Rechtsgrundlagen des Landschaftsschutzes - Provincia Autonoma ...

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2 In diesem Sinne kann, unter Ausnahme der staatlichen Bestimmungen des Strafrechts 32 , eine vollständige und damit erschöpfende Regelung auf Landesebene (nunmehr) die verbindliche Anwendung staatlicher Einheitstexte oder Rahmengesetze beschränken. Die Übernahmepflicht staatlicher Bestimmungen, die auf EU­Gesetzgebung oder internationalen Verpflichtungen beruhen, stellt sich ähnlich dar: c) Die staatliche Umsetzungsnorm zur FFH-Richtlinie des Europäischen Rates 1997 Ein drittes maßgebliches Urteil des Verfassungsgerichtshofs erging 1999 anlässlich der innerstaatlichen Umsetzung der mit der FFH­Richtlinie 33 vorgesehenen „Natura-2000“-Bestimmungen, welche die Errichtung eines europaweiten Schutzgebietsverbunds und die Einführung eines Mindestschutzstandards für Habitate, Tier- und Pflanzenarten gemeinschaftlichen Interesses vorsahen. Laut Verfassungsgerichtshof wurden die autonomen Befugnisse der Autonomen Provinz Bozen durch den staatlichen Umsetzungsakt der europäischen Richtlinie, das D.P.R. 357/1997, in keiner Weise verletzt. Die Autonome Provinz habe nämlich weiterhin ihre Befugnis beibehalten, die europäische Naturschutzrichtlinie unmittelbar umzusetzen. Solange seitens der Autonomen Provinz Bozen jedoch kein Umsetzungsakt ergehe, würden jene Prinzipien greifen, laut denen die Befugnis und Pflicht des Staates, die einheitliche Erfüllung der gemeinschaftlichen Pflichten auf dem gesamten Staatsgebiet zu gewährleisten, in den Vordergrund zu rücken seien. In diesem Sinne wurde die von der Autonomen Provinz Bozen eingebrachte Verfassungsklage abgewiesen. 34 32 Siehe hierzu: S. 35. 33 Richtlinie 92/43/EWG des Europäischen Rates zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen (Flora, Fauna, Habitat­Richtlinie, kurz: FFH­Richtlinie) vom 21. Mai 1992. 34 Siehe: Verfassungsgerichtshof, Urteil vom 27. Oktober 1999, Nr. 425. 42 Rechtsgrundlagen Landschaftsschutz.indd 42 20.11.2007 16:37:08 Uhr

