Kurzbericht Inbetriebnahme des Lötschberg ... - Kanton Bern
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Wirtschafts- und<br />
Sozialwissenschaftliche Fakultät<br />
Forschungsinstitut für<br />
Freizeit und Tourismus (FIF)<br />
Definitiver Schlussbericht<br />
<strong>Inbetriebnahme</strong> <strong>des</strong><br />
<strong>Lötschberg</strong>-Basistunnels<br />
(IBN LBT)<br />
Chancen und Risiken<br />
für den Tourismus im <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong><br />
Auftraggeber<br />
Auftragnehmer<br />
Projektleitung<br />
Sachbearbeitung<br />
beco <strong>Bern</strong>er Wirtschaft<br />
Universität <strong>Bern</strong><br />
Forschungsinstitut für Freizeit und Tourismus<br />
(FIF)<br />
Hansruedi Müller, Prof. Dr.<br />
Tina Müller, lic.rer.pol.<br />
<strong>Bern</strong>, 21. Juni 2006<br />
Forschungsinstitut für<br />
Freizeit und Tourismus (FIF)<br />
Schanzeneckstrasse 1<br />
Postfach 8573<br />
CH-3001 <strong>Bern</strong><br />
Tel +41 (0)31 631 37 11<br />
Fax +41 (0)31 631 34 15<br />
fif@fif.unibe.ch<br />
www.fif.unibe.ch<br />
1
Inhaltverzeichnis<br />
Zusammenfassung 3<br />
1. Ausgangslage, Zielsetzungen und Vorgehen 7<br />
2. Konsequenzen der <strong>Inbetriebnahme</strong> <strong>des</strong> <strong>Lötschberg</strong>-Basistunnels 9<br />
(IBN LBT) für den Tourismus im <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> – Auswertung<br />
<strong>des</strong> Berichts „Ecoplan/Metron“<br />
2.1 Veränderung der Erreichbarkeit gemäss Bericht „Ecoplan/Metron“ 9<br />
2.2 Volkswirtschaftlichen Auswirkungen gemäss Bericht „Ecoplan/Metron“ 9<br />
2.3 Einfluss auf einzelne Tourismusregionen im <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> gemäss 9<br />
Bericht „Ecoplan/Metron“<br />
3. Interpretationen der Konsequenzen der IBN LBT für den Tourismus 12<br />
im <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> – Einschätzungen FIF<br />
3.1 Einschätzungen der Konsequenzen auf die touristischen Regionen 13<br />
3.2 Zu berücksichtigende Trends im Aufenthalts- und Ausflugstourismus 14<br />
4. Chancen und Risiken für den Tourismus im <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> 16<br />
4.1 Allgemeine Vorbemerkungen 16<br />
4.2 Chancen der IBN LBT für den Tourismus im <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> 16<br />
4.2.1 Wettbewerbs- resp. Standorteffekte 16<br />
4.2.2 Erreichbarkeit und Quellmärkte 17<br />
4.2.3 Kommunikation und Image 17<br />
4.3 Risiken der IBN LBT für den Tourismus im <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> 18<br />
4.3.1 Wettbewerbs- resp. Standorteffekte 18<br />
4.3.2 Erreichbarkeit und Quellmärkte 19<br />
4.3.3 Kommunikation und Image 19<br />
5. Handlungsempfehlungen 21<br />
5.1 Ebene Destination und Leistungsträger 21<br />
5.2 Regionale Ebene 22<br />
5.3 <strong>Kanton</strong>ale Ebene 22<br />
Literaturverzeichnis 24<br />
Anhang 25<br />
2
Zusammenfassung<br />
Ausgangslage und Zielsetzungen<br />
Die <strong>Inbetriebnahme</strong> <strong>des</strong> <strong>Lötschberg</strong>-Basistunnels (IBN LBT) per Dezember 2007 führt zu<br />
grossen Änderungen im Schienenverkehr auf der <strong>Lötschberg</strong>achse, wobei der <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong><br />
und seine Regionen als Wirtschafts- und Wohnstandorten direkt betroffen sind.<br />
Aufgrund einer Motion <strong>des</strong> Grossen Rats sollen die Chancen und Risiken der IBN LBT überprüft<br />
werden, was von Ecoplan/Metron übernommen wurde. Der Bericht von Ecoplan/Metron<br />
befasst sich allgemein mit den volkswirtschaftlichen Auswirkungen <strong>des</strong> <strong>Lötschberg</strong>-<br />
Basistunnels auf den <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong>.<br />
Das Forschungsinstitut für Freizeit und Tourismus (FIF) überprüfte auf Basis der Studie von<br />
Ecoplan/Metron, die Einflüsse der IBN LBT auf den Tourismus im <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong>. In dem vorliegenden<br />
Bericht wurden<br />
die Chancen und Risiken der IBN für den Tourismus (Aufenthalts- und Ausflugstourimus)<br />
im <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> untersucht und<br />
Handlungsempfehlungen formuliert, um Chancen zu nutzen und Risiken zu vermeiden.<br />
Vorgehen<br />
Erstens wurden die touristischen Aspekte <strong>des</strong> Berichts von Ecoplan/Metron ausgewertet.<br />
Dann wurden Interpretation und Einschätzungen mit Hilfe von Expertengesprächen auf<br />
Chancen und Risiken überprüft und daraus Handlungsempfehlungen abgeleitet.<br />
Ecoplan/Metron zeigen folgende Auswirkungen der IBN LBT auf:<br />
Volkswirtschaftliche Auswirkungen der IBN LBT sind insgesamt gering<br />
Bedeutende Standortgunstnachteile für den <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong>, falls LBT nicht gebaut<br />
Standortvorteile durch Reisezeitverkürzung zwischen den <strong>Kanton</strong>en Wallis und <strong>Bern</strong> ändern<br />
sich nur wenig<br />
Geringe Umsatzveränderungen durch mehr oder weniger Touristen<br />
Chancen und Risiken liegen in den „flankierenden Massnahmen“ zur IBN LBT<br />
Die von Ecoplan/Metron dargestellten Konsequenzen auf die einzelnen Tourismusregionen<br />
sind folgende: Spiez und westliches Oberland werden positiv beeinflusst. Das östliche Oberland<br />
wird geringfügige negative Auswirkungen haben. Adelboden – Frutigen und <strong>Lötschberg</strong><br />
werden die spürbarsten touristischen Einbussen in Kauf nehmen müssen. Dabei ist Frutigen<br />
am stärksten betroffen, gefolgt von Kandersteg. Adelboden ist kaum betroffen. Städte <strong>Bern</strong><br />
und Thun profitieren leicht. <strong>Kanton</strong> Wallis wird stark von der IBN LBT profitieren.<br />
FAZIT: Ecoplan/Metron schliesst aus der Analyse, dass auf kantonaler Ebene kein unmittelbarer<br />
Handlungsbedarf besteht. Trotzdem sollte der <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> besonders die Chancen,<br />
aber auch die Risiken der IBN LBT nicht unterschätzen.<br />
Bei den Einschätzungen <strong>des</strong> FIF wird darauf hingewiesen, dass die Auswirkungen der IBN<br />
LBT auf den Tourismus im <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> variieren können je nach Konzept, das der Studie<br />
zugrunde liegt. Die Berechnungen von Ecoplan/Metron basieren auf der Fahrverkehrsplanung<br />
2008. Die für den Tourismus relevanten Zahlen wurden mit verschiedenen Experten<br />
diskutiert und als nachvollziehbar und plausibel befunden. Wie Ecoplan/Metron bereits erwähnte,<br />
sind die verstärkten Verkaufanstrengungen wichtiger als die rein auf die Reisezeitveränderungen<br />
zurückzuführenden Effekte. Unter Berücksichtigung verschiedener qualitativer<br />
Aspekte sind die Einschätzungen der Grundtendenzen folgende:<br />
Spiez/ westliches Oberland: Spiez hat eine strategisch interessante Lage und könnte die<br />
NEAT als Plattform nutzen, um sich neu zu positionieren. Das westliche Oberland hat mit<br />
Gstaad eine attraktive touristische Destination. Die Region wird durch die Verbesserung<br />
3
der Erreichbarkeit profitieren, evtl. sogar mehr als die zahlenmässige Veränderung zu<br />
vermuten lässt.<br />
Östliche Oberland könnte möglicherweise von der Entwicklung profitieren und mehr Ankünfte<br />
generieren. Interlaken und die Jungrauregion könnten indirekt das Vermarktungspotenzial<br />
der Anbindung an das internationale Hochgeschwindigkeitsnetz nutzen. Hingegen<br />
rücken die Walliser Destinationen in vergleichbare Distanz und könnten das Jungfraugebiet<br />
konkurrenzieren.<br />
Adelboden – Frutigen und <strong>Lötschberg</strong> werden Einbussen hinnehmen müssen, falls sie<br />
nicht entgegenwirkende Massnahmen ergreifen und versuchen den Besucher über den<br />
Berg und in die Destinationen zu locken. Interessant wären Kombinationsangebote mit<br />
dem Wallis (z.B. Hinfahrt über den Berg, Rückfahrt durch den Tunnel).<br />
Die Situation der Städte <strong>Bern</strong> und Thun wird sich kaum verändern.<br />
FAZIT: Diese Ergebnisse können nur bei aktiver Nutzung der vorhandenen Potenziale<br />
erreicht werden und müssten hingegen nach unten korrigiert werden, falls das Wallis eine<br />
intensive Marketing-Offensive startet.<br />
In Hinsicht auf die Chancen und Risiken der IBN LBT für die Destinationen im <strong>Bern</strong>er Oberland<br />
sind Trends im Aufenthalts- und Ausflugstourismus zu berücksichtigen:<br />
Aufenthaltsdauer: bei längerem Aufenthalt wird das Auto bevorzugt, während bei günstigen<br />
Angeboten für Tagesausflüge eher der ÖV genutzt wird.<br />
Erreichbarkeit: je schneller eine Destination erreichbar, <strong>des</strong>to kürzer ist die Aufenthaltsdauer.<br />
Hingegen können die Destinationen mit guter Erreichbarkeit von der steigenden<br />
Entwicklung der Kurzaufenthalte profitieren. Bessere Erreichbarkeit führen u.a. zu mehr<br />
Verwandten- und Bekanntentourismus und steigender Auslastung der Parahotellerie<br />
(Zweitwohnungen, Ferienhäuser).<br />
Destinationswahl: wird beeinflusst durch die touristische Transportkette, bzw. durch gute<br />
