Abschlussbericht - Praxislabor - Technische Universität Darmstadt
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um die richtige Ausdrucksweise. Wenn damit nicht penibel genug umgegangen wird, sind die Betroffenen<br />
geneigt, die Aussagen sofort als Angriff und üble Nachrede zu interpretieren. 61<br />
Besonders die Lehrer/innen–/ Schüler/innenbeziehung ist für Missverständnisse dieser Art empfindlich.<br />
Eine Lehrkraft erzählte uns, dass es vereinzelt Situationen gegeben hat, in denen sich die Schülerinnen<br />
und Schüler von Lehrkräften ungerecht behandelt gefühlt haben, speziell bei der Notenvergabe<br />
und wenn es um die Zulassung zur Qualifikationsphase für das Abitur geht,<br />
„Sie geben mir doch nur die Note, weil mhmhmhmhmm (ich Ausländer bin)“.<br />
Die Lehrkraft konnte diese Situationen recht schnell auf Grund der Nachweise der schriftlichen Leistungen<br />
klären und danach habe auch der Schüler eingelenkt. Die Lehrkraft bemerkte, dass die meisten<br />
Schüler, die so etwas einer Lehrerin oder einem Lehrer vorwerfen, es gar nicht so meinen und nur aufgeregt<br />
und sauer sind, weil sie eben nicht die erwartete Note bekommen und es ihnen dann „nur so<br />
rausrutscht“ und der Schüler sich letztendlich entschuldigt hat: „hm...da habe ich mich wohl im Ton<br />
vergriffen“.<br />
Wie so oft ist hier offenbar jeder Lehrer von solch einem skandalösen Verdacht sofort zu befreien. Dass<br />
es tatsächlich eine grundsätzliche Gefahr der Benachteiligung von Migranten in der Schule gibt, wird<br />
dabei offenbar völlig übersehen. Wahrscheinlich hatte der Vorwurf an dieser Stelle keine konkrete Berechtigung.<br />
Sich aber selbst zu hinterfragen und die spezifischen Schwierigkeiten der Migranten ernst<br />
zu nehmen, die diese zusätzlich zu den alltäglichen eines deutschen Schülers haben, wäre eine begrüßenswerte<br />
Alternative.<br />
b) Zeitliche Verlagerung<br />
Nationalsozialismus<br />
Es passt zur Interpretation der Verdrängung, dass die meisten Lehrkräfte den Begriff Rassismus nicht<br />
spontan im hier und heute verorten. Rassismus? Das war einmal! Die nähere deutsche Geschichte ist<br />
beim Thema Rassismus immer der erste Anknüpfungspunkt, immer denkt man sogleich an die „bösen<br />
Nationalsozialisten“. So wird aber leider nicht deutlich, welche Beziehungen es zwischen damals und<br />
heute gibt, und was es andernorts und heutzutage an Rassismus gab und gibt. Man sollte meinen,<br />
oberstes Ziel des Geschichtsunterrichts wäre es, Unterschiede zu benennen und im Politikunterricht<br />
dann auch Parallelen zu heute zu ziehen. Zum Beispiel könnten folgende Fragen gestellt werden: Was<br />
haben wir denn aus dem Holocaust gelernt? Wie gehen wir heute mit dem Thema Rassismus um? Wer<br />
wird heute ausgegrenzt und warum? Wo findet bei uns heute Rassismus statt und wie hängt er mit den<br />
Ideen des Nationalismus zusammen? Wann ist Identifikation mit Deutschland gut und wann gefährlich?<br />
Wie denken die Menschen in Deutschland heute über Juden, Schwarze, Behinderte, oder über<br />
das „Zigeunerschnitzel“ auf der gut - bürgerlichen Speisekarte? Wie stehen sie zu den Asylgesetzen<br />
und warum?<br />
Dass solche Fragen im Unterricht gestellt und beantwortet werden ist offenbar leider eher die Ausnahme<br />
als die Regel.<br />
„Vorwissenschaftlich“ und nicht genügend „aufgeklärt“<br />
Manch eine Lehrkraft nimmt wohl eher intuitiv an, die rassistischen Ideen stammen aus Zeiten vor der<br />
Aufklärung und hätten eher etwas mit kirchlichen Machtansprüchen und Judenphobie zu tun. Sie wä-<br />
61<br />
Vielleicht ist diese Interpretation andererseits auch wiederum unserer Empfindlichkeit zuzuschreiben und die Lehrkraft wollte an dieser Stelle<br />
eher aus Interesse wissen, welcher Art rassistische Probleme an anderen Schulen sind.<br />
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