nur dann fortgesetzt<br />

werden, wenn auf organisatorischer und politischer Leitungsebene die Unterstützung des<br />

Vorhabens wahrscheinlich ist. Hier werden Gespräche mit weiteren Abteilungen und Leitungsgremien<br />

helfen, den Umfang des Projekts und die zu integrierenden Bereiche herauszuarbeiten.<br />

In einer Kurzanalyse wird die Situation möglichst objektiv mit den wahrgenommenen Problemfaktoren<br />

beschrieben, Problemlösungsansätze werden skizziert, Projektrisiken gegebenenfalls<br />

benannt, und der Nutzen der Problemlösung wird dargestellt. Das Ergebnis der<br />

Kurzanalyse wird als Projektantrag für die Durchführung der strategischen Planung formuliert.<br />

1 Dieses Skript orientiert wich weitgehend an einem Beitrag des Autors im Buch: Bill, R.,<br />

Seuß, R., Schilcher, M. (Hrsg.): Kommunale Geo-Informationssysteme. Basiswissen, Praxisprojekte<br />

und Trends. Wichmann-Verlag, 2002, 416 S.


2 F.-J. Behr<br />

Systemanalyse<br />

Strategische Planung<br />

Ist-Erhebung und Analyse<br />

Konzeptuelle Modellierung<br />

Fachliches Konzept<br />

IT-Konzept<br />

Kosten-Nutzen-Analyse<br />

Systemauswahl<br />

Systemausschreibung<br />

Angebotsbewertung<br />

Systemtest<br />

Bewertung,<br />

Systemempfehlung<br />

Systemeinführung<br />

Installation, Abnahme<br />

Datenerfassung / -übernahme<br />

Systembetrieb<br />

Abb. 1: <strong>Vorgehensmodell</strong> <strong>zur</strong> <strong>GIS</strong>-<strong>Einführung</strong> (nach Behr 2000). Die Projektabschnitte<br />

bauen aufeinander auf, werden vornehmlich sequentiell durchlaufen, sie können jedoch<br />

auch Rückwirkungen auf vorangegangene Abschnitte besitzen.


<strong>Vorgehensmodell</strong> <strong>zur</strong> <strong>GIS</strong>-<strong>Einführung</strong> 3<br />

2.1 Aufbau der Projektgruppe<br />

Weitere Arbeitsschritte können und sollten bereits in Form einer Projektgruppe bearbeitet<br />

werden. Für diese Form sprechen u.a. folgende Vorteile:<br />

- Fachlich wie organisatorisch-technisch tätige Mitarbeiter werden integriert.<br />

- Einzelne Schwerpunkte können durch erfahrene oder spezialisierte Mitarbeiter übernommen<br />

werden.<br />

- Angehörige verschiedener Fachbereiche und Hierarchiestufen werden involviert; das<br />

Projekt wird gemeinsam getragen und verantwortet.<br />

Die Projektgruppe kann, insbesondere bei weiteren Projektabschnitten, durch externe Berater<br />

unterstützt werden; ihr Einsatz ist häufig hilfreich, da sie<br />

- über eine große Erfahrung aus anderen Projekten verfügen,<br />

- Datenmodellierungsansätze und DV-Konzepte kennen, die als Grundlage für die eigene,<br />

konzeptionelle Arbeit dienen,<br />

- mit Objektivität organisationsinterne Vorgänge wahrnehmen, beurteilen und einen<br />

Prozess der Kooperation in Gang setzen,<br />

- vermittelnd tätig sind und die Interessenlagen unterschiedlicher Gruppen in die Konzepterstellung<br />

einfließen lassen und<br />

- den Projektablauf beschleunigen.<br />

Bei der Auswahl des Beraters sind unter anderem Kriterien wie Erfahrung, Sensibilität<br />

gegenüber den Belangen der Kommune, Verständlichkeit und Objektivität zu berücksichtigen.<br />

Die Leitung der Projektgruppe wird einem Projektleiter übertragen. Er ist Sprecher der<br />

Gruppe, trägt Verantwortung für personelle und Sachressourcen sowie die Ergebnisverantwortung.<br />

Der Erfolg oder Misserfolg eines Projekts hängt sehr stark von seiner Person ab<br />

(Litke, 1995). Die Übernahme von Aufgaben und Verantwortung setzt – neben Fachwissen,<br />

methodischer und sozialer Qualifikation – voraus, dass ihm die nötigen Kompetenzen und<br />

Zeiten zugestanden werden. Zu diesen Befugnissen gehören die Mitwirkung bei der Festlegung<br />

der Projektziele, die inhaltliche Festlegung der Projektphasen, die Mitarbeiterauswahl<br />

sowie das fachliche Weisungsrecht.<br />

Die Größe der Gruppe sollte in der Regel 6–8 Personen nicht überschreiten, da sonst Abstimmungsarbeit<br />

sowie Kommunikations- und Koordinationsprobleme die Effizienz der<br />

Zusammenarbeit in Frage stellen.<br />

2.2 Projektplanung<br />

Die Planung des Weiteren Projektablaufs ist das wichtigste Ergebnis der strategischen Planung.<br />

Projektplanung bedeutet in dem hier diskutierten Zusammenhang, das <strong>Vorgehensmodell</strong><br />

auf die Besonderheiten des Projektes anzupassen. Die Anpassung betrifft nicht nur die<br />

inhaltliche Ausgestaltung der einzelnen Projektphasen; in Abhängigkeit von institutionellen<br />

und rechtlichen Randbedingungen können auch einzelne Phasen (konzeptuelle Modellierung,<br />

Kosten-Nutzen-Analyse) entfallen.<br />

Grundlage einer Projektplanung ist das Vorliegen einer grundlegenden Aufgaben- und<br />

Zielbeschreibung, die im Rahmen der Kurzanalyse erarbeitet wurde. Die unten genannten<br />

Kriterien für eine erfolgreiche Systemeinführung können weitere Anhaltspunkte bieten:


4 F.-J. Behr<br />

- Verständnis der kommunalen Entscheidungsgremien und ihre volle Unterstützung der<br />

Ziele und Einsatzgebiete.<br />

- Konzentration auf gut ausgesuchte und gewinnbringende <strong>GIS</strong>-Anwendungsgebiete.<br />

- Die Entwicklung des <strong>GIS</strong> orientiert sich an den Bedürfnissen der Kommune anstelle des<br />

schlichten Einsatzes der EDV.<br />

- Der Aufbau der Anwendungsgebiete erfolgt geplant und schrittweise, wobei jeder<br />

Schritt hinreichend klein und einfach zu bewältigen ist.<br />

- Die Konzeptentwicklung erfolgt durch sehr DV-erfahrene Mitarbeiter.<br />

- Anerkennen der Bedeutung eines Datenmodells; die betroffenen Mitarbeiter werden völlig<br />

in die Entwicklung des Datenmodells einbezogen.<br />

- Es wird ein einheitliches Modellierungskonzept und eine einheitliche Datenbeschreibungssprache<br />

eingehalten.<br />

- Die Konvertierung der bereits vorhandenen Datenbestände wird konzeptionell<br />

berücksichtigt.<br />

- Alle Mitarbeiter werden sorgfältig gemäß ihrer Verantwortungsstufe ausgebildet.<br />

- Ein Datenbankverwalter führt nach <strong>Einführung</strong> des <strong>GIS</strong> eine straffe technische Kontrolle<br />

durch.<br />

- Den Mitarbeitern wird eine ihren Anforderungen entsprechende Zugriffs- und Auswertemö<br />

glichkeit der im <strong>GIS</strong> gespeicherten Daten geboten.<br />

- Einfachheit vor Komplexität!<br />

2.3 Zeitplanung und Projektdauer<br />

Vielfach wird für Informationssysteme die Forderung erhoben, dass die Dauer für den Aufbau<br />

eines Systems zwei Jahre nicht überschreiten sollte. Aufgrund einer sich ändernden<br />