Anschlüsse (komplementäres Kriterium).<br />
Saison und Zielgruppe: Wintertouristen oder Familie mit Kindern reisen wahrscheinlich<br />
mit dem Auto an, während Alleinreisende, Jugendliche und Pensionierte eher den ÖV<br />
nutzen.<br />
Strassenverkehrssituation, ökologisches Bewusstsein und Benzinpreise: könnten die<br />
Verkehrsmittelwahl beeinflussen.<br />
FAZIT: Die Trends zeigen, dass die neue Erreichbarkeit v.a. durch Positionierung im Kurzund<br />
Tagesausflug, durch Lancierung geschickt verknüpfter Sommerangebote und durch Orientierung<br />
auf die Zielgruppen Jugendliche und 50+ Vorteile mit sich bringen kann.<br />
Bei den Chancen und Risiken der IBN LBT für den Tourismus im <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> ist vorab<br />
anzumerken, dass verschiedene Untersuchungen zu den Wechselwirkungen von Verkehr<br />
und Wirtschaft die Erkenntnis bestätigen, dass regionalwirtschaftliche Effekte neuer Verkehrserschliessungen<br />
tendenziell überschätzt werden und keine strukturelle Probleme lösen<br />
können. Touristische Standortfaktoren, wie Angebot, Preis, Qualität, Image, etc. sind weiterhin<br />
entscheidend für die Wahl der Destination. Reisezeitverkürzung ist nur dann von Vorteil,<br />
wenn neue Gästesegmente oder Gästegebiete erschlossen werden. Als Voraussetzung gilt,<br />
dass genügend touristische Attraktionen vorhanden sind.<br />
Die IBN LBT führt zu Chancen im Wettbewerbs- resp. Standortbereich, wobei attraktive,<br />
marktfähige Angebote entscheidender sind als die Reisezeitverkürzung. Die Erreichbarkeit<br />
steigert die Attraktivität <strong>des</strong> <strong>Kanton</strong>s <strong>Bern</strong> und die Kommunikation spielt eine zentrale Rolle<br />
bei der positiven Beeinflussung der Auswirkungen. Eine kurze Zusammenfassung der<br />
Chancen ergibt:<br />
4
Der Destinationsentwicklungsprozess im <strong>Bern</strong>er Oberland wird durch den Konkurrenzdruck<br />
vom Wallis gefördert<br />
Das Konkurrenzverhältnis zum Wallis bleibt relativ gering (zulange Reisezeiten für<br />
bestimmte Aktivitäten; die meisten Gäste reisen mit Auto an; das Interesse am Wallis<br />
steigt v.a. am Anfang, wird sich aber mit der Zeit stabilisiert)<br />
Attraktionspunkte sind vorhanden (Jungfrauregion, Thunersee, Zugfahrt durch UNES-<br />
CO-Weltnaturerebe Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn, Tropenhaus in Frutigen etc.)<br />
Die vielseitige Einkaufs-, Kultur- und Sportangebote gelten als Potenzial für Tagesund<br />
u.a. für Schlechtwetterprogramm<br />
Die Attraktivität und das Image <strong>des</strong> <strong>Kanton</strong>s <strong>Bern</strong> steigt durch die verbesserte Erreichbarkeit<br />
und Qualität der Zugreise<br />
Norditalien, Wallis und Deutschland sind neue Quellmärkte für das <strong>Bern</strong>er Oberland<br />
Die Anbindung an das internationale Hochgeschwindigkeitsnetz im Schienenverkehr<br />
bietet ein gutes Vermarktungspotenzial und hat eine starke internationale Medienvertretung<br />
Die verstärkte Werbung der Destinationen führt zu Synergieeffekten bei verschiedenen<br />
Leistungsträgern<br />
Die Risiken der IBN LBT für den Tourismus im <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> sind durch ein geschicktes<br />
Massnahmenset beeinfluss- und vermeidbar. Die grössten Gefahren sind:<br />
Abwartende Haltung und der Pessimismus bei den betroffenen Regionen, Uneinigkeit<br />
und späte Auseinandersetzung mit der veränderten Situation<br />
Die Angebotserweiterung im Bahnverkehr wird ungenügend ausgelastet, die alte<br />
Bergstrecke kann sich langfristig nicht erhalten (ungenügende Frequenz) und das Frutigland<br />
wird zum Durchfahrtsort<br />
Ruhestörung wegen Bremslärm und Beeinträchtigung <strong>des</strong> Landschaftsbil<strong>des</strong> durch<br />
Lärmschutzwände und Aushubmaterial<br />
Die Städten <strong>Bern</strong> und Thun können kaum vom Einkaufs- und Kulturtourismus profitieren,<br />
da Mailand und Domodossola näher rücken<br />
Es fehlen finanzielle Mittel für notwendiges Standortmarketing oder für die Entwicklung<br />
neuer Projekte<br />
Verkehrspolitik verhindert Anschlussverbesserung besonders nach Frutigen, was eine<br />
Reisezielverlagerung provoziert<br />
Quellmärkte Norditalien und Wallis sind nur bedingt interessant, da Markt Oberwallis<br />
nicht zu überschätzen ist und das <strong>Bern</strong>er Oberland zuwenig kundenspezifische Angebote<br />
für Italiener vorweist (Sprache, Hochpreissegmente, Marken, etc.)<br />
Die Attraktivität <strong>des</strong> Wallis steigt, besonders im Tagesausflugsverkehr; falls das Wallis<br />
eine intensive Markt-Offensive startet, ist der Rückgang der touristischen Nachfrage im<br />
<strong>Bern</strong>er Oberland kaum vermeidbar<br />
FAZIT: Um die Chancen zu nutzen und die Risiken zu vermindern gilt als Grundvoraussetzung,<br />
dass Betroffene zu Akteuren werden.<br />
Die Handlungsempfehlungen auf den unterschiedlichen Ebenen können wie folgt zusammengefasst<br />
werden:<br />
Die Destinationen und einzelnen Leistungsträger müssen aktiv werden und Angebote,<br />
Positionierung und Kommunikation an die bevorstehende Veränderung so bald als möglich<br />
anpassen. Das bedeutet: attraktive Angebote v.a. für Tages- bzw. Sommertourismus<br />
lancieren, innovative Angebotsentwicklung fördern, Produkte von Transportunternehmern,<br />
Destinationen und Leistungsträgern geschickt verknüpfen („RailAway“, Tourismuspässe,<br />
etc.), <strong>Lötschberg</strong>-Bergstrecke als touristische Attraktion vermarkten und in Frutigen Anschlussnachteile<br />
mit innovativen Projekten kompensieren. In der Positionierung und Vermarktung<br />
sollen kreative Kampagnen mit konkreten Touringvorschläge gestartet werden<br />
und wenn möglich gemeinsame Marketingmassnahmen der <strong>Kanton</strong>e <strong>Bern</strong> und Wallis für<br />
gewisse touristische Highlights (z.B. Matterhorn und Jungfrauregion oder alte Bergstre-<br />
5
cke) gestartet werden. Die Destinationen Thun und <strong>Bern</strong> müssen ein intensives Stadtmarketing<br />
betreiben, um von der Veränderung im Bereich Shopping und Kultur profitieren zu<br />
können.<br />
Auf regionaler Ebene soll durch gezielte Kommunikation das Vermarktungspotenzial der<br />
IBN LBT genutzt und die Marke „<strong>Bern</strong>er Oberland“ gepflegt werden. Die aktuellen internationalen<br />
Mediendiskussionen zu dem Thema können als Plattform dienen, um Angebote<br />
zu positionieren und zu kommunizieren. Eine einheitliche, aufeinander abgestimmte Vermarktung<br />
sollte in Hinsicht auf die IBN LBT erarbeitet werden. Diese Aufgabe könnte<br />
DBeO übernehmen. Eine Sensibilisierung über die Bedeutung der NEAT muss zuerst<br />
nach Innen stattfinden.<br />
Auch auf kantonaler Ebene sind wichtige Unterstützungen und eine angemessene Vertretung<br />
notwendig: Kooperations- resp. Verdichtungsprozess zwischen den Destinationen<br />
muss vorangetrieben werden, wenn nötig mit dem Druck <strong>des</strong> <strong>Kanton</strong>s (Strukturförderung);<br />
das Standortmarketing im Tourismus sollte im Zusammenhang mit der NEAT, wo sinnvoll<br />
unterstützt überprüft werden (Tourismusförderung); Verkehrspolitische Massnahmen zur<br />
Anschlussverbesserung <strong>des</strong> <strong>Bern</strong>er Oberlan<strong>des</strong> müssen gefördert werden (Anschlussgewährleistung).<br />
6
1. Ausgangslage, Zielsetzungen und Vorgehen<br />
1.1. Ausgangslage<br />
Ende Jahr 2007 wird der <strong>Lötschberg</strong>-Basistunnel in Betrieb genommen. Der neue Fahrplan<br />
führt zu erheblichen Änderungen im Schienenverkehr auf der <strong>Lötschberg</strong>achse, wobei <strong>Kanton</strong><br />
<strong>Bern</strong> und seine Regionen unmittelbar als Wirtschafts- und Wohnstandorten betroffen<br />
sind.<br />
Im Grossen Rat <strong>des</strong> <strong>Kanton</strong>s <strong>Bern</strong>s wurde die Motion eingereicht, mit welcher der Regierungsrat<br />
beauftragt wird, die Chancen und Risiken der <strong>Inbetriebnahme</strong> <strong>des</strong> <strong>Lötschberg</strong>-<br />
Basistunnels (IBN LBT) zu überprüfen.<br />
In dem Bericht „Volkswirtschaftliche Auswirkungen <strong>des</strong> <strong>Lötschberg</strong>-Basistunnels auf den<br />
<strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong>“ von Ecoplan/Metron wurden Veränderung der Erreichbarkeiten durch die IBN<br />
LBT und die damit verbundenen volkswirtschaftlichen Auswirkungen der IBN LBT auf den<br />
<strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> untersucht. Es ergaben sich u.a. folgende Erkenntnisse:<br />
Volkswirtschaftliche Auswirkungen der IBN LBT sind insgesamt gering (zu einer ähnlichen<br />
Schlussfolgerung kommt das ARE in der 2006 erschienen Analyse zu den Auswirkungen<br />
<strong>des</strong> Vereinatunnels).<br />
Ohne IBN LBT würde <strong>Bern</strong> den Anschluss an den internationalen Nord-Süd-<br />
Schienenpersonenverkehr verlieren.<br />
Chancen und Risiken liegen in den „flankierenden Massnahmen“ zur IBN LBT, massgebend<br />
wird die Vermarktung der IBN LBT sein.<br />
