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Abschlussbericht - Praxislabor - Technische Universität Darmstadt

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tität stiftenden Charakter. Der Soziologe Wulf D. Hund differenziert die vielfältigen Formen des Rassismus<br />

innerhalb seiner Analyse, um die Komplexität des Begriffs zu verdeutlichen, die viele von einer<br />

intensiveren Beschäftigung abschreckt:<br />

„Die Kategorien Geschlecht, Klasse, Nation und Rasse sind vielfach verknüpft und die Logik ihrer Verbindung<br />

funktioniert in beide Richtungen. Die Feminisierung von Rassen soll deren Unterlegenheit unterstreichen. Die<br />

Rassisierung von Frauen dient als Drohmittel und Ausgrenzungsstrategie. Die Klassisierung von Rassen unterstützt<br />

die imperialistische Konzeption einer globalen sozialen Hierarchie. Die Rassisierung von Klassen differenziert<br />

die Unterschichten und schafft mit dem angeblichen Residuum der Asozialen und Degenerierten einen ideologischen<br />

Ort zur Abschiebung sozial unerwünschter oder politisch gefährdeter Teile der Bevölkerung. Die<br />

Rassisierung von Nationen bietet den respektablen Teilen der Unterschichten eine ideologische Heimat. Die Nationalisierung<br />

der Rassen erlaubt deren innere Differenzierung und eine damit einhergehende völkische Identitätsbildung.“<br />

16<br />

Zur Verdeutlichung führt Hund in seinem Text die Logik des Klassenrassismus, Geschlechterrassismus<br />

und Nationalrassismus ausführlicher aus. Da sie von entscheidender Bedeutung für die Arbeit mit dem<br />

Rassismusbegriff sind, werden sie in Folge besprochen.<br />

2.2 Klassenrassismus<br />

Obwohl dem Begriff der Klasse Patina anhaftet ist auch heute noch die Beschreibung von sozialen<br />

Gruppen mit dem Klassenbegriff durchaus gängig. Entstanden ist der Begriff innerhalb des 19. Jahrhunderts,<br />

wo er vor allem in Karl Marx` politischen Schriften, sowie innerhalb der materialistischen<br />

Geschichtsphilosophie von Bedeutung ist und zusammengehörige Gesellschaftsgruppen bezeichnet<br />

(„Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist die Geschichte von Klassenkämpfen.“ 17 ).<br />

Dabei werden heute noch vor allem ökonomisch ähnlich strukturierte Gesellschaftsgruppen zusammengefasst,<br />

denen häufig zugleich moralisch wertende Konnotationen anhaften. Medial verbreitete<br />

Meinungen über Sozialschmarotzer auf der einen Seite oder den überbezahlten Manager auf der anderen,<br />

sind der medial auffälligste Ausdruck dieses Klassenverständnisses, das leicht übertragen wird auf<br />

ganze Bevölkerungsteile, wie es etwa in der Unterschichtendebatte geschah. Dabei bleiben die strukturellen<br />

Mechanismen, die Ungleichheit erst produzieren bzw. erhalten meist unreflektiert, das gezeichnete<br />

Bild oberflächlich. Erscheinungen werden den Individuen als Wesensmoment verinnerlichend zugeschrieben.<br />

Konsequenz ist die Tendenz einer Gesellschaft, ohne Reflexion eigener Verfahrensweisen<br />

„sich sozial missbeliebiger Individuen und Gruppen ideologisch, politisch oder physisch zu entledigen.“<br />

18<br />

Dieses Moment wird nach Hund steigerbar, bis es wie etwa während des Nationalsozialismus die vollständige<br />

Vernichtung einer missbeliebigen Gruppe zum Ziel hat. „Während man die äußeren Wilden<br />

im Kampf ums Dasein unterliegen sah, betrachtete man die inneren Wilden als reale Gefahr, weil sie<br />

der Gesellschaft auf der Tasche lägen, ihre schlechten Erbanlagen zügellos vermehrten und so die<br />

Volksgesundheit gefährdeten. Um die Degeneration der eigenen Gesellschaft zu verhindern, müssten<br />

deren angeblich minderwertige Elemente deswegen an der Fortpflanzung gehindert und minderwertige<br />

Erbanlagen insgesamt ausgemerzt werden.“ 19<br />

16<br />

17<br />

18<br />

19<br />

Hund. Bielefeld, 2004. S.16.<br />

Marx, Karl; Engels, Friedrich: Manifest der Kommunistischen Partei, Stuttgart 1999. S.19.<br />

Ebd.<br />

Ebd. S.17.<br />

14

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