Umwelt (veränderte politische Vorgaben, veränderte Mittelverfügbarkeit, Personalwechsel,<br />

organisatorische Änderungen, Weiterentwicklung der Informationstechnologie) wächst mit<br />

der Zeitdauer die Gefahr, dass ein Projekt nicht mehr den Anforderungen der Realität entspricht.<br />

Die Projektlaufzeit im <strong>GIS</strong>-Bereich ist in der Tat ein sehr ernst zu nehmender Faktor und<br />

überschreitet zumindest in mittleren und großen Kommunen – insbesondere bei Einbeziehung<br />

der Erfassungsphase – in der Regel die eingeplanten Zeiten. Eine Reihe von Umständen<br />

wirken sich projektverzögernd aus und sind in der Planung zu berücksichtigen:<br />

- Länge der Entscheidungswege: Sitzungen finden nur zu bestimmten Terminen statt,<br />

Mittel können nur im nachfolgenden Doppelhaushalt bereitgestellt werden und aus politischen<br />

Gründen können weitere Projektschritte für längere Zeit „auf Eis gelegt werden“.<br />

- Personalverfügbarkeit: Auch im Zusammenhang mit der Personalplanung sind zeitliche<br />

Aspekte mitzubedenken (Lösung aus bisherigen Aufgabengebieten, gleichzeitige Bearbeitung<br />

anderer Aufgaben und Projekte).<br />

- Angebotserstellung: Von Anbieterseite ist mit Fristen von zwei bis vier Monaten für<br />

Angebotserstellung sowie für die Vorbereitung eines Funktionstests zu rechnen.<br />

- Lieferfristen: Nach Auftragserteilung sind Zeitspannen für die Lieferung der Hardware,<br />

die Integration der verschiedenen Komponenten und für Softwareerstellung oder -<br />

anpassungen einzuplanen.


<strong>Vorgehensmodell</strong> <strong>zur</strong> <strong>GIS</strong>-<strong>Einführung</strong> 5<br />

2.4 Festlegung der Integrationsbereiche<br />

Welche organisatorischen Einheiten sind bei der <strong>GIS</strong>-<strong>Einführung</strong> zu integrieren? Es besteht<br />

die Gefahr, Informationsinseln zu schaffen und dabei den Vorteil der verwaltungsweiten<br />

Informationsnutzung, beispielsweise mittels Internettechnologien, zu verspielen. Abteilungsübergreifende<br />

Integration schafft die Möglichkeit, Daten zusammenzuführen und<br />

durch die gemeinsame Auswertung Synergieeffekte zu erzielen. Notwendig ist die konstruktive<br />

Zusammenarbeit der verschiedenen Einheiten. Andererseits kann eine zu starke<br />

Konzentration <strong>GIS</strong>-relevanter Aufgaben auf einen Bereich zu signifikanten Verzögerungen<br />

führen.<br />

Die gemeinsame Systemeinführung mit anderen Organisationen wie z.B. einem örtlichen<br />

Energieversorgungsunternehmen hilft, die Kostenlast auf mehrere Partner zu verteilen und<br />

führt in der Regel zu deutlichen Kostenvorteilen. Sie erfordert jedoch auch situationsspezifische<br />

Formen der Projektdurchführung, der Kommunikation und der Budgetierung. Bei der<br />

Systemauswahl gilt es, einen Kompromiss zwischen möglicherweise konkurrierenden Anforderungen<br />

zu finden. Einem Scheitern der Partnerschaft kann durch die deutliche Willenserklärung<br />

auf Führungsebene und insbesondere durch gutes Einvernehmen auf persönlicher<br />

Ebene vorgebeugt werden.<br />

2.5 Machbarkeitsprüfung<br />

Als Teil der strategischen Planung ist die grundsätzliche Machbarkeit der Systemeinführung<br />

nachzuweisen. Dafür sind verschiedene Voraussetzungen zu prüfen (Huxhold, 1995):<br />

- Institutionelle Faktoren: Die Organisation ist willens und fähig, den mit der Systemeinführung<br />

verbundenen personellen und ideellen Aufwand über einen langen Zeitraum<br />

tragen zu können. Mitarbeiter mit der notwendigen Qualifikation stehen <strong>zur</strong> Verfügung,<br />

können ausgebildet oder auf dem Arbeitsmarkt gewonnen werden. Auftretende<br />

organisatorische Änderungen werden akzeptiert und können umgesetzt werden.<br />

- Finanzielle Machbarkeit: Die für Projektdurchführung, Systembeschaffung und -betrieb<br />

geschätzten Kosten sind für das Unternehmen (zumindest während des Planungszeitraums)<br />

tragbar. Bereits erkennbare Nutzenaspekte werden berücksichtigt; eine detaillierte<br />

Kosten-Nutzen-Untersuchung wird in einer späteren Projektphase erfolgen.<br />

- Technische Machbarkeit: Die erforderliche Technologie ist verfügbar oder wird innerhalb<br />

der Projektlaufzeit verfügbar werden. Die technologische Komplexität ist aufgabenangemessen.<br />

3 Ist-Erhebung und Anforderungsanalyse<br />

Dieser Projektschritt umfasst die Erhebung aller für die Konzeptentwicklung notwendigen<br />

Informationen, insbesondere der Anforderungen der künftigen Anwender (vgl. Tabelle 1).<br />

Die Anforderungen betreffen dabei nicht nur die zu verarbeitenden Daten, sondern auch die<br />

auf ihnen ablaufenden Arbeitsvorgänge (Prozesse). Wesentliche Informationsquellen sind<br />

die Mitarbeiter, organisatorische Vorgaben, vorhandene Datensammlungen und die eingesetzten<br />

Arbeitsmittel.<br />

Die umfassende Erhebung und Analyse des Ist-Zustands bildet die Basis für alle konzeptionellen<br />

Überlegungen und Entscheidungen. Sie schafft gleichzeitig den Grundstock für die<br />

Information der Mitarbeiter und die wichtigste Möglichkeit, alle Betroffenen in einem frü-


6 F.-J. Behr<br />

hen Stadium in die Entscheidungsfindung mit einzubeziehen. Die Tätigkeiten in dieser<br />

Projektphase lassen sich den Arbeitsabschnitten Vorbereitungsphase, Erhebungsphase und<br />

Analysephase zuordnen.<br />

Tabelle 1: Zu erhebende Informationen<br />

Bereich<br />

Organisation<br />

Personal<br />

Graphische<br />

Informationsarten<br />

Alphanumerische<br />

Informationsarten<br />

(Fachdaten)<br />

Vorschriften und<br />

Normen<br />

DV-Einrichtungen<br />

Weitere<br />

Informationen<br />

Inhalte<br />

- Aufbau und Aufgaben der involvierten Abteilungen,<br />

- Schnittstellen zwischen internen und externen<br />

Organisationseinheiten,<br />

- Datenflüsse mit Mengen- und Zeitangaben,<br />

- Arbeitsabläufe mit einzelnen Arbeitsschritten und -ergebnissen,<br />

- aktueller Umfang der IT-Unterstützung,<br />

- Informationsbedarf.<br />

- Stellenbeschreibungen, Ausbildungsstand, Altersstruktur,<br />

- derzeitiger, anteiliger Zeitaufwand für die konventionelle Planwerksführung,<br />