Das Forschungsinstitut für Freizeit und Tourismus (FIF) wurde vom beco <strong>Bern</strong>er Wirtschaft<br />
und Amt für öffentlichen Verkehr <strong>des</strong> <strong>Kanton</strong>s <strong>Bern</strong> beauftragt, die Chancen und Risiken der<br />
IBN LBT im Speziellen für den Tourismus im <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> zu untersuchen.<br />
1.2. Zielsetzungen<br />
Der <strong>Kurzbericht</strong> hat als Ziel:<br />
Konsequenzen bzw. Chancen und Risiken der IBN LBT für den Tourismus (Aufenthaltsund<br />
Ausflugstourismus) im <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> zu erkennen und<br />
Handlungsempfehlungen abzuleiten, um Chancen zu nutzen und Risiken zu vermeiden.<br />
Im Vordergrund stehen die Chancen, die sich dem <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> dank der NEAT öffnen.<br />
Das Summary ist kommunizierbar und wird in dem Bericht <strong>des</strong> RR an GR (FF BVE) eingearbeitet.<br />
1.3. Vorgehen<br />
Der Bericht „Volkswirtschaftliche Auswirkungen <strong>des</strong> <strong>Lötschberg</strong>-Basistunnels auf den <strong>Kanton</strong><br />
<strong>Bern</strong>“ von Ecoplan/Metron (besonders die Kapitel 7.2: „Auswirkungen auf die touristische<br />
Nachfrage“ und 8: „Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen“) bildete die Grundlage<br />
der Analyse. Die Arbeitsschritte sind wie folgt unterteilt:<br />
Erstens wurden die touristischen Aspekte <strong>des</strong> Berichts ausgewertet. Für die Untersuchung<br />
der Konsequenzen auf den Tourismus wurde der <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> nach Regionen aufgeteilt:<br />
Spiez und westliches Oberland: Gstaad-Saanenland und Lenk-Simmental<br />
Östliches Oberland: Interlaken, Wengen-Mürren-Lauterbrunnen, Grindelwald und Destination<br />
Alpenregion mit Brienz, Meiringen, Hasliberg<br />
Destinationen Adelboden – Frutigen und <strong>Lötschberg</strong> mit Kandersteg<br />
Städte <strong>Bern</strong> und Thun<br />
7
Die Regionen Emmental, Seeland, Gürbetal sowie die Städte Biel, Burgdorf und Langenthal<br />
sind von der IBN LBT nicht spürbar betroffen und werden daher aus der Analyse ausgeschlossen.<br />
Interpretation und Einschätzungen wurden mit Hilfe von Expertengesprächen auf Lücken,<br />
Chancen und Risiken überprüft. Bei den Experten handelt es sich um:<br />
Jerun Vils, Direktor Ferienregion <strong>Lötschberg</strong>, Destinationen <strong>Bern</strong>er Oberland<br />
Arthur Grossen, Tourismusdirektor Frutigen, Planungsregion Kandertal<br />
Damian Pfister, Leiter Marketing Personenverkehr BLS<br />
Dr. Daniel Fischer, Fischer und Partner Niederwangen, Niesenbahn Verwaltungsratpräsident<br />
Aufgrund der Gesamtauswertung und den Expertengesprächen wurden Handlungsempfehlungen<br />
abgeleitet. Die Ergebnisse wurden der Projektorganisation präsentiert. Sie setzt sich<br />
wie folgt zusammen:<br />
Karin Heimann (Projektleitung), beco, Stab<br />
Markus Allenbach, beco, TouReg, Fachbereich Tourismus<br />
<strong>Bern</strong>hard Kirsch, Amt für öffentlicher Verkehr (AöV)<br />
Elsbeth Stampfli, Generalsekretariat Bau- Verkehrs- und Energiedirektion<br />
Einzelne Diskussionspunkte der Präsentation wurden aufgegriffen und in dem vorläufigen<br />
Schlussbericht für beco/BVE integriert.<br />
An der Sitzung <strong>des</strong> Tourismusrats vom 15.6.06 werden die Ergebnisse der Studie präsentiert,<br />
um die Meinungsbildung abzurunden. Anschliessend wird der definitive Schlussbericht<br />
erstellt.<br />
Die Kommunikation nach aussen geschieht im Rahmen eines Gesamtberichtes <strong>des</strong> Regierungsrates.<br />
8
2. Konsequenzen der <strong>Inbetriebnahme</strong> <strong>des</strong> <strong>Lötschberg</strong>-<br />
Basistunnels (IBN LBT) für den Tourismus im <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> -<br />
Auswertung <strong>des</strong> Berichts von „Ecoplan/Metron“<br />
Die Grundlage der vorliegenden Analyse bildet der Bericht „Volkswirtschaftliche Auswirkungen<br />
<strong>des</strong> <strong>Lötschberg</strong>-Basistunnels auf den <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong>“ von Ecoplan/Metron. Nachfolgend<br />
eine kurze Zusammenfassung der allgemeinen Schlussfolgerung von Ecoplan/Metron:<br />
2.1 Veränderung der Erreichbarkeit gemäss Bericht „Ecoplan/Metron“<br />
Veränderung der Erreichbarkeit durch die IBN LBT:<br />
Der <strong>Kanton</strong> Wallis und Italien sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln schneller vom <strong>Kanton</strong><br />
<strong>Bern</strong> bzw. von der übrigen Deutschschweiz aus erreichbar<br />
Statt 510'000 Personen erhöht die IBN LBT die transportierte Personenzahl auf<br />
710'000, d.h. 200'000 Menschen mehr erreichen die Stadt <strong>Bern</strong> innerhalb von 120 Minuten<br />
vom <strong>Kanton</strong> Wallis aus<br />
Personen aus dem Ober- und Mittelwallis erreichen <strong>Bern</strong> 30 Minuten schneller als vorher;<br />
die Reisezeit beträgt neu 90 bis 120 Minuten<br />
Anbindung an das Hochgeschwindigkeitsnetz im internationalen Schienenverkehr wird<br />
verbessert<br />
2.2 Volkswirtschaftlichen Auswirkungen gemäss Bericht „Ecoplan/Metron“<br />
Volkswirtschaftliche Auswirkungen der IBN LBT auf den <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong>:<br />
Die volkswirtschaftlichen Auswirkungen der IBN LBT sind unbedeutend<br />
Die touristische Attraktivität <strong>des</strong> <strong>Kanton</strong>s <strong>Bern</strong> wird durch die IBN LBT erhöht<br />
Es gibt keine massiven Verschiebungen im Freizeit-, Einkaufs- oder Pendlerverkehr<br />
Geringe Umsatzveränderungen durch mehr oder weniger Touristen<br />
Es gibt kaum Veränderungen bei den touristischen Arbeitsplätzen im <strong>Bern</strong>er Oberland<br />
Zwischen dem <strong>Kanton</strong> Wallis und dem <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> ändert sich an den Standortvorteilen<br />
durch Reisezeitverkürzung nur wenig<br />
Bedeutende Standortgunstnachteile für den <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong>, falls LBT nicht gebaut würde<br />
Die Analyse führt zum Schluss, dass auf kantonaler Ebene kein unmittelbarer Handlungsbedarf<br />
besteht. Trotzdem sollte der <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> besonders die Chancen, aber auch die<br />
Risiken der IBN LBT nicht unterschätzen.<br />
Um die Konsequenzen bzw. Chancen und Risiken der IBN für den Tourismus im <strong>Kanton</strong><br />
<strong>Bern</strong> zu erkennen, wird als erstes der Einfluss der IBN LBT auf die verschiedenen Destinationen<br />
betrachtet. Die Regionen Emmental, Seeland, Gürbetal sowie die Städte Biel,<br />
Burgdorf und Langenthal sind von der IBN LBT nicht spürbar betroffen und werden daher<br />
aus der Analyse ausgeschlossen.<br />
2.3 Einfluss auf einzelne Tourismusregionen im <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> gemäss Bericht<br />
„Ecoplan/Metron“ (vgl. Anhang 1 - 3 S. 25f.)<br />
Die Erreichbarkeitsgewinne sind je nach Region sehr unterschiedlich. Besonders das <strong>Bern</strong>er<br />
Oberland wird aufgrund der Anschlüsse schlechter erreichbar sein als vor der IBN LBT. Das<br />
bewirkt, dass in bestimmten Destinationen die Konkurrenzverhältnisse mit dem Wallis verstärkt<br />
werden.<br />
9
Spiez und westliches Oberland: Gstaad-Saanenland und Lenk-Simmental<br />
Aufgrund der Reisezeitverkürzung (<strong>Bern</strong> – Spiez), der besseren Anschlüsse (Spiez -<br />
Simmental) und den zusätzlichen Freizeitfahrten profitieren Spiez, Lenk-Simmental und<br />
Saanen von zusätzlichen Ankünften pro Jahr. Die Ankünfte sind in Spiez zu 20%, in Lenk-<br />
Simmental und Saanen zu je 50% mit Übernachtungen verbunden. Bei den restlichen Ankünften<br />
handelt es sich um Tagestouristen.<br />
Einfluss der IBN LBT auf Spiez und westliches Oberland<br />
Reiseverkürzung, bessere Anschlüsse, zusätzliche Fahrten<br />
Zusätzliche Tagestouristen und Übernachtungstouristen<br />
Zunahme <strong>des</strong> touristischen Umsatzes zwischen einer halben und einer Mio. CHF pro<br />
Jahr<br />
Östliches Oberland: Interlaken, Lauterbrunnen, Grindelwald und Destination Alpenregion<br />
mit Brienz, Meiringen, Hasliberg<br />
Der stündliche Regionalzug zwischen Spiez und Interlaken wird durch die IBN LBT nicht<br />
mehr möglich sein. Statt<strong>des</strong>sen werden zwei zweistündliche Regionalzüge angeboten. Es<br />
werden daher weniger Freizeitfahrten in den Destinationen angeboten:<br />
Regionen<br />
Veränderung der<br />
Freizeitfahrten/Jahr<br />
Relative Veränderung<br />
ÖV-Fahrten/Jahr<br />
Interlaken 1'456 Fahrten 0.1%<br />
Lauterbrunnen 1'958 Fahrten 0.3%<br />
Grindelwald 2'291 Fahrten 0.3%<br />
Meiringen 1'815 Fahrten 0.8%<br />
Die prozentuale Veränderung der Fahrten ist jedoch sehr gering, so dass die Abnahme<br />
der Ankünfte pro Destination 270 Personen pro Jahr nicht übersteigt.<br />
Im östlichen Oberland, mit Ausnahme von Interlaken, werden 60-70% der Ankünfte mit<br />
Übernachtungen verbunden. Die restlichen 30-40% machen die Tagestouristen aus.<br />
Einfluss der IBN LBT auf östliches Oberland<br />
