Rechtsgrundlagen des Landschaftsschutzes - Provincia Autonoma ...
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8. Der Vorrang der Landschaftsschutzbestimmungen bei Sonderschutznormen<br />
und deren Maßgeblichkeit bei der Prüfung von Bauvorhaben<br />
Auch für Fallkonstellationen, in denen es nur in untergeordneter Weise um einen Widerspruch<br />
zwischen Zonierungen bzw. Widmungen im Bauleitplan und der landschaftlichen Unterschutzstellung<br />
geht, sondern um die grundsätzliche Wertigkeit bzw. Rangstellung der Bestimmungen<br />
<strong>des</strong> Landschaftsschutzgesetzes gegenüber dem Raumordnungsgesetz, sprich einen Widerspruch<br />
zwischen den jeweiligen Fachgesetzen, finden sich Urteile <strong>des</strong> Verwaltungsgerichts Bozen<br />
im Sinne der höchstrichterlich stets bestätigten Anerkennung <strong>des</strong> Vorrangs <strong>des</strong> <strong>Landschaftsschutzes</strong>:<br />
a) Zur qualitativen Erweiterung von Beherbergungsbetrieben (Erweiterungsmöglichkeiten gemäß<br />
Raumordnungsgesetz) im Widerspruch zur landschaftlichen Unterschutzstellung erging<br />
ein Urteil nicht minderer Aussagekraft im Jahre 2000. Dem Richterspruch zufolge sei das Unterschutzstellungsdekret<br />
ein normativer Akt, der seine Wirkung direkt aus dem Landschaftsschutzgesetz<br />
vom 25. Juli 1970, Nr. 16 schöpft, das die unter Schutz gestellten Sachen und<br />
Sachkomplexe definiert (Art. 1 und 29) und nur deren konkrete Ausweisung (Art. 3 und 4) und<br />
die nähere Bestimmung der Landschaftsbindung (Art. 5) der Verwaltungsbehörde für Landschaftsschutz<br />
überlässt. „Die Normenkollision finde also materiell nicht zwischen einem Gesetz<br />
und einer Verwaltungsverordnung, sondern vielmehr zwischen dem Landschaftsschutzgesetz<br />
Nr. 16/1970 und dem Raumordnungsgesetz Nr. 13/1997 statt. Entscheidungserheblich könnte<br />
dabei laut Richtersenat schon der auf gesicherte Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit<br />
basierte Grundsatz sein, dass im Widerstreit der urbanistischen Interessen mit dem in<br />
Art. 9 der Verfassung verankerten Landschaftsschutzinteresse diesem Letzteren der Vorrang<br />
einzuräumen sei. Dieses Kriterium könnte bei der Auslegung sich widersprechender Normen<br />
der Lan<strong>des</strong>gesetzgebung auch <strong>des</strong>halb von besonderer Bedeutung sein, weil der Art. 6 <strong>des</strong><br />
Landschaftsschutzgesetzes vom 25. Juli 1970, Nr. 16, der sich mit der Koordinierung von<br />
Raumordnung und Landschaftsschutz befasste und den Bestimmungen <strong>des</strong> Bauleitplans den<br />
Bestimmungen <strong>des</strong> Landschaftsplans gegenüber den Vorrang einräumt, durch den Art. 134 <strong>des</strong><br />
Lan<strong>des</strong>raumordnungsgesetzes außer Kraft gesetzt wurde. Abgesehen davon kann aber auch<br />
nicht die lex posterior Regelung greifen, da die qualitative Erweiterung der im landwirtschaftlichen<br />
Grün, im alpinen Grünland oder im Waldgebiet, einschließlich der in aus Gründen <strong>des</strong><br />
<strong>Landschaftsschutzes</strong> mit Bauverbot belegten Zonen bestehenden Beherbergungsbetriebe schon<br />
lange vor Erlassung <strong>des</strong> Unterschutzstellungsdekrets gesetzlich vorgesehen war. 209 Der Gesetzgeber<br />
wollte sich bei der Ausdehnung der Erweiterungsmöglichkeit von Beherbergungsbetrieben<br />
auf die ‚aus Gründen <strong>des</strong> <strong>Landschaftsschutzes</strong> mit Bauverbot belegten Zonen‘ auf generell<br />
noch aufgrund <strong>des</strong> LG Nr. 8 vom 24.7.1957 unter Landschaftsschutz stehende Zonen beziehen<br />
und nicht auf jene spezifischen Unterschutzstellungen gemäß dem im – damals – neuen Landschaftsschutzgesetz<br />
Nr. 16/1970 vorgesehenen, technisch aufgewerteten Verfahren (durch die<br />
Errichtung der Sachkommissionen für Landschaftsschutz), das zum Zeitpunkt <strong>des</strong> In-Kraft-Tretens<br />
<strong>des</strong> LG Nr. 38/1973 noch kaum zur Anwendung gekommen war. Es handelt sich laut Verwaltungsgericht<br />
also insgesamt ausdrücklich um Sonderschutznormen, die vor allgemeinen Normen<br />
den Vorrang haben und nicht durch diese – wenn nicht ausdrücklich – außer Kraft gesetzt<br />
werden (in toto iure generi per speciem derogatur).“ 210<br />
209<br />
Und zwar von Art. 22 <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>gesetzes vom 20. September 1973, Nr. 38, eingefügt in den Art. 42 <strong>des</strong> vereinheitlichten<br />
Textes der Raumordnungsgesetze, genehmigt mit D.L.H. vom 23.6.1970, Nr. 20 und dann wörtlich<br />
übernommen vom Art. 17 <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>gesetzes Nr. 21 vom 23.6.1992. Später wurde die Bestimmung als Absatz<br />
11 eingefügt in den Art. 95 <strong>des</strong> vereinheitlichten Textes der Lan<strong>des</strong>raumordnungsgesetze, genehmigt mit D.L.H.<br />
vom 26.10.1993, Nr. 38 und schließlich mit Art. 107 Absatz 1 <strong>des</strong> neuen Lan<strong>des</strong>raumordnungsgesetzes Nr.<br />
13/1997 übernommen.<br />
210<br />
Verwaltungsgericht Bozen, Urteil vom 6.03.2000, Nr. 60/2000.<br />
Berührungspunkte Raumordnung/Landschaftsschutz<br />
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