- organisatorische Zuständigkeiten, Weisungsbefugnis,<br />

- erwarteter zukünftiger Personalbedarf.<br />

- Identifikation,<br />

- Art und Qualität des Informationsträgers,<br />

- Bezugssystem, Gebietsausdehnung,<br />

- Art der Darstellung (Katasterkarte, Übersichtsplan, ...),<br />

- Planinhalte und Plangestaltung,<br />

- Datenqualität und -aktualität,<br />

- Quellen (Datengrundlage, Vermischung, ...),<br />

- Art der Informationsweitergabe (Zuständigkeiten, Art und Häufigkeit<br />

der Nutzung).<br />

- Medium (Listen, Karteien, Dateien, Datenbanken),<br />

- Zugriffsschlüssel (Bezeichnung, Definition),<br />

- Herkunft,<br />

- Abhängigkeiten der Datensammlungen untereinander,<br />

- geführt (von - bis),<br />

- Vollständigkeit, Fortführungshäufigkeit.<br />

- organisatorische Verfügungen,<br />

- interne Zeichenvorschriften,<br />

- externe Dokumentationsvorschriften,<br />

- technische Regelwerke, DIN-Normen.<br />

- Hardwareplattformen, Betriebssysteme und Netzwerksoftware,<br />

- eingesetzte Softwarekomponenten,<br />

- Datenschnittstellen,<br />

- DV-technische Schnittstellen und Datenflüsse.<br />

- Organigramme,<br />

- Organisations- und Arbeitsanweisungen, Aufgabenverteilungspläne,<br />

- Muster von Karteien, Formularen, Listen, Reports, Plänen, Skizzen<br />

usw.


<strong>Vorgehensmodell</strong> <strong>zur</strong> <strong>GIS</strong>-<strong>Einführung</strong> 7<br />

3.1 Vorbereitungsphase<br />

Diese Phase dient der Vorbereitung der Ist- und Anforderungserhebung. Sie umfasst die<br />

Festlegung von Vorgehensweise und Erhebungstechnik sowie eine einführende, vorbereitende<br />

Sitzung der Projektteilnehmer.<br />

3.2 Erhebungsphase<br />

In der Erhebungsphase erfolgt die Informationsbeschaffung in den involvierten Fachbereichen.<br />

Nach Möglichkeit erfolgt die Erhebung in Form eines Interviews, das auf einem vorab<br />

<strong>zur</strong> Vorbereitung übergebenen Fragebogen beruht. Das Gespräch soll mit Einzelpersonen<br />

oder in Kleingruppen durchgeführt werden und ist so zu gestalten, dass Störungen<br />

durch den normalen Arbeitsbetrieb ferngehalten werden. Die Zeitdauer sollte zwei bis<br />

zweieinhalb Stunden nicht überschreiten.<br />

Die geführten Gespräche sind so zu führen, dass sich die Mitarbeiter mit ihren Anregungen,<br />

Aufgaben und Problemen verstanden und aufgenommen fühlen. So wird frühzeitig Akzeptanzproblemen<br />

vorgebeugt.<br />

Die Ergebnisse des Interviews werden im Anschluss in einem Protokoll zusammengefasst<br />

und dem Gesprächspartner <strong>zur</strong> Prüfung übermittelt. Missverständnisse werden so frühzeitig<br />

ausgeräumt und gleichzeitig die Zusammenarbeit vertieft.<br />

Die schriftliche Abfassung der Gesprächsergebnisse fördert darüber hinaus auch eine Präzisierung<br />

der Gedanken und Aussagen.<br />

3.3 Analysephase<br />

Die Analyse der Erhebungsergebnisse dient der Konsolidierung und der Gesamtschau der<br />

für die Organisation wichtigen Informationen und Beziehungen. Neben der Untersuchung<br />

personeller und finanzieller Ressourcen sowie der Unternehmenskultur (Stabilität, Innovationskraft)<br />

gilt ein Hauptaugenmerk der Analyse den alphanumerischen und graphischen<br />

Informationsarten. Eine tabellarische Form der Darstellung hilft, sich der Vollständigkeit<br />

der erhobenen Information zu vergewissern.<br />

3.4 Ergebnisdarstellung<br />

Die konsolidierten Ergebnisse werden in Form eines Ergebnisberichts zusammengestellt.<br />

Gegebenenfalls erfolgt die Präsentation der Ergebnisse vor Entscheidungsträgern. Dieser ist<br />

die Grundlage für die nachfolgenden Modellierungsschritte und umfasst folgende Inhalte:<br />

- Einleitung:<br />

- aktualisierte Gründe für die Projektdurchführung,<br />

- Verantwortlichkeiten und Zuständigkeit,<br />

- aktualisierte Zielbeschreibung,<br />

- einbezogene organisatorische Einheiten,<br />

- durchgeführte Gespräche,<br />

- Ergebnisse der Einzelerhebungen,<br />

- Analyseergebnisse für<br />

- graphische Informationsarten,<br />

- alphanumerische Informationsarten,


8 F.-J. Behr<br />

- Organisation und Personal,<br />

- Informationsflüsse und Arbeitsabläufe,<br />

- funktionale Anforderungen ...,<br />

- Darstellung und Bewertung von Risiken,<br />

- Kostenplanung,<br />

- Zeitplan.<br />

4 Konzeptuelle Modellierung<br />

Die Realisierung von <strong>GIS</strong>-Anwendungen erfordert, dass ihre wesentlichen Eigenschaften<br />

formalisiert beschrieben werden, um sie später mit den Möglichkeiten des GI-Systems<br />

implementieren und nutzen zu können. Dies geschieht durch die konzeptuelle Modellierung,<br />

ein Projektabschnitt, der in besonderem Maße gedankliche Arbeit auf abstraktem<br />

Niveau erfordert.<br />

Die Formalisierung geschieht in mehreren Schritten: dem konzeptuellen Entwurf, dem<br />

logischen Entwurf und dem Implementierungsentwurf. Aus Anwendersicht steht die konzeptuelle<br />

Modellierung im Vordergrund:<br />

1. Wir beschreiben die Elemente der im System abzubildenden Wirklichkeit (Datenmodell).<br />

Die Beschreibung umfasst die Entitäten selbst, ihre Eigenschaften und ihre Beziehung<br />

zueinander. Dabei kann es hilfreich sein, sich des Konzepts der Objektklassen zu bedienen.<br />

2. Wir formulieren graphische Darstellungsregeln für die Objektklassen (Darstellungsmodell).<br />

3. Wir definieren Arbeitsabläufe, Vorgänge und Prozesse für diese Objektklassen (Prozessmodell).<br />

Im logischen Entwurf und Implementierungsentwurf erfolgt die Übertragung und Optimierung<br />

hinsichtlich der Möglichkeiten des künftigen GI -Systems. Details werden in Behr,<br />

2000 (vgl. auch Gnägi, S. Fehler! Textmarke nicht definiert. ff.) beschrieben.<br />

Die Bedeutung dieses Projektschritts sei nochmals hervorgehoben: Die konzeptuelle Modellierung<br />

macht deutlich und legt fest, welche Informationen in den künftigen <strong>GIS</strong>-<br />

Applikationen geführt und ausgewertet werden sollen.<br />

5 Fachliche Konzeptentwicklung<br />

Die Konzeption des künftigen Zustands erfolgt zunächst in fachlicher Hinsicht. Zu den<br />

überwiegend fachlich geprägten Festlegungen zählen die Definition der benötigten Informationsprodukte<br />

sowie die organisatorische Planung der technischen und fachlichen Zuständigkeit.<br />

Durch diese Regelungen sind Änderungen in der Organisationsstruktur mö g-<br />

lich, die von geänderten Tätigkeitsbereichen und Zuständigkeiten bis zu Neueinstellungen<br />

reichen können. Durch die Planung der Qualifizierungsmaßnahmen sind die Voraussetzungen<br />

für den effekt iven künftigen <strong>GIS</strong>-Einsatz zu schaffen.


