Abschlussbericht - Praxislabor - Technische Universität Darmstadt
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zungen zwischen Nationen und deren Machtansprüchen und die sich nicht zuletzt in ihrer imperialistischen<br />
Kolonialpolitik ausdrückten.<br />
Während des gesamten 19. Jahrhunderts waren die Rassentheorien von größter Bedeutung, zahlreiche<br />
Veröffentlichungen zum Thema führten die Debatte tief in die Gesellschaft ein. So beeinflusste etwa<br />
Houston Stewart Chamberlain mit seinen Werken, die sich auf Darwin bezogen und der von einer nationalen<br />
pangermanischen Rassentheorie ausging, Hitlers Vorstellungen und zeigten ihm zugleich die<br />
Möglichkeiten einer Rasseneugenik auf.<br />
Während der Kolonialisierung, die im Zeichen einer Verbreitung europäischen Fortschritts stand, setzte<br />
sich diese Entwicklung fort. Die Konsequenzen für die Kolonialstaaten waren dabei Unterdrückung und<br />
Versklavung ihrer Bevölkerung, bei gleichzeitiger Ausbeutung ihrer Naturressourcen.<br />
Wenn nicht Versklavung oder billigste Lohnarbeit ihr Los waren, so waren die Möglichkeiten der kolonialisierten<br />
Völker dennoch gering den zivilisierten Europäern entgegenzutreten. Diese wiederum<br />
machten im Namen der Wissenschaft in großen europäischen Städten zoologische Ausstellungen, bei<br />
denen nicht nur Flora und Fauna der Kolonialgebiete ausgestellt wurden, sondern deren Bewohner<br />
ebenso. Die Freiheit und Gleichheit des aufgeklärten Europäers galt nur für seinesgleichen. Und die<br />
Wissenschaft als Instrument für Legitimation begründete dies, wie es während des 19. Jahrhunderts<br />
immer wieder geschah. Wissenschaft fand nicht frei von Interessen und Machtansprüchen statt, wurde<br />
somit auch immer wieder in Anspruch genommen, um politische Ziele als vernünftige, da empirisch<br />
belegte, auszuweisen.<br />
1.2. Rassismus und Antisemitismus im Nationalsozialismus<br />
Aufgrund völlig verschiedener historischer Entwicklungen sind Antisemitismus und Rassismus nur<br />
schwer zu vergleichen, dennoch findet innerhalb des 19. Jahrhunderts eine Entwicklung statt, die rassistische<br />
Theorien auf den bereits etablierten Antisemitismus überträgt und diesem noch zusätzliche<br />
Argumente liefert. So entstand der Antisemitismus, der ähnlich dem Rassismus im 19. Jahrhundert in<br />
ganz Europa verwurzelt war lange vor dem Rassebegriff und nährte sich aus mythischen Überlieferungen,<br />
sowie christlichen Ressentiments, einem alten Antijudaismus und vielen weiteren Quellen, deren<br />
Beschreibung hier nicht geleistet werden kann. Wichtig ist aber die Erkenntnis vom Rassismus als einer<br />
modernen, dem aufgeklärten Vernunftbegriff zugänglichen Form von Abwertung von Menschen und<br />
allen ihren Folgen. In ihrer Vermischung mit dem Antisemitismus und der Vernichtung der europäischen<br />
Juden, dem Holocaust, findet diese Entwicklung ihren nicht beschreibbaren Ausdruck.<br />
Im Nationalsozialismus finden die Positionen des pseudowissenschaftlichen Rassismus und die Idee<br />
einer arischen Herrenrasse, gepaart mit fanatischem Antisemitismus eine Umsetzung, die sich nach<br />
dem Historiker Raul Hilberg in die höchst bürokratisch organisierten Phasen von Definition, Enteignung,<br />
Konzentration und Vernichtung gliederte. 7 Die Vorstellung aber, dass ein solch strukturiertes<br />
Verbrechen aus reiner Leidenschaft, Hass oder nur gefühlsmäßiger Ablehnung geschehen konnte, lässt<br />
sich nicht halten. Die Durchführung des Holocaust beweißt die planmäßige Vernunft mit der während<br />
des gesamten Vernichtungsprozesses vorgegangen wurde. Im Interview mit Götz Aly betont Hilberg<br />
dies deutlich:<br />
„Wenn Sie eine Dokumentation über die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden herausgeben würden,<br />
mit welchem Dokument würden Sie beginnen?<br />
7<br />
Hilberg, Raul: Die Vernichtung der europäischen Juden, Frankfurt 2007.<br />
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