Abschlussbericht - Praxislabor - Technische Universität Darmstadt
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erechtigt. Und wie können beide Seiten aufeinander zugehen? Das ist zumindest mein Ideal, dass man das<br />
(…) im Denken und im Verhalten der Menschen miteinander dann auch versucht, umzusetzen und sich in<br />
die Situation des jeweiligen Anderen hineinversetzt. Das ist mein Ziel, das ich im Politikunterricht auch<br />
habe.“<br />
Hier wird recht rasch vom Verhältnis der Deutschen zu den Ausländern abgelenkt hin zum Verhältnis<br />
der Türken zu den Kurden. Schon das spricht dafür, dass hier ein wunder Punkt getroffen ist. Ansonsten<br />
scheint uns die schulische Methode, sich gedanklich in den anderen hinein zu versetzen ein viel<br />
versprechender Ansatz zu sein. Warum sollte sich aber nicht auch ein Deutscher in die Lage eines Kurden<br />
versetzten oder umgekehrt? Eine Sache ist es, davon auszugehen, dass die Türkei ein<br />
Rassismusproblem hat, das bearbeitet werden kann und sollte. Etwas ganz anderes wäre es, als deutsche<br />
Lehrkraft die eigene Stellung zu reflektieren.<br />
In einigen Interviews war eine gewisse Ferne oder Abwehrhaltung bezüglich des Themas Rassismus zu<br />
spüren, die im Folgenden anhand der im ersten Kapitel dargelegten Stichworte „Skandalisierung“, Verlagerung<br />
in die Vergangenheit' und ‚Extremisierung“ illustriert wird.<br />
Man kann sie psychologisch als „Verdrängungsmechanismen“ deuten, durch welche die eigene deutsche<br />
Identität vor der allgemein als verabscheuungswürdig erachteten Rolle Deutschlands im Nationalsozialismus<br />
vor Kritik geschützt werden soll.<br />
Eine Lehrkraft sprach dies treffend so aus:<br />
„Man kann doch heute unmöglich von der ‚weißen Rasse’ reden. Mir dreht sich das Wort herum im Hals.“<br />
Vermutlich dreht sich bei so mancher Lehrkraft, die konkret weiß, was Rassismus in der deutschen<br />
Vergangenheit bedeutet, beim Gedanken daran nicht der Hals oder das Wort darin, sondern der Magen<br />
herum und sie möchte nicht gern daran erinnert werden. So will man sich dann auch nicht unnötig im<br />
Unterricht auf dieses gefährliche Terrain wagen. Zitat: „Aber wenn man sich als Lehrer nicht sicher<br />
fühlt… Ich müsste jetzt mal in den Lehrplan schauen, ob der Begriff da überhaupt irgendwo mal steht.“<br />
Er steht, wie erwähnt, überraschend selten darin und nicht immer an erwarteter Stelle (siehe Anhang).<br />
a) Skandalisierung<br />
„Rassismus an der Bertolt-Brecht-Schule“: allein den Titel könnte man für einen Skandal halten. Diese<br />
Erfahrung machten wir in den Interviews nicht. Man war in der Sache offen für unsere Fragen und<br />
wies nicht schon von vornherein jeden möglichen Verdacht von sich. Allein die Tatsache, dass die<br />
Schule einem solchen Kooperationsprojekt zustimmte, spricht dagegen, dass die Schule das Thema<br />
skandalisiert. Bei der Vorstellung der Befunde an der Schule waren neben vielen Schüler/innen einige<br />
Lehrkräfte zugegen. Auch hier wurde sehr engagiert und sachlich nachgefragt. Es wurde nicht skandalisiert.<br />
Allenfalls eine Situation lässt erahnen, was mit Skandalisierung gemeint ist. Nachdem wir in<br />
unserer Präsentation davon berichtet hatten, dass die Brecht-Schule von Schüler/innen als eher „weniger<br />
rassistisch“ als andere Schulen der Umgebung angesehen wurde, kam die Rückfrage, was dieses<br />
„weniger“ nun bedeuten solle. Daraus kann man unserer Ansicht nach ersehen, dass eine an sich positive<br />
Beurteilung (besser als andere) noch immer nicht genug erscheint. Der Schule soll insgesamt möglichst<br />
nicht der Hauch von Rassismus anhaften. Alles andere wäre ein Skandal. Hier geht es dann auch<br />
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