<strong>Vorgehensmodell</strong> <strong>zur</strong> <strong>GIS</strong>-<strong>Einführung</strong> 9<br />

Tabelle 2: Beschreibung des <strong>GIS</strong>-Produkts „Bestandsplan Stadtentwässerung” (Behr,<br />

2000).<br />

Lfd. Nr.: 1.2 Bestandsplan Stadtentwässerung 1:250 / 1:500<br />

Kennzeichen:<br />

Ziel:<br />

Gesetzliche<br />

Grundlage:<br />

Inhalt:<br />

geführt durch:<br />

genutzt von:<br />

Datengrundlage:<br />

ersetzt Datensammlung:<br />

<strong>GIS</strong>-<br />

Funktionen:<br />

5.1 Informationsprodukte<br />

- beliebiger Maßstab, blattschnittfrei.<br />

- aktueller, graphischer Nachweis,<br />

- Auskunft für Ämter, Firmen, Bürger,<br />

- wesentliches Hilfsmittel für Planung von Erschließungsmaßnahmen,<br />

- wesentliches Hilfsmittel für Kanalbetrieb (Instandhaltung).<br />

- WHG, ATV-Vorschriften (z.B. A145), DIN 2425 Teil 4.<br />

- Schächte (Regelschächte und Sonderschächte) mit zugehörigen<br />

Fachdaten,<br />

- Haltungen, Anschlusskanäle und Sonderbauwerke mit zugehörigen<br />

Fachdaten,<br />

- Bemaßungen,<br />

- Einzugsgebiete mit wesentlichen Kenndaten.<br />

- Tiefbauamt.<br />

- Tiefbauamt, Liegenschaftsamt, Stadtplanungsamt, Wasserwerk,<br />

verschiedene Ausschüsse, EVU, extern.<br />

- Digitale Stadtgrundkarte.<br />

- Kanalkataster, Abwasserpläne.<br />

- konstruktive Erfassung, Fortführung, Ausgabe,<br />

- Datenbereitstellung für Netzberechnung,<br />

- Netzverfolgung,<br />

- statistische Auswertungen.<br />

Als Ergebnis der vorangegangenen Projektphasen werden innerhalb der tangierten Organisationseinheiten<br />

Informationsanforderungen deutlich, denen das System durch Bereitstellung<br />

verschiedener Informationsprodukte (Planarten, Auswertemöglichkeiten usw.) Rechnung<br />

tragen muss:<br />

Traditionelle Produkte: Diese <strong>GIS</strong>-Produkte entsprechen in ihrer Erscheinung weitgehend<br />

bisherigen Informationsarten und werden diese ablösen.<br />

Neue Produkte: Durch die <strong>GIS</strong>-<strong>Einführung</strong> werden auch neue Informationsprodukte geschaffen.<br />

In diese Kategorie fallen die Resultate vielfältiger Auswerte- und Ausgabemö g-<br />

lichkeiten, Dienstleistungen und Informationen, die zeitgerecht bereitgestellt werden können,<br />

z.B. in Form von thematischen Kartierungen und statistischen Auswertungen. Viele<br />

Produkte sind nur durch die digitale Informationsauswertung zeitnah verfügbar.


10 F.-J. Behr<br />

Durch die Zusammenstellung und Beschreibung dieser Produkte – ein Beispiel zeigt Tabelle<br />

2 – werden die spätere Nutzenuntersuchung sowie die Ausschreibung vorbereitet. Die<br />

Beschreibung ist so zu halten, dass produktspezifische Eigenschaften, Einsatzmöglichkeiten<br />

und Zielsetzungen deutlich werden.<br />

Nach Systemeinführung können den einzelnen Informationsprodukten im Zuge einer Kostenrechnung<br />

Ausgaben und Einnahmen zugeordnet werden.<br />

5.2 Zuständigkeiten<br />

Im nächsten Schritt gilt es, Zuständigkeiten für die einzelnen Informationsprodukte festzulegen.<br />

Grundsätzliches Ziel muss es sein, dass die einzelnen Abteilungen entsprechend<br />

bisheriger organisatorischer Vorgaben für die Führung ihrer Daten verantwortlich bleiben.<br />

Allerdings sind dabei mehrfach geführte Daten zusammenzufassen und in die Zuständigkeit<br />

einer Stelle zu übergeben. Dabei kann zwischen fachlicher Verantwortung und praktischem<br />

Vollzug der Datenführung unterschieden werden.<br />

5.3 Stufenkonzept<br />

Für die <strong>Einführung</strong> von <strong>GIS</strong>-Applikationen und somit für die Beschaffung der <strong>GIS</strong>-<br />

Arbeitsplätze kann ein Stufenkonzept entwickelt werden. Für dieses Vorgehen können verschiedene<br />

Gründe vorliegen:<br />

Datenverfügbarkeit: In vielen Fällen ist noch von einer sukzessiven Bereitstellung der Ge o-<br />

basisdaten auszugehen, so dass die Erfassung darauf aufbauender Datenbestände nur stufenweise<br />

und mit einem gewissen zeitlichen Nachlauf erfolgen kann.<br />

Wirtschaftliche Gründe: Es wird eine Kostenverteilung über mehrere Jahre angestrebt.<br />

Organisatorische Gründe: Die <strong>Einführung</strong> verschiedener Verfahrenslösungen in einzelnen<br />

Abteilungen erfolgt in Stufen, um das Maß gleichzeitig ablaufender Änderungsprozesse zu<br />

beschränken.<br />

Strategische Gründe: Begonnen wird mit einer ersten, nutzenversprechenden Applikation<br />

(Pilotanwendung). Dazu werden die Anwendungen nach Huxhold (1995) anhand verschiedener<br />

Kriterien bewertet:<br />

- Voraussetzung für weitere <strong>GIS</strong>-Produkte bzw. Applikationen,<br />

- Datenverfügbarkeit,<br />

- Unterstützung wesentlicher Erfolgsfaktoren des Unternehmens,<br />

- erwarteter Nutzen bzw. Return on Investment,<br />

- Aufwand und<br />

- technische Risiken.<br />

Mit der Realisierung, <strong>Einführung</strong> und Nutzung der Pilotanwendung werden Erfahrungen<br />

gewonnen, die in weiteren Stufen aufgegriffen werden können.<br />

6 Informationstechnische Konzeptentwicklung<br />

Im informationstechnischen Konzept werden die fachlichen Anforderungen aufgegriffen,<br />

um sie mit den Möglichkeiten der Informationstechnologie (IT) umzusetzen.


<strong>Vorgehensmodell</strong> <strong>zur</strong> <strong>GIS</strong>-<strong>Einführung</strong> 11<br />

6.1 Komponenten<br />

Die notwendige informationstechnische Infrastruktur wird sich aus verschiedenen Komp o-<br />

nenten zusammensetzen:<br />

- Der Datenbankserver übernimmt Dienste der zentralen Speicherung, Verwaltung und<br />

Bereitstellung der Daten. Gegebenenfalls stellt er Daten für die Präsentation im Intranet<br />

oder Internet bereit. Es ist zu prüfen, ob ein in der Kommune bereits vorhandenes<br />

Serversystem für diese Aufgabe genutzt werden kann. Bei kleineren <strong>GIS</strong>-<br />

Installationen und begrenzten finanziellen Ressourcen sollte man sich nicht scheuen,<br />

den Datenbankserver gleichzeitig als graphisch-interaktiven Arbeitsplatz zu nutzen.<br />

- An einem graphisch-interaktiven Arbeitsplatz (GIAP) werden graphische Informationen<br />

erfasst, verändert und ausgegeben. Ergänzend zu der graphis chen Information werden<br />

beschreibende Fachdaten als Attribute erfasst.<br />

- Zur Auskunftserteilung, d.h. <strong>zur</strong> Bereitstellung von graphischer Information nebst zugehöriger<br />

Fachattribute, gegebenenfalls erweitert um Analysefunktionen, werden unterschiedliche<br />