Etwas schlechtere Anschlüsse, nicht gravierende Abnahme der Freizeitfahrten<br />
Abnahme der Ankünfte im geringen Masse<br />
Geringer Rückgang der Übernachtungen<br />
Geringe negative Umsatzveränderung von ca. 0.1 Mio. CHF pro Jahr<br />
Destinationen Adelboden – Frutigen und <strong>Lötschberg</strong> mit Kandersteg<br />
Die Direktzüge vom Kandertal/<strong>Lötschberg</strong> nach <strong>Bern</strong> werden ab dem Jahr 2008 reduziert<br />
(neu sechs pro Tag), zudem verlängert sich die Fahrzeit um 10 Minuten. Diese Nachteile<br />
werden im Personenverkehrsplan 2012 aufgehoben, so dass wieder stündlich ein Direktzug<br />
die Strecke Goppenstein, Kandersteg und Frutigen nach <strong>Bern</strong> und Brig fährt.<br />
Die Region Frutigen, Adelboden sowie Kandersteg ist am stärksten betroffen, was die IBN<br />
LBT betrifft:<br />
Regionen<br />
Veränderung der<br />
Freizeitfahrten/Jahr<br />
Relative Veränderung<br />
ÖV-Fahrten/Jahr<br />
Frutigen 8'913 Fahrten 3.2%<br />
Adelboden 2'135 Fahrten 5.0%<br />
Kandersteg 3'382 Fahrten 2.6%<br />
Die Veränderung der gesamten Ankünfte (ÖV und MIV) pro Jahr beträgt für Frutigen<br />
-1'782, für Adelboden -62 und für Kandersteg -464 Personen.<br />
10
Konkret bedeutet das:<br />
Reiseverzögerung, Abnahme Freizeitfahrten bis 2012<br />
Abnahme Ankünfte<br />
Spürbare touristische Umsatzeinbussen in den Zonen Frutigen (0.2 Mio. CHF pro<br />
Jahr), gefolgt von Kandersteg (0.1 Mio. CHF pro Jahr), äusserst geringfügige touristische<br />
Umsatzabnahme für Adelboden<br />
Städte <strong>Bern</strong> und Thun<br />
Zwischen <strong>Bern</strong> und Thun wird die Fahrzeit um 3 Minuten reduziert, was eine Veränderung<br />
der Anzahl Fahrten zwischen den beiden Städten mit sich bringt. Die Städte ziehen mehr<br />
Ausflügler an und profitieren leicht im Einkaufsverkehr (<strong>Bern</strong> 500 und Thun 250 Einkäufe<br />
mehr pro Jahr). Jedoch konkurrenzieren sie sich gegenseitig.<br />
Einfluss der IBN LBT auf <strong>Bern</strong> und Thun<br />
<strong>Bern</strong> und Thun profitieren leicht durch die Reisezeitverkürzung und der steigenden<br />
Anzahl an Freizeitfahrten mit einer geringen Zunahme <strong>des</strong> Umsatzes im Tourismus<br />
und einer Vergrösserung <strong>des</strong> Einzugsgebiets als Arbeitsstandort<br />
Durch die Reisezeitverkürzung zum <strong>Kanton</strong> Wallis und Norditalien entsteht eine Chance<br />
im Tages- und Einkaufstourismus<br />
Es bedarf verstärkter Marketinganstrengungen für eine Positionierung als „Einkaufsort“,<br />
da die Reisezeitgewinne alleine nicht ausreichen, um einen „Einkaufsboom“ auszulösen<br />
Wallis<br />
Neu wird Visp, neben Brig, der neue Knotenbahnhof im Wallis. Die Fahrzeit nach Visp<br />
reduziert sich um mehr als 60 Minuten. Besonders das ganze Mittel- und Unterwallis profitiert<br />
von der Reisezeitverkürzung. Die guten Anschlüsse in Brig, Richtung Oberwallis und<br />
in Visp, Richtung Unterwallis, nach Saas Fee und Zermatt werden weiter verbessert:<br />
Regionen<br />
Veränderung der<br />
Freizeitfahrten/Jahr<br />
Relative Veränderung<br />
ÖV-Fahrten/Jahr<br />
Sion 22'783 Fahrten 4.80%<br />
Sierre-Crans 3'264 Fahrten 5.30%<br />
Leuk-Leukerbad 3'808 Fahrten 9.00%<br />
Lötschental -2'358 Fahrten -4.20%<br />
Visp 10'809 Fahrten 12.00%<br />
Fiesch 2'350 Fahrten 3.90%<br />
Ried/Betten 98 Fahrten 0.80%<br />
Saas Fee 2'260 Fahrten 7.10%<br />
Zermatt 4'403 Fahrten 6.10%<br />
Die Anzahl der Ankünfte pro Jahr steigt stark an<br />
Die Anzahl der Übernachtungen und besonders die Anzahl der Tagesausflüge zeigen<br />
eine positive Bilanz<br />
Es wird eine positive Umsatzveränderung (ca. 3.5 Mio. pro Jahr) und eine Zunahme<br />
von ca. 40 Arbeitplätzen erwartet<br />
Fazit: Das Wallis profitiert stark vom LBT und zieht durch die Reisezeitverkürzung mehr<br />
Freizeitverkehr an. Visp wird durch die Fahrzeitverkürzung auch interessant für Tagesausflüge<br />
aus einem Grossteil <strong>des</strong> Schweizer Mittellan<strong>des</strong>. Das könnte zur Folge haben, dass<br />
weniger Ankünfte im <strong>Bern</strong>er Oberland stattfinden. Hingegen ist die Fahrzeit von der Region<br />
<strong>Bern</strong> nach Zermatt, Saas Fee und Crans immer noch zu lange für Aktivitäten wie Wandern<br />
und Skifahren (vgl. Anhang 4, S. 27). Deshalb ist keine grosse Verlagerung zu erwarten.<br />
11
3. Interpretation der Konsequenzen der IBN LBT für den Tourismus<br />
im <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> – Einschätzungen FIF<br />
Die Auswirkungen der IBN LBT auf den Tourismus im <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> variieren je nach Konzept,<br />
das der Studie zugrunde liegt. Bei den Berechnungen von Ecoplan/Metron gelten als<br />
Grundlagen die Planungen <strong>des</strong> Fahrverkehrs 2008 von SBB, dem Amt für öffentlichen<br />
Verkehr der <strong>Kanton</strong>e <strong>Bern</strong> und Wallis, Stand 11.11.2005. Die Änderungen <strong>des</strong> Bahnfahrplans<br />
verlaufen jedoch sehr dynamisch und es gibt daher keine klaren Grunddaten bzgl.<br />
ÖV-Ankünfte nach der IBN LBT. Wahrscheinlich müsste dazu eine repräsentative Umfrage<br />
bei den ÖV-Benutzern über Verhaltensänderung aufgrund der IBN LBT durchgeführt<br />
werden, um abzuschätzen, ob die Veränderungen stärkere oder weniger massive Auswirkungen<br />
haben werden. Es ist jedoch anzunehmen, dass die zahlenmässigen Auswirkungen<br />
auf die Anzahl Ankünfte, die Übernachtungen, den Tagestourismus und die damit<br />
verbundenen Umsatzveränderungen auf den Tourismus im <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> eher gering sein<br />
und daher kaum ins Gewicht fallen werden.<br />
Um die Berechnungen von Ecoplan/Metron und die damit verbundenen Veränderungen<br />
und Konsequenzen der IBN LBT für den Tourismus im <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> einzuschätzen, wurden<br />
die für den Tourismus relevanten Zahlen in gestraffter Form dargestellt (vgl. Abbildung).<br />
Die Tendenzen wurden anschliessend mit den verschiedenen Experten diskutiert<br />
und beurteilt.<br />
Abbildung: Auswirkungen der IBN LBT auf den Tourismus:<br />
Veränderung der Ankünfte, Verkehrsmittelwahl, Übernachtungs- und Tagestourismus<br />
Regionen<br />
Spiez/ West. Oberland<br />
Ankünfte<br />
an Zielort mit<br />
<br />
Ankünfte<br />
% Verteilung<br />
der Ankünfte<br />
Ankünfte und Verkehrsmittelwahl<br />
Übernachtungstourismus<br />
Tagestourismus<br />
Tourismusformen<br />
Ankünfte mit<br />
Übernachtungen<br />
ÖV MIV Total/a % % Anzahl/a <br />
Ankünfte der<br />
Tagestouristen<br />
<br />
Anzahl/a <br />
Spiez 3'271 -1'636 1'635 ++ 20% 80% 327 + 1'308 ++<br />
Simmental 2'661 -1'285 1'376 ++ 50% 50% 688 ++ 688 ++<br />
Lenk 591 -295 296 + 60% 40% 177 + 118 +<br />
Saanen 2'141 -1'050 1'091 ++ 50% 50% 546 + 545 +<br />
Östliches Oberland<br />
Interlaken -711 523 -188 - 30% 70% -57 0 -132 -<br />
Meiringen 102 -51 51 0 60% 40% 31 0 20 0<br />
Grindelwald -537 269 -268 - 70% 30% -188 - -81 0<br />
Lauterbrunnen -260 130 -130 - 70% 30% -91 0 -39 0<br />
Adelboden - Frutigen/<br />
<strong>Lötschberg</strong><br />
Frutigen -3'565 1'782 -1'783 -- 20% 80% -356 - -1'426 --<br />
Adelboden -123 62 -61 0 60% 40% -37 0 -25 0<br />
Kandersteg -929 464 -465 - 70% 30% -325 - -139 -<br />
<strong>Bern</strong> + 0 +<br />
<strong>Bern</strong> Innenstadt 229 -114 115 5% 95% 6 109<br />
<strong>Bern</strong> Stadt 1'166 -583 583 5% 95% 29 554<br />
<strong>Bern</strong> Agglo 895 -447 448 2% 98% 9 438<br />
Thun + 0 +<br />
Thun Innenstadt 390 -186 204 10% 90% 20 184<br />
Thun Stadt 163 -81 82 10% 90% 8 73<br />
Thun Agglo 273 -136 137 5% 95% 7 129<br />
12
% Verteilung<br />
der Ankünfte<br />
Tourismusformen<br />
Regionen<br />
Wallis<br />
Ankünfte<br />
an Zielort mit<br />
<br />
Ankünfte<br />
Ankünfte und Verkehrsmittelwahl<br />
Übernachtungstourismus<br />
Tagestourismus<br />
Ankünfte mit<br />
Übernachtungen<br />
ÖV MIV Total/a % % Anzahl/a <br />
Ankünfte der<br />
Tagestouristen<br />
<br />
Anzahl/a <br />
Sion 15'202 -7'601 7'601 +++ 5% 95% 380 + 7'221 +++<br />
Sierre-Crans 2'941 -1'470 1'471 ++ 50% 50% 735 ++ 735 ++<br />
Leuk-Leukerbad 3'071 -1'536 1'535 ++ 70% 30% 1'075 ++ 461 +<br />
Visp 7'580 -3'781 3'799 +++ 20% 80% 760 ++ 3'039 +++<br />
Brig 9'612 -4'743 4'869 +++ 20% 80% 974 ++ 3'895 +++<br />
Fiesch 2'558 -1'279 1'279 ++ 60% 40% 767 ++ 512 +<br />
Ried/Betten 36 -17 19 0 60% 40% 11 0 7 0<br />
Saas Fee 1'903 -940 963 ++ 70% 30% 674 ++ 289 +<br />
Zermatt 3'637 -1'761 1'876 ++ 70% 30% 1'313 ++ 563 +<br />
Quelle: Eigene Darstellung auf Basis der Daten von Ecoplan/Metron, 2006<br />
: Veränderung<br />
/a: pro Jahr<br />
0: kaum eine Veränderung<br />
+/-: geringe Veränderung<br />
++/--: spürbare Veränderung<br />
+++/---: starke Veränderung<br />
Anmerkung: + und - bedeuten nicht unbedingt eine positive oder negative Veränderung, sondern nur die Stärke der<br />
Veränderung z.B. kann ein +++ von Tagestourismus negative Auswirkungen auf einen Tourismusort haben<br />
3.1. Einschätzungen der Konsequenzen auf die touristischen Regionen<br />