Fazit: Insgesamt zeigte sich die Südtiroler Gesetzgebungs- und Verwaltungspraxis im Bereich des Landschaftsschutzes trotz und wegen oben zitierter Urteile des Verfassungsgerichtshofs relativ autonom und nur bedingt von den vergleichbaren staatlichen Regelungen beeinflusst 35 . Die organische Ausrichtung und die landschaftlichen Schutzbestimmungen des staatlichen Einheitstextes für Kultur- und Landschaftsgüter Nr. 42/2004, der nunmehr auf Staatsebene die grundsätzlichen maßgeblichen Vorgaben enthält, fanden nur teilweise Berücksichtigung und Niederschlag in dem auf Landesebene hauptsächlich vom Landschaftsschutzgesetz Nr. 16/1970, dem UVP-Gesetz Nr. 27/1992 bzw. Nr. 7/1998 (nunmehr Nr. 2/2007), dem Raumordnungsgesetz Nr. 13/1997 und dem Forstgesetz Nr. 21/1996 geprägten „Rechtsraum“ in der Autonomen Provinz. Nichtsdestotrotz findet die staatliche Rechtsprechung Berücksichtigung auch in der Entscheidungspraxis des lokalen Verwaltungsgerichts, sodass die Entscheidungen der staatlichen Höchstgerichte regelmäßig von Relevanz und im Auge zu behalten sind. Die unter Kapitel 1 angeführte Verfassungsreform aus dem Jahr 2001 lässt zudem nunmehr aufgrund der dort vorgesehenen Querschnittskompetenzen bzw. -funktionen des Staates im Bereich des Umweltschutzes (Art. 117 Abs. 1 Buchstabe s) sowie der Befugnis des Staates zur Festlegung der grundlegenden Prinzipien in jenen Bereichen, in denen konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis vorgesehen ist (Art. 117 Abs. 3 Raumordnung und Urbanistik, Aufwertung der kulturellen und landschaftlichen Werte) aufhorchen. Insgesamt scheinen die bisherigen oben zitierten Auslegungen und einschlägigen Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs im neuen Verfassungstext klar und ausdrücklich festgelegt worden zu sein: Zwar wurden mit der Neuformulierung des Art. 117 die Schranken der Gesetzgebung für die Autonome Provinz Bozen formal auf die Einhaltung der Verfassung sowie der aus der gemeinschaftlichen Rechtsordnung und aus den internationalen Verpflichtungen erwachsenden Einschränkungen reduziert, dennoch bleiben auch die Grundsätze der Rechtsordnung, soweit sie verfassungsrechtlich geschützte Werte – und damit eindeutig auch den Landschaftsschutz – betreffen, auch für die Landesgesetzgebung weiterhin maßgeblich. 36 Insoweit mit dem Einheitstext über die Kultur- und Landschaftsgüter Nr. 42/2004 einheitliche Schutzstandards oder homogene Gesetzesregelungen im gesamten Staatsgebiet vorgesehen werden, ist im Falle des Fehlens einer entsprechenden parallelen Gesetzesnorm auf Landesebene die Verbindlichkeit der staatlichen Regelung auch für die Autonome Provinz Bozen nicht a priori ausschließbar. 37 Die der Autonomen Provinz Bozen mit Sonderstatut und damit auf höchster Rechtsquellenebene zugesprochenen Gesetzgebungsakte im Bereich Landschafts- und Umweltschutz sind daher insbesondre inhaltlich zu durchleuchten. 35 Die am 19. April 2001 im Rahmen der ständigen Konferenz für das Verhältnis zwischen Staat, Regionen und Auto nomen Provinzen getroffene Vereinbarung, mit der die Zuständigkeiten im Bereich Landschaftsschutz geklärt wurden, sieht in Artikel 1 Absatz 5 als allgemeines Prinzip ausdrücklich vor, dass die Zuständigkeiten der Regionen und Provinzen mit Sonderstatut unberührt bleiben. Siehe: „Accordo del 19 aprile 2001 tra il Ministro per i beni e le attività culturali e le regioni e le Province autonome di Trento e Bolzano sull’esercizio dei poteri in materia di paesag gio“, veröffentlicht im Gesetzesanzeiger der Republik vom 18.5.2001, Nr. 114. Siehe auch: Verwaltungsgericht Aquila, Urteil vom 28.10.1993, Nr. 527. 36 Siehe: Verfassungsgerichtshof, Urteil vom 10.2. – 13.02.2003, Nr. 48/2003. 37 Siehe: Verfassungsgerichtshof, Urteil vom 19.6. – 04.07.2003, Nr. 226/2003. Berührungspunkte Raumordnung/Landschaftsschutz 43 Rechtsgrundlagen Landschaftsschutz.indd 43 20.11.2007 16:37:08 Uhr

Fazit:<br />

Insgesamt zeigte sich die Südtiroler Gesetzgebungs- und Verwaltungspraxis im Bereich <strong>des</strong><br />

<strong>Landschaftsschutzes</strong> trotz und wegen oben zitierter Urteile <strong>des</strong> Verfassungsgerichtshofs relativ<br />

autonom und nur bedingt von den vergleichbaren staatlichen Regelungen beeinflusst 35 .<br />

Die organische Ausrichtung und die landschaftlichen Schutzbestimmungen <strong>des</strong> staatlichen<br />

Einheitstextes für Kultur- und Landschaftsgüter Nr. 42/2004, der nunmehr auf Staatsebene<br />

die grundsätzlichen maßgeblichen Vorgaben enthält, fanden nur teilweise Berücksichtigung<br />

und Niederschlag in dem auf Lan<strong>des</strong>ebene hauptsächlich vom Landschaftsschutzgesetz Nr.<br />

16/1970, dem UVP-Gesetz Nr. 27/1992 bzw. Nr. 7/1998 (nunmehr Nr. 2/2007), dem Raumordnungsgesetz<br />