Lösungskonzepte angeboten: GIAP-Lizenzen mit eingeschränkter Funktionalität,<br />

spezielle Auskunftssoftwarelösungen, kostenlose Viewer-Lizenzen, Einsatz<br />

von Desktop-Mapping-Systemen sowie Lösungen auf der Grundlage der Internettechnologie<br />

(vgl. auch Bill, S. Fehler! Textmarke nicht definiert. ff.).<br />

Mit der fortschreitenden Miniaturisierung der Hardware und der zunehmenden Verbreitung<br />

von Laptopsystemen sowie Pen-Computern gewinnt die mobile Informationserfassung und<br />

Informationsbereitstellung auch im <strong>GIS</strong>-Bereich zunehmend an Bedeutung (vgl. auch Resnik,<br />

S. Fehler! Textmarke nicht definiert. ff.).<br />

Die Systemkonfiguration erfolgt in der Regel herstellerneutral. In ihr werden die <strong>GIS</strong>-<br />

Arbeitsplätze der verschiedenen Abteilungen hinsichtlich der notwendigen Komponenten,<br />

ihres Standorts sowie ihrer Hardware- und Softwarekomponenten beschrieben.<br />

In vielen Fälle ist die Anbindung weiterer Programme oder Softwaresysteme wie zum Beispiel<br />

kaufmännischer oder administrativer Software ebenfalls zu berücksichtigen.<br />

Neben der grundsätzlichen Konzeption der Kommunikationsstruktur gilt es auch, Fragen<br />

der Systemschnittstellen, Sicherheit und Datensicherung zu bedenken. Ebenfalls werden<br />

Vorgaben für die nötige Kommunikationsinfrastruktur (Vernetzung) entwickelt, die später<br />

in die Ausschreibung einfließen. Aufgrund der Komplexität der heutigen Kommunikationstechnologie<br />

können exakte (Produkt-)Vorgaben nur durch Netzwerkspezialisten, z.B. einer<br />

zentralen DV-Abteilung, erfolgen. Stehen derartige Mitarbeiter nicht <strong>zur</strong> Verfügung, erfolgt<br />

die Anforderungsbeschreibung aus Anwendersicht. Die konkrete Netzwerkplanung und<br />

Realisierung hat dann im Vorfeld der <strong>GIS</strong>-Beschaffung durch eine auf derartige Dienstleistungen<br />

spezialisierte Firma zu erfolgen oder wird im Rahmen der <strong>GIS</strong>-Ausschreibung durch<br />

den Anbieter, eventuell in Zusammenarbeit mit einer Spezialfirma als Unterauftragsnehmer,<br />

durchgeführt.<br />

6.2 Konfigurationsalternativen<br />

Bei kleineren <strong>GIS</strong>-Installationen oder begrenzten finanziellen Ressourcen kann der Einstieg<br />

in die raumbezogene Informationsverarbeitung mit einem Arbeitsplatzrechner erfolgen, der<br />

gleichzeitig als Datenbankserver und als graphisch-interaktiver Arbeitsplatz dient. Zu bedenken<br />

ist hierbei allerdings die eingeschränkte Systemverfügbarkeit bei Ausfall des Rech-


12 F.-J. Behr<br />

ners. Bei Bedarf kann mit Ausbau der IT-Infrastruktur eine Erweiterung um weitere Arbeits-<br />

oder Auskunftsplätze erfolgen.<br />

Bei Mehrplatzlösungen, die in der Regel anzustreben sind, kann die Datenhaltung in der<br />

Kommune zentral oder gegebenenfalls auch organisationsübergreifend gemeinsam mit<br />

Partnern vorgenommen werden.<br />

6.3 Eigenentwicklung oder schlüsselfertige Lösung<br />

Die Wahl zwischen Eigenentwicklung, schlüsselfertigen Standardlösungen oder Standardlösungen<br />

mit Anpassungen kann bei komplexen Systemen wie <strong>GIS</strong> als strategische<br />

Grundsatzents cheidung mit Folgen für Personaleinsatz, Kosten und Bindungen an den<br />

Systemlieferanten angesehen werden.<br />

Bei Eigenentwicklung oder externer Auftragsentwicklung kann das Produkt gezielt auf die<br />

anwenderspezifischen Bedürfnisse hin entwickelt werden. Später kann eine rasche Anpassung<br />

an dynamische Änderungen innerhalb des Unternehmens erfolgen. Es entstehen ggf.<br />

Kosten für Entwicklungswerkzeuge und -lizenzen sowie für die Qualifizierung und Einarbeitung<br />

der Mitarbeiter. Im Bereich von Desktop-Mapping-Systemen ist jedoch gegenüber<br />

„großen“ GI -Systemen mit geringerem Aufwand zu rechnen.<br />

Für die Übernahme von Standardanwendungen bzw. Anwendungslösungen anderer Unternehmen<br />

oder Anwendergemeinschaften sprechen Zeit-, Kosten- und Qualitätsvorteile sowie<br />

eine gewisse Zukunftssicherheit. Hierbei sind allerdings Abstriche bezüglich des selbst<br />

entwickelten Datenmodells unumgänglich. Steht bereits zu einem frühen Projektzeitpunkt<br />

die Entscheidung <strong>zur</strong> Nutzung von Standardanwendungen fest, kann gegebenenfalls auf den<br />

Projektabschnitt „Konzeptuelle Modellierung“ gänzlich verzichtet werden.<br />

Eine Alternative stellt die Standardlösung mit Anpassungen dar. Hier dürfen jedoch die<br />

Zeitdauer für die Softwaremodifikation sowie die Kosten für Anpassung und Softwarepflege<br />

nicht unterschätzt werden.<br />

6.4 Sicherheitskonzept, Datensicherungskonzept<br />

Das informationstechnische Konzept wird auch Vorgaben <strong>zur</strong> Sicherheit von Hard- und<br />

Software beinhalten. Das Sicherheitskonzept dient der Verhinderung von Fehlern und der<br />

Reduzierung der Auswirkungen von fahrlässigen und kriminellen Handlungen, Software<br />

und Hardwarefehlern sowie äußeren Einflüssen. Störungen kann durch organisatorische,<br />

bauliche und technische Maßnahmen vorgebeugt werden. Grundlegende Informationen zu<br />

diesem Themenkomplex werden vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik<br />

bereitgestellt (BSI, 2002).<br />

Der Beitrag des Datensicherungskonzeptes <strong>zur</strong> Sicherheit des Systems ist die Festlegung<br />

eines Verfahrens, das Daten und Software bei Ausfall oder Zerstörung auf einem möglichst<br />

aktuellen Stand wiederherstellt (restauriert). Die Sicherung kann lokal an den einzelnen<br />

Arbeitsplätzen oder zentral erfolgen. Generell gilt, dass mit den heute verfügbaren Kommunikationseinrichtungen<br />

eine einheitliche und zentral gesteuerte Datensicherung technisch<br />

möglich ist, insbesondere, wenn es sich um eine homogene DV-Umgebung handelt. Sie<br />

bietet sich in Organisationen mit zentraler DV-Stelle an. Das Konzept entlastet die Fachabteilung<br />

von Sicherungsarbeiten. Um die Netzbelastung bei zentraler Sicherung möglichst


<strong>Vorgehensmodell</strong> <strong>zur</strong> <strong>GIS</strong>-<strong>Einführung</strong> 13<br />

gering zu halten, werden die Sicherungen während der Nachtstunden automatisiert durchgeführt.<br />

Bei Ausfall des Netzwerks oder des Servers können die Systeme direkt lokal gesichert<br />

und ggf. die Daten restauriert werden.<br />

7 Kosten-Nutzen-Betrachtung<br />

7.1 Nutzenaspekte – Wegweiser für die <strong>GIS</strong>-<strong>Einführung</strong><br />

Aufgrund des hohen Investitionsbedarfs der <strong>GIS</strong>-<strong>Einführung</strong> werden Kriterien <strong>zur</strong> Beurteilung<br />

dieser Entscheidung benötigt. Daher ist die Betrachtung von Kosten und Nutzen im<br />