Die im Bericht „Volkswirtschaftliche Auswirkungen <strong>des</strong> <strong>Lötschberg</strong>-Basistunnels auf den<br />
<strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong>“ von Ecoplan/Metron dargestellten zahlenmässigen Veränderungen sind<br />
nachvollziehbar und plausibel. Ecoplan/Metron betonen, dass die Auswirkungen verstärkter<br />
Verkaufsanstengungen viel wichtiger sind, als die rein auf die Reisezeitveränderungen<br />
zurückzuführenden Effekte. Sie bemerken, dass solche Aktionen sogar eine leichte Zunahme<br />
<strong>des</strong> touristischen Umsatzes im <strong>Bern</strong>er Oberland bewirken können. In diesem Bericht<br />
werden v.a. diese qualitativen Aspekte aufgegriffen und erweitert. Dabei handelt es<br />
sich z.B. um intensive Marketinganstrengungen, gute Inszenierungen, attraktives Preis-<br />
Leistungsverhältnis (RailAway) etc. Auf Basis der Berechnungen von Ecoplan/Metron und<br />
unter Berücksichtigung der Softwareaspekte sind die Einschätzungen der Grundtendenzen<br />
folgende:<br />
Spiez/Westliches Oberland werden von der IBN LBT profitieren. Spiez hat eine strategisch<br />
interessante Lage. Es wurde ein Standortmarketing etabliert, um den Wirtschaftsstandort<br />
Spiez stärker zu fördern. Die NEAT könnte als Plattform genutzt werden, um sich<br />
neu zu positionieren, evtl. im Bereich Event und Kongresse. Weiter ist Gstaad eine starke<br />
touristische Destination, mit klarer Positionierung, attraktiven Angeboten und abwechslungsreichen<br />
Events. Eine Verbesserung der Erreichbarkeit könnte weitere positive Effekte<br />
mit sich bringen. Jedoch ist zu beachten, dass bei den Berechnungen <strong>des</strong> Basisberichtes<br />
u.a. der internationale Verkehr von Norditalien mehr Ankünfte generiert. Der Markt<br />
Italien ist jedoch nur bedingt interessant, wegen möglichen Barrieren, wie Sprach- und<br />
Mentalitätsbarrieren. Hinzu kommt, dass die Italiener meistens mit dem Auto anreisen<br />
(vgl. Kap. 4.3.2, S. 19).<br />
Östliches Oberland wird, dank IC-Verbindungen zwischen <strong>Bern</strong> und Interlaken, kaum<br />
eine Verschlechterung der Anbindung (Anzahl Freizeitfahrten) stattfinden. Zudem sind<br />
Überlegungen im Gange, ob ein Direktanschluss Brig – Interlaken angeboten werden soll,<br />
was von grossem Vorteil für die Region wäre. Weiter könnten Interlaken und die Jungfrauregion<br />
indirekt von dem Vermarktungspotenzial der Anbindung an das internationale<br />
13
Hochgeschwindigkeitsnetz profitieren. Hingegen rücken die Walliser Destinationen, wie<br />
Zermatt und Saas Fee in eine vergleichbare Distanz, was das Jungfraugebiet wahrscheinlich<br />
besonders zu Beginn negativ beeinflussen wird.<br />
Adelboden–Frutigen/<strong>Lötschberg</strong> werden Einbussen erleiden, wenn der Personenverkehr<br />
mehrheitlich durch den Tunnel geführt wird. Verschiedene Projekte sollen diesem<br />
Effekt entgegenwirken und den Besucher über den Berg und in die Destinationen locken.<br />
Interessant wären Kombinationsangebote mit dem Wallis (z.B. Hinfahrt über den Berg,<br />
Rückfahrt durch den Tunnel). Mit der Positionierung „Alpine Wellness“ kann Adelboden<br />
einen zusätzlichen Anreiz für einen Besuch geben. Es ist zu beachten, dass über die Hälfte<br />
der Gäste mit dem MIV anreisen, so dass die IBN LBT wahrscheinlich eher einen geringeren<br />
Einfluss haben wird.<br />
Städte <strong>Bern</strong> und Thun werden kaum beeinflusst. Sie können die IBN LBT zu ihren Vorteilen<br />
nutzen, indem sie Standortmarketing betreiben. Möglicherweise könnten sie sich im<br />
Einkaufstourismus positionieren, jedoch konkurrenzieren sie sich gegenseitig. Hier sind<br />
intensive Marketinganstrengungen notwendig. Gleichzeitig darf der Markt Oberwallis als<br />
Zielgruppe nicht überbewertet werden.<br />
Der <strong>Kanton</strong> Wallis wird stark profitieren, was politisch auch erwünscht ist und mit finanziellen<br />
Mitteln gefördert wird. Falls das Wallis eine geschickte Marketing-Offensive gegenüber<br />
dem <strong>Bern</strong>er Oberland im Bereich Tagestourismus startet (z.B. mit attraktiver Produktgestaltung,<br />
starken Kooperationspartner und frühzeitiger Kommunikation), könnten<br />
die Einbussen im <strong>Bern</strong>er Oberland in den ersten drei Jahren höher ausfallen, als angenommen.<br />
Mittelfristig wird sich die Lage wieder stabilisieren (Annahmen aus Erfahrungswerten).<br />
Fazit: Die eigenen Einschätzungen weichen nur gering von den im Bericht von Ecoplan/<br />
Metron ermittelten Auswirkungen ab: Es wird angenommen, dass Spiez und das westliche<br />
Oberland stärker profitieren, als die zahlenmässige Veränderung zu vermuten lässt. Das<br />
östliche Oberland könnte möglicherweise auch von der Entwicklung profitieren und mehr<br />
Ankünfte generieren. Adelboden – Frutigen und <strong>Lötschberg</strong> werden negativ beeinflusst,<br />
wenn nicht entgegenwirkende Massnahmen ergriffen werden. Die Situation der Städte<br />
<strong>Bern</strong> und Thun wird sich kaum verändern. Diese Ergebnisse müssen hingegen nach unten<br />
korrigiert werden, falls das Wallis eine intensive Marketing-Offensive startet.<br />
3.2 Zu berücksichtigende Trends im Aufenthalts- und Ausflugstourismus<br />
In Hinsicht auf die Chancen und Risiken der IBN LBT für die Destinationen im <strong>Bern</strong>er O-<br />
berland sollen Trends im Aufenthalts- und Ausflugstourismus mitberücksichtigt werden.<br />
Die Auflistung der Trends wurde in den einzelnen Expertengesprächen erarbeitet, verifiziert<br />
und ergänzt.<br />
<br />
<br />
Unterscheidung nach Aufenthaltsdauer<br />
Bei längeren Aufenthalten wird das Auto bevorzugt (Gründe: Bequemlichkeit, Unabhängigkeit,<br />
Gepäck), während bei Tagesausflügen der ÖV eher genutzt wird, besonders<br />
bei günstigen Angeboten wie „RailAway“.<br />
Erreichbarkeit<br />
Die Erreichbarkeit hat einen direkten Zusammenhang mit der Aufenthaltsdauer: Je<br />
schneller und einfacher eine Destination erreichbar ist, <strong>des</strong>to kürzer ist die Aufenthaltsdauer<br />
(contra guter Erreichbarkeit).<br />
Die Entwicklungstendenz hingegen zeigt eine steigende Anzahl Kurzaufenthalte und<br />
Rundreisen, wo Destinationen mit guter Erreichbarkeit vom zusätzlichen Markt profitieren<br />
können (pro guter Erreichbarkeit).<br />
14
Zudem führen bessere Erreichbarkeit und Verkürzung der Reisezeit zu mehr Verwandten-<br />
und Bekanntentourismus und zusätzlichen Übernachtungen in der Parahotellerie<br />
(Zweitwohnungen, Ferienhäuser).<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Destinationswahl<br />
Falls die Besucher ÖV-orientiert sind, wird die Wahl der Destination durch die touristische<br />
Transportkette beeinflusst, d.h. die Destinationen mit den besten Anschlüssen<br />
werden bevorzugt (eher komplementäres Kriterium).<br />
Unterscheidung Sommer und Winter<br />
Im Winter haben Besucher mehr Gepäck. Daher ist anzunehmen, dass sie mit dem<br />
Auto anreisen, auch wenn der Zug schneller ist. Es kommt aber auch auf die Zielgruppe<br />
an.<br />
Unterscheidung nach Zielgruppe<br />
Eine Familie mit Kindern wählt eher das Auto, während Alleinreisende, Jugendliche<br />
und die Zielgruppe 50+ möglicherweise den ÖV bevorzugen.<br />
Strassenverkehrssituation<br />
Verstopfte Strassen in touristischen Regionen bzw. Verkehrskollapse können bei qualitativer<br />
Entwicklung (bessere Anschlüsse, grösserer Komfort) der Personentransportkette<br />
eine Verlagerung vom MIV auf den ÖV provozieren.<br />
Ökologisches Bewusstsein und Benzinpreise<br />
Das ökologische Bewusstsein und die Benzinpreise können das Verhalten der Touristen<br />
beeinflussen. Je stärker das ökologische Bewusstsein ist, <strong>des</strong>to mehr wird der ÖV<br />
bevorzugt. Es ist jedoch zu beachten, dass im Strassenverkehr immer mehr umweltfreundliche<br />
Verkehrsfahrzeuge eingesetzt werden. Bei den Benzinpreisen kann nur eine<br />
Schocksituation das Verhalten ändern. Bei einer langsamen Preissteigerung gewöhnt<br />
sich der Konsument fortlaufend an die Entwicklung.<br />
Fazit: Die Trends zeigen, dass die neue Erreichbarkeit v.a. durch Positionierung im Kurzund<br />
Tagesausflug, durch Lancierung geschickt verknüpfter Sommerangebote und durch<br />
Orientierung auf die Zielgruppen Jugendliche und 50+ Vorteile mit sich bringt. Zudem<br />
könnte entsprechende Kommunikation eine Verkehrsmittelverlagerung vom MIV auf den<br />
ÖV fördern. Mögliche Ansätze: qualitative Verbesserung der Zugreise, ÖV schneller als<br />
Auto, staufreie Fahrt, Bahn als umweltschonende Alternative zum Auto, Benzin ist teuer<br />
(z.B. dem Kunden die Varianten Zug und Auto vorrechnen).<br />
15
4. Chancen und Risiken für den Tourismus im <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong><br />
Die vorliegende Auflistung der Chancen und Gefahren wurde mit Hilfe eines qualitativen<br />
Ansatzes erstellt, indem verschiedene Sekundärliteratur ausgewertet, mehrere Expertengespräche<br />
(vgl. Kap. 1.3, S. 7) durchgeführt und eigene Einschätzungen integriert wurden.<br />
Dabei standen folgende Fragestellungen im Zentrum:<br />
Welche Auswirkungen auf den Tourismus sind von den Wettbewerbs- resp. Standorteffekten<br />