Nr. 13/1997 und dem Forstgesetz Nr. 21/1996 geprägten „Rechtsraum“ in<br />

der Autonomen Provinz. Nichts<strong>des</strong>totrotz findet die staatliche Rechtsprechung Berücksichtigung<br />

auch in der Entscheidungspraxis <strong>des</strong> lokalen Verwaltungsgerichts, sodass die Entscheidungen<br />

der staatlichen Höchstgerichte regelmäßig von Relevanz und im Auge zu behalten<br />

sind. Die unter Kapitel 1 angeführte Verfassungsreform aus dem Jahr 2001 lässt zudem nunmehr<br />

aufgrund der dort vorgesehenen Querschnittskompetenzen bzw. -funktionen <strong>des</strong> Staates<br />

im Bereich <strong>des</strong> Umweltschutzes (Art. 117 Abs. 1 Buchstabe s) sowie der Befugnis <strong>des</strong><br />

Staates zur Festlegung der grundlegenden Prinzipien in jenen Bereichen, in denen konkurrierende<br />

Gesetzgebungsbefugnis vorgesehen ist (Art. 117 Abs. 3 Raumordnung und Urbanistik,<br />

Aufwertung der kulturellen und landschaftlichen Werte) aufhorchen. Insgesamt scheinen die<br />

bisherigen oben zitierten Auslegungen und einschlägigen Entscheidungen <strong>des</strong> Verfassungsgerichtshofs<br />

im neuen Verfassungstext klar und ausdrücklich festgelegt worden zu sein: Zwar<br />

wurden mit der Neuformulierung <strong>des</strong> Art. 117 die Schranken der Gesetzgebung für die Autonome<br />

Provinz Bozen formal auf die Einhaltung der Verfassung sowie der aus der gemeinschaftlichen<br />

Rechtsordnung und aus den internationalen Verpflichtungen erwachsenden Einschränkungen<br />

reduziert, dennoch bleiben auch die Grundsätze der Rechtsordnung, soweit sie<br />

verfassungsrechtlich geschützte Werte – und damit eindeutig auch den Landschaftsschutz –<br />

betreffen, auch für die Lan<strong>des</strong>gesetzgebung weiterhin maßgeblich. 36 Insoweit mit dem Einheitstext<br />

über die Kultur- und Landschaftsgüter Nr. 42/2004 einheitliche Schutzstandards<br />

oder homogene Gesetzesregelungen im gesamten Staatsgebiet vorgesehen werden, ist im<br />

Falle <strong>des</strong> Fehlens einer entsprechenden parallelen Gesetzesnorm auf Lan<strong>des</strong>ebene die Verbindlichkeit<br />

der staatlichen Regelung auch für die Autonome Provinz Bozen nicht a priori ausschließbar.<br />

37 Die der Autonomen Provinz Bozen mit Sonderstatut und damit auf höchster<br />

Rechtsquellenebene zugesprochenen Gesetzgebungsakte im Bereich Landschafts- und Umweltschutz<br />

sind daher insbesondre inhaltlich zu durchleuchten.<br />

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Die am 19. April 2001 im Rahmen der ständigen Konferenz für das Verhältnis zwischen Staat, Regionen und<br />

Auto nomen Provinzen getroffene Vereinbarung, mit der die Zuständigkeiten im Bereich Landschaftsschutz geklärt<br />

wurden, sieht in Artikel 1 Absatz 5 als allgemeines Prinzip ausdrücklich vor, dass die Zuständigkeiten der Regionen<br />

und Provinzen mit Sonderstatut unberührt bleiben. Siehe: „Accordo del 19 aprile 2001 tra il Ministro per i beni e le<br />

attività culturali e le regioni e le Province autonome di Trento e Bolzano sull’esercizio dei poteri in materia di<br />

paesag gio“, veröffentlicht im Gesetzesanzeiger der Republik vom 18.5.2001, Nr. 114. Siehe auch: Verwaltungsgericht<br />

Aquila, Urteil vom 28.10.1993, Nr. 527.<br />

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Siehe: Verfassungsgerichtshof, Urteil vom 10.2. – 13.02.2003, Nr. 48/2003.<br />

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Siehe: Verfassungsgerichtshof, Urteil vom 19.6. – 04.07.2003, Nr. 226/2003.<br />

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