Rahmen des hier vorgestellten Phasenmodells von besonderer Bedeutung. Dazu muss sich<br />

die Nutzenermittlung auf eine umfangreiche Befragung der einzelnen Organisationseinheiten<br />

stützen. Auch bei monetär nur schwer bewertbaren Nutzenaspekten ist hierbei eine<br />

quantifizierende Aussage erreichbar.<br />

Anforderungsanalyse<br />

Informationsprodukte<br />

Sitzung / <strong>Einführung</strong><br />

Nutzenerhebung<br />

Dokumentation<br />

Nutzenmodell<br />

Kostenmodell<br />

Kosten-Nutzen-Analyse<br />

Systeminstallation<br />

Nutzenmanagement<br />

Abb. 2: Vorgehen bei der Kosten-Nutzen-Untersuchung<br />

Es lassen sich NutzenPotenziale in vier verschiedenen Kategorien unterscheiden (Beispiele<br />

zu den verschiedenen Nutzkategorien sind in Behr, 2000 detailliert zusammengestellt):<br />

- Ein quantifizierbarer Nutzen ergibt sich durch Einsparung in den Bereichen, in denen<br />

bislang Kosten entstehen. Dies gilt insbesondere für die mögliche Reduzierung des


14 F.-J. Behr<br />

Arbeitsaufwands durch Erhöhung der Produktivität, Beschleunigung von Arbeitsabläufen,<br />

Reduzierung des Arbeitsvolumens etc.<br />

- Der operationelle Nutzen eines <strong>GIS</strong> liegt in der wirkungsvollen Unterstützung der Arbeitsprozesse.<br />

Er entspricht einer Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Organisation<br />

durch höheren Personaleinsatz, beispielsweise durch Erhöhung der Qualität, Verbesserung<br />

der Aktualität, Verknüpfung von Informationen, rechtzeitige Bereitstellung von<br />

Information, Benutzerfreundlichkeit, Erstellung von thematischen Karten, flexible<br />

Ausschnitts - und Maßstabswahl, Vermögensberechnung oder beschleunigte Auskunftserteilung.<br />

- Wirtschaftlichkeitserwägungen müssen auch strategische Aspekte berücksichtigen, die<br />

sich spezifisch aus den Unternehmenszielen abgeleiten. Beispiele für strategische Nutzenaspekte<br />

sind u.a. die Realisierung technologisch bedingter Änderungen, die<br />

Vereinheitlichung von Datenbeständen, die Optimierung von Geschäftsprozessen<br />

(Neuplanung, Investitionsmittelplanung), eine positivere Außendarstellung (Internet)<br />

oder die Erfüllung politischer Auflagen und Zie lsetzungen.<br />

- Externer Nutzen ergibt sich für Ämter, die nicht unmittelbar durch die <strong>GIS</strong>-<strong>Einführung</strong><br />

betroffen sind, für Bürger, die Nutzen aus einer intensivierten, neuen oder beschleunigt<br />

erbrachten Dienstleistung ziehen, für Planungsbüros durch bessere Planungsunterlagen<br />

sowie für weitere staatliche Organisationen.<br />

Als Ergebnis der Nutzenerhebung liegen konkrete, auf den Aussagen der Fachabteilungen<br />

basierende Zahlen vor. Der so monetär bewertete Nutzen wird den mit der <strong>GIS</strong>-<strong>Einführung</strong><br />

verbundenen Kosten in einer Kosten-Nutzen-Analyse gegenübergestellt (Abb. 3).<br />

7.2 Quantifizierung von Nutzenaspekten<br />

Jede involvierte Organisationseinheit muss zu jedem Informationsprodukt für jede Nutzenkategorie<br />

eine spezifische Schätzung in Hinblick auf die Erfüllung derzeitiger und künftig<br />

zu erwartender Aufgaben abgeben.<br />

Die Angabe des Nutzens erfolgt direkt in monetären Einheiten oder – falls sich eine Arbeitsersparnis<br />

leichter ausdrücken lässt – in Stunden pro Zeiteinheit. Wesentlich ist, dass<br />

für alle Nutzenkategorien eine quantifizierende Schätzung geschieht.<br />

Durch die Fachabteilungen ist anzugeben, wodurch der jeweilige Nutzen entsteht. Zu berücksichtigen<br />

sind auch zyklisch auftretende Nutzen (z.B. Vorbereitung von Ausschusssitzungen,<br />

Erstellung von Jahresstatistiken). Bei Bedarf können die Angaben durch zusätzliche<br />

Anmerkungen ergänzt werden, z.B. bezüglich zusätzlicher, einmaliger Nutzenaspekte.<br />

Hierbei wird deutlich, welche Arbeitsabläufe und -prozesse durch das <strong>GIS</strong> Unterstützung<br />

erfahren sollen.<br />

7.3 Kosten<br />

Es ist wesentlich, die verschiedenen Kostenstellen für Investition, laufenden Betrieb und<br />

Reinvestition zu kennen, um eine realistische Schätzung der Gesamtkosten zu erhalten.<br />

Kosten treten in Abhängigkeit von der Art des Projekts in folgenden Bereichen auf (vgl.<br />

Abbildung 3):<br />

- Projektmanagement: Kosten für interne und externe Projektmitarbeiter, für anfallende<br />

Beratungs-, Koordinierungs-, Kontroll- und Leitungsaufgaben.


<strong>Vorgehensmodell</strong> <strong>zur</strong> <strong>GIS</strong>-<strong>Einführung</strong> 15<br />

- Hardware: Dazu zählen <strong>GIS</strong>-Arbeitsplätze einschließlich der nötigen Peripheriegeräte,<br />

Server-Rechner, Ausgabegeräte einschließlich Installation. Die Hardwarewartung beinhaltet<br />

die Sicherstellung der Hardwarefunktionalität durch kurzfristige Reparatur<br />

sowie Ersatz gestörter Bauteile. Die Kosten eines solchen Wartungsvertrags betragen<br />

je nach Leistungsumfang 5 % bis 20 % der Anschaffungskosten pro Jahr. Dabei kann<br />

die zugesagte Reaktionszeit zwischen Anwenderanfrage und Herstellerunterstützung<br />

deutliche Kostenunterschiede verursachen.<br />

- Software: Es fallen Kosten für Betriebssystem, <strong>GIS</strong>-Basissystem, Datenhaltungssystem,<br />

Anwendungspakete, notwendige Modifikationen und Datenkonvertierungsprogramme<br />

an. Die Softwarewartung umfasst, je nach vertraglicher Regelung, die Bereitstellung<br />

von Korrekturen (bug fixes) oder Weiterentwicklungen der gelieferten Software sowie<br />

die Aktualisierung der Dokumentation. Die Kosten eines solchen Wartungsvertrages<br />

umfassen etwa 12 – 20 % der Lizenzkosten pro Jahr. Zumeist ist telefonische Unterstützung<br />

(Hotline) inbegriffen.<br />

- Kommunikationskomponenten: Hier sind Kosten für Übertragungseinrichtungen, Installationskosten<br />

und Netzwerksoftware (einschließlich Pflegekosten!) zu erwarten.<br />

- Systembetrieb: Neben Pflege- und Wartungskosten entstehen Kosten für Systembetreuung,<br />

Anwenderunterstützung, Installation neuer Versionen, Energie und Ve rbrauchsmaterialien<br />

wie Plotterpapier.<br />

- Datenersterfassung: Je nach Art der Datenersterfassung können verschiedene Kostenkomponenten<br />

für Prüfung und Strukturierung der Erfassungsunterlagen, Datenerfassung,<br />

Vor-Ort-Erhebung und Einmessung, externe Datenerfassung einschließlich<br />

Qualitätskontrolle der erfassten Daten usw. auftreten. Für die Datenfortführung ist mit<br />