zu erwarten?<br />
Wie verändern sich die Quellmärkte und welche Konsequenzen hat die neue Erreichbarkeit<br />
für den touristischen Markt?<br />
Wie können diese Effekte positiv beeinflusst werden? (Handlungsfelder)<br />
4.1 Allgemeine Vorbemerkungen<br />
Verschiedene Untersuchungen und Studien zu den Wechselwirkungen von Verkehr und<br />
Wirtschaft bestätigen immer wieder die Erkenntnis, dass regionalwirtschaftliche Effekte<br />
neuer Verkehrserschliessungen tendenziell überschätzt werden. Oder anders gesagt,<br />
neue Verkehrsinfrastrukturen können strukturelle Probleme kaum alleine lösen. Das bedeutet,<br />
dass touristische Standortfaktoren, wie marktfähige Angebote, Preis-Leistungs-<br />
Verhältnis, Qualität, Marktauftritt etc. weiterhin entscheidend für die Wahl einer Tourismus<strong>des</strong>tination<br />
sind. Des Weiteren ist die Reisezeitverkürzung nur dann ein Vorteil, wenn<br />
neue Gästesegmente oder Gästegebiete erschlossen werden können. Dabei gilt als Voraussetzung,<br />
dass die Destination genügend touristische Attraktionen aufweist oder mögliche<br />
Potenziale vorhanden sind (ein Skigebiet ist noch kein ausreichen<strong>des</strong> Potenzial), d.h.<br />
touristische Attraktionen oder gute, bzw. einzigartige Inszenierungen.<br />
4.2 Chancen der IBN LBT für den Tourismus im <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong><br />
Wie Ecoplan/Metron bereits erwähnt haben, wären ohne das LBT wahrscheinlich alle internationalen<br />
Verbindungen in ein paar Jahren über die Gotthard-Basislinie umgeleitet<br />
worden, was ein grosser Standortnachteil für die Region <strong>Bern</strong> bedeutet hätte. Der <strong>Kanton</strong><br />
<strong>Bern</strong> hätte den direkten Anschluss an den internationalen Nord-Süd-<br />
Schienenpersonenverkehr weitgehend verloren.<br />
Die Chancen sind nach ihrer Wichtigkeit aufgelistet:<br />
1. Wettbewerbs- resp. Standorteffekte<br />
2. Erreichbarkeit und Quellmärkte<br />
3. Kommunikation<br />
4.2.1 Wettbewerbs- resp. Standorteffekte<br />
Entscheidender als die Erreichbarkeit sind attraktive, marktfähige Angebote. In diesem<br />
Bereich sind die Destinationen im <strong>Bern</strong>er Oberland aktiv, müssen sich aber noch stärker<br />
positionieren und vermarkten.<br />
Allgemein<br />
Der Destinationsentwicklungsprozess im <strong>Bern</strong>er Oberland wird durch den Konkurrenzdruck<br />
<strong>des</strong> Wallis gefördert<br />
Das Konkurrenzverhältnis zwischen <strong>Bern</strong>er Oberland und Wallis ist relativ gering, da<br />
die Reisezeiten für gewisse Tagesaktivitäten, wie Wandern und Skifahren nach<br />
Zermatt, Saas Fee und Crans-Montana gleichwohl zu lang sind (vgl. Anhang 4, S.<br />
27)<br />
16
im Strassenverkehr keine Reisezeitveränderungen stattfinden und die meisten Besucher<br />
mit dem Auto anreisen<br />
das Besucherinteresse am Wallis v.a. in den ersten drei Jahren ansteigt; danach<br />
wird angenommen, dass sich die Lage stabilisiert<br />
Regional<br />
Attraktionspunkte sind vorhanden<br />
Jungfrauregion: starke touristische Positionierung<br />
Destination Thunersee: Marktpotenzial für See-Attraktionen<br />
Adelboden: Positionierung „Alpine Wellness“<br />
<strong>Lötschberg</strong>: Zugfahrt durch das UNESCO-Weltnaturerbe Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn<br />
Frutigen: innovative Projekte, wie Tropenhaus<br />
etc.<br />
Anziehungskraft <strong>des</strong> Einkaufstourismus in <strong>Bern</strong>, Thun und indirekt in Interlaken für<br />
Konsumenten aus dem Wallis (u.a. Gäste <strong>des</strong> Wallis!) und Norditalien<br />
geeignetes Schlechtwetterprogramm<br />
Bereitschaft der Walliser ausserhalb <strong>des</strong> Oberwallis einzukaufen<br />
Vielseitige Sport- und Kulturangebote der Stadt <strong>Bern</strong> (Stade de Suisse, Paul-Klee Museum,<br />
Stadttheater etc.), Thun (Seespiele, Schlösser und Burgen, Segeln, Baden etc.)<br />
aber auch im Oberland (Gstaad: Menuhin Festival, Allianz Suisse Open; Lenk: Jazzfestival<br />
etc.) als Potenzial für Tages- oder Wochenendausflüge<br />
4.2.2 Erreichbarkeit und Quellmärkte<br />
Die IBN LBT hat einen eindeutigen Effekt auf die Erreichbarkeit und somit auf die touristische<br />
Attraktivität <strong>des</strong> <strong>Kanton</strong>s <strong>Bern</strong>.<br />
Bessere Erreichbarkeit und steigende Frequenzen durch Verbesserung der touristische<br />
Transportkette<br />
die Schweiz wird zur Hauptachse im europäischen Nord-Süd Bahnverkehr<br />
Verbindung der Zentren der europäischen Metropolen in schneller Gesamtreisezeit<br />
qualitative Verbesserung der Zugreise (Direktverbindung, resp. Anzahl Umsteigevorgänge,<br />
Komfort etc.)<br />
Anreize für Tagesausflüge dank Reisezeitverkürzung<br />
<br />
Neue Quellmärkte für das <strong>Bern</strong>er Oberland<br />
bessere Erreichbarkeit von Norditalien für Tages- und Kurzurlaub und vom Wallis<br />
für Shopping und Kultur<br />
Süd-Deutschland Raum wird interessant, da zukünftig bessere InterCityExpress-<br />
Direktverbindungen, mit einmaligem Umsteigen in Basel<br />
Pendlerdistanz ermöglicht breitere Akquisition von qualifizierten touristischen Arbeitskräften<br />
4.2.3 Kommunikation und Image<br />
Die Kommunikation spielt bei der positiven Beeinflussung der Auswirkungen der IBN LBT<br />
eine zentrale Rolle.<br />
Internationales Image- und Vermarktungspotenzial der direkten Anbindung an das internationale<br />
Hochgeschwindigkeitsnetz im Schienenverkehr<br />
positives Image der Schweiz als modern und weltoffen<br />
starke internationale Medienvertretung <strong>des</strong> Themas<br />
17
Wahrnehmung <strong>des</strong> <strong>Bern</strong>er Oberlan<strong>des</strong><br />
viele Fahrgäste werden erstmals das <strong>Bern</strong>er Oberland bereisen und wahrnehmen,<br />
da Verlagerung der Transitreisenden Deutschland – Italien vom Gotthard auf den<br />
<strong>Lötschberg</strong>/Simplon (wegen kürzeren Reisezeiten)<br />
Synergieeffekte bei Intensivierung der Marketingaktivitäten im <strong>Bern</strong>er Oberland<br />
bei verschiedenen regionalen Leistungsträgern, wie Bergbahnen (z.B. Niederhorn,<br />
Stockhorn, Niesen oder Rothorn) oder Personenschiffsfahrt auf Thuner- und Brienzersee<br />
Fazit: Die IBN LBT bietet Chancen im Bereich Wettbewerbs- resp. Standorteffekte, Erreichbarkeit<br />
und Quellmärkte sowie in der Kommunikation: Der Destinationsentwicklungsprozess<br />
im <strong>Bern</strong>er Oberland wird durch den Konkurrenzdruck vom Wallis gefördert. Das<br />
Konkurrenzverhältnis zum Wallis bleibt jedoch relativ gering, da Reisezeiten gleichwohl zu<br />
lang sind für gewisse Tagesaktivitäten wie Wandern und Skifahren. Zudem reisen die<br />
meisten Besucher mit dem Auto an. Im <strong>Bern</strong>er Oberland sind Attraktionspunkte vorhanden,<br />
welche wichtiger sind als die verbesserte Erreichbarkeit. Die Einkaufs-, Kultur- und<br />
Sportangebote sind vielseitig und bieten ein geeignetes Tages- und u.a. Schlechtwetterprogramm.<br />
Mögliche interessante Quellmärkte sind Wallis, Norditalien und indirekt<br />
Deutschland. Die Attraktivität und das Image <strong>des</strong> <strong>Kanton</strong>s <strong>Bern</strong> steigen durch die verbesserte<br />
Erreichbarkeit und Qualität der Zugreise. Die Anbindung an das internationale<br />
Hochgeschwindigkeitsnetz im Schienenverkehr bietet ein gutes Vermarktungspotenzial<br />
und hat eine starke internationale Medienvertretung. Verstärkte Werbung der Destinationen<br />
führt zu Synergieeffekten bei verschiedenen Leistungsträgern.<br />
4.3 Risiken der IBN LBT für den Tourismus im <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong><br />
Natürlich gibt es auch Risiken, die mit der IBN LBT entstehen. Diese müssen ernst genommen<br />
und wo möglich mit geeigneten Mitteln (vgl. Kap. 5, S. 21) entgegenwirkt werden.<br />
Sie sind durch klare Planung, Setzen von Prioritäten und Handlung beeinfluss- und<br />
z.T. vermeidbar.<br />
4.3.1 Wettbewerbs- resp. Standorteffekte<br />
Allgemein<br />
Abwartende Haltung und Pessimismus der betroffenen Destinationen und öffentlichen<br />
Stellen auf veränderte Situation<br />
Uneinigkeit bei Tourismusdirektoren und Leistungsträgern bzgl. Schwerpunktsetzung<br />
der Destinationen<br />
späte Auseinandersetzung mit den Chancen und Gefahren der IBN LBT und somit<br />
fehlende Strategie für die Zeit nach der Eröffnung; Wallis im Vorsprung<br />
fehlende Innovationskraft und –tätigkeit: Zurückhaltung bzgl. neuer Projekte<br />
<br />
<br />
Ungenügend Frequenzen der Angebotserweiterung im Bahnverkehr<br />
zu geringe Auslastung der Züge der SBB oder BLS<br />
Ruhestörungen wegen Bremslärm und Beeinträchtigung <strong>des</strong> Landschaftsbil<strong>des</strong> durch<br />
Lärmschutzwände und Aushubmaterial<br />
Regional<br />
Auslastung und Rollmaterial der alten Bergstrecke<br />
18
zu geringe Auslastung der Züge dieser Strecke; Berufs- und Schulverkehr alleine<br />
reichen nicht aus, um die Strecke langfristig zu erhalten<br />
Rollmaterialentscheid offen, da Zug ein Mischprodukt darstellt: für Pendler ein Fortbewegungsmittel<br />
