Der Harry-auf-Deutsch Adventskalender 2010

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Der Harry-auf-Deutsch Adventskalender 2010 18. Dezember 2010 Bini4 Krippenspiel mal anders Ohne Vorankündigung flog die Tür auf und knallte mit Wucht gegen die Kerkerwand. „Können Sie nicht anklopfen!“, herrschte Snape den Ankömmling von seinem Schreibtisch aus an und setzte dann in gemäßigterem Tonfall: „Oh - guten Abend, Direktor“, hinzu. „Nächstes Mal, Severus. Kommen Sie mit! Schnell.“ Dumbledore hastete schon wieder aus dem Raum. Mit wallenden Roben beeilte sich Snape hinterher zu kommen, denn erfahrungsgemäß war es schon schwierig genug, mit dem Schulleiter Schritt zu halten, wenn der es eilig hatte – ihn einzuholen nahezu unmöglich. Snape bemühte sich redlich, all die neugierigen Blicke zu ignorieren, die ihm wegen seines hohen Tempos und der Tatsache, dass sich der Abstand zum mehr als drei mal so altem Schulleiter trotzdem nur unwesentlich verringerte. „Dum … bled … ore!“ Snape japste nach Luft, als er die Eingangshalle erreichte. Der Schulleiter war stehen geblieben. „Es wäre mir lieber, wenn Sie sich etwas weniger auffällig benähmen, Severus.“ Anstatt zu antworten, gab Snape nur einen erstickten Laut von sich, der an ein verendendes Tier erinnerte. Freundlich eine Schülergruppe grüßend, nahm Dumbledore unauffällig Snapes Ärmel und zog ihn mit sich zum Eingang der großen Halle. Mit einer unwirschen Bewegung befreite Snape sich. „Was soll das?“ „Pssst!“ Verstohlen drückte sich Dumbledore durch die Tür und bedeutete Snape, ihm leise zu folgen. Dann deutete er stumm hinter den Lehrertisch, wo sich normalerweise die drei reich geschmückten Tannenbäume befanden, die am heutigen Weihnachtsabend der großen Halle einen besonderen Glanz verleihen sollten. „Oh“, entfuhr es Snape leise. „Genau. Oh“, stimmte Dumbledore in gleicher Lautstärke zu und verschloss mit einem Wink seines Zauberstabs geräuschlos die Tür hinter ihnen. „Links oder rechts?“, erkundigte sich Dumbledore vergnügt. Snape warf Dumbledore einen Blick zu, den dieser mit erhobenen Brauen erwiderte. Einen Wimpernschlag später zischten zwei Erstarrungszauber quer durch die große Halle. Madam Pince und Argus Filch kippten um wie zwei Schaufensterpuppen. „Ich habe Filch schon immer gesagt, dass Quickzaubern keine probate Alternative ist“, meinte Snape trocken, als er sich an Dumbledores Seite auf den Weg nach vorn machte, um das - Seite 52 -
Der Harry-auf-Deutsch Adventskalender 2010 Desaster näher in Augenschein zu nehmen. „Sicher, Severus. Aber wer macht sich nicht gelegentlich zum Narren, um denjenigen zu beeindrucken, den er liebt“, erwiderte Dumbledore und richtete mit einem lässigen Schnippen eine umgestürzte Tanne wieder auf. Snape blieb vor einem Berg von Glitterkram und Kugeln stehen. „Was genau hatte Filch denn eigentlich vor? Die Dekoration war doch fertig.“ „Ja. In der Tat“, sinnierte Dumbledore. Er begradigte eine Tanne, die deren Spitze traurig herunterhing und schaute sich suchend um. „Ah! Sehen Sie! Da haben wir es.“ Er deutete auf eine nun leere Kiste mit der Aufschrift „Magisches Weihnachtsschauspiel“. Und dann entdeckten sie auch den vormaligen Inhalt: Maria und Josef zogen gerade auf einem Esel unter dem Tisch der Slytherins hindurch, offenbar auf der Suche nach einer geeigneten Bleibe. Maria hielt sich den Bauch und zeterte vor sich hin. Josef stapfte mit eingezogenem Kopf und stoischer Miene weiter in Richtung Hufflepufftisch. „Ich habe Madam Pince erst kürzlich darüber reden hören, wie sehr ihr Krippen gefallen. Allerdings sprach sie damals von diesen einfachen Muggelfiguren, die sich nicht bewegen.“ Dumbledore bückte sich und folgte mit den Augen einer Spur aus Kameldung, bis er die Karawane der heiligen drei Könige entdeckte, die unter dem Gryffindortisch kampierten und dabei waren, sich ein Lagerfeuer anzuzünden. „Nun, diese Figuren sind sicher nett, aber man muss ihnen sagen, was sie zu tun haben. Ansonsten richten sie womöglich schaden an.“ „Sie können aber unmöglich die Tannen so verunstaltet haben“, meinte Snape. „Da wäre ich mir nicht so sicher“, erwiderte Dumbledore und bewunderte dabei die Hütehunde der Schafhirten, die die Schafe exakt unter dem Schulleiterstuhl zusammentrieben. „Aber ich kann mir vorstellen, dass Filch diese dort unterschätzt hat.“ Er deutete auf ein paar Elfen, die kichernd zwischen den Tannenzweigen fangen spielten und dabei die restliche Dekoration verwüsteten. „Und diese“, meinte Snape, als eine römische Legion mittels eines Katapults und eines Rammbocks versuchte, die Eingangstür zu stürmen. „Was schlagen Sie also vor?“ Unternehmungslustig schlug Dumbledore seinen Zauberstab in eine Handfläche. „Nun“, Snape warf einen Blick auf Filch und Madam Pince, „ich denke, ein angemessener Gedächtniszauber einerseits.“ „Und andererseits?“ „Die Dekoration. Und die Krippenfiguren“, sagte Snape. Dumbledore lächelte und richtete die Spitze seines Zauberstabs auf Maria und Josef. „Gut! Fangen wir an!“ Snape hob die Mundwinkel. „Nein“, sagte er. „Das übernehme ich.“ Es war ein einmaliges Schauspiel am Heiligen Abend, das sich den Schülern und Lehrern bot: die gesamte Weihnachtsgeschichte in all ihren Facetten, dargestellt durch lebensechte Figuren. Die Tannen strahlten in wunderbarem Glanz und die Elfen dekorierten die Bäume in regelmäßigen Abständen mit ihren geschickten Händen um. Das Ungewöhlichste aber war wohl – und darüber waren sich noch Generationen von Hogwartsschülern einig – dass ausgerechnet Filch der Urheber dieses Spektakels war. Und es wurde gemunkelt, dass die Blicke, die Madam Pince ihm zuwarf, mehr als reine Bewunderung waren. - Seite 53 -
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