ähnlichen Kostenkomponenten wie bei der Ersterfassung zu rechnen.<br />

- Ausbildung: Schulungsbedarf wird sich kontinuierlich entsprechend den für die einze l-<br />

nen Zielgruppen geplanten Ausbildungsvorhaben ergeben.<br />

Kostenanteile <strong>GIS</strong> Stadtverwaltung<br />

Anteil<br />

200.000<br />

180.000<br />

160.000<br />

140.000<br />

120.000<br />

100.000<br />

80.000<br />

60.000<br />

40.000<br />

20.000<br />

0<br />

2002<br />

2003<br />

2004<br />

2005<br />

2006<br />

2007<br />

2008<br />

2009<br />

2010<br />

2011<br />

Datenersterfassung<br />

ALB-Aktualisierung<br />

ALB-Erstübernahme<br />

ALK-Aktualisierung<br />

Systembetreuung<br />

Ausbildung<br />

HW-Wartung<br />

HW-Investitionskosten<br />

SW-Wartung<br />

Lizenzkosten<br />

Jahr<br />

Abb. 3: Kostenanteile bei einer kommunalen <strong>GIS</strong>-<strong>Einführung</strong> (Angaben in Euro, Kommune,<br />

ca. 45.000 Einwohner)


16 F.-J. Behr<br />

7.4 Kosten-Nutzen-Analyse<br />

In die Kosten-Nutzen-Analyse werden die geschätzten Kosten und die monetären Ergebnisse<br />

der Nutzenanalyse einbezogen und für eine Durchschnittsperiode von beispielsweise 10<br />

Jahren gegenübergestellt (Behr, 2000, Seite 220). Break-even-point und andere betriebswirtschaftliche<br />

Parameter können so ermittelt werden. Kürzere Perioden erscheinen bei der<br />

<strong>GIS</strong>-<strong>Einführung</strong> wenig sinnvoll, da in den ersten Jahren erfahrungsgemäß ein sehr hoher<br />

Kapitaleinsatz für die Datenersterfassung benötigt wird und der Nutzen erst nach einer<br />

gewissen Anlaufzeit zum Tragen kommt. Dabei ist jedoch ebenfalls zu berücksichtigen,<br />

dass die Lebensdauer einer Hardwaregeneration nur ca. 3–5 Jahre beträgt und entsprechend<br />

Neubeschaffungen innerhalb der Periode zu tätigen sind.<br />

8 Systemauswahl<br />

8.1 Ausschreibung und Pflichtenheft<br />

Durch die Ausschreibung werden Systemanbieter aufgefordert, Angebote für Hardware,<br />

Software und zugehörige Dienstleistungen gemäß den in der Ausschreibung genannten<br />

Spezifikationen ein<strong>zur</strong>eichen. In dieser Projektphase werden im Wesentlichen zwei Dokumente<br />

entwickelt: der Ausschreibungstext und das Pflichtenheft.<br />

- Der Ausschreibungstext umfasst u.a. Angaben <strong>zur</strong> ausschreibenden Stelle, zum organis a-<br />

torischen Umfeld, <strong>zur</strong> Anwendungsumgebung und enthält Mengengerüste, zeitliche<br />

Vo rgaben und Vertragsbedingungen. Die Gliederung dieses Dokuments kann sich an<br />

den Vorgaben der Koordinierungs- und Beratungsstelle der Bundesregierung für Informationstechnik<br />

in der Bundesverwaltung (KBSt, 1988) orientieren. Für den öffentlichen<br />

Dienst ist die Verdingungsordnung für Leistungen (VOL) verbindlich. Vorgaben<br />

sind beispielhaft auch in Behr (2000) zusammengefasst.<br />

- Das Pflichtenheft stellt eine vollständige und detaillierte Beschreibung aller geforderten<br />

Funktionen und Leistungen des zu beschaffenden oder zu entwickelnden Systems dar.<br />

Der Systementwurf und die geplante Technologie sind aus Anwendersicht zu dokumentieren.<br />

Dem Pflichtenheft kommt vielfältige Bedeutung zu: Es ist Teil der Ausschreibungsunterlagen,<br />

dient als Vorlage für die Strukturierung der Angebote und bildet<br />

die Grundlage von Kriterienkatalogen für Systemtest und Angebotsbewertung.<br />

Nach der Systementscheidung wird es Grundlage für den Vertragsabschluss, Teil des<br />

Vertrags oder Spezifikation für einen Werkvertrag sein. Ein wesentlicher Zweck besteht<br />

auch darin, Konflikte und Missverständnisse zwischen Auftraggeber und Anbieter<br />

zu vermeiden.<br />

8.2 Anwenderbefragung<br />

Ergänzend können Anwenderbefragungen in vergleichbaren Kommunen wichtige Entscheidungshilfe<br />

bei der Vorauswahl und bei der Systementscheidung liefern. Als Bestandteil<br />

des Angebots sollte deshalb immer auch eine Referenzliste vorhandener Systeminstallationen<br />

gefordert werden. Es reicht jedoch nicht aus, sich von einer großen Anzahl aufgeführter<br />

Referenzen beeindrucken zu lassen; Ziel muss es sein, über diese Liste Kontakt zu<br />

Anwendern zu suchen und sich die dortigen Systeminstallationen zeigen zu lassen. Um den<br />

Wert von Aussagen einschätzen zu können, ist es wichtig zu erfahren, wie lange sich das


<strong>Vorgehensmodell</strong> <strong>zur</strong> <strong>GIS</strong>-<strong>Einführung</strong> 17<br />

System bereits im produktiven Einsatz befindet und wie groß der Umfang der bereits erfassten<br />

Daten ist.<br />

8.3 Angebotsbewertung<br />

Befragungen und Vorführungen sind nützlich, um Informationen über Leistungsmerkmale<br />

des Systems und über die Erfahrungen bezüglich Kundenunterstützung durch den Anbieter<br />

zu erhalten. Anwenderaussagen allein sind jedoch keine Gewähr für eine verlässliche, auf<br />

die spezifischen Bedürfnisse zugeschnittene Aussage. Dazu wird eine objektive, auf Bewertungskriterien<br />

und Gewichten basierende Methode <strong>zur</strong> detaillierten Bewertung der Angebote<br />

eingesetzt. Es werden folgende Schritte durchgeführt:<br />

- Festlegung von Kriteriengruppen (Hardware, Betriebssystem, Datenhaltung, <strong>GIS</strong>-<br />

Basissystem, Vernetzungskonzept usw.) und zugehörigen Gewichten. Die Kriterien<br />

beruhen auf den Inhalten des Pflichtenhefts.<br />

- Festlegung von Einzelkriterien und Gewichten für die angebotenen Leistungen. Die genaue<br />

Festlegung sollte durch die betroffenen Organisationseinheiten mitbestimmt und<br />

mitgetragen werden.<br />

- Auswertung der Angebote anhand der Kriterienliste durch die Projektmitarbeiter. Krit i-<br />

sche, nicht eindeutig bewertbare Angebotspositionen werden gesammelt und in der<br />

Projektgruppe besprochen.<br />

- Gegebenenfalls Durchführung einer Sensitivitätsanalyse.<br />

- Erstellung einer Rangfolge und Präsentation der Ergebnisse als Empfehlung für die<br />

Durchführung des Systemtests.<br />

Die Bewertung erfolgt zunächst ohne Berücksichtigung der Kosten; diese werden erst in<br />

einem weiteren Schritt herangezogen. Dazu ist es oft notwendig, die Angebote hinsichtlich<br />

der Kosten vergleichbar zu machen, beispielsweise wenn bei einzelnen Anbietern zusätzliche<br />

oder deutlich leistungsfähigere Komponenten im angegebenen Gesamtpreis enthalten<br />

sind.<br />

8.4 Systemtest<br />

In der Angebotsbewertung werden die Aussagen der Systemanbieter hinsichtlich der im<br />