und für Besucher eine touristische Attraktion<br />
<br />
Frutigland als Durchfahrtsort<br />
pessimistische Stimmung in den Orten zwischen Spiez und Brig, da wirtschaftlicher<br />
Aufschwung durch Bau <strong>des</strong> Tunnels (positiver Effekt) und danach schlechter gestellt<br />
als vorher (negativer Effekt)<br />
zu späte Aufhebung der Anschlussnachteile (Jahr 2012)<br />
steigender Autoverkehr wegen schlechter ÖV-Anbindung<br />
fehlende touristische Highlights im Vergleich zu Jungfrauregion oder Zermatt<br />
geringe Anziehungskraft <strong>des</strong> Einkaufs- und Kulturtourismus von <strong>Bern</strong> und Thun<br />
Mailand und Domodossola rücken näher<br />
mässiges Interesse der Oberwalliser für Kulturangebote ausserhalb ihres <strong>Kanton</strong>s<br />
Wallis, bzw. Visp baut Einkaufsmöglichkeiten aus<br />
Markt Deutschland zieht ins Wallis<br />
4.3.2 Erreichbarkeit und Quellmärkte<br />
Ziele der Verkehrspolitik<br />
Nord-Süd-Achse ist prioritär, alle anderen Anschlüsse sekundär<br />
Verhinderung der punktuellen Anschlussverbesserung besonders nach Frutigen<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Rückgang der touristischen Nachfrage<br />
v.a. betroffen sind Frutigen und das Kandertal wegen schlechteren Anschlüssen<br />
bzw. Umsteigeeffekt (erheblicher Standortnachteil)<br />
Reisezielverlagerungen in einigen Regionen im <strong>Bern</strong>er Oberland, d.h. weniger Binnentourismus<br />
und internationale Gäste<br />
Wallis als Konkurrenz zum <strong>Bern</strong>er Oberland<br />
steigende Attraktivität <strong>des</strong> Wallis besonders im Tagesausflugsverkehr durch Reisezeitverkürzung<br />
und Anschlussoptimierung<br />
Destinationen im Wallis profitieren von starker Strukturförderung<br />
Konkurrenzdruck steigt, falls das Wallis eine intensive Marketing-Offensive mit originellen<br />
Angeboten startet<br />
Quellmärkte Norditalien und Wallis bedingt interessant<br />
Oberwallis als Markt ist nicht zu überschätzen<br />
<strong>Bern</strong>er Oberland ist wenig ausgerichtet auf kundenspezifisches Angebot für Italiener<br />
(Flaniermeilen, Einkaufsmöglichkeiten im Hochpreissegment, Marken, Sprache);<br />
zudem ist der Markt Italien stark individualverkehrslastig<br />
Verdrängung <strong>des</strong> Personenverkehrs durch den Güterverkehr am <strong>Lötschberg</strong><br />
viel längere Slots<br />
nicht viel Platz für Personenverkehr<br />
4.3.3 Kommunikation und Image<br />
Späte Wahrnehmung <strong>des</strong> Image- und Vermarktungspotenzials der direkten Anbindung<br />
an das internationale Hochgeschwindigkeitsnetz im Schienenverkehr<br />
<br />
Keine finanziellen Mittel für notwendiges Standortmarketing und Startkapital neuer<br />
Projekte vorhanden<br />
19
Frutigen und Kandertal: Imagenachteile, da nicht mehr an der internationalen Linie<br />
angeschlossen<br />
Fazit: Die grössten Risiken stellen die abwartende Haltung und der Pessimismus bei den<br />
betroffenen Regionen dar. Uneinigkeit, späte Auseinandersetzung mit der veränderten<br />
Situation und fehlende Innovationskraft können zu negativen Auswirkungen führen. Falls<br />
das Wallis eine intensive Markt-Offensive startet, ist der Rückgang der touristischen Nachfrage<br />
im <strong>Bern</strong>er Oberland kaum vermeidbar. Fehlende finanzielle Mittel für notwendiges<br />
Standortmarketing oder für die Entwicklung neuer Projekte und die Verhinderung der<br />
punktuellen Anschlussoptimierung ins <strong>Bern</strong>er Oberland können die Wettbewerbsposition<br />
noch weiter verschlechtern. Durch weniger guten Anschlüsse und Umsteigeeffekten kann<br />
das Frutigland zum Durchsfahrtsort degenerieren und die Lötschtal-Bergstrecke muss mit<br />
zu geringer Auslastung rechnen. Die Städten <strong>Bern</strong> und Thun können kaum vom Einkaufsund<br />
Kulturtourismus profitieren, da Mailand und Domodossola näher rücken. Diese Risiken<br />
sind hingegen durch ein geschicktes Massnahmenset beeinfluss- und vermeidbar<br />
20
5. Handlungsempfehlungen<br />
Zum Abschluss sollen Massnahmen aufgezeigt werden, wie die Chancen der IBN LBT für<br />
den Tourismus möglichst genutzt und die Risiken vermindert werden können. Voraussetzung<br />
ist, dass Betroffene zu Akteuren werden! Das heisst, nicht nur von Chancen reden,<br />
sondern sie nutzen. Das betrifft besonders die Destinationen und Leistungsträger.<br />
Die Handlungsfelder sind auf verschiedenen Ebenen zu finden: auf Ebenen der Destinationen<br />
und Leistungsträgern, auf regionaler und kantonaler Ebene. Die Meinung von Ecoplan/Metron,<br />
dass auf kantonaler Ebene kein Handlungsbedarf notwendig sei, wird nicht<br />
geteilt.<br />
In den folgenden Kapiteln sind die Handlungsfelder in die verschiedenen Ebenen unterteilt,<br />
die Aktivitätsfelder fliessen jedoch ineinander über.<br />
5.1 Ebene Destination und Leistungsträger<br />
Angebot entwickeln und optimieren<br />
Betroffene müssen aktiv werden und ihre Angebote sobald als möglich lancieren, d.h.<br />
bestehende attraktive Angebote für den Aufenthalts- aber v.a. für den Tages- und<br />
Sommertourismus anpassen oder weiterentwickeln<br />
geschickte Verknüpfung der Produkte von Transportunternehmern, Destinationen und<br />
Leistungsträgern, wie günstige Tagespauschalen z.B. mit „RailAway“ oder Tourismusbzw.<br />
Regionalpässe entwickeln<br />
innovative Angebotsentwicklung fördern; wichtige Voraussetzung für den Erfolg: Unverwechselbarkeit<br />
und Mut zur Eigenart<br />
gebietsspezifische Potenziale nutzen (Bsp.: Tropenhaus in Frutigen nutzt heisses<br />
Wasser aus dem Tunnel)<br />
<strong>Lötschberg</strong>-Bergstrecke: bereits geplante Inszenierung der alten Bergstrecke (UNES-<br />
CO-Weltnaturerbe Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn) von der Stadt <strong>Bern</strong> aus (UNESCO-<br />
Weltkulturerbe) als touristisches Attraktion konkretisieren und zielgerichtet vorantreiben<br />
um die Frequenz über den Berg zu sichern. Verbindungen zu wichtigen Tourismus<strong>des</strong>tinationen,<br />
wie Luzern oder Interlaken so weit als möglich gewährleisten (Erfolgskonzept<br />
solcher Züge sind kompakte Verbindungen)<br />
Anschlussnachteile in Frutigen durch innovative Projekten kompensieren (aktuelle Projekte:<br />
Tropenhaus, Rundgang zum Tunnel, historisches Eisenbahnzentrum etc., besonders<br />
interessant für Schlechtwetter- und Sommerangebote)<br />
Positionierung und Vermarktung starten<br />
Die Ansprüche an die Vermarktung und Positionierung werden durch die neue Situation<br />
erhöht. Professionelle Zusammenarbeit und Marketing-Kooperationen sind gefragt. Die<br />
Aktualität <strong>des</strong> Themas in den Medien ist als Plattform zu nutzen.<br />
Mit kreativen Kampagnen die Leistung profilieren und den Nutzen aufzeigen mit konkreten<br />
Touringvorschlägen (mehr Aktivitäten in kürzerer Zeit möglich). Wettbewerbsvorteil:<br />
langfristige Ankündigung innovativer Produkte.<br />
Gemeinsamer Marketingmassnahmen der <strong>Kanton</strong>e <strong>Bern</strong> und Wallis für gewisse touristische<br />
Highlights, wie das Matterhorn und das Jungfraujoch oder die Bergstrecke<br />
<strong>Lötschberg</strong> entwickeln. Es geht um eine intelligente Zusammenarbeit, d.h. der Tunnel<br />
und der Berg als Ergänzungs- statt Konkurrenzleistung nutzen.<br />
Markt Norditalien (nur für „IN“-Destinationen, wie Interlaken, evtl. Gstaad und Grindelwald,<br />
da zielgruppenspezifisches Angebot notwendig) und Markt Deutschland bearbeiten<br />
(neu mehr ICE-Direktverbindungen)<br />
Destination Thunersee gekonntes Stadtmarketing lancieren, um die Entwicklung positiv<br />
zu beeinflussen und die Wettbewerbsposition gegenüber <strong>Bern</strong> zu stärken. Wichtig<br />
21
sind Kombinationsangebote im Bereich Shopping, Kultur (Museen), Gastronomie und<br />
Schiffsfahrt für Tagesausflüge, mit Schwergewicht auf Sommer- und Ausflugtourismus.<br />
Thun und <strong>Bern</strong> als Einkaufs- und Kulturerlebnis für den Tagestourismus u.a. im Wallis<br />
vermarkten. Um hier einen Erfolg zu erzielen müssen grosse Marketinganstrengungen<br />
unternommen und das Zielpublikum klar definiert werden (<strong>Bern</strong>: Shopping-Gast, Thun:<br />
„City– See“-Erlebnisgast).<br />
5.2 Regionale Ebene<br />
Vermarktungspotenzial der IBN LBT durch gezielte Kommunikation nutzen<br />
Die betroffenen Regionen bzw. das <strong>Bern</strong>er Oberland müssen eine eigene Vermarktungsstrategie<br />
entwickeln, wo Quellmärkte spezifisch angesprochen werden. Die aktuellen internationalen<br />
Mediendiskussionen zum Thema müssen als Plattform genutzt werden, um<br />
die Angebote zu positionieren und zu kommunizieren. Dabei wird der Empfehlung von<br />
Ecoplan/Metron zugestimmt, dass die einzelnen Regionen nicht unkoordiniert den <strong>Lötschberg</strong>-Basistunnel<br />
in ihren Auftritt integrieren sollen, sondern ein koordiniertes Konzept<br />
erarbeiten müssen.<br />
Eine Interessensgruppe, wenn möglich der Rat der Destinationen im <strong>Bern</strong>er Oberland<br />
(DBeO), sollte die Aufgabe übernehmen, eine einheitliche, aufeinander abgestimmte Vermarktung<br />