Pflichtenheft geforderten Systemeigenschaften und Funktionen bewertet. Es zeigt sich<br />

jedoch, dass dies häufig nicht ausreicht, um eine verläßliche Beurteilung der Systeme abgeben<br />

zu können. Deshalb werden in einem weiteren Schritt die in die engere Wahl gezogenen<br />

Systeme einem Systemtest unterzogen. Als Inhalt des Systemtests werden durch die<br />

Projektgruppe eine Reihe von Aufgaben formuliert. Diese repräsentieren Anforderungen,<br />

die im Rahmen der Ist-Untersuchung und bei Entwicklung der Sollkonzeption deutlich<br />

wurden. Durch klare Vorgaben und Aufgaben ist das Abgleiten des Systemtests in eine<br />

Produktvorführung nach Gutdünken des Anbieters zu verhindern. Der Aufwand des Systemtests<br />

ist dem Umfang der Ausschreibung entsprechend zu gestalten.<br />

8.5 Systementscheid<br />

Der Systementscheid erfolgt anhand der Ergebnisse der Detailbewertung, Anwenderbefragungen<br />

und der Systemtests. Der Entscheidungsvorschlag ist den Entscheidungsträgern<br />

vorzulegen. Bei Bedarf kann der Beschaffungsentscheid durch eine Vorführung des empfohlenen<br />

Systems unterstützt werden. Nach erfolgtem Entscheid erfolgt der Zuschlag.


18 F.-J. Behr<br />

8.6 Vertragsgestaltung<br />

In einem Vertragswerk müssen nun die Abnahmebedingungen, die Systembetreuung und<br />

eventuell Vertragsstrafen vereinbart werden (DVGW, 1990), soweit nicht hierfür bereits die<br />

Aussagen der Ausschreibung herangezogen werden. Vereinbarungen können ebenfalls<br />

zugesagte Anwortzeiten, Verfügbarkeitszusagen, zugesagte kostenlose Unterstützung bei<br />

der Systemanpassung (Anwendungsentwicklung) oder weitere Zusagen betreffen. In den<br />

Vertrag sollten auch alle sonstigen Punkte mit aufgenommen werden, die sich aus dem<br />

Systemtest in Hinblick auf das Angebot ergeben haben.<br />

9 Systemeinführung<br />

Nach dem Entscheid beginnt die Phase der Systemeinführung. Nun gilt es, die geplanten<br />

und verabschiedeten Systemeigenschaften gemeinsam mit dem Systemlieferanten in die<br />

Wirklichkeit umzusetzen. In der Regel wird man dem geplanten System in Schritten nahekommen,<br />

sei es durch ein detailliertes Feinpflichtenheft, durch Anwendungsprototypen<br />

oder durch eine Pilotapplikation, über die Erfahrungen gesammelt und erste Nutzeneffekte<br />

erzielt werden können.<br />

Weitere Schritte innerhalb dieser Projektphase sind der Probebetrieb, die Systemabnahme<br />

und der sich anschließende Gewährleistungszeitraum.<br />

Der Probebetrieb dient dem Nachweis der geforderten Systemmerkmale und erfolgt unter<br />

betriebsmäßigen Bedingungen mit bestimmter Dauer. Er gilt als bestanden, wenn das System<br />

über den vereinbarten Zeitraum alle Funktionen mit den im Vertrag geforderten Leistungsmerkmalen<br />

erfüllt. Bei wesentlichen Mängeln, die die Funktionsfähigkeit in Frage<br />

stellen, erhält der Auftragnehmer eine angemessene Frist <strong>zur</strong> Beseitigung der Mängel. Anschließend<br />

liegt es im Ermessen des Auftraggebers, ob er den Probebetrieb neu beginnt.<br />

Die Abnahme des Gesamtsystems erfolgt nach erfolgreich abgeschlossenem Probebetrieb<br />

und umfasst alle Systemkomponenten. Dazu erfolgt durch die Projektgruppe eine Festlegung<br />

und Klassifizierung der Abnahmekriterien auf der Basis des Pflichtenhefts. Wird im<br />

Abnahmeprotokoll die Funktionsfähigkeit des Gesamtsystems bzw. die Erfüllung der zugesicherten<br />

Systemeigenschaften bestätigt, beginnt die Gewährleistungszeit. Für die während<br />

der Abnahme erkannten Mängel erhält der Auftragnehmer eine angemessene Frist <strong>zur</strong><br />

Nachbesserung, die jedoch die Dauer eines Monats nicht überschreiten sollte.<br />

Während der Gewährleistungsfrist ist das System <strong>zur</strong> Wahrung von Rechtsansprüchen<br />

systematisch zu prüfen und zu nutzen. Erkannte Fehler sind zu dokumentieren und dem<br />

Systemlieferanten <strong>zur</strong> Beseitigung mitzuteilen.<br />

10 Datenübernahme und Datenerfassung<br />

In vorangegangenen Projektschritten wurden Anforderungen erfasst und Informationsprodukte<br />

definiert, die zu dezidierten Datenanforderungen führen. Es sind Wege festzulegen,<br />

wie die notwendigen Daten bereitgestellt werden können. Hierbei steht die Konvertierung<br />

bereits vorhandener, eigener Daten im Vordergrund, für die verschiedene Techniken <strong>zur</strong><br />

Verfügung stehen, wie sie beispielsweise in Behr (2000, Seite 262-290) beschrieben sind.<br />

Eine Prioritätenreihenfolge für die einzelnen Daten ist festzulegen.


<strong>Vorgehensmodell</strong> <strong>zur</strong> <strong>GIS</strong>-<strong>Einführung</strong> 19<br />

Alternativ dazu besteht die Möglichkeit, kommerziell verfügbare, digitale Daten zu beschaffen.<br />

Hier sind zunächst die Datenangebote im Bereich der öffentlichen Vermessungsverwaltungen<br />

zu nennen (ALK, ALB, ALKIS, ATKIS, vgl. auch Limmert, S. 20 ff. und<br />

Borchert/Mause, S. Fehler! Textmarke nicht definiert. ff.) sowie die Angebote kommerzieller<br />

Anbieter (vgl. auch Bernhardt, S. Fehler! Textmarke nicht definiert. ff.). In manchen<br />

Fällen wird die Neuerhebung benötigter Informationen beispielsweise durch Vermessung<br />

oder photogrammetrische Auswertung nötig werden.<br />

11 Systembetrieb<br />

Das System ist installiert, der Aufbau der Datenbank im Gange oder bereits abgeschlossen.<br />

Die Inhalte des fachtechnischen und informationstechnischen Entwurfs sind, soweit noch<br />

nicht geschehen, in die betriebliche Wirklichkeit und Wirksamkeit umzusetzen. <strong>GIS</strong>-<br />

Installationen sind jedoch nicht statisch, sondern erfordern Pflege, sind aktiv dem sich ändernden<br />

Umfeld anzupassen und weiterzuentwickeln. Im Sinne einer Post-Evaluation ist zu<br />

prüfen, in welchem Maße die prognostizierten Nutzenaspekte erreicht werden können,<br />

welche Informationsprodukte am meisten nachgefragt werden und welche Möglichkeiten<br />

der Optimierung erkennbar sind. Nach einigen Jahren des Betriebs kann ein Systemwechsel<br />

notwendig werden.<br />

11 Literatur<br />

Die Zitate beziehen sich auf Beiträge in dem Buch:<br />

Bill, R., Seuß, R., Schilcher, M. (Hrsg.): Kommunale Geo-Informationssysteme. Basiswissen,<br />

Praxisprojekte und Trends. Wichmann-Verlag, 2002, 416 S.

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