in Hinsicht auf die IBN LBT zu erarbeiten. Es sind Ideen, Konzepte und konkrete<br />
Massnahmen gefragt. Auch sind Entscheidungen einer möglichen Zusammenarbeit mit<br />
dem Wallis für eine bestimmte Zielgruppenbearbeitung zu treffen.<br />
Als wichtiger Punkt muss der Umgang mit der Marke „<strong>Bern</strong>er Oberland“ klar definiert werden.<br />
Die Marke hat eine breite Bekanntschaft (insbesondere in den Nahmärkten und in<br />
England), einen hohen Sympathiewert und wird als geographische Bezeichnung nie verschwinden.<br />
Wie bereits bei der Evaluation der Destinationspolitik <strong>des</strong> <strong>Kanton</strong>s <strong>Bern</strong> empfohlen<br />
wurde (vgl. FIF 2006), ist die Marke „<strong>Bern</strong>er Oberland“ aktiv zu pflegen.<br />
Betroffene Akteure sensibilisieren<br />
Die Kommunikation und die Sensibilisierung über die Bedeutung der NEAT ist eine wichtige<br />
Aufgabe. Die Diskussionen über die Veränderungen im Tourismus durch die IBN LBT<br />
sollten als erstes intensiv auf der Ebene Business-To-Business geführt werden. Vorliegende<br />
Studienerkenntnisse könnten mit den betroffenen <strong>Kanton</strong>en, verantwortlichen Destinationen<br />
und Leistungsträgern diskutiert, die Ergebnisse reflektiert und Vorschläge zu<br />
konkreten Handlungsfeldern abgeleitet werden. Danach muss die Endkundenkommunikation<br />
geschickt betrieben werden. Zudem können Veranstaltungen (z.B. beim 125 Jahr Jubiläum<br />
am Gotthard) die Aufmerksamkeit und das Interesse der Bevölkerung fördern. Es<br />
ist wichtig, dass nicht nur von der Gotthard-Strecke die Rede ist, sondern auch der<br />
<strong>Lötschberg</strong> in den Köpfen verankert wird.<br />
5.3 <strong>Kanton</strong>ale Ebene<br />
Kooperations- resp. Verdichtungsprozesse zwischen den Destinationen vorantreiben<br />
Der Destinationsentwicklungsprozess im <strong>Bern</strong>er Oberland muss konsequent weitergeführt<br />
werden, wenn nötig mit dem Druck <strong>des</strong> <strong>Kanton</strong>s. Durch die Veränderungen, die die IBN<br />
LBT mit sich bringt, müssen die Destinationen ihre eigene Position kritisch reflektieren,<br />
übergreifenden Kooperationen neu überdenken und wenn nötig anpassen. Bündelung der<br />
Mittel, Konzentration der Kräfte und eine gemeinsame Marktbearbeitung sind notwendig,<br />
um eine gezielte Wettbewerbsposition gegenüber Wallis aufzubauen. Die Destination<br />
Thunersee muss die Chance ergreifen und die Destinationsentwicklung intensiv vorantrei-<br />
22
en. Die Zielvereinbarungen zwischen dem <strong>Kanton</strong> und den Destinationen sind entsprechend<br />
anzupassen.<br />
Standortmarketing im Tourismus unterstützen<br />
Auf der Grundlage <strong>des</strong> Tourismusentwicklungsgesetzes TEG wird die kantonale Beherbergungsabgabe<br />
erhoben. 90 Prozent <strong>des</strong> Ertrages der Beherbergungsabgabe (3.5 Mio.<br />
Franken pro Jahr) werden den Tourismus<strong>des</strong>tinationen für die Marktbearbeitung zur Verfügung<br />
gestellt. Mit den verbleibenden 10 Prozent finanziert der <strong>Kanton</strong> <strong>des</strong>tinationsübergreifende<br />
Projekte, beispielsweise Massnahmen zur Qualitätssicherung oder zur Qualifizierung.<br />
Aus Sicht <strong>des</strong> FIF ist zu prüfen, ob der <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> bei einer so wichtigen, durch<br />
Marketinganstrengung positiv beeinflussbaren Veränderung, wie die IBN LBT, dem Tourismus<br />
vorübergehend nicht zusätzliche Mittel zugesprochen werden sollten. Die Tatsache,<br />
dass der <strong>Kanton</strong> Wallis stärker mit dem <strong>Bern</strong>er Oberland konkurrenziert, sollte ernst<br />
genommen werden. Innovative, marktfähige Projekte sollten verstärkt gefördert werden.<br />
Dazu muss ein Controlling eingeführt werden, das die Entwicklung der Projekte auch nach<br />
der IBN LBT begleitet. Hier stellt sich die Frage nach geeigneten Controlling-<br />
Instrumenten.<br />
Verkehrspolitische Massnahmen nachhaltig sichern<br />
Der <strong>Kanton</strong> soll sich langfristig für die Zughalte in Thun und Spiez einsetzen (gerade für<br />
Thun von ausschlaggebender Bedeutung). Für die Verbindungsoptimierung <strong>des</strong> <strong>Bern</strong>er<br />
Oberlan<strong>des</strong> müssen Massnahmen zur Sicherstellung der Anbindung, insbesondere <strong>des</strong><br />
Kandertals, erarbeitet werden. Die Engpässe zwischen <strong>Bern</strong> und Thun müssen aufgehoben<br />
werden. Der <strong>Kanton</strong> soll diese Anliegen einbringen und finanziell unterstützen, so<br />
dass Anforderungen schnellstmöglich umgesetzt und Engpässe entschärft werden (besonders<br />
auf der Linie <strong>Bern</strong> – Thun). Weiter soll darauf geachtet werden, dass keine Verdrängung<br />
<strong>des</strong> Personenverkehrs durch den Güterverkehr am <strong>Lötschberg</strong> stattfindet.<br />
Überlegungen zu der Direktverbindung zwischen Brig und Interlaken sollen weitergeführt<br />
werden. Touristisch interessant wäre hier die Integration der Jungfrauregion.<br />
Fazit: Betroffene müssen zu Akteuren werden und geeignete Massnahmen in die Wege<br />
leiten, um die Chancen bestmöglich zu nutzen und die Risiken zu vermindern. Die Handlungsfelder<br />
sind auf verschiedenen Ebenen angesiedelt: auf Ebene der Destinationen und<br />
einzelnen Leistungsträgern, auf regionaler und kantonaler Ebene. Die Destinationen bzw.<br />
die Leistungsträger müssen aktiv werden und die Angebote, Positionierung und Kommunikation<br />
an die bevorstehende Veränderung so bald als möglich anpassen. Auf regionaler<br />
Ebene soll durch gezielte Kommunikation das Vermarktungspotenzial der IBN LBT genutzt<br />
und die Marke „<strong>Bern</strong>er Oberland“ aktiv gepflegt werden. Eine Sensibilisierung über die<br />
Bedeutung der NEAT muss stattfinden. Auf kantonaler Ebene sind wichtige Unterstützungen<br />
und eine angemessene Vertretung notwendig: der Kooperations- resp. Verdichtungsprozess<br />
zwischen den Destinationen muss vorangetrieben werden, das Standortmarketing<br />
im Tourismus sollte wo nötig unterstützt werden und verkehrspolitische Massnahmen zur<br />
Anschlussverbesserung <strong>des</strong> <strong>Bern</strong>er Oberlan<strong>des</strong> müssen ergriffen werden.<br />
23
Literaturverzeichnis<br />
Bun<strong>des</strong>amt für Raumentwicklung (ARE) (2006)<br />
Räumliche Auswirkungen <strong>des</strong> Vereinatunnels – eine ex-post Analyse. Zusammenfassung,<br />
<strong>Bern</strong><br />
Ecoplan/ Metron (2006)<br />
Volkswirtschaftliche Auswirkungen <strong>des</strong> <strong>Lötschberg</strong>-Basistunnels auf den <strong>Kanton</strong><br />
<strong>Bern</strong>, <strong>Bern</strong><br />
Forschungsinstitut für Freizeit und Tourismus (FIF) (2006)<br />
Destinationspolitik im <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong>: Evaluation und Perspektiven, Teil 3: Tourismuspolitische<br />
Strukturen für den <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong>, <strong>Bern</strong><br />
HSW Luzern, Studiengang Tourismus und Mobilität (2006)<br />
NEAT – Auswirkungen auf die Stadt und Region Thun, Luzern<br />
Institut für Öffentliche Dienstleistungen und Tourismus der Universität St. Gallen (2004)<br />
NEAT am <strong>Lötschberg</strong>, Konsequenzen für den Walliser Tourismus, St. Gallen<br />
Institut für Wirtschafts- und Sozialfragen (IWS)(2001)<br />
Neue Alpentransversale (NEAT) <strong>Lötschberg</strong> – Lokomotive für die Zukunft <strong>des</strong><br />
Wallis? <strong>Bern</strong><br />
J. von Trott, HR. Müller (2005)<br />
Evaluation der kantonalen Tourismuspolitik im <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> – Screening der Destinationen,<br />
Teil 1: Destinationsbericht, <strong>Bern</strong><br />
SBB AG (2006)<br />
Medienkonferenz Personenverkehr, Angebotsschritte 2007/2008/2009<br />
24
Anhang<br />
Anhang 1<br />
Quelle: Ecoplan/Metron (2006), Volkswirtschaftliche Auswirkungen <strong>des</strong> <strong>Lötschberg</strong>-Basistunnels auf den <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong><br />
25
Anhang 2<br />
Quelle: Ecoplan/Metron (2006), Volkswirtschaftliche Auswirkungen <strong>des</strong> <strong>Lötschberg</strong>-Basistunnels auf den <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong><br />
26
Anhang 3<br />
Quelle: Ecoplan/Metron (2006), Volkswirtschaftliche Auswirkungen <strong>des</strong> <strong>Lötschberg</strong>-Basistunnels auf den <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong><br />
Anhang 4<br />
Tabelle: Schwellenwerte nach Verkehrsart<br />
Verkehrsweck Tätigkeit Schwellenwert<br />
Freizeitverkehr Tagesausflug (Wandern, Skifahren) 2.5 Stunden<br />
Tagesausflug (Besuch)<br />
Tagesausflug (Freizeiteinrichtungen)<br />
3 Stunden<br />
1.5 Stunden<br />
Quelle: Ecoplan/Metron (2006), Volkswirtschaftliche Auswirkungen <strong>des</strong> <strong>Lötschberg</strong>-Basistunnels auf den <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong>, S.<br />
28<br />
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